Finanzierungsfaktoren in der Seedphase

28. November 2019, mit Joel KaczmarekChristian Leybold

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Inside VC Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und vielleicht weiß der eine oder andere gar nicht mehr, wer hier eigentlich mein Co-Poderator ist, weil wir beide uns so lange nicht gesehen haben, weil wir beide so beschäftigt sind, was glaube ich eigentlich immer eher ein gutes Zeichen ist. Lieber Christian, schön, dass du mal wieder da bist.

Christian Leybold: Ja, ich freue mich. Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: Dann stell dich doch mal ganz kurz vor für alle, die uns bisher verpasst haben sollten, wieder erwarten und dann müssen wir dich mal gleich löchern, was seitdem sich bei dir so getan hat.

Christian Leybold: Ja genau, ich bin Christian Leibold, ich bin General Partner bei eVentures. Wir investieren in eine Reihe von Geografien, haben Teams in USA, Europa, Asien, Südamerika und machen dort Investments in der Frühphase und auch im Growth-Bereich, haben dafür verschiedene Fonds, insgesamt ungefähr anderthalb Milliarden unter Management und ich kümmere mich um unser Europa-Geschäft.

Joel Kaczmarek: Sehr gut und ich kann dem geneigten Hörer versichern, Christian ist ein sehr guter Investor, vor allem weil sehr bedacht und sehr entspannt, also ich habe das Gefühl, du hast mittlerweile schon echt viel gesehen, das merkt man halt immer, also ich glaube Christian Nagel sagt das ja immer, ein Investor braucht so 30 Millionen, die er investiert haben muss, dann ist er quasi marktauglich und das bist du allemal. Erzähl doch mal ganz kurz, ihr habt ja einen neuen Fonds geracet vor gar nicht so langer Zeit, vielleicht was sich bei euch so getan hat auf der Wirtschaftsseite?

Christian Leybold: Ja, genau. Wir haben in der Tat dieses Jahr einen neuen Fonds announced. 400 Millionen für USA und Europa in der Frühphase. Und ja, wir investieren aber eigentlich, sage ich mal, immer durchgängig über die Fonds hinweg. Haben jetzt in Europa in den letzten Monaten acht neue Investments gemacht dieses Jahr soweit. Sind gerade dabei, ein neuntes zu closen. Dann auch noch Ein Deal im Bereich Growth, also sind da auch unterwegs, das war eine Firma aus Portugal, auch ganz schöner Case, weil das ist wieder ein Beispiel dafür, wie inzwischen europäische Softwarefirmen sehr stark in die USA gehen und dort auch Erfolg haben. Arn Babel heißt die Company aus Lissabon und wir sind eigentlich, sage ich mal, da durchgehend aktiv. und in der Tat, ich kann dem nur zustimmen, was der Christian Nagel sagte, eine VC-Ausbildung ist sehr teuer und die habe ich über die letzten, was sind es jetzt, 18 Jahre auch genießen dürfen mit allem, was dazugehört.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. 400 Millionen Euro muss man erstmal investiert kriegen im Frühphasenbereich. Deswegen wahrscheinlich USA und Europa. Nur Europa wird wahrscheinlich sportlich, oder?

Christian Leybold: Ja, wird sportlich. Also ich sage mal, es ist auch generell so, dass kleinere Fonds immer besser geeignet sind, um am Ende sozusagen hohe Returns zu erwirtschaften. Weil es einfach, wenn man sich mal so ausrechnet, wie viel man an einer einzelnen Company an Ownership hat und wie groß die Firmen werden müssen, wenn man dann einen schönen Faktor auf diese Fonds machen will. Dann merkt man eben schnell, dass wenn die Fonds sehr groß sind, man dann schon viele, viele Unicorns eigentlich braucht, um einen guten Faktor auf so einen Fonds zu erwirtschaften. Und da sind kleinere Fonds besser. Jetzt muss man aber eben sagen, vor ein paar Jahren wären 400 Millionen Frühphasenfonds wahnsinnig viel gewesen. Inzwischen ist das aufgeteilt sozusagen auf eine Allokation USA und eine in Europa. Gar nicht mehr besonders viel, sondern eigentlich absoluten Marktstandard, gerade auch, weil die Runden größer geworden sind, vielleicht kommen wir da nachher noch dazu, sodass das eigentlich eine Größe ist, wo man eben schön pro Geografie 2025 Investments machen kann. und das ist eigentlich so die Idealgröße, um ein diversifiziertes Portfolio aufzubauen über so ein paar Jahre hinweg.

Joel Kaczmarek: Na, ich erinnere mich nur, ich habe mit Paweł Huszynski damalsvon Point Nine mich unterhalten. Das ist, glaube ich, aber auch 2,5 Jahre her,würde ich mal schätzen. Von daher kann deine Einschätzung schon stimmen. Der damals sagte so, ey, seid ihr verrückt? Ich will gar nicht mehr als 50 bis 100 Millionen aufnehmen. Wo soll ich das ausgeben? Und nee, das ist genau unser Sweetspot und so. Also Schon mal erster interessanter Gedanke, weil da sind wir ja mitten im Thema. Heute soll es um Seed-Finanzierungsstrukturen gehen. Das heißt, als geneigter Hörer nimmt man hier ganz viel mit in Richtung First Steps. Also wie komme ich eigentlich in dieses Game rein? Was hat es mit Convertibles auf sich? Was sind wie Angels? Wie arbeite ich mit denen? Wie spreche ich VCs an? Preise setzen, Terms verhandeln, all sowas. Und dann nach hinten raus natürlich auch mal ein paar Trends, sprich den Größenanstieg, den du gerade schon erwähnt hast, größere Fonds, internationale Investoren und was das eigentlich alles sozusagen als Ursache hat und was es vielleicht noch kommt. Lass uns nochmal direkt rein starten. Wenn du jetzt einen jungen Gründer vor der Brust hättest, der dich um Rat fragt, was er in Finanzierungsfragen in der Seed-Phase tun soll, was wäre so? das Erste, was du ihm raten würdest?

Christian Leybold: Ja, am Anfang ist es ja immer so, da heißt es ja eigentlich immer, da kommen die drei Fs. Das ist so der alte Spruch aus Amerika, Family, Friends and Fools, die man als allererstes anspricht. Inzwischen ist es vielleicht nicht mehr ganz so, weil es auch in Europa eine sehr professionelle Angel-Szene gibt. Also man muss eigentlich versuchen, sozusagen die für sich besten Angels zu identifizieren. um mit denen dann die erste kleine Finanzierung zusammenzubauen. Und das ist eigentlich ein Netzwerkspiel, an dessen Anfang aber vielleicht ein bisschen Research steht. Das heißt, man guckt vielleicht mal, welche Angels sind denn aktiv, entweder in meiner Geografie oder aber eben in meinem Sektor und haben vielleicht in Companies in ähnlichen Bereichen investiert schon. Und da kann man ja mit Hilfe von Crunchbase und sonstigen Datenbanken, Presseberichten eigentlich ganz gut vorgehen und versucht dann, diese Leute anzusprechen. Und da gilt eben immer, sage ich mal, wenn ich es schaffen kann, eine warme Intro zu kriegen über einen anderen Gründer beispielsweise, der diesen Angel vielleicht in seiner Cap-Table hat, dann ist das einfach tausendmal besser, als wenn ich den einfach kalt anschreibe. oder vielleicht kann ich den auch auf einer Konferenz erwischen oder bei irgendeinem Abendessen, was es auch immer ist, wo man die Leute einmal persönlich, auch wenn es nur fünf Minuten ist, ansprechen kann, um dann im Follow-up ein längeres Gespräch zu führen. Das ist eigentlich der Schlüssel. Also erstmal gucken, welche Angels sind in meinem Bereich, in meiner Geografie aktiv? und dann zweitens, wie komme ich sozusagen über einen persönlichen Link zu denen hin und von dort sozusagen das Ganze dann seinen Lauf.

