VAAY: So mischt Finn Hänsel den Cannabismarkt auf

18. August 2020, mit Joel Kaczmarek

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Podcast von Digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute spreche ich mit einem ganz alten Wegbegleiter, also nicht erst alt, sondern er ist für mich sozusagen schon jemand, der mich lange begleitet, nämlich der liebe Finn Age Hänsel. Er leitet ein sehr spannendes Unternehmen, das nennt sich Sanity Group, hat ja auch eine sehr bekannte Endkundenmarke mittlerweile schon aufgebaut, die dürfte man kennen. und wir reden heute über Cannabis, CBD-Öle und Co. Das heißt, ich will natürlich wissen, wie kommt ein Tech-Gründer zu der Entstehung einer solchen Firma? Was ist das eigentlich für eine Firma? Was für ein Geschäftsmodell hat die? Was gibt es überhaupt im Cannabis-Bereich für Business-Modelle? Wie mache ich Markenaufbau bei sowas? Wir werden sicherlich auch ein bisschen über Online versus Offline reden und natürlich auch über den Wettbewerb. So, das mal so als kleiner Appetizer. Lieber Finn, schön, dass du da bist.

Finn Age Hänsel: Sehr schön, da zu sein. Vielen Dank für die Einladung.

Joel Kaczmarek: Erzähl mal ein bisschen was von dir. Also du hast ja eine bewegte Vergangenheit. Wer dich kennt, weiß, du hast schon irgendwie viele Kohlen aus dem Feuer geholt. Also ich kann ja mal mit eigenen Worten kurz zusammenfassen. Du hast für ProSiebenSat.1 den Accelerator gemacht, wo ich jedes Mal den Namen vergesse. Bitte hilf mir.

Finn Age Hänsel: Epic Companies.

Joel Kaczmarek: Epic Companies gemacht. Du warst bei Movinga in der Geschäftsführung. Du hast mit Berliner Berg eine eigene Brauerei aufgebaut und jetzt irgendwie Sanity Group. Also das ist sozusagen so der Zeitraffer. Wie würdest du denn sonst so dein unternehmerisches Schaffen zusammenfassen?

Finn Age Hänsel: Also ich würde mal sagen, ich bin eigentlich schon immer irgendwo im Herzen Unternehmer gewesen, habe ja auch schon tatsächlich in Schulzeiten schon meine erste Firma mal aufgemacht, bin dann aber in der Beratung gelandet und war sehr lange bei BCG und das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht, aber ich merkte halt eben dann doch, ich will halt lieber machen als zu beraten und das Umsetzen ist das, was mir mehr liegt. und so ist quasi auch Rock. Internet auf fruchtbaren Boden gestoßen, als sie mich dann in meinem letzten Jahr BCG überzeugt haben, auf die Unternehmerseite zu wechseln. Damals noch in Sydney, Australien. Und so kam es halt dazu, dass ich mit Iconic, meine erste wirklich große Firma

Joel Kaczmarek: Warst du doch bei Iconic? Siehst du, da habe ich es doch noch. Genau, Iconic.

Finn Age Hänsel: Iconic war quasi meine erste Gründung. Also das war noch zarten 29, kann ich heute glaube ich so sagen, meine erste Firma gegründet für Rocket Internet. Iconic quasi Business Model von Zalando, ähnlich in Australien, aber natürlich ganz anders aufgebaut, sehr stark auf den lokalen Markt zugeschnitten. Und letztendlich habe ich da, sage ich mal, das erste Mal echtes Unternehmerblut geleckt. Ich bin dann eben von Iconic zu Epic, dem damaligen Inkubator von ProSiebenSat.1. Aus ihrem Umfeld ja auch das Investment Amoroli getätigt worden ist. Jimondo kennt viele als Online-Fitnessstudio. Und nachdem ProSieben sich dann da entschieden hatte, die Struktur zu ändern, habe ich mich entschieden, dass auch Epic viel zu dicht an dem war, was ich eigentlich in der Beratung gemacht habe, nämlich beratend tätig zu sein und nicht umzusetzen. Und bin dann quasi nach einer Ideenfindung zuerst eben auf die Brauerei zusammen mit meinem damaligen Mitgeschäftsführer Uli Erxleben gestoßen. Und das ist auch nach wie vor ein Hobbyprojekt, was sehr, sehr viel Spaß macht. Aber letztendlich auf der Suche nach dem nächsten großen Businessmodell habe ich mir lange Zeit Gedanken gemacht und bin auf nichts gekommen, weswegen ich dann zu Movinga gegangen bin. was halt damals noch mit sehr viel Vorschusslorbeeren bepriesen wurde und ja auch Startup des Jahres wurde. Und da dann vier Jahre lang verbracht als Geschäftsführer. Und wenn du jetzt so willst, sehe ich so ein bisschen gerade, ich will nicht sagen die Berufung, aber der Kreis schließt sich so ein bisschen, weil lange Unternehmer gewesen, aber wie ich schon gesagt habe, immer für andere Leute Unternehmen gebaut, also für Rocket Internet, für ProSieben, für die Moringa-Investoren. Und die Passion dafür, Unternehmen zu bauen, kombiniert mit einer eigenen Idee, das hat sich jetzt tatsächlich erst bei der Sanity Group das erste Mal so richtig in meinem Leben rauskristallisiert.

Joel Kaczmarek: Kann ich nachvollziehen, dass man dann irgendwie, das ist so ein bisschen Unternehmertum light, wenn man irgendwie schon voll irgendwie in der Verantwortung steht, aber immer noch jemand im Hintergrund hat. Was mich ja so ein bisschen beschäftigt hat bei dir ist, du bist ja so ein Schwiegersohn-Typ, kommst irgendwie aus Flensburg, bist du eine Nordflans, bist du? ne, aus Flensburg glaube ich. So eine Nordpflanze, so ein braver, lieber Typ. und dann jetzt auf einmal hier so ein Kifferthema, jetzt mal so ein bisschen lustig gesagt. Wie kommst du denn zum Thema Cannabis jetzt ausgerechnet?

Finn Age Hänsel: Naja, also tatsächlich, das spielt jetzt wahrscheinlich sogar noch mehr in dieses Schwiegersohn-Image ein, was du von mir hast. Und zwar war ich tatsächlich damals mal Vorsitzender der Jungen Union in Flensburg, also auch noch konservativer Jungpolitiker. Und habe tatsächlich damals in der Zeit, wo ich JU-Vorsitzender war, verschiedenste Themen natürlich auch thematisch für die JU behandelt. Und tatsächlich gibt es da so ein paar Hintergründe, die mich dann haben mich damals schon 2002 mit Cannabis beschäftigen lassen. Und das eine war, dass mich immer wunderte, dass die FDP, die ja damals in meinem Jugendlichen leicht sind oder in einer Naivität war, immer sehr dicht an der CDU dran war, verortet, aufgrund eben auch bürgerlichem Hintergrund und so weiter. Ich habe mich immer gewundert, warum die FDP so stark für die Legalisierung von Cannabis ist. Das war es damals schon so. Und die jungen Liberalen in meinem Heimatland auch tatsächlich mal eine sehr, sehr starke Kampagne für die Legalisierung von Cannabis gemacht haben. Damals noch, und das ist ein Zitat, also lieber bekifft ficken als besoffen Auto fahren, war deren Kampagne, die sehr viel Aufmerksamkeit erzeugt hat, was auch dazu führte, dass der damalige Vorsitzende bei Harald Schmidt irgendwann mal in der Sendung war. Und das war so das erste Mal, dass ich darüber nachgedacht habe, Moment, irgendwas muss ja an der Pflanze sein, weil warum würde sich sonst eine Partei wie die FDP so dafür aussprechen? Und das Zweite, was ich dann tatsächlich hatte, war in meinem JU-Vorstand eine JUlerin, deren Vater Arzt ist oder war. Und bei dem nach seinem Tod dann rauskam, dass er sich als Arzt hat selber mit Cannabis, damals noch illegal, behandelt hat während seiner Krankheit. Und das beides waren so Anhaltspunkte für mich, wo ich sagte, da müsste man auf jeden Fall mal tiefer reingucken. Und habe mich dann wirklich damit inhaltlich beschäftigt. Und irgendwann kam ich zu dem Schluss zu sagen, eigentlich sollte Cannabis deutlich liberaler gehandhabt werden, als es damals der Fall war. Und habe halt damals in der CDU schon dafür gekämpft, medizinisches Cannabis komplett zu legalisieren und Modellprojekte zu ermöglichen bei normalen Cannabiskonsumüberabgaben durch Apotheken. Und das war 2002, also jetzt gesunde 18 Jahre her. Und als in 2017 Cannabis in Deutschland medizinisch legalisiert wurde, also sage ich mal 15 Jahre später, nachdem ich das erste Mal dafür auf die Straße gegangen bin, kannst du dir das vielleicht gar nicht vorstellen, Joel, aber bei der damaligen Hanfparade hat auch der Schwiegersohn Finn Hänsel mit einem Banner mitten in der Demo legalized gerufen. Auf jeden Fall mit der Legalisierung des medizinischen Cannabis 2017 so einen Punkt erreicht, wo ich sagte, so Moment mal, so das, wofür ich mich damals eingesetzt habe, könnte ich jetzt eigentlich theoretisch mit meiner unternehmerischen Passion verbinden. Man kann jetzt Geschäftsmodelle in dem Bereich tatsächlich in Deutschland auch machen. Das hatte noch zwei Jahre gedauert und so haben wir dann 2019 die Sanity Group gegründet.

Joel Kaczmarek: Ja, guck mal, ich habe einfach ein zu gutes Bild von dir. Ich habe damals da gesessen und habe gedacht, so ja, okay, der Dima, das ist klar, dass der das macht, aber der Hänsel, wie geht denn das?

Finn Age Hänsel: Aber guck mal, ich sage ja immer, ich möchte Cannabis zurück in die Mitte der Gesellschaft holen und dementsprechend ist es vielleicht sogar fast glaubwürdiger, wenn es so ein Schwiegersohn macht, dem man nicht zutraut, dass er damit irgendwelche anderen Ziele hätte, als jemand, dem du von vornherein das zutrauen würdest. Von daher vielleicht auch gar nicht schlecht.

Joel Kaczmarek: Zurück in die Mitte heißt ja, es war schon mal da, müsste man ja sagen. Aber gut. War es auch schon. Ja, okay. Was heißt das für dich?

Finn Age Hänsel: Du musst ja wissen, dass Cannabis tatsächlich seit 3000 Jahren eigentlich eine medizinische Pflanze ist. Und was die wenigsten Deutschen wissen, ist, dass du in den 20er Jahren in Deutschland in die Apotheke gehen konntest und einfach Cannabis-Extrakte aus der Apotheke holen konntest. ohne Verschreibung, ohne alles. Und das eigentliche Verbot der Cannabispflanze erst durch die USA getrieben in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts kam, weil halt letztendlich, und ich will jetzt nicht zu sehr in Verschwörungstheorien einsteigen, aber tatsächlich durch die USA, durch die Regierung versucht wurde, Cannabis mit mexikanischen Einwanderern gleichzusetzen, weswegen der Name Marihuana auch in der Zeit erfunden wurde, obwohl es früher immer Cannabis hieß. Und am Ende Cannabis als die Droge der mexikanischen Einwanderer verpönt wurde. Und plötzlich eine riesige Propagandamaschinerie diese Pflanze komplett inhaltlich zerlegt hat und komplett, also eigentlich unfair, diskreditiert hat öffentlich. Und erst da kam eine globale, sage ich mal, Illegalisierungswelle. Zuerst in den USA, aber dann auch in allen anderen Ländern. Aber was viele halt gar nicht wissen, dass es vor dieser Illegalisierung der Pflanze in den 40ern durchaus eine lange Phase der Menschheit gab, wo Hanf ein ganz normaler Bestandteil des täglichen Lebens war. Und von daher kann man schon sagen, ich hole es wieder zurück in die Mitte der Gesellschaft und bringe es da nicht neu rein.

Joel Kaczmarek: Muss man eigentlich selber Konsument sein, um damit sozusagen sich in diesen Sphären aufhalten zu können? Oder ist das gar nicht notwendig?

Finn Age Hänsel: Nö, nicht unbedingt. Also zum Beispiel gerade beim Thema CBD, da bin ich jetzt selber Konsument, sehr regelmäßig. Aber sage ich mal, beim Thema medizinischen THC, ich glaube auch nicht, dass jeder, der Opiate als Medikament vertreibt, notwendigerweise selber Opiate nehmen muss, um das glaubwürdig machen zu können. Von daher, glaube ich, muss man da nicht unbedingt mit eigener Erfahrung gemacht haben. Viele haben es natürlich. Aber tendenziell nichts gegen rauszusetzen.

