Hubertus Bessau über die bunte Welt von Mymuesli

6. September 2017, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich sitze heute mit einem Urgestein der deutschen Internet- und Startup-Szene zu. Und da verzieht er das Gesicht, wenn ich das sage, weil er auch noch bescheiden ist. Stell dich mal ganz kurz vor mit einem Satz.

Hubertus Bessau: Ja, hallo, ich bin Hubertus und einer der drei Gründer von MyMuesli.

Joel Kaczmarek: So, jetzt sitzen wir hier in einem Unternehmen. das zehn Jahre alt geworden ist. Und ich sage ja immer, Internetjahre sind so wie mal sieben. Das heißt, was man in einem Jahr Gründertum im Internetbereich erlebt, reicht eigentlich für sieben im Normalen. Also habe ich es hier quasi mit einem 70-jährigen Familienunternehmen zu tun, könnte man sagen. Vielleicht sagst du mal ganz kurz, wie ihr gestartet seid, was eigentlich so der Kern eurer Marke ist. Und dann gehen wir mal in die Tiefe, was ihr noch für Ausbauten macht, was die Strategie ist, die ihr da verfolgt.

Hubertus Bessau: Wo du schon so angefangen hast, also wir haben uns gar nicht als Internetunternehmen gegründet. Vielmehr war es so, dass wir wirklich einfach richtig gutes Müsli machen wollten. Und die Erkenntnis war relativ schnell da, dass wenn man halt das beste Müsli der Welt machen möchte, dass das halt nicht für jeden das gleiche Müsli sein kann, sondern im Extremfall eben jeder ein anderes Lieblingsmüsli hat. Und das war die Idee und Kern von meinem Müsli von vornherein. Das war noch während unseres Studiums in Passau. Zu dritt haben wir uns eben Gedanken über verschiedenste Dinge gemacht. Viele Geschäftsmodelle, die auch wahnsinnig seriös hätten werden können und eben mal Müsli die ganze Zeit nebenbei. Und wir haben dann unser Herz tatsächlich an diese Idee verloren und immer Müsli-Mischungen probiert und weitergedacht, dass wir im Internet gestartet sind. hingen eigentlich nur damit zusammen, dass wir nicht genug Geld hatten, um offline zu starten, könnte man sagen. Ich konnte so ein bisschen programmieren. Wir sind damals gestartet mit einem Budget von 3.500 Euro, das wir zusammengelegt haben. Wir haben wirklich alles selbst gemacht, vom Streichen unserer ersten kleinen Produktion in der Passauer Innenstadt bis hin zur Programmierung und zur PR usw. Das Budget hat uns tatsächlich gereicht, auch um die ersten kleinen Zutatenbeutel im Biomarkt nebenan zu kaufen. haben dann 200 Gramm Rosinen gekauft und wenn die leer waren, haben wir eben dann von dem Umsatz die 1-Kilo-Packung gekauft und dann haben wir den 25-Kilo-Sack bestellt und etwas später kamen dann die Paletten. Und das Internet war, wie gesagt, unsere einzige Möglichkeit. Eine war eben das Budget und das andere, wir wollten ja nun jedem sein Lieblingsmüsli mixen. Und alle anderen Ideen und Gedanken dazu, wie irgendwelche Mixbars in Bedienung, waren einfach nicht darstellbar, weil Entweder scheiterte das dann wirklich an den Kosten auch, also wenn man noch einen Mitarbeiter braucht, der einem das dann mischt, wie in einer Käsetheke vielleicht im Supermarkt oder so, sind halt enorme Kosten. Und wir wollten wirklich, dass alles, was der Kunde auch ausgibt für so ein Müschen, möglichst in die Qualität mit einfließt. Und da wäre einfach sehr viel verloren gegangen. Zudem war das dann natürlich nicht so wahnsinnig gut skalierbar. Also dann hast du irgendwie einen Laden oder eine Supermarkttheke und musst dann schauen, wie es dann weitergeht. Da erreicht man halt nicht so richtig viele Leute. Also war das Internet für uns der einzige mögliche Lösungsweg. Und wenn man sich jetzt mal daran erinnert, wie war das denn eigentlich vor zehn Jahren, 2007? Was waren da so für Apps angesagt oder so? Was war da in den Charts von Vom iOS-Store, den gab es noch gar nicht. Den gab es noch nicht. Facebook in Deutschland hatte kaum jemand. Ich glaube, ich habe im Oktober 2007, war ich einer der Ersten mit einem Facebook-Profil. Und das gab es alles nicht. Also unvorstellbare Zeiten für heute. Und noch unvorstellbarer war eigentlich, dass man Lebensmittel online verkauft. Ich meine, das ist heute noch ein Nischending irgendwie, seine Lebensmittel online zu bestellen. Es kommt ganz langsam Aber damals und dann irgendwie nur ein Müsli, das war schon eine starke Wette, die wir da irgendwie eingegangen sind. Und haben deshalb auch gesagt, okay, wenn es nach drei Monaten irgendwie gar nicht funktioniert, dann machen wir halt was anderes. Aber wie gesagt, wir hatten uns so verliebt in die Idee, wir mussten es einfach ausprobieren.

Joel Kaczmarek: Dann habt ihr aber auch euch gleich das dickste Brett gesucht, nämlich individuell zusammengestellt. Also Mess-Customization war ja damals der Trend schlechthin. Auch so Spreadshirt gestartet mit den T-Shirts in individuellen. Dann gab es irgendwie, weiß ich nicht, Design-Geschichten, dass du dein Handy bekleben konntest und, und, und. Und ihr wart eigentlich ganz früh dabei in dieser Welle, dass jeder sich sein persönliches Müsli zusammenstellen konnte. Also reiner Online-Verkauf hat euch nicht genügt.

Hubertus Bessau: Absolut. Also wenn man jedem sein Lieblingsmüsli machen möchte und das eben nicht immer das Gleiche ist, dann landet man zwangsläufig da, dass man Mass Customization anbieten muss. Und das war gedanklich für uns überhaupt keine Frage, ob wir das machen oder nicht. Die Frage war nur, wie kriegen wir das dann eigentlich hin? Was das alles bedeuten sollte, Lebensmittelunternehmen in Deutschland aufzumachen, im E-Commerce-Bereich, mit der Logistik, mit Mass Customization, das wurde uns eigentlich erst die Monate und Jahre später wirklich klar. Und ich sage relativ häufig, wenn ich gefragt werde, wenn ich das alles gewusst hätte, was da auf uns zukommt, hätten wir nie damit angefangen. Heute bin ich natürlich trotzdem froh damit, dass wir es gemacht haben. Aber das war doch durchaus sehr komplex von den Operations. Und was man auch eigentlich nicht unterschätzen darf, ist bei Mass Customization, du kannst ja nicht auf Halde produzieren. Du kannst kein Lager voll machen und das abverkaufen. Das heißt, wenn man irgendwie mal eine Peak-Nachfrage hat, wie wir zum Beispiel relativ bald innerhalb des ersten Jahres schon einen Beitrag bei Galileo mit einer Million Zuschauern, irgendwie eine Zehn-Minuten-Sendung, dann arbeitet man einen riesigen Berg ab, aber nimmt es nicht einfach nur aus dem Lager und steckt es in ein Paket, sondern muss es auch dann erst herstellen und dann verschicken. Das heißt, wir sind mit einer enormen Komplexität gewachsen, die uns ständig begleitet hat und die auch nicht so richtig wenige geworden ist über die letzten zehn Jahre.

Joel Kaczmarek: Aber es ist ja wahrscheinlich euer Vorteil, dass ihr diese Komplexität früh angegangen seid, dass man diese Eintrittsbarrieren, von denen Investoren auch mal so gerne sprechen, was habt ihr für Barriers of Entry, dass ihr das sozusagen früh bewältigt habt und dann eine ganz andere Denke hattet, oder nicht?

Hubertus Bessau: Im Nachhinein wahrscheinlich schon. Trotzdem sind wir immer bemüht, heute auch noch die Komplexität gering zu halten. Und ich glaube, die große Kunst ist es tatsächlich, die Komplexität systematisch zu managen und Ich will nicht sagen, dass wir da besonders gut oder perfekt drin sind. Wir arbeiten da immer noch dran, das besser zu machen. Aber das ist die einzige Chance, die man hat. So haben wir dann irgendwann auch, als wir irgendwie den achten manuellen Mixplatz mit Waage und ganz vielen, also 80 Zutaten eingeführt hatten, haben wir dann irgendwann festgestellt, okay, so können wir das nicht weiter skalieren. Wir brauchen jetzt eine Lösung, die das automatisch macht. Und die haben wir dann eben auch entwickelt.

Joel Kaczmarek: Wann war das nochmal? Ich erinnere mich, ich hatte dieses Video gesehen, wo ihr so einen ewig langen Roboter gebaut habt mit so einem Laufband, der dann so eine Tüte oder ihr habt ja eigentlich Dosen unter den unterschiedlichen Zutaten durchführt. Wann war das?

Hubertus Bessau: Das war, das ist jetzt glaube ich sechs Jahre her ungefähr, da haben wir die Tieranlage aufgestellt. Und das war auch eine ganz lustige Geschichte, weil ein anderer Freund von mir sich selbstständig gemacht hat mit so Automatisierungstechniken und dann Habe ich ihm erzählt von unserem Problem und er hat gesagt, ja, das kann ja nicht sein, da muss es ja schon irgendwas geben. Weil sein Credo war immer, alles, was es schon gibt, baut er nicht. Und dann bin ich mit ihm über jede Messe zur Automatisierung und Lebensmittelproduktion gepilgert, die Europa so hergibt. Und wir haben einfach nichts Passendes gefunden. Teilweise gab es so Teillösungen, die dann aber schon horrend teuer waren, also wo man dann irgendwie 50 davon hintereinander stellen musste, damit man 80 Zutaten abbilden konnte und das war völlig out of budget. Und so haben wir uns dann hingesetzt mit ihm und wirklich die erste Müssimixmaschine der Welt entwickelt und hatten die wahnsinnige Angst, dass wir mit einem ewigen Prototypen leben müssen. Die Idee war aber ganz cool. dann von ihm, Gerd heißt er, der gesagt hat, okay, wir bauen eine autarke Station pro Zutat. Und wir hatten 80 Zutaten, deswegen haben wir 80 Stationen gebaut. Und diese einzelne Station wurde in sechs Iterationen vom Prototypen praktisch zur Marktreife entwickelt. Und als die eine Station für eine Zutat dann diesen Reifegrad hatte, brauchten wir sie nur noch zu multiplizieren und konnten so dann wirklich mit einem nicht Prototypen, sondern mit einem marktreifen Produkt anfangen zu produzieren. Und von der Funktionsweise her ist es so, Diese eine Station empfängt über ein Fließband eine leere Dose, auf der ein 2D-Barcode angebracht ist. Der wird an jeder Station gelesen und diese Station entscheidet, muss ich da rein oder nicht? Und wenn ja, wie viel von mir? Oder eben wenn nicht, dann reiche ich es weiter an die nächste Station. Und so durchwandert halt jede Müssidose alle Stationen und es wird halt immer geprüft. Muss da jetzt was von dieser Zutat rein oder nicht? Und am Ende kommt das fertige Müsli dann raus. Und das war der Ansatz. Die Maschine läuft auch heute noch bei uns. Ich glaube, es ist immer noch die einzige der Welt. Zum Glück auch patentiert natürlich, aber die hilft uns enorm bei der Abwicklung der individuellen Müsli, die wir eben produzieren, die man sich also online bei uns zusammen mixt. Parallel sind natürlich unsere fertigen Mischungen, unsere Ready-Mixes immer weiter auch angewachsen, unter anderem, weil wir nicht mehr nur online verkaufen, sondern auch in eigenen Läden, die wir betreiben und Supermärkten. Und da kann man sich das Mischchen nicht zusammenstellen, sondern das sind dann wirklich fertige Mischungen. Und für solche Mischungen ist diese Anlage jetzt auch nicht ausgelegt. Die produzieren wir mehr oder weniger herkömmlich und noch mit einem sehr großen Anteil manueller Arbeit auch.

Joel Kaczmarek: Und ihr habt nach wie vor nur diesen einen Roboter. Ihr habt nicht mal gesagt, wir replizieren den jetzt, machen drei an mehreren Standorten.

Hubertus Bessau: Nee, das ist tatsächlich von den Mixmaschinen her, für die individuellen Müsli ist das immer noch die, die wir damals installiert haben. Die war aber auch auf die Kapazität schon früher ausgelegt. Und wir haben es tatsächlich auch geschafft auf dem Weg, dass sie über die Zeit doppelt so schnell wurde wie anfangs geplant. Was wohl, wenn man einen Maschinenbauer fragt, fast ein Wunder ist, dass man das hinkriegt.

Joel Kaczmarek: Irgendwann umgekehrt wahrscheinlich.

Hubertus Bessau: Nee, man kann normalerweise immer schon ein bisschen optimieren, aber dass man wirklich so eine Geschwindigkeit rauskriegt, ist schon einmalig. Aber es ist trotzdem natürlich nicht zu vergleichen jetzt, wenn man sich diese Galileo-Videos oder so mal anguckt, wie Pizza hergestellt wird, Tiefkühlpizza, wie da irgendwie eine Million Stück am Tag rausfliegt. Davon sind wir sehr, sehr weit entfernt. Aber die Pizzen sind ja auch nicht individuell belegt.