Joel Kaczmarek: Und ich meine, man darf ja dazu sagen, die sind ja in der Regel auch nicht genervt, wenn sie angesprochen werden, sondern im Gegenteil, da ist ja mittlerweile Wettbewerb quasi da, also immer mehr Angels tun sich ja auch zu Angel-Verbünden zusammen und haben dann sozusagen regelmäßig so Sessions, wo die auch mal Deals absprechen, kriegt man ja alles mit. Hast du noch einen Tipp für irgendwie junge Gründer, wenn sie in diese, ich will nicht sagen Falle reinlaufen, aber in diesen Klassiker, du gehst zu so einem Angel, schlägst dir eine Idee vor und irgendwie ist der Kick noch nicht so da, vielleicht hast du noch nicht den Track Record und die Idee ist vielleicht ein bisschen neu, also jetzt nicht irgendwie State of the Art, was man schon mal irgendwo gesehen hat, dann kommt der ganze auf dieser Klassiker- Ja, keep me in the loop, sag doch mal Bescheid, wenn du schon Umsätze hast, wenn du sozusagen erste Verifikation deiner Thesen

Christian Leybold: hast. Ja, ich meine, das ist natürlich sozusagen der Standardspruch, den man gerne von einem VC hört, der eben dann auch sagt, okay, ich mache Series A, größere Tickets und so weiter. Als Angel ist es natürlich so, da muss man eben eigentlich genau in dieser Frühphase investieren und wahrscheinlich ist das im Prinzip eine freundliche Absage. Und dann ist letztlich Finanzierung suchen immer das, was wir ja so ein Numbers Game nennen. Man muss einfach mit finanzieren. vielen Leuten reden und generell ist es immer so, man unterschätzt die Zeit, die es braucht, sozusagen das erste Commitment zu bekommen. Das dauert länger und erfordert wahrscheinlich mehr Gespräche, als man so dachte, außer man ist jemand, der sozusagen das schon mal gemacht hat und eben schon vernetzt ist. Und man überschätzt dann aber wiederum die Zeit, die es braucht, dann so eine Runde voll zu kriegen, denn Wenn der erste Dominostein mal gefallen ist, dann geht es ganz schnell und dann setzt sozusagen das, was viele Leute immer so ein bisschen bösartig den Lemminge-Effekt nennen, ein, dass eben dann ganz viele Leute plötzlich à la Torschlusspanik in die Runde rein wollen. Insbesondere wenn der erste Angel oder die ersten zwei, drei, die zugesagt haben, solche sind, die in der Szene ein gewisses Profil haben und mit denen man gerne gemeinsam investiert, weil deren Wort, deren Commitment sozusagen etwas zählt. Das heißt, da darf man sich nicht demotivieren lassen. Absagen gehören absolut zum Spiel und die Ausdauer ist das, was sozusagen den erfolgreichen Gründer eben einfach auch stark auszeichnet.

Joel Kaczmarek: So und in heutigen Zeiten hast du so typische Rundengrößen, die du raten würdest anzugehen, wenn du Angels ansprichst?

Christian Leybold: Ja, das ist sehr unterschiedlich, was sozusagen das Geschäft und auch die Art der Angels und die Größe des Teams, mit dem man antritt, anbetrifft. Deswegen ist es sehr, sehr schwer, da zu pauschalisieren. Ich würde einfach generell immer eher mit einer niedrigeren Zahl anfangen. Das heißt vielleicht, sagen wir mal, wenn man da eine Rundengröße zwischen 500.000 und einer Million anstrebt, um jetzt erstmal loszulegen, dann würde ich zum Beispiel sagen, lieber mal mit den 500.000 anfangen, weil es im Zweifel dann einfacher ist, die ersten ein, zwei Investoren sozusagen über die Linie zu tragen. Und wenn dann eben dieser Futterneid-Effekt eintritt und alle versuchen sozusagen noch mit reinzukommen, ja, dann ist man ganz schnell auch bei der Million, das ist dann überhaupt gar kein Problem. Man kann sozusagen schon mal loslegen, man kann eben vielleicht die Barriere, um das Momentum reinzubekommen in den Fundraising ein bisschen reduzieren, wenn man die Zahl erstmal nicht zu hoch hängt, sondern suggeriert, es wird im Zweifel schnell gehen, die wollen eigentlich gar nicht so viel aufnehmen, brauchen erstmal gar nicht so viel, um loszulegen. Das ist meistens besser, als zu sagen, wir wollen eine richtig große Runde raisen, weil dann stärkt man diesen Abwartereflex.

Joel Kaczmarek: Aber kriegst du sowas noch ordentlich nachverhandelt, wenn du irgendwie einen ersten Angel hast, der dir vielleicht so ein Letter of Intent gibt und sagt, ich bin bereit zu investieren, hast schon mal eine erste Bewertung mit dem ausgehandelt und dann musst du in die Ecke kommen und sagen, naja, du guck mal, jetzt hat sich die Anzahl der Interessenten verdoppelt und der bietet so viel, ist das nicht mal ein bisschen unangenehm?

Christian Leybold: Also eigentlich nicht wirklich, weil, also man muss natürlich sagen, was man zugesagt hat, hat man zugesagt. Es ist auch sehr wichtig, dass man da zu dem Wort steht, das absolut. Aber da gibt es auch ein bisschen flexible Strukturen, das können wir gleich auch noch diskutieren, die sozusagen einem erlauben, da noch ein bisschen zu reagieren. Und das andere ist, im Grundsatz ist es ja so, dass der Angel sagt, okay, wenn hier noch andere Leute mit investieren und die Company ein bisschen mehr Geld dann hat, um sozusagen in der ersten Phase wirklich zu zeigen, was es für Fortschritte gibt, dann ist das eigentlich für alle Beteiligten auch erstmal eine gute Nachricht. Also im Umkehrschluss ist es so, niemand ist so als Angel ganz gerne allein und hat so das Gefühl, ich bin der Einzige, der das gut findet. Da ist so ein bisschen Quervalidierung von anderen Investoren eigentlich meistens auch ein willkommenes Signal.

Joel Kaczmarek: Woran erkennt irgendwie ein junger Gründer, der vielleicht noch kein Netzwerk hat, wer ein guter Angel ist und wer eher so ein Dampfplauderer?

Christian Leybold: Da kann man eigentlich nur über das Referenzspiel gehen. Also zum einen kann man sich natürlich anschauen, wo hat der denn bisher investiert und hat der wirklich schon, sage ich mal, Erfolge under the belt, wie die Amerikaner so schön sagen. Und zum anderen, was ja schon meistens ersichtlich ist, ist, wo ist diese Person sonst investiert. Und dann würde ich einfach mal auf LinkedIn oder wie auch immer die Gründer ansprechen von diesen anderen Companies und sagen, guck mal, ich spreche mit einem deiner Investoren, kannst du mir mal kurz und vertraulich ehrliches Feedback geben, wie deine Erfahrung so war. Und dann hat man sehr schnell raus, in welche Richtung das geht.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt gibt es ja so eine neue Spielart, oder so neu ist sie gar nicht, aber gefühlt hat sie sich ein bisschen stärker durchgesetzt. Convertibles. Vielleicht kannst du ja mal Laien erklären, was das ist und wann das für einen Sinn machen kann und wann vielleicht nicht.