Joel Kaczmarek: Aber allerdings, also ich glaube, der Punkt, um den wir so ein bisschen scherzhaft hier kreisen, ist ja, glaube ich, schon so. diese, na, Dämonisierung ist vielleicht zu hart, aber ich glaube, das Image von Cannabis ist ja bei vielen so ein bisschen angedellt, würde ich mal sagen. Also ich weiß, wenn ich so meiner Mutter von erzähle, dann sagt die immer, ach du Scheiße, kauf dir sowas bloß nicht auf den Straßen, das ist immer gepanscht und so. Mein Vater ist so alt, 68er, der ist genau das Gegenteil, ja, der sagt, nee, komm, wir kochen das zusammen, als ich ein Kind war. Also man merkt ja so ein bisschen, es ist irgendwie aufgeladen.

Finn Age Hänsel: Aber da sprichst du natürlich was sehr, sehr Wichtiges an. Denn wenn du es auf der Straße kaufst, ist die Qualität des Cannabis natürlich nie so gut. Du hast aber tatsächlich, und es ist ein bisschen ein ernsteres Thema, du hast tatsächlich sehr viele Schmerzpatienten, bevor Cannabis legalisiert wurde medizinisch, die sich tatsächlich per Dealern in irgendwelchen Parks versorgt haben. Und die Qualität, die du dort hast, ist natürlich unter aller Sau. Also es ist teilweise gepanscht, es ist anders konzentriert, es ist teilweise gemischt mit Sachen und es ist teilweise mit Sand besprüht, um es schwerer zu machen. Und das sind halt genau solche Themen, die du halt durch eine liberale Regulierung eben nicht hättest. Dann hättest du halt tatsächlich staatlich kontrollierte Qualität und Und du würdest die ganzen Probleme, die du heute eben durch das Illegale anfasst, die hättest du halt gar nicht, wenn es legal wäre. Also von daher gibt es da durchaus zwei Seiten, mit denen man das betrachten kann.

Joel Kaczmarek: So und mich interessieren zwei Sachen. Das erste wäre, wie wirkt sich das auf deine Firma aus? Also hast du da sozusagen Image-Probleme, dass du zum Beispiel auch, ich weiß, wo du Amorelieferungen erwähnt hast, die durften ja teilweise mal keine Kampagnen bei Google und sowas schalten, weil Sex ist so, ist es bei deinem Thema ähnlich, dass du da einerseits sozusagen so gegen Wände läufst? Und das zweite, wo wir natürlich ein bisschen drüber reden müssen, ist, was ist denn eigentlich der Stand der Legalisierung?

Finn Age Hänsel: Es ist ein schwieriges Thema. Es ist im medizinischen Bereich natürlich hochreguliert. Das heißt, du musst tausend Lizenzen und andere Themen haben. Trotzdem ist es so, dass medizinisch, würde ich sagen, von immer mehr Ärzten und auch mehr Politikern das Thema mit auch immer mehr veröffentlichten Studien immer, sage ich mal, entspannter wird. Also selbst konservative Politiker sehen inzwischen den Wert in der Legalisierung von medizinischem Cannabis. Das heißt, da werden so langsam diese Stigmata abgebaut. Auf der anderen Seite ist Cannabis per se und Hanf per se natürlich hat immer noch einen gewissen Ruf. Also das ist so quasi, jeder hat sofort irgendwie Bob Marley und Jamaika-Fahnen im Kopf. Jeder hat irgendwie langhaarige Jugendliche, die irgendwie nichts auf die Reihe bekommen, zumindest in diesem Weltbild. Das sind also die Assoziationen, die viele noch damit haben. Das ist, sage ich mal, noch entspannt. Das kann man halt, glaube ich, ganz gut abfangen. Was halt eher schwieriger ist, ist eben genau so ein Thema wie Amorelli. Google erlaubt uns keine Werbung. Facebook erlaubt uns keine Werbung. Die großen Zahlungsprovider wollen keine Zahlung von einem abwickeln. Und das, obwohl eigentlich auch inzwischen CBD Ein sehr anerkannter Stoff ist, der nicht heil macht, der nicht berauscht, der kein Betäubungsmittel ist. Und trotzdem ist es noch so, dass die wenigsten Leute eigentlich die Unterschiede der Bestandteile der Cannabispflanze kennen. Die wenigsten Leute wissen, was der Unterschied zwischen CBD und THC zum Beispiel ist. Und dementsprechend wird dann noch viel über einen Kamm geschert, was tatsächlich unser Geschäft, obwohl wir uns sehr, sehr sauber bewegen, etwas schwieriger macht.

Joel Kaczmarek: Und wie ist der Legalisierungsstatus? Also ich glaube, wir sollten uns gleich mal auseinandernehmen, was du gerade gesagt hast. Aber darf man das jetzt frei verkaufen? Also darfst du jetzt hingehen und darfst medizinisches Hanf verkaufen oder darfst du nicht? Was sind die Auflagen dafür? Was ist da eigentlich mittlerweile Regel gerade?

Finn Age Hänsel: Grundsätzlich ist es wie folgt. Cannabis an sich ist in Deutschland besonders eben THC als Betäubungsmittel für den freien Verkauf verboten. Das heißt, je nach Bundesland zu Bundesland gibt es dann natürlich verschiedene Begrenzungen, ob die Polizei einen Verfolgten in die Staatsanwaltschaft weitergibt, wenn man damit erwischt wird. Das ist aber, wie gesagt, eher das Thema frei verkäufliches oder in den Parks, von denen du vorhin gesprochen hast, käufliches Cannabis. Und da gibt es inzwischen halt eben die Ausnahme und das ist das medizinische Cannabis. Und das bedeutet wirklich aufgrund der Tatsache, dass in den zwei, also ich glaube 2015, eine Klage eingereicht wurde von Patienten, die sagen, sie haben ein Anrecht darauf. Die haben am Ende geklagt und gesagt, sie möchten Cannabis haben und haben eigentlich darauf geklagt, dass sie es zu Hause selber anbauen dürfen. Und der Bundesgerichtshof hat diesen Klägern damals Recht gegeben und gesagt, sie haben ein Recht auf Versorgung. Und was natürlich passiert ist, ist, dass die Bundesregierung sofort sagte, Mist, das ist ein Präzedenzfall. Wenn die das jetzt dürfen, dann darf auch jeder andere zu Hause anbauen. Und damit ist irgendwann sehr, sehr schwammig zu unterscheiden, wer darf zu Hause anbauen, wer nicht. Und so wurde das Cannabis-Gesetz letztendlich erlassen. Und dieses Cannabis-Gesetz, was 2017 erlassen wurde, damals noch mit der schwarz-gelben Regierung, hat halt damals gesagt, dass halt Patienten Anrecht auf Cannabis haben, wenn alle anderen Therapien ausgereizt sind. Und dass der Arzt aber dieses Cannabis verschreiben muss und es letztendlich zentral gesourced werden, an den Patienten abgegeben werden muss über die Apotheke. Und damit wollten sie halt verhindern, dass die Leute alle zu Hause anfangen, selbst anzubauen. Und dieses Cannabis-Gesetz ist bis heute in Kraft. Sprich, ein Patient, der austherapiert ist, sag ich mal ein Schmerzpatient, dem nichts mehr hilft, der kann von seinem Arzt Cannabis verschrieben bekommen. In zwei Drittel der Fälle bezahlt die Krankenkasse das dann auch und der geht dann in die Apotheke und holt sich auf das Rezept des Arztes entweder ein Extrakt oder die Blüte oder in verschiedenen Bereichen auch medizinische Geräte ab oder auch Fertigarzneimittel, die auf Cannabis basieren. Und dieses ist dann quasi als Medikament anerkannt und der Patient kann es nutzen und es wird dann Teil der Therapie. So, das hat natürlich noch ein paar Probleme mit sich. Also A ist halt die Frage sehr, sehr stark. Immer darf es wirklich erst verschrieben werden, wenn der Patient austherapiert ist oder wenn es offensichtlich ist, dass Cannabis vielleicht eine bessere Alternative zu anderen Medikamenten wäre. Soll er nicht früher auch schon das Cannabis bekommen können? Das sind gerade noch so regulatorische Themen, wo wir selber auch natürlich mit Public Affairs dran arbeiten, um da halt auch Politiker darauf aufzuklären. Aber das ist momentan so ein bisschen der Start, der Stand in Deutschland, wie Cannabis medizinisch erlaubt ist. Darüber hinaus hast du auch schon über die Endkonsumentenmarke gesprochen. Das ist natürlich CBD. Das ist eben kein Betäubungsmittel und von daher frei verkäuflich, also aus Kosmetik sowieso. Bei Nahrungsergänzungsmitteln muss man so ein bisschen auf die deutsche und europäische Novel Food-Richtlinie aufpassen, wo man eben nicht alles machen darf. Aber ansonsten da, weil kein Betäubungsmittel ist, ist es natürlich deutlich entspannter.

Joel Kaczmarek: Gut, das müssen wir mal weiter auseinandernehmen und gut verstehen. Also THC ist eigentlich der Kernstoff, der quasi bei Cannabis positive gesundheitliche Auswirkungen haben sollte, wenn ich mich im Krankheitsbereich jetzt behandle?

Finn Age Hänsel: Da muss ich schon unterbrechen. Also grundsätzlich hat die Cannabispflanze ungefähr 125 Cannabinoide. Cannabinoide sind quasi Bestandteil der Cannabispflanze. THC ist ein Cannabinoid, dem werden positive Eigenschaften eben nachgesagt, nämlich dass Appetitlosigkeit wieder angeregt wird, dass Menschen besser einschlafen, dass Menschen sich entkrampfen, dass Menschen mit ihrem Schmerz besser umgehen. Und das ist quasi aber eben ein Betäubungsmittel. Also es macht eben tatsächlich high, je nachdem in welcher Dosierungsform mehr oder weniger. Und dann gibt es ein zweites Cannabinoid, eins von den 125, das ist das CBD. Dem werden auch gesundheitliche Eigenschaften nachgesagt, nämlich auch besseres Einschlafen, auch Entkrampfung, weswegen es gerade im Bereich Menstruationsprobleme einen riesigen Boom gerade erfährt. Es hat aber auch angstlösende Eigenschaften und witzigerweise im Gegensatz zum THC sogar eher appetitzügelnde Eigenschaften. Und dann gibt es halt noch ganz viele andere Cannabinoide, CBN, CBG und wie sie alle heißen. Aber grundsätzlich wird heute jedem Cannabinoid ein anderes Wirkprofil zugeschrieben und CBD ist eben eins davon und THC ist ein anderes. THC ist aber das am besten erforschte. Das ist vielleicht wichtig dazu noch zu sagen, weswegen das in der Medizin heute wichtiger ist als die anderen.

Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Jetzt will ich natürlich wissen, wie kommt es? Also du hast jetzt erzählt, wie du sozusagen emotional mit deiner persönlichen Geschichte zu dem Thema gekommen bist und warum du überzeugt bist davon. Aber dein Stärkenset ist ja jetzt eher technologiebasiert. Also du hast bisher eigentlich so Tech-Startups gebaut, außer dass du Bier brauchst. Wie kommt es? Oder vielleicht muss man es ein bisschen größer sagen. Was ist das Geschäftsmodell, was du mit deiner Firma anstrebst? Also du hast jetzt schon gesagt, Y ist so eine Endkundenmarke, wo du diese CBD-Produkte verkaufst. Dann hast du aber auch noch die Sanity Group als Dach. Also vielleicht hangeln wir uns mal ran, nehmen wir es mal so Stück für Stück auseinander, wie ihr eigentlich aufgebaut seid und funktioniert.

