CEO-Analyse 🔍 : Ijad Madisch (ResearchGate) über den Unterschied zwischen Glück, Zufriedenheit und Erfolg

30. August 2022, mit Joel Kaczmarek

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Selbstoptimierung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digitalkompakt und heute wieder mal eine kleine CEO-Betrachtung. Und zwar habe ich mit Iljad Madisch, einen alten Bekannten, heute im Gespräch. Das zweite Interview, das ich mit digitalkompakt geführt habe, war mit Iyad. Und wir kennen uns schon aus Gründerszene-Zeiten. Und der liebe Iyad ist ein wirklicher Überzeugungstäter. Denn er hat mit ResearchGate das größte Wissenschaftsnetzwerk der Welt gebaut und hat extrem bekannte Investoren auch bei sich an Bord. Bill Gates zum Beispiel, Matt Kohler, um Nummer zwei extrem bekannte Namen zu nennen in der Szene. Und hat da, würde ich sagen, so alles an Erfolg mitgenommen, was geht. Die Kanzlerin war bei ihm zu Besuch, er hat krasse Investoren am Start, er hat Investmentgelder bekommen, er hat es geschafft, wirklich Relevanz aufzubauen im Bereich der Wissenschaft. Und deswegen möchte ich heute von ihm aber eigentlich mal lernen, was steckt eigentlich dahinter? Also gar nicht die Strategie des Business, des Geschäftsmodells, sondern Was bedeutet für Iyad eigentlich Glück und Zufriedenheit? Wie läuft sein Tag so typischerweise ab? Weil ich glaube, da hat der gute Mann einiges auf der Pfanne. So, that being said, lieber Iyad, moin moin. Schön, dich mal wiederzusehen.

Iljad Madisch: Hallo, ich freue mich. Ich erinnere mich noch an unser Gründerszene-Interview, das allererste, wie wir da auf dem Sofa sitzen und da gibt es ja auch Fotos von.

Joel Kaczmarek: Ja, mit deinem Mitgründer im Hintergrund, glaube ich, ne?

Iljad Madisch: Ja, genau, genau.

Joel Kaczmarek: Damals hattest du ja noch Beanie-Mützen, heute hast du mehr Base-Caps oder so im Mix, je nach Jahreszeit.

Iljad Madisch: Sieht man jetzt leider nicht, aber ich habe ja so eine ganz bunte Superman-Cap jetzt. Die ist wirklich die schönste Cap, die ich je hatte.

Joel Kaczmarek: Die sieht wirklich krass aus. Bevor wir jetzt mal über deine Erfolgsgeheimnisse reden, warum eigentlich? Warum hast du eigentlich diese Mützen? Steckt da Kalkül hinter, dass du sagst, so Wiedererkennungswert oder ein bisschen so gegen das Establishment ein bisschen Jugendlichkeit ausstrahlen oder ist es einfach nur Geschmack?

Iljad Madisch: Also ich habe damals eine Cap geschenkt bekommen von meiner jetzigen Ex-Freundin, mit der ich noch sehr gut befreundet bin. Die hat mir eine Superman-Cap geschenkt für das Beachvolleyball-Spielen und ich habe die aber nie getragen. und irgendwann habe ich dann angefangen, die zu tragen. Und bei einem Termin hatte ich die auch bei so einem Pressetermin und dann irgendwie hat sich dann meine damalige Kommunikationsleiterin gesagt, ach lass die doch auf, das ist doch cool. Und irgendwie mochte ich schon Superhelden schon immer als Kind. Und ehrlicherweise finde ich Superman eigentlich nicht so cool als Held. Ich finde eigentlich Batman besser. Und ich hatte auch eine Batman-Cap an, als wir unser Digital Kompakt-Interview hatten. Das weiß ich noch, die schwarze.

Joel Kaczmarek: Stimmt.

Iljad Madisch: Genau, aber ich finde irgendwie Man sollte das tragen, worauf man Bock hat. Und egal, das ist unabhängig des Alters. Und ich fand schon immer irgendwie Superhelden gut. Und das, so ein bisschen ironisch, trage ich dann die Superman-Head.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich, als Merkel bei dir war, meine ich, hattest du Stiefel an, eine graue Jeans und so einen lilanen Pullover und eine Beanie-Mütze, glaube ich, ne?

Iljad Madisch: Genau.

Joel Kaczmarek: Guck mal, wie das mal verfängt, ne? Ja, ja.

Iljad Madisch: So ist das. Und natürlich beim Digitalreizbild mit kurzer Hose und Superman-Cappy.

Joel Kaczmarek: Ja, stimmt, das weiß ich noch. Da habe ich gedacht, da war ein Ticken drüber, aber gerade deswegen hat es auch funktioniert. Aber okay, ist ja aber schon mal ein interessanter Einstieg, wenn wir über Erfolg reden, dass du sagst, Heldenthema, ja, also viele Leute haben ja auch so ein Heldenkomplex. Ist es bei dir so, dass du ein bisschen dir selber so eine Art Rettermission auch auferlegt hast, weil ich weiß, du sagst ja, zu deinen Investoren hast du damals gepitcht, was ist dein Ziel, du möchtest den Nobelpreis für Medizin gewinnen und willst die Wissenschaftswelt verbessern. Muss man ein bisschen sowas haben, ein bisschen Heldenkomplex, damit man so hohe Ziele verfolgt?

Iljad Madisch: Ich weiß immer nicht, was vorher da ist. Ist vorher dieser Komplex da und das kreiert dann die Energie oder ist die Energie da und man wird dann irgendwie großen Wahnsinn und bekommt diesen Komplex? Ist schwierig zu sagen. Das Einzige, was ich sagen kann, ist, Das, glaube ich, viele Wege zum Erfolg führen. Und da muss man auch gleich kein Komplex haben. Ich glaube, es gibt einem extrem viel Energie. Also mir gab es damals sehr viel Energie, zu wissen, dass mit dem, was ich tue, ich Leben verändern kann auf der Welt. Und das gibt es wenig im Startup-Welt. Viele reden darüber, viele denken, sie tun es. Aber ganz ehrlich, es tun eigentlich nur ein ganz kleiner Anteil von den wirklichen Startups, die dann auch sich committen, auf eine sehr lange Zeit dieses Startup aufzubauen, was wir halt als Unternehmen und auch als Team gemacht haben.

Joel Kaczmarek: Ja, vor allem ist bei dir so, ich glaube, du hast nicht gegründet, um zu verkaufen. Es gibt ja viele, die unternehmerisch tätig werden und das als so einen Lifestyle begreifen. Und wie gesagt, ich glaube, das ist ja mal eine Ansage. Ich will einen Nobelpreis gewinnen. Das haben die wahrscheinlich auch nicht so oft gehört, deswegen kam es wahrscheinlich auch so gut an. Aber wenn wir mal einen ganz kleinen Schritt zurückgehen, was bedeutet denn für dich eigentlich Erfolg? Wie definierst du das für dich?

Iljad Madisch: Ganz schwierige Frage. Ich glaube, Erfolg ist etwas, was multidimensional ist. Also ganz über allem steht, würde ich sagen, innere Zufriedenheit. So würde ich Erfolg definieren für mich. Und diese innere Zufriedenheit wird am Ende des Tages dadurch kreiert, dass ich mit den Dingen, die ich mache oder auch über die ich nachdenke, ein Gefühl von Erfüllung habe. Man lernt halt in diesem ganzen Weg, den man halt bestreitet, merkst du relativ schnell, dass du eigentlich, diese ganzen externen Sachen eigentlich irrelevant sind. Ich habe das ja auch, ich weiß noch, damals gab es den Deutschen Gründerpreis, den wir gewonnen haben und dann wollte ich da eigentlich gar nicht hin, hatte damals schon nicht so Lust und habe gesagt, naja, also diese Preise, die sind halt nichts, das gibt mir nichts, das gibt auch dem Unternehmen nichts, das sagt ja nichts. Und ich war auch wenig auf Konferenzen. Ich glaube, viele andere CEOs würden Den Erfolg, von dem wir haben, viel mehr so auf Konferenzen ausschlachten oder auch viel häufiger irgendwo auflaufen. Das haben wir immer nicht gemacht. Deswegen ist auch einer unserer Kulturwerte bei ResearchGate Impact over Hype. Und so habe ich auch immer das Gefühl gehabt. Und immer mehr hat sich auch der Impact over Hype-Gedanke nach innen bei mir gerichtet. Und das ist das für mich auch, wo ich Zufriedenheit und Glück, oder erst mal Zufriedenheit, Glück ist nochmal was anderes, aber Zufriedenheit irgendwie erlangen kann.

Joel Kaczmarek: Aber ist eine interessante Trias. Lass uns das mal aufmachen. Was wäre denn für dich Glück? Was macht dich glücklich im Leben?

Iljad Madisch: Glück sind ja eher so Momente. Glück ist von den einfachsten Dingen eine gute Mahlzeit zu haben, Freunde zu sehen, Sport zu treiben, gesund zu sein. Das sind so einzelne Momente. Zufriedenheit ist eher so ein längerer ein längerer Status oder ein Status Quo, den man sich erarbeitet durch Kleinigkeiten. Und so differenziere ich das für mich. Ich habe zum Beispiel mit ResearchGate sehr viel Zufriedenheit für mich in meinem Leben entwickelt. Ich weiß, was ich tue mit der Firma, mit meinen Mitgründern, mit dem Leadership Team, mit den ganzen Mitarbeitern, was wir da tun und was auch jetzt gerade passiert. Das ist einfach Da haben wir zwölf Jahre lang darauf hingearbeitet. Ich bin jetzt auch nicht der, der jetzt in die Presse geht, der darüber redet, aber die Industrie ist gerade, die wackelt komplett in die andere Richtung. Alles ändert sich, alles. Und darauf haben wir zwölf Jahre hingearbeitet. Das gibt mir ein Gefühl von Zufriedenheit, weil ich weiß, es ist gut für die Forscher, es ist gut für die Welt, es ist gut für unsere Zukunft der Erde, dass das so ist. Glück ist für mich etwas, was ich jeden Tag immer wieder in Kleinigkeiten haben kann. Kleinigkeiten, die funktionieren. Und dann habe ich ein Glücksgefühl. Das kann, wie gesagt, von einer Bahn dann doch noch bekommen haben oder eine Fahrradtour, wenn es irgendwie ein wärmerer Sommertag gewesen ist und am Ende ist es dann ein bisschen kühler. Das sind so die Momente, die dann Glück sind, die sich dann eher dem anderen anlehnen, dem größeren Ganzen.

Joel Kaczmarek: Ja, aber voll interessant. Dann ist Zufriedenheit für dich sozusagen Langzeitglück, wenn ich das jetzt richtig übersetze?

Iljad Madisch: Ja, genau. So würde ich das sehen, ja.

Joel Kaczmarek: Und ich meine, ich weiß ja von dir, dass du in Harvard studiert hast und eigentlich gelernter Virologe bist. Also du hättest auch Arzt werden können und kannst das Geschehen in der Welt draußen, glaube ich, gerade besser verstehen als wahrscheinlich 90 Prozent aller Deutschen. Und trotzdem gab es dann irgendwann das Unternehmergenen. Es wären ja viele Menschen auch, glaube ich, zufrieden damit oder hätten sich so gefühlt, dass sie irgendwie Impact haben, wenn sie Arzt geworden wären. Was gab es bei dir, das noch mehr Hunger war als das?

