German Deep Tech – ein spannender Tech-Inkubator unter dem Radar

Mit German Deep Tech praktiziert bereits seit einer Weile und von der breiten Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt, ein Inkubator die Gründung von Technologieunternehmen. Digital kompakt stellt den Potsdamer Firmenbrüter vor und skizziert dessen ungewöhnliches Vorgehen.
Beteiligungen an Startups und Immobilien
In Potsdam zeigt German Deep Tech (Webseite), dass es auch noch andere Ansätze gibt, den frühen Aufbau von Unternehmen als Inkubator zu begleiten. Dabei kommen zwei zentrale Besonderheiten zum Tragen: Zum einen verfügt das Holding-Unternehmen offensichtlich über einen unmittelbaren Zugang zum renommierten Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, sind doch viele der Portfoliounternehmen HPI-Spin-Offs, die wohl aus Forschungsprojekten der Software-Engineering-Universität des SAP-Gründers hervorgingen.
Zum anderen hat German Deep Tech einen ungewöhnlichen Weg der Quervernetzung gewählt, indem es das Investieren in Technologieunternehmen mit Immobilienbeteiligungen paart. Das Unternehmen gibt an, Startup-Verdienste in Wohn- und Gewerbeimmobilien zu stecken und die damit erzielten Gewinne wiederum in Startups zu investieren.
Aus unterschiedlichen Gründen ein gewitztes Vorgehen: Neben dem Umstand, dass „Betongold“ durch seine anderen Wertentwicklungshorizonte und Gewinnwahrscheinlichkeiten eine Risikostreuung und Diversifizierung der Geldanlagen ermöglicht, können auf diese Weise sicher Abschreibungen zwischen beiden Betätigungsfeldern entsprechende Steueroptimierungen erzielen. Dennoch ist dazu sicher einiges an Kapital notwendig, immerhin reichen die Objekte des Inkubators von Fabriklofts über Militärgelände und Ladengeschäfte bis hin zu Wäldern und Bauernhöfen.
Deep-Tech-Portfolio mit B2B-Fokus
Und mit Deep-Tech-Unternehmen, die häufig einen B2B-Bezug aufweisen, hat sich der Potsdamer Inkubator ein wirtschaftlich spannendes Segment ausgesucht, dass noch einigen Aufwind erleben wird, wenn sich die Wertschöpfungsketten der großen Konzerne zusehends weiter digitalisieren. Das Portfolio der Potsdamer ist dementsprechend weitestgehend auf Firmenkunden ausgerichtet:
- Seerene: Das wohl relevanteste Unternehmen des GDT-Portfolios dürfte Seerene sein, ein SaaS-Anbieter, mit dessen Lösung sich Softwarecode leicht verständlich als Stadtkarte darstellen lässt und der gerade eine Finanzierung mit prominenter Beteiligung erhalten hat.
- Motion Intelligence: Ähnlich spannend könnte sich Motion Intelligence entwickeln, ein Anbieter für geografische Netzwerkanalysen, der im Prinzip Business-Intelligence-Anwendungen im Mobilitybereich bietet.
- Digital Masterpieces: Mit der Entwicklung von Foto-Apps wie Clip2Comic (Fotos in Comics verwandeln) oder BeSafe (Verpixeln und Verschleiern von Fotos) stellt Digital Masterpieces das einzige B2C-Unternehmen des Portfolios dar.
- Point Cloud Technology: Point Cloud Technology bietete IT-Lösungen für die Verwaltung, Nutzung und Anwendung von großen und hochauflösenden 3D-Punktwolken.
- 3D Content Logistics: 3D Content Logistics entwickelt Softwarelösungen, um 3D-Inhalte schnell, und skalierbar bereitzustellen und interaktiv nutzen zu können.
Charme und Herausforderung zugleich: Der Fokus auf B2B-Technologieunternehmen bedeutet ein hohes Maß an Komplexität, das dafür bei Bewältigung signifikante Einstiegshürden für Konkurrenten schafft. Herausfordernd gerät meist speziell der Vertrieb, wobei mitunter Reseller-Ansätze ein Hebel sein können. Per se bieten B2B-Modelle dafür den Vorteil, dass Umsätze und Margen meist höher ausfallen als im Konsumentenbereich, bei gleichzeitig sehr rational und langfristig agierenden Käufern.