Christian Leybold: Ja, Convertible ist nicht, wie man mit dem Schulenglisch vielleicht denkt, ein Cabrio, sondern das ist im Prinzip nichts anderes als ein Darlehen. Und diese Finanzierungsstruktur hat so ein paar Vor- und Nachteile. Aber fangen wir mal mit den Vorteilen an. Der erste Vorteil ist, ein Darlehensvertrag ist sehr viel schlanker und einfacher zu regeln und einfach sozusagen kürzer als eine richtige Finanzierungsrunde mit Kapitalerhöhung und allem drum und dran, mit Rechten und sonst was. Sondern so ein Darlehen ist etwas, was im Prinzip ein Vertrag von wenigen Seiten sein kann. Das ist schon mal gut, weil man damit diesen Verhandlungsprozess der Finanzierungsdokumente abkürzt und das sozusagen radikal vereinfacht. Der zweite Vorteil ist, man kann das machen, was die Amerikaner ein Rolling Close nennen. Auch das wäre ein lustiger Begriff eigentlich, aber heißt nichts anderes als, ich kann sozusagen anfangen Geld einzusammeln und kann diesem Darlehen sozusagen einfach weitere Investoren hinzufügen, die sozusagen die Darlehen zum Erhöhen, indem sie dem Vertrag beitreten. Und da muss ich nicht auf alle warten, was immer bei einer Kapitalerhöhung in der Tendenz, sage ich mal, so ein bisschen der Fall ist, weil die in vielen, vielen kleinen Schritten und Stückelungen zu machen, ist zwar theoretisch möglich, ist aber in der Praxis doch eher aufwendig und ein bisschen unüblich. Deswegen ist ein Darlehensvertrag ganz gut, wenn ich sage, ich habe jetzt eine initiale Zahl von Investoren schon committed und da kommen wahrscheinlich noch ein paar mehr dazu, aber jetzt möchte ich schon mal Geld auf die Bank bekommen. Dann ist so ein Darlehen ein einfacher Weg. Und der dritte Vorteil ist, man kann sich so ein bisschen drum drücken, die Bewertung zu setzen. Weil bei einer Kapitalerhöhung muss man natürlich schon irgendwo sagen, was ist denn jetzt ein Anteil wert? Sprich, wie viele Anteile bekommen die Leute für das Geld, was sie investieren? Und das kann ich elegant ein bisschen umschiffen bei diesem Darlehensmodell, denn wie man das normalerweise macht, ist, dass man sagt, wenn es dann eine Finanzierungsrunde gibt, bei der dann eben wirklich Anteile an der Firma ausgegeben werden müssen, Dann zum einen werden die Darlehensgeber sozusagen hineinkonvertiert, wie wir das nennen in dieser Finanzierungsrunde und unterliegen dann den Terms, die eben der Investor, der diese Finanzierungsrunde dann strukturiert, ausgehandelt hat. Das heißt, man hat sozusagen alles, was Governance und sonstige Rechte und Pflichten und so weiter, Gesellschaft da angeht, dann angeglichen an das, was bei der größeren Finanzierungsrunde dann en detail und mit mehr Zeitaufwand und Liebe zum Detail verhandelt wird. Und zum anderen hat man eben den Vorteil, dass sozusagen die Preissetzung auch bis dahin verschoben wird. Denn der Lead Investor einer Finanzierungsrunde handelt dann irgendeinen Preis aus und zu diesem Preis werden dann die Angel Investoren konvertiert. Das heißt, deren Darlehensanteile werden sozusagen gewandelt. Da gibt es jetzt einige kleine Nuancen, die man wieder beachten muss, eigentlich genauerweise zwei. Die eine ist, häufig sagen die Angels dann, da möchte ich aber einen sogenannten Discount haben. Das heißt, lieber Unternehmer, ich gebe dir jetzt Geld, mit diesem Geld kannst du jetzt einige Monate lang arbeiten und damit schaffst du Unternehmenswert. Das heißt, die Bewertung heute ist eben niedriger als die zu dem Zeitpunkt, wo die Finanzierungsrunde gemacht wird. und das kannst du machen, weil du eben das Geld von mir hast. Deswegen möchte ich, dass wenn du eine Finanzierungsrunde zum Preis X hast, mein Geld konvertiert wird zum Preis X minus, sagen wir mal 20%, ja, mal 25%, mal 15%, was auch immer genau ist, aber ich bekomme sozusagen etwas mehr Anteile für mein Geld als jemand, der zum Zeitpunkt der Finanzierungsrunde investiert hat und das wird technisch über diesen Discount abgebildet. Und der zweite Aspekt, den man im Auge behalten muss, ist, häufig sagen die Investoren aus derselben Logik heraus, dass der Preis, den sie sozusagen maximal bereit sind zu zahlen für die Anteile, gecappt ist. Das heißt, es gibt sozusagen eine Obergrenze. Man sagt also, du bekommst eben so viele Anteile, wie es rechnerisch dann zu den Terms dieser Finanzierungsrunde eben möglich wäre, minus diesen Discount, aber der Preis wird in keinem Fall mehr als Z betragen. So. Das gibt den Investoren eine gewisse Sicherheit, dass sozusagen, wenn jetzt jemand kommt, eine total verrückte Bewertung aufruft. Ja, weil die Company plötzlich durch die Decke geht, sie dann nicht nur mit bloßem Auge sozusagen kaum erkennbare Anteile mehr bekommen. Denn wenn natürlich da eine ganz, ganz große Finanzierungsrunde plötzlich geracet wird zu einer sehr hohen Bewertung, wäre der Anteil, den man sich dann als Angel gekauft hat, wahrscheinlich eben sehr gering. Und deswegen sagt man, okay, lass uns vielleicht zwei Sachen besprechen vorher. Einmal diesen Discount und zum anderen diesen Maximalpreis, den wir im Jargon dann eben die Cap nennen. Das ist eigentlich die Struktur des Convertibles oder der Darlehensfinanzierung und der Vorteil, dass man eben so ein paar Komplexitäten der Verhandlungen einerseits der Dokumente und andererseits des Preises damit in die Zukunft Richtung Series A verschieben.

Joel Kaczmarek: Das ist immer so geil bei dir. Ich denke, man kann dich um zwei Uhr nachts wecken und du könntest es referieren.

Christian Leybold: Das ist nach all der Zeit in der Tat so. Und ich hoffe, meine Frau sagt nicht, ich erzähle schon im Traum, aber es ist in der Tat wahrscheinlich etwas, was man über die Jahre dann ein paar Mal gesehen hat.

Joel Kaczmarek: Wenn dem so wäre, würde ich dir ein Mikro mit nach Hause geben, dann würden wir hier Airtime-Zeit sparen. Aber jetzt hast du gesagt, Vorteile liegen auf der Hand. Was würdest du sagen, sind vielleicht Nachteile von dem Modell?

Christian Leybold: Die Nachteile sind, dass man sozusagen eben den Preis noch nicht weiß und da vielleicht der eine oder andere Investor sagt, okay, das finde ich auch nicht so gut, weil ich möchte jetzt eigentlich wirklich den Vorteil davon haben, dass ich hier stark ins Risiko gehe und deswegen möchte ich auch sicher wissen, wie viele Anteile ich für mein Geld bekomme. Das heißt, der eine oder andere wird sagen, das ist vielleicht ein schlechter Deal für mich und ich möchte wirklich ganz sicher sein, wo ich vom Preis wirklich am Ende des Tages lande und das nicht letztlich einem Lead Investor überlassen, diesen Preis zu setzen, von dem ich heute noch gar nicht weiß, ob es ihn gibt oder wer es denn im Fall sein wird. Und das ist wahrscheinlich so. der zentrale Nachteil von so einer Struktur, dass alle sagen, das ist so ein bisschen sehr gründerfreundlich möglicherweise, weil ich eigentlich noch gar keine echten Anteile kaufe, sondern nur ein Darlehen reingebe. Und das andere, was man eben gucken muss, ist, dass natürlich, wenn man sich dafür entscheidet, sozusagen diesen Rolling Close zu machen, Das auch wieder den Nachteil hat, dass es ein bisschen schwieriger ist, diese künstliche Knappheit zu erzeugen, die man immer braucht in solchen Prozessen, um zu sagen, also wenn du beim Datum X nicht dabei bist, dann ist Schluss. Das kann man natürlich machen, indem man sagt, ich habe einen Maximalbetrag, den ich aufnehme, was auch immer. Hatten wir ja vorher gesagt, da muss man eben vorsichtig sein, wenn man das dann erhöhen will. Aber es ist eben so, es führt häufig zu so einem Verhalten, wo dieses, ach, da kann ich ja vielleicht noch reinkommen und ich bin doch hier sowieso der beste vernetzte Angel und da warte ich einfach mal, was passiert. Vielleicht noch ein bisschen stärker gefördert wird, als das bei der Price Round der Fall ist, wo eben klar ist, wenn man beim Notar war, war man beim Notar.