Joel Kaczmarek: Wie viele Müsli jagt ihr denn durch diese Maschine so am Tag? Was kann die denn leisten? Wenn du sagst, 100 Pizzen sind es nicht oder eine Million sind es nicht?

Hubertus Bessau: Ich weiß es tatsächlich gar nicht. Es ist relativ unterschiedlich auch, weil das immer davon abhängig ist, was gerade heute die Kunden sich gemixt haben. Weil wenn einer zwei Zutaten nimmt und der andere irgendwie zehn Zutaten, dann braucht die eine Dose natürlich länger als die andere. Und die eine mit den vielen Zutaten drin hält auch alle, die dahinter kommen, auf momentan noch. Also die können sich nicht gegenseitig überholen. Deswegen ist der Output von Tag zu Tag relativ unterschiedlich.

Joel Kaczmarek: Muss man das echt so bauen, dass die alle 80 Stationen abfragt? Muss ich rein? Ja, nein, ja, nein? Kann man das nicht sozusagen mittlerweile machen, dass man den am Eingang sagt, fahr bis zu Nummer 7 und dann bis zu Nummer 20?

Hubertus Bessau: Doch, kann man alles machen. Es ist natürlich dann immer teurer. Allein so Fließbänder sind teuer. Und die Sache ist natürlich bei uns auch, wenn ein Kunde mehrere Müslis bestellt, und das kommt halt häufiger vor, als dass jemand ein Müslis bestellt, dann sollten die hinten in der Packstation auch gleichzeitig ankommen. Und dann nützt es nichts, wenn die eine Dose irgendwie zehn Minuten früher da ist und dann auf die andere warten muss. Also das waren alles so Überlegungen. Aber inzwischen haben wir eine sehr konkrete Idee, wie wir das für die Zukunft richtig gut optimieren. Und das wird dann nochmal richtig spannend.

Joel Kaczmarek: Gut, jetzt sind wir im Jahr 2017, da müssen wir mal einen kleinen Wrap-up machen, was sich seitdem getan hat. Also, ich überlege, womit wir anfangen. Also, stationäres Geschäft, hast du gesagt, habt ihr mittlerweile selber. Die letzte Zahl, die ich gelesen habe, waren 54. Kommt das hin?

Hubertus Bessau: Genau, tatsächlich betreiben wir über 50 eigene Läden in Deutschland. fünf Ländern, glaube ich. In Holland war es nur ein Pop-Up-Store, der hat glaube ich jetzt gerade geschlossen. Also in vier Ländern dann, die meisten aber natürlich in Deutschland und Schweiz und Österreich und in Schweden. Und wie gesagt, Holland war ein Pop-Up-Store, den wir ausprobiert haben in Utrecht. Und neben den Stores sind wir eben noch in vielen Supermärkten zu finden. eigentlich alle großen Namen, Rewe, Edeka und so weiter. Das heißt aber nicht, dass wenn man in einem Edeka oder in einem Rewe ist, dass man dann sofort in allen ist, einfach weil die auch ganz speziell, ich glaube, das führt jetzt zu weit, aber die haben eine spezielle Struktur, wie die aufgebaut sind. Bei Edeka sind es teilweise eben auch unabhängige Händler, die selbst entscheiden, was sie listen oder nicht. Und nicht in jedem Markt wären wir auch gut aufgehoben. Also wenn es Weil wenn unsere Zielgruppe halt nicht da in der Nähe ist, dann wird dieser Supermarkt eben auch nicht so viel verkaufen, dass es ihm Spaß macht.

Joel Kaczmarek: Wobei, wenn ich euch immer sehe im Supermarkt, dann eigentlich immer sehr prominent mit großen Aufstellern, mit viel Regalfläche. Ich meine, die Dosen haben ja eine gewisse Größe im Vergleich zu so einer kleinen Müsli-Packung, wie man die sonst kriegt. Also da fing ja Innovation bei euch schon an, dass ihr diese großen Zylinder habt. Aber wir fassen es zusammen. Okay, also roundabout 50 eigene Läden, 800 Mitarbeiter.

Hubertus Bessau: Der Headcount ist über 800, auch durch unsere Läden natürlich. Man kann pro Laden rechnen, gibt es einen Storemanager, einen Stellvertreter. Und Müsli-Berater, also studentische Aushilfskräfte, die natürlich nur ein paar Stunden immer die Woche arbeiten, aber der Headcount ist entsprechend dann hoch.

Joel Kaczmarek: Okay, also eigene Läden, stationäres Geschäft. Ich habe so nur die 2015er-Zahlen, wie das immer so ist, als Journalist rauskriegen können. Ihr macht Gewinn, ne? Rund eine Million Gewinn, 21,5 Millionen Umsatz habe ich für 2015 rausgesucht. Lasse ich dich jetzt nicht kommentieren, weil das wahrscheinlich eh nicht da ist. Aber man merkt schon, das ist schon ein solider Mittelständler, würde man im Offline-Bereich wahrscheinlich sagen. Und ihr habt eigentlich diese Trias aus stationär fremd, stationär selbst gemacht und online. Bei online können wir vielleicht auch nochmal in das ganze Mobile-Thema mit reintauchen.

Hubertus Bessau: Ja, super gern.

Joel Kaczmarek: Und jetzt mal zu den Ländern. Also Dach, Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande. Und wo seid ihr noch? Schweden.

Hubertus Bessau: Und wir sind in UK, wobei wir da halt kein aktives Marketing machen, weil wir gemerkt haben, der Return ist nicht so schön wie in den anderen Ländern. Aber genau, ich kann ja mal kurz durch die Kanäle führen und was wir wann, warum, wie gemacht haben. Also wie eingangs erwähnt, sind wir online gestartet und ausschließlich mit individuellen Müslis. Also wir haben auch überhaupt keine vorgemixten Müslis angeboten. Da hat sich alles daraus entwickelt und das ist auch nach wie vor noch der Markenkern.

Joel Kaczmarek: Wollte ich gerade sagen, es ist nach wie vor noch so, dass das so das Hauptgefragte ist?

Hubertus Bessau: Absolut, also das ist vielleicht auch eine Zahl, die ich sagen kann, aber von denen, die zum ersten Mal bei uns was bestellen, sind es immer noch ca. 30%, die wirklich sich ihr Müsli bei uns im Mixer zusammen mixen.

Joel Kaczmarek: Ich hätte gedacht, da sagst du 80% oder so.

Hubertus Bessau: Ne, ich kann dir auch gleich erklären, warum. ich glaube, wie sich das dann entwickelt hat. Also wir sind nur mit den Custom-Mixes gestartet und irgendwann wurden halt einfach die Rufe der Müsli-Freunde laut nach, Mensch, mach doch mal irgendwie das beste Schokomüsli der Welt oder ich bin Marathonläufer, habt ihr nicht irgendwas, wie ich mich vorbereiten kann, wie das mein Frühstück auch unterstützen kann. Und so haben wir halt angefangen, wirklich Müslis zu mischen, die nicht nur dem einen Müssigefreund oder der einen Müssigefreundin geschmeckt haben, sondern eine größere Gruppe von Müssigefreunden erreichen sollten. Nämlich die, die vielleicht auch keine Lust oder nicht die Zeit oder nicht das Wissen hatten, sich etwas zusammen zu mischen, was entweder ihrem Anspruch an die Nährwerte und Inhaltsstoffen oder den Geschmack anging. Und so haben wir eigentlich dann jetzt ein Sortiment aufgebaut von über 60 Premixes, wie wir sie nennen. Und das eine ist, dass wir uns angeguckt haben, okay, was gibt es eigentlich am Markt überhaupt für Kategorien, also Schokomüsli, Früchtemüsli usw. Birchermüsli, auch so ein Evergreen eigentlich bei uns. Und das andere war, dass wir geguckt haben, okay, was sagen eigentlich unsere Kunden oder eben Müsli-Freunde, wie wir sagen, was sie gerne hätten. Und die dritte Komponente war da halt immer einfach in die Datenbank zu gucken, weil wir natürlich hunderttausende von Müsli-Mischungen haben und dadurch, dass wir natürlich wissen, was wieder bestellt wurde, auch abschätzen konnten, hat diese Mischung jetzt geschmeckt oder nicht. Also wir wussten, welche Zutaten besonders gerne kombiniert wurden oder nicht. Und das ist alles mit in die Entwicklung von diesen Premixes eingeflossen. Klar hat dann natürlich auch nochmal ein Ernährungsberater mit rübergeguckt. Aber so sind Mischungen entstanden, die wirklich wahnsinnig lecker sind und auch besser als vieles, was man sonst bekommt.

Joel Kaczmarek: Das ist ja auch ein total cooler Case. Das erinnert mich so ein bisschen an, ich habe das mal gehört, dass Disney, wenn die neue Themenparks bauen, dass sie keine Wege anlegen, sondern da so 100 Leute einlassen, wie sich die angucken können. Und da, wo es am meisten ausgetrampelt ist, da ziehen sie dann die Wege lang. Und das ist ja bei euch ähnlich. Das ist ja wie Marktforschung am Leben der Objekte.

Hubertus Bessau: Sehr spannend. Ich wünsche, die Parks in Berlin würden das ähnlich machen. Muss man nicht immer querfeldeingehen. Aber ganz genau, also das hat uns enorm geholfen, eben erfolgreiche, fertige Mischungen anbieten zu können. Weil wenn man sonst in der Lebensmittelbranche sich mal umguckt und umhört, 90 Prozent der Neuprodukte floppen eigentlich. Und ich verstehe inzwischen auch besser, warum das so ist und wie der Markt funktioniert. Naja, du kannst halt eine beschränkte Zahl an Produkten überhaupt nur entwickeln, relativ egal, wie groß du bist. Und der Engpass, wenn es nicht die eigene Entwicklung ist, dann ist es halt Wo teste ich das wirklich am Markt? Das kannst du versuchen zu umgehen über Fokusgruppen und so weiter. Aber da gibt es ja nun auch schon genug Studien dazu, dass es halt dann vielleicht doch nicht so gut ist, weil diejenigen, die man einlädt in so eine Fokusgruppe, dann einem versuchen zu erzählen, was man hören möchte. Und dann floppt das Produkt eben doch im Regal. Und wie du es gerade schon sagtest, die Regale sind nicht unendlich groß. Also wer mal ein leeres Regal im Supermarkt gesehen hat, möge sich bei mir melden. Wir kommen gerne vorbei. Das gibt es eigentlich nicht. Also es muss immer irgendwas anderes rausfliegen dafür, dass was Neues reinkommt. Und die Betreiber von Supermärkten sind natürlich darauf aus, auf der einen Seite natürlich ein paar Innovationen anzubieten, aber auch eine gewisse Konstanz. in ihrem Sortiment zu haben. Das heißt, man kann nur ein paar testen und wenn die dann halt nicht den Geschmack derjenigen, die dort einkaufen, treffen, dann fliegt es halt auch schnell wieder raus. Und mit einer Floprate von normalerweise 90 Prozent in der Branche ist das natürlich ein mühsames Geschäft. Durch unseren Ansatz, also unsere Floprate liegt unter 10 Prozent. Das ist dann natürlich auch ein gewisser Vorteil, den man eben durch dieses datengetriebene Geschäft hat.

Joel Kaczmarek: Was sind also die Merkmale, die eine Rolle spielen, dass ein Müsli beliebt ist?

Hubertus Bessau: Ich glaube, verallgemeinern kann man das nicht, weil da sind wirklich die Geschmäcker auch zu unterschiedlich. Die einen mögen es halt super crunchy, die anderen mögen es halt sehr breiig. Dann kannst du mit allen Zutaten spielen und Eigenschaften des Geschmacks. Also ich Ein Schokomüsli hat natürlich, da hat jeder eine Vorstellung davon und die ist auch bis zu einem gewissen Punkt gleich. Aber dann im Detail unterscheidet es sich doch wieder ein bisschen. Und genau diese Details rauszuarbeiten, ich glaube, das unterscheidet dann wirklich ein erfolgreiches vom nicht so erfolgreichen Produkt.

Joel Kaczmarek: Ja, weil ich habe das ja am eigenen Leibe kennengelernt sozusagen. Ich habe mit deinem Marketing verantwortlich, mit dem ich den Werbedeal gemacht habe, gesprochen. Wir entwickeln zusammen einen digital kompakten Müsli. Sehr gut. Der Kickstart in den Tag wird dann aus Podcasts plus Müsli für unsere Hörer hoffentlich bestehen. Und dann habe ich ihm erzählt, dass meine Persönlichkeit auch ein bisschen widerspielt. Was bringe ich so rein in so einen Alltag? Und dann musste ich feststellen, ich habe so Allergie, Mandel und Milch. Und dann meinte er so, willst du das nicht trotzdem in deinen digital kompakten Müsli reinnehmen? Weil das ist total beliebt bei ganz vielen Kunden. Wo man so merkt, okay. Krass, was da manchmal für Elemente eine Rolle spielen. Und was ich jetzt aber gerne nochmal verstehen würde, ist, wie mischt ihr denn diese, sagen wir mal, Vorgefertigten? Also wenn ihr irgendwie sagt, ihr macht Schokolade, Erdbeer, Bircher, Fitnessmüsli, Low Carb, was weiß ich. Sind da Leute, die das per Hand mischen? Macht ihr das über Auftragnehmer? Macht das trotzdem auch eure Maschine?

