Digital kompakt: Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge High Performance Leadership. Mit mir dabei ist wieder der fabulöse Stefan Lammers. Sag doch nochmal ganz kurz zwei Sätze zu dir.
Stefan Lammers: Ich bin der Inhaber von SLBB (= Stefan Lammers Business Building). Ein Beratungsunternehmen, das sich seit 15 Jahren mit Team-, Organisations- und Führungskräfteentwicklung auseinandersetzt. Unser Claim ist, dass wir Menschen in den sich stark verändernden Welten begleiten, um sie dort erfolgreich zu machen.
Digital kompakt: Wir haben schon einen groben Überblick zu High Performance Leadership gegeben. Grundprämisse ist, dass man ein besseres Arbeiten haben will. Strukturen schaffen, um zu High Performance zu befähigen. Da gibt es bestimmte Abläufe oder Steps, die man nehmen muss. Wir wollen jetzt tiefer in das Thema Vision reingehen. Aber lass uns mal ganz Basic einsteigen. Helmut Schmidt hat mal gesagt: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Wir proklamieren das jetzt.
Was genau verbindet dich mit einer Vision und warum ist es wichtig?
Stefan Lammers: Eine Vision setzt Tatkraft und Motivation in Gang bei den Leuten, die sich von der Vision angesprochen fühlen. Eine Vision muss so gebaut sein, dass sich möglichst viele Leute anschließen können. Es gibt zwei Gründe, weshalb Visionen scheitern. Das eine ist, dass Visionen in großen Unternehmen sehr oft von irgendwelchen Kommunikationsabteilungen gemacht oder von Werbeagenturen begleitet werden. Dann gibt es eine Hochglanzbroschüre, die von der Führungskraft an die Mitarbeiter übergeben wird, niemand fragt danach und dann fliegt sie in den Mülleimer. Das ist nicht so erquickend.
Die, die in der Gestaltung der Zukunft des Unternehmens dabei sein sollen, sollten auch möglichst in der Visionsentwicklung beteiligt werden. Das sieht man oft bei den Startups. Da hat einer eine tolle Idee und eine Vision von dem, was er da eigentlich aufbauen will. Das gibt es noch nicht oder das ist etwas, was gegen etwas anderes ist. Ein Feindbild funktioniert manchmal als Vision auch ganz gut. Und dann kommen Mitarbeiter, die das attraktiv und spannend finden. Die sind jetzt bereit und hoch motiviert, da mitzumachen. Wenn andere das Gleiche verändern wollen, brauchen sie 500 Berater. Das steht dann in keinem Verhältnis mehr. Das zeigt letztendlich, wie stark so eine Vision trägt und Menschen in Bewegung setzen kann.
Digital kompakt: Es gibt von Jim Collins dieses schöne Buch „From Good To Great“, was bei vielen als Arbeitsbibel auf dem Schreibtisch liegt. Da geht es um Busse. Wenn du in den Bus einsteigt und erwartest, dass der nach Helsinki fährt und der dann aber nach Stockholm fährt, dann hast du ein Problem und bist wahrscheinlich unglücklich. Irgendwann willst du aussteigen. Wenn du wegen der Leute und dem was euch verbindet in einen Bus einsteigst, dann ist es eigentlich egal, wo der hinfährt. Klar hat ein Startup vielleicht mal eine Ausrichtung, die sich ändert, weil Agilität da sehr massiv ist. Aber die Vision kann gleich bleiben und nur der Weg wird anders.
Der Kollege Oliver Samwer hat eine Abschlussarbeit geschrieben und verbildlicht, wie ein Startup in der Steuerung funktioniert. Man definiert gemeinsame Werte, die einen irgendwie verbinden. Aus diesen Werten ergibt sich eine Unternehmenskultur, also einen Rahmen. Und dann kann man Personen einstellen, die sich mit dieser Kultur vertragen und ein akkurates Verhalten haben. Dann können sie Ergebnisse produzieren. Anders als in Konzernen muss man keine Prozesse einhalten oder bestimmte Regeln haben sondern man ist extrem agil. Es geht um die Werte im Kopf.
Ist das eine Brücke, wie du auch High Performance Leadership siehst?
Stefan Lammers: Es ist eine tolle Brücke. Es gibt ein Fünfstufenmodell von Jenewein und Heidbrink zum Thema High Performance Teams.