Finn Age Hänsel: Also grundsätzlich, die Sanity Group hat zwei Töchter. Das eine ist die Viamed und das ist wirklich das medizinische Unternehmen, also der pharmazeutische Hersteller. der wirklich eben Medizin oder Arzneimittel auf den Markt bringt, dort Ärzte und Apotheker aufklärt und wirklich auf Verschreibung geht. Und hier ist natürlich unser Ziel, die Patienten, denen es das Leben verbessern wird, mit Cannabis zu versorgen und eben auch dort unseren eigenen Beitrag bei Forschung und Aufklärung zu betreiben und letztendlich auch das Potenzial dieser Pflanze noch besser zu heben, als es vielleicht heute getan wird. Der zweite Teil ist quasi der gesamte Bereich Y. Das ist quasi der Bereich, sage ich mal, Konsumenten und Wellbeing. Und das ist quasi ein anderer Unternehmensbereich bei der Sanity Group, der halt eigentlich eine ähnliche Vision hat, nämlich das volle Potenzial der Cannabispflanze zu heben, um Menschen, sage ich mal, mehr Wohlgefühl in ihrem Leben zu ermöglichen. aber halt eben auf eine andere Art und Weise, als ein Arzneimittel es tut. Also wirklich eigentlich eher klassisch Richtung Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel. Und was eigentlich letztendlich die Vision, das Geschäftsmodell der Firma ist, ist tatsächlich das Potenzial, was die Cannabispflanze medizinisch, wissenschaftlich, aber auch fürs allgemeine Wohlbefinden hat. zu nutzen und Produkte auf den Markt zu bringen, die Kunden ermöglichen, davon zu profitieren. Nun war da eine Frage, was hat das mit Tech zu tun? Erste Linie nicht viel. Klar, ich meine, der Hintergrund, dass Fabian und ich beide Tech-Unternehmer sind, führt dazu, dass wir, glaube ich, an jedes Problem, was sich uns stellt, mit einer technischen Lösung rangehen. Also zum Beispiel eine Sache ist die ganze Aufklärung von Patienten und Apothekern und Ärzten, dass wir das möglichst digitalisieren wollen, also Sprichwort Digital Health. Das zweite Thema ist, dass wir halt eben ohnehin sehr automatisierte Prozesse, aber das ist dann eher so ein Backend-Thema eingeführt haben, damit die Firma auch wirklich komplett digital gemanagt wird. Aber eben auch, und das ist zum Beispiel auch eine der Ideen von uns, Cannabis wird heute hauptsächlich, tatsächlich auch medizinisch verschrieben, noch durch Rauchen eingenommen. Also wirklich der Patient, muss man sich so vorstellen, nicht alle, aber viele drehen sich noch Joints. Das ist natürlich den Ärzten ein Dorn im Auge, weil es eigentlich nicht die Art ist, wie sich eine Arzttherapie vorstellt. Trotzdem gibt es halt so ein paar rechtliche Probleme in Deutschland, weswegen eben nur die Blüte und der Extrakt wirklich leicht in den Markt zu bringen sind. Und was wir zum Beispiel uns überlegen, ist, was für technische Geräte, was für vielleicht sogar Internet-of-Things getriebene neue Dosierungsformen, die halt tatsächlich technologisch auch ein bisschen spannender sind, kann man heute für Cannabis machen, die es halt Patienten erleichtern, Cannabis sicher einzunehmen und eben nicht durch Rauch. Und das können zum Beispiel medizinische Geräte sein. Und das ist dann, sage ich mal so, ein Bereich, wo wir auch unsere Tech-Passion ausleben können.

Joel Kaczmarek: Okay, aber da surfst du wahrscheinlich immer so ein bisschen an dem Rand, willst innovativ was entwickeln, eine Pipeline haben, bin aber noch nicht so richtig in dem Segment, dass das alles schon erlaubt ist, oder? Also du bist sozusagen, du investierst mit einem Fragezeichen.

Finn Age Hänsel: Genau, also tatsächlich auch, sage ich mal, der Markt entwickelt sich erst, Also ich würde mal sagen, so die Kanadier und die Amerikaner sind ungefähr fünf Jahre voraus, inwiefern sie auch schon dort auch große Unternehmen haben, die schon ihre Marktsegmente gefunden haben, wie sich die Regulierung geändert hat in der Zeit. Während in Deutschland noch alles sehr, ich will nicht sagen wilder Westen ist, aber in Deutschland ist man noch sehr im Bereich Regulierung, aber auch im Bereich, wo sind wirklich die Märkte, noch sehr unsicher. Und natürlich ist hinter dem einen oder anderen Segment noch ein Fragezeichen. Ein Beispiel ist zum Beispiel Cannabis, das ist in Deutschland ein sogenanntes Rezepturarzneimittel. Das heißt, wir als Firma dürften keine Kapseln in den Markt bringen, wo draufsteht jetzt irgendwie Viamed Cannabis und der Kunde oder der Patient holt sich in der Apotheke nur noch die Kapseln ab und nimmt die dann. Das geht leider nicht. Man muss halt tatsächlich, man darf nur die Rohware liefern und der Apotheker muss sie am Ende verpacken. Das heißt, da sind so ganz viele und die Frage ist, bleibt das in zehn Jahren genauso oder geht in zehn Jahren, geht der Weg irgendwo anders hin? und wie kann man sich als Firma relativ früh entscheiden, welchen Weg man einschlagen muss, damit man halt zukünftig auch von dem neuen Markt halt profitiert. Und das ist, glaube ich, nochmal deutlich unsicherer als in vielen anderen typischen Startup-Bereichen, dass man einfach nicht weiß, wie sich diese Regulatorik entwickeln wird über die nächsten Jahre und dementsprechend auch Wetten eingehen muss, welche Geschäftsbereiche jetzt die sind, die vielleicht in zehn Jahren Boom werden und die, die es vielleicht in zehn Jahren nicht mehr gibt.

Joel Kaczmarek: Ich überlege ja auch die ganze Zeit, ob du eigentlich ein E-Commercler bist mit einer ein bisschen höheren Produktkomplexität. Dafür auch eine höhere Nachfrage, weil Begrenzung. Tut man da dir Unrecht oder ist da was dran?

Finn Age Hänsel: Naja, also sage ich mal, grundsätzlich würde ich sagen, ist die Frage, bin ich primär E-Commercler mit ein bisschen was dran oder mache ich primär eine Kameras-Firma, aber profitiere davon, dass ich früher E-Commercler war. Dann ist es, glaube ich, eher Zweiteres, weil das Thema, um das Thema nur auf E-Commerce zu begrenzen, ist es deutlich zu komplex. Also gerade, wenn es in dem Bereich eben Dosierungsformen und Apotheken und pharmazeutische Erzeugnisse geht, da kommt man als E-Commercler nicht weit, wenn man so an das Thema rangeht. Da ist also wirklich schon, muss ich auch vorstellen, bei uns, wir sind inzwischen fast 70 Leute. Wir haben ein Team von Ärzten noch da, wir haben ein Team von Produktentwicklern, wir haben ein Team von Biologen, wir haben ein Team von Anwälten. Also das ist halt deutlich komplexer als das, was normalerweise man im Bereich E-Commerce abdecken müsste, weil es eben tatsächlich auch um pharmazeutische Erzeugnisse geht.

Joel Kaczmarek: Kannst du mich mal ein bisschen abholen, so als wirklich ein Dummy in dem Bereich? Was macht man eigentlich mit diesen CBD-Ölen? Also reibe ich mich damit ein, schlucke ich die, was passiert da, wofür sind die?

Finn Age Hänsel: Also wir machen ja nicht nur CBD-Öl, wir haben eine ganze Range an CBD-Produkten. Und grundsätzlich das Öl ist das, was in Deutschland das beliebteste Produkt ist, weil einfach das, sage ich mal, auch immer wieder in der Presse und in den Studien halt eben als Testdosierungsform eben gilt. Und das CBD-Öl ist letztendlich eine Sache, die sich viele und wie gesagt, das machen ja auch viele Firmen außerhalb von uns, aber CBD ist halt, machen sich viele Kunden, die das nutzen, unter die Zunge. Das heißt, was also passiert, der Körper absorbiert das CBD über den Mund und am Ende ist dort die Bio-Verfügbarkeit auch höher, als wenn du es einfach nur runterschlucken würdest. Also das unterschätzen die meisten Leute, die Mundschleimhaut nimmt alles CBD primär auf. Alles das, was quasi runtergeschluckt wird, wird erst noch durch den Magen wieder aussortiert. Das heißt, es kommt deutlich weniger im System an. Und was dann eben passiert, ist dieses CBD dockt durch die Aufnahme an den Körper an dein sogenanntes Endokannabinoid-System an. Und das Endokannabinoid-System ist, sage ich mal, ebenso wie das Opioid-System im Körper an das Nervensystem angedockt. Und alles, was dort andockt, bringt gewisse Eigenschaften mit. Also unterdrückt Dinge oder verstärkt Dinge. Und die Studien, die es halt eben zum Thema CBD gibt, die sagen halt, es ist muskelentkrampfend, es ist angstlösend, es ist halt schlaffördernd und es kann auch in manchen Bereichen regenerationsfördernd für Muskeln sein und es kann halt eben auch schmerzfördernd sein. Also Studien sagen da verschiedene Themen. In dem Bereich gerade letzte Woche wurde eine neue Studie in Leipzig veröffentlicht zu dem Thema. Und letztendlich, das klassische CBD-Öl nehmen halt die Leute, die diese Effekte halt erreichen möchten. Wir stellen uns halt ein bisschen anders auf und deutlich breiter. Also wir haben zum Beispiel auch ein Sportgel. Und was eben CBD halt auch hat, sind halt tatsächlich muskelregenerierende Eigenschaften. Das heißt, durch die Anti-Entzündlichkeit des CBDs ist zum Beispiel Muskelkater potenziell deutlich kürzer, als man ihn normalerweise erleben würde. Und so haben wir halt ein CBD-Sportgel auf den Markt gebracht, was über die Haut wirkt. Das sind halt schon so ein paar Themen, wo ich sage, da ist natürlich sehr erklärungsbedürftig und wenn man dann halt, sage ich mal, bei Google und Facebook keine Werbung machen darf, ist natürlich immer die Frage, wie klärst du den Kunden auf, ohne eigentlich auf die Hauptaufklärungskanäle aufsetzen zu können.

Joel Kaczmarek: Gut, ich lege dir hiermit Podcast-Werbung ans Herz, ganz uneigennützig. Aber sag mal so rum, ich habe die Tage bei dir irgendwie bei LinkedIn oder sowas gelesen, hast du einen Artikel geteilt und dann stand irgendwie CBD kann dies, das oder jenes tun. Wie viel davon ist denn eigentlich belegt? Also bei kann so und so so wirken, klingt für mich so wie kann aber auch nicht. Also wie viel ist denn von dem, was ihr da tut, quasi hart mit harten Zahlen belegbar?

Finn Age Hänsel: Mhm. Also beim Thema medizinisch ist es so, dass es tatsächlich verschiedenste Studien schon seit den 90er Jahren gibt, die eben auf die positive Eigenschaft von THC hindeuten. Sprich, dort ist eigentlich alles mit großen Studien abgedeckt. Sieht man ja auch daran, es gibt ja auch schon Fertigarzneimittel im Bereich THC. Das heißt also auf der medizinischen Seite würde der Arzt eh nichts verschreiben, was nicht durch Studien abgedeckt ist. Auf der CBD-Ebene ist es tatsächlich noch ein bisschen anders. Diese Studien, die es dort gibt, die sind tatsächlich relativ neu. Also die ersten Studien zu CBD kommen aus den frühen 2000ern und vor allen Dingen auf noch nicht sehr, sehr hohen Fallenzahlen. Also die meisten Studien im Bereich CBD finden es immer so 100 bis 150 Probanden oder Patienten. Und was man halt damals getan hat, als THC halt quasi untersucht wurde, hat man halt eben auch die Existenz von CBD entdeckt. Und man hat halt in den frühen 2000ern angefangen, Studien dazu zu machen. Und was halt relativ schnell klar war, ist, dass CBD sehr antientzündlich wirkt, sprich eine sehr, sehr starke antientzündliche Eigenschaften auf Muskeln hat, auf Wunden hat und auf verschiedenste Dinge. Und seitdem hat man angefangen, CBD eigentlich genauer zu erforschen. Es gibt Fertigarzneimittel im Bereich CBD, also die wirklich durch riesige Studien gegangen sind mit tausenden von Patienten. Und das zum Beispiel hat dazu geführt, dass CBD heute ein anerkanntes Medikament im Bereich Epilepsie ist. Also es gibt Epidiolex, das ist ein Medikament. Das nehmen halt gerade eher jüngere Leute, die halt unter Epilepsie, unter speziellen Formen der Epilepsie leiten. Und dort ist zum Beispiel die Wirksamkeit halt, besser kann man es nicht belegen. Tausende Patienten über mehrere Jahre. Die Studien ansonsten, die im Bereich CBD stattgefunden haben, sind halt eben universitäre Studien, die kleiner sind. Und der Artikel, den du neulich gelesen hast bei mir bei LinkedIn, das war der Artikel wahrscheinlich über die Studie in Leipzig, die gemacht worden ist, wo halt Angstzustände untersucht worden sind bei Patientengruppen. Eins mit Placebo, eins mit einer anderen angstlindernden Substanz und eins mit CBD, wo die Ergebnisse sehr gut waren. Trotzdem, und das ist das Heilwerbegesetz in Deutschland oder Heilmittelwerbegesetz, selbst wenn Studien das zeigen, darf man das noch nicht sagen. Deswegen ist immer sehr, sehr viel in diesen Konjunktiven immer, das könnte und Studien deuten darauf hin, das, aber du darfst nicht sagen, das hilft gegen das. Warum nicht? Weil dafür gibt es noch nicht genug Studien. und selbst wenn es die Studien geben, müssen die erst anerkannt werden. Und es gibt in Deutschland und in Europa so ein Register, welche Wirkstoffe, welche Eigenschaften sagen dürfen. Und nur mal so. als Beispiel, du darfst noch nicht mal sagen, dass Koffein wach macht. Du darfst immer nur sagen, Koffein könnte und würde und Studien deuten darauf hin, dass Koffein das und das tut. Aber wenn du mal auch darauf achtest, du siehst eigentlich nirgendwo wirklich, dass in irgendwelchen koffeinhaltigen Themen wirklich draufsteht, Koffein macht dich wach. Selbst bei Red Bull hat man sich ja durch die Analogie Red Bull verleiht Flügel dazu entschieden, quasi das zu suggerieren, dass Koffein in dem Red Bull wach machen könnte. Aber es ist leider nicht erlaubt in Europa zu sagen, dass Koffein wirklich wach macht, obwohl es am Ende eine von niemandem angezweifelte Tatsache ist. Aber das sind halt so. leider diese Themen, die halt sowohl im Heilmittelwerbegesetz, aber auch eben in der speziellen Art und Weise, wie Studien als Beweismittel genommen werden dürfen, sehr kompliziert sind. Und dementsprechend kann man halt auch bei CBD, und da gebe ich ganz ehrlich zu, immer nur davon sprechen, dass es Studien gibt. Die deuten darauf hin, aber es gibt nichts, wo wir wirklich sagen dürften, CBD tut das. Lange Antwort auf eine kurze Frage.

