Lakestar investiert in Potsdamer Hidden Champion Seerene

Klaus Hommels investiert mit seinem bekannten Fonds Lakestar in den Potsdamer Technologiespezialisten Seerene, das im Technologiebereich so viel Relevanz erlangen könnte, wie Salesforce im Sales-Bereich.
Seerene visualisiert Software als Stadtkarte
Klaus Hommels darf mit seinem Lakestar-Fonds wohl als einer der ganz wenigen Sparkle VCs (hoch angesehene Venture Capitalists à la Sequoia, Accel oder Index) aus Europa gelten, sodass Investments des in Zürich sitzenden Fonds unmittelbar für Aufmerksamkeit sorgen. Das Betätigungsfeld von dessen neuestem Investment Seerene (Webseite) ist dabei durchaus etwas komplexer zu verstehen.
Der Dienst aus Potsdam hat eine SaaS-Lösung entwickelt, mit der Programmcode in Form einer Stadtkarte dargestellt werden kann. Auf diese Weise wird Software einfacher verständlich und dessen Black-Box-Charakter reduziert. Man kann sich das Ganze wie eine Sim City-Ansicht vorstellen, bei der die Grundfläche, Höhe und Farbe jedes einzelnen Gebäudes eine Aussage über den Zustand einer bestimmten Codeeinheit macht.
CTOs erhalten so eine Art KPI-Cockpit in grafischer Form, mit dem sie neue Einsichten und Analysen in Software, Code und Teamabteilungen erhalten und so ihre Teams steuern, die Lage der Entwicklung verstehen und IT-Themen gegenüber Budgetgebern erläutern können. Für Unternehmen mit IT-Abhängigkeit (und wo ist dies heute nicht mehr der Fall) bietet dies also eine Reihe von Vorteilen:
- Durchführung von technischen Due Dilligences
- Identifikation von Softwarerisiken und -fehlern
- Produktivitätsprobleme und -potenziale ermitteln
- Erleichterung der (nicht-technischen) Entscheiderkommunikation
- Software-Legacy verstehen und managen
- IT-Projekte in Time und Budget halten
- Time-to-Market durch effizientere Projekte erhöhen
- Outsourcing besser managen und bewerten
- Compliance- und Dokumentationsauflagen erfüllen
- Automatisierte Erzeugung von Prognosen und Handlungsempfehlungen
B2B-Wertschöpfungsketten hoch attraktiv
Man stelle sich nur mal einen mittelgroßen Versicherer vor, dessen Programmcode ausgedruckt einige Millionen Seiten umfassen würde und wo nun ein nicht-technischer Entscheider verstehen will, wohin seine sieben- bis achtstelligen IT-Budgets fließen. An dieser Stelle soll Seerene ins Spiel kommen und leicht verständliche Antworten vermitteln.
Freilich ist der Sales-Zyklus einer solchen Lösung denkbar komplex, da B2B-Entscheider stark rational entscheiden, häufig mehrere Entscheiderlevel aufweisen und den Nutzen des Tools erst verstehen müssen. Doch durch die Bewältigung einer solchen Komplexität könnte Seerene starke Eintrittsbarrieren etablieren, während gleichzeitig viele Unternehmen mit großen Budgets noch keine ausreichende Handhabe über ihre IT aufweisen und dies zusehends als relevanten Leidensdruck empfinden.
Hinzu kommt, dass die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten im B2B-Bereich signifikant höhere Warenkörbe und gute Retention Rates bedeutet und in Zukunft weiter massiv zunehmen wird. Vor allem ist es gut denkbar, dass sich die Dienste des Potsdamer Unternehmens auch sehr gut über Reseller-Ansätze vertreiben lassen, indem IT-Beratungen und Systemhäuser deren Dienste mitvertreiben.
Unter dem Strich ist Seerene also in einem kaufkräftigen Segment mit einem Produkt unterwegs, das einen signifikanten (und unmittelbar messbaren) Mehrwert generiert und dabei gleichermaßen gut verteidigbar und international anwendbar ist. Vor diesem Hintergrund dürfte auch das Investment von Lakestar für beide Seiten sinnvoll sein: Klaus Hommels, der auf den höchsten Ebenen als topvernetzt gilt, kann Seerene sicher seinen Sales-Zyklus als Türöffner zu relevanten Technikverantwortlichen erleichtern, während der Dienst aus Potsdam umgekehrt eine Komplexität aufweist, die sich nicht ohne weiteres von großen US-Playern wie Google nachbauen lässt. Wenngleich der Vergleich hinken mag, wäre es gut vorstellbar, dass Seerene daher im IT-Bereich auf lange Sicht so relevant werden könnte, wie ein Salesforce im Sales-Segment.
Transparenzhinweis: Der Autor war früher im unmittelbaren Umfeld von Seerene beruflich tätig, weißt derzeit aber keinerlei wirtschaftliche Beziehungen zum Unternehmen auf.
Bildmaterial: Seerene, Lakestar
Und wieder ein Treffer fuer Potsdam, dort wo viel ist, kommt auch viel hinzu!