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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, heute begehen wir Folge 2 rund um das Thema, welche Faktoren eigentlich hinter nachhaltigem Erfolg stecken. Und zwar habe ich dazu wieder Michael Ilgner zu Gast. Michael hat mich in der letzten Woche schon besucht und eine Formel für Erfolg geliefert und heute vertiefen wir diesen Gedanken, indem wir über fünf Mindsets für Erfolg sprechen. Und nochmal kurz zur Erinnerung, Michael war Leistungssportler und Olympionike im Bereich Wasserball und hat dem Stationen in der Strategieberatung als Chef der Deutschen Sporthilfe sowie als Personalvorstand der Deutschen Bank folgen lassen, ehe er Unternehmer und Investor wurde. Und aus diesen vier Karrieren hat er eine Analyse über die Faktoren hinter echtem Erfolg entwickelt, die er gerade auch in einem Buch zusammenfasst, das demnächst rauskommt. So, nachdem Folge 1 diese Faktoren, wie gesagt, in eine Formel für Erfolg gegossen hat, sprechen wir heute über die fünf Mindsets, die er bei extrem erfolgreichen SportlerInnen entdeckt hat und wie sich diese auf die Businesswelt übertragen lassen. Also Michael, schön, dass du wieder da bist und lass uns gleich in unsere erste Folge anknüpfen. Dort hast du die besagten fünf Mindsets schon mal erwähnt und bereits das erste auch angerissen, nämlich Be Yourself, No Compromises. Und ich meine, das mit dem Ich-Selbstsein ist ja in so vielen Bereichen zentral und gleichzeitig auch gar nicht so einfach, manchmal sich selbst zu entdecken. Was heißt das denn für dich?
Michael Ilgner: Also es heißt für mich und in jedem dieser Mindsets stecken natürlich auch immer Spannungsfelder, Dualitäten und man kann es immer mit Extrembeispielen wiederum auch anders ausreizen. Und oft ist ein Teil dessen Voraussetzung, um das wirklich zur Entfaltung zu bringen. Um es jetzt konkret zu machen, bei den Be Yourself No Compromises, das ist ganz entscheidend im Hochleistungssport wie im Geschäftsleben. kontinuierlich den Wettbewerb sich anzuschauen, sich inspirieren zu lassen, sich auch pushen zu lassen und plötzlich zu merken, lass uns mal nicht in unserem eigenen Saft schmoren, sondern sehen, und zwar nicht nur der Wettbewerb, sondern vielleicht natürlich auch Kunden. und was ist eigentlich da draußen gefragt. Also dieses kontinuierlich rausgehen und auf andere hören, ist eine Voraussetzung. Nur wer immer nur anderen hinterherläuft. Wer immer nur sagt, wir haben jetzt den Benchmark von den drei Wettbewerbern genommen und wir versuchen, den jetzt zu erreichen, wird dann zum Beispiel meistens feststellen, dann arbeitest du zwei Jahre, dann bist du an dem Benchmark und in der Zwischenzeit sind die, die in der Phase führend waren, als man diesen Benchmark gezogen hat, schon ganz weiter auf andere Felder gezogen, weil man es vielleicht verpasst hat, zu überlegen, was ist eigentlich unsere ureigensten Idee und unsere Stärke, unser Talent auch ein Stück weit und sich darauf... nicht alleine zu konzentrieren, aber da vor allem einen Schwerpunkt zu setzen. Und deswegen sage ich, die größten Sportler haben den größten Wettbewerber im eigenen Kopf und vor dem eigenen Spiegel. Denn sie wollen am Ende ihr eigenes Potenzial. Und darum geht es, glaube ich. Es geht ja nicht darum, jemand anderem etwas nachzumachen, sondern es geht darum, die eigenen Möglichkeiten dauerhaft bestmöglich in einer gesunden, ambitionierten Art und Weise zu nutzen. Und deswegen ist diese kontinuierliche Suche nach, Was ist meine Positionierung? Was ist meine Kernstärke? Was ist das, was mich besonders ausmacht? Entscheidend und wichtig. Und da sollte man auch nicht faul sein. Es kann natürlich leicht sein, gerade auch in der Geschäftswelt. Und auch das habe ich ein paar Mal erlebt, gerade wenn es zum Beispiel um Effizienzen, Kosten, Produkte geht. Dann ist ein anderes Unternehmen marktführend und man kriegt mit, die haben in dem und dem Prozess 20 Prozent kürzere Laufzeiten als wir. Aber wir wissen vielleicht gar nicht 100 Prozent, warum das so ist. Aber jetzt sind die die Marktführer und der Aufsichtsrat erwartet und dann machen wir jetzt mal ein Programm, um den Prozess zu beschleunigen. Und dann machen wir das. Zwei Jahre und dann sind wir irgendwie bei 99 Prozent und plötzlich sehen wir, die sind ja noch mal wieder weitergegangen bei der nächsten Veröffentlichung von Ergebnissen, weil sie in der Zwischenzeit vielleicht was ganz anderes entwickelt haben und haben dabei vielleicht übersehen, dass unsere Stärke vielleicht nie dieser Prozess war, aber dass unsere Kernkompetenz vielleicht in einem ganz anderen Aspekt des Produktes lag und wir in der Zwischenzeit versäumt haben, unsere Ressourcen auch da zu investieren. Und deswegen ist es ja, also niemand sollte... im eigenen Saft schmoren und sich nicht kontinuierlich stellen, dem Wettbewerb und inspirieren lassen. Aber über dem aus meiner Überzeugung muss am Ende eine Überzeugung stehen, was sind wir denn? Was ist unsere Strategie? Was ist unser Purpose? Deswegen ist, glaube ich, zu Recht auch dieser Begriff aktuell so relevant. Warum machen wir das Ganze? Weil damit auch eben die Motivation auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr stark beeinflusst werden kann.