Iljad Madisch: Also ich weiß noch, in der 9. Klasse hatten wir so eine Bibliotheksnacht und wir mussten ein Buch lesen in der 9. Klasse. Und jeder sollte sich ein Buch lesen und dann haben wir auf dem Boden in der Bibliothek übernachtet. Und dann am nächsten Tag mussten wir das Buch den anderen Schülern und dem Lehrer vorstellen, Lehrerin vorstellen. Und dann hatte ich damals ein Buch über HIV. mir genommen, hatte das dann gelesen und habe gesagt, wow, wenn man HIV lösen würde als Krankheit, als Problem, würde man nicht nur gesundheitlich die Menschen besser machen, sondern auch ein soziales Problem lösen, die Stigmatisierung dieser Menschen. Das war so, wow, ich möchte das und dafür will ich den Nobelpreis gewinnen. Und so kam eigentlich mein Gedanke, ich möchte was Größeres erreichen, was Großes bewirken in der Welt, um allen Menschen irgendwie was Gutes zu tun. Dann habe ich als Arzt, wie du richtig gesagt hast, angefangen zu studieren, zu arbeiten. Parallel habe ich noch Informatik studiert, habe also schon immer diese Verbindung gesehen zwischen Technik und Medizin und Wissenschaft. Und habe dann einfach realisiert, als ich dann fertig mit dem Studium war, dass ich denke, dass ich mit der Plattform, wenn ich es schaffe, alle Forscher der Welt in eine Plattform zu bringen, dass ich damit viel mehr erreichen werde, als wenn ich als einzelner Arzt weiterarbeiten würde. Und das war dann die Entscheidung, zu sagen, ich gehe das Risiko ein und fokussiere das Startup-Bild, also auf die Startup-Aufbau, das Unternehmen-Aufbau. Was natürlich am Anfang auch sehr viel Gegenwind gebracht hat, sowohl aus Familienkreisen, aus universitären Kreisen. Mein ehemaliger Professor, für den ich gearbeitet habe, war nicht glücklich. Aber das ist das, was dann auch wiederum interessanterweise einem die Energie gibt. Ich bin so. Manche lassen sich davon beeinflussen. Das ist für mich Energie, wenn ich merke, dass alles gegen einen spricht.

Joel Kaczmarek: Es hat ja aber eigentlich auch total den Charme, dass du in einem Metier warst, wo man ja eigentlich als Rädchen erzogen wird. Also Ärzte funktionieren ja wirklich zu immer größer werdenden Rädern, da ausgebrochen bist und dass du auch selbst den Kleidungsstil komplett abgelehnt hast, weil normalerweise ist der Arzt ja eigentlich der Gott in Weiß. Der Kittel ist so wie die Uniform des Arztes und du rennst mit Basecap rum, mit Bini-Mütze und sozusagen so total gegen den Strich. Ich bin auch so ein Typ wie du, ich ziehe auch Energie manchmal aus der Reibung, aber kannst du Menschen, die sowas nicht haben, das erklären, woher du die Energie nimmst, dich gegen solche Widerstände durchzusetzen und sogar daraus Freude ziehst?

Iljad Madisch: Ich glaube, die Tatsache, dass ich schon immer anders war, weil ich bin in einer Welt, in Deutschland aufgewachsen, als es einfach doch nicht so viele Ausländer oder ausländisch Aussehenden an allen Schulen so gab. Ich war der Einzige bei mir im Gymnasium. Gerade im Gymnasium gab es wenige. Das heißt, ich war damals schon anders. Ich sah anders aus und musste mich immer beweisen. Reibung war eigentlich Teil meines Lebens, konstant. Meine Mutter, die zum Beispiel dann, wenn wir dann mit meinen Eltern irgendwie einkaufen waren oder so, meine Eltern nicht so gut Deutsch können, musstest du als sieben-, acht-, neun-, zehnjähriger schon derjenige sein, der mit übersetzt der dann da auch die Nuancen versteht, wenn Äußerungen von der anderen Seite waren, die sozusagen

Joel Kaczmarek: rassistisch

Iljad Madisch: waren oder auch jemanden lächerlich ins Lächerliche gezogen hat. Und das hast du schon mitbekommen als Kind. Du hast sehr früh, das musste ich auch für mich selber verstehen, wo das herkommt, sehr früh so eine defensive Haltung eingelegt und auch sehr oft defensiv-offensiv, um eigentlich immer direkt ein Gegenargument zu haben. Genau, und das hatte, glaube ich, dazu geführt, dass ich mit Reibung eigentlich ganz gut klargekommen bin, weil ich das früh einfach gelernt habe, dass es okay ist, für mich Reibung zu haben und dass ich auch weiß, dass die Reibung dann zu etwas Besserem führt. Ich habe viele Situationen gehabt, dann später auch in der Schule, im Sport, wo ich dann die Reibung gesucht habe und ich wusste immer, nach der Reibung war es immer besser. Und ich habe deswegen mit kleineren Reibereien sozusagen nicht so ein großes Problem und mit größeren, klar, ich will die jetzt auch nicht konstant haben, aber ich habe damit kein Problem auch. Mitarbeitergesprächen oder oder oder, weil es immer für eine bessere Zukunft das Ziel ist. Wenn man mit sich selber im Reinen ist und das irgendwie einigermaßen gut managt, dann ist so ein Gespräch für beide Seiten, wenn man das kann, eigentlich immer ein Erfolg. Deswegen Feedback anzunehmen ist eine der größten Fähigkeiten, an denen ich auch immer weiter arbeiten werde. kann ich nur Thanks for the Feedback von Douglas Stone das Buch empfehlen, die gesagt hat, wie man Feed gibt, ist eigentlich fast egal. Wir müssen eigentlich Leute coachen, wie man Feedback annimmt. Das ist ein sehr, sehr gutes Buch. Und das hat mir sehr, sehr viel verändert in mir, das zu verstehen. Und das hat dann auch dazu geführt, dass ich die Reibung eher als immer als Fortschritt sehe.

Joel Kaczmarek: Aber finde ich guter Insight, weil ich habe das auch oft erlebt, dass Menschen, die eigentlich frei von Reibung groß werden, gar nicht so eine Resilienz entwickeln. Also es ist eigentlich eher besser, wenn man mal in frühen Jahren vielleicht auch mal Widerstände erlebt, als wenn man die ganze Zeit so behütet ist. Jetzt hast du eben schon ein bisschen von deinem Familienbackground angedeutet. Wo kommst du denn eigentlich her und was ist deine Abstammung? Also wo liegen deine Wurzeln, deine kulturellen? Lustigerweise habe ich dich nie als ausländisch wahrgenommen, obwohl du hast jetzt einen leicht bräunlichen Hautton. Also man sieht schon, du hast wahrscheinlich irgendwie sowas in Richtung persisch oder ich weiß es gar nicht, aber erzähl mal was.

Iljad Madisch: Ja, meine Eltern kommen aus Syrien. Genau, und meine Eltern sind 1964 nach Deutschland gekommen. Also sehr lange. Es war dann die Zeit, als Deutschland händeringend Ärzte gesucht hat. Genau, und der Name ist aber persisch. Ja, und bedeutet die Erfindung. Also Iyad, was irgendwie lustig ist. Ah, cool.

Joel Kaczmarek: Und wo bist du geboren? Also in welcher Stadt?

Iljad Madisch: Wolfsburg.

Joel Kaczmarek: Oh, okay. Ja, krass.

Iljad Madisch: Okay.

Joel Kaczmarek: Also hast du diese Reibung wahrscheinlich auch relativ regelmäßig, weil ich meine, es ist ja sehr, ich hätte es gesagt, relativ konservativ, so neutral. Also irgendwie kein Ausschlag in irgendeine Richtung. Wolfsburg ist für mich so relativ

Iljad Madisch: Genau, ich bin ja dann aufgewachsen in der Nähe von Eschede. Ich weiß nicht, ob du dich noch an Eschede erinnerst.

Joel Kaczmarek: Das Bahnunglück.

Iljad Madisch: Ja, genau. Das sieht sich eh zu Unglück. Da bin ich aufgewachsen in der Gegend. Und ja, hatte dann natürlich, wie immer, du hast halt in Dörfern, hast du immer rechts angehauchte Leute. Aber ehrlicherweise habe ich das Gespräch auch da immer gesucht und auch immer die Reihung gesucht. Ich habe da nie Angst gehabt, ich weiß nicht warum. Also ich weiß auch noch, wie ich damals beim Schützenfest, da gab es eine Schlägerei irgendwie und dann ist ein Rechtsradikaler von einem Nichtrechtsradikalen mit einer Flasche über den Kopf gezogen und der lag dann da und es hat ihm keiner geholfen. Und ich war 16 oder so und ich bin hin und habe sozusagen seinen Kopf gehalten. und dann hat mich einer hinter mir gefragt, warum machst du das, der ist doch rechts. Ich sagte, er ist ja trotzdem ein Mensch. Für mich war das immer, ich bin dem Konflikt häufig entgegengegangen, um auch zu zeigen, dass man damit Wände aufbrechen kann, die dann zu etwas Besserem führen können.

Joel Kaczmarek: Ach voll mega. Hast du Geschwister eigentlich?

Iljad Madisch: Oh ja, ich habe vier Schwestern und einen Bruder. Ich bin der Jüngste.

Joel Kaczmarek: Ach ehrlich? Aber da gibt es ja auch so interessante Konstellationen. Also man sagt ja oft so, der Älteste ist so der Außenminister, der irgendwie ein bisschen der Höfliche, der Joviale, der Mittlere ist der mit den Ellenbogen, der Kleinste ist so das Nesthäkchen. Also du warst so ein bisschen aber der kleine Kämpfer sozusagen?

Iljad Madisch: Ja, meine Mutter wollte mich sogar abtreiben. Meine Mutter hatte nämlich schon fünf Kinder und die Geburt war nicht ohne für sie, weil sie schon einfach wusste, okay, fünf Kinder und gegebenenfalls wird es eine Fehlgeburt. Und dann hatten die auch schon Termin und sind dann auf dem Weg dorthin und auf dem Weg dorthin hat meine Mutter gesagt, nee, komm, eins kriegen wir noch. Und die hat sich dann auch noch einen Jungen gewünscht, aber bis zur Geburt hat man es nicht gesehen, was ich dann werde. Und dann bin ich ein Junge geworden. Da hat sie sich auch gefreut und gesund auch. und jetzt bin ich hier.

Joel Kaczmarek: Wie ist so euer Familienzusammenhalt? Also verbringt ihr viel Zeit miteinander oder seid ihr über das ganze Land verstreut oder vielleicht sogar ein Kontinent?

Iljad Madisch: Nee, Deutschland. Wir sind alle in Deutschland verstreut. Doch, der Zusammenhalt ist gut. Wir treffen uns regelmäßig und ja, wir haben hier natürlich viele Neffen und Nichten schon. Ich bin der einzige von sechs Kindern, der noch keine Kinder hat, soweit ich weiß. Genau, da meine Mutter wartet sehnlichst danach, dass ich auch Kinder kriege.

Joel Kaczmarek: Ich finde ja sowas immer ganz interessant, was so der Stall ist, aus dem man kommt. Also deine Eltern waren dann auch Mediziner. Habe ich das richtig rausgehört, wenn du sagst?

Iljad Madisch: Nur mein Vater, genau, ja. Meine Mutter war CEO von sechs Kindern.

Joel Kaczmarek: Well deserved, ne? Aber ehrlich, ja. Darf man auch echt als Job anerkennen, auch wenn es nur eins ist. Und konservativ eigentlich groß geworden, auch gläubig oder eher modern?