Joel Kaczmarek: Habe ich auch gerade gedacht, da merkt man, wie komplex es ist. Weil ich meine, es stimmt ja auch, selbst wenn es bei dem einen das tut, muss es bei dem anderen das ja nicht auch tun. Das ist ja auch noch ein bisschen eine individuelle Ansicht.

Finn Age Hänsel: weil es gibt ja keine Medikamente, die wirklich bei jedem das Gleiche tun. Also ganz, ganz, ganz selten mal. Also das Koffein mal nicht wach macht, ist wahrscheinlich eher eine Ausnahme. Aber alleine deswegen ist es halt so, dass wenn du sagst, das tut das und plötzlich ein Patient sagt, bei mir tut es das nicht, dann kann er das quasi verklagen, weil du ihm eigentlich versprochen hattest, das tut es doch und bei ihm wirkt es trotzdem nicht. Und deswegen ist man gerade im Bereich medizinischer Aussagen immer sehr, sehr vorsichtig.

Joel Kaczmarek: Und ich glaube, Koffein macht nicht wach, sondern es hält wach. Habe ich gestern gerade irgendwie in einem sehr wertigen Fernsehbeitrag auf ProSieben gelernt, ja, deinem alten Arbeitgeber.

Finn Age Hänsel: Echt, ja?

Joel Kaczmarek: Ja, habe ich mal gehört.

Finn Age Hänsel: Witzig, weil, also so tiefsteckig im Thema Koffein nicht drin, also ich kenne es aber nur, wenn meine Mutter abends noch Kaffee trinkt, bevor sie ins Bett geht, dann kann sie auf jeden Fall nicht schlafen. Vielleicht ist es doch, also dann ist es auf jeden Fall so, dass sie wacher ist als vorher gefühlt. Aber vielleicht ist es auch nur eine Annahme.

Joel Kaczmarek: Ich will gar nicht abschweifen, aber ich habe mal einen National Geographic-Artikel dazu gelesen, wenn du Kaffee trinkst vorm Einschlafen, dich dann direkt hinlegst, schläfst du sogar besser und schneller ein, glaube ich. Diese aufputschende Wirkung, die kommt erst mit der Zeit, glaube ich. Aber ist auch egal. Werden wir uns mal beide noch belesen. Stichwort dein Thema. Es war ja lange so in den Medien auch zu lesen, weil du auch Kanada schon vielfach angesprochen hast.dass natürlich dieser Nachschub so entscheidend ist. Also wenn du sagst,der eine Arm deiner Firmabezieht sich auf medizinisches Cannabis,der andere auf diese CBD-Produkte,ist ja die Frage, woher kriegst du den Stuff? Also wenn ich jetzt mal meine E-Commerce-Denkenwieder reinbringe,heißt ja Einkaufen auf der einen Seite,Verkaufen auf der anderenoder Produzieren und Verkaufen. Und lange war ja so Kanada so ein Thema. Und dann kam ja hier dein Freund der Sebastian Diemer mit seinem Pharmaco und hat ja so Bildartikel gehabt mit, der Typ will irgendwie 50 Tonnen irgendwie Cannabis importieren aus, ich weiß gar nicht, vom mazedonischen Geheimdienst war ja dann so immer das Label so ein bisschen, was man in der Bild las. Wo kriegt man das Zeug eigentlich her? Also selbst anbauen dürfte es ja wahrscheinlich nicht, oder doch?

Finn Age Hänsel: Also grundsätzlich ist es in Deutschland so, dass der Großteil des heutigen Absatzes in den Apotheken aus Kanada oder aus den Niederlanden kommt. Die Niederlande haben ein Abkommen mit Deutschland, dass Deutschland pro Jahr 2,5 Tonnen aus dem Niederlanden mitziehen darf. Das teilen sich die Großhändler, die es in Deutschland gibt, alle untereinander auf. Und das ist quasi gesetzlich auch reguliert, wie viel jeder Großhändler vertreiben kann. Das sind so ungefähr zwischen 3 und 5 Kilo im Monat, also nicht so viel. Diese 2,5 Tonnen decken aber natürlich nicht den Gesamtbedarf des Landes. Also wir sind jetzt gerade an einer Phase, wo wir so auf die 10 Tonnen zugehen, die pro Jahr verschrieben werden an Blüte durch Ärzte und Und dementsprechend, wenn man jetzt mal die niederländischen Tonnen davon abzieht, bleiben noch 7,5 Tonnen übrig, die eigentlich gedeckt werden müssen. Ab nächstem Jahr wird auch in Deutschland Cannabis angebaut oder wird jetzt schon gerade angebaut, aber ab nächstem Jahr darf es dann auch vertrieben werden. Das sind ungefähr nochmal ein bisschen mehr als zwei Tonnen, die da drauf kommen. Sprich, aber diese letzten 5,5 Tonnen bei einem steigenden Absatzjahr für Jahr müssen ja irgendwo herkommen. Und was ist da halt? die Regel ist, du musst halt einen Zulieferer finden, der die Qualitätsstandards der sogenannten EU-GMP-Richtlinie einhält. Also GMP heißt Good Manufacturing Practices. Das ist quasi eigentlich ein globaler Standard, wie halt eine Produktion aufgebaut sein muss. Die ist auch unterschiedlich in Pharma oder in anderen Themen. Und der EU-Zusatz zeigt halt, dass die EU eine gewisse Interpretation dieses Leistungskataloges hat, der halt erfüllt werden muss. Sprich, to make a long story short, man darf nur dann Cannabis nach Europa importieren, wenn man einen Zulieferer gefunden hat, der übrigens auf der ganzen Welt sein kann, wo a, die lokalen Gesetze erlauben, das zu exportieren und b, der sich an die GMP-EU-Richtlinien hält bzw. nach GMP-EU zertifiziert ist. Und das haben die Kanadier relativ schnell erkannt und haben letztendlich ihre Betriebe GMP-EU zertifizieren lassen. Das geht meistens so einher, dass tatsächlich sogar vom LAGESO hier in Berlin ein Gutachter nach Kanada fliegen muss, dort die Anlage sich anguckt, eine Checkliste dabei hat, überall Haken setzt und irgendwann nach eingängiger Prüfung sagt, ja, diese Anlage genügt dem GMP-EU-Standard und dementsprechend darf Cannabis von dort nach Deutschland exportiert werden. Und das sind ehrlicherweise heute noch nicht allzu viele Hersteller. Du hast vielleicht, sage ich mal, so fünf, sechs Kanadier, du hast eben die Niederländer, Betrokan und du hast noch so, sage ich mal, fünf bis acht andere, die entweder in der Pipeline gerade sind oder schon GMP EU haben. Und das ist letztendlich dein relevant Set an Zulieferern, mit denen du arbeiten kannst. Was wir halt zum Beispiel machen, wir sind den ganzen Prozess mit jemandem durchgegangen in Südeuropa, mit dem wir halt wirklich sehr eng zusammenarbeiten, mit dem wir auch Produktentwicklung gemeinsam machen. Aber der Partner sieht sich halt nur als medizinisches Anbauunternehmen. Und alle weiteren Schritte, was für Produkte, wie die dann aussehen, wie die in die Apotheke kommen, das überlässt er dann uns. Und dementsprechend ist es mit unserem Partner eine sehr, sage ich mal, strategisch-symbiontische, ein Verhältnis, was wir halt quasi aufbauen und holen halt unsere Ware daher. Und das ist halt so, sage ich mal, so ein bisschen wie der gesamte Prozess der Qualifizierung abläuft. Man braucht immer einen Partner. Entweder hat er schon GMP EU oder man macht das halt gemeinsam. Und von daher bezieht man dann letztendlich das Cannabis, was halt dann sehr komplex nach Deutschland eingeführt werden muss.

Joel Kaczmarek: Und komplett selbst zum Anbauer werden wolltest du nicht oder lohnt sich nicht?

Finn Age Hänsel: Naja, also wenn du mal guckst, die ganzen Kanadier sind halt so groß geworden. Die haben halt alle irgendwie angefangen Anbauer zu sein, haben halt quasi ihr gesamtes Geschäft aus dem Anbau heraus gestaltet. Und die hatten ja teilweise auch absurde Bewertungen schon. Ich glaube, es gab kanadische Cannabis-Unternehmen, die schon bei 25 Milliarden Bewertungen standen, obwohl sie noch nicht mal 100 Millionen Euro Umsatz machten. Und das Problem ist halt, das kommt halt aus einer Zeit, wo es noch nicht genug Cannabis-Anbau gab, um halt so medizinisch als auch im Bereich Cannabis Recreational den Bedarf zu decken. Das heißt also, eigentlich der Anbau war mal die begrenzte Ressource. Sprich, die Unternehmen, die damals den Anbau hatten, das waren die, die am meisten wert waren an der Börse. Was man jetzt so ein bisschen sieht, ist, was daraus entstanden ist, ist ein Überinvestment in den Bereich Anbau. Das heißt also, du siehst quasi Jeder Hans und Franz hat irgendwann angefangen, seinen eigenen Anbau zu machen, sei es in Portugal, in Kanada, sei es in Spanien, sei es überall anders. Und was du jetzt eigentlich siehst im Markt, ist, dass es zu einer Schwemme an Produkten kommt. Und die Kanadier haben lange Jahre riesige Absatzerwartungen an ihre Investoren oder Aktionäre kommuniziert. Und was man halt jetzt sieht, der Markt insgesamt weckt langsamer als erwartet ursprünglich. Plus, was man auch sieht, ist, dass es tatsächlich einen Übersupply gibt, in Kanada schon ganz speziell, an Cannabis. Was dazu führt, dass a, der ganze Anbau commoditized wird. Also sprich, es ist nichts mehr Besonderes, einen Anbau zu haben. Und das Zweite ist, dass die ganzen Unternehmen, die sich auf Anbau fokussiert haben, unheimliche Wertberechtigungen in Anspruch nehmen gerade. Weil halt teilweise sie ihre Anlagen schon wieder zumachen gerade. im Falle von Canopy Growth und Aurora, die halt tatsächlich auch sehr viel inzwischen wieder ihre Engagement zurückfahren. Und dementsprechend war für uns immer klar, also Analogie aus meiner Brauerei, es gibt kaum Brauereien, die ihren Hopfen selber anbauen. Genauso sehen wir das auch. Also die Formulierung, das Produkt, die Positionierung, das sind alles Dinge, wo wir uns wohl mitfühlen, die wir selbst zu machen. Der Anbau, also die Erstschrittener Wertschöpfung, sagen wir ganz klar, dass es zu sehr commoditized ist. Das macht heute keinen Sinn, der 150. Cannabis-Anbauer in Europa werden zu wollen.

Joel Kaczmarek: Gut, ich glaube, bevor wir mal in die Geschäftsmodelle eintauchen, was hier sozusagen eigentlich dann, was im Kern eigentlich alles dahinter steckt, was man auch mal ansprechen sollte, wäre, glaube ich, dieses ganze Thema synthetisches THC oder synthetische Cannabinoide. Das ist ja, glaube ich, auch etwas, was sehr hochgepoppt war, gerade durch dieses Supply-Thema. Also ich erinnere mich, ich habe irgendwie dem Kollegen Diemann nur zugehört, tut mir leid, wenn sein Name so auffällt, der ist irgendwie so präsent in meinem Kopf gerade. Aber ich weiß, der hat ja immer sich so ein bisschen gerühmt mit, seine Firma würde daran werkeln, dass man das künstlich herstellen kann, diese Wirkstoffe. und dann ist man ja so, das sei ja so der heilige Gral dessen, so was ihm glaube ich auch so leidlich geglaubt wurde. Ist das ein Segment, was nach wie vor Relevanz hat, in dem ihr euch auch probiert oder ist das so ein bisschen auch ein Hype gewesen? Vielleicht kannst du das ja mal einordnen.