Joel Kaczmarek: Aber es ist ganz spannend, weil du hast ja vollkommen recht, es ist ja im Prinzip ein ganzes System, was da ineinander greift. Ich denke gerade darüber nach, da bin ich ja lustigerweise eher in deiner Domäne, ich bin ja Formel-1-Fan und habe so überlegt, das ist ja ein Sport, da kannst du dich extrem gut vergleichen und kannst gucken, auch in Aufzeichnungen, Videoaufzeichnungen, Daten, alles da, wie ist der andere um die Kurve gefahren, welchen Scheitelpunkt hat der genommen, welchen Winkel und so weiter und so fort. Und dann kannst du natürlich versuchen, dem nachzufahren, aber... Das sieht man als Laie ja nicht so. Jeder Fahrer hat ja aber einen komplett eigenen Fahrstil. Also der eine fährt mehr über die Vorderachse, der andere mehr über die Hinterachse, der andere arbeitet mehr mit dem Gas, der dritte mehr mit der Bremse und so weiter und so fort. Also Introspektion versus Extroverspektion. Wenn ich mir andere angucke, muss ich natürlich immer wieder den Benchmark machen. A, was du auch schon gesagt hast, meine Stärken angucken, wie ich die verbessern kann. Und wenn ich sehe, jemand anders ist irgendwo stärker als ich, dann muss ich das ja auf mein System übertragen. Das heißt, du kannst ja nicht überschreiben, wenn mein Purpose ein ganz anderer ist, wenn unsere Stärken ganz andere sind, kannst du ja nicht einfach nachmachen. Also es ist echt ganz spannend.
Michael Ilgner: Ein sehr gutes Beispiel. Also finde ich super übertragen, genau diesen Punkt. Formel 1 finde ich auch deshalb dafür spannend, weil es eben so vielschichtig ist, weil es eben so viel unterschiedliche auch technische Aspekte gibt. Auch die Kombination Maschine, Mensch. Das kannst du ja auch nicht programmieren. Der eine hat halt mehr die Fähigkeit zu reagieren, der andere hat ein anderes Gefühl für die Kurve, der dritte hat eine andere Risikobereitschaft. Wie überträgt sich das jetzt auf die Stärke in unserer Technik? Also finde ich ein super spannendes Beispiel für dieses Thema.
Joel Kaczmarek: Und jetzt noch ganz kurz eine Nachfrage zu dem No Compromises. Was ist damit genau gemeint?
Michael Ilgner: Damit ist eigentlich das gemeint, dass man eben nicht den Fehler machen soll, den Benchmarks hinterherzulaufen und nicht den Fehler machen soll, andere mehr zu kopieren, als das Selbstvertrauen zu haben, zu sagen, ich bin in dem Feld vielleicht nicht so gut wie Joel, aber ich habe meine ganz eigene Stärke und darin vertraue ich und da mache ich keine Kompromisse, weil sonst verliere ich mich. Sonst laufe ich ständig irgendjemand anderem oder einer anderen Sache hinterher. Und da sollte man keine Kompromisse machen, aus meiner Sicht.
Joel Kaczmarek: So, Michael, jetzt haben wir dein erstes Mindset kennengelernt. Was ist denn das zweite?
Michael Ilgner: Das zweite hat ein bisschen was mit dem Thema Training zu tun, das wir vorhin hatten oder schon. Ist aber auch nochmal im übertragenen Sinne gemeint, weil es ja nicht nur darum geht, Training und auch Fleiß zu bringen, sondern auch kontinuierlich auch zum Beispiel im Unternehmen zu führen. Und ich nenne es Be Relentless But Smart. Und das ist die Fähigkeit, sich gerade nach... nach vielleicht einer schwierigen Phase nochmal zu motivieren. Das ist die Fähigkeit, nochmal eine extra Runde zu drehen. Ich habe das in einem frühen Beratungsprojekt, es war ein globales Beratungsprojekt, eines der größten für die Unternehmensberatung, in der ich damals war, eine amerikanische internationale Unternehmensberatung. Ein Riesenprojekt, eine Riesenchance. Und ich war Associate, oder Associate hieß es damals, Analyst quasi. Und wir haben dann im Detail gearbeitet. haben ein super Ergebnis erzielt und dann kam keine große Vorstandspräsentation, sondern mussten wir das erstmal unserem Projektleiter vorlegen und der hat dann irgendwie was zu mäkeln gehabt. und dann kam als nächster Schritt irgendwie der Mitglied der Geschäftsleitung und dann kam der Juniorpartner und dann kam noch der Seniorpartner aus den USA eingeflogen. und von der Version 2, die wir hatten, die ich dachte, ist eigentlich schon perfekt, war es dann am Ende die Version 17, die dann in diese Vorstandspräsentation gegangen ist und in jedem Schritt habe ich gedacht, jetzt übertreiben sie es aber. kommt der nochmal und der ist jetzt noch eine Nachkommastelle und so weiter. Aber diese Haltung hat am Ende dazu geführt, dass wirklich die Essenz so ausgekocht wurde, dass dann auf zwei Seiten so viel auch gut dargestellte Dichte war. Und wenn ich dann so ein 72 nebeneinander gelegt habe, habe ich gesagt, ja, ich könnte jetzt argumentieren, das ist eigentlich genau das Gleiche. Aber diese Haltung, dieses unnachgiebige, warte mal, lass uns doch mal überlegen, was genau ist jetzt genau der Punkt? Erklär mir doch mal den Punkt. Ist es jetzt gut genug dargestellt? Haben wir da noch eine Alternative, das darzustellen? Und diese Haltung, die ist, deswegen ist es mehr eine Haltungsfrage in dem Kontext, als nur eine Fleißfrage. Und diese Haltung zu haben, auch so lange an meiner Verbesserung arbeiten zu wollen, Das meine ich damit. Und but smart, da sind wir auch bei dem Punkt. Ich habe auch Phasen erlebt im Berufsleben, wo es auch mal erforderlich war, eine Nacht durchzuarbeiten und würde das nie glorifizieren. Aber ehrlicherweise mit ein bisschen Abstand waren das gar nicht so uncool Erfahrungen, weil das meistens mit außergewöhnlichen Herausforderungen zu tun hatte und man hinterher irgendwie sagt, irgendwie war es auch cool. Aber wer ständig sowas macht, der wird seine Leistungsfähigkeit komplett verlieren. Also wer es auch nicht schafft, dann irgendwann mal nach Version 17 zu sagen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Jetzt haben wir oft genug gedreht, aber jetzt müssen wir das zum Beispiel eins weitergeben. Oder jetzt müssen wir uns auch mal ausruhen, um am nächsten Tag auch gut präsentieren zu können. Und es ist diese Kombination, dieser unnachgiebige Wille, nicht locker zu lassen, bis man nicht die absolute Überzeugung hat, ich habe alles dafür getan, das Beste hinzubringen. Trotzdem die Souveränität und Fähigkeit zu besitzen, das zu balancieren und sich nicht kaputt zu machen daran. Das meine ich mit dieser zweiten Haltung.