Hubertus Bessau: Bei der Fertigung der Premixes gehen wir relativ traditionell noch vor. Im Gegensatz aber zu vielen anderen Herstellern haben wir durch über 60 Produkte, dazu kommt noch Porridge und so weiter, eine sehr große Vielfalt, also auch wieder eine enorme Komplexität. Und die Mischung und Abfüllung dieser Müslis ist semi-manuell. Also wir haben eine Mischung, die halt per Hand abgewogen wird, dann in einen großen Tumbler, das kann man sich vorstellen wie so eine große Betonmischmaschine in Lebensmittelqualität. Da werden die Zutaten dann vermischt, das wird wieder abgefüllt in einen Bottich und dann an Abfüllstationen, wo wir mehrere haben, weitergereicht, wo dann die Dosen befüllt werden. Aber das passiert momentan eben auch noch semi-manuell. Das heißt, da sitzt wirklich jemand und stellt eine Dose drunter und dann wird Müsi eingefüllt und dann nimmt er die Dose weg und jemand anders verschließt sie und dann wird es transportiert und ins Lager gestellt, weil die fertigen Müsis kann man natürlich lagern. Und genau, das ist so im Moment der Prozess. Da sind wir auch ständig dabei zu optimieren und die Kapazitäten zu erweitern. Und mal sehen, wenn das alles funktioniert mit unserer neuen Lösung der Mass Customization, haben wir demnächst ein großes System, was tatsächlich alle Müslis mischen kann. Also egal, ob jetzt der Jell sein Schokomüsli ohne Milch Anteil bestellt oder ob irgendwie ein großer Supermarkt sagt, ich möchte gerne 100.000 von diesem Blaubeermüsli haben.

Joel Kaczmarek: Ja, also als ich mit deinem Marketingverantwortlichen gesprochen habe, habe ich ja zum Beispiel festgestellt, ihr habt auch dieses Müsli-to-go, wo ich dann fragte so, hey, können wir nicht irgendwie drei digital kompakt Müsli-to-go-Styles machen in irgendwie türkis, orange, pink, so unsere Farben? Und dann, ich glaube, du hast mir das geschrieben, ja, könnte man machen, wenn die Mindestabnahme nicht bei vier Millionen läge. Also ihr produziert auch schon, ich glaube, war so, ne?

Hubertus Bessau: Das Problem ist tatsächlich dann nicht das Müsli an sich, sondern die Verpackung. Und das ist immer wie bei Druckerzeugnissen wichtig. dass man fast den gleichen Preis zahlt für 10 Stück wie für 100.000 oder so. Und gerade bei den Müsli-to-go-Bechern sind diese Zahlen, wo es dann halt irgendwann mal Spaß macht. Und man möchte ja auch nicht, dass die Käufer eigentlich einen Großteil für die Verpackung ausgeben, sondern eben der Wert soll in die Müsli-Mischung fließen. Und da ist es wirklich so, da braucht man enorm hohe Stückzahlen. Das ist verrückt.

Joel Kaczmarek: Aber da merkt man ja mal so ein bisschen die Logik dahinter, dass man eigentlich echt hingeht und versucht, Datenkompetenz aufzubauen, was die Inhalte angeht, was mögen die Nutzer wirklich. Dann kannst du in diese Skaleneffekte reingehen und dann funktioniert dein Geschäftsmodell ganz anders. Also das wird sicherlich auch noch ein tiefes Thema. Jetzt lass uns mal auf das stationäre Geschäft eingehen. Ich habe von deinem Mitgründer, dem Max Wittrock, irgendwie so ein Zitat gelesen, so Alle stellen uns immer hin, als wir sind der Onliner, der stationär geht. So empfinden wir uns gar nicht. Wir sind ein Onliner oder wir sind ein Müsli-Anbieter, der dahin geht, wo seine Kunden sind. Das heißt, ihr seht gar nicht eigene Läden, stationäres Geschäft so sehr als völlig separat, sondern es ist eigentlich eher die Frage, wo ist die Nachfrage für euch?

Hubertus Bessau: Ganz genau. Also am Anfang waren wir halt limitiert wirklich. Da konnten wir es uns einfach nicht leisten, etwas anderes zu machen als online. Und ich bin auch froh, dass wir das gemacht haben. Und das ist auch super. Das ist nach wie vor der stärkste Kanal von allen Absatzkanälen noch. Aber Wir haben eben damals auch festgestellt, dass viele dann wirklich angerufen haben oder so, statt auf unsere Website zu gehen. Ältere Kunden gerade haben gesagt, okay, ich weiß nicht, ich habe noch nie in meinem Leben online was bestellt. Ich möchte aber eure Müssi probieren. Mir ist jetzt so viel erzählt worden.

Joel Kaczmarek: Du bist mir jetzt noch eine Antwort schuldig geblieben. oder ich dir die Frage, was denn Hypothese ist, dass 30% Customization kaufen und 70% nicht. Liegt das an diesen Vormixen, die ihr habt?

Hubertus Bessau: Also das eine ist, dass wirklich Kunden sich nicht kreativ genug fühlen, ein Teil, oder es keine Lust dazu haben. Und das andere ist, dass wir im Marketing natürlich nicht immer ausschließlich nur sagen können, hey, mix dir doch dein Lieblingsmüsli, mix dir doch dein Lieblingsmüsli, mix dir dein Lieblingsmüsli. sondern wir setzen verschiedene Themenschwerpunkte und das ist immer mehr geworden, also von saisonalen Müslis zu Special Interest Müslis und je mehr Marketing wir in dieser Richtung machen, desto höher steigt der Anteil an vorgemixten Müslis. So, aber zurück vielleicht zu den Kanälen. Warum sind wir da, wo wir sind und wie entwickelt sich das weiter? Also wie gesagt, am Anfang hatten wir nicht die Wahl, wir mussten es online machen. Und dann haben wir eben festgestellt, dass es viel Offline-Nachfrage tatsächlich gab. Und ich meine, vor zehn Jahren war es noch verrückter als heute. Aber selbst heute findet ja Offline immer noch der größte Teil des Geschäfts statt. Also nicht nur beim Food-Business, da speziell nochmal mehr. Aber ich weiß keine genauen aktuellen Zahlen, aber über 95 Prozent der Ausgaben finden ja immer noch offline statt. Und bei Lebensmitteln noch extremer, also haben wir gesagt, okay, irgendwie das Größte, wir nagen gerade an einem Krümel von einem Kuchen, der riesig ist und wo wir halt wahnsinnig viele Müssifreunde mit ihren individuellen Müssis glücklich machen können, wenn wir es schaffen, auch offline anzubieten. Da haben wir drüber nachgedacht, aber möglich wurde uns das Ganze erst über unsere Premixes, weil wir dann wirklich ein Produkt hatten, was lagerfähig, handelbar, verschickbar war, ohne dass es halt extra produziert werden musste. Die Müslis haben wir dann in unserem ersten eigenen kleinen Laden in Passau angeboten. Den haben wir eigentlich ursprünglich aufgemacht, wirklich fürs Team. Es war auch mal schwierig für Freunde aus dem Team. Die können nicht einfach in Lebensmittelproduktion wandern und sagen, oh, ist ja lecker, hier stecke ich mal die Hand rein oder da. Das geht aus hygienischen Gründen schon nicht. Und das andere war, dass wir eben einen Ort gesucht haben, wo wir uns morgens zum Frühstück informell treffen konnten, bevor wir dann eben ins Büro übergegangen sind zum Arbeiten beziehungsweise in die Produktion, zum Müsli mixen. Das war unser Laden. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass das Internet schön und gut ist und man kann in der Echtzeit kommunizieren. Das andere war aber, dass das Internet, so kundennah man auch sein kann, trotzdem immer eine Barriere ist. Man kann sich nicht sehen, keinen Gesichtsausdruck usw. Wir wollten den direkten Kundenkontakt dann eben auch über unsere Läden haben, um Feedback einzusammeln, um einfach besser zu verstehen, was möchten unsere Müssi-Freunde eigentlich. Und das war ein Riesen-Asset. und der erste Laden hat uns selbst überrascht. Also es war ein winziger Laden, keine 20 Quadratmeter, 400 Euro Miete in einer C-Lage in der Nähe der Fußgängerzone in Passau. Und wir dachten, okay, das ist jetzt einfach netter Ort, so wie wenn man vielleicht ein Büro anmietet, aber es gibt da eben auch Kaffee und Müsli, stellten aber dann auch nach einem Jahr fest, okay, irgendwie trägt sich dieser Laden selbst und die Kunden haben ihn selbst entdeckt. Das war für uns der Anlass zu sagen, okay, wenn das so klein hier in dem Maßstab funktioniert, vielleicht geht es auch ein bisschen größer. Und den zweiten Laden haben wir dann in München angemietet, am Viktualienmarkt. Der hatte schon 65 Quadratmeter und war natürlich eine ganz andere Hausnummer. Aber wir waren und sind auch heute noch immer Freunde, wirklich alles zu testen. Und wenn etwas funktioniert, machen wir es weiter und mehr davon. Und so eben auch mit dem Offline-Laden. Und siehe da, Auch München hat ganz gut funktioniert. Und so haben wir eigentlich immer weitergemacht und geguckt, wie wir das stationäre Geschäft weiterentwickeln können. Bis wir dann, ich glaube, vor drei Jahren haben wir massiv viele Läden aufgemacht. Und das entwickelte sich auch alles gut. Das ist ähnlich wie Desktop-Seiten auch im Internet. Aber trotzdem ist es natürlich immer so, man weiß nie, wie lange das noch so ist. Und es kann auch gut sein, dass morgen irgendwie was anderes angesagt ist. Und wenn wir uns die Entwicklung in den Fußgängerzonen in Deutschland, aber wahrscheinlich auch weltweit angucken, dann ist einfach der Traffic da rückläufig und es wird auch weniger ausgegeben. Und wenn ich zum Beispiel schaue, wie das Konsumverhalten meiner Eltern ist und die auf einmal auch anfangen, nicht nur Bücher bei Amazon zu bestellen, weil es ja so bequem ist und dann kann man halt die Zeit, die man sonst zur Grundversorgung und zum Shoppen genutzt hat, irgendwie im Golfplatz oder was weiß ich wo nutzen, dann ist das, glaube ich, eine Beobachtung, die uns noch sehr beschäftigen wird in den nächsten Jahren.

Joel Kaczmarek: Also baust du eigentlich Läden, von denen du weißt, dass sie eine gewisse Haltwertszeit nur haben?

Hubertus Bessau: Zumindest machen wir eigentlich nichts, von dem wir sagen, okay, das wird für immer so sein, sondern wir beobachten halt ganz genau, wie entwickelt sich eigentlich was und wie schaffen wir es, möglichst von vornherein davon zu profitieren. Also wir haben relativ viel Instagram gemacht, als es noch nicht so gehypt war oder so. Wir haben Da sind wir auch ein bisschen gebrannt, Marc, sicherlich, weil wir haben zum Beispiel den Mobile-Trend, da hat auch jeder immer laut geschrien, oh, Mobile, und bald ist es die Hälfte des Traffics und so weiter, das dauert nur noch zwei Jahre. Da waren wir ein bisschen zurückhaltend und haben gesagt, puh, mal abwarten, weiß ich noch nicht, und wie mixe ich mir denn so ein Müsli? auf so einem kleinen Handy, da waren wir nicht schnell genug dabei. Also das ist sicherlich was, was uns sensibilisiert hat. Und ich glaube tatsächlich da auch an so eine Art Tipping Point. Es ist eigentlich eine schleichende Entwicklung. Alle sagen immer, das kommt, das kommt. Man steht da so ein bisschen daneben, guckt sich das an. Ja, wirklich, kommt das? Und auf einmal, bam, es ist ja viel größer, als man es gedacht hat. Den Punkt zu verpassen, ist halt blöd. Und wir haben, wie gesagt, online gearbeitet. Im Digital-Business haben wir im Mobile so ein bisschen verschlafen. Ich glaube, da waren wir auch nicht ganz die Einzigen, aber inzwischen sind wir ganz gut aufgestellt mit einer eigenen App und einer vernünftigen mobilen Website. Aber das soll uns in anderen Kanälen nicht nochmal passieren.

Joel Kaczmarek: Was sind denn so eure Prämissen, wenn ihr eigene Ladengeschäfte aufmacht? Also du wirst ja wahrscheinlich so ein Set an Faktoren ausgesucht haben. Größe, Lage, weiß ich nicht, Aufbau der Immobilie. Also wenn ich in eure Läden gegangen bin, haben die immer so den Eindruck, wir sitzen hier gerade in so einem Meetingraum, der hat so 2x3 Meter. Die sind oft nicht viel größer, vielleicht mal 2 oder mal 3 eure Müsli. Zumindest die, die ich kenne. Ist zum Beispiel klein und eher so ein bisschen so schlauchförmig ein Thema. oder ist das voll die Fehlwahrnehmung von mir?

Hubertus Bessau: Ich Bin mir nicht ganz sicher, in welchen Läden du da warst.

Joel Kaczmarek: Wir stehen jetzt in der Schlossstraße zum Beispiel.