Finn Age Hänsel: Also grundsätzlich wird heute Cannabis schon synthetisch hergestellt. Also es gibt in Deutschland eine ganz berühmte Firma, die hat THC-Farmen, die gehört zu Bionorica, die produzieren schon Cannabinoide komplett synthetisch. Gibt auch in den USA ein paar Modelle, Pureform Global heißt eine große zum Beispiel, die machen auch ihre Cannabinoide synthetisch. Das ist auch definitiv, was sicherlich für die Zukunft ein wichtiger Markt wird. Und zwar aus dem Grund, weil man nur bei der synthetischen Herstellung wirklich sicherstellen kann, dass du wirklich auf das Milligramm genau die richtige Wirkstoffzusammensetzung hast. Von daher glaube ich, synthetisch wird definitiv Sinn machen. Übrigens auch ein weiterer Grund, der gegen den Anbau sprechen könnte. Die Frage bei der synthetischen Herstellung sind zwei Sachen. Das Das eine ist, es gibt verschiedene Methoden dieser Herstellung. Die eine Methode ist sehr teuer und sehr langsam. Das sind die großen Methoden, die es heute gibt, also THC-Farmen, aber auch die großen Amerikaner. Das musst du dir so vorstellen, die bauen quasi im Labor die Moleküle so nach, dass sie quasi am Ende dem THC entsprechen. Und es ist aber ein sehr, sehr manueller Prozess, der ist nicht für die Massenproduktion geeignet. Was natürlich nun das Thema ist von der Firma, die du vorhin angesprochen hast, was die halt sagen, ist das, woran sehr, sehr viele gerade schon forschen, wo aber noch niemand einen großen Durchbruch hatte, ist statt einer manuellen Gramm-für-Gramm-Design oder eben Zusammenbau dieser Moleküle, gibt es auch eine Möglichkeit, das massen zu produzieren in so einer Art Bioreaktor, wo du halt wirklich sagst, mit gewissen Bakterien oder gewissen Hefepartikeln vermehren sich diese Zellen automatisch und dementsprechend führt es dazu, dass du halt auch auf größere Volumen eben THC und CBD synthetisch herstellen kannst. Das wird seit langer Zeit versprochen und erforscht. Trotzdem hatte bisher keine Firma weltweit dort einen riesigen Durchbruch. Also der große Durchbruch wurde ja letztes Jahr angekündigt. Wir sehen bisher im Markt nicht, dass es dort jetzt schon serienreife Produkte gibt, die wir beziehen könnten. Das heißt, also to make a long story short, das ist auf jeden Fall ein Markt, der interessant ist. Ich glaube, der Markt ist noch nicht so weit, wie man immer denkt. Das wird noch ein bisschen dauern. Und man darf natürlich eine Sache nicht vergessen. Der Grund, warum die meisten Patienten Cannabis interessant finden als Alternative, ist, weil es eben ein natürliches Produkt ist. Und für viele Leute, die halt auch tatsächlich zum Arzt gehen und sich Cannabis verschreiben lassen, ist es so eine Art natürliche Alternative zu den Fertigarzneimitteln, die im Labor erzeugt worden sind und die am Ende rein künstlich sind. Und in der Medizin wird es sicherlich irgendwann auch seinen absoluten Punkt haben, um halt zu sagen, oder er wird seine Berechtigung haben, auch synthetisches Cannabis zu haben. Trotzdem wird es immer die Leute auch geben, die nach einer Alternative zur Synthetik sich quasi suchen. Und dementsprechend weiß ich gar nicht mal, ob der Markt für synthetisches Cannabis am Ende doch so groß ist oder ob es nicht vielleicht ein medizinisches Nischenprodukt bleiben wird. Und das hängt natürlich auch sehr davon an, wie sich die Preise entwickeln. Wenn die Preise weiter so verfallen für natürliches Cannabis, wie es gerade der Fall ist, eben aufgrund dieser Übersättigung des Marktes, dann wird es auch synthetisches Cannabis schwer haben, dort mit den Preisen mitzuhalten. Das ist wahrscheinlich immer Endstufe, ist es doch günstiger, synthetisch herzustellen. Da ist man aber heute meilenweit von weg. Das ist so ein bisschen wie die Frage, natürliches Benzin oder synthetisch hergestelltes Benzin. und da ist man ja auch noch an dem Punkt, dass momentan noch natürliches Benzin auch nach Jahren der Erforschung von synthetischem Benzin immer noch günstiger ist und dementsprechend synthetisches Benzin sich eigentlich nie durchgesetzt hat.

Joel Kaczmarek: Ich meine, man merkt ja, je länger man mit dir redet, wie komplex das ganze Thema ist und was du dir wahrscheinlich alles auflesen musstest, ja?

Finn Age Hänsel: Es war Spaß, weißt du, jetzt hast du mal wieder gesagt, was zeichnete mich denn als Tech-Unternehmer aus? Dass ich mich so in Details so wirklich sehr gerne eingearbeitet habe, neue Dinge verstanden habe, die Dots wieder miteinander connected habe. und das ist natürlich genau das, was hier auch so Spaß macht bei der Sanity Group, dass du wirklich in einen komplett neuen Bereich eintauchst, wo du wirklich, wo ich auch wirklich sage, selbst Leute, die sich schon seit Jahren in dem Bereich drin trummeln, die wissen immer noch nicht alles und dadurch hast du halt so ein bisschen das Pioniergefühl auch, dass du ganz neue Business-Modelle tatsächlich teilweise per Zufall auf dem Weg mitentdeckst,weil du einfach in ein komplett neues Themaso tief einsteigst,in dem noch kein anderer so tief drin ist.

Joel Kaczmarek: Was sind denn die Geschäftsmodelle,denen du so nachgehst? Also klar, wir können das jetzt mal dekonstruieren,also du hast gesagt, du hast den medizinischen Arm,du hast den Endkundenarm,also dieses Wellbeing. Ist es das odervielleicht nehmen wir es nochmal auseinander,was stecken sonst für Geschäftsmodellein deinem Geschäft drin?

Finn Age Hänsel: Also momentan ist Und definitiv die zwei, die ich gerade genannt habe oder die du auch genannt hattest, eben tatsächlich Patientenversorgung und Arzneimittel erforschen, zu bauen und herzustellen. Das ist sicherlich ein geschätztes Modell. Das zweite ist eine Marke im Bereich Consumer aufzubauen, wo du halt sagst, du willst da die Leute aufklären, auch dass CBD als Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetik immer eine größere Rolle spielen kann. Und das ist auch tatsächlich. mehr und mehr Forschungsergebnisse zeigen, dass es gut für die Menschen ist, die halt bestimmte Bedürfnisse haben. Das sind heute die beiden Kerngeschäftsmodelle. Wenn man sich mal in die USA anguckt, was es noch so alles gibt, da ist es komplett irre. Da geht es wirklich von Personalberatungen, die sich auf Cannabis fokussieren, bis hin zu Lieferservices, die nur Cannabis machen, wie zum Beispiel Ease, die so eine Art Lieferando für Cannabis sind in Kalifornien. Und da gibt es natürlich den Retail-Bereich, wo halt sich ganze Shops um Cannabis herum gebaut haben, wie Mad Men zum Beispiel, die auch sehr, sehr stark an der Börse auch, glaube ich, schon drei bis vier Milliarden mal bewertet waren. Es gibt natürlich immer noch den Anbau, es gibt die Produktion, es gibt die Extraktion. Also entlang dieser Wertschöpfungskette gibt es halt relativ viele Modelle. Wir haben uns halt am Ende entschieden, wenn du sagst, hier ist der Anbau, hier ist die Vermarktung, da haben wir uns entschieden, relativ stark in den Bereich Vermarktung reinzugehen, aber eben nicht nur Vermarktung per se, sondern auch zumindest so weit in die Wirtschaftskette reinzugehen, um die Produkte noch selber zu designen und selber eben sicherzustellen, dass die Produkte unseren Ansprüchen genügen. Wenn man sich dann überlegt, was für andere Modelle gibt es noch, die vielleicht nicht so typisch in einer Wertschöpfungskette abtragbar sind, dann definitiv eben so eine Art medizinische Geräte, die halt dafür sorgen können, dass man es halt eben auch besser einnimmt, die halt letztendlich natürlich verwandt sind mit den anderen Modellen, aber nicht unbedingt einander bedürfen. Und ansonsten im Bereich Forschung und Studiendesign ist natürlich auch noch ein Geschäftsmodell, was wir heute noch nicht machen, was wir uns aber auch sehr gut vorstellen können, um weiter auch, sage ich mal, Studien in dem Bereich voranzutreiben. Und was auch viele in den USA zum Beispiel machen, da gibt es schon Kliniken die sich zum Beispiel komplett auf Cannabinoid-Therapien fokussieren. Also wirklich Kliniken, die man nur geht, um Cannabis-Therapien in verschiedenen Abstufungen zu bekommen. Das ist eine Sache, die kann irgendwo mal in Deutschland interessant sein, kann man auch sehr schön mit Digital Health verknüpfen, dass du halt sagst, du hast halt parallel dazu irgendwie eine App, die halt deinen Fortschritt und deinen Therapieerfolg halt mit begleitet. Aber das sind halt noch Produkte oder Geschäftsmodelle, wo ich sage, die können irgendwann spannend werden, aber es gibt die deutsche Regulatorik heute noch nicht hier.

Joel Kaczmarek: Ich frage mich ja immer nur so ein Stück weit, wenn du sagst, auf der einen Seite bist du derjenige, der das bezieht und dann über Apotheken an den Endkunden medizinisch ausgibt. Da ist so mein Themenfaktor, wo ich denke, okay, aber warum geht der Hersteller sozusagen, der Anbauer nicht direkt zum Apotheker? Also was ist sozusagen deine verteidigbare Position, wenn du das tust? Und bei dem ganzen Thema Konsumenten ist es ja im Prinzip, du investierst Geld in Markenaufbau und bist dann sozusagen bekannt. Ansonsten machst du eigentlich dasselbe, was alle anderen auch tun, oder? Also mir fehlt manchmal da bei dem Thema insgesamt so ein bisschen, was ist so dein USP, was sind deine Barriers of Entry, wie man so neudeutsch bei uns sagt. Das ist so, wo ich noch versuche zu verstehen, wie ich mich absichere als Unternehmer.

Finn Age Hänsel: Ja, also du hast tatsächlich eben ein paar gute Themen angesprochen. Also das Thema ist, kannst du auch sagen, warum macht der Hanfbauer nicht sein eigenes Bier und verkauft es direkt an den Supermarkt? Warum braucht er eine Brauerei dazwischen, die es für ihn macht und die nichts mit ihm zu tun hat? Ich glaube, diese Wertschöpfung wirklich von Anbau oder von wirklichen Samen in die Erde zu drücken, bis es am Ende an den Endkonsumenten zu verkaufen und Studien dazu zu machen, ist ein so breites Feld, dass ich glaube, du brauchst unterwegs Spezialisten. Du brauchst einen Spezialisten, der gut im Anbau ist. Dann brauchst du einen Spezialisten, der gut daran ist, Studien zu machen. Dann brauchst du einen Spezialisten, der ein gutes Produkt baut am Ende. Und dann brauchst du einen Spezialisten, der dieses Produkt nimmt und darüber halt Leute aufklärt im Markt, wie sie das Produkt zu nehmen haben und warum das gut für sie sein kann. Ich glaube, das kann am Ende nicht die gleiche Person alles machen, sondern du musst halt irgendwo sehen, wo an der Wirtschaftskette ist deine Stärke. Und ich glaube einfach, dass der Anbau sehr, sehr anders ist als das, was danach folgt. Also ich glaube, der Anbau ist einfach definitiv deswegen getrennt, Ein normaler Anbauer hat keine Erfahrung mit medizinischen Studien, hat das Apotheker-Netzwerk nicht. Was wir halt gesagt haben, vielleicht auch aus der Historie heraus, dass eben die Formulierung des Produktes, aber dann auch eben der Vertrieb des Produktes das Wichtige ist. Und wenn ich Formulierung meine, dann ist es ja schon so eine Sache, die jetzt letztendlich auch schon, sage ich mal, eine Eintrittsbarriere gibt. Weil so eine Formulierung ist ja nicht so, dass wir einfach nur sagen, hey, wir nehmen halt irgendein Random White Label Produkt, packen unser Label obendrauf und verkaufen es dann. Wir gehen ja wirklich in die Formulierung mit rein. Wir machen Studien, gucken, was brauchen wir eigentlich, was suchen Patienten heute, was für Therapie wollen Ärzte, wo sehen sie die Marktlücken heute? und gehen dann halt zu unseren Herstellern zurück und bauen wirklich Produkte, die wirklich maßgeschneidert sind auf die Probleme der Ärzte und der Patienten. Sprich, also da hast du eigentlich schon schon auch einen Innovationsfaktor, den du beim reinen Vertrieb halt nicht hättest. Gleiches kannst du auch bei CBD sagen. Klar, du brauchst am Ende die Marke. Das letztendlich kommt aus der Historie heraus, die Fabian und ich nun mal haben, dass wir halt auch sehr viele Marken in der Vergangenheit aufgebaut haben. Klar kannst du halt eben sagen, das nächste ist der E-Commerce-Vertrieb. Das ist sicherlich auch eine Sache, die wir halt eben von der Pike auf angelernt haben. Aber auch hier, und das ist der USP, wo wir sagen, da differenzieren wir uns. Wir haben auch bei unserem CBD-Projekt oder CBD-Produkt eine Horde an Forschern dahinter, an Produktentwicklern, die halt wirklich sagen, wie wird CBD vom Körper aufgenommen, welche anderen Wirkstoffe kann man mit CBD kombinieren. Was sagen die Studien? Welche Studien können wir selber machen? Die halt wirklich eben nicht nur, und das sage ich immer wieder, eben eine Flasche nehmen, um da ein Label drauf zu kleben. Das sage ich mal, das können andere genauso gut wie wir. Aber wirklich das Produkt auch mitdesignen und sagen, wir haben auch eigene IP, wir haben eigene Patente auf die Produkte, die wir rausbringen. Das ist eben der Extraschritt, den wir machen, den viele andere nicht machen. Und ich glaube, das ist das, was uns am Ende die Nachhaltigkeit und die Eintrittsbarrieren halt hoch aufrechterhält.

Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Ist ja auch ein bisschen so, als wenn ich jetzt als Buchautor selbst Verlag werde oder selbst noch der Bücherhändler. Ich meine, gut, gibt es ja mittlerweile mit Self-Publishing, aber fairer Punkt trotzdem. Die können halt was, was andere nicht können. Aber bist du trotzdem verteidigbar, wenn jetzt so jemand wie, weiß ich nicht, Hexal, Bayer, Bionorica, wenn die jetzt sagen, okay, entdecken wir für uns als Geschäftsarmen, wir haben irgendwie die ganzen Connections schon, zack, bumm. Also schieben die dich nicht einfach aus dem Markt raus? Hast du gegen die eine verteidigbare Position?

Finn Age Hänsel: Ja, ich glaube, das ist wie bei allem. Du hast Pioniere im Markt und du hast letztendlich einen Wettlauf, dass du schnell so groß werden musst, damit du halt nicht mehr weggefickt werden kannst. Also ich meine, wie viele Beispiele gibt es in der Startup-Welt davon? Also ich meine, ich war nun selber bei ProSieben. Netflix und ProSieben ist ein super Beispiel. Netflix war auch mal ein Startup, was angefangen hat. Was meinst du, wie viele Leute denen gesagt haben, ja Mensch, aber dann kommen die Giganten wie ProSieben und fegen dich einfach aus dem Markt raus. Und heute war es umgekehrt, ja. Und genauso kannst du argumentieren, das gleiche war das Thema bei Zalando und Karstadt, weil sie dann sagen, ja, Zalando, ja, schön, so ein E-Commerce-Startup zu machen, aber irgendwann kommt der Gigant Karstadt und fliegt dich aus dem Markt raus, weil der ja das große Geld hat. Und am Ende ist wahrscheinlich jetzt Zalando ein Vielfaches von dem Wert, was heute ein Karstadt-Wert ist, ja. Und ich will nicht sagen, dass es mit uns genauso ist und wir ein Vielfaches wert werden von dem, was ein Hexal-Wert ist, also knock on wood, also es wäre natürlich schön, Aber ich glaube grundsätzlich ist das die Diskussion, die die Startup-Szene verfolgt seit Anbeginn der Zeit. Also warum hat dein Startup jetzt eine Berechtigung, wenn jetzt die Großen aufwachen und das Gleiche machen, hast du doch keine Chance mehr. Das Thema ist nur wie bei jedem neuen Markt, der sich erschließt, du musst schnell und gut dich in diesen Markt reinfinden und dran glauben und deine wirklich Single Mission vorantreiben, dass du idealerweise schon so weit bist, bevor die Großen halt aufwachen und das Gleiche machen. Das geht jetzt zu tief rein, aber es gibt verschiedene Gründe, warum die Großen heute noch nicht im Bereich Cannabis aktiv sind. Ein Beispiel ist übrigens das, was du auch gerade als verteidigbare Position beschrieben hast, nämlich die Tatsache, dass du dir Cannabis als Wirkstoff natürlich nicht patentieren lassen kannst und dementsprechend das ein ganz anderes Geschäftsmodell ist, als jetzt irgendwie ein Viagra im Labor zu bauen, was dann erstmal zehn Jahre geschützt ist und du als alleiniger Hersteller davon quasi profitierst. Das geht im Bereich Cannabis natürlich nicht, weil du kannst dir THC als Wirkstoff nicht patentieren lassen, bist also auch nicht geschützt. Das macht es halt für die Großen gerade unattraktiv, da reinzugehen. Aber wenn der Markt irgendwann so weiter wächst, wie er es derzeit tut und gerade im Bereich medizinischen Cannabis du immer mehr Verschreibungen hast, dann werden sicherlich irgendwann auch die Großen sagen, Moment mal, da passiert irgendwas, von dem wir noch nicht profitieren. Und dann musst du halt nur groß genug sein, dass sie dich nicht mehr wegfegen können.

Joel Kaczmarek: Ich bin ja bei dir, grundsätzlich mich nerven ja auch mal so diese TV-Debatten, die man in diesen Investment-Shows hat mit, ja das gibt es ja schon woanders, warum soll ich da investieren? Also fair point, ja, nevertheless bin ich immer so ein Kandidat, dass ich mich frage, wenn ich dir jetzt mein Geld geben würde, was schaffst du schneller, besser als sozusagen so ein großer, das ist ja immer so ein bisschen das Wettrennen. Aber gut, fairer Punkt. Wie ist denn so Markenaufbau bei sowas generell? Also wie seid ihr da rangegangen? Vielleicht kannst du auch mal ein bisschen was zu den Namen sagen. Vi, Sanity Group. Also wie macht man das, dass man jetzt irgendwie CBD als Produkt nimmt? Also reden wir jetzt über Endkunden gerade. Dass ich das so attraktiv positioniere, dass das gekauft wird. Mich erinnert es ja ehrlich gesagt so ein bisschen an diese ganzen Juul-Geschichten, an diese ganzen E-Zigaretten. Ich finde, ihr habt so ein bisschen diese Freshness, dieses Coole, was man sonst in dem Bereich kennt. Wobei das Produkt jetzt natürlich kein schönes ist.

Finn Age Hänsel: Ein schlechtes Beispiel, aber du hast gerade gut gerettet, indem du sagst, die Freshness ist das, was dich da

Joel Kaczmarek: Nee, es geht jetzt wirklich nur um die, also nicht um das Produkt, dass das irgendwie Jugendliche abhängig macht, dass da irgendwie 40 Prozent der US-Schüler und so an sowas hängen. Sowas meine ich jetzt nicht, aber dieses, es ist cool, es ist hip, es ist irgendwie so, ja.

Finn Age Hänsel: Grundsätzlich triffst du eine sehr gute Frage und wir haben ja am Ende, wenn man so will, drei Marken. Das eine ist die Sanity Group, das ist das Ding oben drüber und dann hast du mit der Viamed deinen Arzneimittelhersteller und du hast mit der Vi hast du dein CBD-Produkt. Wie kam es ursprünglich zustande? Wir wollten ja ursprünglich tatsächlich mal anfangen, nur medizinisch zu machen. So haben wir damals gestartet und da haben wir halt damals nur so einen Kunstnamen Sanatio uns damals überlegt. Und irgendwann haben wir gesagt, Mensch, eigentlich in so frischen Märkten, die sich gerade erst finden, kannst du nicht all deine, quasi dein Geld auf ein Pferd setzen, sondern du musst gucken, wo passieren Dinge und wo macht es Sinn, noch rein zu investieren. Und so haben wir uns relativ schnell entschieden zu sagen, wir machen eben nicht nur medizinisch, sondern wir machen auch andere Geschäftsmodelle in dem Bereich Cannabis. Und dementsprechend war relativ klar für uns, dass wir eine Art Gruppe oder eine Art Dach oben drüber haben möchten. Und das Thema Sanity ist ganz witzig. Ich sprach ja eingangs schon von der sogenannten Cannabis-Prohibition in den USA, wo quasi der Federal Drug Administration-Chef damals eben gegen Cannabis argumentiert hat. Und es ist ganz verrückt, wenn man sich heute nochmal anguckt, mit welcher Argumentation Cannabis in den USA verboten wurde, da fällst du heute aus modernen Gesichtspunkten komplett vom Glauben ab. Also da wurde sehr viel Spritzen gezeigt und sehr viel, sage ich mal, Propaganda Richtung eher harte Drogen gemacht, obwohl Cannabis gar nicht mehr Spritze verabreicht werden kann. Auf jeden Fall hat er damals auch in einer berühmten Rede gesagt, 80 Prozent aller Morde in den USA finden statt, weil Leute unter Cannabis-Einfluss stehen. Cannabis ist die tödlichste Droge der Welt. Und er hat dann quasi nochmal erzählt, dass auch alle Vergewaltigungen in den USA auf die Rechnung von Cannabis gehen, weil Cannabis quasi lustfördernd sein sollte. Und hat am Ende seiner Rede gesagt, this plant is a pure insanity. Also quasi ist komplett irre und irrational. Und weil das damals so eine Remarkable Speech war, aufgrund dessen halt am Ende Cannabis verboten wurde, haben wir gesagt, so nee, es ist eben keine Insanity, es ist tatsächlich eher das Gegenteil. Es geht um Mental Health, es geht um Gesundheit, also es ist tatsächlich eher das Gegenteil von Insanity, also es ist Sanity. Und dementsprechend kam halt der Name Sanity Group zustande. Das ist ja aber für uns keine Endkonsumentenmarke. Dementsprechend machen wir damit natürlich auch kein echtes Markenbuilding, sondern wir haben uns sehr stark auf unsere beiden Töchter fokussiert, eben die Viamed, die ihren Namen auch einmal ändern musste wegen markenrechtlichen Problemen. Das ist am Ende ein Kunstwort, was entstanden ist und was wir jetzt wirklich als medizinische Marke aufbauen, auch wirklich mit unserem Beirat an Bord, der halt auch aus Professoren und Ärzten in Deutschland besteht. Und das ist tatsächlich eher ein B2B-Markenbuilding. Also wirklich, da geht es in erster Linie darum, Seriosität zu zeigen. Da geht es halt darum, zu zeigen, dass du ein medizinischer Experte bist. Und da geht es sehr, sehr viel darum, eben mit dem richtigen Content, den richtigen Schulungen bei den Ärzten eben ein gutes Gefühl zu erzeugen, dass du wirklich weißt, wovon du sprichst. Das ist also wirklich sehr, sehr stark B2B-Markenaufbau und wirklich sehr stark über persönlichen Draht zu Ärzten und Apothekern, die man halt auch im persönlichen Gespräch überzeugen muss. Und das ist halt ein ganz anderes Game als das, was wir mit Vi machen. Vi ist halt tatsächlich, du brauchst eine Endkonsumentenmarke auf, du willst halt quasi, dass die Leute Cannabis in Anführungszeichen im Bereich CBD neu entdecken, dass sie halt auch alte Vorurteile, die sie gegenüber Cannabis haben, auch ablegen. Und dementsprechend haben wir halt Vi als sehr, sehr frische, junge Marke gebaut, die sich halt in der Tat auch, sage ich mal, an eine Zielgruppe zwischen 20 und 40, also tatsächlich auch im Bereich CBD eher die jüngere Zielgruppe richtet. Und wir haben halt sehr, sehr absichtlich von Anfang an gesagt, wir wollen halt weg aus dieser typischen Cannabis-Ecke. Also du wirst auf keinem unserer Produkte irgendwie so ein Hanfblatt sehen oder du wirst auf keinem der Produkte irgendwie groß Cannabis lesen. Du wirst halt keine Jamaika-Flaggen, du wirst keine Bob Marley-Frisur irgendwo sehen. Du wirst halt. so. dieses typische Hanf-Milieu-Branding haben wir halt bei uns nicht, weil wir halt sagen, und da komme ich wieder zu Eingangs zurück, wir wollen Cannabis zurück in die Mitte der Gesellschaft holen. Und eben weg aus dieser Ecke holen, wo die Leute halt sofort Vorurteile haben und denken, sie wissen ganz genau, wie die Sachen funktionieren. Und dementsprechend haben wir uns halt für eine sehr frische Brand entschieden. Die halt in erster Linie auch eben nicht auf Cannabis, Cannabis, Cannabis geht, sondern eher auf die Themen, wofür nimmst du Cannabis im Bereich CB. Da haben wir ursprünglich mal gesagt, so drei Bereiche umschreiben eigentlich das ganz gut. Relax, Recover, Sleep, also Entspannung, Regenerierung von Muskeln und Schlafförderung. Und wenn man sich mal so die ganze Kommunikation von Y anguckt, dann sagen wir nicht, hey, wir sind eine Cannabis-Brand und nimm uns, weil du uns nehmen sollst, sondern wir sagen halt, hey, im modernen Lifestyle, den die Leute nun mal haben, werden drei Bedürfnisse immer höher, nämlich die nach Entspannung, das Bedürfnis nach Regenerierung, nach körperlicher Anstrengung und nach Schlaf. Und CBD ist tatsächlich ein Inhaltsstoff, der hier helfen kann, aber nicht ausschließlich. Also wir haben auch zum Beispiel Produkte mit CBD und Melatonin, wir haben Produkte mit CBD und Magnesium, wir haben letztendlich Cremes, die halt auch wärmenden Einfluss auf deine Muskeln haben. Das heißt also, wir gehen so ein bisschen weg davon zu sagen, wir sind eine Cannabis-Brand hin zu einer, wir sind eine Brand, die auf einen Lebensstil positioniert ist.

