Warum funktionierten Movingas Investoren-Gremien nicht?

Warum funktionierten Movingas Investoren-Gremien nicht?

Movingas Gründerteam wird überraschend abgesetzt und anschließend entbrennt ein Kommunikationsfeuer aus Spekulationen, Vorwürfen und Misstrauen. Warum funktionierten die Kontrollgremien der Investorenschaft offenbar nicht und wie erklärt sich die fehlende Krisenkommunikation?

Wie gut funktionierte Movingas Board?

Nach den Umständen von Movingas derzeitigem Führungswechsel ist unter den Gesellschaftern des Unternehmens augenscheinlich eine heiße Diskussion entbrannt, ob durchgeführte Due Dilligences nicht ausreichend waren und wer ab welchem Zeitpunkt von welchen Problemen gewusst haben könnte. Denn erst mit Rockets Due Dilligence zu einer dieser Tage angedachten Finanzierung zeigten sich offenbar die Probleme von Movingas massiver Wachstumsphase.

Als Board-Mitglieder finden sich Earlybird und Index dabei in einer kritischen Betrachtung wieder, immerhin stellt sich die Frage, warum die Investoren-Organe die Fehlausrichtungen nicht vorher bemerkten. Neben Timm Schipporeit von Index und Hendrik Brandis von Earlybird saßen auch Audibene-Gründer Marco Vietor und Ferry Heilemann als Gründervertreter im Board von Movinga.

Dabei mag den beiden VCs zu Gute gehalten werden, dass sie erst in der jüngeren Vergangenheit in Movingas Board traten (Schipporeit anscheinend im Dezember, Brandes übernahm im März von Vorgänger Simon Schmincke). Und freilich gäbe es für Gründer viele Wege, ihren Investoren nur einen bedingten Blick auf die Performance des Unternehmens  zu ermöglichen, während diese auch mit einem gewissen Maß an Vertrauen aufwarten müssen.

Dennoch darf von einem derart potent besetzten Board erwartet werden, dass es nah am operativen Geschäft arbeitet und früh von etwaigen Diskrepanzen erfährt und gegensteuert. Es bleibt ebenso die Frage, warum derart jungen Gründern in einem so schnell skalierten Unternehmen nicht viel früher erfahrene Unterstützer an die Seite gestellt wurden.

Schlecht gemanagte Kommunikation

Hinzu kommt, dass die Krisenkommunikation offensichtlich schlecht gemanagt wurde. Sprach man am Wochenende mit den Gesellschaftern über die überraschenden Abgänge, zeigte sich schnell, dass alle Beteiligten sauer waren, aber eigentlich nicht genau wussten auf wen. Bei chaotischer Informationslage machte es den Eindruck, als würde man sich gegenseitig nicht mehr trauen und ein Großteil der Gesellschafter schien in Movingas größter Krise nicht einmal ansatzweise ein vollständiges Bild zu haben.

Mit der Absetzung des Gründerteams an einem Freitag entstand über das Wochenende viel Raum für wilde Spekulationen, Frust und Streit und erst Stück für Stück formiert sich eine gemeinsame Kommunikationsstrategie. Eine denkbare Erklärung liefert womöglich der Umstand, dass man ein zu frühes Leaken der Sachlage vermeiden wollte und zu einer gewissen Geschwindigkeit angehalten war, um bei den anfallenden Kündigungen noch auslaufende Probezeiten ausnutzen zu können. Unter dem Strich erhielt Movingas Markenwahrnehmung aber dennoch reichlich Dellen.

Gier frisst Hirn

Betrachtet man den Movinga-Fall mit etwas Abstand, lässt sich insgesamt ein Stück weit ein Fall von Gier frisst Hirn konstatieren. Ob es wirklich nachhaltig, gesund und realistisch ist, dass ein 23- und ein 24-Jähriger bei ihrer ersten Gründung in einem eher unspektakulären Bereich wie Umzüge nach nur einem Jahr ein Unternehmen mit 140-180 Millionen Euro wert (in dieser Höhe soll die letzte Bewertung angesetzt worden sein) etablieren sollen, das dazu noch kaum Wiederkäufe aufweist und wohl zu 80% auf externem Leadeinkauf fusst, darf berechtigterweise hinterfragt werden.

