Sollte sich Rocket Internet zur Food-Holding wandeln?

Sollte sich Rocket Internet zur Food-Holding wandeln?

24Rocket Internet und die Börse ist bisher eine Liaison, die nicht so recht funktionieren mag. Der Börsenwert des Unternehmens spiegelt bis heute nicht wirklich den realen Wert des Inkubators wieder und eine ganze Reihe von benachteiligenden Aspekten lassen den Gedanken aufkommen, ob sich der Berliner Firmenbrüter nicht lieber auf seine Stärken konzentrieren und einen Wandel hin zu Reportings einer Food-Holding erwägen sollte.

Warum die Börse nicht zu Rocket passt

Neben einer Reihe von Anlaufproblemen, wie auf einen Kursfall wettende Short-Seller, der Rückkauf von Wandelschuldverschreibungen oder auch der verfrühte Börsenversuch von HelloFresh („Übersicht: Rockets Börsen-Schwierigkeiten“) gibt es eine Reihe von strukturellen Faktoren, die vermuten lassen, dass Rocket Internet auf dem Frankfurter Parkett bisher nicht so recht funktionieren mag.

Unverständnis für den Gemischtwarenladen

Es zeigt sich, dass viele Anleger Rockets Gemischtwarenladen aus Eigengründungen und Beteiligungen nicht so recht verstehen wollen und dementsprechend nicht akkurat bewerten können. Zwar geben sich die Berliner alle Mühe, mit einer klaren Vision („Becoming the biggest internet platform outside the US and China“) und bildlicher Kommunikation (z.B. das umfangreiche Portfolio in „Proven Winners“ und „Raising Stars“ unterteilen) greifbarer zu machen, doch unter dem Strich zeigt die Kursentwicklung, dass Rocket ein Storytelling-Problem hat.

Undankbares Geschäftsmodell mit hohen Anlaufkosten

Hinzu kommt, dass das Venture-Capital-Geschäft ohnehin ungemein undankbar für die Börse ist. Fehlschläge werden zumeist schnell sichtbar, während Erfolgsgeschichten einer langen Anlaufzeit abedürfen. In der Konsequenz ist das Geschäftsmodell sehr vorfinanzierungsintensiv mit entsprechend langen Wertschöpfungszyklen, ehe Rocket einen Profit erwirtschaften kann. Ein langer Zeithorizont ist bei VC-Fonds und Inkubatoren absolut marktüblich, immerhin wird über vier bis sieben Jahre investiert. Doch in einem Umfeld, dass auf Verluste denkbar kritisch reagiert und für das Geschäftsmodell eines Inkubators nahezu kein Verständnis aufweist, schlägt sich dies negativ nieder.

Investmentlastigkeit

Und Rocket tendiert – zumindest in der Wahrnehmung des Marktes – zusehends in Richtung des Investmentgeschäfts. Zwar kommuniziert das Unternehmen, dass es auch im Jahr 2016 viele Eigengründungen vorweisen kann (angeblich die zweitmeisten in der Firmengeschichte) doch in der öffentlichen Wahrnehmung dominieren insbesondere Rockets Personalschwund und das zunehmende Investmentgeschäft die Schlagzeilen.

Typenfrage

Oliver Samwer ist sowohl von seinem Opportunismus her als auch durch seine Verschlossenheit kein Typ, zu dem die Börse passt. Dennoch: Wenn er ein Imperium im Stile seines einstiegen Vorbilds United Internet oder Digitalriesen wie Tencent oder Naspers aufbauen will, ist die Börse ein wesentlicher Weg, gerade auch um große Kapitalmengen aufnehmen zu können. Doch im Falle von Oliver Samwer scheint ihm entsprechendes mit klassischem Fundraising besser gelungen zu sein als an der Börse.

Weshalb nicht auf Food fokussieren?

Es stellt sich die Frage, ob es für Rocket Internet nicht mithin ein sinnvoller Schritt sein könnte, die eigene Positionierung zu überdenken. Rechnet man allein die Cash-Reserven des Unternehmens und die Beteiligung an Delivery Hero zusammen, dürfte der aktuelle Börsenwert bereits erreicht sein. Hieße im Klartext: Wer derzeit Rocket-Aktien kauft, bekommt viel versprechende Portfoliounternehmen wie HelloFresh oder die Global Fashion Group quasi umsonst bzw. die Anleger gehen offenbar davon aus, dass sie ihr Geld dort nicht gut anlegen würden.

In Verbindung mit einer ungünstigen Firmenpositionierung stellt sich also die Frage, warum Rocket nicht umdenkt: Die größten Wertträger der Berliner liegen im Foodbereich sowie in den Konglomeraten aus Möbeln (Westwing, Home24) und Fashion (Global Fashion Group), wenngleich die Entwicklungskurve bei den letzten beiden eher länger ausfallen dürfte. Gleichzeitig verfügt man in anderen Betätigungsfeldern (z.B. FinTech) über denkbar wenig Kenntnisse oder hat es mit teuren Unternehmensaufbauten zu tun.

Auf einzelne Sektoren reporten

Würde Rocket also HelloFresh und sein Konglomerat aus Delivery Hero und Food Panda zu einer Food-Holding zusammenführen und auf diese einzeln reporten, ließe sich womöglich eine deutlich konsistentere Positionierung für Anleger erwirken, der dann das Fashion-Geschäft und das Möbelpärchen Home24 und Westwing analog folgen könnten. Eine Abspaltung, wie sie etwa gerade die Metro mit Mediamarkt und Saturn verfolgt, wäre überzogen, doch gezielt auf einzelne Sektoren zu reporten ist ein Procedere, das durchaus üblich ist und auch von Konglomeraten wie Naspers oder Tencent verfolgt wird.

Betrachtet man Rockets überarbeitete Webseite, erscheint es beinahe so, als würden die Berliner etwas entsprechendes sogar bereits erwägen, zeigt sich doch zunehmend eine Sortierung in Richtung der großen Betätigungsfelder Food, Fashion, Möbel und General Merchandise. Im Reporting hat sich dies noch nicht in vergleichbarer Konsequenz durchgesetzt.

Ein Bewertungsabschlag, der bei Aktien von Konzernholdings häufig vorgenommen wird, weil es für Investoren bei Konzernverschachtelungen schwieriger ist, Einfluss auf die Geschäftsentwicklungen einzelner Beteiligungen zu nehmen, ließe sich auch damit wohl nicht vermeiden. Doch ein Konglomeratsabschlag wäre nach wie vor ein akzeptabler Preis dafür, dass Rocket weniger anfällig ist, weil andere Geschäftsfelder potenzielle Ausfälle auffangen können. Mit einer leicht anderen Reportingstruktur ließe sich diese Stärke wohl aber besser kommunizieren.

Artikel zum Thema Samwer & Rocket Internet:

digital kompakt, PaypPal Me

Bildmaterial:  Madebyoliver / Flaticon (Montage)


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