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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Selbstoptimierung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und heute habe ich mal wieder das Vergnügen, dass ich eine erfolgreiche, interessante und ich würde sagen vielbewanderte Person etwas näher kennenlernen darf mit euch, auf das wir von ihr lernen. Und zwar ist das heute der liebe Nikolay Kolev. Den hatten wir im Podcast, der ist nämlich der Deutschlandchef von Doktolib. Und wie ich mit ihm so geredet habe im Vorgespräch und im Nachgespräch, habe ich gemerkt, oha, der hat ja ganz viele interessante Sachen in seiner Vita, mit dem muss ich mich mal persönlich treffen. Also heute lernt ihr ihn dann etwas persönlicher kennen und wir tauchen mal ein in das, was ihn auch so als Unternehmer ausmacht. Let being said, Niki, moin moin, schön, dass du nochmal da bist.
Nikolay Kolev: Freue mich sehr.
Joel Kaczmarek: Du und ich fangen solche Gespräche immer gerne mit so einer dualen Frage an, weil ganz am Anfang frage ich immer, was bedeutet denn für dich eigentlich Erfolg? Das heißt, wann würdest du dich selbst dein Leben als erfolgreich einordnen?
Nikolay Kolev: Zumindest für mich ist es so, dass ich versuche, eine Balance zu haben zwischen dem, was mir privat und persönlich wichtig ist, dem, was man beruflich als Erfolg, also Dinge umgesetzt bekommen, mit richtig guten Menschen gearbeitet zu haben und von denen gelernt zu haben, was weitergegeben zu haben und dabei gesund geblieben, einfach die Welt gesehen und dabei was Gutes gemacht.
Joel Kaczmarek: Ja, voll gut. Ich freue mich auch, dass noch niemand diese Frage mit Geld beantwortet hat, sondern es geht eigentlich irgendwie immer darum, was zu hinterlassen. Was ich dann halt deswegen Dualität, was ich mal spannend finde, gegenüberzustellen. Was bedeutet denn demgegenüber für dich Glück, Glücklichsein, Happiness?
Nikolay Kolev: Auch das, by the way, hat für mich nichts mit Geld zu tun. Eine meiner letzten Abschlussarbeiten an der Uni ging um die Korrelation zwischen Geld und Glück. Und ich glaube, es gibt so ein existenzielles Niveau, was schon dazu führt, dass man unglücklich ist, wenn das nicht da ist. Aber von da an ist es maximal marginal. Also es macht keinen großen Unterschied. Und das kann ich tatsächlich bestätigen, weil ich habe Umbruch eines kommunistischen Systems gesehen, habe gesehen, wie man morgens zum Brot kaufen geschickt wurde, weil es am Nachmittag schon wieder zigfach teurer war. Also wie Geld einfach massiv entwertet wurde. Ich habe auch Geld verdient und es hat mich an dieser Stelle nicht glücklicher gemacht. Das heißt, für mich ist Glück, Ruhe für mich zu finden, die innere Ruhe und die engsten und wichtigsten Menschen. Und das ist meine Familie, also meine Kinder, meine Frau, meine Eltern. um mich drum zu haben und dass es ihnen gut geht.
Joel Kaczmarek: Ist ja vielleicht ein gutes Stichwort, mal dann so in dich einzutauchen und deine Persönlichkeit, wie die sich entwickelt hat. Wenn du gerade gesagt hast, du hast den Zusammenbruch eines kommunistischen Systems erlebt, wo bist du denn geboren? und war das wirklich so Kindesalter noch? Erzähl mal ein bisschen.
Nikolay Kolev: War es in der Tat, aber ich habe pixelscharfe Ersünder so, als wäre es gestern. Ja, ich war 8,5. glaube ich, als wir aus, ich bin in Sofia geboren. Meine Mutter ging vom DAAD, heißt es, glaube ich, der Deutschakademische Austauschdienst, war eine hervorragende Schülerin und Studentin, ist einfach zu diesem Austausch nach Erlangen gekommen an die Universität und das war der Grund, warum wir dann als das System wirklich in sich zusammenklappte, meine Eltern entschieden haben, für die Kinder, für die Bildung wäre es besser, in einem anderen Umfeld zu sein, zumindest bis dieser Umbruch vorbei ist. Über 20 Jahre fast forward, die beiden sind immer noch in Deutschland und also Also das hat für mich schon eine große Bedeutung gehabt. Einfach in so jungen Jahren so unterschiedliche Systeme zu sehen und sie zu erleben, prägt einen, denke ich, schon.