Iljad Madisch: Ich würde sagen modern. modern-muslimisch aufgewachsen. Ich habe dann relativ schnell gemerkt, welchen Glauben man hat, eigentlich egal ist. Für mich persönlich auch. Ich bin eher philosophisch angehaucht, lese eher Philosophiebücher und versuche einfach ein guter Mensch zu sein. Aber eher modern-muslimisch aufgewachsen.

Joel Kaczmarek: Aber hat dir Glaube auch bei der Erreichung deiner Ziele geholfen oder würdest du dich als eher nichtgläubig? Also eigentlich ist ja immer, ein Mann der Wissenschaft wird ja oft immer gefühlt als Atheist wahrgenommen, wobei ich gar nicht finde, dass das so sein muss.

Iljad Madisch: Ich habe mich mit dem Glauben eigentlich nie so richtig beschäftigt, ehrlicherweise. Ich war immer eher auf das, was man nachweisen kann, fokussiert und das, was man irgendwie versteht in Dingen. Deswegen, nee, ich war eher angetrieben durch Erkenntnisgewinn.

Joel Kaczmarek: Und wenn du mal deinen ganzen Weg so dir anguckst, rückwirkend. Ich finde, was viele Menschen ja immer vergessen, sich anzuschauen, wenn sie sich mit anderen Menschen vergleichen, ist auch der Preis, den man für seinen Erfolg zahlt. Das heißt, man geht ganz oft hin und guckt so, wer hat das größere Auto oder das größere Gehalt. Man fragt aber nicht, welchen Preis er dafür zahlen musste oder was für andere Umstände kommen. Wie ist es bei dir? Wenn du jetzt mal in die Rückschau gehst, gab es Dinge, die es dich gekostet hat, dahin zu kommen, wo du heute bist, die vielleicht auch schmerzhaft waren?

Iljad Madisch: Ja, mit Sicherheit. Ich glaube, es ist für mich so, es hört sich komisch an, aber ich sehe das gar nicht so, weil der Weg, den ich jetzt bestritten habe, der hat mich ja wirklich Also ich könnte heute sterben, das wäre okay. Das wäre wirklich okay. Ich habe alles erlebt, was ich erleben wollte und habe alles Emotional auch erlebt, was ich erleben wollte. Ich habe irgendwie emotional die Gefühle mal gefühlt, die Leute fühlen wollten. Große Liebe gehabt, tolle Beziehungen gehabt, tolle Freunde. Ich habe einen sehr, sehr guten Freund vor fünf Jahren in einem Mordunfall verloren. Also meinen ältesten Freund auch. Das ist auch eine sehr, sehr interessante Erfahrung. Auch fast wie so ein Weckruf, jeden Moment irgendwie zu genießen. Ich habe beruflich Erfolg gehabt und immer noch. Was viel wichtiger ist manchmal, als man glaubt, dass es ist. Da kommt es gar nicht so sehr auf die externen Sachen an, sondern dass die Dinge, die du tust, irgendwie Impact haben in der Welt. Und das alles ist sozusagen, was jetzt kommt, ist für mich immer, jeder Tag ist so eine Art, so ein Sahnehäubchen. Jeden Tag aufs Neue. Wie gesagt, ich kann ohne Probleme einfach sagen, jetzt ist Schluss, ist gut, war alles top. Besser hätte es nicht sein können. Ich hatte sehr viel Glück an vielen Stellen. Ich hatte Autounfälle, wo es hätte Böse enden können. Ich hatte während der Research-Gate-Zeit Situationen, in denen ich mich überarbeitet habe, in einer Klinik gelandet bin. Das ist alles und dann immer alles irgendwie doch mehr oder minder immer das Positive rausgezogen. Okay, das ging jetzt so weit. Deswegen gibt es für mich gar nicht so sehr, dass ich was geopfert hätte, weil es ist ja den Weg, den ich ausgesucht habe. Und der Weg, den ich ausgesucht habe, da bereue ich nichts. Es gibt wirklich nichts, wenn ich Rückblicke sage, bereue ich irgendeine Sache, Nee. Und deswegen ist es so, bin ich da auch richtig fein mit mir, mit dem, was alles bisher war und wie es gewesen ist, sowohl beruflich als auch privat.

Joel Kaczmarek: Wenn du sagst, dein bester Freund ist bei einem Autounfall gestorben, was hat das mit dir gemacht?

Iljad Madisch: Ich hatte, du hast natürlich Schuldgefühle, weil er kam zum Flughafen, um mich abzuholen. Ich kam aus San Francisco, von einem Boardmeeting und einem Investorenmeeting. Ich habe dann aus dem Flieger ihm geschrieben und gesagt, hey, ich glaube, ich bin platt, lass uns mal nächstes Wochenende treffen. Und dann ist er halt aus Berlin zurück nach Frankfurt gefahren und ist dann dort verunglückt auf dem Weg. Da denkst du schon so, okay, hätte ich eine andere Entscheidung getroffen, dann würde er vielleicht noch da sein. Das hat relativ lange gedauert, das abzulegen. Und ich habe auch dann gemerkt, ich habe relativ wenig Zeit mit ihm verbracht die letzten Jahre. Das war so, ich meine, du kennst die Zeit noch bei Researchgate, das war so ab 2011, als er Benchmark investiert, das erste Silicon Valley Investment überhaupt in Berlin. Ich glaube, wenn du das Risikokapital warst in 2010 und 2011, der nach Berlin geflossen ist, ist, glaube ich, 80 Prozent in Researchgate geflossen. Das haben wir immer mal nachgeguckt. Das musste man sich mal vorstellen. Das ist ja absolut surreal, wenn man darüber nachdenkt, wie viel jetzt nach Berlin fließt. Dann 2012 Founders Fund investiert. Peter Thiel, gut, jetzt Peter Thiel, aber der war damals schon verrückt. Dann Bill Gates investiert. Also es war so ein, da bist du von einem zum nächsten. Das ging immer weiter. Und dann denkst du schon darüber nach, okay, habe ich eigentlich genug Zeit mit ihm verbracht die letzten Jahre? Und die Antwort ist definitiv nein, habe ich nicht. Und es hat relativ lange auch gedauert, bis ich das so verarbeitet habe für mich, als zu sagen, okay, da hat mir auch die Mutter von meinem Kumpel Alex geholfen. Die hat gesagt, hey, der kam wirklich ein paar Wochen vorher und hat gesagt, ich weiß, dass ihr wenig Zeit habt, aber der wird was Großes machen. Und ich weiß, er baut ein sehr wichtiges Unternehmen auf und mir ist das egal. Jede Minute, die ich mit ihm habe, das reicht mir, weil wir uns seit der 12., 11. Klasse kennen. Und deswegen Ja, du denkst schon drüber nach. Das hätte man vielleicht anders machen können. Aber auch dann wiederum hat das mein Leben danach komplett auf den Kopf gestellt. Ich habe eigentlich alles angefangen zu ändern. Ich habe mich mehr auch um Freunde, Privates wieder mehr gekümmert. Und ich würde nie das Wort Work-Life-Balance benutzen, weil ich mag das nicht. Weil das würde ja bedeuten, dass die Arbeit irgendwas ist, was man gegen das Leben einsetzt. abwägen muss. Aber für mich ist Arbeit auch Leben. Für mich ist das eine Work-Life-Integration. Also wie machst du es clever genug, dass die Arbeit dich nicht aussaugt, aber auch, dass dass nicht arbeiten dich nicht aussaugt. Das ist ja auch etwas, was häufig, es macht ja Spaß. Es ist ja nicht, dass ich das mache, weil ich denke, ich muss das machen, sondern weil es mir halt sehr viel Freude bereitet. Und diese Integration, die habe ich stärker, viel, viel stärker über Zeit hinbekommen, mithilfe auch aller meiner Freunde und Partner bei ResearchGate, die damals natürlich dann auch mir geholfen haben, über den Verlust hinwegzukommen.

Joel Kaczmarek: Ich wollte dich gerade danach fragen, was waren deine Techniken, mit denen du das gemacht hast? Weil da geht es ja um Verlust, da geht es um Schuldgefühle, da geht es um Angst, um Trauer. Also das ist ja ein Cocktail an Emotionen, der da auf einen einprasselt. Was heißt es für dich, wenn du gesagt hast, ich habe das verarbeitet? Was war das konkret?

Iljad Madisch: Ich bin da, glaube ich, ein bisschen speziell, würde ich sagen. Ich habe dann angefangen, sehr viel über, also ich bin ja Mediziner, das heißt, ich verstehe so ein bisschen, was im Kopf so vorgeht. Ich habe dann angefangen, noch mehr mich in Neurowissenschaften einzulesen und zu verstehen, wie Emotionen entstehen, wie die aufgebaut sind, wie rationale Gedanken entstehen und dass es dazwischen nicht so viele Unterschiede gibt. Das sind am Ende des Tages chemische Reaktionen, chemisch-elektrische Reaktionen, die irgendwo im Kopf passieren. Und als ich dann angefangen habe, das zu verstehen, macht das einen ruhiger. Und dann fängt man auch darüber nachzudenken, okay, das Leben besteht halt einfach aus einzelnen Entscheidungen, die immer irgendwie etwas mit sich ziehen und einen Impact haben oder eine Konsequenz haben. Und so, als ich angefangen habe, das für mich so auseinanderzunehmen, sowohl Wie entstehen Gefühle im Kopf? Was passiert mit mir innen drin? Wie sieht das aus? Wie ist das Leben an sich einfach aufgebaut? Und akzeptiere das einfach. Das einzige Konstante im Leben ist die Veränderung. Und wenn man das für sich so wirklich akzeptiert hat, dann hauen dich auch Veränderungen nicht mehr so um. Also gerade im Unternehmertum. Wir haben sehr erfolgreiche ersten fünf Jahre gehabt bei Research Gate. Sehr erfolgreich. Fünf, sechs Jahre. Und dann war Ein Teil des Erfolges war ich, das weiß ich auch. Dann kam aber auch, und das weiß ich auch, eine Phase, in der Researchgate auch hätte verschwinden können. Wenn ich als CEO nicht verstehe, dass ich nicht der Angelpunkt bin und das Zentrum bin des Unternehmens der nächsten fünf Jahre. Und das ist etwas, was dann auch wieder Veränderung benötigt, wieder Akzeptanz benötigt. Und diese Gefühle, die dann immer entstehen, helfen dann einem, wenn ich das verstanden habe, wissenschaftlich verstanden habe, damit auch besser umzugehen.

Joel Kaczmarek: Was glaubst du, wenn du sagst, Alex war sein Name, glaube ich, dein bester Freund. Wo ist der jetzt? Was glaubst du passiert mit uns nach dem Tod? Was sagt der Mediziner?