Das fängt mit dem Sinn an und das ist letztendlich auch die Vision: Was ist eigentlich unsere Existenzberechtigung? Was ist unsere Vision? Was ist unsere Mission? Was sind unsere Ziele? Danach kommt die Personalauswahl, das Kennenlernen und die Entwicklung dieser gemeinsamen Kultur: Wie wollen wir eigentlich zusammenarbeiten? Die dritte Stufe ist dann tatsächlich erst die Rollenklärung: Wer macht was? Was sind die Erwartungen an Rollen? Erst dann kommt der Arbeitsprozess: Spielregeln, Commitment und Feedback. Zum Schluss kommt der eigene Fokus und die persönliche Willensstärke, die eigene Haltung, mit der ich da bin: Was ist mein Anspruch? Wie gehe ich mit Krisen um?
Die Basis ist die Vision und die Kultur – und das unterscheidet High Performance Teams von anderen. Wenn wir zu Team-Entwicklungsmaßnahmen gerufen werden, heißt es oft, dass die Spielregeln besprochen werden müssen. Das ist für mich der kleinste gemeinsame Nenner, auf dem man sich treffen kann. Wenn dann hinterher die Rollen verteilt und definiert sind, was passiert dann, wenn neue Arbeiten dazukommen? Dann fühlt sich keiner zuständig. In diesem Moment ist es Low Performance. Wenn in der High Performance Welt etwas liegt, dann fängt das jemand auf und fragt sich, ob ich das selber kann oder wo das am besten gelöst wird. Die Themen Arbeitsprozesse, Spielregeln, Commitment und Feedback spielen nachher eine viel stärker untergeordnete Rolle.
Stefan Lammers: Ich nenne das immer Team-Soße und gefühlte Wir-Soße, die überall ausgegossen wird: Wir sind alle harmonisch und so lieb miteinander. Das ist nicht produktiv. High Performance Kultur heißt auch, einen konstruktiven Dissens zu leben. In der Lage zu sein, Dinge, die nicht funktionieren, auch anzusprechen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Es gibt ein ganz spannendes Beispiel, wie Harmoniekulturen funktionieren und in unseren Köpfen verankert sind.
Die sogenannten Asch–Experimente:
Da gibt es einen Raum, in dem drei Karten mit den Nummern 1-3 an der Wand hängen, auf denen drei unterschiedlich lange Striche aufgemalt sind. Ein Proband kriegt eine Karte mit einem Strich und soll diese der Karte mit ähnlich langem Strich zuordnen. Das erste Verwunderliche ist, dass es nur 96 Prozent schaffen, die richtige Karte zuzuordnen. Und jetzt kommt der Harmonietrieb im zweiten Versuchsaufbau. In dem Raum, in dem die drei Karten an der Wand hängen, stehen jetzt jede Menge Leute, die gebrieft sind. Der Proband geht mit der gleichen Aufgabe wieder in den Raum. Die Leute sagen ihm, dass 3 richtig ist, obwohl 1 wirklich die richtige Karte ist. Und rund 70 Prozent hängen die Karte an Nummer 3.
Die Frage ist jetzt, warum das so ist. Jahrelang hat man geglaubt, dass das was mit Gruppendynamik zu tun hat. Mittlerweile hat man festgestellt, dass die Hirnregionen, die eigentlich das Konfliktzentrum ausmachen, in diesen Situationen null reagieren. Wenn die Mehrheit sagt, dass etwas so ist, dann ist das für uns so. Es ist der Lemming-Effekt. Deswegen ist in einem High Performance Team eine Kultur von konstruktivem Dissens notwendig, der bei der Verführungskraft auch nicht aufhören darf. Wenn etwas von oben verordnet wird, dann wären wir wieder bei transaktionaler Führung. Wir bleiben bei Transformationell. Stichwort ‚Schnelles Scheitern’, daraus lernen und es wieder transformieren.
Digital kompakt: Eine Vision verbindet sich also ein Stück weit auch mit einer Fehlerkultur. Wir müssen jetzt noch spezifizieren, dass man erst Mission, Ziel und Kultur definiert und dann die Personenauswahl, die Rollen und die Spielregeln bestimmt. Also erst die Personalauswahl und dann die Rollenbestimmung? Rolle im Sinne von Berufsbezeichnung oder von Verhalten?