Joel Kaczmarek: Was ist irgendwie, also vielleicht hört jetzt jemand zu und denkt sich, was ist, wenn meine Firma gegen die Wand fährt und ich habe so ein Convertible an der Backe, hafte ich dann persönlich dafür?

Christian Leybold: Nein, nein, nein, da haftet in der Tat immer nur die Firma und das macht dann eigentlich keinen großen Unterschied, muss man sagen. Man muss ein bisschen aufpassen bei solchen Convertibles, dass die so strukturiert sind, dass die Firma sozusagen nicht sofort überschuldet ist. Da gibt es aber so ein paar Klauseln, die jeder Anwalt auch in dessen Schlaf wiederum sozusagen in diese Dokumente reinschreiben, Stichwort Nachrangdarlehen und so weiter. Das ist überhaupt kein Problem.

Joel Kaczmarek: Gut. So, sagen wir mal, erste Phase überkommen. Jetzt geht es eigentlich ans ganze Thema VC-Ansprache. Wenn ich Angels habe, vermutlich deutlich leichter. Aber was sind so die typischen Prozesse, die dann anfangen zu laufen?

Christian Leybold: Ja, genau wie du sagst, wenn du Angels hast, dann ist es häufig so, dass über die zum Beispiel häufig schon ein Erstkontakt etabliert wird, denn die treffen sich gerne mal zum Mittagessen mit irgendwelchen VCs und erzählen sozusagen von ihren neuesten spannenden Investments. Und wenn sie das nicht beim Mittagessen machen, dann kommt danach. Also das ist, sage ich mal, ein Kanal, der eigentlich erfahrungsgemäß ganz gut funktioniert, denn wenn da eine gewisse Vertrauensbasis da ist zwischen VC und Angel, dann überträgt die sich sozusagen auf diese Empfehlung und das ist immer ganz gut, weil dann hat man auch da wieder die Warm Intro, wie wir so schön sagen. Ansonsten ist es eben so, dass es eigentlich ganz gut ist, relativ früh schon die Fühler auszustrecken Richtung VCs, versuchen diese Beziehungen so ein bisschen aufzubauen, auch wenn man vielleicht noch gar nicht direkt raisen will, aber dass wenn man dann auf die Leute zugeht, wenn man sagt, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für mich, man vielleicht nicht erst dieses Netzwerk komplett aufbauen muss, sondern damit mal angefangen hat. Frühzeitig letztlich auf Events oder in irgendwelchen Kontexten, wo es sich gerade anbietet oder über Introductions, die eben mal hier und da kommen, wirklich diese Kontakte schon mal knüpfen, sodass man die, sage ich mal, einfach wirklich auf der Beziehungsebene mal aufbaut. Gar nicht die Company wirklich hart pitcht in solchen Meetings, sondern eher so ein bisschen erzählt, wer man ist, ein bisschen Kontext gibt. Ich sage immer, es ist als VC eigentlich ganz gut, wenn man einen Film sieht und nicht nur ein Foto spricht. Man hat sozusagen Die Entwicklung von der Firma ein bisschen begleitet über ein paar Monate hinweg und bekommt nicht sozusagen im ersten Pitch-Meeting nur den, okay, hier sind wir, das machen wir und das ist alles super gelaufen, sondern kann so ein bisschen nachvollziehen, wie der Weg dahin war. Aber das ist eben einfach was, wo es sich lohnt, früh Kontakte aufzubauen.

Joel Kaczmarek: Aber unser Podcast heißt ja auch Inside VC, weil wir so deine Insider-Perspektive wollen als VC. Wenn du dich mit irgendwie Angels zum Mittagessen triffst, die ja nun mal nachgewiesenerweise ein intrinsisches Interesse haben, dass ihre Portfolios irgendwie oder die Portfoliounternehmen eine Finanzierung kriegen durch jemanden wie dich, kannst du dann eigentlich alles glauben, was die dir erzählen?

Christian Leybold: Nee, das kann man nie. Glauben hat viele Nuancen. Ich glaube, Glauben im Sinne von Wahrheitsgehalt hoffentlich schon bei Leuten, denen man vertraut. Glauben im Sinne von, die finden die Company gut, die finden den Gründer gut, deswegen muss ich den sozusagen genauso gut finden. Nein. Also am Ende ist es so in diesem Geschäft. Es ist ja illoyal der Firma und dem Gründer gegenüber, in den man investiert hat, zu sagen, oh, den finde ich jetzt so mittelgut. und abgesehen davon, wie du richtig sagst, wäre es auch gegen das eigene finanzielle Interesse, weswegen man ja dieses Geschäft eben auch macht. Das heißt, man kann eigentlich nicht von einem Angel erwarten, dass er sagt, okay, die Firma finde ich jetzt so halb gut, sondern dass er die positiv darstellt, ist ganz normal. Man kann aber schon, sage ich mal, zwischen den Zeilen heraushören, welche Firma vielleicht gerade ein bisschen mehr favorisiert wird als welche andere. Jeder ist am Ende auch irgendwo nur ein Mensch. Aber insbesondere geht es da drum, sozusagen eine Einschätzung zu bekommen, eine ehrliche Einschätzung. Und dann muss jeder sein eigenes Judgment entwickeln. Ich meine, dafür werden wir bezahlt, dass wir selber, wie wir so schön sagen, Conviction entwickeln. Und letztlich ist die Empfehlung von dem Angel ein Datenpunkt. Aber wir sind uns natürlich klar, dass jeder sozusagen da ist, ein Interesse daran hat, seine Company positiv darzustellen. Und das ist auch richtig so.

Joel Kaczmarek: Wenn Angel ein Datenpunkt ist, wie viele andere hast du noch so?

Christian Leybold: Ja, das kommt natürlich jetzt ganz auf den Einzelfall drauf an. Also am Anfang, wenn man sozusagen den Erstkontakt mit einer Firma hat, sind andere Datenpunkte quasi meistens andere Firmen, andere Gründer aus dem Umfeld. Im Sinne von in derselben Branche, mit dem selben Geschäftsmodell, sodass man sozusagen mal ganz grob einordnen kann, wie steht diese Firma im Vergleich zu anderen in diesem Marktumfeld da. Und dann reichert man sozusagen das Bild über die Zeit an. Dann spricht man mit Experten aus der jeweiligen Industrie, mit möglichen Kunden, mit bestehenden Kunden, mit Referenzen, die aus dem Umfeld der Gründer kommen, um sozusagen so ein bisschen das Team abzuklopfen. Also dann fängt man an, das Mosaik sozusagen zusammenzupuzzeln. Manchmal sind das weniger Puzzlestücke, dann sind das so diese Ravensburger Puzzles, die wir von unseren Kindern kennen, wo es schon ein bisschen vorgezeichnet ist, relativ wenig Teile und manchmal hat man dann auch so ein irgendwie tausend Teile Ding vor sich, wenn es ein komplexes Thema ist, die kann man schon ein bisschen größer und dann dauert es eben auch länger und man braucht mehr Puzzlestücke, die man findet.

Joel Kaczmarek: Nimmt es eigentlich zu, du hast ja jetzt viele qualitative Faktoren gesagt, dass man als Investor vielleicht sich auch Software baut, Technologie, die quasi bestimmte Datenpunkte versucht abzugrasen und zu verstehen, wo entstehen Trends, ist eine Firma jetzt gerade angesagt oder nicht? Also ich meine, es kam mal so auf, dass man so Tech-VCs quasi hatte, die selber Tech entwickelt haben für sich, um irgendwie Dealflow quasi zu bewerten.