Iljad Madisch: Also, ich habe mich mal ein bisschen mit verschiedensten Themen so beschäftigt. Ich lese ja so gerne so verschiedenste Bücher, Quantenphysik, Physik, Chemie, also so Lehrbücher lese ich gerne. Ich meine, ein interessanter Gedanke ist, dass wir ja alle sieben Jahre fast 99 Prozent aller Zellen ausgetauscht sind, eines Körpers. Das heißt also, nach sieben Jahren ist das, was du mal warst, eigentlich fast nicht mehr da. Also was bist du dann? Ich denke auch, dass sozusagen wahrscheinlich, da könnte ich ganz tief gehen, wenn du drüber nachdenkst, wir sind ja am Ende des Tages, wenn du immer tiefer gehst, sind wir ja nichts anderes als Licht. Also du gehst immer weiter runter und am Ende kommst du halt irgendwie an und das ist da irgendwie Wellen, aus denen wir bestehen. Und diese Wellen sind nicht auf uns fokussiert. Also wenn du schaust, keine Ahnung, ein Atom oder so. Und diese Wellen bauen dich zusammen und mich zusammen zum selben Zeitpunkt. Also was wird passieren? Ich denke, dass irgendwie Erinnerungen oder irgendwas bleibt an Wissen, was halt in irgendwelchen Teilchen bleiben. Und diese Teilchen sind unabhängig voneinander irgendwo in der Welt verteilt, die dann wieder Neues kreieren. Deswegen, ich weiß nicht, ob dir das mal aufgefallen ist, wenn du träumst, Warum träumst du von Sachen, die du vielleicht noch nie in deinem Leben gesehen hast? Warum träumst du von Sachen, die du nie erlebt hast, also gesehen hast, auch Elemente, die du noch nie gesehen hast? Und da meine Theorie ist, dass wir aus Sachen zusammengebaut sind, wo teils Erinnerungen drin sind von vorigen Lebewesen, die dann irgendwie sich vermischen mit unserer Wahrnehmung. Da gibt es richtig viele gute Bücher zu, auch wie das Gehirn funktioniert. Und es ist ja auch noch viel spannender, wenn du dir das Gehirn anschaust, ist, dass Informationen zum Beispiel nicht an einem Ort zu finden sind im Gehirn. Also die Tatsache, dass wir uns kennen, ist nicht abgespeichert zentral irgendwo im Gehirn. Das ist ein Netzwerk. Das ist ja eine Art Competition innerhalb des Gehirns, wer am Ende sozusagen dann die CEO-Aussage hat, was jetzt wahr ist oder nicht für dich in dem Fall. Das heißt, also alles zusammen, ich glaube, wir sind dann einfach nur Teil von allem. Wir werden kleine Teilchen werden und aus dem netze ich dann wieder was Neues zusammen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich bin ja immer überzeugter Fan des Energieerhaltungssatzes. Also Energie kann nicht verloren gehen. Und ich habe mal mit jemandem gesprochen, die in so einer Art Hospiz, glaube ich, arbeitet, die Sterbebegleitung macht. Und die hat mir mal erzählt, dass es wohl so sei, man hätte festgestellt, dass Menschen, nachdem sie gestorben sind, immer um die gleiche oder eine ähnliche Grammzahl leichter sind. Von daher, ich finde es total spannend, darüber nachzudenken. Ich glaube das auch, dass da was kommt. Aber gut, nochmal ganz kurz zurück zu unserer eigentlichen Fragestellung oder Ausrichtung. Du hast erzählt, du warst irgendwie mal in der Klinik, weil es zu viel war. Du hast irgendwie deinen Freund viel zu wenig gesehen, wo du dann nicht mehr die Möglichkeit hast, ihn jetzt zu sehen. Und trotzdem empfindest du es aber nicht als Preise deines Erfolgs. Also du sagst nicht, ich habe Zeit mit meinem Freund verpasst oder ich habe es bisher noch nicht geschafft, Kinder in die Welt zu setzen oder ich habe so viel geleistet, dass es mir körperlich nicht mehr gut ging. Also trotzdem hast du eine Wahrnehmung von den Dingen, die du geschaffen hast, dass du es eher auf das Erfolg, auf das Meer siehst und nicht auf das, was du sozusagen dafür einbringen musstest?

Iljad Madisch: Ja, absolut. Weil die Entscheidung habe ich ja zu einem Zeitpunkt getroffen, als diese Informationen noch nicht da waren. Deswegen kann man das ja auch nie, finde ich, bereuen. Es ist ja meiner Meinung nach wirklich Blödsinn. Ja, denke ich auch. Also ich sage das auch immer im Unternehmertum. Wir können den Outcome nicht kontrollieren. Das wäre ja zu einfach. Dann würde ja jedes Unternehmen einfach erfolgreich werden, wenn wir sagen, wir wollen alle X erreichen, jetzt erreichen wir alle X. Das Einzige, was wir kontrollieren können, ist der Prozess zu dem Outcome. Und wenn dann der Outcome nicht geklappt hat, können wir den Prozess immer wieder optimieren und dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass wir zum Outcome kommen. Aber wenn wir uns immer fokussieren auf den Outcome, dann ist sowas wie bereuen natürlich möglich. Wenn wir aber sehen, dass der Prozess, das Leben, das Weitergehen optimiert wird durch konstanten Einfluss, durch Freunde, durch Arbeit, durch Eigenentwicklung, dann ist sozusagen das nie zu Ende und es wird immer besser. Deswegen bereue ich nichts, sondern ich weiß, jede Einsicht, jeden neuen Datenpunkt, den ich sammle, macht den Prozess besser. Ich bin dann sauer, wenn man zurückblickt, Und wir haben einen guten Prozess gehabt und wir haben uns aber an den Prozess nicht gehalten für eine Entscheidung. Dann sage ich, das ist doof. Dann werde ich sauer auch über mich. Okay, was hast du da gemacht? Du weißt doch, wie du so einen Prozess hast. Da habe ich für mich für verschiedene Dinge sehr unterschiedlichste Prozesse definiert, wie ich bestimmte Entscheidungen treffen möchte. Da kannst du ja sehr viel machen, um das zu optimieren. Und so sehe ich auch das Leben. Es ist halt ein konstanter Wandel, ein konstanter Prozess, der durch alles, was du erlebst, besser wird. Und einfach nur genau hinhören. allem von jeder Situation. Nur hinhören, hinschauen, hinsehen, dann wirst du weiter wachsen.

Joel Kaczmarek: Also zum Thema Entscheidungsfindung muss ich dich gleich noch mehr befragen. Aber vorher will ich trotzdem nochmal an diesen Punkt gehen, was du gesagt hattest. Dir wurde es zu viel, du musstest sogar in die Klinik gehen. Also sofern du darüber reden möchtest, was war das bei dir? War das so, also das, was man mittlerweile so volkstümlich als Burnout bezeichnet? War es Überforderung? War es was eher Körperliches? War es was eher Mentales? Was war es bei dir, was dich aus der Bahn geschossen hat?

Iljad Madisch: Also ja, die Symptome natürlich waren sowohl körperlich als auch mental, die ich dann hatte. Und das Thema war eigentlich nur, dass ich den Job so gemocht habe, dass ich einfach Es ist ja wie eine Droge. Deswegen heißt es ja auch Workaholic. Wenn du etwas machst, was du einfach richtig gerne machst, dann machst du halt davon irgendwann leider zu viel. Und das habe ich dann auch gemacht. Und das hat dann dazu geführt, dass ich nicht nur einmal, sondern auch zweimal in die Klinik musste, in Abständen. Du denkst immer, du hast es dann im Griff. Ja, jetzt geht es. Und dann weißt du, wie es geht. Aber kommst du machst du immer wieder doch zu viel. Und das ist jetzt sozusagen etwas, womit man halt irgendwie lernen muss, umzugehen, dass man seine Grenzen besser versteht. Und das meine ich auch mit Prozess, dass man halt nicht eine Maschine ist, sondern halt dann doch ein Mensch. Und da gibt es halt leider Grenzen, die man dann leisten kann, sowohl zeit- als auch mental- als auch körperlich, die man dann da investieren kann, um dann an das Ziel zu kommen oder ein Teilziel zu erreichen.

Joel Kaczmarek: Also ich glaube, ich hatte das 2012 und jetzt, as we speak, habe ich gemerkt, war ich wieder so fünf vor zwölf. Ich glaube, ich habe mich jetzt auf zehn vor zwölf schon ein bisschen verbessert, aber ich kenne, glaube ich, die Abgründe ganz gut, in die man da blickt und wäre trotzdem neugierig, deine noch ein bisschen näher kennenzulernen. Also was war denn dein Wake-up-Moment? Was hat dich sozusagen dazu gebracht zu sagen, also Klinik habe ich nicht geschafft, auch weil ich immer Also da hätte ich gedacht, dann würde ich mal denken, oh Gott, dann ist es wirklich schlimm, wenn man sowas macht. Das muss man sich also auch trauen. Also da gehört auch ein Mut zu, finde ich. Aber was waren deine Symptome und was war so dein Wake-up-Call?

Iljad Madisch: Also ich hatte Symptome, bei mir war das vor allem alles im Darm herum. Ich bin ja auch Arzt, das heißt also du Ich verstehe nicht, okay, kann das jetzt eine Blinddarmentzündung sein? oder kann das, dann fängst du an sozusagen zu überlegen, kann das eine Infektion sein, bist du vielleicht krank? Und genau, dann bin ich in die Charité und in der Charité, die kennen natürlich auch dann den Research-Gate-Gründer, wenn du da aufläufst, viele Nutzer. Ja, und dann habe ich natürlich meine komplette Differenzialdiagnose schon mal so hingeschrieben, so, ja, ich könnte das sein, könnte das sein, könnte das sein. Und dann meinte dann irgendeiner so, ja, ich glaube, das ist aber eher psychosomatisch, also du bist wahrscheinlich ausgebrannt, ja. Und das war, ich hatte richtig Bauchschmerzen, richtig dolle Schmerzen. Es hat auch dann, es war wie ein Wahnsinn, wie lange das, also ich musste einfach Pause machen, dass es dann wegging. Dann hatte ich das zweite Mal, das ist nicht lange her, hatte ich Herzprobleme, also Herzrhythmusstörungen, ja. auch einfach alles zu viel. Und das sind so unterschiedliche Warnsignale, die dein Körper dir gibt und sagt, pass auf, jetzt wird es langsam mal zu viel. Also ich habe sozusagen die Tendenz da, ich habe ja jetzt auch, wie gesagt, mit meinem angefangen zu studieren wieder, Mathematik nebenbei.

Joel Kaczmarek: Was bist du für ein cooler Typ, ey.

Iljad Madisch: Ich wollte schon immer mal Mathe studieren und dann habe ich jetzt mich eingeschrieben für Mathe an der Fernuni Hagen. Merke aber auch, ehrlicherweise ist es zu viel. Es ist leider zu viel. Es gibt so viele Dinge, die ich gerne machen wollen würde. Ich muss halt jetzt wirklich mich konzentrieren und sagen, was ist jetzt wirklich wichtig? und Deswegen ist mit ResearchGate, das ist einfach mein, das Zentrum für mich, also beruflich und freue mich da eigentlich, dass es da so jetzt abgeht. Wir hatten, wie gesagt, sehr, ja, so drei Jahre, vier Jahre, wo wir wirklich von einem, sagen wir mal, entrepreneurial geführten Organisation zu einem Professionally Managed Enterprise umgebaut worden sind. Und das war der größte Wachstumsschmerz, den ich wahrscheinlich in Research Gates Zeit hatte. Johannes Reck hat mal treffend formuliert, dass ihm in einer gewissen Phase irgendwann die Leichtigkeit weggegangen ist. Und das hat es genau, als ich das gehört habe, das ist es bei mir auch gewesen. Die Leichtigkeit war weg, weil man dann gemerkt hat, okay, man wird selber das Limit, also wenn ich nicht schneller wachse, dann ist es das Limit des Wachstums des Unternehmens. Und wie schafft man das? Und die einzige Möglichkeit ist das Team. Du musst Leute um dich herum haben, die das schon mal gemacht haben und da die richtigen Leute finden. Das war eine Mammutaufgabe für unsere Organisation und das haben wir super gemeistert.

Joel Kaczmarek: Und noch so abschließende Frage zu deinem Krankheitsbild in Anführungsstrichen. Wenn du sagst, du bist in die Klinik gegangen, hast du dich richtig so hospitalisieren lassen, dass du dann irgendwie eine Zeit dort verbracht hast oder meinst du mit in die Klinik gehen, du hast dich dort untersuchen lassen?