Hubertus Bessau: Ah ja, okay, genau. Der hat, glaube ich, 45 Quadratmeter. Also ein bisschen größer als 2x3 Meter hier. Wo du sicherlich recht hast, ist, dass wir sehr unterschiedliche Läden haben. Ich glaube, der kleinste Laden ist in der Grabengasse in Salzburg. Der hat so 10 Quadratmeter oder so.

Joel Kaczmarek: Der kostet aber auch wahrscheinlich so viel wie der größte Laden in irgendeiner anderen Stadt.

Hubertus Bessau: Genau, die Faktoren sind aber ganz andere. Und der größte Laden ist in Basel in der Marktgasse und der hat 150 Quadratmeter. Wie kann das sein, dass irgendwie ein Konzept in so unterschiedlichen Objekten lebt, Es ist wieder Komplexität natürlich, die da auch eine Rolle spielt. Aber wenn man eben einen Laden aufmacht, dann kann man es sich nicht unbedingt immer aussuchen. Und je ungünstiger für die großen Standardkonzepte ein Objekt ist, desto mehr kann man damit rechnen, dass man das zu einem günstigeren Preis bekommt. Auf der anderen Seite hat man natürlich ein Riesenproblem, weil man immer wieder sein Konzept anpassen muss und nicht einfach Schuhkarton-mäßig duplizieren kann. Jetzt kann man viele Sachen versuchen rauszuanalysieren, was funktioniert, was funktioniert nicht, was muss wohin gestellt werden, wie muss das aussehen. Wir wussten oder wissen bei jedem Laden, den wir aufmachen, nie, ob der funktioniert. Jeder Laden ist wie ein einzelnes Startup. Wir wissen, dass die Müslis funktionieren, aber das ist alles. Und das Schlimme eben bei den Läden ist, im Gegensatz zu einem digitalen Produkt, wo ich einfach viel testen kann und zur Not baue ich einfach alles um, Das geht halt mit Läden nicht. Also ich habe die Beschränkung der Lage, ich habe die Beschränkung der Raumbeschaffenheit und ich kann vorher nicht sagen, ist das bei dieser einen irgendwie gut oder schlecht. Ich kann versuchen, viel zu erfahren, über welche Art von Menschen läuft da vorbei, was kaufen die ein, was nicht. Aber manchmal entscheiden einfach ein oder zwei Meter rechts oder links über deinen Erfolg oder Misserfolg. Und das ist hochrisikoreich und sehr teuer, einfach weil man natürlich in so einen Laden erstmal investiert, wenn man den aufmacht, weil man teilweise längere Verträge eingeht. Und das ist wirklich eine Herausforderung und auch etwas, wo wir viel lernen mussten.

Joel Kaczmarek: Kannst du so andeuten, wie viel Impact euer Ladengeschäft macht in eurer gesamten Bilanz?

Hubertus Bessau: Es ist der zweitstärkste Kanal momentan, aber natürlich im Vergleich mit online mit sehr viel höheren Kosten versehen.

Joel Kaczmarek: Und wie macht ihr das so personalseitig? Weil ganz viele Konzepte, die auf Ladengeschäften basieren, gehen ja da so Franchise-mäßig ran. Also wenn ich es richtig in Erinnerung habe, waren so Mediamarkt zum Beispiel immer das Problem, die konnten online nicht konkurrieren, weil da jeder Laden ein einzelner Einzelunternehmer war, wenn man so will. Und da konntest du halt schwerlichst verargumentieren, warum das jetzt in der Online-Zentrale in Anführungsstrichen halb so viel kostet wie im stationären und vice versa. Also du hattest Interessenskonflikte, lange Rede, kurzer Sinn. Du hast vorhin schon so kurz angedeutet, ihr habt so Store-Manager und dann Müsli-Berater. Das sind sozusagen einfach eure Mitarbeiter und irgendwie musst du die doch wahrscheinlich auch kontrollieren. oder wie macht ihr denn das?

Hubertus Bessau: Genau, also zur Organisationsform. ist es wirklich so, wir haben keine Franchise-Läden. Jeder Müsli-Laden, den es gibt, mit einer temporären Ausnahme, die es mal in Korea gab, haben wir alle selbst aufgemacht. Und betrieben. Und der in Korea war auch kein Franchise-Nehmer und das war auch nicht mit uns abgestimmt. Aber ansonsten betreiben wir die selbst. Wir wollten wirklich auch die Kontrolle dabei halten und den kompletten Durchgriff zum Kunden haben. Bei Franchise-Nehmern, die handeln eben auf eigene Rechnungen. Das kann ein super sinnvoller Ansatz sein, aber es ist eben auch nicht ausgeschlossen, dass da dann auf einmal irgendjemand noch Kaugummis mitverkauft oder Soft-Ice oder sonst was.

Joel Kaczmarek: Da geht es auch um Standardisierung.

Hubertus Bessau: wahrscheinlich, ne? Ja, genau. Und das sind halt riesige Vertragswerke. Und irgendwie, das war uns alles ein bisschen, es schien uns nicht geeignet für das, was wir wirklich vorhatten, weil wir wollten halt eine perfekte Behandlung. User Experience haben, wenn der Kunde wirklich so stark mit der Marke in Berührung kommt, wie er es sonst eigentlich kaum tut, weil entweder ein Screen dazwischen ist oder in einem Supermarktregal kann man eben auch nicht so wahnsinnig emotionalisieren. Das versuchen wir über unsere Stores zu machen.

Joel Kaczmarek: Was ist denn deine Zukunftsperspektive? Ganz vielen irgendwie Food-Leuten und Journalistenzwickt es ja langsam im Schlipper,weil Amazon irgendwie mit Amazon Fresh vorreitet,hat irgendwie Whole Foods gekauft. Also einerseitsalso Whole Foods ist wahrscheinlich eher sovor dem Logistik-Gedanken zu sehen,als jetzt, dass Amazon anfängt,wildstationären Handel zu machen. Was bedeutet so ein Amazon zum Beispiel für euch? Ist es für euch irgendwie ein attraktiver Kanal? Das ist ja immer so ein bisschen, ich glaube, Alex Graf sagt immer, die Crackdose, die die einem anbieten. Irgendwie bringt es einen in die Höhe, aber man macht es einem auch abhängig etc. Muss man ja sehr mit Vorsicht genießen. Aber wie seht ihr so eine Amazon-Entwicklung?

Hubertus Bessau: Also wir verkaufen nicht aktiv auf Amazon und ich glaube, es gibt, man möchte ja auch wirklich nicht auf Amazon. Das ist eine strategische Entscheidung, die in unserer Position hier und heute, glaube ich, noch richtig ist. Wird das immer so bleiben? Weiß ich nicht. Ich weiß nur, wenn wir dazu gezwungen sind, das irgendwann zu machen, weil Amazon einfach einen wahnsinnig tollen Service hat, muss man sagen. Und man konkurriert ja dann nicht mit einem Müsli, das Amazon verkauft, sondern mit dem Gesamt-Service-Paket. Also wenn ich dann halt same day innerhalb von irgendwie ein, zwei Stunden über Amazon Fresh alle meine Einkäufe erledigen kann in Zukunft, dann konkurriert jeder, der eben nicht über Amazon verkauft, aber auch mit diesem Service-Paket. Also wenn es dann halt irgendwie trotzdem drei Tage dauert, bis ich mein Müsli bekomme und ich muss mich woanders einloggen und es ist nicht so convenient, dann kann das zukünftig zu einem Problem werden. Das sehe ich auf jeden Fall so. Auf der anderen Seite ist es für uns enorm wichtig, den Zugang zum Kunden zu haben. um Feedback zu den Produkten zu bekommen, um besser Marketing und CRM zu machen. Das ist unser Asset. Wenn ich jetzt heute anfangen würde, würde ich mir sehr genau überlegen, brauche ich einen eigenen Webshop, brauche ich eine eigene Logistik oder lasse ich das vielleicht direkt Amazon machen. Ein paar Beispiele, wie wirklich auch Marken nur über Amazon verkaufen. Also ich glaube, da gibt es irgendwie iPhone-Cases und so weiter. Das ist, glaube ich, auch ein ehemaliger Amazon-Mitarbeiter, der ein Riesenunternehmen aufgebaut hat, nur über Amazon und über die Mechaniken da. Für uns ist Amazon heute in unseren Kernmärkten bestehend. keine sinnvolle strategische Option.

Joel Kaczmarek: Ich meine, ihr seid ja, kann man glaube ich so sagen, für die so ein Traumkandidat. Also emotional aufgeladenes Produkt, lebhaft sehr hohe, also Wiederbestellquoten, weil wie lange reicht so ein Müsli? Wahrscheinlich bestellt man sich ein bis zwei im Monat. Also das finden die ja total super, aber man kriegt ja auch immer so mit, wenn ihr dann da verkauft, dann guckt sich Amazon genau an, welche Premixes gehen gut raus, dann bauen sie die nach, wenn ihr irgendwie nicht performt, dann kommen so die Strafen.

Hubertus Bessau: Also Das Gute ist, glaube ich, dass für Amazon ist der Müsli-Markt einfach zu klein und zu nischig. Bevor es wirklich in Amazon-Müsli geht, weiß ich nicht. Das andere ist, dass natürlich das, was man Müsli ausmacht, eben auch das Selbstmixen ist und das Selbstzusammenstellen. und da wüsste ich bis heute nicht, dass Amazon da irgendeine Lösung hätte, wo man dann sinnvoll zusammenarbeiten könnte, dass Amazon-Kunden bei Amazon auch das Müsi selbst zusammenstellen können und wir würden es dann produzieren und weiterleiten. Also das ist sicherlich noch was, wo eine Lücke klafft, aber ich bin gar nicht so unfroh drüber.

Joel Kaczmarek: Jetzt sollten wir nochmal ein, zwei Sätze zu Mobile sagen, ehe wir mal in eure anderen Produktkategorien mit eintauchen, weil das ja auch so ein bisschen in eure Strategie eigentlich auch, ja, sozusagen andeutet. Jetzt hast du gesagt, Mobile seid ihr irgendwie hinterher und wir haben schon über das stationäre Geschäft geredet, die ihr teilweise verzahnt. Also ich habe witzigerweise, ich gehöre zu den 30%, die bei euch zum ersten Mal, wenn sie das erste Mal bestellen, individuell mixen und ich war Mobile-Nutzer. In was für einer Prozentkohorte bin ich da, wenn ich mobiler Nutzer bin?

Hubertus Bessau: Also wir waren ursprünglich, glaube ich, mobile ein bisschen hinterher im Vergleich zu anderen E-Commerce-Unternehmen. Ich glaube, inzwischen sind wir das nicht mehr und dementsprechend sind auch unsere Zahlen, was Traffic-Revenue über die einzelnen Kanäle angeht, glaube ich, entsprechend ziemlich dem Standard. Wir haben, glaube ich, ein bisschen über die Hälfte wirklich Mobile-Traffic. Und wie es halt immer so ist, ist der Umsatz mobile, hinkt dafür dem Desktop-Anteil ein bisschen hinterher, aus welchen Gründen auch immer. Aber was wir halt immer versuchen zu machen, ist wirklich aus Kundensicht zu denken und auch mit den Kunden zu überlegen, wie ist es denn eigentlich sinnvoll, dass man sein Müssi bestellt. Und ein Riesending ist natürlich einfach das Nachbestellen von Mischungen. Wenn ich halt ein Mobiltelefon habe, dann kann ich da wesentlich länger eingeloggt bleiben eigentlich, als vielleicht am Arbeitsplatz, Rechner oder sonst wo. Das heißt, im Idealfall kann ich meine Müsli-Bestellung von vor zwei Wochen mit drei Klicks nachbestellen. Das kann ich auf dem Sofa machen, wenn ich gerade daran denke und denke, es ist bald wieder Wochenende und wir haben kein Müsli da. Das ist das eine. Das andere ist, dadurch, dass wir natürlich eine ziemlich ausgebaute Offline-Präsenz auch haben, wo man nicht custom Mixed Müsli kaufen kann, dass wir da eine Brücke herstellen wollen. Auf der einen Seite wollen wir eben in unseren Läden es ermöglichen, dass man Müsli zusammenstellen kann sich. Und auf der anderen Seite gab es immer so diesen Missing Link zwischen Online und Offline. Also wir wussten nicht, welche Kunden in unseren Läden gekauft haben. Und wenn wir dann online irgendwelche CRM-Maßnahmen geschaltet haben und gesagt haben, Mensch, Joel, hier, kauf doch mal wieder online, wir haben dich so lange nicht gesehen. Vielleicht hat in der Zeit dazwischen irgendwie mein Müssiladen um die Ecke aufgemacht und wir haben das gar nicht auf dem Schirm. Und dann sagst du uns, du, ich kaufe jetzt mein Schoko-Müssi immer hier nebenan. Ihr Idioten, wieso checkt ihr das nicht? Wir wollten also wirklich auf der einen Seite die Kunden offline identifizieren, auf der anderen Seite den ermöglichen, Custom Mixed Müsli auch in den Läden zu bestellen. Und das haben wir gelöst über unsere MyMüsli-App, die auch super funktioniert, auch im iOS-Store. Und wir haben uns da ein System zunutze gemacht, mit dem man Jede Zutat bei uns hat so ein Symbol und die kleben in den Müsseläden an der Wand und man kann dann mit seiner App diese Symbole einscannen und sich auf die Art und Weise seine Lieblingsmüsse zusammenmixen. Das kann man dann in den Läden abholen ein bisschen später oder sich nach Hause schicken lassen. Und das war so die Brücke, die wir immer gesucht hatten eigentlich. Und das funktioniert echt ganz gut. Also probiert es gerne mal aus. Man kann diese Zutatensymbole auch von den Dosen hinten scannen oder aus unserer Müssi-Zeitung, was auch noch ein Kommunikationsmedium ist. Und das wird auch immer mehr benutzt.