Christian Leybold: Ja, also wir machen das ehrlich gesagt sehr exzessiv. Wir haben ein eigenes Development Team und wir haben eigentlich so eine Suite an Tools selber gebaut, die sozusagen sehr spezialisiert sind auf das, was wir machen. Und die fallen in zwei Kategorien. Die einen sind sozusagen in der Tat für das Sourcing, wo man sich sozusagen Datenreihen anschaut, aus denen man versucht abzuleiten, welche Firmen wachsen. Da muss man sehr stark unterscheiden zwischen Datenreihen, die sozusagen valide sind für B2C und solche, die valide sind für B2B. Da gibt es zum Teil öffentliche Daten, Datenbanken, Crunchbase und so weiter, die man kaufen kann. Meistens ist es so, dass wenn man sich eine Datenreihe allein anschaut, es schwierig ist, da wirklich proprietäre Insights zu finden und Companies, die sozusagen nicht relativ intuitiv klar sind, dass es da gerade ganz gut läuft, sondern das passiert sozusagen meistens in der Vernetzung von mehreren Datenreihen und sozusagen über die große Menge hinweg. Also jetzt als Beispiel mal gesagt, wenn ich sehe, Eine Company hat zum Beispiel sehr starkes Wachstum im App Store. Gleichzeitig sieht man auf LinkedIn, dass die Anzahl der Mitarbeiter sehr stark gestiegen ist in den letzten Monaten. Dann ist das zum Beispiel ein ganz interessantes Zeichen. Man kann auch über Services wie AppAny oder andere Firmen sehen, wer macht denn wahrscheinlich welchen Umsatz gerade. Man kann auch sehen, wer gibt wie viel Geld für Online-Marketing aus. Auch da gibt es Datenquellen, die man öffentlich kaufen kann. Das kostet alles ein bisschen Geld und die Entwicklung davon ist nicht unaufwendig. Aber man kann damit dann in der Tat viele spannende Firmen finden, die sozusagen ein bisschen off the beaten track sind. Das ist der eine Aspekt. Und dann gibt es eine Reihe von VCs, die da eigene Software entwickeln. Man muss ein bisschen eine kritische Größe haben, um das wirklich nachhaltig machen zu können. Wir investieren sozusagen in Technologie, pro Jahr schon sehr viel Geld. Das kann man sich über Headcount und so weiter ausrechnen. Und das geht natürlich nur, wenn man ein paar Fonds hat, die sozusagen davon profitieren, dass man das dann auch finanzieren kann. Der andere Aspekt ist, wie du richtig sagtest, man fragt sich immer so als Unternehmer, wenn man dann aus dem Pitch rauskommt und dann hört, ja oder nein, okay, war es jetzt der Haarschnitt, war es die Story, woran lag es jetzt, dass es sozusagen gut gelaufen ist oder schlecht gelaufen. und in der Tat versucht man natürlich, sage ich mal, auch die Datenpunkte, die man so hat, stärker einzubeziehen. und das Stichwort, was man da ganz oft hört, sind ja Kohortenanalysen, das ist sozusagen eine bestimmte Art, eine Firma anzuschauen und zu sehen, wie sich Kundenverhalten entwickelt über den Zeitablauf. und Das Schöne an den Kohortenanalysen ist, dass die in der Tat sehr viel aussagekräftiger sind bei jungen Firmen und einen gewissen Rückschluss zulassen, wie sich die Firma vielleicht über die Zeit entwickeln wird. Und das kleine Problem da ist, dass im Gegensatz zu so einer P&L oder G&V, wo es ganz klare Vorschriften gibt, wie sowas aufzubauen ist, bei Kohortenanalysen das nicht der Fall ist. Das heißt, jeder macht die ein bisschen anders, jeder bezieht verschiedene Kosten ein. Und deswegen haben wir eine eigene Software entwickelt, wo wir von den Firmen die hohen Transaktionsdaten erbitten und sozusagen eine einfache P&L und dann unsere eigene Analyse bauen. Und vorher zeigen wir den Gründern das Ergebnis von so einer Analyse mit anonymisierten Daten, also mit sozusagen einer Dummy Company, aber dass die Gründer sehen können, okay, was wollen die denn da sehen und welche Graphen kommen dabei raus, welche Erkenntnisse kann ich daraus ziehen? Und dann ist es eigentlich immer so, dass die Leute sagen, okay, das ist für mich auch sehr informativ, weil gerade eine junge Firma meistens noch nicht die interne Infrastruktur hat, diese Auswertung in der Tiefe zu fahren. Und dann lassen wir der Daten da durchlaufen und das hat zwei große Vorteile. Erstens sehen wir eben, wie sehen die Kohorten wirklich aus und fahren eine ganze Reihe von Auswertungen, die uns ein Gefühl geben, wie attraktiv das Geschäftsmodell im Moment von der Firma ist. Das andere, was ganz, ganz wichtig ist, wir können dann wirklich Äpfel mit Äpfeln vergleichen, weil die Schwierigkeit ist eben, wenn zwei Unternehmer nacheinander reinkommen, beide zeigen dir, Ihre Kohortenanalyse, die eine sieht super aus, die andere sieht so ein bisschen mittel aus. Dann kann es einfach daran liegen, dass die sozusagen andere Ansätze wählen, um ihre Daten darzustellen. Und das ist gar nicht richtig oder falsch, aber es ist eben schwierig, das in der Schnelle der Zeit sozusagen zu standardisieren. Und das geht am einfachsten und mit dem wenigsten Back and Forth mit den Daten, wenn man eben sagt, okay, ich mache die Analysen in meinem Tool, dann sind die immer gleich und ich habe sozusagen wirklich interessante Benchmarking-Möglichkeiten. Und diese Benchmarks zurückzuspielen zu den Gründern und zu sagen, guck mal, wir haben uns das angeschaut. An der Stelle glauben wir, da gibt es echt noch Handlungsbedarf. An der Stelle seid ihr extrem gut. Das ist auch ein Feedback, was meistens sehr gut ankommt, weil es schon wertvoll ist.

Joel Kaczmarek: Lizenziert ihr das weiter eigentlich an euer Portfolio?

Christian Leybold: Nein, also wir machen es dem Portfolio zugänglich im Sinne von, dass wir diese Analysen auch kontinuierlich dann immer wieder fahren und der eine oder andere sozusagen guckt sich das dann eben immer gerne wieder an. Aber wir würden das jetzt sozusagen die Software nicht anderen Dritten zugänglich machen. Das ist auch Sowohl im Sourcing als auch in der Bewertung zum einen nicht unser Geschäft und zum anderen natürlich ist das auch das, wo die Erfahrung aus diesen 20 Jahren eben ein Stück weit reinfließt und wir uns natürlich so vielleicht den einen oder anderen Vorteil eben auch erhoffen, dass man mal eine Firma früher findet und vielleicht auch den Rohdiamanten sozusagen mehr erkennt. und das ist wirklich oft der Fall, dass Firmen, die vielleicht in der Außendarstellung, im Pitch arbeiten, noch nicht total polished sind, super Daten haben. Und man sagt, okay, die Firma, das ist echt ein Rohdiamant. Die erzählen vielleicht die Equity-Story noch nicht so perfekt, wie das der eine oder andere sonst tut, aber da ist ein absolut spannendes Business unter der Haube. Und da wir quer über Europa investieren, ist für uns das auch ganz wichtig, weil es immer mit mehr Zeitaufwand verbunden ist, zu sagen, ich gucke mir jetzt diese Firma unten in Portugal oder in Stockholm an, als wenn jetzt man sagt, ich investiere nur in Berlin. Und Da ist im Zweifel diese Analysen fahren zu können unglaublich hilfreich, weil man eben wirklich weiß, auf welche Firmen möchte ich persönlich meine Zeit allozieren, weil ich glaube, die sind wirklich spannend für uns und das ist ein richtiger Zeitpunkt und das passt gut zusammen.

Joel Kaczmarek: So, bevor wir jetzt mal über das Thema Preissetzung und Terms aushandeln reden, vielleicht nochmal ein kurzer Nachsatz dazu. Entdeckt ihr mittlerweile auch schneller Fraud? Also es gibt ja manchmal so Tricks beim Präsentieren, ja. Weiß ich nicht, du zahlst Wachstumskurven, zeigst du einen Dollar oder man redet auch irgendwie von Runrates und sagt es aber nicht so richtig oder weiß ich nicht. Da gibt es ja so zig kleinere Sachen, die vor allem mal so mit diesem ganzen Movinga-Thema hochgepoppt sind, gefühlt. Ist man als Investor mittlerweile auch dank technischer Tools in der Lage, solche aufgeblähten Präsentationen schneller zu durchblicken?