Iljad Madisch: Nee, ich war in der Klinik auch über Nacht. Einmal drei Nächte und einmal zwei Nächte. Aber dann war relativ schnell klar. Also bei dem einen Mal war es sogar zweimal Klinik. Bei dem ersten Mal Klinik haben sie gesagt, okay, könnte Blinddarmentzündung sein. Blinddarm ist aber okay. Dann wieder zurück nach Hause. Dann weitergemacht und dann zurück. Ein paar Tage später wurde es noch schlimmer, dann wieder in die Klinik und dann haben die gesagt, okay, das muss der Blinddarm sein. Dann haben sie wieder nochmal geguckt, ist aber auch nicht der Blinddarm. Dann waren auch ein paar Laborwerte komplett eskaliert, das passte überhaupt nicht ins Bild. Ja, und dann fängst du auch an selber zu sagen, okay, was ist das? Und dann kam relativ schnell, ja, es ist einfach ausgebrannt, der Körper sagt halt Schluss. Und bei dem anderen Mal auch, ja, da wurde ich sozusagen kardiovertiert, wird das Herz einmal auf Null gestellt und dann hoffst du, dass das Herz wieder anfängt zu schlagen.bist du einmal kurz weg. Das ist auch alles eine Narkose. Genau, und das sind so Sachen. Ja, aber deswegen auch vorhin, als ich gesagt habe,ich bin sehr zufrieden mit dem Leben bis zu diesem Punkt. Ich glaube, da bin ich so zufrieden, dass ich das spüre. Ich sage, es ist alles cool, alles super. Jeder Tag ist der Hammer, ich freue mich auf jeden Tag,der kommt und lasst mich da nicht mehr so doll stressen,wie noch vor fünf, sechs Jahren.

Joel Kaczmarek: Aber Menschen wie du und ich, die man ja ehervom Schreibtisch wegziehen muss, als hinschieben, Und was war dann dein Weg, daraus zu kommen oder da eine Dosierung zu finden? Das kriegen du und ich ja glaube ich nicht aus uns selber hin, sondern man braucht dann eigentlich nochmal den externen Impuls, war so mein Learning. Ich finde, man muss auch aufpassen, also zu viel externer Impuls, manchmal schwingt man dann auch so ins Gegenteil, aber hast du dir da irgendwie einen Coach geholt oder Therapeuten oder wie hast du das gemacht?

Iljad Madisch: Ja, ich habe mehrere Coaches ausprobiert. Ich habe ein sehr enges Verhältnis zu Matt Kohler aufgebaut in den letzten zwölf Jahren, der auch da geholfen hat, extrem geholfen hat. Ich hatte eine Beziehung auch bei der einen und die dann auch sehr geholfen hat damals. Also sozusagen viele um einen herum. Kombination aus Coaches, aus Freunden, dann Matt. Ich finde Matt ist, boah, also es ist eine Glücksperson, Glücksgriffe meines Lebens, diese Person getroffen zu haben. Also ohne ihn wäre ich nicht der, wer ich wäre. Und auch ResearchGate wäre nicht das, was es ist heute. Also das würde er niemals sagen. Er ist sehr, sehr bescheiden. Aber das ist einfach so. Also die Kombination aus allem. Und dann gemerkt, ich habe ja schon auch immer sehr viel Sport gemacht in den letzten sechs, sieben Jahren. Ich habe sehr viel Beachvolleyball gespielt, sehr viel trainiert. Aber auch da gemerkt, okay, du kannst nicht versuchen, das Beachvolleyball auf ein Profilevel oder Halbprofilevel zu heben. Du hast noch einen Job und einfach alles geht ja einfach nicht. Das war, glaube ich, so, man muss halt Prioritäten setzen und dann fängt man an.

Joel Kaczmarek: Ich kenne das so gut. Ich finde mich erschreckend in dir wieder, wenn man dann alles macht. Du hast sozusagen eigentlich nur die Möglichkeit, Amateurzeitniveau reinzusetzen, erwartest aber irgendwie Deutschland- oder Weltspitze. sozusagen zu performen. Ich weiß gar nicht, ob das für normale Menschen verrückt klingt oder so, aber ich weiß das haargenau, was du meinst. Wenn man was macht und ist dann nicht outstanding, dann bist du voll gefrustet, hast aber auch gar nicht die Zeit, da mehr zu investieren. Ich habe ein Zitat im Kopf, was jemand mal bei dich gesagt hat, der mit dir zeitlang irgendwie sehr intensiv zusammengearbeitet hat, wo ich dann so meinte, warum bist du nicht mehr da, was ist das Thema? Und dann sagte er zu mir, der Iyad, der duldet keine Götter neben sich. was natürlich so ein bisschen so ein bissiger Satz ist. Aber ich finde, es ist trotzdem eine interessante Frage dran. Jemand, der wie du mit so einer Firmengeschichte so stark verwoben ist und der so ein krasses Ziel hat, Gab es bei dir so eine Phase, wo du selber gemerkt hast, okay, weil du es ja auch so beschrieben hast, fünf Jahre war es ich und fünf Jahre muss es dann was anderes sein. Also ist es so ein Relikt aus der Vergangenheit und hatte die Person vielleicht auf dein altes Ich bezogen recht? Oder ist es vielleicht auch unpassend gewesen? Oder war es etwas, wo du gesagt hast, ja, war früher so, ich habe aber folgenden Weg gefunden, das jetzt zu verändern?

Iljad Madisch: Mit Sicherheit hätte die Person recht aus ihrer Sicht. Also da war bestimmt vieles Wahres dran. Das ist ja, glaube ich, auch das, was ja dann gerade in dieser frühen Phase und Frühphase sind halt so. Wenn die Entscheidungen, die du triffst, erfolgreich sind, und du hast dann Leute um dich herum, die dann andere Entscheidungen treffen wollen, dann musst du schon sehr viel persönliches Wachstum reinstecken und Energie reinstecken, zu akzeptieren, okay, wir trauen jetzt mal jemand anderem etwas zu. Und mit Sicherheit ist da sehr, sehr viel dran, was die Person gesagt hat. Ich glaube, wenn man jetzt sich das Leadership Team anschaut, wir haben wahrscheinlich eines der besten Leadership Teams Europas und ich bin da nur noch ein kleiner Teil dieses Leadership Teams, was der Hammer ist. Ich glaube, man lernt relativ schnell, dass der Erfolg des Unternehmens und auch der persönliche Erfolg, also die Bestätigung, wo ich die größte Gefühl von Fortschritt spüre, ist, wenn ich sehe, dass das Team funktioniert. Das ist so jetzt, wo ich meine komplette Zufriedenheit rausziehe. Und früher wahrscheinlich, der alte IAD, hat dann gesagt, ja, ich will das Tor schießen. Ich will derjenige sein, der das Tor schießt und nicht abgeben vorher. Das hat auch mein Trainer auch mal gesagt, in einem Interview mit meinem Fußballtrainer. Er hat relativ lange immer den Ball gehalten, hätte man doch mal vorher den Abball abgeben müssen. Und das war, die Mentalität ändert sich. Und ich glaube, dass das auch ein wichtiger Faktor ist, Das, was sehr stark häufig unterschätzt wird, wenn man ein Startup gründet und das in ein Grown-up umwandeln will und diese Erfahrung mitnimmt und deswegen auch das so zu verstehen, dass das Team am Ende der Faktor ist und das ist dann nicht eine Einzelperson, sondern es ist die Interaktion zwischen den Leuten. Also bestimmt Wer auch immer das gesagt hat, on point, würde ich sagen.

Joel Kaczmarek: Beim Thema Erfolg ist es ja auch so, mir hat vor kurzem jemand gesagt, Erfolg und Risiko gehen immer Hand in Hand. Welche Risikodisposition hast du für dich immer gefunden? Also bist du jemand, der viele Risiken eingeht oder bist du eher sicherheitsorientiert und wie wächst du für dich ab?

Iljad Madisch: Also ich gehe mentale Risiken häufig ein. Ich gehe körperliche Risiken sehr selten ein. Das ist die Differenzierung. Also ich habe nichts dagegen, alles auf eine Karte zu setzen, mental. Und sagen, oh ja, wir machen das jetzt so, wir entwickeln das, das wird funktionieren. Lass uns mal alle in diesen Weg gehen. Wenn du aber irgendwie, ich hatte vor kurzem eine gute Freundin oder eine Freundin kennengelernt, die ist so Stuntfrau. Und wenn ich mit der unterwegs bin, ist immer Action. Immer. Und es ist ja jetzt nicht, dass ich irgendwie so ein Bewegungslegastheniker bin, aber ich habe einfach Schiss. Ich habe einfach so, boah, wenn ich das jetzt so mache, was passiert denn dann? Und dann sagt sie immer, jetzt mach einfach mal den Kopf aus, jetzt mach. Und genau, da habe ich, würde ich sagen, körperliche Risiken. Da habe ich immer Respekt vor und auch Angst. Wahrscheinlich auch Erziehung. Also meine Eltern haben gesagt, nein, nicht auf den Baum klettern, sonst brichst du dir deine Hand oder so. Und mentale Risiken, da habe ich mich immer ausgetobt. Da habe ich auch, ich meine, wir sind, wir wurden ja vor fünf Jahren von dem größten Verlag der Welt, Wissenschaftsverlag der Welt und immer noch verklagt. Und ich war immer davon überzeugt, dass wir da rauskommen werden, weil das, was wir tun, wichtig für die Welt ist. Und das habe ich nie als Leute sagen, boah, hast du da kein Druckgefühl oder so? Nein, weil ich einfach überzeugt bin von dem, was wir tun. Und im Kopf kann ich so Risiken, die mentaler Natur sind, besser handeln und auch besser verarbeiten. Aber körperlich brauche ich immer ein bisschen, um ein Bewegungsbild erst abgespeichert zu haben. Und dann kann ich mich entspannen.

Joel Kaczmarek: Aber wenn du sagst mentale Risiken, dann meinst du auch wirtschaftliche? Also wenn du jetzt zum Beispiel, versetze ich mal die Lage zurück, du hattest überhaupt kein Geld, du hättest keine Investoren gekriegt, es wären nicht 80 Prozent der Silicon Valley Gelder in dem Jahr an deine Firma geflossen, sondern es hätte geheißen, nimm eine halbe Million Euro Kredit auf oder das Ding macht die Türe zu. Hättest du sowas gemacht? Ist das deine Risikodisposition?

Iljad Madisch: Ganz ehrlich, ich wusste gar nicht, dass man hätte einen Kredit aufnehmen können. Also ich habe damals diese Information nicht gehabt. Ich glaube, ich hätte einfach aufgehört.

Joel Kaczmarek: Damals wäre es auch schwer gegangen, fairerweise.

Iljad Madisch: Ja, wahrscheinlich, ja. Also ich glaube, ich hätte das gar nicht als Option im Kopf gehabt. Aber ja, theoretisch, wenn es diese Option gegeben hätte und sie wäre, hätte ich mir das übernommen. Ich hatte auch mal in anderen Phasen von ResearchGate auch darüber nachgedacht, ich habe eine Eigentumswohnung, die halt zu veräußern und damit dann die Wohnung in die Firma zu stecken, weil ich einfach weiß, das ist für mich, wie schon gesagt, das sind so Dinge, die kommen und gehen. Ich habe mich da nie, das sind nie Dinge, die Die reizen. einmal kurz, einmal kurz denkst du, okay, jetzt kannst du dir das leisten oder jetzt kannst du, aber dann merkst du, das ist eigentlich völlig egal. Deswegen, nee, also das würde ich auch eingehen. zu Risiken. Jetzt natürlich, ganz ehrlich, ich repräsentiere 240 Mitarbeiter oder 250 und viele Shareholder. Also jetzt muss ich natürlich verantwortungsvoll mit der Situation umgehen. Das heißt also, so ein All-In-Move, der muss immer abgesprochen sein, man muss sich die richtigen Leute holen, man muss das mehrmals liegen lassen, nicht sofort entscheiden, da gibt es verschiedene Abfolgen, wie man Entscheidungen trifft, was für eine Art von Entscheidung und so weiter und so fort. Deswegen, das ist nochmal anders, aber ja, so für Sonst bin ich da nicht risikoavers, sondern eher das Gegenteil, wenn es um die Themen geht.