Joel Kaczmarek: Ich denke jetzt gerade an den Ermüdungsbruch, von dem du vorhin gesprochen hast. Also wenn man sich übertrainiert, wenn man es irgendwie übertreibt, was würdest du denn sagen? Was sind denn Indikatoren, woran ich erkenne, dass dieses, was du gerade beschrieben hast, dieser Extrameter langsam zur Extrameile wird und dadurch vielleicht zu lang. Also dass es dann nicht noch die 47. Version braucht, der Präsentation.
Michael Ilgner: Müdigkeit, mangelnde Motivation, Gereiztheit, genervt sein von, da kommt schon wieder jemand. Das sind aus meiner Sicht, sagen wir mal, eher im Geschäftsleben jetzt Indikatoren, dass man auch einfach keine Freude mehr daran hat. Und entscheidende Phasen sind selten allein mit Freude verbunden und oft mit natürlich auch einer gewissen Härte gegen sich selbst. Aber dass man Indikatoren dafür spürt, dass irgendwie, ich will irgendwie auch nicht mehr so richtig. Dann kann es oft der richtige Zeitpunkt sein, sich nochmal zu hinterfragen, stecke ich hier viel Aufwand in eine Sache, die vielleicht gar nicht, und da bin ich dann wieder, deswegen be yourself. Also die Frage. Warum mache ich etwas und was will ich überhaupt machen? Wenn die schlecht eingestellt ist, dann führt natürlich auch jedes Talent, jedes Training, aber auch jede Unnachgiebigkeit am Ende nicht zum optimalen Ergebnis. Und ich glaube, ein Indikator, der das überschreibt, ist wahrscheinlich, wenn man so eine Art Frust, Unlust, ich mache es jetzt nur noch, weil ich es machen muss, da sind wir ein bisschen bei dem negativen Motivator, Trägheit im Prinzip. Wenn das mehr und mehr greift, glaube ich, dann ist das ein Indikator dafür.
Joel Kaczmarek: Vielleicht werde ich jetzt ein bisschen nitty-gritty, aber was ist denn der Unterschied zwischen ich habe Frust, weil es zu viel wird, weil die Extrameile, wie gesagt, gegeben ist, statt dem Extrameter, versus ich brauche ein bisschen Härte für mich selbst, um quasi in Exzellenz zu kommen, weil dieser Fleißfaktor ist ja schon wichtig. Weißt du, was ich meine? Also, woher weiß ich, dass es keine Faulheit ist, die mich da gerade bremst?
Michael Ilgner: Das kann dir keiner abschließend und für alle gleichgültig sagen. Das muss jeder für sich selbst ein Stück weit herausfinden. Das ist in Organisationen ja oft auch nicht unbedingt eine Sache, die ich ganz allein entscheiden kann. Wenn es heißt, es bleiben alle bis zehn sitzen und arbeiten an der Präsentation, dann sind deine eigenen Möglichkeiten etwas beschränkt. Oder wenn dir dein Chef sagt, nee, ich brauche aber bis morgen eine neue Version, dann kann ich mich darüber ärgern und sagen, der hat keine Ahnung. Aber in den meisten Fällen werde ich keine Alternative haben dazu zu versuchen, trotz Frust einfach nochmal eine extra Runde zu drehen. Also ich glaube, es gibt dafür keine einfachen Antworten, sondern es muss jeder natürlich auch wieder ein Stück weit für sich selbst herausfinden.
Joel Kaczmarek: Gut. Jetzt haben wir ja auch schon mal gelernt, dass deine Mindsets auch miteinander verbunden sind. Also sie sind auch quasi interdependent. Und jetzt bin ich ja mal neugierig, was ist denn das dritte Mindset?