Die operativen Kniffe von German Deep Tech
Betrachtet man die Gesellschafterlisten der Portfolio-Unternehmen, scheint German Deep Tech seine Investments häufig durch den recht frühen Verkauf von Secondaries an Investoren zu refinanzieren. Sicher kann argumentiert werden, dass dieses Investorenkapital hinterher nicht dem Unternehmen zur Verfügung steht, doch es ist gut denkbar, dass diese Gewinne unmittelbar als Darlehen an die Firmen vergeben werden, was einer Convertible Note gleich käme und German Deep Tech Kreditrenditen sichern würde.
Ebenso offenbaren die Captables, dass German Deep Tech offensichtlich über ein Netzwerk aus Co-Investoren verfügt, die regelmäßig bei Gründungen des Inkubators partizipieren, darunter Dario Suters Filmproduktions- und Investitionsfirma DCM, die Schweizer Softwareschmiede CADFEM oder Udo Schlömers Factory bzw. JMES Investments.
Unter dem Strich hat German Deep Tech offenbar ein sehr intelligentes Vorgehen gefunden, bei dem es selbst kaum verlieren kann: Das Sourcen von Tech-Teams am HPI erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit und lagert Teile des R&D-Prozesses quasi aus. Secondaries liefern eine unmittelbare Refinanzierung, die durch Convertible Notes ergänzt werden könnten und selbst wenn ein Startup Verluste abwirft, ließen sich damit Gewinne im Immobilienbereich steueroptimieren und umgekehrt.
Wer steht hinter German Deep Tech?
Die Geschicke von German Deep Tech werden von Marc Hildebrandt geleitet, einem Unternehmer, der in der Vergangenheit durch den Verkauf der 3D-Visualisierungsanwendung 3D Geo an Autodesk auf sich aufmerksam gemacht hat. Aus diesem Exit dürfte sich auch das Kapital für German Deep Tech speisen, denn in der Branche genießt Hildebrandt den Ruf eines sehr kompetenten Machers, der selbst auch vergleichsweise große Tickets investiert.
Im Falle von German Deep Tech wird vieles sicher kein Selbstläufer und die von Hildebrandt ausgesuchte Positionierung ist durchaus speziell und spitz. Dennoch offenbart sie ebenso ein intelligent konzipiertes Fundament mit großem Wachstumspotenzial bei offenbar schlankem Setup.
Transparenzhinweis: Der Autor war früher für den Vorgänger von German Deep Tech beruflich tätig, weißt derzeit aber keinerlei wirtschaftliche oder berufliche Beziehungen zum Unternehmen auf.
Bildmaterial: German Deep Tech
„Clip2Comic (Fotos in Comics verwandeln) oder BeSafe (Verpixeln und Verschleiern von Fotos)“ –> Hahaha… Deep Tech?
„Secondaries liefern eine unmittelbare Refinanzierung, die durch Convertible Notes ergänzt werden könnten und selbst wenn ein Startup Verluste abwirft, ließen sich damit Gewinne im Immobilienbereich steueroptimieren und umgekehrt“ –> Bauherrenmodell with secondary deep taxing (alles könnte, nichts muss, und umgekehrt)
ps
Was ist der Unterschied zwischen „Wertentwicklungshorizont“ und „Gewinnwahrscheinlichkeit“?
Was ist der Unterschied zwischen „Risikostreuung“ und „Diversifizierung“?
Mh, den Technikanteil einer App, die jedes Bildpixel in Echtzeit umberechnet, würde ich nicht unterschätzen. Es handelt sich dabei meines Wissens nicht um eine bloße Filterapp.
„Wertentwicklungshorizont“ vs. „Gewinnwahrscheinlichkeit“: Ersteres dreht sich um den Faktor Zeit, der bei der Entwicklung von Werten realisiert wird, zweiteres um die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gewinn überhaupt erzielt werden kann. Also Zeit, die es dauert vs. Wahrscheinlichkeit, dass es eintritt.
„Risikostreuung“ vs. „Diversifizierung“: Ersteres meint eine Streuung des Risikos durch mehrere Aktivitätenfelder, zweiteres eine Ausweitung der Themenfelder. Im Prinzip ist Risikostreuung also ein Ergebnis von Diversifizierung, aber nicht dasselbe.
Trotzdem kann ich nachvollziehen, wenn man findet, dass der Text hier etwas Bullshit-Bingo-artig geraten ist. Selbstkritik soll ja hier nicht fehlen.