Joel Kaczmarek: Was haben deine Eltern gemacht? Also was war so ihr Background?
Nikolay Kolev: Meine Mutter kommt aus der Wissenschaft, ist Chemikerin, lange an der Uni gewesen und ist dann in die Wirtschaft gewechselt, vor 20 Jahren, glaube ich, und hat einen Mittelständler sehr erfolgreich geführt. Immer noch, noch ein paar Wochen, bis sie ins Rente geht und mein Vater ist Architekt. Mussten schon denken, weil ich habe zwei kleine Kinder, also nicht mehr so klein. Meine Tochter wird acht und mein Sohn wird elf. So die Kinderurlaube, während wir am Strand hingen, mussten wir nach Barcelona und die Sixada-Familie anschauen und das alles lernen und so weiter. It wasn't always fun, ja.
Joel Kaczmarek: Und was hat so dieser ganze Umbruch mit dir gemacht? Also es ist ja gerne mal so, wenn Kinder eigentlich, brauchen ja Wurzeln, würde ich sagen. Also Flügel und Wurzeln sagt man ja immer. Und wenn du dann auch noch sagst, pixelscharf erinnerst du dich noch daran, an diese Ängste, die sich ja dann auch da mit wirtschaftlicher Natur verbunden, sicherlich. Wie hat dich das geprägt?
Nikolay Kolev: Ängste hast du jetzt gesagt. Ich glaube, wenn man so klein, so jung ist, verbindet man das nicht unbedingt mit Ängsten. Also ich habe diese Zeit nicht mit Angst verbunden, sondern ich habe sie mit einer wahnsinnig hohen Geschwindigkeit an Veränderungen empfunden. Also Dinge, die so gesetzt waren, waren in einer rasanten Geschwindigkeit nicht mehr nicht nur gesetzt, sondern schlichtweg nicht da. Und das ist schon interessant, sowas in so jungen Jahren zu bekommen. Wir sind damals mit dem Auto allen gepackten Sachen rübergefahren. Das war der Jugoslawienkrieg. Also auch sowas zu sehen, selbst wenn man da nur ein paar Stunden durchfährt, das sind schon prägende Erlebnisse. Und das, glaube ich, schärft die Sinne, gibt auch so eine gewisse Humbleness mit, dass man nichts für gegeben nimmt, bringt einen, glaube ich, sehr schnell, sehr früh weiter. Hat es mich zumindest.
Joel Kaczmarek: Klingt ja so, als wenn du auch eine krasse Anpassungsfähigkeit und Resilienz dann entwickelt haben musst. War das so?
Nikolay Kolev: Im Nachhinein vielleicht. Ich glaube zuallererst ein großes Interesse und auch Bedürfnis, Anpassungen überhaupt zu verstehen und anzunehmen und aber auch die Neugier zu entwickeln, Neues zu sehen und zu entdecken. Also ich habe ja in Paris gelebt, in Spanien studiert, in London gearbeitet. Also würde ich schon sagen, ist unter anderem dadurch gegeben, dass man einfach in neue Dinge eintauchen, dass man das eher als was Positives sieht und da mehr Opportunität sieht als Gefahr und Risiko.
Joel Kaczmarek: Spielt denn deine Geburtsstadt noch eine Rolle in deinem Leben? Fährst du da ab und zu mal hin oder hast du dir mal deine Heimat angeguckt?
Nikolay Kolev: Ich war zu meinen Moneybookers-Zeiten, als wir in London Moneybookers gemacht haben. Ich meine, wir waren der drittgrößte Tech-Arbeitgeber zu der Zeit in Sofia. Und ich war jeden Monat da, jeden Monat ein paar Tage. War eine tolle Zeit für meine Oma auch, die noch lebt. Ist die einzige aus dem engsten Familienkreis, aus der Generation, die noch da ist. Und ich habe das total genossen, weil wir letztendlich ohne Großeltern aufgewachsen sind. Also zumindest, wir haben sie dann sehr selten gesehen. Ich kenne Bulgarien sehr gut, kann die Sprache noch sprechen, lesen, sehr kirillisch. Fühlt sich wie ein Stück von einem an, aber es fühlt sich auch wie ein Stück Vergangenheit an. Also ich habe da nie Sehnsucht gehabt, dahin zurückzugeben. Also für mich ist hier Heimat und am Ende des Tages ist für mich Heimat da, wo meine wichtigsten Menschen sind. Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass München nicht für immer unsere Heimat bleibt.