Michael Ilgner: Das dritte Mindset ist, Niederlagen sind die beste Lernoption. Defeat accelerates your improvement, nenne ich es im Englischen. Und ich muss dazu sagen, dass kein Mensch, natürlich insbesondere ambitionierte Menschen, gerne verlieren. Also auch ich persönlich, ich hasse Niederlagen. Ich will gewinnen, um jeden Preis. Ich habe aber auch schon ein paar Niederlagen erlebt, oder ich habe auch schon viele Niederlagen erlebt. Und ich weiß, dass ich eigentlich aus jeder Niederlage am Ende des Tages noch besser geworden bin, weil ich mich dann noch mehr gefragt habe, War ich vielleicht sogar im falschen Wettkampf? Habe mein Talent falsch angewendet? Was kann ich noch besser machen? Aber auch das Gefühl, diese Niederlage nicht nochmal erleben zu müssen, habe ich nochmal ein Stück tiefer gegraben. Und in der Geschäftswelt gibt es ja Situationen, wo man in Vorstandssitzungen, Geschäftsführungssitzungen geht oder in einem Budgetprozess und irgendwann sind die Ressourcen erschöpft und man geht rein und manchmal hat man einfach Glück, dass alle sagen, okay, machen wir so. Aber manchmal kann es eben auch sein, dass es dann heißt, warte mal, da ist ja bei dies und das und da wird dein Konzept abgeschmettert und monatelange Arbeit scheint umsonst zu sein. Und vielleicht hat der eine oder andere dann auch die Erfahrung gemacht, dass das oft der entscheidende Impuls war, um das, was man vorher vielleicht gar nicht so richtig sehen wollte, gedacht, ich habe einfach keine Lust mehr, da jetzt nochmal zu fragen, haben wir damit wirklich den Wettbewerb optimal adressiert oder unsere Ressourcen ausgereizt oder eine wichtige Frage noch nicht beantwortet. Durch diese Impulse ist man manchmal gezwungen oder man ist dann gezwungen, nochmal zurückzugehen und wird meistens dann hinterher nochmal ein Stückchen besser. Und deswegen ist dieses Annehmen von Niederlagen eigentlich die beste Möglichkeit, noch besser zu werden. Es gibt diese 15-Sekunden-Regel von Roger Federer. der übrigens bei einer ganz bekannten Rede bei einer Graduation in den USA mal gesagt hat, ich habe 80 oder 90 Prozent meiner Matches gewonnen, ich habe aber nur 54 Prozent meiner Punkte gewonnen. Das heißt, der beste lange Zeit mit Tennisspieler der Welt, wenn der sich jedes Mal über eine Niederlage oder einen verlorenen Punkt ärgern würde, dann wäre er nie der Beste der Welt geworden. Und dann hat er für sich die 15-Sekunden-Regel gefasst, wenn ich einen Ball verschlagen habe oder verloren habe, dann... Einfach gesagt gibt es 15 Sekunden. Die ersten fünf gehen darüber, dass ich mich darüber ärgere, dass ich den Ball verschlagen habe oder den Winner nicht ändern konnte. Die zweiten gehen damit einher, dass ich überlege, was kann ich eigentlich besser machen. Und die dritten fünf freue ich mich einfach, dass ich Tennis spiele. Und deswegen diese Fähigkeit, Niederlagen, Versäumnisse, verlorene Punkte zu übertragen in Mist, aber was kann ich denn jetzt noch besser machen. Das ist mit der beste Quell für dauerhafte Fortentwicklung aus meiner Sicht.
Joel Kaczmarek: Wenn wir ehrlich sind, aus Niederlagen lernt man ja auch viel mehr als aus Gewinnen. Also wenn du gewinnst, weißt du ja oft gar nicht, was es war, während du bei einer Niederlage...
Michael Ilgner: Mein Englischlehrer hat immer gesagt, der Mensch ist von Natur aus faul. Und ich weiß nicht, ob ich ihm da uneingeschränkt zustimme, aber natürlich wollen wir alle, wir wollen nicht verlieren. Wir finden es viel schöner, wenn wir ständig gewinnen und es nicht wehtut. Aber wenn es weh tut, führt das eben dazu, was anders zu machen, mehr zu machen, das nicht mehr zu wollen. Und deswegen stimme ich dir 100% zu. Du lernst daraus sehr viel weniger. Und manchmal hast du Glück, dass einfach Gewinnerphasen ewig lang andauern, was einfach ein schönes Gefühl ist. Aber immer in der Retro-Perspektive muss man sagen, gelernt habe ich am meisten aus Niederlagen.
Joel Kaczmarek: Hast du noch einen abschließenden Tipp zu dem Punkt? Du bist ja jetzt auch Investor, also wenn du in Teams investierst, hast du ja auch eine Aufgabe, nämlich, wenn du da jemanden hast, der sich mit Niederlagen schwer tut, der dann so die Vogelstrauß-Taktik anwendet, Kopf in Sand, der irgendwie sich so, ja, kennt man ja, Niederlagen badet, wie du denen vom Mindset her gedreht kriegst? Also hast du für dich so einen Pattern gefunden, wie man Niederlagen besser annehmen und in Lerneffekt kommen kann?