Joel Kaczmarek: Totales Detail, aber wenn man eure SEM-Anzeigen aufruft, dann führen die auf die Domain Ai Wei Wei. Ist das sozusagen auf den chinesischen Künstler gemünzt?

Finn Age Hänsel: Das ist tatsächlich dessen geschuldet, dass quasi wir in einer konstruktiven, langfristigen Diskussion mit Google sind, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist. Und wenn Google mal wieder der Auffassung ist, dass Dinge gegen ihre Standards entsprechen, dann blocken sie halt gerne mal die Domänen. Das heißt, wir müssen immer kreativer werden, welche Domains dort letztendlich angezeigt werden. Ja, ei, wei, wei, finde ich gut. Vorher war es let, wei. Also das ändert sich vielleicht auch in zwei Wochen wieder. Also das ist leider, kommen wir auch wieder zum Thema Markenaufbau. Solange Cannabis im Spiel ist, ist es weder bei PayPal noch bei den großen Kreditkartenherstellern noch bei Facebook und Google besonders einfach oder Amazon auch nicht. Das heißt, dort ist immer mal wieder sehr schwammig definiert, was geht und was nicht geht und es kann sich auch jeden Tag ändern. Von daher ist natürlich da der Markenaufbau auch nochmal extra schwierig.

Joel Kaczmarek: Ja, aber genau, was du gerade sagst, wäre so meine nächste Frage gewesen. War von Anfang an klar, dass das so eine Direct-to-Consumer-Brand für euch wird oder habt ihr auch mal drüber nachgedacht, über einen Handel zu gehen?

Finn Age Hänsel: Wir haben eigentlich immer Direct-to-Consumer geplant. Ich habe dann selber ein bisschen Hintergrund. Damals vor meinem Job bei BCG war ich ja kurz bei L'Oreal. So ein bisschen auch sehr viel Konsumgüter auch gesehen, auch bei BCG. Und ich habe halt immer sehr viele Nachteile gesehen, wenn man nur über den Handel geht. Und zwar, man gibt nicht nur Marge ab, sondern man verliert auch komplett den Draht zum Kunden. Das heißt, es ist direkt der Feedback, was halt als Direct-to-Consumer-Marke sehr schön ist. Was man vom Kunden bekommt, bekommt man über den Handel nicht. Und man macht sich natürlich auch am Ende sehr abhängig vom Handel. Also man macht halt wirklich der Handel, wenn man, sage ich mal, ich weiß nicht, ob es noch Leute wissen, es gab früher das Gershwin-Brot, das war der exklusive Zulieferer bei Aldi. Und er hat wirklich 99% seines Absatzes nur bei Aldi gemacht. und irgendwann hat Aldi gesagt, entweder du wirst nochmal 2 Euro billiger oder du fliegst raus. Und am Ende hat die Brotfirma gesagt, wir können es einfach nicht und sie musste eine Insolvenz anmelden, weil Aldi sie halt aber ausgelistet hat. Und sich so abhängig zu machen von einem Handelspartner ist nie gut, weswegen wir immer gesagt haben, hey, unsere primäre Domain ist das, was wir können, ist Direct-to-Consumer, ist E-Commerce. Wenn dann Handelsunternehmen sagen, sie haben Lust auf uns und mit uns zu arbeiten und wir dann feststellen, dass es gute Partner sind, wie zum Beispiel wir bei Douglas festgestellt haben, dann spricht nichts gegen den Handel. Was ich nur vermeiden möchte, ist, dass du von einer Handelskette komplett abhängig bist. Und das ist halt der eine, ist eine Rational hinter Direct-to-Consumer und das zweite ist eben der direkte Draht zum Kunden. Das kann man nicht unterschätzen, wie wertvoll das am Ende ist und auch letztendlich den Kunden viel loyaler hält, wenn er ohnehin bei dir das erste Mal gekauft hat und nicht mit dem Handel gekommen ist.

Joel Kaczmarek: So, wenn ich mir jetzt eure Produkte mal angucke, also ihr habt hier zum Beispiel so Nachtsprays oder Mundsprays, die jeweils so 34 Euro kosten. Man hat diese Gels, diese Sportgels, die du meintest, die kosten auch 34 Euro. Eine Badekugel kostet 16. Dann gibt es hier so eine Hanfextraktkapsel, die kosten schon 58. Also ihr seid eher ein bisschen hochpreisig. Oder ich sehe hier auch so Sets, die kosten auch schon mal so um die 100 Euro. Wer ist denn so typische Zielgruppe bei euch? Also sind das so Besserverdiener? Sind das eher Männer? Sind das eher Frauen? An wen richtet sich das?

Finn Age Hänsel: Also vielleicht erstmal nochmal zu den Preisen. Das ist mir auch immer sehr wichtig, weil oftmals wird bei CBD immer gesagt, Gott, die Preise sind so hoch, das ist halt quasi, die Unternehmen haben Margen ohne Ende und die verdienen sich halt dumm und dusselig damit. In der Tat ist CBD einfach ein sehr teurer Rohstoff. Punkt aus. Also ich kann dir sagen, die Preisstruktur von unserem Sportgel ist so, 5% sind Produktionskosten, 95% ist der Preis vom CBD, der dort drin ist. Und das ist wirklich krass, aber nur so als Beispiel. Ein Kilo CBD, bio angebaut, aus Deutschland, kostet so im Bereich 15.000 Euro. Ein Kilo. Und dann kannst du mal zurückrechnen, was du quasi in einem Produkt drin hast, wie beim Sportgel 550 Milligramm und wie teuer da wohl der Rohstoff war. Also das ist leider ein sehr, sehr wichtiger Punkt. Unsere Margen sind okay, aber dafür, dass halt quasi die Produkte so teuer sind, sind sie wahrscheinlich niedriger, als du dir vorstellen würdest. Trotzdem ist es so, dass es eben ein hochwirksamer Wirkstoff ist in verschiedenen Bereichen und dementsprechend sind wir schon, ticken wir auch so, dass wir uns unterscheiden, indem wir relativ viel Wirkstoff in unsere Produkte reinpacken. Also der Sportgeher hat 550 Milligramm. Das ist wahrscheinlich im Kosmetikbereich das höchst konzentrierteste Produkt, was du im Bereich CBD hast. Aber das war ja nicht deine Frage. Ich wollte nochmal kurz, das klang so vorwurfsvoll. Ich wollte jetzt einfach nur mal kurz klarstellen, dass die Leute auch verstehen, warum das so teuer ist. Wer ist die Zielgruppe? Und das ist genau das, was ich gerade eben schon angedeutet hatte. Das sind tatsächlich Leute zwischen 20 und 40. Tatsächlich Leute, die ein anstrengendes Leben führen und quasi Schlafprobleme haben oder eben auch manchmal Probleme haben, runterzukommen abends oder sich zu viele Gedanken machen. Genau da eigentlich, wo CBD helfen kann. Wir sagen auch tatsächlich immer, dass CBD alleine wird nicht helfen, aber CBD in Verbindung mit einem gesunden Lebensstil, mit Sport, mit Meditation, mit Yoga, das ist Teil eines gesamthaften Lebensansatzes. Aber wenn du jetzt zum Beispiel ein komplett ungesundes Leben fühlst und Angstzustände hast, dann wird dir CBD auch nicht mehr helfen. Es ist immer so ein bisschen, wenn man bei McDonalds das große Extra-Menü bestellt und sich eine Cola Light dazu bestellt, das wird einem auch nicht helfen abzunehmen. Und genauso ist es halt mit CBD und seinem Lebensstil. Aber es kann halt eine sehr gute Unterstützung für einen gewissen Lebensstil sein. Dementsprechend sagen wir eigentlich immer, unsere Zielgruppe sind Leute, die achtsam leben wollen, zwischen 20 und 40 Jahren sind, die wahrscheinlich erfolgreich im Beruf sind oder, sage ich mal, einen sehr fordernden Beruf haben, der dazu auch führt, dass die Leute Probleme haben, manchmal runterzukommen abends. Und was wir eigentlich auch eben sagen, so indirekt ist, Hey, das kenne ich noch aus meiner Brauerei, die meisten Leute trinken abends, um runterzukommen, Feierabendbier und ein Feierabendbier heißt Alkohol, heißt am Ende, im schlimmsten Fall ein Kater am nächsten Tag, heißt Kalorien. Warum nicht einfach so ein Ritual ersetzen durch zum Beispiel etwas wie CBD-Einnahme, wo du sagst, es hilft dir auch runterzukommen, aber es bringt nicht die ganzen negativen Seiteneffekte, die halt Alkohol mit sich bringt.

Joel Kaczmarek: Wenn ich mir euren Shop angucke, der ist ja wirklich sehr elaboriert und auch sehr viel in Richtung Aufklärung. Also ihr habt eigene Magazine, ihr gebt eure Studien da irgendwie raus, ihr habt ein Glossar. Was mich dann so ein Stück weit, oder wo ich nochmal drüber nachdenke ist, wenn ich eine Direct-to-Consumer-Brand baue, die erklärungsbedürftig ist Denkt ihr dann auch offline? Also wie kriegt ihr diese Erklärungskomponenten eigentlich vermittelt? Also macht ihr zum Beispiel auch solche Art Pop-up-Stores oder dass ihr so eine Art Läden habt, wo man das Produkt erklärt und dann gewöhnt man die Leute eigentlich daran, dass die sich sowas online kaufen oder vielleicht auch Abo-Modelle. Das ist noch so ein bisschen eine Überlegung von mir, wie kriegt man diesen Erklärungsfaktor gut rübergebracht?

Finn Age Hänsel: Also grundsätzlich hast du natürlich komplett recht. Also Aufklärung ist riesig wichtig für uns. Du hast auch ultra viele schwarze Schafe in dem Bereich CBD. Das ist halt auch so ein großes Thema, wo wir uns auch sehr differenzieren wollen. Also ich meine, es gibt tatsächlich, also die Studien, die ich gerade zu CBD genannt habe, das sind wirklich die großen und anerkannten Studien. Es gibt auch super kleine Studien, die darauf hindeuten, dass zum Beispiel CBD irgendeinen positiven Effekt bei einer Krebserkrankung haben könnte. Das ist aber so wenig erforscht, dass wir es halt zum Beispiel niemals schreiben würden. Du hast aber ultra viele CBD-Unternehmen, die halt auf ihrer Website Werbung machen, sagen, hey, du hast Krebs, nimm CBD und alles wird gut. Und dementsprechend ist halt eine super sensible und durchdachte Aufklärung super wichtig, weil du willst aufklären und du willst halt die positiven Eigenschaften von CBD deutlich machen. Auf der anderen Seite willst du aber eben nicht sämtliche Studien, die halt teilweise auch unseriös sind, halt eben mit aufnehmen. Und das ist natürlich schon die Frage, was das für eine Konsequenz für dein Businessmodell hat. Und Abo-Modelle finde ich zum Beispiel super interessant. Das Thema ist, ich bin eigentlich kein großer Fan von Abo-Modellen per se, weswegen wir das, wenn überhaupt, wahrscheinlich irgendwann mal so einfach freiwillig machen werden und sagen, hey, wenn du möchtest, kannst du wahrscheinlich jetzt einmal im Monat deine CBD-Flasche zugeschickt bekommen. Trotzdem ist natürlich auch immer für mich das, was mich sehr umtreibt, ist, was sind die richtigen Werbeformen in so einer aufklärungsgeladenen Branche. Und zum Beispiel Advertorials machen wir viel. Wir machen Podcasts, haben auch einen eigenen Podcast, der auf unserer Website abrufbar ist, wo wir selber halt auch immer Interviews im Bereich Cannabis machen. Sei es mit Cannabis-Forschern, sei es mit Medizinern, sei es mit Patienten. Da hatten wir zum Beispiel neulich eine SPD-Politikerin, die jetzt in den Bundestag möchte. weil sie halt die Regulierung für Medizinalcannabis einfacher machen möchte. Das heißt also, das sind halt Dinge, die wir schon tun. Trotzdem kann man sicherlich immer mehr machen und was das irgendwann für deine Businessmodelle für Konsequenzen hat, da sind wir glaube ich immer noch so ein bisschen in der Pionier- und Findungsphase jetzt ganz am Anfang.

Joel Kaczmarek: Und wie ist es mit Leap? Also stationär, ist das für euch ein Thema oder macht ihr rein online?