Joel Kaczmarek: Wie haben deine Eltern dich denn auf die Berufswelt vorbereitet? Waren die in der Haltung, dass sie gesagt haben, der Junge sollte auch was Akademisches machen? Waren die so, dass sie dir erlaubt haben, dich selbst zu entdecken? Wie war das für dich?
Nikolay Kolev: Die haben mir total freie Wahl gelassen, haben gesagt, laissez-faire, mach einfach, was du möchtest. Wollte mich dem Thema Schauspiel widmen und habe mir eine Akademie. meine ich, damals in München angeschaut. Meine Mutter war völlig entsetzt und in der Hoffnung, dass es eine furchtbare Erfahrung bei diesem Schnuppertag wird. Und das war es tatsächlich auch. Also ich war absolut desillusioniert, fand es absolut nicht inspirierend für mich. Und dann war schon die Empfehlung, wie man das damals so gemacht hat, etwas Vernünftiges zu machen. Medizin wäre auch ganz groß im Kurs gestanden. Wir haben ganz, ganz viele Ärzte in der Familie. Ich habe mich dann fürs Auswendiglernen entschieden. Super tolle, neudeutsche International Business Administration gemacht. Hat am Ende funktioniert, aber es war keine ganz freie Wahl. Ich wusste aber auch nicht ganz genau, was ich machen soll, ehrlich gesagt.
Joel Kaczmarek: Woran lag es denn, dass dir das Schauspiel dich da so desillusioniert hat? Was hat dich daran so abgestoßen?
Nikolay Kolev: Man konnte wenig gestalten, sondern es war dann das, was einem gezeigt wurde. Man musste sich da und dahin vor die Kamera stellen, den und den Text abspulen. Und ich hatte in mir das Gefühl, ich würde gerne was gestalten, was aufbauen, vielleicht eher Regie führen, als vor der Kamera stehen.
Joel Kaczmarek: Und wenn man sich jetzt deinen Lebenslauf mal anschaut, Moneybookers als wahrscheinlich deine erste größere Position, warst in der Beratung, warst in mehreren Rollen. Also ich überlege, wie man sich deinem beruflichen Schaffen mal nähert. Was wäre so dein Big Picture? Weil im Nachhinein kann man ja mal anders drauf schauen, als während man noch voll drin ist. So im Nachhinein kann man vielleicht manche Sachen so postrationalisieren. Und wenn du jetzt den Blick des Heute mal auf deine berufliche Vergangenheit legst, was war so dein Weg, der sich dir geflastert hat?
Nikolay Kolev: Also rückblickend ist es, glaube ich, eine Reise der Neugier und der kalkulierbaren Risikos eingehend, um Opportunitäten zu verfolgen, um Neues zu lernen. Ich glaube schon, dass man, wenn man alle Stationen durchläuft, als wir Moneybookers gemacht haben, das würde man heute Fintech schimpfen. Das war damals einfach Online und Mobile Payments, ja. Zu meinen Deloitte-Zeiten, das ganze Thema Venture-Building, Digitalisierung, das war ein völlig neues Geschäftsmodell für die Beratung. Also auch da wieder etwas Neues aufgebaut. Ich glaube, diese Neugier an neuen Themen und wie die Transformationen und Veränderungen treiben, war schon für mich immer wichtig. Und die Digitalisierung sieht sich natürlich so durch mein Berufsleben auch auf der Investmentseite. WeWork war geplant als eine nächste Station und dann fiel alles in sich zusammen. Und dann wurde es aber das spannendste Praktikum in meinem ganzen Leben, weil ich von einem solchen Firefight, das hatte ich noch nicht geübt.
Joel Kaczmarek: Wie hat sich das angefühlt? Bist du eher jemand, der in solchen Situationen brilliert oder der auch ruhig bleibt und gut funktioniert? Oder war es für dich eine Belastung? Ich hätte ja mal getippt, jemand, der mit acht durchs Kriegsgebiet in ein neues Land geflüchtet ist, wird da wahrscheinlich relativ cool bleiben.
Nikolay Kolev: Ja, die Attribute, die du nennst, schließlich Ich denke schon, dass ich jemand bin, der extrem fokussiert, aber dann auch schnell handelnd bin, aber lässt einen das jeden Abend dann extrem ruhig einschlafen. Das mit Sicherheit auch nicht. Und ich glaube, wenn Leute immer sowas erzählen, dann, ja, vielleicht können die das viel besser, aber ich glaube schon, dass man bei solchen Dingen auch wirklich dabei sein muss mit allem, was man hat, weil das ernste Situationen sind, um da auch die Empathie bringen zu können. Denn es ist mehr als einfach nur Dinge abhandeln. Da geht es um viele Menschen. Da braucht man schon Empathie und die kann ich zumindest nicht um 21 Uhr oder um 21.30 Uhr ausschalten. Auch da lernt man dazu. Also ich bin heute darin mit Sicherheit deutlich besser als vor zehn Jahren.