Joel Kaczmarek: Ich sage, ich finde das fasziniert gemacht. Also ich habe das auch so getan, du willst ja so eine Grundzutat aus, was ist so deine Basis und da kannst du hinzubuchen. Ich verstehe auch manchmal, dass Leute sich nicht zutrauen, selbst zu mixen, weil ich habe bei mir selber, ich habe glaube ich jetzt zwei Mixes gemacht, habe gemerkt, so der eine, den fand ich erst kacke und dann doch irgendwie ganz gut und den zweiten so völlig anders. Also da hat man so eine gewisse Lernkurve, die man nehmen muss, aber wie das sozusagen verzahnt, finde ich eigentlich ganz spannend, weil man hat ja so diese Multichannel-Diskussion immer, wo so die Wenn du bei Kollegen Graf oder Kollegen Krisch liest, an den Einstiegen E-Commerce-Blogs, dann ist ja so Multichannel eigentlich der letzte Müll. Und es ist ja sozusagen, was der stationäre Handel sagt, was er sagen muss, weil sonst würde er sich eigentlich eingestiehen, dass sein Konzept gerade nicht aufgeht. Also ihr verzahnt das schon, ganz interessant. Und du sagst ja eigentlich auch, ihr seid da schon so selbstkritisch, dass ihr hinterfragt, was das on the long run, also was da noch wie funktioniert. Würdest du sagen, also ist aus eurer Sicht Multichannel ein tragfähiges Konzept dann?

Hubertus Bessau: Auf jeden Fall ist es ein sehr komplexes Konzept aus der operativen Sicht und das ist sicherlich eine unserer großen Herausforderungen, dass wir die Komplexität schon in der Herstellung einmal haben, aber eben auch absatzseitig. Und der dritte Kanal, über den wir noch nicht gesprochen haben, sind ja auch noch Supermärkte.

Joel Kaczmarek: Ja genau, da wollte ich auch mal so deine Tipps abgrasen.

Hubertus Bessau: Wir sind ja eben online, digital oder digital eben mobile und Desktop unterwegs. Wir sind mit eigenen Läden unterwegs, aber eben auch bei Supermärkten, was auch wieder eine extreme Komplexität in den Vertriebs- oder in den Absatzkanälen mit sich bringt. Darüber hinaus haben wir noch ein B2B-Geschäft jenseits der Supermärkte, also wo wir Firmen und Teams eben mit Müsli beliefern. Wir haben so ein Müsli-Board zum Beispiel, was sich immer mehr interessiert. Unternehmen auch eben mit in die Küche stellen, gerade Agenturen.

Joel Kaczmarek: Hast du die Story von mir damals mitgekriegt eigentlich? Nee, welche? Ich bin im März 2015 bin ich ja Vater geworden, so ein Kind gekriegt. Und dann waren wir drei Tage in so einem Krankenhaus, total tolles, Havelhöhe, Spandau. Also da hat irgendwie jede Schwester nochmal ihren eigenen Therapeuten, die dich betreut und so weiter. Und du merkst halt so, Krankenschwestern, Hebammen sind ja irgendwie so Sagen wir mal so, die kriegen gesellschaftlich nicht die Aufmerksamkeit und Zuwendung, die ihnen, glaube ich, zusteht. Dann haben meine Frau und ich überlegt, was können wir tun, um denen eine Freude zu machen. Da habe ich gedacht, fuck, komm, wir holen so ein MyMuesli-Board. Das war damals bei Gründerszene so eine Aktion, die ich auch gesehen hatte. Du holst dir so ein Ding, 150 Euro oder so, wurde hingeliefert. Da habe ich irgendwann einen Anruf bekommen. Ja, guten Tag, Herr Kaczmarek, ist das krank? Das ist ja total nett, dass Sie uns Muesli schicken, aber dieses Board, das passt bei uns hier nirgendwo rein. Da muss ich allen Ernstes hinfahren, mir einen Transporter mieten, das Board zurückfahren, das Müsli haben sie behalten. Also es spricht für euer Produkt.

Hubertus Bessau: Ja, das ist ein großes Board tatsächlich, aber es sieht auch halbwegs stylisch aus. Also unter mymüsli.com slash Müsli-Board kann man sich das alles angucken.

Joel Kaczmarek: Ich finde das super. Das ist ja wirklich, kann man ja sagen, so zwei Meter hoch und ich glaube drei, vier Reihen, wo dann dieser Tuck oben, bis du reinsteckst. Wo ich dachte, wie geil ist das denn für die?

Hubertus Bessau: Ja, nee, absolut. Also ich glaube, das ist auch ein Motivationsfaktor wirklich. Und wenn ich eben mit Agenturchefs und so weiter spreche, die sagen auch immer, ja, es ist super, weil die Mitarbeiter können das ja auch mit zum Platz nehmen und weiterarbeiten. Und trotzdem essen sie was Gesundes und haben dann nicht irgendwie so das Loch im Bauch danach. Genau, also das ist ein Kanal. Und dann haben wir auch noch in dem Bereich, machen wir viele Mitarbeiter- und Kundengeschenke, also individualisieren wirklich.

Joel Kaczmarek: Xing-Dosen habe ich gesehen, ne?

Hubertus Bessau: Zum Beispiel für Firmen, die die dann weiter verschenken. Also vier große Kanäle mit ganz unterschiedlichen Dynamiken und Mechanismen, die man auch erstmal handhaben und managen muss. Ganz richtig, wie du schon sagst, wir gucken uns alles immer ganz genau an und versuchen halt wirklich schnell genug auf einen Zug mit aufzuspringen, wenn es sich ein neuer andeutet. Aber was wir noch ein bisschen lernen müssen, ist glaube ich auch schnell genug wieder runter zu springen, wenn es mal irgendwie nicht mehr so gut funktioniert. Und das ist ein ständiger Wandel. Funktioniert Multichannel oder nicht? Ich kann dir darauf keine Antwort geben, die ich selbst vor mir verantworten könnte. Auf der einen Seite ja, total. Wir sehen, was über die Kanäle kommt. Unsere Meinung und unser Ansatz war immer, es kannibalisiert sich nicht, sondern es befruchtet sich gegenseitig eigentlich. Wir können aus unseren Daten nichts Gegenteiliges lesen. Also eine wirklich fundierte, validierte Antwort kann ich dir nicht geben. Die Frage ist aber auch immer, bis zu welchem Sättigungspunkt gilt diese Hypothese? Also wenn es irgendwann innerhalb von 200 Metern vier Supermärkte und dreimal Müsseläden gibt und dann noch jemand irgendwie mit einem mit einem Müsi-Truck rumfährt und sagt, hier bestell jetzt online, also irgendwo ist dann glaube ich schon auch Schluss. Und das muss man glaube ich auch erkennen. Wir sind glaube ich in den meisten Bereichen nicht an diesem Punkt, aber der wird irgendwo sein. Ich glaube, bevor wir den erreichen, ist es eher so, dass wir feststellen, okay, der ein oder andere Kanal ist vielleicht auch nicht mehr über die Zeit so tragfähig, wie wir das gehofft hatten.

Joel Kaczmarek: Wie ist es jetzt mit Einzelhändlern, also Supermärkte? Ich habe mal gelernt, es heißt Einzelhandel, weil die einzeln handeln. Also es ist ein tierischer Pain in the Ass, mit denen irgendwie was zu finden, was skaliert oder in so einen Modus, in so einen Arbeitsmodus zu kommen. Und dann kommen diese Faktoren hinzu, die du vorhin eingangs angesprochen hast. Space of Shelf ist sozusagen limited. Also der Regalraum, der ist irgendwie endlich und du musst hart performen, damit du den auch behältst. Ansonsten wirst du irgendwie ausgetauscht. Also da spielen ja ganz viele Entwicklungen rein. Wie geht man mit Supermärkten um, um als eher online-affines Unternehmen möglichst viel aus diesen rauszuziehen?

Hubertus Bessau: Erstmal geht man, glaube ich, so damit um, dass man nicht mit der Hypothese angeht, wir möchten möglichst viel rausziehen. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Bei uns war es sogar so, damals als wir angefangen haben und es langsam losging, haben wir wahnsinnig viele Anfragen bekommen von Supermärkten. Da haben wir gesagt, hey, ihr passt perfekt bei mir rein, können wir euch bitte listen, ich hätte gerne die und die Sorten. Wir haben aber unsere ganze Rechnung, unsere Kalkulation, unsere Unit Economics, die waren nicht darauf ausgelegt, dass es noch einen Zwischenhändler gibt. sondern wir haben wirklich alles, was eben an Umsatz reinkam, in Produktqualität gesteckt. Und deswegen waren die Margen nicht so, dass man sagte, ja Mensch, super, komm lieber Supermarkt-Händler, nimm dir auch noch was vom Kuchen. Und by the way, unser Müsli steht dann irgendwie neben Waschmittel und sonst was, wo wir unsere Marke einfach gar nicht sehen. Und so haben wir wirklich die ersten anderthalb Jahre jedem abgesagt und gesagt, hey, total nett, aber dafür sind wir irgendwie nicht da und wir sehen einfach den Sinn nicht. Und diese Anfragen haben nie wirklich abgenommen, bis zu dem Zeitpunkt, wo ich dann gesagt habe, okay, irgendwann müssen wir halt eine 400-Euro-Kraft nur dafür einstellen, dass die die Supermärkte abzeigt. Das geht irgendwie nicht. Können wir das nicht digital lösen, dieses Problem? Und dann habe ich ein Kontaktformular auf die Seite gesetzt wo man eben dann auswählen musste, mit welchem Anliegen man eigentlich an uns herantritt. Und eins war eben, ich möchte es weiterverkaufen, ich bin Händler oder sonst was. Und damit eben die Anzahl derjenigen abnimmt, die da immer gefragt haben, habe ich ein relativ großes Formular gemacht, wo ich gesagt habe, hey, wir machen das nicht, stand drüber, wir machen das eigentlich nicht. Wenn du aber meinst, dass wir es unbedingt mit dir mal ausprobieren sollen, dann kannst du das gerne hier ausführlich begründen, so in der Art. Ich dachte damit, es war schon ein bisschen frech auch, aber es war wirklich ein Arbeitsbelastungsfaktor geworden. Und ich dachte, damit ist es erledigt, es wird sich nie wieder jemand melden. und die sagen einfach, okay, diese arroganten Säcke, was soll das? Es ist weniger geworden, aber es ist wirklich verrückt. Wir haben Aufsätze und Bewerbungsschreiben bekommen, Motivationsschreiben. Ja, ich habe hier ein Foto angehängt, da ist eine Ecke, ich lasse euch da ein Regal bauen in dem und dem Stil. Ich weiß ganz genau, wie es aussehen kann. Hier sind genau eure Kunden. Lass das bitte machen. Und irgendwann haben wir gesagt, okay, jetzt irgendwie müssen wir reagieren und mal ein paar Tests dann fahren. Inzwischen war es auch so, dass zum Glück unsere Einkaufsmengen so gestiegen waren, dass die Marge das irgendwie gerade so zulassen konnte. Und dann haben wir mit ein paar handverlesenen Supermärkten, wo wir gesagt haben, okay, das Umfeld passt zu unserer Marke, haben wir getestet und siehe da, es funktionierte tatsächlich. Das war alles andere als klar, weil wer unsere Dosen kennt, weiß, dass so die grundsätzlichen Sachen des Marketings nicht gegeben sind. Wenn eine Müsli-Dose von uns im Regal steht, mit Glück checkt man, dass da Müsli drin ist, aber noch nicht unbedingt welches. Und man hat kein Fenster und so weiter. Alles das, was man normalerweise als Erfolgsfaktoren für Produkte in einem Regal ansieht, haben wir nicht mitgebracht. Das Einzige war halt wirklich die Marke. Aber die musste man kennen, um dann auch im Supermarkt zu kaufen. Trotzdem hat es funktioniert. und dann haben wir, ich glaube, über zweieinhalb Jahre lang mehr oder weniger passive Sales gemacht und haben dann immer jeden Einzelnen, der bei uns angefragt hatte, analysiert, haben uns den Supermarkt angeguckt und haben dann überlegt, okay, passt oder passt nicht. Und dann wurden wir da aufgenommen und das waren tatsächlich, wie du sagst, einzelne Händler.

Joel Kaczmarek: Okay, es ist nicht so, dass du bei Rewe einmal vorstellig wirst, einmal bei Edeka und dann hast du es flächendeckend in 10.000 Läden oder so?

