Rockets Millionenfonds: Samwers zweiter Börsenfehler

Zum Ausklang der DLD hat Rocket Internet den Abschluss eines 420 Millionen Dollar schweren Later-Stage-Fonds bekannt gegeben. Eine Taktik, die nur bedingt einleuchtet und sich als strategischer Fehler herausstellen dürfte.
Rocket Internets erster Börsenfehler
Während es wie eine unfundiert-skurile Kampagne der Presse anmutet, dass man Rocket Internet zuletzt eine Krise andichten wollte, weil das Unternehmen zwei Mitglieder des mittleren Managements verlor und seine neuen Büroräume zeitweise untervermietet, stellt der verpatzte Börsengang von Rockets HelloFresh sehr wohl einen folgenschweren Fehler des Inkubators dar. Angesichts eines Börsenkurses von zuletzt 18,76 Euro (Stand 19.01.2015 16.06 Uhr) zeichnet sich ab, dass selbst die unerfahrensten Geldgeber durchschaut haben, dass Samwers angeblich anvisierte HelloFresh-Bewertung von 3,3 Milliarden Euro viel zu hoch und damit unhaltbar ausgefallen war.
Neben verunsicherten Aktionären hat das HelloFresh-Fiasko Rocket Internet aber vor allem eine Reihe von Short-Sellern eingebrockt, die ein Einbrechen des Aktienkurses mit sich brachten. Freilich dürfte für Rocket Internet die Talsohle bald erreicht sein und wieder moderates Wachstum anstehen, doch dass rund um HelloFreshs abgesagten Börsengang sogar ein Zerwürfnis mit Rockets quasisymbiotischem Geldgeber Kinnevik entstand, spricht Bände und leitet zum zweiten Börsenfehler über.
Rocket Internets zweiter Börsenfehler
Mit ihrem neuen 420-Millionenfonds „Rocket Internet Capital Partners“, zu dem der Samwer’sche Firmenbrüter selbst 50 Millionen Dollar beigesteuert hat, verkaufen Oliver Samwer und sein Finanzverantwortlicher Peter Kimpel nun eine klare Message: Mithilfe des neuen Fonds könnten Rockets Investoren einen Leverage einfahren ohne zu verwässern, würden weniger abhängig von externen Investoren und müssten auch bei Finanzierungsrunden von Rocket-Ventures keine Verwässerung fürchten, wird Rocket doch direkt und indirekt über den Fonds mit 28 Prozent an zukünftigen Finanzierungsrunden partizipieren.
Soweit die mitunter durchaus logische Argumentation, nur vermittelt die Stimmung im Markt derzeit, dass Rockets Bestandsinvestoren vielmehr stark an externen Investoren gelegen ist, um die hohen Bewertungen der Vergangenheit validiert zu wissen. Zu sprunghaft sollen die Samwer’schen Bewertungszuwächse gewesen sein und dies in einem ohnehin ungünstigen Finanzklima dieser Tage. Noch wesentlicher erscheint aber der Umstand, dass sich mit Rockets neuem Fonds ein profunder Interessenskonflikt ergibt. Mit der neuen Struktur dürfte Oliver Samwer das zentrale Bindeglied zwischen Fonds- und Inkubator-Aktivitäten werden und es stellt sich die Frage, welchen Präferenzen er dann folgt. Denn egal wie er entscheidet: im einen Fall bringt er die Limited Partner seines Fonds gegen sich auf, im anderen verärgert er Rockets Bestandsinvestoren. Wer unter diesen Vorzeichen bereit war, in Rocket Internet Capital Partners zu investieren, darf daher auch gefragt werden. Geneigte Investoren müssten eigentlich Fonds und Inkubator gleichermaßen ausstatten.
Unter dem Strich lassen sich die Sorgen der Investoren also durchaus nachvollziehen, ritt Oliver Samwer jüngst doch mit zu hohen Bewertungen bei gleichzeitig zu geringer Traction durch die Szene, während sich der Eindruck ergab, dass Rockets Qualitätskontrolle zuletzt gelitten hat. Zieht man dann noch die Marktrückzüge einzelner Modelle wie EasyTaxi (ganz Asien) oder Foodpanda (Vietnam) in Betracht und denkt an die hohen Finanzierungsaufwände bei der Skalierung bisher unbestätigter Modelle, ergibt sich ein Gesamtbild. Für sich genommen mögen einige dieser Schritte völlig valide erscheinen, in Summe vermitteln sie aber den Eindruck, dass der Samwer-Clan zu gierig wird und sein Blatt ausreizt. Eine Erholung der Aktie ist sehr wahrscheinlich, für Rocket Internet (und in dessen Kielwasser auch für die gesamte deutsche Branche) aber auch alternativlos.
Bildmaterial: Rocket Internet (Montage)