Joel Kaczmarek: Ist immer eine interessante Frage, weil ich frage oft Unternehmer, die jetzt, und Unternehmerinnen natürlich auch, die wie du jetzt mit mir im Gespräch sind, bist du jemand, der sich Sorgen macht? Und da kann man wie immer Nein. Und irgendwann hat mal jemand zu mir die Hypothese geäußert, dass es damit zu tun hat, dass diese Menschen in der Regel wirtschaftlich schon sehr viel erreicht haben und dann keine Fallhöhe mehr so richtig empfinden. Das ist vielleicht, wenn ich sie ein paar Jahre früher gefragt hätte, dass die Antwort eine andere wäre. Deswegen freut mich das, wenn jemand mal ganz ehrlich sagt, so ich nehme das auch irgendwie mit in den Schlaf, das macht was mit mir. Hast du da heute ein anderes Verhältnis als damals?
Nikolay Kolev: Ich mache mir nicht Sorgen, sondern ich mache mir einfach Gedanken. Ich glaube, dass Angst immer ein ganz schlechter Begleiter ist. Ich glaube, dass Reflexion unabdingbar ist. Also sich permanent Gedanken zu machen, wie könnte es besser sein? Was könnte man anders machen, damit es entweder schneller oder besser oder wie auch immer Ja, vielleicht hat dieser jemand, der dir das gesagt hat, nicht Unrecht, wobei ich muss ehrlich sagen, ich habe null finanzielle Ausstattung. Solche Themen haben mir keine Angst gemacht, weil ich ein Grundvertrauen zunächst in mich habe und ein Grundvertrauen in die Menschen, die mich umgeben haben. In der Zwischenzeit auch die Erkenntnis, dass Erfolg nicht eine Hockeystick-Linie ist, aber die Trendlinie muss nach oben zeigen.
Joel Kaczmarek: Was mich interessieren würde, weil du gerade gesagt hast, du wirst dann fokussiert und ruhig. Da sind wir ja schon in einer schönen Managementfrage. Was ist denn dein Vorgehen, um Entscheidungen zu treffen?
Nikolay Kolev: Zum einen gucke ich mir immer an nach dem Muster, was ist wirklich wichtig und dringend. Und wenn man in einer schnelllebigen Welt ist, dann erscheint vermeintlich alles wichtig und alles dringend, kann es aber auf keinen Fall sein. Und ich versuche nach bestem Wissen und Gewissen mit Unterstützung viel smartere Leute als ich es bin in ihren Fachgebieten, diese Felder einzugrenzen, die wichtig und dringend zugleich sind und die als erstes anzugehen, weil die haben den größten Impact, die haben das größte Gewicht. Ich habe schon im Laufe der Zeit gelernt, mehr meiner Intuition und meiner Erfahrung zu vertrauen.
Joel Kaczmarek: Bist du dann jemand, der eher im Team arbeitet, der sich irgendwie viel zusammenholt und Entscheidungsfindung vielleicht auch ein bisschen verteilt? Oder bist du jemand, der Sachen aufnimmt und dann aber für sich sehr alleine ausmacht?
Nikolay Kolev: Ich bin schon jemand, der gerne in einem Team arbeitet und gerne die Freiheit gibt, Entscheidungen zu treffen. Aber ich denke schon, dass ich sehr klare Vorgaben geben kann. Und wenn eine Entscheidung nicht herbeigeführt wird, dann bin ich auch in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, mache das dann auch.
Joel Kaczmarek: Was ist denn so deine Philosophie? Ich finde das immer ganz interessant. Manche Leute neigen ja dazu, Startups zum Beispiel mit irgendwie Familien zu vergleichen und eigentlich sind sie das ja nicht. Familie sucht man nicht aus, Familie liebt man bedingungslos, hat mein Gründer zu mir gesagt, das Bild sei total schief. Das fand ich interessant. Manche Kulturen sind so sehr freundschaftlich geprägt, da ist man mit seinen Mitarbeitenden irgendwie befreundet und manche sagen, nein, ich mache das gerade nicht, weil ich brauche gewisse Barrieren, ansonsten leidet irgendwie auch die Qualität. Was ist deine Haltung zum Thema Freundschaft und Arbeit?