Hubertus Bessau: Kann man versuchen. Die sagen dann aber auch, okay, wen muss ich dafür rausschmeißen, was bringt mir das? Und übrigens, die Listungsgebühr ist 150.000 Euro. Wenn ihr aber nicht so und so oft über die Scannerkassen gezogen werdet, seid ihr nach sieben Tagen wieder raus. Kann man machen. Aber es ist die Frage, ob man das machen möchte. Wie gesagt, wir wollten es am Anfang gar nicht, haben dann aber gesehen, es ist durchaus ein valider Kanal und sind ganz langsam gewachsen. Nach diesen zweieinhalb Jahren passiver Sales haben wir dann gesagt, okay, jetzt können wir langsam mal ein Vertriebsteam wirklich aufbauen, weil wir es auch gar nicht mehr geschafft haben, diese ganzen Supermärkte überhaupt anzusehen. Und das war für uns immer ein K.O.-Kriterium. Wir wollten nicht irgendwo gelistet sein, wo wir nicht gesehen haben, in welchem Umfeld wir denn da stehen mussten. Und dann haben wir mit aktivem Vertrieb begonnen. und die nächste Stufe, nach denen man immer nur mit Einzelnen spricht, ist dann, dass man mit der Regionalverwaltung spricht. Also die ganzen großen Ketten sind eben so organisiert, dass sie halt regionale Zusammenschlüsse haben, die wieder administriert werden eben von einer regionalen Verwaltung. Und dann gibt es, die haben dann irgendwie so lustige Namen wie Südwest oder so. und dann spricht man auf der Ebene und irgendwann spricht man mit der tatsächlichen Zentrale. Und erst wenn man wirklich zentral gelistet ist, können überhaupt auch alle Märkte, die eben mit unter diesem Dach vereint sind, die die Produkte automatisch im System ordern. Das hat dann Vorteile wie eine Anlieferung an ein Zentrallager, was einem logistisch einiges an Arbeit abnimmt, wenn man nicht jeden Supermarkt einzeln beschicken muss. Auf der anderen Seite verliert man auch ein bisschen die Kontrolle, weil man nicht unbedingt weiß, wohin denn aus diesem zentralen Lager dann die Produkte eigentlich geschickt werden und wo sie dann am Ende stehen. Ist teilweise abenteuerlich, aber trotzdem natürlich ein großer Absatzkanal, über den man auch viele Leute erreicht.

Joel Kaczmarek: Aber es ist ja wirklich interessant, dass sie dir da teilweise nur eine Woche geben und wenn du nicht oft genug von der Kassiererin oder dem Kassierer übers Band gezogen wurdest, bist du wieder raus, ja?

Hubertus Bessau: Naja, irgendwie müssen die das ja managen, ihr Geschäft. Und ich glaube, es gibt heutzutage so viele Neuprodukte wie niemals zuvor, die gelistet werden wollen. Die müssen es halt irgendwie entscheiden. Und wenn die Nachfrage so hoch ist nach Shelf Space, warum nicht verkaufen? Und warum nicht schnell entscheiden? Aber die Eckdaten und Zahlen sind sicherlich auch bei jedem anders. Und wenn man halt gerade super in die Saison passt oder der Einkäufer von dieser Kette gerade einen potenziellen Wettbewerber ärgern möchte, dann hat man vielleicht bessere Chancen, da reinzukommen. zu anderen Konditionen. Also die sind da sehr frei, aber auch sehr kreativ, was ihre Konditionen angeht.

Joel Kaczmarek: Ist eigentlich ERP für euch ein Thema gewesen? Also Enterprise Resource Planning ist ja so ein Faktor, wenn man eine gewisse Größe hat, braucht man irgendwann Systeme, die genau sowas, so Zentrallagerbeschickung, Bestellungsgeschichten optimieren müssen, was schnell zum Genickbrecher werden kann. War das bei euch auch ein Thema?

Hubertus Bessau: Ja, ein Riesenthema. Und genau das war auch unsere Sorge, dass es uns das Genick brechen könnte. Und dementsprechend vorsichtig sind wir auch drangegangen. Und wir haben tatsächlich über zwei Jahre lang alle Systeme uns angeguckt und analysiert, hatten da wirklich dediziert einen Wirtschaftsingenieur drauf, der das alles aufbereitet hat. Weil genau diese Gefahr besteht, glaube ich, absolut. Und da gibt es immer sehr schöne Horrormärchen dann auch, wenn die Klappe vom LKW nicht zugeht, steht die ganze Produktion oder so, weil der eine Sensor dann nicht zurückgemeldet hat ans ERP, dass das jetzt irgendwie wieder Platz ist für neue Müssis. Davor hatten wir tatsächlich Angst, aber wir haben es tatsächlich geschafft, mit diesem einen Mitarbeiter Uli das Ganze so zu planen und auszuwählen, dass wir heute ein System haben, das nach zwei Jahren Recherche und anderthalb Jahren Anpassung und Einführung mit einer Zeitverzögerung von nur 24 Stunden online ging bei uns und tatsächlich dann auch funktionierte. So ein System ist wie alles nie fertig und wir haben noch zig Ausbaustufen vor uns und das ist ein Riesending und nichts geht wirklich mehr an dem System vorbei, aber genau das ist ja auch Sinn und Zweck des Ganzen, dass man halt einen zentralen Anlaufpunkt hat, wo man alle Daten, Informationen und Prozesse hat. und das haben wir jetzt tatsächlich auch. Wir haben uns Damals in der Endauswahl musste man zwischen SAP und GUS entscheiden. GUS ist ein System, das eben auf die Lebensmittelbranche ausgerichtet ist. Und wir haben uns für die entschieden, unter anderem auch, weil die von Haus aus Dinge wie Rückverfolgbarkeit und so weiter mitbrachten. Das ist halt sehr wichtig, wenn du Lebensmittel produzierst, musst du halt gesetzlich auch sicherstellen, dass du halt sagen kannst, an wen du eine bestimmte Charge an produzierst. an Produkten verkauft hast, dass wenn es mal, aus welchen Gründen auch immer, zu einer Rückrufaktion kommt, dass du genau die Leute identifizieren kannst, die Zeiträume und so weiter. Das sind alles Zusatzmodule in Standard-ERPs gewesen, die eben nicht für die Lebensmittelindustrie ausgesucht sind.

Joel Kaczmarek: Ja, ist krass. Ich finde das immer faszinierend, wie lange ich mit dir rede, was für kleine fucking Details manchmal da so, ne? Absolut. Rückrufen können, macht total Sinn. Aber denkt man ja nicht dran, wenn man sowas baut. Apropos Erweiterung. Jetzt sollten wir auch nochmal darüber sprechen. Ihr macht ja längst nicht mehr nur Müsli, ne? Wo mich auch mal interessieren würde, was ist die Strategie und der Fokus dahinter? Also, oder auch das Auswahlmomentum. Also ihr habt ja eine ganze Bandbreite an Sachen. Also Porridge, weiß ich, macht ihr. Dieses Notes. Dann habt ihr irgendwann angefangen, Kaffee zu machen. Dann habt ihr irgendwie das Nilk, was ich eigentlich jetzt schon erwähnt habe. Das ist das Jüngste. Ihr macht mit Tree of Tea, den ich hier gerade mit dir genießen durfte, macht ihr Tee. Ihr habt O-Saft, wo ihr so ein Orangen-Abo macht. Ich habe das damals immer irgendwie so erklärt bekommen, aber ich glaube, gefiltert gar nicht von dir, dass der Gedanke so ein bisschen ist, die Kategorien des Frühstückstischs sukzessive erschließen. Ist das der Hintergrund?

Hubertus Bessau: Im Nachhinein kann man sowas ja immer rationalisieren. Ja. Wenn wir ehrlich sind, dann ist es am Anfang wirklich so gewesen, dass wir gesagt haben, okay, wir machen jetzt irgendwie vier Jahre Müsli. Was machen wir denn jetzt noch so? Und Max und ich waren zum Beispiel, glaube ich, in San Francisco dann das erste Mal auf sehr guten Third-Wave-Coffee, wie es hieß, gestoßen. Also einfach Kaffee auf eine Perfektion betrieben, wie wir es vorher nie geschmeckt hatten und haben gesagt, Mensch, super, und das kommt irgendwann auch nach Europa und können wir da nicht auch was machen? Passt ja super zum Frühstücksthema, lass uns Green Cup Coffee gründen. Und dann haben wir eine Single-Thinker-Marke ins Leben gerufen, die sehr hochwertigen Kaffee von verschiedenen Anbaugebieten in der Welt gesourcet hat. Und das haben wir eben zusammen dann mit dem Müssi verkauft, aber es war eine separate Marke. Tolles Projekt, wieder mit viel Herzblut auch, aber, und deswegen habe ich es anfangs gesagt, natürlich nicht so hundertprozentig Fokus und strategisch. Und das sind halt genau die Dinge, die man vielleicht macht, wenn man nicht jemanden wie einen Investor hat, der immer sagt, hey, fokussier dich mal lieber auf das, was du kannst, sondern wenn man halt sehr bauchgetrieben irgendwie sagt, ja komm, das machen wir jetzt auch noch. Das hat auch Spaß gemacht und es war auch toll. Und Porridge haben wir sogar noch davor gestartet. Das lag natürlich auch näher. Wir wollten nur kein MyMuesli-Porridge machen, weil das für uns ein so anderes Produkt ist, was du halt warm dann genießt, was schleimig ist. Das sollte man eben nicht unbedingt verwechseln. Und dann haben wir gesagt, okay, wir brauchen eine andere Marke. Und MyMuesli ist irgendwie weiß mit Magenta und Gelb. Wir machen das schwarz. Dann hat man wirklich den Maximalkontrast. Das ist Porridge, das ist MyMuesli. Und die Marke My Müsli eignet sich jetzt auch nicht so gut für Porridge, weil irgendwie Müsli drin steckt. Und den Porridge haben wir damals mit Nila zusammen gemacht und Notes steht im Prinzip auch für Nilas Oats. Sehr klein, aber über die Zeit auch gewachsen. Porridge hat immer mehr an Bedeutung gewonnen. Heute kennt auch jeder den Begriff. Damals war es halt wirklich so, was, ach so, Haferschleim. Das jetzt auch nicht so wahnsinnig appetitlich klingt, ja.

Joel Kaczmarek: Kaffee hat aber nicht so richtig funktioniert. für euch?

Hubertus Bessau: Der Kaffee hat gut funktioniert. Wir haben das bis letztes Jahr sehr aktiv betrieben und dann kam so der Punkt, wo wir in eine eigene Rösterei hätten investieren müssen und das wäre dann ein weiterer Komplexitätsgrad gewesen bei einem anteilig relativ kleinen Geschäft. Dazu kommt noch, dass Kaffee interessanterweise eine viel männlichere Zielgruppe hat als Müsli. Also wir haben wirklich 70 Prozent Frauen als Käufer bei uns. Und gerade halt dieser spezielle Kaffee, ich weiß nicht, woran es liegt. Ja, es ist auch sehr technisch, wenn man den halt perfekt machen möchte. Also man kennt ja diese großen Chromanlagen, da kann man wahnsinnig viel optimieren und einstellen. Und das sieht fast aus wie so ein Harley-Motorrad oder so, ja. Irgendwie ist es männlicher und die Frauen drücken dann lieber auf den Knopf und stellen sich George Clooney vor und dann haben sie trotzdem einen halbwegs passablen Kaffee. Beim Tee ist es wiederum ganz anders. Tree of Tea passt perfekt zu unserer Zielgruppe. Den Tee haben wir, das war relativ strategisch dann tatsächlich auch die Entscheidung, das zu tun. Erstmal haben wir festgestellt, unsere Kunden trinken lieber Tee zum Müsli als Kaffee. Das war das eine und wir brauchten einen Tee für unsere Läden, den wir eben auch mit anbieten und verkaufen wollten. und Jetzt kann man sagen, okay, es gibt 100.000 T-Marken auf der Welt, braucht es noch eine T-Marke? Das, was ich mich immer am liebsten bei neuen Produkten, nicht nur neuen Marken, sondern auch Müsli frage, ist, does it deserve to exist? Ich weiß gar nicht, ich glaube, das habe ich mir irgendwann aufgeschnappt von einem Apple-Designer oder so, dem Jonathan Ive heißt er, glaube ich. Aber das ist tatsächlich eine gute Frage. Und in dem T-Bereich war es wirklich so, wir haben einfach keinen T gefunden, wo das Packaging unseren Ansprüchen entsprochen hat und der Inhalt. Entweder war das eine gut oder das andere. Und mit diesen Kompromissen wollten wir nicht leben. Und dann haben wir gesagt, okay, dann machen wir das jetzt halt selbst. Und lustigerweise ist ein Teehersteller, ein Familienbetrieb, das ist ein Bekannter von meinen Eltern, der das leitet, und der hat gesagt, ja, kommt doch einfach mal vorbei. Und dann sind wir ohne großes Teewissen, weil man hat ja auch keine Expertise, wenn man irgendwie anfängt mit irgendwas. Man weiß nur, was einem schmeckt und was nicht. Und darin waren wir natürlich trainiert, sind wir hingefahren, drei Tage lang 600 Tees verkappt, eine Menge gelernt. Und dann wirklich mit dem ein kleines Sortiment aufgezogen, weil was wir auch nicht wollten, ist 49 Teesorten oder so, sondern wir wollten eben den Tee, wenn irgendwie meine Mutter in den Laden geht und sagt, ich habe gehört, grüner Tee soll so gesund und toll sein, was können Sie mir denn da anbieten? Dass man dann nicht sagt, okay, hier sind 20 zur Auswahl, was soll es denn sein? Sondern dass man sagt, hier, das ist unsere Antwort, wenn die Frage ist, grüner Tee. Und dann soll der gut schmecken, aber er soll trotzdem auch an Tee-Experten nicht irgendwie die Stirn verrunzeln, sondern es soll einfach eine super Qualität sein. Und das ist der Ansatz hinter Tree of Tea, also wesentlich strategischer. Nilk wiederum, unsere pflanzliche Milch-Alternative, ist super strategisch. auf der einen Seite, weil wir eben, wie ich anfangs schon gesagt hatte, über Umfragen usw. auch festgestellt haben, dass unsere Kunden immer mehr Nilk sich immer bewusster ernähren und auch immer mehr auf Kuhmilchprodukte verzichten, weil entweder müssen sie es oder sie wollen es aus moralischen oder sonstigen Gründen. Und dem Wunsch kommen wir gerne nach, hatten aber immer aus eigener Erfahrung auch gesehen, okay, es gibt eigentlich keine wirkliche Milchalternative, die man guten Gewissens auch so nennen darf, weil es entweder geschmacklich unterirdisch ist und nervertechnisch auch schwierig.

