Was passiert, wenn Roboter markttauglich werden?

Was passiert, wenn Roboter markttauglich werden?

Gestern stellte digital kompakt die neuesten Eindrücke der Atlas Roboter von Boston Dynamics vor und skizzierte mögliche Einsatzgebiete für die menschenähnlichen Maschinen. Doch was passiert, wenn die Technologie in fünf bis zehn Jahren wirklich markttauglich wäre?

Jobverluste durch Roboterisierung?

Schon jetzt lässt sich ablesen, dass die Anwendungsgebiete von Atlas eher nicht konsumentenorientiert gelagert sind, sondern sich auf betriebliche und industrielle Anwendungsgebiete konzentrieren. Unter dem Strich käme Atlas dabei als Substitut für körperlich besonders anspruchsvolle und gefährliche Aufgaben in Frage oder für die Steigerung von Effizienz und Zuverlässigkeit.

Eine Studie des Weltwirtschaftsforums WEF hat die „vierte industrielle Revolution“ betrachtet und rechnet vor, dass binnen der nächsten fünf Jahre insgesamt fünf Millionen Jobs durch die zunehmende Digitalisierung verloren gehen könnten – zwar würden durch KI, Roboter, 3D-Druck oder Biotechnologie 2,1 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, gleichzeitig aber 7,1 Millionen wegfallen.

„I think we should be very careful about artificial intelligence. If I had to guess at what our biggest existential threat is, it’s probably that. So we need to be very careful with artificial intelligence. I’m increasingly inclined to think that there should be some regulatory oversight, maybe at the national and international level, just to make sure that we don’t do something very foolish.“

Elon Musk, Tesla, SpaceX (Webcast auf dem AeroAstro Centennial Symposium)

Für den Tagesspiegel rechnet Oxford-Professor Carl Frey vor, dass allein in den USA fast die Hälfte aller Jobs komplett untergehen oder ihr Anforderungsprofil stark ändern könnten. Und dank besserer KI-Algorithmen und günstig verfügbaren Rechenleistungen und Speicher sogar für Schreibtischjobs.

Unterschiedliche Sparten betroffen

Nicht alle, aber viele der denkbaren Anwendungsfälle könnten menschliche Arbeitskräfte mit geringem Bildungsniveau ersetzen. Sollte hierzulande dann auch noch die Autoindustrie von Tesla & Co. abgehangen werden und stark Stellen abbauen müssen, scheinen soziale Unruhen vorprogrammiert. Allein VW beschäftigt 100.000 Mitarbeiter, von denen die Hälfte „taktgebunden“ in der Produktion arbeitet – eine Art von Arbeit, die in den nächsten zwanzig Jahren komplett wegfallen wird.

„There have been concerns about the long-term prospect that we lose control of certain kinds of intelligences. I fundamentally don’t think that’s going to happen.  I think that we will be very proactive in terms of how we field AI systems, and that in the end we’ll be able to get incredible benefits from machine intelligence in all realms of life.“

Eric Horvitz, Managing Director Microsoft Research Lab (Artikel bei BBC News)

Volkswagen würde ein Roboter zwischen drei und sechs Euro pro Stunde kosten, ein nach Tarifvertrag bezahlter Mensch hingegen käme zehn mal so teuer. Schnell stellt sich die Frage, welche Jobs überhaupt vor der Ersetzung durch Maschinen sicher wären. Eine kleine Auswahl:

  • Journalisten: Schon heute schreiben Maschinen anhand von Algorithmen Zeitungsartikel. Die Los Angeles Times lässt ein Programm namens Quakebot ab bestimmten Erdbebenstärke automatisch Artikel schreiben. Die Nachrichtenagentur Associated Press nutzt das Software-Tool Wordsmith um automatisch Finanzberichte zu verfassen. Ahnliches wird auch bereits für Sportberichte realisiert, während die Software Quill sogar zehn bis fünfzehn Seiten lange Investment-Berichte für Unternehmen schreibt.
  • Logistik: Diapers.com hat bereits vor Jahren Videos seiner von Robotern umgesetzten Logistik ins Netz gestellt. Mittlerweile wurde das dahinter stehende Unternehmen von Amazon gekauft. Und auch beim Ausliefern von Paketen sind Robotersysteme auf dem Vormarsch, etwa die Starship-Roboter der Skype-Gründer.
  • Pflege: In Japan, das rasant zu überaltern droht, werden Roboter entwickelt, um Altenheimbewohner zu unterhalten oder Überwachungsfunktionen zu übernehmen. Weitere Anwendungsfälle liegen sicher nahe.
  • Mobility: Sind selbst fahrende Autos erst einmal marktreif, müssten Lastwagen-, Bus- oder Taxifahrer wohl um ihren Job bangen. Nicht nur, dass die Maschinen zum Teil weniger fehleranfällig sind, können sie auch effizienter und je nach Akkukapazität länger ohne Pause fahren.

Welche Konsequenzen würden nötig?

Womöglich vernichten Roboter und Maschinen aber auch nicht einfach Jobs, sondern ändern ihre Gestaltung, etwa wenn Journalisten sich statt Faktenaufzählungen stattdessen komplexeren Artikelthemen widmen können, weil eine Maschine sie entlastet.

“Success in creating AI would be the biggest event in human history. Unfortunately, it might also be the last, unless we learn how to avoid the risks. Humans, limited by slow biological evolution, couldn’t compete and would be superseded by A.I.”

Stephen Hawking, Theoretischer Physiker (Artikel im Observer)

In jedem Fall aber dürfte ein Umdenken unumgänglich sein. Was soll mit jenen passieren, deren Arbeit durch Roboter oder Maschinen obsolet wird? Plötzlich könnte das Thema bedingungsloses Grundeinkommen eine völlig neue Aufmerksamkeit erfahren und neue Fragen nach den sozialpolitischen Folgen solcher Maßnahmen aufwerfen.

Ebenso denkbar wären Steuermodelle, bei denen roboterzentrierte Unternehmen höhere Steuern zahlen, die dann in die Sozialsysteme zurückfließen. Eine Lösung für den Umstand, dass Arbeitskraft signifikant an Wert verlieren, noch weniger Menschen noch mehr kapitalistischen Wert besitzen und damit eine massive Umverteilung an Kapital eintreten würde, bietet dies jedoch nicht. Womöglich müsste das Konzept von Geld und Kapitalismus als Ganzes sogar hinterfragt werden, immerhin lässt sich eine Zukunft ausmalen, in der niemand mehr arbeiten muss.

Roboter, die sich verselbstständigen?

Bleibt noch die Frage nach den sich verselbstständigenden Robotern. Speziell Hollywood kennt genug Dystopien mit Roboterbeteiligung, vom Terminator über Matrix, iRobot und Surrogates bis hin zu 2001: Odyssee im Weltraum oder Star Wars. Und betrachtet man die jüngsten Entwicklungen im Feld der Robotics, erscheinen diese auch gar nicht mehr so fern.

“I am in the camp that is concerned about super intelligence. First the machines will do a lot of jobs for us and not be super intelligent. That should be positive if we manage it well. A few decades after that though the intelligence is strong enough to be a concern. I agree with Elon Musk and some others on this and don’t understand why some people are not concerned.”

Bill Gates, Microsoft-Gründer (Ask Me Anything-Thread auf Reddit)

Solange Roboter so gestaltet sind, dass sie klaren Algorithmen folgen, die ihr Verhalten berechenbar machen, kann der Mensch vorgeben, wie ein Roboter zu denken und handeln hat. Unvorhersehbar werden deren Reaktionen derweil, sobald sie auf selbst lernenden Systemen fußen. Ein Szenario, dass allerdings noch recht weit in der Zukunft liegen dürfte, hat sich echte künstliche Intelligenz bis jetzt doch als harte Nuss präsentiert. Doch auch so bleiben Programmierfehler, Hackerattacken oder unvorhergesehene Reaktionen als Risiken in der Roboterwelt bestehen.

Bildmaterial: Boston Dynamics (Montage)


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