Nikolay Kolev: Ich habe im Laufe meiner Stationen viele Freundschaften entwickelt, Mentoren gehabt. Ich habe junge Leute, für die ich Mentor war und bin. Da sind schon zum Teil sehr besondere zwischenmenschliche Beziehungen dabei entstanden. Aber es ist keinesfalls für mich meine Familie. Das ist eine Firma, die ich entweder leite oder einen Beitrag leiste und ich versuche, allen Menschen, die dort sind, zu helfen und die Firma nach vorne zu bringen. Da bin ich nicht ganz so romantisch, wie das manche ausdrücken.
Joel Kaczmarek: Jetzt hast du eben Mentoren gesagt, da wäre ich auch im Begriff gewesen, dich als nächstes zu fragen, wer so Menschen waren, die dich geprägt haben.
Nikolay Kolev: Die erste Person, die mich sehr geprägt hat, war mein Großvater. Also der konnte, glaube ich, über Wasser laufen, zumindest zu der Zeit für mich. Der sprach unendlich viele Sprachen, reiste durch die ganze Welt, hat Bücher geschrieben, Gedichte geschrieben, war Professor der Chemie auch und war unheimlich lustig. Das war für mich sozusagen mein Leitbild. Und beruflich? hatte ich immer den Segen, dass ich von ganz wenigen Mentoren, die mich in den unterschiedlichen Stationen unterschiedlich intensiv beeinflusst haben, aber das war unheimlich wertvoll für mich in ganz jungen Jahren, um so einen Kompass zu entwickeln. Mein erster Chef damals, ein Holländer, straight to the point und ohne Make-up mir einfach Dinge so ins Gesicht geworfen hat und sich nicht zu wichtig genommen hat und mir einfach auch so eine Grundportion an Selbstvertrauen und die man ja braucht, wenn man so ein junger Mensch ist und eigentlich noch nichts gemacht hat und noch nichts geschafft hat, dann braucht man einen Vertrauensvorschuss und auch die Möglichkeit, einfach weiterzukommen. Später hatte ich bei Deloitte auch einen phänomenalen Mentor, der mir ein Carte Blanche gegeben hat in der größten Professional Service Firm, wo es mit Sicherheit zunächst eine Risikobezachtung ist, bevor es eine Opportunitätsbezachtung, weil so groß kann die Opportunität gar nicht sein. Und das habe ich aber zu der Zeit so gar nicht empfunden, sondern ich wollte einfach Attacke und weiter geht's. Und im Nachhinein schätze ich das einfach so hoch, wie der sich sozusagen für mich hingelegt hat, einfach extrem beschützt hat und mir gezeigt hat, dass eine Partnerschaft so eine Gruppe von Eigentümern und Unternehmern ist. Also tolles Erlebnis. Und heute umgeben mich auch noch ein, zwei Personen, die ich unheimlich schätze, deren Rat ich unheimlich gerne einhole und mir anhöre, ja.
Joel Kaczmarek: Würdest du denn sagen, du hast mehr von den Leuten gelernt, die vieles richtig gemacht haben oder von denjenigen, wo du vielleicht sogar abgestoßen warst, weil sie Dinge umgesetzt haben auf eine Art und Weise, die du nicht gut findest? Weißt du, was ich meine?
Nikolay Kolev: Sowohl als auch. Also ich habe immer extrem bewusst auch den Vorteil, dass meine Peers immer deutlich älter waren. Ich konnte eigentlich sehen, wie sieht mein Leben in 20 Jahren aus? Und ich habe ganz genau hingeschaut, was machen die, was ich auch gerne machen will? Was machen die, was für mich total furchterregend ist und ich auf keinen Fall machen will? Das ist ein absolutes No-Go, also sowohl im Umgang mit Menschen als auch mit dem Geschäft und so weiter. Und das finde ich schon extrem wichtig, diesen Filter und diese Sensitivität zu haben.
Joel Kaczmarek: Ich meine, wenn wir uns sonst mal auf ein abstraktes Level bringen, wer sind denn die Menschen, zu denen du aufschaust und warum?
Nikolay Kolev: Ich kann zu Menschen aufschauen, die eine gesunde Authentizität mitbringen, wo ich sehe, die sind echt, die einen Kompass haben, der nicht wie ein Fähnchen im Wind sich dreht. Es schaffen, Dinge durchzuziehen, verlangt mir Respekt ab, weil ich das auch von mir selbst verlange.