Joel Kaczmarek: Also ich mag ja Natumi ganz gerne. Oatly zum Beispiel finde ich total eklig. Das sind so zwei Hafernaturi, die ich probiert habe. Widerlich, Oatly.

Hubertus Bessau: Ja, Oatly hat zum Beispiel als einer wenigen ein ganz schönes Packaging, finde ich. Stimmt. Wir haben uns ein bisschen erinnert gefühlt wirklich auch an den Müssimarkt vor zehn Jahren. Es ist alles irgendwie so nischig gewesen, also viel mit so einem Öko-Touch in irgendeiner dunklen Ecke im Supermarkt.

Joel Kaczmarek: Das stimmt wirklich.

Hubertus Bessau: Und so komischen Pappkartons, die alle abgerissen da rumstanden. Und Also so ein Randdasein und keine richtig coole Marke mit einem coolen Produkt. Und dann haben wir gesagt, okay, bevor jetzt unsere Mein-Müsli-Freunde aufhören, Müsli zu essen, weil sie auf Kuhmilch verzichten wollen und keine vernünftige Alternative haben, lass uns eine vernünftige Alternative machen. Ziel war eben, eine Alternative zu schaffen, die auf der einen Seite den Nährwerten der Milch in nichts nachsteht. Das ist mit unserer Super-Nilk gelungen. Und auf der anderen Seite eben auch geschmacklich eine Alternative zu bieten, die sich wirklich so nennen darf. Das ist unsere Hafer-Nilk. Noch haben wir es nicht geschafft, das beides in ein Produkt zu bringen, aber wir forschen fleißig weiter. Und ich glaube, schon ganz vielversprechend. Und jeder, der jetzt zuhört und mal probiert, ich bin für jedes Feedback da dankbar. Ich halte NILK für ein super Produkt. Und wir sehen auch hier im Office, wie schnell das dann tatsächlich doch immer weg ist, wenn wir es mal da haben.

Joel Kaczmarek: Wie gesagt, wir haben ja nicht ohne Grund Werbung eingehend gemacht. Wenn ich auch dafür bezahlt werde, kann ich das auch persönlich sagen. Also es schmeckt wirklich gut. Ich habe beide probiert. Die Protein ist gar nicht meine. Ich glaube, ich bin aber auch nicht Zielgruppe. Das ist eher so der Fitness-Junkie, der seine Proteine kriegen muss. Wesentlich funktionaler auf jeden Fall. Aber so als Milchalternative. Kannst du mal beschreiben, wie das schmeckt? Also ich finde, das hat so ein bisschen einen kornig-nussigen Geschmack.

Hubertus Bessau: Genau, also wenn du dir die Hafermilch vorstellst, das ist ja wirklich, wir haben glaube ich mit den höchsten Haferanteil an Hafermilchalternativen, die es am Markt gibt. Und die ist relativ süßlich tatsächlich. Sieht aus wie Milch, ist relativ süßlich, aber es ist kein Zucker zugesetzt oder Süßungsmittel. Es kommt alles aus dem Hafer selbst. Und tatsächlich auch das kürzeste Zutatenzeichnis, was man sich vorstellen kann. Wasser, Hafer, Sonnenblumenöl und Meersalz. Und es schmeckt wirklich hervorragend, finde ich. Nicht vergleichbar. Diese Alternativen sind nie vergleichbar mit Milch. Aber sie sind eine gute Alternative. Und da sind sie vor allem im Müsli oder eben auch im Kaffee. Die Hafermilch kann man auch super aufschäumen. Das funktioniert echt ganz gut. Spannend. Und die Super Milk ist zum Beispiel, die kann man wunderbar im Porridge essen oder im Shake oder auch im Müsli. Das ist auch was, das ich nicht unbedingt pur trinke, nicht weil es eklig ist, aber es ist jetzt auch nicht so, dass man denkt, oh wow, das macht mich total an, ich ex jetzt da ein Riesenglas davon. Aber die Nährwerte sind einfach so überzeugend und im Müsli oder Shake, das ist auch überhaupt kein Problem.

Joel Kaczmarek: Reicht das denn vom Preispunkt her? Also ich meine, so eine Hafermilch, im Prinzip so eine Milchalternative, kostet 2,50 Euro der Liter. Ist das für euch attraktiv? Ich glaube, Euro kostet auch so 2, 3 Euro.

Hubertus Bessau: Genau, unsere Hafermilch kostet 2,50, unsere Supermilch kostet 93. Also generell sind pflanzliche Milchalternativen wesentlich höher im Preispunkt als Kuhmilch. Wobei das mehrere Gründe hat. Also Kuhmilch ist ja extrem subventioniert. Viel zu billig. Wie kann es sein, dass ich für 55 Cent einen Liter Milch bekomme, wenn auch ein Mineralwasser genau das gleiche kostet. Also es geht einfach nicht in meinen Kopf rein und ich glaube, da ist etwas so verzerrt, wie es auch nicht sein darf. Ob die Gründe jetzt Lobbyismus oder Subvention oder sonst was sind, nicht falsch verstehen. Wir haben super Kontakt dazu, viele Molkereien auch und das sind alles liebe Menschen. Aber die wirklichen Marktgegebenheiten spiegelt das Ganze nicht wider. Und da sieht man ja auch ab und zu dann wieder selbst Bauern protestieren. So, dazu kommt noch was anderes, nämlich der Mehrwertsteuersatz. Und wenn du fragst, macht das Sinn für uns, Hafer, Nilk für 2,50 anzubieten, dann kann ich nur sagen, gerade so. Weil womit wir tatsächlich bis zum Schluss nicht gerechnet hatten, war, dass der Mehrwertsteuersatz für Milchalternativen bei 19% und nicht bei 7% liegt, was eigentlich üblich ist für Lebensmittel. Also auch das ist, glaube ich, ein Überbleibsel einer protektionistischen Politik in dem Bereich. In anderen europäischen Ländern ist der Mehrwertsteuersatz für pflanzliche Milchalternativen zum Beispiel bei 0 Prozent. Oder aber mindestens genauso wie bei normaler Kuhmilch. Und ich glaube, da muss in Deutschland auch noch einiges passieren in die Richtung. Und dann kann es auch sein, dass wir irgendwann zu dem Punkt kommen, wo ich sage, okay, 250 ergibt jetzt auch Sinn für uns.

Joel Kaczmarek: Ja, aber ich glaube, man merkt ja im Gespräch mit dir, vieles hängt ja irgendwie bei euch zusammen. Also wenn ihr einen Laden macht, zahlt das auf die Bindung eurer Kunden ein. Wenn ihr eine Milch macht, zahlt das darauf ein, dass Leute weiter Müsli genießen können und nicht vielleicht abtauchen, weil sie denken, ich kann keine Milch mehr essen, weil ich auf einmal jetzt laktoseintolerant bin und L-Milch schmeckt mir nicht, blablabla.

Hubertus Bessau: Genau.

Joel Kaczmarek: Das ist eigentlich ganz interessant. Macht ihr die Orangengeschichte noch eigentlich?

Hubertus Bessau: Die O-Saft gibt es auch immer noch. Das war tatsächlich in dem Vergleich das am wenigsten strategische von allen Orangengeschichten. Das war tatsächlich eine Schnapsidee, weil wir gesagt haben, Mensch, was gibt es eigentlich Besseres als frisch gepressten Orangensaft morgens? Und dann haben wir mehr oder weniger gewettet, auch mit einem Praktikanten damals, hey, kriegen wir das hin, dass wir ein Mini-Startup im Startup bauen, zu dem wir Oder wo man Orangensaft frisch gepressten jeden Tag für unter einem Euro inklusive aller Kosten als Kunde trinken kann. Und dann haben wir einen Orangensaft, ein Saft-Orangen-Abo ins Leben gerufen. Und das ist eben O-Saft gewesen, wo man für 29,90 einen Monat lang die Orangen bekommen hat in zwei Lieferungen und sich die pressen konnte. Das ist ein sehr, sehr lustiges, spaßiges Projekt gewesen. Gibt es auch immer noch, aber es ist mit meinem Müsli im Schatten leicht immer gewachsen, ohne dass wir viel dazu beigetragen haben. Wir haben aber auch festgestellt, als wir es mal versucht haben, dass das, was wir an Marketing gemacht haben, nicht so gut funktioniert hat da. Das heißt, es lief einfach immer nebenbei mit und funktionierte soweit auch ganz gut. Ist aber ein völliger Defokus und wir mussten dann auch die Lieferanten ab und zu mal wechseln. Wenn man über das Jahr lang Saftorangen guter Qualität anbieten will, dann muss man mit den Jahreszeiten auch über den Planet wandern. Das heißt, das ist auch logistisch. dann so eine Sache und die schmecken natürlich immer anders. Südafrikanische Orangen schmecken anders als welche aus Spanien und so weiter und so weiter. Unterm Strich war ein klarer D-Fokus, hat wahnsinnig Spaß gemacht, tolles Projekt, aber ist jetzt nichts, wo wir sagen, okay, das müssen wir langfristig unbedingt weitermachen und pushen und das ergibt total Sinn im Gesamt-Setup.

Joel Kaczmarek: Ich meine, dass das von deinem 21,5 Millionen Umsatz aus 2015 jetzt nicht den Major-Impact macht, war mir natürlich klar, aber ich finde genau sowas ganz spannend, nochmal wieder aufzuzeigen, was da eigentlich alles eine Rolle spielt und vielleicht auch mal als kleine Brücke zu einem weiteren Produkt, was ihr gerade lanciert habt, euer Buch. Machen, ist ja so der Titel. Finde ich ja sehr, sehr cool. Ich habe gesehen, ihr bewerbt das bei Facebook. Und wenn Leute Geld ausgeben, um etwas bekannt zu machen, frage ich mich immer, warum? Ich tippe, ein Faktor war so Giving Back, also to the community, dass man auch Leute irgendwie bildet. Aber was erfüllt denn dieses Buch noch für Zwecke für euch?

Hubertus Bessau: Machen, das haben wir zum 10-jährigen Jubiläum von MyMusicie geschrieben. Und damit verfolgt haben wir eigentlich unterschiedliche Ziele. Das eine war, dass es uns tatsächlich auch gut getan hat, irgendwie bei allem, wie schnell sich alles entwickelt hat, mal innezuhalten und zu reflektieren, was ist eigentlich da die letzten zehn Jahre passiert. Im Prozess war es für uns Gründer wahnsinnig toll, auch die einzelnen Stationen noch mal irgendwie Revue passieren zu lassen, weil auch jeder ganz andere Erinnerungen noch hatte. Max hat sich an Sachen erinnert, die ich gar nicht mehr wusste. Das war total nett und schön. Wir haben alle Archive durchsucht, Presseartikel, Fotos und sonst was. Und uns auch Fragen gestellt, okay, haben wir jetzt eigentlich den Laden in München oder in Regensburg zuerst aufgemacht? Also solche Sachen, die man da vergisst. Also für uns war das ein guter Zeitpunkt, da wirklich zu sagen, okay, wir ziehen jetzt mal irgendwie Bilanz. Auf der anderen Seite sind wir der Start-up-Szene schon immer sehr verbunden gewesen und geblieben über die Zeit. Da kriegt man natürlich wahnsinnig viele Fragen zu allen möglichen Themen, die wir auch immer gerne beantworten und beantwortet haben. Es ist nur auch so viel geworden, dass wir kaum mehr hinterherkommen. Jeder, der jetzt vielleicht mir irgendwie eine E-Mail geschrieben hat in den letzten sechs Monaten, tut mir leid, wenn ich die noch nicht beantwortet habe. Es ist schwierig. Da haben wir uns überlegt, okay, können wir nicht wirklich unsere Learnings mit in dieses Buch einbauen? Und was wir eben nicht wollten, ist irgendwie eine reine Selbstbeweihräucherung oder so. Wir wollten ehrlich sagen, was war gut und was war auch nicht gut. Deswegen ist auch immer mal wieder die Rede von Fuck-Ups in dem Buch, wo wir eben Anekdoten erzählen, wo man im Nachhinein sagen muss, hätten wir das vorher gewusst, hätten wir es wahrscheinlich anders gemacht. Und das andere ist natürlich, dass wir uns auch erhoffen, dass es auf die Marke mit einzahlt. Und alles, was wir machen, ist immer sehr langfristig orientiert gedacht, egal was es ist und eben auch bei dem Buch. Und die Marke MyMuesli weiter zu stärken, ich glaube, wenn man es schafft, dass jemand ein Buch über eine Marke liest, ja, Danach ist es, glaube ich, sehr wahrscheinlich, dass es ein Fan ist. Man kann natürlich auch sagen, Mensch, ich finde das trotzdem alles doof und ich mag kein Müsli. Aber ich glaube, da ist man schon mal einen ganz schönen Schritt weiter. Das heißt, wirklich die Story von Mein Müsli mit in die Breite zu tragen, war ein Ziel. Aber eben nicht nur nach außen hin, sondern durchaus auch nach innen hin. Wir haben eben darüber gesprochen, wir haben einen Headcount von über 800 Mitarbeitern inzwischen und jedes Jahr kommen viele neue dazu. Andere gehen auch wieder, aber es sind immer neue Mitstreiter eigentlich, die mit der Marke mal ein bisschen in Berührung kommen und die das alles vorher gar nicht mitbekommen haben. Wenn man denen halt im Onboarding sagt, hier, das ist unser Buch, 240 Seiten, lässt sich relativ schnell, glaube ich, lesen und es halbwegs unterhaltsam, wenn ich das so aus dem Feedback richtig interpretiere zumindest, dann gibt es, glaube ich, keinen besseren Start, um bei Mamussi anzufangen, als das wirklich über dieses Buch zu machen. Und das war ein anderes Ziel noch.