Stefan Lammers: Ich meine auch durchaus die Berufsbezeichnungen. Jim Collins hat eine Untersuchungen über die Muster gemacht, die nachhaltig erfolgreiche Unternehmen von anderen unterscheiden. Die kernentscheidenden Punkte für nachhaltige Unternehmen sind, dass die Einstellenden zuerst danach fragen: Wer bist du? Welche Einstellung hast du? Und erst dann: Welche Fähigkeiten hast du? Es müssen auch die fachlichen Rollen besetzt sein. Aber wenn ich fachlich super bin und ein totaler Querulant, dann nennen wir die Blocker. Also Leute, die immer Nein sagen und den Prozess aufhalten. Es braucht viel Aufwand, ihn zur richtigen Einstellung zu bringen. Wer eine tolle Einstellung hat, wer die Dinge anpackt und Lernbereitschaft hat ist auch in der Lage, viele Dinge zu lernen und viele Rollen auszufüllen.
Digital kompakt: Die Startup-Welt tickt anders als die Konzernwelt. Also transaktional und transformationell. Viele sagen ja: Vom Gründen zum Managen. Was passiert mit einer Vision, wenn der grüne Wiese-Gedanke langsam verlassen wird, man sich das erste Parkhaus oder Häuschen hochzieht und eigentlich die Phase wechselt?
Stefan Lammers: Managen ist bei mir immer Second Best Choice. Eher Leaden, also weiterführen und inspirieren. Dafür zu sorgen, dass die Leute weiter motiviert bleiben und sich überlegen, was unsere Vision ist, um den nächsten Schritt zu machen. Dieser Prozess findet oft in etablierten Unternehmen nicht mehr statt. Wenn Führungskräfte ihre eigene Vision nicht mehr richtig leben, dann wird das auch schwierig andere zu motivieren.
Da komme ich zu meinem Lieblingsmanagementspruch „Change it, love it or leave it“. Es gibt eben auch unterschiedliche Typen. Es gibt Aufbautypen, die nur dabei sind, wenn es nach vorne geht. Dann muss ich mir das selber ehrlich eingestehen und dann ist vielleicht die Verwaltung nicht unbedingt meine Aufgabe. Dafür gibt es eben andere Typen, die das super gut können.
Digital kompakt: Ist die Findung einer Vision etwas Diskursives oder etwas, das ein Leader ein Stück weit vorgibt und dann vielleicht mit seinem Team in der Ausgestaltung bespricht?
Stefan Lammers: Meine Beobachtung ist in der Tat, dass es viele gute Führungskräfte gibt, die ihre eigene Vision-Idee haben. Aber sie stellen das zur Diskussion und reichern das mit den Erkenntnissen und mit den Ideen der Mitarbeiter an, gehen tatsächlich in den Diskurs und nehmen sich Zeit zur Auseinandersetzung. Da helfen unterschiedliche Methoden wie der Golden Circle und andere.
Ich arbeite gerne mit einer Übung, die sich „Unser Meisterstück“ nennt. Da antizipiert man die Zukunft. Man stellt sich vor: Wir haben etwas Großartiges geschaffen. Was haben wir hergestellt und wie ist der Zustand, um unsere Vision zu verwirklichen. Dann geht man in Gruppen und macht sich Gedanken, womit man in fünf Jahren bei der Wirtschaftspresse Aufmerksamkeit erzielt hat. Mit dem Kern geht man zurück und überlegt sich von hinten, was an welcher Stelle zu welchem Zeitpunkt nötig war, um dahin zu kommen und um diese Vision zu verwirklichen. Daraus entstehen ein gemeinschaftliches Bild und eine Vision, die es möglich machen, auch mal in die Zukunft zu abstrahieren. Wir sind da oft eher bei der Gegenwart auch wenn wir denken, dass wir über die Zukunft reden.
Digital kompakt: Ich als Leader habe eine Vision im Kopf, die sich mit wirtschaftlichen Zielen und Strategien verbindet, mein Team trägt die aber nicht in Gänze mit. Was tue ich, wenn es da einen Dissens gibt?
Stefan Lammers: Da gibt es tatsächlich eine Entscheidung. Wenn ich als Führungskraft ein inhaltliches Ziel mit einer bestimmten Umsatzgröße habe, dann muss ich mir Gedanken machen, welche Ressourcen ich da realistisch zur Verfügung habe. Es gibt den Ansatz, 120%-Ziele zu setzen. Davon halte ich persönlich nichts. Ich glaube, eine 100 Prozent ist das Ende.