Michael Ilgner: Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen, würde sagen, deshalb habe ich so viel Freude daran, jetzt auch mehr im Unternehmertum, im Startup, aber teilweise auch im etablierten Bereich zu arbeiten, weil zum Beispiel ein Unterschied zwischen Hochleistungssport und gerade dem Unternehmertum, gerade aber auch der Startup-Szene ist aus meiner Sicht dieses Minimum Viable Product denke. Diese, ich gehe mal raus, probiere mal was, lass mir Feedback geben und passe dann wieder an. Die findest du im Hochleistungssport zum Beispiel relativ selten. Da findest du eher den Perfektionisten. Natürlich kannst du mal in einem Spiel plötzlich irgendeinen Schuss ausprobieren oder sowas, aber meistens hast du es davor monatelang, jahrelang trainiert. Und meistens machst du genau das, was du nahezu zur Perfektion trainiert hast. Aber dieses Adaptieren, dieses Ah, das hat jetzt nicht geklappt. Okay, was heißt denn das? Wollen wir da mal was anpassen? Und deswegen finde ich es gerade so erfüllend, in dem Bereich mit Menschen und die dann wieder, Mindset Nummer eins, genau wissen, warum sie das eigentlich tun und eine Überzeugung haben, dass das Grundprodukt oder die Grundidee etwas ist, was sie unbedingt verfolgen wollen, aber dabei eben bereit sind zu sagen, okay, aber ich habe gedacht, dass das eigentlich den Nerv des Marktes treffen wird. Wir haben gedacht, wir verkaufen 10.000 Stück, es sind irgendwie 500 rausgekommen. Jo, müssen wir jetzt mal schnell draus lernen. Müssen wir mal was anpassen und müssen was neu machen. Und ich mache sogar eher die Erfahrung, dass, natürlich bin ich total biased, aber ich habe das große Freude und Ehre, mit nur super Typen, Unternehmerinnen und Unternehmern zusammenzuarbeiten, die einfach wahnsinnig erfolgreich sind. Nein, aber die eben auch deshalb erfolgreich sind, weil sie so eine positive Haltung zur Adaption haben. Und deswegen würde ich sagen, dass gerade im Unternehmertum das etwas ist, was vielleicht sogar noch mehr ausgeprägt ist oder anders. mehr ausgeprägt ist als beim Sportler, weil es eben mehr mit diesem, Amazon hat. vor 30 Jahren, glaube ich, eine der Hauptgrundsätze war Willingness to Fail. Diese Bereitschaft, schnell zu fallen, aufzustehen und eins weiterzumachen, ist anders als im Sport, aber gerade im Unternehmertum oft sogar noch anders oder vielleicht besser, ist nicht der richtige Ausdruck, aber intensiver ausgeprägt. Ein bisschen anders verhält sich das zum Beispiel in Großkonzernen, die eben oft auch davon abhängen, Stabilität zu beweisen in Quartalszahlen, in Verantwortung für viele tausend, wenn nicht hunderttausend Mitarbeiter, Strukturen und so weiter. Da ist dieses Fallen, Anpassen, Weitermachen natürlich auch wichtig in der Produktentwicklung. Aber das sind dann halt eher Tanker und das andere sind halt eher Schnellboote. Und das eine funktioniert für den einen Purpose und das andere für den anderen Purpose mehr.
Joel Kaczmarek: Spannend. So, dein viertes Mindset, das weiß ich nämlich schon, weil ich das spannend finde, das dreht sich um Druck. Erzähl mehr.
Michael Ilgner: Ja, das vierte Mindset nenne ich Pressure is your Privilege. Und das kann man natürlich, wenn wir vielleicht auch diskutieren, auch sehr kontrovers diskutieren. Und wir reden vielleicht, damit kann man das ein bisschen schon mal vorwegnehmen. Wir reden hier ja über die Frage, wie kann ich... Bestimmt eigenverantwortlich mit dem Ziel, Höchstleistungen zu erzielen vom Sportlernen. Ich habe höchsten Respekt vor Menschen, die in existenziellen schwierigen Situationen sind. Wenn die Druck haben, ist das völlig unangebracht und nicht der richtige Punkt. Aber die Frage, wenn ich jetzt glücklicherweise die Möglichkeit habe, im Sport oder im Unternehmertum zu gestalten, vorne mitzuspielen, dann ist es ganz spannend zu beobachten. Elfmeterschießen, schaut euch die... Leute an, die dann zum entscheidenden Zeitpunkt an den Punkt gehen und oftmals schaust du in die Gesichter und hast so ein Gespür, okay, diejenige, die hat jetzt richtig Angst, das Ding zu versemmeln und will eigentlich am liebsten gar nicht schießen. und jene wiederum, die tritt da mit einer Selbstvertrauen, geht die da schon zu dem Ball und du weißt einfach, die findet es cool, dass sie jetzt eine Entscheidung treffen kann und die haut das Ding jetzt rein. Und wenn man das mal gehört hat und nachdem ich das formuliert hatte, ist natürlich immer so, die subjektive Wahrnehmung habe ich dann oft in Interviews. Wenn es um Situationen im Sport kam, hat dann der Reporter gefragt, ja, es ist jetzt hier eine ganz entscheidende Situation, du hast jetzt so viel Druck, wie würdest du als Experte denn? Und dann antworten erfolgreiche Spitzensportler oft, dass sie sagen, naja, das ist das, warum wir das machen. Also das ist der Grund. Das ist das Privileg, das wir uns über Jahre lang erarbeiten, dass wir im WM-Finale, im Olympischen Finale oder bei der Deutschen Meisterschaft oder wie auch immer im entscheidenden Augenblick den Unterschied machen können und in der Lage sind, dann, wenn es darauf ankommt, uns zu beweisen. Und wenn man Druck als Privileg begreift und nicht als Negatives, dann ist man aus meiner Sicht eben sehr viel mehr in der Lage, nicht immer gefeit davor, auch mal Angst in der Situation zu haben, aber dann... Wenn man diese Grundhaltung hat, dann ist man sehr viel mehr in der Lage, in der Situation auch sein Bestmögliches an den Start zu bringen. Und darum geht es ja am Ende des Tages. Es geht ja darum, in der Drucksituation kann dann auch mal so sein, im Sport ist der Gegner besser oder es funktioniert im Geschäftsleben irgendwas trotzdem nicht. Aber es geht ja darum, hinterher sagen zu können, habe ich mein Bestmögliches eingebracht. Und wenn ich den Druck nicht als Privileg, sondern als negative Energie wahrnehme. dann werde ich mir selbst das Potenzial wegnehmen, so erfolgreich wie möglich zu sein.