Joel Kaczmarek: Ah, okay. Also Onboarding, Brand, mal so Selbstreflexion, Wissenstransfer, ja, ist spannend. Finde ich lobenswert. Vielleicht sind mal ein paar verlosen. Habt ihr ein paar über?

Hubertus Bessau: Da können wir sicherlich drüber sprechen. Ja, finde ich eine gute Idee. Einfach, weil es uns auch sehr und mir persönlich am Herzen liegt, dass wir die Startup-Szene in Deutschland und Europa noch weiter stärken. Und das, was es tatsächlich sehr häufig einfach nur braucht, ist ein bisschen der letzte Tritt in den Hintern. Und deswegen ist das Wichtigste, was man in dem Buch, glaube ich, mitbekommt, steht auch schon im Titel, nämlich machen. Selbst wenn es alles nicht funktioniert. Ich glaube, man lernt so viel, das kriegt man woanders kaum hin. Und ich freue mich über jedes Startup, das gegründet wird.

Joel Kaczmarek: So, abschließende Frage. Jetzt habe ich dich auf die ganzen Dinger abgeklopft. Kaffee, Tee, O-Saft, Bücher, Porridge. Was mich abschließend interessieren würde, ist, wo seht ihr denn eure Innovationspipeline beziehungsweise euer Wachstum? Also wo wollt ihr denn weiteres Wachstum hernehmen? Weil jetzt zum Beispiel rein über stationär zu gehen, einfach mehr Leben zu machen, ist ja immer sehr gefährlich. Was siehst du, wenn ihr jetzt mal, ihr habt Produktkategorien, ihr habt stationär, ihr habt online. Was ist da euer Euer Ziel, euer Plan, euer Fokus.

Hubertus Bessau: Also bisher sind wir tatsächlich oder haben wir die Erfahrung gemacht, dass es einfach für uns wesentlich sinnvoller war, in die Tiefe über die Kanäle zu wachsen, statt in die geografische Ausbreitung zu denken. Und das haben wir jetzt wirklich jahrelang auch so gemacht und weiter betrieben, dass irgendwann kommt natürlich der Punkt, wo es sinnvoller ist, jetzt vielleicht ein neues Land zu machen oder einen anderen Kanal aufzubauen. statt halt noch einen weiteren Laden oder sonst was aufzumachen. Und das ist genau das, wo wir auch gerade dran arbeiten. Also nachdem wir eben über die Kanäle in die Tiefe gewachsen sind und alles ausprobiert haben, stehen wir jetzt eigentlich vor dem nächsten Schritt, das nochmal zu reflektieren, überdenken, okay, gehen wir da weiter, wie entwickelt sich da eigentlich was, was bedeutet das für uns. Und da wird sicherlich einer der möglichen Schritte, die wir ganz konkret durchdenken, auch sein, wie schaffen wir es eigentlich, uns geografisch weiter auszubreiten. Weil das ist auch wieder fast wie ein neues Startup in jedem Land, wo man die Marke noch nicht kennt. Wenn man in dem Markt, in dem man ist, kanaltechnisch in die Tiefe geht, dann hat man zumindest den Vorteil, dass die Marke schon bei einem Teil bekannt ist. Das hat man in einem neuen Land nicht. Und da braucht es dann andere Ansätze. Ich denke auch, dass das, wie wir bisher nach Schweden gegangen sind und Holland gegangen sind und nach England gegangen sind, das wird nicht der Ansatz sein, wie wir in Zukunft internationalisieren, sondern wir versuchen wirklich über noch ausgefeiltere Mass-Customization-Ansätze, die dann eben auch das Packaging betreffen, weil du musst einfach, wenn du Lebensmittel verschickst, selbst in der EU, einem offenen Markt, musst du halt die Sprache des Ziellandes immer mit draufdrucken, was Zutaten, Allergiehinweise und so weiter angeht. Und das ist gar nicht so einfach, weil man hat begrenzt Platz auf so einer Packung und es ist dann irgendwann auch nicht mehr schön. Das heißt, wenn wir das individuell drucken könnten, können wir das just in time eigentlich drucken. Und wenn dann jemand aus der Slowakei bestellt, dann steht das da eben auf Slowakisch drauf. Also das ist was, wo wir mit Nachdruck dran arbeiten. Und irgendwann haben wir ja schon immer diesen Traum gehabt, dass man auch mal schaut, wie es eigentlich jenseits des großen Wassers ist, welches Land es dann auch immer sein wird. Aber ich denke, irgendwann in den nächsten Jahren. drei bis fünf Jahren, wenn wir uns das mal sehr genau angucken.

Joel Kaczmarek: Ist das auch so ein bisschen der Hintergrund, dass ihr jetzt zum ersten Mal einen Investor an Bord genommen habt? Also Genui ist ja irgendwie eine Beteiligungsgesellschaft, die jetzt 40 Prozent an euch hält, also ist ja schon signifikant. Ist das genau der Gedanke, dieses Internationalisieren, Wachstum?

Hubertus Bessau: Genau, wir haben 8,5 Jahre nach Gründung wirklich das erste Mal größer Kapital aufgenommen und das in MyMussy investiert auf der einen Seite, auf der anderen Seite, wenn man 8,5 Jahre immer alles auf eine Karte setzt, immer wieder reinvestiert, Meine beiden Mitgründer sind Familienväter geworden und so weiter. Dann ändert sich auch das Risikoprofil so ein bisschen. Das heißt, da sollte auch ein kleines bisschen eine persönliche Absicherung stattfinden. Das ist der Grund gewesen. Aber wir haben uns extrem viel Zeit gelassen, wirklich den richtigen Partner rauszusuchen. Also wir haben anderthalb Jahre wirklich überlegt, machen wir das überhaupt? Weil wir waren wahnsinnig unabhängig die ganze Zeit, sind nur aus dem Cashflow gewachsen. Oder lassen wir das lieber? Und wenn wir es machen, mit wem denn eigentlich? Und dadurch, dass wir halt so viele Startup-Freunde und Unternehmer kennen, mit den unterschiedlichsten Erfahrungen zu Geldgebern.

Joel Kaczmarek: Fiel immer irgendjemand weg aus irgendeinem anderen Grund, ne?

Hubertus Bessau: Ja, es war eher so das Bündel an Erfahrungen, wo man sagt, okay, wenn man das macht, sollte man sich ganz genau überlegen, was man da macht, mit wem. Was so ein bisschen wie eine Ehe ist. Du kommst da schwierig wieder raus und es kann wahnsinnig toll sein, wenn es gut geht. Aber wenn nicht, dann ist es schwierig, sich scheiden zu lassen. Das tut weh. Und wir sind dann tatsächlich durch Zufall und irgendein Intro auf Genui auch mal gestoßen. Aber das war noch zu einer Zeit, wo wir gesagt haben, uns geht es gut, wir brauchen eigentlich gar nichts. Aber wir können uns gerne noch mal im halben Jahr zusammensetzen. So kam das halt, dass ich irgendwie dreimal im Abstand von sechs Monaten mit einem der Partner und Gründer auch essen war. Und was mir an denen immer schon gefallen hatte, war, dass ihr Ansatz ganz anders ist als bei vielen anderen Fonds und Beteiligungsgesellschaften.

Joel Kaczmarek: Nämlich?

Hubertus Bessau: Die handeln sehr langfristig. Also die Laufzeit von diesem Fonds ist irgendwie 14 Jahre plus. Also ein Zeithorizont, mit dem wir uns auch anfreunden können. Viele Fonds sind irgendwie auf fünf Jahre beschränkt.

Joel Kaczmarek: Sieben bis zehn, würde ich sagen.

Hubertus Bessau: Ja, es kommt immer darauf an, was es so gibt. Nur je kürzer das ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass das Unternehmen sich an dem Endzeitpunkt, und dann müssen sie ja Kapital ausschütten an diejenigen, von denen sie Geld gesammelt haben, in einem Zustand befindet, wo es Sinn macht, irgendwie eine Echse zu machen oder es zu veräußern. Oder auch der Markt gleichzeitig vielleicht nicht unbedingt die besten Rahmenbedingungen bietet. Und je länger man da orientiert ist, desto besser ist es, glaube ich. Und das andere ist, dass alle der Partner, die halt vorher auch bei großen Beteiligungsgesellschaften waren, realisiert haben, Das war dieses Private-Equity-Geschäft. Wir kaufen ein paar Unternehmen zusammen, schmeißen die Gründer raus, setzen da irgendwelche Unternehmensberater rein und verkaufen das große Ganze dann wieder irgendwie teurer. Das ist ein wahnsinnig tolles Geschäft für die Investoren. diese Firmen aber häufig nicht sich so entwickelt haben, wie man sich das erhofft hatte oder vielleicht sogar eben vor die Hunde gegangen sind. Das ist der andere große Unterschied bei Geno eben gewesen, dass sie gesagt haben, wir fördern Unternehmertum. Und das machen sie unter anderem, indem sie halt zu ihren Investoren große, tolle, beeindruckende Unternehmer zählen können, die sie dann identifiziert und für sich geworben haben. Und diese Unternehmer Großteil dieser Unternehmer hat irgendwie zu eigenen Lebzeiten Milliardenunternehmen aufgebaut. Da gibt es jetzt nicht so viele in Deutschland, die das geschafft haben und noch leben oder noch Lust drauf haben. Aber einige waren halt einfach durch und durch Unternehmer noch. Und die könnten natürlich auch den Rest ihres Lebens auf irgendeiner Insel verbringen und riesige Autos fahren oder so, weiß ich nicht. Aber die haben halt gesagt, nee, wir haben richtig Lust drauf, noch was zu machen. Und wir stellen sogar auch einen gewissen Teil unserer Zeit den Unternehmen zur Verfügung, um dem Draht und Tat zur Seite zu stehen. Jetzt ist unser Business ein anderes als das typische Social Network irgendwas Plattform rein digital. Und da kam uns eben dann nochmal auch entgegen, dass die Unternehmer, die da beteiligt sind, da sie natürlich schon ihr Leben mit Unternehmertum verbracht haben, eben auch nicht aus dem Digitalen kommen, sondern Themenfelder abdenken, wie eben Ladenketten, Filialisten, wie Sourcing, Marketing. wie Produktion, Lebensmittel und so weiter. Und das passte einfach wahnsinnig gut. Und die Chemie stimmte tatsächlich auch in einer Art und Weise, dass wir gesagt haben, ja, das fühlt sich richtig gut an. Und wir haben heute jetzt anderthalb Jahre, nachdem wir da sozusagen unterschrieben haben, immer noch ein wahnsinnig gutes und super offenes Verhältnis. Das fühlt sich wirklich so an, als würde man eben in einem Boot sitzen. Wir lernen wahnsinnig viel von denen und es macht richtig Spaß. Keine Ahnung, ob das in zwei Jahren immer noch so ist. Im Moment fühlt es sich richtig, richtig gut an. Und ich bin froh, dass wir das so gemacht haben.

Joel Kaczmarek: Sehr gut, dann danke ich dir für diesen langen, ausführlichen Ritt. Ich glaube, was man schön bei euch gemerkt hat, ist dieses Machen. Und vielleicht manchmal auch nicht gleich alles wissen, was da kommt beim Machen hilft. Und wie alles aufeinander einzahlt. Also das finde ich, jenseits der Tatsache, dass ihr unglaublich gut im Content-Marketing seid, eine tolle Marke gebaut habt und so, finde ich das irgendwie ein sehr spannendes Take-away bei euch. Und ja, ich danke dir ganz herzlich.

Hubertus Bessau: Super, vielen Dank dir, Joel. Hat Spaß gemacht. Hey! Hey!