Analyse: Warum die Noah eine der wichtigsten Digital-Konferenzen bleibt

Analyse: Warum die Noah eine der wichtigsten Digital-Konferenzen bleibt

In der letzten Woche hatte die Noah-Konferenz die Internet- und Digitalbranche fest in ihrem Griff und machte deutlich, dass Macher Marco Rodzynek es verstanden hat, binnen weniger Jahre einen der wichtigsten Branchentreffpunkte zu etablieren. Ein Blick auf die Positionierungsstrategie zeigt, wie ihm dies gelungen ist.

Namhafte Speaker

Die zentrale Stärke der Noah (Webseite) liegt in dem Umstand, dass sie eine massive Dichte an relevanten Vertretern der Branche versammelt. Wenn selbst ein Oliver Samwer oder Klaus Hommels bereitwillig auf die Bühne treten, deutet dies schnell die Relevanz eines Events an.

Und die Noah vermag dies nicht nur in Bezug auf einzelne Segmente, sondern quasi übergreifend. Egal ob es sich um bekannte Investoren, Private Equitys, Digitalunternehmen oder um Corporates handelt – die Noah präsentiert mit kalkulierbarer Regelmäßigkeit die kompetentesten und bekanntesten Akteure jedes dieser Felder. Und dies mitunter sogar auch ehe den Betroffenen ihr großer Durchbruch gelingt.

Und in diesem Jahr ist es der Noah gelungen, dies mit der Anwesenheit von Uber-Chef Travis Kalanick auf ein noch höheres Level zu bringen. Talks wie jener zwischen dem Uber-Macher und Daimler-Chef Dieter Zetsche haben Leuchtturmwirkung und stärken die Marke Noah. Bisher war dies vor allem Konferenzen wie der LeWeb, der DLD oder dem Web Summit vorbehalten.

Geschickte Medienarbeit

Flankiert wird dies durch die geschickte Medienarbeit von Macher Marco Rodzynek. Dieser hat es verstanden, dass die relevanten Medien der Branche bereitwillig Medienpartnerschaften mit der Noah eingehen und sich um eine Teilnahme reißen. Die mediale Durchdringung ist entsprechend hoch.

Dabei dürfte auch die Unterstützung von Axel Springer massiv helfen, welches die Konferenz in seinen Publikationen umfangreich erwähnt und sicher auch signifikante Geldbeträge investiert. Womöglich hat Burdas Teilhabe am Konkurrenzformat DLD verdeutlicht, welche Vorteile eine Konferenzteilhabe mit sich bringt. Dass Axel Springer sich dafür sehr stark in die Organisation einzumischen scheint – beispielsweise soll Matthias Döpfner persönlich Teilnehmer des Speaker-Dinners ausgeladen haben –, gehört dann zu den wohl verkraftbaren Schattenseiten.

Exzellentes Networking

Doch mindestens genauso wichtig wie das Line-up auf der Bühne ist die Anwesenheit der richtigen Leute im Publikum. Der Löwenanteil der Noah findet nicht auf den unterschiedlichen Bühnen, sondern in den Gängen außerhalb des Auditoriums statt. Es ist auf der Noah praktisch unmöglich, sich mehr als 15 Meter zu bewegen, ohne in einen Kontakt oder ein bekanntes Gesicht der Branche zu laufen.

Wichtig für viele Unternehmer ist dabei der Umstand, dass es vor allem Investoren und Private Equitys sind, die das Event bevölkern. Zahlreiche Entrepreneure nutzen die Noah daher, um Investorenkontakte aufzufrischen, Finanzierungsrunden anzustoßen oder Erstkontakte herzustellen. Und genau dafür wird die Noah besucht, um in kurzer Zeit möglichst viel relevantes Networking betreiben zu können.

VentureTVs Interview mit Marco Rodzynek verdeutlicht, dass dies ein wichtiges Fokusthema darstellt:

Dass es die Noah in Sachen „Networking“ zumindest in einer Hinsicht etwas übertrieben hat, deutet derweil die als „Escortgate“ bekannt gewordene Debatte rund um Escort-Damen auf der Noah-Party an. Während das Phänomen beileibe nicht neu und in seiner öffentlichen Aufarbeitung etwas überzogen dramatisiert erscheint, bleibt hier zukünftig auf etwas mehr Fingerspitzengefühl zu hoffen.