Joel Kaczmarek: Wo du von Entscheidungsfindung sprichst, du hast ja vorhin gesagt, dass du da einen relativ dezidierten Prozess entwickelt hast. Wie triffst du denn Entscheidungen?

Iljad Madisch: Ja, da gibt es ja zig Bücher zu. Es gibt tausend Bücher zu Entscheidungen treffen. Was muss man machen? Was muss man tun? Und ich bin derjenige, der die Wahrheit im Dialog versucht zu finden. Erstmal so allgemein gesagt, ich komme dann gleich nochmal ein bisschen spezifischer, was das heißt. Wie Sokrates ja auch immer gesagt hat, dass die Wahrheit nur in einem Dialog erfüllt wird, nicht durch eine Person, die irgendwas niederschreibt. Und ich versuche durch Input der Leute, die um mich herum sind oder Leute, die auch weiter weg sind, die nichts mit dem Business zu tun haben, denen ich das erzähle, Entscheidungsfindung zu haben. Also ich habe mehrere dezidierte Schritte, die ich immer wieder gleich durchlaufe. Das eine ist immer Daten sammeln, Informationen sammeln und die auch von, nicht nur selber sammeln, sondern vor allen Dingen von meinen Leuten, mit denen ich arbeite, dass die einsammeln, dass die ihre Sichtweise einbringen. Immer dann, wenn ich ein Gefühl habe von, das ist eine gute Sache, mein Bauchgefühl sagt ja, dann ist es ein Zeichen für mich, ich muss mehr Research machen und versuchen, also das Gegenteilige zu beweisen, also wie in der Wissenschaft. Wenn mein Bauchgefühl mir Nein sagt, ist es ein Nein. Also ich vertraue dem Nein-Bauchgefühl 100%, vertraue dem Bauchgefühl Ja nicht.

Joel Kaczmarek: Mhm.

Iljad Madisch: Und so laufe ich dann unterschiedliche Steps durch mit Datensammeln, bestimmte Gruppen, die ich mir angeeignet habe, mit denen ich rede, zu bestimmten Entscheidungen, abhängig von der Entscheidung. Dann auch Menschen, die nichts mit dem Business zu tun haben, denen erzähle ich davon. Also zum Beispiel meinem Physiotherapeuten, der jetzt schon wahrscheinlich ein Experte ist von Research-Gate-Sachen, dem erzähle ich auch dann, wenn ich da auf der Bank liege. Und der hört dann einfach nur zu und stellt dann auch gute Fragen, Verständnisfragen. Und die helfen mir dann wieder Klarheit zu bekommen. Also wirklich Themen fremden Menschen das zu erklären und zu erzählen. Und auch die im ersten Moment vom Gefühl her komischen Fragen, aber die sind eigentlich immer sehr gute Fragen, dulden, akzeptieren, drüber nachdenken, gut beantworten. Das kreiert für mich dann immer mehr ein Gefühl von Ich weiß, in welche Richtung das gehen sollte. Und dann, wie gesagt, immer wenn das Bauchgefühl Ja sagt, versuchen, das Gegenteilige zu beweisen. Und wenn das Bauchgefühl Nein sagt, nicht machen.

Joel Kaczmarek: Und ist es manchmal schädlich, weil ich musste vorhin noch daran denken, als du so deine Reaktionen beschrieben hast, also wie du mit Trauer umgehst, dass du mehr verstehen willst, wie du mit Gesundheitsproblemen umgehst, dass du mehr Introspektionen machst. Ist es manchmal auch ein Fluch, zu viel Wissen zu haben? Also wenn man zu viel über Prozesse und über Funktionen weiß, hilft es dir manchmal auch, naiver an Entscheidungen ranzugehen?

Iljad Madisch: Ja, ich habe auch viele naive Entscheidungen getroffen. Und wenn man, glaube ich, analysiert würde, wie erfolgreich die waren, würde ich wahrscheinlich sagen 50-50. Und vieles muss auch manchmal einfach mal entschieden werden und gemacht werden. Es ist eine Mischung. Du musst halt wissen, welches Werkzeug du wann rausholst. Wann holst du den tiefen Prozess zur Entscheidungsfindung raus? Wann triffst du eine Entscheidung? Weil du weißt, ich meine Steve Jobs hat das, glaube ich, in Typ 1 und Typ 2 Entscheidungen gemacht. Jeff Bezos war es, glaube ich, der Typ 1 und Typ 2 Entscheidungen differenziert. So ähnlich kann ich das auch abbilden. Es gibt Entscheidungen, wo du weißt, da ist es besser, einfach schnell zu sein. Und dann gibt es Entscheidungen, wo du weißt, es ist besser, mehr nachzudenken. Ich denke, dass wir, weißt du, in Startups sagt man ja immer, das ist hier nicht eigentlich eine ganz lustige Sache, du denkst in Startups immer, Leute sagen immer, ja, Startups, das A und O ist das schnelle Entscheiden. Und ich bin jetzt der Meinung, wenn ich meine Entscheidungsfindung Art jetzt, wie ich sie jetzt habe, vor zehn Jahren gehabt hätte, wären wir wahrscheinlich noch weiter, als wir heute schon sind. Weil Startups entscheiden deswegen so schnell, das ist meine Theorie, weil sie halt nichts wissen. Das heißt also, du musst mehr ausprobieren. Wenn du ein bisschen wissen würdest und wissen würdest, wen du wann fragst Und wenn du wann welche Entscheidung treffen lässt, dann müsstest du nicht alles immer so schnell entscheiden. Und dann wäre es auch besser, wenn du nicht alles so schnell entscheiden würdest. Aber die Unwissenheit kreiert ja dieses Gefühl von, wir können das machen, wir können das machen, lass uns mal das probieren, geht nicht, lass uns das probieren, geht auch nicht. Und davon wegzukommen, wenn du dann irgendwann eine Organisation hast, wo du ein paar hundert Leute hast, wo jede Entscheidung, wir haben über 25 oder mit knapp 25 Millionen Wissenschaftler auf der Plattformen, Eine blöde Entscheidung reduziert die Produktivität von 25 Millionen Forschern in der Welt, was irgendwie 60 Prozent, 70 Prozent der Forscher in der Welt sind. Das kannst du nicht machen. Also muss man schon irgendwie gucken, okay, welche Entscheidung kannst du so treffen und welche Entscheidung kannst du nicht so treffen. Und deswegen ist das eine ganz wichtige Differenzierung, das auch immer wieder durch den Kopf sich gehen zu lassen und dann auch viele Dinge einfach wirklich liegen zu lassen. Das ist eine der wichtigsten, glaube ich, Erkenntnisse für mich gewesen, Sachen liegen zu lassen. Wenn ich weiß, wo ist eine Entscheidung, dann liegen lassen. Nicht jetzt, nicht gerade im ersten Moment, jetzt wartest du mal eine Woche. Und entweder lösen sich die Sachen selber oder du hast einen viel klareren Blick, das dann zu entscheiden.

Joel Kaczmarek: Ja, ist spannend. Ich finde das einzig Schwierige ist immer, wenn man da mit Leuten darüber redet, dass man aufpassen muss, dass man nicht auf Erfahrungsdaten oder auf Datenschätze zurückgreift, die sozusagen alt sind. Also jemand sagt, ja, das Modell haben wir vor drei Jahren schon mal versucht und das hat überhaupt nicht funktioniert. Kann es ja trotzdem sein, dass es heute anders ist.

Iljad Madisch: Hundertprozentig. Und das ist auch, also da stimme ich dir hundertprozentig zu, dass eine Entscheidung, die man damals getroffen hat, natürlich auch immer nur in der Umgebung war. Das heißt also, man muss dann überlegen, hat sich die Umgebung verändert, hat sich das Umfeld verändert oder nicht für diese Entscheidung. Ich gebe dir ein Beispiel. Bei ResearchGate haben wir vor sieben, acht Jahren haben wir Sharing gestartet. Status und Status-Sharing-Dings mal ausprobiert. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Und ich dachte so, meine Güte, warum funktioniert denn das nicht? Ich würde jetzt behaupten, dass es jetzt funktionieren würde. Und das ist jetzt acht Jahre danach oder sieben Jahre danach. Und deswegen bin ich davon überzeugt, dass wir das jetzt, wenn wir das jetzt bauen würden und werden wir wahrscheinlich auch bauen, dass es jetzt funktionieren würde. Weil damals die Leute Facebook benutzt haben, Facebook Posts geshared haben, das war noch das große Ding, dann kam Instagram. Das heißt also, du hast sozusagen das Posting, dieses private Posting, halt bis in Extenso hat eigentlich jeder gemacht. Also wenn du darüber nachdenkst, in Facebook damals, wie viele Leute gepostet haben, das war unglaublich eigentlich. Aber wenn du es jetzt siehst, passiert ja so wie gar nichts mehr, also so gefühlt. Und jetzt posten die Leute ihre privaten Dinge bei LinkedIn, jetzt wird das LinkedIn gefühlt das neue Instagram. mit einem etwas pseudoprofessionellen Touch. Genau, und jetzt denke ich, dass bei ResearchGate das Sharing Post funktionieren kann. Das ist ein sehr, sehr wichtiger Punkt, dass eine Entscheidung, die man getroffen hat, die man vor ein paar Jahren getroffen hat, das heißt nicht, dass diese Entscheidung jetzt nicht funktionieren könnte. Absolut richtig. Und deswegen muss man diese Entscheidung, die man dann getroffen hat, immer im Kopf behalten und sagen, okay, was war die Umgebung? Was hat sich verändert? Hat sich was verändert oder nicht? Das ist, glaube ich, dann ein richtig gutes Tool, um dann gegebenenfalls Sachen, die man mal vor zwei Jahren, drei Jahren, fünf Jahren, zehn Jahren probiert hat, zu sagen, okay, wir probieren es jetzt nochmal.

Joel Kaczmarek: Bist du ein Mensch, der sich viele Sorgen macht auch? Also gerade wenn man Entscheidungen trifft und Verantwortung trägt, dann hat man ja, also gibt es ja so manchmal diesen Denkapparat. Ist das oft bei dir so?