Joel Kaczmarek: Was war denn so der Preis deines Erfolgs? Das kann ja auf vielfältiger Ebene passieren, Gesundheit, man sieht die Familie nicht, Dinge entgehen einem, also Karriere heißt ja auch immer Entscheidungen treffen, Entscheidungen heißt auch auf Dinge verzichten. Würdest du sagen, dass es Preise gibt, die du für deinen Erfolg gezahlt hast?
Nikolay Kolev: Ich glaube, das ist nicht ein Punkt in der Zeit, sondern das ist eine Konstante und diesen Preis kann man permanent adjustieren. Immer dann, wenn ich merke, dass der Preis an bestimmten Stellen zu hoch wird, adjustiere ich es. Also ich habe mit Sicherheit zum Beispiel, als meine Kinder geboren wurden, also bei meiner Tochter, die als zweites kam, habe ich versucht, aus der ersten Erfahrung zu lernen und das besser zu machen und mir mehr Zeit zu nehmen. Aber als mein Sohn geboren wurde, war ich eigentlich jede Woche weg und das ist not well done. Also hätte ich gerne anders gemacht. Das sind Preise, die man schon, glaube ich, zahlt. Oder ich habe sie zumindest bezahlt. Ich bin unheimlich dankbar für die Intensität, die ich erlebt habe bisher in meinem Leben. Die macht natürlich an manchen Stellen müde und die laugt einen aus, aber es ist unglaublich dankbar, so viele unterschiedliche Dinge auf der Welt gesehen haben, so viele unterschiedliche Menschen gesehen zu haben. Also für mich wäre eine graue Vorstellung gewesen, in Langeweile dahin zu plätschern, bei irgendeinem Job Bleistifte zu spitzen.
Joel Kaczmarek: Hast du auch mal gemerkt, dass du unter der Arbeit zusammenbrichst? Was viele immer so vermeintlich schlimm finden. Ich finde das sehr natürlich, leider Gottes.
Nikolay Kolev: Es ist ein Natürliches, dass man an so einen Zeitpunkt kommt, wo man sagt, jetzt bin ich durch. Ich habe zumindest für mich versucht, immer wieder Wege zu finden, wie ich mich da selbst rausziehe. Mal erfolgreicher, mal weniger. Also für mich ist zum Beispiel in den Bergen zu sein ein Elixier. Echte Qualitätszeit mit meinen Kindern, mit meiner Familie ist wahnsinnig wertvoll. Jeder muss so für sich, glaube ich, seine Inseln finden, die einen auftanken lassen. Ich halte es für ein absolutes armen Märchen, dass man über Jahrzehnte in einer Konstanz performen kann, ohne dass es Spuren hinterlässt, wenn man sich nicht um den Körper und um den Geist kümmert.
Joel Kaczmarek: Du hast eingangs erzählt, it was not well done, dass du wenig Zeit mit deinem Sohn verbracht hast. Ich bin immer der Hoffnung, kann man sowas noch korrigieren? Also hast du quasi dann nachgehend es geschafft, diesen Mangel wieder auszugleichen? Seid ihr in besseres Fahrwasser gekommen und es hat hoffentlich nicht so viele Effekte gehabt?
Nikolay Kolev: Wir haben die Zeitmaschine nicht erfunden und auch noch nicht bestellt. Das heißt, ich bin nicht zurückgefahren in sein erstes Lebensjahr. Aber wir sind ja alle auf einer Reise und das Gleiche gilt im Übrigen auch für meine Eltern, also nicht nur für meinen Sohn. Das Gleiche gilt für meine Frau, das Gleiche gilt für meine Tochter. Also ich habe einfach grundsätzlich weniger Zeit gehabt, als ich sie mir gewünscht hätte, um mit diesen Menschen, die mir so wichtig sind, sie zu verbringen. Mit meinem Sohn habe ich, ich hoffe, er wird es bestätigen, ein hervorragendes Verhältnis. Wir sind uns extrem ähnlich. Dadurch knallen wir häufig mit den Köpfen aneinander. Aber wir haben auch wunderbare Gespräche über Dinge, über die ich nie gedacht hätte, dass ich mit einem Zehnjährigen sprechen würde. Ich mache mir da im Moment keine Sorgen, sondern bin froh, um Jede bewusst erlebte Unterhaltung, jede bewusst erlebte Situation mit ihm.
Joel Kaczmarek: Und sag mal, wenn du mit Menschen verkehrst, bist du jemand, der schnell Vertrauen schenkt oder erarbeitet man sich das bei dir?