Intelligent justiertes Geschäftsmodell

Neben der Zufriedenstellung seiner Teilnehmer muss eine Konferenz darüber hinaus aber noch etwas anderes leisten: sie muss Geld verdienen. Und hier hat die Noah eine ihrer zentralen Stärken: Während andere Konferenzen sich auf Startups, Medienmacher oder Privatnutzer konzentrieren, hat sich die Noah im Kräftefeld zwischen VCs, Private Equitys und Corporates angesiedelt. Allesamt zahlungskräftige Förderer der Marke seither.

Das Event ist zu solch einem Knotenpunkt des Digitalen geworden und bringt durch die Investorenkontakte von Marco Rodzynek so viele relevante Unternehmer und Geldgeber zusammen, dass jene kaufstarke Klientel bereitwillig hohe Sponsorengelder investiert. Den Corporates hilft die Noah bei der Handhabung ihres Digitalisierungsdrucks und Investoren bietet sie Sichtbarkeit auf einer der wichtigsten Netzwerkveranstaltungen der Branche.

Größte Schwäche: Schlechte Inhalte

Dennoch hat die Noah neben dem häufig etwas mäßigen Catering eine zentrale Schwäche: die auf der Konferenz vorgetragenen Inhalte gehören zu den schwächsten in der ganzen Branche. Zwar bevölkern einige der vielversprechendsten Unternehmer und Investoren die Bühne des Events, doch geben diese in der Regel eher Belanglosigkeiten oder allseits bekannte Firmenpräsentationen von sich.

Oft versteht es Marco Rodzynek, pointierte und fachlich relevante Fragen zu stellen, doch ein großer Teil der Vorträge beschränkt sich auf zehnminütige Unternehmensvorstellungen oder verhaltene Aussagen. Ebenso darf es als sehr wahrscheinlich gelten, dass die Noah Speaker-Plätze mitunter sogar an Sponsoren verkauft, was häufig nicht auf die Qualität einzahlt und dem ganzen einen faden Beigeschmack gibt.

Allerdings hat die Noah das Glück, dass die Inhalte auf der Bühne für viele Besucher gar nicht das Wichtigste sind, sondern dass diese vielmehr erscheinen, um effizient viele relevante Branchenvertreter zu treffen. Ein oder zwei bekannte Leuchtturmtalks oder der ein oder andere bekannte Speaker reichen der Noah also vollkommen aus, um ihre eigentliche Rolle als Katalysator in Sachen Networking zu erfüllen.

digital kompakt, PaypPal Me

Bildmaterial: digital kompakt, Noah (Montage)


2 Gedanken zu “Analyse: Warum die Noah eine der wichtigsten Digital-Konferenzen bleibts”

  • 1
    Benjamin am Juni 13, 2016 Antworten

    Mein Eindruck ist, dass auf den meisten Startup-Konferenzen die Inhalte eher belanglos sind, was aber meistens nicht schlimm ist, wenn das Publikum stimmt.
    Welche Konferenzen punkten deiner Meinung nach durch gute Beiträge?

    • 2
      Joël Kaczmarek am Juni 13, 2016 Antworten

      Gebe ich dir absolut Recht.

      Eigentlich die einzige Konferenz, die mir durch wirklich starke Inhalte aufgefallen ist, ist die K5 von Exciting Commerce. Dort ist es faszinierend zu beobachten, wie viele Menschen wirklich in den Vorträgen sitzen und sowohl die Zusammenstellung als auch die Inhalte erscheinen mir dort sehr gut. Ansonsten würde ich sagen, dass sich die DLD bei der Auswahl seiner Speaker sehr stark darum bemüht, über den Tellerrand zu schauen, spannende Trends abzubilden und Wissen zu vernetzen, dass der Transport dessen auf die Bühne bei den Inhalten aber nicht immer gelingt. Das wäre sonst der zweite Player in diese Richtung, sowohl von der K5 als auch von der DLD bin ich ein großer Fan.

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