Es geht um realistisches Eingestehen und realistisches Abschätzen vorab. Wenn ich eine geringe Wahrscheinlichkeit habe, das zu erreichen, dann muss ich als Führungskraft aktiv werden. Das heißt nicht, die Ziele nach unten zu ziehen, um es erreichbar zu machen. Es geht darum, wie ich meine Mannschaft umstrukturiere und wie ich Abläufe oder Prozesse ändern kann, um bei 100% rauszukommen. Aber diese Konsequenz haben viele Führungskräfte nicht, weil sie das entweder selber als zu ambitioniert betrachten oder sich davor scheuen, Leute austauschen oder die Teams neu zusammenzusetzen.
Digital kompakt: Hast du gute Ratschläge, wie man eine Vision zu den Menschen bringen und sie greifbar machen kann?
Stefan Lammers: Das ist wie mit dem Beispiel über das Meisterstück. Dann haben die Teilnehmer das Gefühl, mit dabei zu sein. Führungskräfte sagen oft, dass die Mitarbeiter es immer noch nicht verstanden haben. Und dann frage ich: Das haben Sie jetzt dreimal erzählt und beim vierten Mal klappt’s dann? Glauben Sie wirklich, dass sie jetzt noch mal einen Quantensprung machen? Was können Sie tun, um das anders zu machen?
Wir haben ein so genanntes Vision Board entwickelt, um für die Mitarbeiter erlebbar zu machen, wie man eine Vision zur Entfaltung bringt. Das sieht folgendermaßen aus:
Oben steht die Vision. Und die Führungsprinzipien, um diese Visionen zu erreichen. Auf der rechten Seite werden die Ziele, die es braucht, um diese Vision zu verwirklichen, festgelegt. Und dann wird überlegt, was der tatsächliche Zustand der Organisation und des Teams ist. Man macht eine SWOT-Analyse, eine ehrliche Bestandsaufnahme. Dann haben wir zwischen dieser Jetzt-Welt auf der linken Seite, in den Ergebnissen der SWOT-Analyse, und den angestrebten Zielen auf der rechten Seite ein Kanban oder Scrum-Board gebaut. Dann gehen wir mit den einzelnen Teams der Führungskräfte in Workshops. Da schauen wir, was die Ziele für die Teams bedeutet, was die To-dos und Doings sind, um diese Ziele zu verwirklichen, und zum Schluss bringen wir die Vision zum Leben. Da bekomme ich als Mitarbeiter auch eigene persönliche Bedeutung. Ich bekomme Wertschätzung und kann einschätzen, was meine Arbeit in der Zielerreichung für eine Bedeutung hat. Das motiviert.
Digital kompakt: Also SWOT ist Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats. Und so ein Scrum Board, wie muss man sich das vorstellen?
Stefan Lammers: Ein Scrum oder Kanban Board ist an der Wand und hat vier unterschiedliche Felder. Im ersten Feld sammelt man Themen, die dazu führen, dass man Ziele und die Vision verwirklicht. Für Konkretisierung gibt es Kanban Zettel. Also: Wer ist dafür verantwortlich? Wer macht mit? Wann startet das? Was ist der Sinn? Was gibt es für Beschleunigungsoptionen?
Dann wird eine Art Priorisierung gemacht. Themen, die später gestartet werden, kommen in die To-do-Liste. Themen, die sofort starten, kommen ins Doing. Anschließend ist das Ziel, die ganzen Themen von Themensammlung über To-Do und Doing hin zum Dann zu entwickeln. Das ist die letzte Phase. Unter dem Dann-Aspekt wird dann auch wirklich wertgeschätzt und gefeiert, dass diese Aufgabe erledigt und ein Beitrag geleistet ist, diese Vision zu verwirklichen.
Digital kompakt: Wir wollen noch mal über den Golden Circle reden. Gib das doch bitte noch mal wieder.
Stefan Lammers: Für mich ist zum Schluss die schönste Metapher „Die Gebrüder Wright“. Es gibt zwei unterschiedliche Teams, die parallel am Thema Flugmaschine gearbeitet haben. Das waren der Pierpont Langley und die Gebrüder Wright. Pierpont Langley hatte vor allem eine Vision für sich selbst, die er nicht geteilt hat. Er wollte berühmt und erfolgreich werden. Hintendran hatte er eine riesige Maschinerie. Einen Etat beim Verteidigungshaushalt, Brains von allen Universitäten dabei und Journalisten. Und da war das Team der Gebrüder Wright. Die hatten die Vision zu fliegen und wollten nicht berühmt werden. Mit den Einnahmen eines Fahrradgeschäfts konnten sie das ganze Projekt immer wieder finanzieren. Sie hatten viele Freunde, die sie von dieser Idee angesteckt haben.