Joel Kaczmarek: Ja, da verstehe ich auch, warum du es Mindset nennst, weil es ist eigentlich eine Wahrnehmungssache, dass du nicht quasi von dem Risiko aufs Risiko schaust, was könnte passieren für einen Negativeffekt, sondern dass du quasi den Druck viel mehr als ein System von erfolgreicher Arbeit betrachtest. Also dass das, was ich da quasi verspüre, die Belohnung dafür ist, dass ich hart gearbeitet habe. Ich bin nur hier, weil ich was geleistet habe. Und wo es von hier aus hingeht, ist sozusagen meine Wahl.
Michael Ilgner: Genau, auf einer meiner Keynotes steht dann irgendwie der Untersatz, you've earned the pressure, now own it. Also das ist genau der Punkt. Du hast dir das so hart erarbeitet, diesen Druck zu haben. Und bei einer Präsentation oder Keynote vor einer großen Mannschaft, eine Führungsmannschaft, die in einer Restrukturierungsphase waren, habe ich auch gesagt, ich weiß, es ist eine verdammt schwierige Phase, in der ihr gerade seid und es wird viel von euch erwartet. Aber ihr seid die Top 100 oder 150 Führungskräfte, die jetzt die Entscheidungen treffen dürfen, wie es mit dieser Firma weitergeht. Was sollen denn erst die sagen, die heute nicht hier drin sitzen, die sozusagen davon abhängen, dass ihr die Entscheidungen zu treffen habt? Und auch aus Respekt denjenigen gegenüber solltet ihr bei aller Unwohlsein und Angst oder Respekt oder Unsicherheit doch froh sein, schaut mal 20 Jahre in eurem Berufsleben zurück, da hättet ihr vielleicht nicht vermutet, dass ihr jetzt in diesem Raum sitzt und wichtige Entscheidungen in den nächsten drei, vier Wochen treffen dürft. Je mehr ihr diese Grundhaltung annehmt, dass es ein Privileg ist, umso mehr glaube ich, werdet ihr auch mutig die Entscheidungen treffen, die gerade auch mittellangfristig für ein Unternehmen das Richtige sind, weil manchmal neigt man dann ja in solchen Drucksituationen dazu, eine Entscheidung zu treffen, die kurzfristig vielleicht irgendwie etwas heilt. Aber man hat Sorge davon, ob das was mit langfristig das Richtige ist, weil das vielleicht nochmal mit dem bisschen Wildwasser in den nächsten Wochen zusammenhängt. Das will man vielleicht eher vermeiden. Und wenn man den Druck aber eher als Privileg annimmt, um wirklich langfristig etwas erfolgreich zu gestalten, dann glaube ich, ist man sehr viel mehr in der Lage, das beste Potenzial auszuschöpfen.
Joel Kaczmarek: Cool. So, wenn ich mich nicht verzählt habe, ein letztes Mindset fehlt noch.
Michael Ilgner: Ja, ich nenne das Sing when you win and next. Oder sing when you win, Gedankenpause and next. Das ist es eigentlich. Und was will ich damit sagen? Ich war selbst im Sport davon geprägt, ich hatte irgendwann diese Vision, ich will zu Olympischen spielen. Und das ist natürlich am Anfang ganz weit weg, wenn du anfängst. Und dann denkst du, Mensch, es wäre cool, wenn ich in den Bundesliga-Verein käme. Und dann denkst du, es wäre cool, wenn ich einmal zur Jugendnationalmannschaft eingeladen wäre. werde und motivierst dich oft wochenlang nur mit diesem einen Ziel. Einmal die Nationalhymne am Beckenrand hören, einmal eine WM zu spielen und so weiter. Und denkst dann oft in den Wochen, in den harten Trainingseinheiten vorher, wenn ich das schon hätte, wäre ich eigentlich schon happy. Und dann erreichst du das. und in dem Augenblick bist du, und das ist richtig so, bist du schon beim nächsten oder vielleicht sogar schon beim übernächsten Ziel und bist überhaupt nicht im Moment und realisierst gar nicht, dass du dich vielleicht monatelang damit motiviert hast. Du wirst vielleicht irgendwann gedacht haben, wenn ich einmal ein Podcast hinkriege, eine Serie, das wäre so cool. Und hast du den aufgesetzt, bist du schon dabei, denkst du, ich habe eigentlich schon zwei weitere Ideen. Und dieser Motor, dieses kontinuierlich weitergehen, glaube ich, das trennt ein bisschen die Spreu vom Weizen und ist ein sehr guter innerer Motor, um auch andere zu inspirieren und mitzureißen. Komma aber. Ich kenne auch ganz viele, gerade Spitzensportler, die sagen, ich habe eigentlich nur einen Fehler in meiner Karriere gemacht. Ich habe in den drei, vier größten Momenten nicht einfach nochmal ein Stückchen mehr innegehalten und das genossen. Das heißt nicht, dass ich vier Wochen lang Party gehen muss und meinen ganzen Körper wieder ruinieren muss, sondern das heißt, einfach nochmal zu realisieren, vielleicht auch nochmal mit Freunden, mit dem Team zu feiern oder einfach nochmal sich bewusst zu machen, wie weit war eigentlich der Weg von da bis hierhin. um damit auch Kraft zu schöpfen für die nächsten Aufgaben, die vor einem liegen. Und deswegen plädiere ich nicht dafür, nach jedem kleinen Erfolg gleich zu tun, als ob man die Welt erobert hätte. Und ich plädiere auch nicht dafür, diesen inneren Motor zu ignorieren oder abzuschaffen oder gar als negativ zu bezeichnen, dass man immer weiter will. Aber es ist die Kombination, deswegen sing when you win, Gedankenpause and next. Und wenn man das gemacht hat, dann auf zum Nächsten und dann wieder einen draufsetzen.