Christian Leybold: Ja, auf jeden Fall, weil ich sage mal, in der Präsentation hilft es einem jetzt ja erstmal nichts, aber in dem Moment, wo sozusagen man die Daten selber analysiert, das ist eben der Moment of Truth. Und wenn man wirklich hohe Transaktionsdaten hat, dann hat man eben genau diesen Äpfel-mit-Äpfel-Vergleich und dann geht da ganz, ganz schnell die Luft raus aus diesen aufgeblasenen Graphen. Ich würde es jetzt auch gar nicht als Fraud sozusagen bezeichnen, sondern es ist letztlich, sage ich mal, vielleicht ein bisschen sportliches Präsentieren. Aber das sozusagen zu normalisieren auf ein Spielfeld, was für alle gleich ist und man wirklich sozusagen in der Diskussion die richtigen Daten sieht, das ist eben die Aufgabe von solchen Tools. Und natürlich kann man mit krimineller Energie sozusagen das immer noch dann fälschen, aber da reden wir dann halt über dann tatsächlich Fraud, was wirklich sozusagen man in der Regel eben überhaupt nicht hat und nicht über sozusagen nur eine sportliche Darstellungsform.

Joel Kaczmarek: So, aber da kommen wir jetzt genau an so einen Punkt. Ich weiß, mit Florian Heinemann haben wir da auch öfters darüber gesprochen. Je später die Phase, desto weniger Voodoo wird ja eigentlich möglich, weil du kriegst immer mehr Klarheit, mehr Zahlen, mehr Daten, mehr Fakten. Das heißt, manchmal kannst du den Effekt haben, dass du in früheren Phasen sehr gute Bewertungen kriegst, weil man noch sehr viel auf Vision verkauft, während spätere Phasen halt mehr Zahlen getrieben sind. Und wenn man jetzt mal irgendwie den Faktor nimmt, sagen wir mal Preissetzung, Terms ausverhandeln, also erster VC, was wären denn so deine Tipps und Tricks für Gründer, die das irgendwie zum ersten Mal machen?

Christian Leybold: Ja, da ist es in der Tat, wenn man jetzt eben sagt, erste VC-Runde, Series A, ist in der Tat ja immer die Frage des Timings. Wann mache ich das? Und da bin ich, glaube ich, bei Florian. Es ist häufig so, dass man mit sicherlich ersten Daten besser fährt als ganz ohne Daten. Das heißt, erste Anhaltspunkte sind immer sehr wertvoll. Aber auf der anderen Seite eben auch Potenzial und Fantasie ein Stück weit fast einfacher zu verkaufen sind. als eben eine Firma, die schon mehr Daten hat und ich sage mal so diese ersten Ernüchterungen, die im Zweifel immer kommen, schon voll sichtbar sind. Das heißt, ein guter Moment ist eigentlich, wo man so ein paar Kohorten hat, sage ich mal initiales Momentum, auf kleiner Basis kann man eben auch schneller und stärker wachsen. und vielleicht noch nicht sozusagen in die ersten Skalierungshemmnisse hineingelaufen ist, da ist es in der Tat häufig besser, quasi Optionalität zu verkaufen, als zu sagen, ich versuche jetzt, ähnlich wie bei Software Release sozusagen, um perfekt zu sein, zu sagen, ich versuche jetzt noch diesen Skalierungspunkt zu beweisen und versuche hier noch ein bisschen größer zu werden. Häufig bekommt man mehr Credit für die Opportunität, weil dann kann theoretisch noch alles perfekt funktionieren, als für die Realität, die eben dann doch meistens nicht perfekt ist.

Joel Kaczmarek: Ich meine, jetzt hat man ja den Faktor, jeder Gründer möchte mal ein Maximum an Bewertungen rausholen. Das ist nicht immer schlau, weil manchmal surft man dann auf hohen Bewertungen, die einem nach hinten raus irgendwie das Genick brechen können. Was ist denn eine gute Strategie, um an eine Preisfahndung mit dem VC zu gehen?

Christian Leybold: Die beste Strategie ist wahrscheinlich, erstmal den VC ein Angebot machen zu lassen. Also, das ist jetzt auch kein Geheimnis, das ist bei jeder Verhandlung so, derjenige, der den ersten Aufschlag macht, muss ja erstmal gucken, okay, wo landen wir? Und dann kann man immer sagen, okay, es ist zu niedrig, aber man hat mal ein Gefühl sozusagen, wo man landet. Ich glaube, ich würde immer erstmal den Investoren sagen, okay, Jungs, den Preis zu setzen, das ist euer Geschäft, da habt ihr die Erfahrung, macht mir einfach mal ein Angebot und Wir orientieren uns daran, was sozusagen der Markt sagt. Ich würde, glaube ich, nicht reingehen und dem VC empfehlen nach dem Motto, okay, wir wollen 12 Millionen Bewertung haben. Das kann man machen, aber im Grundsatz ist es meistens besser zu sagen, okay, wir wollen einfach schauen, was sagt der Markt und welche Angebote kommen auf den Tisch und dann diskutieren wir darüber.

Joel Kaczmarek: Ich meine, was so deine Erfahrung, was ich so mitkriege, ist, dass ein VC dann immer versucht, so Benchmarks zu finden. Also man guckt dann immer so nach Industry Standards, wer macht was ähnliches, hat gerade eine Finanzierung gezogen, across Europe vielleicht und versucht dann so mit dem Daumen vielleicht auch mal da was rauszukriegen, plus gucken, wie gut ist das Gründerteam, plus harter Blick auf Zahlen. Ist das sinnvoll? Sollte man als Gründer sich auf sowas einlassen oder tut man sich da eher keinen Gefallen?

Christian Leybold: Also Benchmarks sind immer relativ schwierig, wenn sie sozusagen sehr konkret sind, weil sich zwei Firmen in der Frühphase eigentlich gar nicht miteinander vergleichen lassen. Da sind so viele Dinge unterschiedlich. und wenn man allein mal sagt, dass ein großer Teil der Investitionshypothese der Glaube an das Team ist, wie benchmark ich das jetzt zu dem Wettbewerber? Ganz schwierig, das sozusagen in Zahlen zu gießen. Deswegen ist so ein direkter Vergleich schwierig. Die Orientierung, die eben Meistens schon sinnvoll ist und die man sich im Vorfeld überlegen muss, ist so in der Series A werden klassischerweise so um die 20 Prozent von der Firma gekauft vom Investor oder von dem Syndikat an Investoren. Mal sind es 25, mal sind es nur 15, aber sage ich mal so um die 20 plus minus. Und dann kann man natürlich mal den Dreisatz machen. und wenn man sagt, also wenn ich jetzt die und die Summe aufrufe, die ich raisen möchte, dann signalisiere ich damit in gewisser Weise eine Bewertung. Wenn der Investor wird grob davon ausgehen, dass es sich so um 20% der Firma handelt und dann kann man sich eben ausrechnen, wenn ich sage, was weiß ich, ich möchte jetzt irgendwie 3 Millionen aufnehmen, 5 Millionen aufnehmen, 10 Millionen aufnehmen, was ist für eine Bewertung, die dann suggeriert wird? damit?

Joel Kaczmarek: Wonach guckst du denn? Also wenn ich jetzt ein Gründer wäre, der zu dir sagt, lieber Christian, jetzt haben wir hier Hosen halbwegs runtergelassen, du weißt irgendwie, was wir machen wollen, kennst uns als Typen ein bisschen, jetzt mach mal einen Preisvorschlag. Was beziehst du denn in deine Preisvorschläge ein?