Iljad Madisch: Es gibt einzelne Entscheidungen, wo ich dann schon drüber nachdenke und auch mir Sorgen mache. Aber auch da widerlich. Ich treffe ja die Entscheidungen mit dem besten Wissen, Gewissen, was ich jetzt gerade habe. Was soll ich denn anders machen? Noch. Also noch mehr lesen, noch mehr tun. Da ist ja auch irgendwann wieder das Limit erreicht. Wenn man dann mit genug Leuten um einen herum interagiert und Informationen sammelt, dann ist das Beste. Wenn ich das Beste getan habe in dem Moment, dann bin ich fast sorgfrei. Natürlich weiß ich, ich treffe Entscheidungen für sehr viele Mitarbeiter, für Investoren, für sehr viele Nutzer, die gegebenenfalls dann das Produkt oder irgendwas in die falsche Richtung bewegen könnte. Ich kann aber, und das ist, glaube ich, auch eine der schönsten Sachen, Ich habe mal vor vier Jahren, fünf Jahren in einem Aufsichtsratssitzung gesagt, das Wichtigste, was ResearchGate jetzt machen muss, ist überleben. Und ein Aussichtsrat-Mitglied ist komplett ausgetickt. Und er so, what do you mean? What do you mean surviving? Ich so, jetzt, die Industrie wird jetzt auch sich verändern. Und wir müssen jetzt, dürfen wir keinen Blödsinn machen, dass wir dann auf einmal verschwinden. Weil wenn dann die Industrie ready ist für die Veränderung, müssen wir da sein. Und das passiert jetzt. Jetzt, jetzt. Seit ein paar Monaten super krass. Und das ist auch wiederum auf einem Makro-Level, eine Entscheidung heißt auch manchmal nichts zu tun. Und einfach nur sich über Wasser halten. Was jetzt zum Beispiel auch in der aktuellen Krise, Matt Kohler hat mir die Frage gestellt, warum scheitern Startups? Was würdest du darauf antworten? Ich habe die nicht richtig beantwortet, kannst du jetzt schon mal sagen. Das ist eine ganz einfache Antwort. Ich kam nicht auf die Antwort.

Joel Kaczmarek: Also ich wollte gerade sagen, mir fällt so ein Bouquet an, wie Timing, zu wenig Mut, zu viel Mut, falsche Entscheidung, zu wenig Geld, zu wenig Kapital, schlechter Product-Market-Fit.

Iljad Madisch: Das ist ganz einfach. They're running out of cash. Das ist ganz einfach. Das ist am Ende das Ding. Und jetzt gerade in der aktuellen Krise? Wieder mal, es ist ja auch eine Krise, wo vor allem Tech bestraft wird. Es ist ja auch zum ersten Mal, dass auch Engineers, Product-Leute gegangen werden in Unternehmen. Ist es jetzt wirklich wichtig, diese Phase zu überleben, das muss jetzt sozusagen das A und O sein für alle. Und wir hatten eine wissenschaftsspezifische Revolution oder Evolution vor vier, fünf Jahren und da war das genauso. Und ich weiß auch, dass der damalige Aufsichtsratmitglied, wir haben uns vor kurzem darüber unterhalten, er meinte, er hätte das niemals, also damals hat er natürlich das nicht so gesehen, you have to grow, you have to grow, aber grow at any cost, also wachsen, auf Teufel komm raus, ist nicht immer die Lösung. Manchmal ist auch die Zeit die Lösung, wenn die Industrie noch nicht ready ist. Jeder andere Investor, ganz ehrlich, hätte ResearchGate vor ein paar Jahren schon verkauft, weil wir waren an dem Peak. Die Industrie war aber nicht, wenn ich Industrie sage, es ist wirklich alles nicht der Wissenschaftler. Der Wissenschaftler hat ResearchGate geliebt und immer noch, aber die Industrie drumherum war nicht ready. Wir haben sozusagen den Forscher ins Zentrum der Wissenschaftsindustrie gepackt mit der Plattform, die wir gebaut haben. Vorher hat der Forscher, entschuldige, wenn ich da kurz einen Abdrift da mache, weil ich finde das so spannend, der Forscher und die Forscherin sind ja die Entscheidungsfinder, Entscheidungsmacht in der Wissenschaftswelt. Sie entscheiden, welchen Job sie annimmt. Sie entscheidet, welches Geld sie bewerben. Sie entscheidet, welches Gerät gekauft wird. Sie entscheidet, welche Konferenz sie besucht. Sie entscheidet, welche Society, welche Gesellschaft sie beintritt. Das heißt also, du hast Der Forscher, der war immer in der Position der Entscheidung. Aber nicht die Welt, in der wir leben, hat den Wissenschaftlern nie in diese Position gebracht, als die Power, die sie wirklich haben. Die waren nie bewusst, dass es so ist. Und ResearchGate hat es geschafft, das dem Forscher bewusst zu machen. Und die Industrie schnallt es jetzt auch. Und deswegen sind wir so krass am Wachsen. und jetzt wachsen wir, kommen wir jetzt in die zweite Wachstumskurve. Das hätten wir nicht geschafft, wenn wir nicht gewartet hätten. Und das ist manchmal das Beste, was du tun kannst, warten und überleben.

Joel Kaczmarek: Das ist ein cooler Satz. Manchmal habe ich so Postersätze nach so Gesprächen. Das wäre, glaube ich, einer. Und vielleicht so die letzte Frage für heute, oder wahrscheinlich werden sich so drei, vier Fragen daraus ergeben. Du hast mit den erfolgreichsten Geschäftsleuten des Planeten, also wirklich des Planeten zu tun. Ja, was du meintest, Peter Thiel, Matt Kohler, Bill Gates, Wie beschreibst du die jemand anderem? Wenn du die anguckst, was sind die Merkmale, die diese Menschen haben, die sie so erfolgreich machen?

Iljad Madisch: Was viele Leute über mich sagen, du siehst ja immer nur das in den Leuten, was du in dir selbst siehst. Es ist ja ganz schwer, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Es ist ja fast unmöglich. Leute sagen, ja, kann ich. Nee, kannst du eigentlich nicht. Weil du lebst ja nur dein eigenes Leben. Du weißt, wie du dich fühlst. Du weißt, wie du auf Dinge reagierst. Und du weißt konzeptionell, wie andere Menschen reagieren. Eine Sache, die ich weiß, dass ich habe, ich kann mich für sehr viele unterschiedliche Sichtweisen begeistern. Und das sehe ich genauso auch bei all denen, muss ich sagen. Ich kann das bei all diesen Leuten, die können sich für unterschiedlichste Sichtweisen begeistern und begeistern heißt jetzt, begeistern ist der falsche Begriff, Sichtweisen hineinversetzen und die auch so argumentieren, dass man am Ende sagt, das macht Sinn, das sollte man tun. Und das ist etwas, diese fast schon schizophrenen, wie du von der einen Seite zur anderen Seite springst, ist etwas, was du, finde ich, in so Diskussionen siehst. Die Variabilität an Sichtweisen, die diese Menschen an den Tag bringen. Das ist etwas, was alle gemein haben.

Joel Kaczmarek: Meinst du damit sowas wie Empathie oder meinst du damit sowas wie Offenheit, Flexibilität? Wie würdest du das, also ich versuche da gerade das so zu greifen. Oder vielleicht hast du ja mal so eine typische Aufsichtsratsbeispieldiskussion im Kopf.

Iljad Madisch: Ja, also du hast, wenn du im Aufsichtsrat bei uns jetzt so sitzt, merkst du, dass du, also die Kunst ist ja, dass du unterschiedliche Sichtweisen hast. Und diese unterschiedlichen Sichtweisen wirklich versuchst zu verstehen. Also wirklich zu sagen, was ja wirklich schwer ist, aber trotzdem, du sagst, okay, ich möchte jetzt wirklich mal, wo kommt die Person her? Und die erste Reaktion bei uns ist mal so, nee, nee, stimmt nicht. Sondern eher zu sagen, ich höre jetzt mal richtig zu und versuche das wirklich mal. Das ist eine Sache, die ich hätte mal ein bisschen besser machen sollen, als ich noch jünger war, zuhören. Wirklich dieses Gefühl von, okay, wo kommt die Person her? Was macht sie jetzt? Was will sie in dem Umfeld jetzt? Und wenn man das hinbekommt und das auch kurz dann immer durchdenkt bis zum Ende, dann trotzdem noch die nächste Meinung sich anhört bis zum Ende. Das sehe ich bei erfolgreichen Geschäftsleuten, wie du sie jetzt genannt hast, oder Businessleuten, das können alle. Geschäftsmänner und Frauen, mit denen ich gearbeitet habe, die alle erfolgreich sind, das würde ich sagen, dieser Switch von der Sichtweise, also Empathie wird ja in drei Teile aufgeteilt, ist ja eine emotionale, eine kognitive und eine Compassion und ich würde sagen, eine sehr starke kognitive Empathie. Also du kannst sozusagen bestimmte, also kognitive Empathie ist so eine Art von, einfach gesagt, du gibst mir irgendeine Erklärung, irgendwie 1 plus 1 ist 2 und 2 plus 2 ist 4 und du erklärst, warum das so ist und ich kann dem intellektuell folgen. Dann kann ich mich in dich hineinversetzen. Eine starke kognitive Empathie siehst du eigentlich bei allen, Emotional auch, aber ist vielleicht auch wichtig, um dann die Auswirkungen zu verstehen. Aber erstmal nur, wie kommen die Leute überhaupt zu dem Punkt? Wie kommen sie zu dieser Entscheidung? Und da ist immer eine Mischung aus beiden sehr wichtig, aber diese sehr starke Sichtweisenveränderung ist wichtig. Und ich glaube, wie gesagt, es ist schwer in Worte zu fassen, aber diese Sichtweisenveränderung, dass du es aktiv machst, dass du dich zwingst es zu tun, das siehst du bei all diesen Leuten.

Joel Kaczmarek: Was würdest du so noch als ihre Individualstärken betrachten, wenn wir jetzt mal uns die drei angucken? Also du hast gesagt, Matt Kohler ist der wertvollste Mensch in deinem Leben, jetzt so auf businessintellektueller Ebene. Was macht ihn so besonders für dich?

Iljad Madisch: Matt ist wahrscheinlich, die Mischung aus emotionaler und kognitiver Intelligenz bei ihm ist halt unschlagbar. Die Erfahrungen, die er gemacht hat, er hat wahrscheinlich der einzige, der mit die zwei größten Netzwerke dieser Welt aufgebaut, LinkedIn, mitgegründet und dann zweiter Mitarbeiter bei Facebook gewesen ist. Investor bei Instagram gewesen, bei Asana. Er hat sozusagen alles mal gesehen, von ganz klein bis ganz groß. Und er kann sich aber in alles extrem gut hineinversetzen. Und immer dann, das habe ich jetzt auch gelernt, wenn ich aus dem Meeting bei ihm rausgehe und mich schlecht fühle, weil ich denke, irgendwas habe ich nicht verstanden, dann muss ich weiter bohren. dann ist genau das, was mein Wachstum gerade ist. Und früher habe ich da immer eher so drüber hinweg geschaut und gesagt, ja, ja, ich weiß schon, was ich tue, aber nee, es ist Blödsinn. In vielen Fällen weiß er es dann doch besser. Man muss einfach mal hinhören. Natürlich muss man das immer auf den Research-Gate-Case dann anpassen, aber trotzdem, der weiß so viel. Und diese Kombination aus emotionaler und kognitiver Intelligenz, die er wirklich hat, unglaublich hat, und auch ich auch zu ihm gesagt habe, na ja, es gab ja Phasen, wo ich als CEO nicht performt habe. Und er hat gesagt, naja, ich wusste, ich muss dich einfach machen lassen. Ich habe darauf gewartet, dass du selbst zu der Erkenntnis kommen wirst. Und er hat eine sehr unglaublich feine Art, Menschen auf den Weg zu bringen, ihre eigenen Entscheidungen zu hinterfragen und dann auf den richtigen Weg zu kommen, ohne eine autoritäre Art. Weil das funktioniert am Ende des Tages eh nicht.

Joel Kaczmarek: Aber diese Menschen sind so großsichtig, die sowas können, ne? Also wenn die sagen, ich wusste ja, dass du bei A bist und dass du über den Umweg über B und C gehen musst, aber ich habe dann einfach bei D auf dich gewartet.