Nikolay Kolev: Ich bin ein großer Freund von Vertrauensvorschuss. Ich habe das oft bekommen im Leben, bin aber dann auch jemand, der, wenn dieses Vertrauen missbraucht, wird extrem schnell konsequent.
Joel Kaczmarek: Wie ist denn generell so dein Verhalten in Konfliktsituationen?
Nikolay Kolev: Wie agiere ich in Konflikten? Es kommt ganz auf den Konflikt an. Wenn meine Kinder zum siebten Mal die Aufforderung bekommen, Zähne zu putzen, dann bin ich nicht extrem professionell und auch nicht in der gleichen Stimmlage wie beim ersten Mal. Bei beruflichen Konflikten denke ich schon, wenn man in bestimmten Positionen ist, dass man die Verantwortung und die Pflicht hat, das ruhigste Blut am Tisch zu sein und einen Konflikt zu moderieren und unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und nicht durchzudrehen, weil man es kann.
Joel Kaczmarek: Ich habe da mal eine schöne Antwort auch drauf gehört, dass jemand zu mir sagte, das kommt immer auf die Konflikte an, so wie du gerade. Es gibt ja sachliche Konflikte, die kann man sehr schnell analytisch lösen, indem man Lösungen abwägt. und dann gibt es aber emotionale Konflikte. Und da würde mich mal interessieren, wie gehst du mit sowas um, wenn du merkst, es ist hier irgendwie so ein Gefühlsthema, da geht es um Emotionen und nicht um irgendwie Fakten. Hast du da ein Patentrezept oder ein Vorgehen?
Nikolay Kolev: Ich habe mit Sicherheit kein Patentrezept, aber ich glaube, dass gerade bei diesen Themen oft gar keine Lösung gesucht wird. Und Leute, die es gewohnt sind, und da gucke ich gern in den Spiegel, auf alles möglichst schnell eine Lösung zu finden, ticken dann sehr schnell so, dass sie sagen, okay, wir brauchen dir eine Lösung. Oft ist ein inhaltliches Auseinandersetzen, ein Zuhören, in den anderen hineinversetzen, ein großer Teil der Lösung, statt zu sagen, okay, ich weiß, was wir jetzt brauchen, wir machen jetzt das, das wird dir helfen.
Joel Kaczmarek: Was sind denn so deine Derailer? Was ist denn bei dir ein Faktor, der dich irgendwie auf die Palme bringt, womit man dich wütend machen kann?
Nikolay Kolev: Geduld ist wahrscheinlich nicht auf meiner Top 5 Eigenschaften. Das, was man beim Tennis Unforced Error nennt, also wenn du so dreimal hintereinander ins Netz knallst, unnötige Verluste. Das bringt mich auf die Palme, mich bringt laut und wenig reflektiert auf die Palme. Also sie bringen mich nicht auf die Palme, aber die klatsche ich nicht.
Joel Kaczmarek: Das werde ich mal merken. Unforced Error ist ein gutes Wort. Ich kenne uns mal aus der Formel 1, da sagt Ralf Schumacher immer, sudden loss of talent. Das finde ich auch mal geil.
Nikolay Kolev: Aber das würde ja bedingen, dass es schon mal da war.
Joel Kaczmarek: Ja, stimmt. Was machst du aber, wenn dich Sachen ärgern? Also wie findest du wieder in deiner Mitte? Wie balancierst du dich aus?
Nikolay Kolev: Use a breakdown for a breakthrough. Also ich finde es schon befriedigend und bringt mich dann wieder in eine Balance oder in eine positive Stimmung, wenn man aus einem Verlust es in einen Gewinn drehen kann. Wenn man aus einer Situation, die vermeintlich eine Downside ist, die drehen kann und irgendwie zum Guten wendet. Und ansonsten hilft immer an Höhe gewinnen. Und wenn man Höhe gewinnt, dann wirkt alles auf einmal deutlich mehr im Kontext und man kann es besser einordnen. Also das hilft mir persönlich schon, Höhe zu gewinnen. Head in the sky, feet on the ground.
Joel Kaczmarek: Hast du auch viel mit Neid zu tun gehabt in deiner Karriere?
Nikolay Kolev: Also ich habe nie Neid empfunden. Ich kann mich sehr gut für andere freuen und ich kann sehr gut, ohne dass es meinem eigenen Ego wehtut oder meinem eigenen Werdegang vor Leuten Achtung haben und mich für deren Erfolge freuen, finde, dass man für Neid sensibilisiert sein muss, um ihn wahrzunehmen. Manchmal, wenn es einem so ins Gesicht springt, nehme selbst ich das wahr, aber nichts, was mich groß aufgehalten oder bewegt hat.