Christian Leybold: Gut, also wenn man sich eine Firma anguckt, dann ist ja jetzt erstmal die Frage, worauf schaut man, dass man überzeugt ist, dass das sozusagen das nächste große Ding wird. Und das ist eine Kombination von vielen Faktoren, vornehmlich zum einen erstmal das Team. Zweitens, der Markt ist ja groß. Gibt es da sozusagen Disruptionspotenzial? Wie kommt man da rein? Drittens, wie verteidigbar ist das, was sozusagen die Firma aufbaut? Ist das in irgendeiner Form schützenswert? Gibt es Netzwerkeffekte, solche Dinge? Viertens, wie sieht der Wettbewerb aus? Auch das ist wichtig. Fünftens, wie attraktiv ist das Geschäftsmodell? Das sind also fünf Punkte, kann man auch beliebig erweitern, aber die fließen ja erstmal ein in sozusagen Wettbewerb. Wie sehr glaube ich an diese Company? Und wenn man dann eben sagt, okay, wie baue ich da jetzt die Runde zusammen? Wo setze ich den Preis? Dann schaut man zum einen eben auf, wie viel Geld braucht es, um den nächsten großen Entwicklungsschritt der Company zu finanzieren, der typischerweise innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate kommen soll. Das heißt, man guckt so die Kombination an aus, wie viel Geld brauche ich, um die Firma zu entwickeln und wie viel Geld brauche ich, um eben diesen Zeitraum zu bezahlen sozusagen. Und auf der anderen Seite eben, wie sieht dieser Dreisatz aus, wenn ich jetzt diese Summe investiere, wo lande ich dann da in dem Prozentgefüge, sodass es für uns Spaß macht, weil man eben in der zu diesem Zeitpunkt üblichen Ownership Range landet und für die Gründer. Und so in dieser Kombination von, was braucht die Firma im Sinne von Operating Cash, Um wirklich einen Schritt machen zu können? und was brauchen die Gründer und wir, um eine faire Verteilung der Anteile zu haben, sodass die Cap-Table nach vorne auch weiter investierbar ist. Denn niemand ist geholfen, wenn die Gründer schon zu früh zu wenig gehört. Das ist sozusagen so mal ein Zweiklang an großen Themen, die man sich da überlegt.

Joel Kaczmarek: Darf man denn eigentlich auf so einen Faktor argumentieren, dass man sagt, ich gehe davon aus, dass ich so und so viel Geld brauche, um gewisse Dinge zu erreichen? oder damit ich irgendwie nicht zu stark verwässere, brauche ich eigentlich X und maximal Y. Also darf man manchmal eine Bewertung festlegen, die eigentlich keine harte Währung drunter liegen hat, sondern die eher so ein bisschen auf Zukunft gebaut ist?

Christian Leybold: Also ehrlich gesagt ist das fast immer der Fall in der Frühphaseninvestition, denn am Ende des Tages kaufen wir eine Option. Wir kaufen eine Option auf den zukünftigen Erfolg. und die Frage der Preissetzung dieser Option ist eben meistens nicht so, dass man sagt, da kann ich jetzt irgendwie eine Discounted Cashflow Analyse dahinter schrauben oder was auch immer, weil dafür hat man einfach zu wenig Visibilität in das, was in der Zukunft passiert wird. Deswegen ist das absolut fair. Ich würde immer weniger von dem Argument kommen, ich möchte jetzt nicht so stark verwässern, das ist vielleicht nicht so stark, sondern eher aus der Perspektive eben kommen, was brauche ich, um mit dieser Firma folgende Meilensteine zu erreichen? Und dann, lieber Investor, wenn wir diese Meilensteine erreicht haben, dann sind wir doch einer Meinung, dass dann die Firma sehr viel mehr wert ist. Das heißt, dann haben wir beide den nächsten Wertsprung realisiert und können dann sozusagen vom fremden Dritten wieder die nächste Runde zu guten Terms raisen.

Joel Kaczmarek: Ich sage mal, in den frühen Phasen, wir reden ja über Seed-Finanzierungsstrukturen, hast du da eigentlich eher, dass du die Sachen aus der Schublade holst und hast es auch schon standardisiert, gerade auch bei den Terms und bei den Bewertungen oder ist das immer noch Verhandlungssache?

Christian Leybold: Also wir holen das in der Tat aus der Schublade, das Termsheet, das hat zwei Seiten, sozusagen sehr übersichtlich und da gibt es ein bisschen Abwandlungen, die in der Tat dem Stage der Firma entsprechen. Bei Series A gibt es vielleicht ein bisschen mehr Regelungsbedarf als bei Seed, aber da hat man eine Vorlage und die wird dann immer ein bisschen individuell angepasst, insbesondere sozusagen, wenn man im Ausland investiert, ist das natürlich ein bisschen anzupassen nach dem jeweiligen Rechtssystem, aber Diese Verhandlung ist eigentlich auch eine, die kann man dann sehr schnell abwickeln. Meistens dreht das Gründerteam eben eine Schleife mit deren Anwalt, aber so ein Termsheet ist im Prinzip nach ein, zwei Tagen verhandelt. Das ist keine große Sache. Und wenn man Standardterms hat, ist inzwischen der Markt erfreulicherweise auch so standardisiert, dass dann die Anwälte von den Gründern meistens auch sagen, ja hier, das ist clean, das ist plain vanilla, da ist jetzt nichts dabei, wo man sozusagen der Investor versucht, euch zu übervorteilen oder was auch immer. Und das ist dann einmal vertrauensbildend und zum anderen hilft es dem Prozess, um das schnell zu Ende zu führen.

Joel Kaczmarek: Da wir schon mal viel über Terms und sowas geredet haben, würde ich an der Stelle mal auf unsere alten Podcasts quasi verweisen, aber wir können ja nochmal ein bisschen über Trends reden, weil du ja auch eingangs schon gesagt hast, Größenanstieg, also in der Tat glaube ich auch, als ich angefangen habe, hätten wir da manchmal Finanzierung gehabt, wie man sie heute hat im Series A Bereich, da hättest du wahrscheinlich so eine Woche die Schlagzeilen beschäftigt oder zwei, also man merkt, es fließt schon gefühlt mehr Geld, oder?

Christian Leybold: Ja, das ist auf jeden Fall so. Also wenn man sich die durchschnittlichen Rundengrößen anguckt, hat man das Gefühl, sozusagen das, was früher die Series A war mit irgendwie zwei, drei, vier, fünf Millionen, ist heute gerne mal eine Seed-Runde. Und eine Series A von zehn Millionen ist wirklich auch keine Seltenheit mehr. Das wäre früher als eine solide Series B durchgegangen. Insofern hat sich das alles verschoben. Ich glaube, es gibt vielleicht zwei wesentliche Treiber dafür. Der eine ist sicherlich, dass der Markt insgesamt reifer geworden ist. Wir haben mehr Gründer, die das schon zum zweiten Mal machen, die sehr viel schneller eine Firma wirklich auch aufbauen können, wo man eben auch sagt, okay, da ist vielleicht das Risiko, dass das jetzt komplett daneben geht, geringer und ich muss auch. mich schneller auf internationalen Wettbewerb schon einstellen. Das braucht also früher mehr Geld. Deswegen macht man von Anfang an vielleicht eine größere Finanzierung und weiß, das Geld in guten Händen und gut investiert. Das andere ist aber ganz klar auch sozusagen das Ergebnis aus diesem Dreisatz, dass der Investor halt sagt, das, was ich am wenigsten aufgeben möchte, ist das Ownership-Niveau, das ich habe. Und in einem zunehmend kompetitiven Markt ist es dann eben so, dass wenn ich diese Prozente haben will, die für mein Fondsmodell auch wichtig sind, damit in so einem Portfolio am Ende des Tages eben auch der Return rauskommt, den man haben will, dann muss ich eben mehr bezahlen muss, mehr Geld investieren, wenn die Bewertungen höher werden. Also sprich, dieser Wettbewerb unter den Investoren, den wir inzwischen in vielen Geografien in Europa haben, der führt dazu, dass dann eben die Bewertungen hochgehen. Wenn die Bewertungen hochgehen und die Investoren trotzdem bestimmte Eigentumsanteile haben wollen, müssen eben in der Konsequenz auch die Runden größer werden.

Joel Kaczmarek: Was musst du denn eigentlich in so einer Situation tun, wenn der Wettbewerb größer wird? Was ist der Faktor, wo du sagst, also ist ja auch mal Stichwort Smart Money, du kriegst nicht nur Geld, sondern auch eine Kompetenz. Warum nehme ich irgendwie Christian und nicht irgendwie einen Russen, einen Franzosen, einen Japaner, einen Amerikaner, einen Engländer? Das ist ja mittlerweile auch sehr international geworden.