Dann kam der Moment, in dem die Wright Brothers das erste Mal flogen, aufgrund der großen Unterstützung. Als Pierpont Langley davon erfahren hat, stellte er sein Projekt einfach ein. Er verfolgte nicht den Ansatz, dass er jetzt die Flugmaschine in irgendeiner Form verbessern könnte. Es war nur seine egozentrierte Vision. Ihr kennt bestimmt auch Beispiele für solche egozentrierten Geschichten. Eine Vision ist mit mehreren Leuten geteilt, die wirklich intrinsisch und nicht über Geld motiviert sind.
Das kann man jetzt ein Stück weit auf den Golden Circle übertragen:
Ich beginne mit der negativen Situation, wie sie tatsächlich in Unternehmen ist. Es gibt einen Haufen und alle sind überlastet von den Anforderungen. Diese ganzen Aufgaben finden auf der s.g. What-Ebene statt. Also wie kann ich meine Aufgabe möglichst schnell vom Tisch kriegen. Aber umso schneller sie arbeiten desto schneller kommen neue Aufgaben.
Dann gibt es die How-Ebene. Also wie kann ich das am besten anstellen. Die wenigsten fragen sich noch, warum ich das überhaupt tue. Und das ist der Unterschied des Golden Circle in einer Untersuchung von Simon Sinek. Der hat festgestellt, was erfolgreiche Unternehmen von weniger erfolgreichen unterscheidet. Die erfolgreichen Unternehmen haben eine hohe Klarheit darüber, warum sie Dinge tun und welche Leute und Ziele dazu gehören. Wer von Why und Wofür aus denkt und wer von der Vision aus denkt, ist ein echter Leader. Wenn ich das klar habe, dann erst stelle ich mir die Frage nach dem How. Also: Auf welche Art und Weise gehe ich am besten vor? Wie kriege ich die besten Leute und Ressourcen dafür? Dann bin ich entscheidungsfähig.
Dann sind wir zum Schluss auf der What-Ebene. Nämlich ganz konkret bei den Tasks, die anstehen. Also: Tun wir jetzt, tun wir später, tun wir gar nicht. Vielleicht nach dem Eisenhauer-Prinzip, nach Dringlichkeit und Wichtigkeit. Heute ist alles Krise oder Notfall und da braucht es Unterschiedlichkeitsbildung. Geht darum, ob das Unternehmen überlegt, dann sind wir im Notfallstadium. Eine Krise ist viel geringer von der Wichtigkeit. Egal, ob es Startups mit einer hohen Intensität und Geschwindigkeit sind oder etablierte Unternehmen. Aus Harmoniesucht fehlt oftmals diese Entscheidungsfähigkeit. Es gibt eben auch eine Angst vor Entscheidungen.
Digital kompakt: Hast du noch abschließend einen Tipp, wie man so einen Golden Circle für sich konkret anwenden kann, wenn man ein Unternehmen hat und sich dabei ertappt, dass man immer im Was oder How denkt?
Stefan Lammers: Man kann es in einem Meeting, das gerade ausufert, anwenden und fragen: Warum sind wir gerade zusammen? Welche Entscheidung wollen wir treffen? Was ist die beste Vorgehensweise, um zu dieser Entscheidung zu kommen? Es ist im Prinzip ein super einfaches Modell, was sehr leicht auf ganz viele Fragen im täglichen Leben anwendbar ist. Wenn wir es schaffen, jedes Meeting auf die Hälfte zu verkürzen, dann ist das der Hammer. Von Patrick Lencioni gibt es das schöne Buch „Tod durch Meeting“. Dass wir uns nicht tot meeten. Und, dass wir gucken, wie wir wirklich Effizienz heben, indem wir uns wieder darauf konzentrieren, was eigentlich wirklich wichtig ist.
Digital kompakt: Ich hoffe, es hat euch allen auch gefallen. Ansonsten gilt dir natürlich wieder mein herzlicher Dank. Macht viel Spaß und beim nächsten Mal reden wir über die Personalauswahl. Da freue ich mich schon drauf.