Joel Kaczmarek: Ja, ich verstehe das gut, weil ich habe irgendwie einen Unternehmerfreund, der sagte, ja, weißt du, als damals unsere Agentur irgendwie neu war, haben wir den ersten 30.000 Euro Auftrag oder 10.000 Euro Auftrag von einem regionalen Kunden richtig gefeiert. Da haben wir abends den Sektor aufgemacht. Beim zweiten haben wir es auch noch gemacht. Beim vierten hat da eigentlich gar keiner mehr drüber geredet. Und ich finde, es hat so eine Depressionsfähigkeit, die man aus sowas ziehen kann, wenn du nur noch hustlest und nur noch am Hamsterrad bist und nur noch dem nächsten Ziel hinterher rennst, aber keins mehr genießt. Also es ist, glaube ich, ganz gut, was du gerade beschrieben hast, diesen Mix zu haben, zu zelebrieren, wenn dir ein durchschlagender Erfolg gelungen ist und trotzdem sozusagen ambitioniert zu sein und zu gucken, ich gucke trotzdem aufs Nächste. Es gibt ja einen Marschplan sozusagen. Also, wir rekapitulieren noch mal ganz kurz. Wir hatten deine Erfolgsfaktoren, Talent, Training und Mindset. Jetzt haben wir über fünf Mindsets gesprochen, nämlich Be yourself, no compromises, be relentless, but smart. Niederlagen sind die besten Lernoptionen. Pressure is your privilege. Und Erfolge feiern und das Nächste annehmen. Was würdest du denn sagen, was sind denn so Unterschiede, die du vielleicht auch von der Sportwelt zur Businesswelt gesehen hast? Weil da habe ich drüber nachgedacht, das wäre eigentlich auch mal ganz interessant. Wir vergleichen die immer so und gucken aber immer nur auf die Nähe und nicht auf die Ferne. Was nimmst du denn anders wahr?
Michael Ilgner: Ja, es gibt schon ein paar sehr grundsätzliche Unterschiede. Also mal damit angefangen, dass du als Sportler ja keine Alternativen hast. Und du hast einen sehr beschränkten Karrierezeitraum. Also du weißt, du hast vielleicht ein oder maximal zwei, möglicherweise vielleicht sogar noch mehr, aber im Schnitt olympische Spiele, an denen du teilnehmen kannst, wenn du es schaffst. Und danach ist deine Karriere auch vorbei, weil du einfach zu alt bist. Und du kannst auch nicht einfach vom... Kanu-Rennsport zum Rudern wechseln. Das geht nicht. Das wirst du nicht schaffen, um dann nochmal in die Weltklasse zu kommen. Also du bist im Prinzip in einem endlichen Prozess und es ist auch auf eine gewisse Art und Weise der zweite Punkt. Ein Nullsummenspiel. Denn du erzielst ein Stück weit deine Erfolge ja im Wettbewerb gegen andere und es gibt eine Form von Rangliste. Und um jetzt mal eine der schlimmsten Gefahren für den Sport oder die Hauptgefahr Doping oder irregulärer Wettbewerb auch nochmal zu zeigen, warum es eigentlich Schwachsinn ist. Wenn alle dopen, dann ändert das ja nichts. Also dann wird nur die Gesundheit von allen zerstört. Und das Vertrauen noch vom Außenstehenden missbraucht. Aber am Ende ist es ein Nullsummenspiel, weil wenn alle das gleich machen. In der Wirtschaft oder im Unternehmertum hast du ständig die Möglichkeit, auch neue Bereiche zu finden. Du kannst dich mehr ausprobieren. Du kannst auch eine Karriere mit 35, 45, 55 dem nochmal einen großen Shift geben. Du kannst auch unternehmerisch nochmal was angehen, was du vorher nicht gemacht hast. Du kannst auch, das hatten wir vorhin schon mal. glaube ich, sehr viel mehr experimentieren, anpassen, versuchen, einfach mal was auszuprobieren und daraus Neues lernen. Und ich glaube, das ist schon mal so. ein erster grundlegender Unterschied. Und zu dem Thema Nullsummenspiel, du kannst auch Dinge dir abschauen und sie kopieren und damit einen ganz eigenen Bedarf schaffen. Du kannst deinen eigenen Markt schaffen, ohne dass du irgendjemandem was wegnimmst. Und deswegen ist es, glaube ich, die Bereitschaft, Neugier zu nutzen, um ständig Neues zu gestalten. Deswegen bin ich so froh über die Möglichkeiten, nach der sportlichen Karriere zu merken, dass das Leben da draußen viel facettenreicher ist, viel vielschichtiger ist. Es ist auf der anderen Seite, und das kann Fluch wie Segen sein, nicht im Ansatz so fair messbar wie im Sport. Im Sport gibt es eine Regel. Ein Wettkampf, ein Schiedsrichter und ein Ergebnis. Wer hat sich nicht schon mal im Berufsleben völlig unfair, falsch behandelt gesehen und musste trotzdem damit klarkommen, weil es keinen Schiedsrichter gab, der sagt, da haben sie dir aber ordentlich einen eingeschenkt und du hast ja gar nichts dafür getan. Das ist auf der einen Seite im Sport dann einfacher, auf der anderen Seite ist es... dann auch einfach so, dass du im Berufsleben ja auch die andere Seite hast. Manchmal gelingen einem auch Erfolge, wo man denkt, da habe ich jetzt ehrlicherweise gar nicht so viel für getan, aber gut, dann ist es halt so. Ich war halt zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Das wirst du im Sport sehr viel weniger erleben.