Auch die Medien, die das Modell hochgeschrieben haben – allen voran digital kompakt – wären hier wohl in der Verantwortung gewesen, sich um noch mehr Substanz bei der Bewertung des Modells zu bemühen und sich nicht so stark zur Überstilisierung verleiten zu lassen. Immerhin steigt mit zunehmendem Hype auch der Erwartungsdruck, dem sich junge Gründer und potenzielle Nachahmer schnell unterwerfen, was dann inhaltliche Fehler provozieren kann.

digital kompakt, PaypPal Me

Bildmaterial: Pixabay


4 Gedanken zu “Warum funktionierten Movingas Investoren-Gremien nicht?s”

  • 1
    Ruppert am Juni 23, 2016 Antworten

    Mal im ernst… dort bei der VC sollen Köpfe rollen. Wie kann man sich so verarschen lassen. Ich glaube, dass hier klar das Image von Movinga beschädigt worden ist, aber wichtiger ist wie das Image von den beteiligten VCs beschädigt wird! Dort, war ich immer den Meinung, arbeiten Profis die das (fremde) Geld vernünftig investieren sollen. Dazu gehört natürlich gründliche Due Dilligence. War anscheinend nicht der Fall.

    Die haben sich von zwei Absolventen der Massen ausspielen lassen… kann man kaum glauben. Auf der anderen Seite man muss den zwei Gründer das wiederum als eine Art „guter“ Leistung anerkennen.

  • 2
    Keine Absolventen... am Juni 23, 2016 Antworten

    Meinem Vorredner würde ich gerne widersprechen.
    Um die beiden Gründer handelt es sich NICHT um Absolventen der WHU!

    „Knutzen und Maslowski waren von zahlreichen Medien als Gründer gefeiert und dabei mehrfach als Absolventen der Privat-Uni WHU bezeichnet worden. Ein Sprecher sagte nun, beide hätten an der WHU studiert, ihr Studium dort aber nicht abgeschlossen und dies auch selbst nie behauptet. Nachdem zuvor manager magazin in dieser Sache bei der WHU angefragt hatte, hatte die Privat-Uni auf ihrer Alumni-Website einen entsprechenden Eintrag bereits geändert. Weiter wollte sich die WHU aus „grundsätzlichen“ Erwägungen nicht dazu äußern.“
    Quelle: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/it/movinga-gruender-knutzen-und-maslowski-treten-ab-a-1098365.html

  • 3
    Ruppert am Juni 23, 2016 Antworten

    Das wusste ich nicht.

    Das spricht dann noch schlimmer gegen die VCs:)

  • 4
    IronMan am Juni 23, 2016 Antworten

    Vielen Dank für die offensichtlichen Fragen und die Selbstkritik im letzten Absatz. In der Tat sollte Journalismus häufiger den Finger in die Wunde legen. Mit Orwells Worten: Journalismus heißt, etwas zu drucken, von dem jemand will, dass es nicht gedruckt wird. Alles andere ist Public Relations.

    Hier und anderswo wurde den Gründern ein Forum geboten, über ihr Geschäftsmodell zu sprechen und dabei Marketing zu betreiben. Selbst im Deep Dive hätte an der Stelle zur Leerfahrtenreduktion besser nachgehakt werden können. Die unzähligen Negativbewertungen in den einschlägigen Bewertungsportalen zeigen eindeutig, dass Movinga fast ausschließlich mit Umzugsunternehmen zusammenarbeitet, die geringste Qualitätsstandards nicht einhalten. Das sind Ein-Mann-Unternehmen mit einem Sprinter oder 3,5-Tonner und zwei Aushilfen, von denen oft noch nicht mal einer sich verständigen kann. Die naheliegende Frage ist doch, wie Movingas sagenumwobener Algorithmus bei solchen Unternehmen Leerfahrten vermeidet und damit die Kosten um bis zu 70 % drückt. Die Bewertungen zeigen auch, dass man bei Movinga die einfachsten Prozesse nicht im Griff hat. Es ist eine große Sales-Abteilung, die Dumping-Umzüge verkauft und eine große Customer-Service-Abteilung, die das Chaos fixen muss, das aus den Dumping-Umzügen entsteht. Alle Prozesse dazwischen scheinen inexistent. Nächste Frage: bei einem Business ohne Wiederkaufsrate muss eine Marke aufgebaut werden, damit nicht jeder Kunde erneut teuer über Leads eingekauft werden muss. Gute Bewertungen und Empfehlungen sind elementar. Bei der Vielzahl an schlechten Bewertungen wird sich aber jeder neue Kunde die Frage stellen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sein eigener Umzug nicht in einer mittleren Katastrophe enden wird. Die guten Bewertungen, die größtenteils gefaked wirken, helfen dabei nicht weiter. Welche Pläne hat das Management hinsichtlich Qualität und Vertrauensbildung?

    Ähnliche Fragen hätten die Investoren natürlich auch schon längst stellen müssen, anstatt zwei Jungs ohne Berufserfahrung Aufbau und Leitung eines Unternehmens mit 500 Mitarbeitern zu übertragen.

    Beim neuen Management kann man ja nun mal kritischer nachhaken.

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