Joel Kaczmarek: Wenn du Lust hast, fände ich abschließend nochmal ganz spannend, mal so einen typischen Tag von dir kennenzulernen. Also, dass wir einfach mal so fünf Minuten durchdeklinieren. Wann stehst du auf? Was isst du? Was passiert als erstes und was als letztes an deinem Tag? Wie wäre das? Wann geht morgens dein Tag los?
Nikolay Kolev: Wenn ich nicht fliege, dann geht mein Tag um sechs los. Wir machen Frühstück für die Kids, wobei ich eigentlich nichts esse oder sehr wenig. Vielleicht einen Apfel und Wasser und einen Kaffee. Kaffee ist ganz wichtig. Wenn die Zeit da ist, gehe ich sehr gerne mit meiner Frau laufen. Dann startet der Tag. Meist extrem getaktet auf 15 oder 30 Minuten. Und so geht es einfach durch bis zum Abend. Und wenn ich es einrichten kann, sehe ich sehr gerne die Kinder einfach, dass die ganze Familie zusammenkommt zum Abendessen. Und dann versuche ich mir darum eine Pause einzubauen und dann Abend noch Dinge fertig zu machen, aber diese Zeit einfach zu hören, was so am Tag passiert ist. Da gibt es ja Dinge, die die bewegen, die du sonst nicht aus dem Telefon oder einfach so auf abspulen, sondern brauchst du schon ein bisschen Zeit. Wenn ich unterwegs bin, dann ist der Tag ein bisschen länger, ein bisschen früher aufstehen, mehr mit Transport, unterschiedlichen Orten verbunden, aber ja.
Joel Kaczmarek: Alles, was Arbeit ist, ist bei dir eigentlich nur Meeting-Marathon?
Nikolay Kolev: Das ist eine Kombination aus Menschen treffen, Entscheidungen fällen, hier und da auch innehalten, reflektieren.
Joel Kaczmarek: Aber ja, es ist natürlich schon, ja, Ganz viele, mit denen ich rede, die erfolgreich sind, sagen, sie frühstücken nicht. Ganz viele räumen dem Mittagessen irgendwie keine Zeit an. Und ganz viele beschreiben auch, was du gesagt hast, so, ich habe ein Fenster von ein bis zwei Stunden abends, Abendbrot, Kinder ins Bett bringen und dann nochmal was machen. Und ich frage mich immer, wann hat man so Qualitätszeit auch mit seinem Partner oder seiner Partnerin? Weißt du, was ich meine? Weil wenn man den ganzen Tag weg ist, dann eine Stunde Abendbrot isst, das ist ja auch eher viel Logistik. Und dann, ich ertappe nicht immer dabei, dass es mir so ein Drückgefühl macht.
Nikolay Kolev: Mit Sicherheit. Die Zeit muss man ganz aktiv planen. Aber ich bin schon jemand, der die Länge des Tages möglichst gut versucht zu nutzen. Und ich kann ja auch am späten Abend bei einem Glas Wein mit meiner Frau über Dinge, die mich bewegen und die sie bewegen, auch hervorsagend reden. Wenn die Kids im Bett sind, dann bleibt immer noch eine Stunde Zeit für unsere Themen.
Joel Kaczmarek: Ist das Wochenende bei euch eigentlich dann heilig oder machst du da auch Arbeit?
Nikolay Kolev: Wir versuchen es so clean wie möglich zu halten, aber die Wahrheit ist, das ist nicht immer so.
Joel Kaczmarek: Welcher Arbeit geht denn deine Frau eigentlich nach?
Nikolay Kolev: Meine Frau ist Juristin, leitet die Rechtsabteilung bei einem Pharmakonzern.
Joel Kaczmarek: Okay, dann habt ihr beide, glaube ich, volle Schreibtische. Also, lieber Niki, da ich weiß, dass du auch zu deinem nächsten Termin musst, es hat mir viel Spaß gemacht, dich näher kennenzulernen und habe mir auch schon ein paar Sachen notiert hier an tollen Einblicken. Dafür ganz herzlichen Dank und vielleicht setzen wir das irgendwie auch nochmal fort. Auf jeden Fall bist du bei uns gern gesehener Gast, formulieren wir es so.
Nikolay Kolev: Ich danke dir und sehr, sehr gerne demnächst mal wieder.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.