Joel Kaczmarek: Ich bin ja ein bisschen beruhigt. Also in der Businesswelt dann sozusagen im Großen und Ganzen hat man noch mehr Beweglichkeit dann. Vielleicht letzte Frage, so zum Abschluss. Jetzt haben wir über die Erfolgsfaktoren gesprochen. Es gibt noch einen oder so ein Doppelpack, von dem ich glaube, dass es auch noch dazu gehört. Aber wäre mal interessant, deinen Blick darauf zu hören. Und das ist nämlich Glück und Timing. Weil wie oft hat man die Situation, dass man die drei Dinge mitbringt, Talent, Training, Mindset und trotzdem klappt es nicht. Was ist so deine Wahrnehmung zu den beiden?
Michael Ilgner: Ja, ich lerne an diesem Feld noch. Also ich wehre mich auch in Gesprächen mit Verfechtern der Theorie immer mal wieder gegen das Thema Glück und Timing. Muss aber eingestehen, dass es ein Faktor ist, gar keine Frage. Ich glaube wiederum auf der anderen Seite, wenn du die drei Faktoren berücksichtigst, dann nach dem Gesetz der großen Zahlen oder wie auch immer man es begründen will, kannst du schon zum hohen Maße deines eigenen Schicksals Schmied sein und kannst, glaube ich, auch Dinge erzwingen. Aber manchmal ist einfach Timing und Schicksal ganz entscheidend. letztes Jahr eine Situation erlebt, da habe ich aus dem Impuls heraus gesagt, ich schreibe den mal wieder an, ob der sich treffen will und daraus hat sich was entwickelt, was heute einen Großteil meiner unternehmerischen Möglichkeiten ausmacht, nur weil ich irgendwie in dem Augenblick den Impuls hatte. und jetzt im Nachgang habe ich noch, wenn ich damals nicht geschrieben hätte, das hätte sich ja alles, das wäre ja nie mit dem zusammengekommen, mit dem Unternehmen und jetzt im Nachgang, das ist irgendwie, also Auf der anderen Seite glaube ich, wenn man diese Offenheit hat und immer wieder dran bleibt, offen zu sein, die Lernkurve steil zu halten, dann wird es auch verpasste Chancen und verpasstes Timing geben. Aber dann wirst du auch daraus, dass du Sachen absagst, merken, es kommen auch immer wieder vielleicht sogar noch viel bessere neue Möglichkeiten dazu. Wenn du nicht einfach so jeder Sache hinterher rennst, zum Beispiel, um mal ein Beispiel zu nennen zum Thema Timing und Glück, sondern auch die Souveränität zu haben, nee, auf den Zug muss ich jetzt vielleicht mal nicht aufspringen. Ich fühle es irgendwie nicht so 100 Prozent, um in der Sprache meiner Kinder zu sprechen. Ich fühle es jetzt gerade nicht so, ich mache das jetzt nicht. Vielleicht war es auch Pech, dass ich das nicht gemacht habe oder nicht das richtige Timing. Aber es gibt ja diesen sehr oft verwendeten Spruch, geht eine Tür zu, geht eine andere auf. Wenn das Glück und das Timing es eben gerade nicht für die Variante A spricht, dann ist eben das wiederum zusätzliche Glück, dass du dafür Kapazität für Variante B hast. Und insofern würde ich sagen, ja, spielt eine Rolle. Aber vielleicht ist das der Punkt, was mich stört. Ich glaube, ich bin kein Anhänger davon, es darauf zu schieben. Im Positiven wie im Negativen. Zu sagen, der hat aber Glück gehabt oder der hat aber Pech gehabt oder ich habe einfach Pech gehabt. Ja, es gibt Phasen, Da ist einfach Mist gelaufen und da kann man völlig unschuldig sein. Aber es geht halt dann darum, aufzustehen, weiterzumachen und die nächste Chance zu ergreifen.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, was sich wahrscheinlich auch daran nervt, ist, dass Glück und Timing latent unbeeinflussbar sind. Ich glaube, man kann es befördern. Also wer oft versucht, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, Glück zu erfahren. Aber das, was sozusagen im eigenen Möglichkeitenraum liegt, das sind die drei Aspekte, die du beschrieben hast, die wiederum die anderen beiden vielleicht befördern, aber nicht voll kontrollierbar machen. Das steckt ja auch noch drin. Ja, Schönchen. Also, Michael, es war mir ein Fest. Was für coole Analogien. Das staubt man ja doch, wie viel Nähe es dann immer zwischen diesen Bereichen gibt. Und wann kommt dein Buch raus?
Michael Ilgner: Voraussichtlich Mai 26. Ich bin in intensiver Schreibphase und mache noch ein paar empirische Untersuchungen dazu und freue mich sehr darauf und hoffe, dass der eine oder andere Aspekt, den wir heute diskutiert haben, da auch gut rüberkommen wird.
Joel Kaczmarek: Gut, ich melde mich für ein signiertes Exemplar an, wenn ich mir das wünschen darf und danke dir ganz, ganz herzlich.
Michael Ilgner: Hiermit zugesagt.
Joel Kaczmarek: Ciao.
Michael Ilgner: Danke dir, Joel.