Iljad Madisch: Genau, richtig. Die stehen dann da an der Stelle mit einem Kaffee. Das ist echt hart.

Joel Kaczmarek: Wie kommuniziert ihr miteinander? Schreibt ihr euch öfters? Macht ihr so Sprachnachrichten-Bingo oder hast du echt nur harte Meetingkultur mit dem? Wie ist das bei euch?

Iljad Madisch: Kombination. Wir haben One-on-Ones einmal im Monat mit all meinen Aufsichtsratmitgliedern. Ich habe ja jetzt Vor kurzem ist Ralf, der erste Deutsche, deutsch-amerikaner, in unser Board gekommen, Ralf Kunz von Co-Invest. Und ich muss sagen, der hat auch sehr viel in mir hervorgerufen. Und der hat einen Satz gesagt, der hat wirklich, also der hat wirklich auch mein Leben verändert. Er hat gesagt, ihr, du brauchst um dich herum operative Exzellenz. Und das ist ja, ich bin in Operations nicht gut.

Joel Kaczmarek: Kenne ich, das Phänomen.

Iljad Madisch: Ja, und wenn du in etwas nicht gut bist, ist es ja auch schwer, Jemanden zu finden und das zu beurteilen, der gut ist. Du kannst ja immer nur das beurteilen, was du selbst irgendwie gut kannst. Oder wahrscheinlich ja. Und ich habe so ein Glück mit Jessica oder Evan oder Steve, Marc, Leute um mich zurück, auch meine Assistentin Lydia, mit der ich seit sieben Jahren jetzt arbeite, die operativ exzellent sind. Und deswegen habe ich auch mit Ralf zum Beispiel meinen One-to-One einmal im Monat. Das heißt also, ich eine Kombination aus konstanter Kommunikation, nicht konstant, aber immer wieder so intermittierender Kommunikation, wenn ich was brauche und da die unterschiedlichen Meinungen zu hören von Ralf, von Matt, von Luke ist Gold wert. Das ist eine Mischung aus intermittierender Kommunikation in WhatsApp mit Sprachnachrichten oder geschrieben und dazu strukturierte One-to-Ones.

Joel Kaczmarek: Ich versuche das auch echt manchmal. Bei mir war früher Kolja immer so ein Kollege, als ich bei Gründerszene war. Kolja war gefühlt in den Zwanzigern, hatte irgendwie sieben oder acht Management-Mandate in Startups von sich. Und er hat das Wissen immer rübergeteilt in den anderen Buden und du hast immer das Gefühl, da wo ich gerade hingehe, da war der schon.was aber gar nicht sein kannund ich finde das manchmalist eine unglaublich faszinierende Fähigkeit,dass solche Menschen,die irgendwie 40 Themen sehen,halt auch wirklich ihre Learnings daraus ziehenund die adaptiert anwenden könnenund dir dann so eine Anleitung geben können. Geht das auch so? Also ich weiß manchmal nicht, wie die das machenund die, mit denen du da abhängst,die sind ja nochmal drei Ebenenüber uns allen hier in Deutschland, ja.

Iljad Madisch: Ja, ich glaube der Trick ist,was ich auch für mich rausgefunden habe,ist ja, man sagt ja immerso Learning aus Failureund ich finde aus Failure kannst du Resilienz lernen. Aber so richtig was draus lernen, würde ja bedeuten, dass die Entscheidung, die du getroffen hast, die dann zu dem Failure geführt hat, eine binäre Entscheidung war. Weißt du, das würde ja bedeuten, jetzt kannst du was draus lernen. Jetzt kannst du auf jeden Fall zurückgehen und sagen, jetzt war es nicht A, jetzt machst du einfach B. Aber wir wählen ja immer aus A, B, C, D, E, E, F, G. Es gibt tausend Möglichkeiten, wie man Dinge machen kann. Ich sage immer, wir müssen aus dem, wenn wir gewinnen, müssen wir reingucken, was haben wir da anders gemacht? Was war anders? Weil da hat es ja funktioniert. Da sind ja ganz viele Faktoren zusammengekommen. Das müssen wir analysieren. Und aus Fehlern können wir Widerstandsfähigkeit. Da gucken wir auf den Prozess. Haben wir den Prozess richtig gemacht? War der Prozess zu der Entscheidung gut? Weil das können wir verändern. Wir können aber jetzt nicht verändern, dass das jetzt nicht geklappt hat, weil entweder die Zeit war nicht die richtige, wie du vorhin richtig gesagt hast, oder es gab nicht das Geld oder was auch immer. Aber das macht es zu einfach, wenn man immer diesen Satz, ich höre es ja überall an jeder Ecke, man lernt aus Fehlern. Aber das ist halt meiner Meinung nach zu einfach gedacht, sondern man muss wirklich viel mehr investieren in, warum hat ResearchGate funktioniert die ersten fünf Jahre? Warum? Warum ist ResearchGate ein Erfolg gewesen? Es gab 40 Konkurrenten, die haben auch, sogar Peter Thiel, das vergessen ja viele Leute, hat in unseren Konkurrenten investiert, bevor er in ResearchGate investiert hat. Und dann hat er ja in uns investiert,nach dem Lab-Meeting hießen die damals,untergegangen ist. Man muss wirklich dannreingehen meiner Meinung nach und verstehen,wie haben die Erfolge funktioniert,wie ist das reproduzierbar,wie können wir die Prozesse wieder anpassen,dass manhäufigerin eine gute Situation kommt.

Joel Kaczmarek: Wie tickt denn Peter Thiel so? Also wenn ich mir den angucke,du hast vorhin gesagt,mit Cola hat man einen guten Ausgleichzwischen Empathie und Intelligenz. Ich habe festgestellt, Je höher Menschen auf der IQ-Ebene gehen, desto niedriger gehen manche von denen auf der EQ-Ebene. Also die werden irgendwie relativ stumpf. Das wird sehr sachlich. Da würde ich den ehrlich gesagt auch einschätzen. Ist das auch so dein Bild oder gib mal so eine eigene Beschreibung von dem.

Iljad Madisch: Ich muss ja sagen, ich habe ja Peter Thiel nur vor allem beim ersten Mal, als ich, du warst mal in einem Partners-Meeting und Luke Nosek, der sitzt ja bei uns im Aufsichtsrat, der auch Mitgründer von PayPal war. Und Peter kam ein bisschen später zum Partners-Meeting rein und dann hat er sich neben mich gesetzt und meinte, Ich habe drei Fragen an dich. Und hat dann die drei Fragen gestellt. Und dann nach den drei Fragen ist er wieder aufgestanden und hat dann zu Luke gesagt, I want to invest into this guy. It doesn't matter how much it costs. Und ist dann wieder rausgegangen. Ich hatte mit ihm wenig Kontakt. Ich hatte immer wieder mal Treffen. Ich war auch bei seiner Buchvorstellung damals bei ihm zu Hause. Dieses From Zero to One. Ich habe sehr viel mit Luke gearbeitet. Viel mehr. Und auch mit Brian Singerman, der jetzt auch Founders Fund mehr oder minder leitet. Also mehr er als minder. Und ich denke, dass umso höher man geht, wie das IQ-mäßig, glaube ich, versuchen diese Menschen, das versuche ich auch, häufig die Emotionen draußen zu lassen aus verschiedensten Konversationen. Das kommt manchmal sehr sachlich rüber, aber das finde ich eigentlich fair, weil Emotion ist halt häufig so eine Sache, die komplett irgendwie Sachen verdunkeln können oder falsch darstellen können. Und deswegen finde ich das manchmal ganz gut, wenn bestimmte Emotionen weggelassen werden. Erstmal, um einfach erstmal über die Sache selber zu sprechen. Und na klar, kreiert jede Sache auch emotionale Auswirkungen. Aber ich finde, diese Trennung ist, glaube ich, das ist schwer, diese Sachen zu trennen. Ich glaube, die Frage ist auch, wie gut kann man es wirklich trennen am Ende des Tages. Aber ich denke, umso sehe ich auch bei Matt, das ist selten emotional. Das ist häufig sehr klar formuliert. Pass auf, kannst du so machen, kannst du so machen, kannst du so machen. Das sind die Optionen. Lass uns noch mal eine Woche darüber reden. Erzähl mir, was dann rausgekommen ist und dann geht es weiter.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, du hast es mir schon mal gesagt, aber was waren die drei Fragen?

Iljad Madisch: Ganz ehrlich, ich kann mich nur an die dritte Frage erinnern. Das ist da das Problem. Ich habe eigentlich ein ganz gutes Gedächtnis, aber leider da erinnere ich mich an die dritte. Und da hat er gesagt, die dritte Frage war, welche Meinung hast du, mit der du regelmäßig mit anderen Menschen nicht übereinstimmst?

Joel Kaczmarek: Weißt du noch deine Antwort?

Iljad Madisch: Ja, weiß ich auch noch.

Joel Kaczmarek: Aber willst du nicht erzählen?

Iljad Madisch: Doch, kann ich erzählen. Dass eine offene Wissenschaftswelt das Konkurrenzdenken, trotz des Konkurrenzdenken, mehr Progress kreieren wird, wenn wir das schaffen, das hinzubekommen. Das glauben die meisten, die meisten denken, dass es, wenn es closed ist, mehr Konkurrenzdenken und dadurch mehr Progress gibt. Ich denke, mit mehr Offenheit gibt es mehr Progress.

Joel Kaczmarek: Für die Sensations-Gear der Zuhörenden noch, um den Bogen rund zu machen, ich schätze mal, es war ein ähnlicher Fall wie Peter Thiel, aber was waren so deine Berührungspunkte mit Bill Gates?

Iljad Madisch: Da hatte ich ein paar mehr Berührungspunkte. Der war ja auch bei uns hier im Büro, hatte bei einer Aufsichtsratssitzung mitgemacht. Also Bill Gates ist schon krass. Ich weiß noch, wie wir die Slides durchgegangen sind. Meinte dann irgendwann so, ja, geh nochmal fünf Slides zurück. Also er hat ein sehr, sehr gutes Gedächtnis. Und der kann richtig krass, das war damals, so Sachen kombinieren, die er sozusagen so sieht. Also du hast dann irgendwann so ein Systemdenken. Und ich glaube, das macht auch alle aus, wenn du diese Menschen dir anschaust. Die haben alle einen sehr Systemansatz und können dann sich runterdeklinieren auf den Einzelnen. Und das war schon bemerkenswert, das in Action zu sehen in einer Aufsichtsratssitzung. Aber das Team um Bill Gates herum ist halt auch einfach krass. Also ich arbeite da mit jemandem zusammen aus seinem Team, was einfach unglaublich ist, was man da für Input bekommt oder auch Möglichkeiten. Ja, das war ähnlich.

Joel Kaczmarek: Also das sind wahrscheinlich dann alles so Harvard, Sommer, Cum Laude. Ich habe die Schule in fünf Jahren gemacht, Kollegen.

Iljad Madisch: Ich muss mich mal fragen, ich weiß nicht, auf welcher Uni er war.

Joel Kaczmarek: Ich würde mal tippen, irgendwas aus der Ivy League. Gut, lieber Erhard, das soll es für heute gewesen sein. Also ich könnte mit dir noch eine Stunde weiterreden und vielleicht machen wir das ja auch. Würde mich sehr, sehr freuen. Also ich fände auch mal spannend, mit dir nochmal so in deine eigene Lebensführung einzutauchen. Und ich glaube, es gibt noch viele, viele andere spannende Aspekte. Aber für den Moment vielen, vielen Dank. Also es war ein großes Privileg, wie eigentlich immer mit dir. To be fair.

Outro: Danke dir. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.