Christian Leybold: Man sagt ja immer von Gesellschaft, dann kann man sich nicht scheiden lassen. Das heißt, es ist eine sehr persönliche Entscheidung, mit wem möchte man langfristig zusammenarbeiten. Und ich glaube, die steht, wenn man Gründer fragt, immer noch ganz weit oben auf der Liste. Es ist einfach eine Frage von, mit wem hat man es zu tun? und ist das ein Investor, von dem man glaubt. Der hat sozusagen die Empathie auch in Phasen, wo es vielleicht mal schwieriger ist, hinterein zu stehen. Der ist positiv referenziert und ist auch langfristig weiter bei der Firma, dessen Trikot er gerade trägt. Denn das Letzte, was man haben will, ist, dass dann sozusagen irgendein karriereorientierter Investor nach zwei Jahren sagt, oh, jetzt wechsle ich das Trikot, gehe zum anderen Fund. Und dann hängt man da so ein bisschen ohne natürlichen Ansprechpartner. Das wird natürlich übernommen, aber kann eben so eine Relationship, die von Anfang an gewachsen ist, dann eigentlich fast nicht richtig ersetzen. Das heißt, so ein bisschen diese Verlässlichkeit, Kontinuität und menschliche Connection ist sicherlich ganz weit oben auf der Liste. Auf der anderen Seite sind das viele andere Kriterien im Sinne von, was verspreche ich mir von diesem VC, wo er mir helfen kann. Kann der mir helfen, gute Leute ranzuziehen, die zu überzeugen? Kann der mir helfen, wenn ich international expandiere? Hat der sozusagen vielleicht eine Präsenz in anderen Märkten? Hat der ein großes Portfolio, wo ich spannende andere Gründer kennenlernen kann, die vielleicht mir helfen, Fehler zu vermeiden, weil sie es selber schon gemacht haben? Welche Netzwerke hat der ansonsten an Stellen, wo ich sie brauche, in die Industrie rein? Kann der mir helfen, erste Kunden zu finden? Also all das sind Überlegungen, die sozusagen sicherlich auf der Liste von jedem Gründer dann stehen und die dann unterschiedlichen Gewichtungen in die Wahl des ultimativen Investors eingehen.

Joel Kaczmarek: Bist du da als Geldgeber eigentlich manchmal auch Therapeut und Seelentröster?

Christian Leybold: Ja, das ist man jetzt weniger in der Phase, wo sozusagen eine Finanzierungsrunde gestrickt wird, aber in der Phase, wo man die Firma begleitet, absolut, ja. Gerade in den ersten Jahren ist es häufig so, dass bei Gründerteams das mal knirscht und häufig, wenn die größer sind, insbesondere man sagt, oh, jetzt hier mit der und der Person, das läuft nicht so, wie wir uns das gedacht haben. Wie kommt man jetzt da wieder zu einer vernünftigen Lösung, ohne dass die Firma zu stark darunter leidet? Also da gibt es auf Durststrecken unterschiedlichste Art immer wieder Lösungen, Nennen wir es mal Beratungsbedarf, wo man da als Investor durchaus gefragt ist, weil man einerseits nah genug am Team dran ist, dass man all das mitbekommt und auch vielleicht sozusagen beraten kann und eben auf der anderen Seite weit genug weg ist, dass man vielleicht nicht zu parteiisch erscheint, gerade wenn es so Probleme im Team gibt.

Joel Kaczmarek: Hast du so ein Playbook für dich, wo du so Blueprints drin hast? Also wo du sagst, okay, Gründerteam verschritten, warte mal, gucke ich auf Seite 17 nach. Also hast du sozusagen so eine Art, wie soll man sagen, ein Lexikon oder einen Ort, wo du nachgucken kannst, was in anderen Situationen da geholfen hat?

Christian Leybold: Also das ist das, was wir so schön das institutionelle Gedächtnis nennen. Das ist ganz schwer zu standardisieren. Aber wenn man sozusagen den Fall selber noch nicht hatte und quasi eine natürliche Referenz für sich selber hat, dann ist es etwas, was wir eben in unseren internen Diskussionen dann immer wieder aufbringen. Wir machen immer eine Portfolio Review und sagen, okay, hier habe ich gerade dieses Thema oder jenes Thema. Und da gibt es sicherlich einen der Kollegen, der in seiner Praxis das schon mal hatte. Also da fragt man da mal rum? Wie gehen wir eigentlich damit um? Und da bekommt man meistens gute Antworten aus dem Erfahrungsschatz von den Kollegen. Dann zusammengenommen machen wir es dann doch jetzt schon eine ganze Weile. Und das ist in der Tat oft sehr, sehr hilfreich. Denn es gibt die verschiedensten Krisensituationen. Es gibt viele Arten, sozusagen eine Company in Schwierigkeiten zu bringen. Und je mehr davon man schon gesehen hat, umso hilfreicher kann man dann vielleicht auch mal sein.

Joel Kaczmarek: Jetzt habe ich eben eigentlich so vorausgesetzt, dass das Game immer internationaler wird. Ist das eigentlich wirklich so? Merkst du, dass man mehr sozusagen pan-europäische Investoren hat, mehr aus dem wirklich auch außer-europäischen Ausland, mit dem du dich bettelst?

Christian Leybold: Ja, auf jeden Fall. Und ich finde das grundsätzlich erstmal eine sehr positive Entwicklung. Also weil wir hatten früher sicherlich eher einen Investors-Markt, kann man sagen, wo man sich als Investor eher sozusagen aussuchen konnte. Jetzt kann man schon fast sagen, es ist eher ein Gründermarkt, wo sich gute Gründer die Investoren aussuchen können und das führt zu Investoren. in einem eigentlich gesunden Wettbewerb unter den Investoren. Im Vergleich zu USA ist das hier überhaupt kein Wettbewerb. Da ist es immer noch grünes Feld, weil in den USA ist sozusagen ein Wettbewerb mehr als ein Dutzend Terms auf dem Deal. Das nennt man dann Competition. Hier ist es sehr, sehr selten, dass man Dutzend Angebote sieht. Dann reden wir meistens eher über zwei oder drei. Insofern ist es eher noch so, dass man sagt, jetzt haben wir eigentlich ein gesundes Ökosystem. Es ist aber so, dass viele über ihre Landesgrenze hinaus gucken. Machen wir ja auch. Und man sieht sicherlich so den einen oder anderen Markt, der da Besonders weit vorne ist. Frankreich, ist da vielleicht zu nennen. Emmanuel Macron hat ja sozusagen eine sehr bolde Initiative ausgerufen, ich glaube 6 Milliarden oder sowas zu investieren in Fonds, die vornehmlich natürlich dann in Frankreich investieren werden. Das sind schon gigantische Summen, da sind wir in Deutschland auch noch weit weg davon. Er möchte auch, dass da Pensionsfonds massiv investieren und so weiter. Und das führt natürlich dazu, dass die französischen Fonds auch schon in den letzten Jahren, aber auch in Zukunft immer größer geworden sind und natürlich dann auch schauen, was gibt es in international für Möglichkeiten, das Geld noch anzubringen.

Joel Kaczmarek: Das, glaube ich, in Kombination mit einem deutlich besseren Steuergesetz für VC-Investments in Frankreich, wenn ich mich nicht täusche, macht wahrscheinlich den ein oder anderen Unterschied. Gut, hervorragend. Schön, dass wir jetzt mal wieder gesprochen haben. Also ich glaube, wir haben ja wieder einen ganz guten Wrap-up hingelegt. Und ich nehme mal an, für Nachfragen und Anfragen zur Finanzierung kann man die sowieso mal schreiben. Und ich freue mich schon auf die nächsten Male mit dir, diesmal in kürzerer Taktung.

Christian Leybold: Genau, wir versuchen das bald mal wieder hinzukriegen. Vielen Dank.

Joel Kaczmarek: Hey! Hey!