Finn Age Hänsel: Wir haben ja tatsächlich einen Pop-Up-Store gehabt, der wirklich sehr erfolgreich lief, also deutlich erfolgreicher, als wir das sogar vorgestellt hatten. Wir werden jetzt auch am Gendarmenmarkt in unserem neuen Büro wieder einen Shop eröffnen und zwar nächste Woche. In diesem Shop geht es halt auch weiter. dann sehr stark um Aufklärung. Und das ist eben das Schöne an stationärem Handel. Du hast halt eine deutlich tiefere Interaktion mit dem Kunden, als du sie über die Website haben würdest. Klar, du hast irgendwie Chats auch auf der Website und die Kunden können Fragen stellen und bekommen auch Antworten. Aber so ein persönlicher Austausch ist auch schon oftmals für viele Kunden nochmal wichtig fürs Vertrauen. Und dementsprechend glauben wir halt, der stationäre Handel auch wirklich eine Rolle spielen kann. Das finden wir übrigens auch bei Douglas so spannend, weil Douglas schult seine Angestellten wirklich auf CBD. Und das kann zum Beispiel manche andere Ketten nicht leisten. Von daher passt Douglas sehr, sehr gut in unsere Strategie rein, aber eben auch unsere eigenen Stores. Also wir fangen jetzt erstmal mit einem an, beobachten das mal, aber wenn das wirklich gut läuft und wir sehen, das kann ein Treiber von Aufklärung und von Kunden sein, dann werden wir uns sicherlich auch irgendwann überlegen, ob wir nicht vielleicht sogar mehr Stores machen als in einem jetzt.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, wenn selbst Mr. Spex, was als Online-Optiker gestartet ist, mittlerweile stationär Brillen verkauft, dann wäre das bei dir doch gelacht.

Finn Age Hänsel: Man hat vor zehn Jahren schon gesagt, Multichannel ist die Zukunft. Das ist, glaube ich, auch in gewisser Art und Weise wahr, weil ich glaube, die Zukunft wird immer dominant online sein. Aber ich glaube, auch der stationäre Handel hat eine absolute Existenzberechtigung und das wäre fahrlässig, wenn man das nicht mit in seine Strategie mit aufnimmt.

Joel Kaczmarek: Fairer Punkt, also wie gesagt, ich denke mal, was so das Vergleichsmodell bei euch ist und ich muss immer hier, ich sag mal die Roboterpimmel, weil immer wenn die ihre E-Zigaretten da nuckeln, das sieht immer aus wie so ein Roboterpimmel, da muss ich schon dran denken, die machen ja auch diese Läden, diese schicken, holzgetäfelten, alles sozusagen sehr lean, sehr clean, Fußgängerzonen und ich meine, ich benutze die nicht, ich mag die nicht, aber ich nehme es wahr, dass es sie gibt, von daher glaube ich, ist da schon was dran.

Finn Age Hänsel: Aber was die natürlich sehr stark versuchen, ist Tabak dadurch ein neues Image zu geben. Also so weg von diesen irgendwie stinkigen und rauchenden Sachen hin zu modernen Images, plötzlich alles ganz clean und Tabak ist gar nicht mehr gefährlich. Und ich finde das sehr gefährlich, was die da suggerieren, um ehrlich zu sein, weil Nikotin ist halt schon nicht ohne, das werden Leute auch über Cannabis sagen, aber letztendlich, dass was wir im Bereich Cannabis machen, ist medizinisch und ist dort, wo es nicht medizinisch ist, sehr fokussiert auf eben Cannabinoide, die keine negativen Nebenwirkungen haben oder nur wenige. Während Tabak so zu positionieren, finde ich halt schon A, gewagt und B, auch fokussiert.

Joel Kaczmarek: Unverantwortlich. Gut, jetzt haben wir den Hörern hier schon sehr viel Wissen und Informationen zugemutet. Zwei Fragen beschäftigen mich noch und zwar einerseits vielleicht mal ein kurzer Blick auf das Thema Wettbewerb. Also mit wem steht ihr eigentlich im Wettbewerb? Wer verkauft sowas auch? Du hast ja schon gerade so ein bisschen diesen Graumarkt angesprochen, aber natürlich auch Internationalisierung. Also wo verkauft ihr eigentlich jetzt alles und wo wollt ihr noch? Das sind so meine letzten beiden Fragen.

Finn Age Hänsel: Also wer sind Wettbewerber? Ich glaube die großen Kanadier, definitiv. Also namentlich Canopy Growth, Aurora, Tilray, Afria und wie sie alle heißen. Sicherlich, weil die halt auch alle in den ähnlichen Gefilden spielen wie wir, sowohl medizinisch als auch nicht medizinisch. Das heißt also dort haben wir sicherlich auch einen Wettbewerb, mit dem wir umgehen. Das Schöne ist, die Cannabis-Branche ist noch sehr klein und sehr stark im Wachsen. Das Interessante ist dadurch, es bringt halt nichts, Wettbewerbern Marktanteile abzunehmen, sondern es bringt eigentlich viel mehr, wenn du als Gruppe von Unternehmen den Markt für dich vergrößerst. Da ist der Hebel viel größer, als wenn du jetzt irgendwie sagst, der Cannabis-Markt heute ist vielleicht 5% von dem, was es in 5 Jahren als Potenzial hat. Es bringt jetzt nicht in diesem 5%-Teich zu fischen und sagen, ich will jetzt aber von Tilray Marktanteile wegnehmen oder von Afria. Sondern das ist das Schöne daran, du brauchst gemeinsam einen Markt und dementsprechend haben wir auch tatsächlich sehr, sehr gute Verhältnisse zu unseren Wettbewerbern, weil eben alle darüber nachdenken, wie wir als Branche gesamthaft den Markt voranbringen können, durch Aufklärung, durch und so weiter. Aber die zweite Frage, die du hattest, wo verkaufen wir eigentlich heute und wo wollen wir hin? Wir sind momentan noch, das ist jetzt der letzte Monat, in dem man das sagen kann, Germany only. Also wir sind momentan wirklich sowohl mit der medizinischen Seite als auch mit der Wellbeing-Seite nur in Deutschland vertreten. Wir werden jetzt aber mit Y, mit unserer Konsumentenmarke, den Eintritt in den englischen Markt in den nächsten zwei Monaten durchführen. Wir haben da schon Partner, wir haben da schon die Website, wir haben die Produkte schon alle umgelabelt, wir haben da schon Aufklärungskampagnen, die wir jetzt starten werden. Also da wird auf jeden Fall sehr viel passieren und England wird so unser Role Model für die Expansion sein. Und dann werden wir wahrscheinlich relativ schnell mit dem Konsumententeil noch nach Österreich, in die Schweiz, in die Niederlande und wahrscheinlich nach Portugal gehen. Und mit dem medizinischen Teil ist es ein bisschen komplexer, weil Arzneimittel und Lizenzen und so weiter, da wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren ein, zwei Länder hinzukommen. Da sind wir aber noch nicht hundertprozentig sicher, welche Länder das werden. Aber das wissen auch die wenigsten, im Medizinalbereich ist Deutschland quasi 95 Prozent des europäischen Marktes. Also Deutschland hat die mit Abstand liberalste Gesetzgebung im Bereich Medizinal-Cannabis und dementsprechend ist es auch für uns momentan gerade medizinisch der attraktivste Markt. Aber wir sehen uns natürlich als europäisches Unternehmen und wir wollen halt auch der Marktführer in Europa werden. Dementsprechend ist auf jeden Fall immer die Frage natürlich schon, welche sind die nächsten Länder, die dann kommen.

Joel Kaczmarek: Und trotz Brexit geht ihr erstmal auf England?

Finn Age Hänsel: Ja, weil England natürlich schon sehr stark durch Kanada und die USA geprägt sind. Da sind die Konsumenten schon viel weiter. Die sind schon, Kanada und in den USA ist CBD schon seit fünf Jahren Thema. In Deutschland erst seit ungefähr eineinhalb Jahren. Und die Engländer sind da einfach weiter. Und wir sagen halt, wir sollten zumindest mal ein Land auch mal in unserem Portfolio haben, wo man schon mehr machen kann, wo die Kunden schon mehr Bescheid wissen. Und letztendlich in einem Land, wo wo schon so ein bisschen der Markt ein bisschen breiter ist als hier in Deutschland und dementsprechend ist es für uns halt schon auch ein spannender Markt, um auch beweisen zu können, dass wir selbst in so einem Markt halt uns noch durchsetzen können als Firma.

Joel Kaczmarek: Ja, ich sehe schon, vielleicht wandelst du bald wieder auf alten Iconic-Spuren und verkaufst hier dein Zeug auch am Bondi Beach so, ne, in Australien. Gut, aber eine letzte Frage fällt mir noch ein. Was du beschrieben hast mit der teure Preis von CBD pro Kilogramm, heißt ja, dass du auch relativ viel wirtschaftliches Risiko vorneweg nimmst. Also du musst ja viel vorfinanzieren, ne?

Finn Age Hänsel: Dein Working Capital ist schwierig. Das ist sowohl im CBD-Bereich so, noch schlimmer im Medizinalbereich, weil da musst du halt wirklich Long-Term-Commitments eingehen. Und das ist natürlich in gewisser Art und Weise so ein bisschen wie das Lesen in der Glaskugel, weil du weißt nicht, wer sonst alles gerade parallel in den Markt kommt. Du weißt nicht, wie die Verschreibungen sich hier entwickeln werden. Also klar, du kannst den Trend der letzten zwei Jahre vielleicht fortführen, aber das ist wirklich sehr, sehr schwierig und unternehmerisch herausfordernd, dort nicht nur die richtigen Mengen zu planen, sondern auch letztendlich das vorzufinanzieren. Weil nämlich, was du auch nicht vergessen darfst, ein Großteil der Verschreibung heute noch ist in der Blüte. Das heißt, du kriegst die Blüte verschrieben und die Haltbarkeit einer solchen Blüte ist halt nicht unendlich. Das heißt, du hast nicht nur teure Preise und ein schlechtes Networking-Capital-Profil, du hast vor allem auch immer ein Lagerrisiko, was halt bedeutet, dass du nicht mehr kaufen solltest, als das, was du dir nicht sicher bist, im nächsten halben Jahr abzusetzen. Das heißt, durchweg also auch ein sehr herausforderndes Modell aus der Hinsicht.

Joel Kaczmarek: Wer zahlt den Spaß bisher bei euch? Wer ist investiert?

Finn Age Hänsel: Investiert sind Holzspring Ventures, Cherry Ventures, Atlantic Food Labs, ein Cannabis-Fonds aus der USA, Casa Verde, ein Cannabis-Fonds aus den Niederlanden, Calix und

Joel Kaczmarek: Ja gut, alles ganz namhafte und keine ganz so schlechte.

Finn Age Hänsel: Wir haben auch tatsächlich ja, viele wunderten sich, 20 Millionen Euro haben wir als Runde geraced. Schon gleich so eine große Runde als so junges Unternehmen. Aber man hat halt eben, sage ich mal, gewisse Kosten, die halt auch für unseren Bereich sehr spezifisch sind. Also A, Kostenaufklärung. Wir müssen zum Beispiel auch einen Außendienst haben, der zu den Ärzten fährt. Auch das sind Kosten. Man muss Kosten in der Produktsourcing, in der ganzen Lizenzvergabe und so weiter. Das ist halt leider nicht ohne. Das kostet halt viel Geld. Und dementsprechend sind wir auch glücklich, so gute Investoren an Bord zu haben.

Joel Kaczmarek: Gut, lieber Finn, ich glaube, wir waren heute neugierig unterwegs und gar nicht so hart kritisch, weil ich finde auch, oder? Also ich glaube, man könnte über das Thema anfangen.

Finn Age Hänsel: Ich bin nicht am Anspruch, den du an dich hast.

Joel Kaczmarek: Aber ich glaube, es ist irgendwie interessant, was du tust und ich glaube, es ist auch interessant, dass du das tust und nicht irgendwie so, also du bist ja wirklich sehr, wie du selber gesagt hast, konservativ eigentlich und sehr, ich glaube, sehr, gewissenhaft. und ich glaube, das istwahrscheinlich auch genau das Wichtige gerade,dass man dieses Thema so ein Stück weit malin so eine ernste Debatte reinbringtund dass man nicht dauernd soBob Marley, Jamaika,Hanfblätter, was du vorhin alles noch so genannt hattest,im Kopf hat. Ich meine, das ist ein bisschen dankbar.

Finn Age Hänsel: Also A, ich glaube so konservativ, wie du mich gerade malst,bin ich gar nicht. Einer unserer Restaurant sagt auch mal, Finn, die Kombination, dass ein Konservativer so ein Thema voranbringt, erinnert ihn an die Tatsache, dass ein sozialdemokratischer Kanzler damals die Agenda 2010 voranbringen musste und wiederum eine konservative Kanzlerin die Flüchtlingskrise bewältigen musste. Manchmal ist es ganz gut, wenn jemand, der eigentlich von einer Mentalität woanders herkommt, solche Themen halt voranbringt, weil er dann viel glaubwürdiger ist, als wenn es einfach nur jemand wäre, der es wahrscheinlich aus seinem Privathobby heraus macht. Von daher, vielleicht gar nicht schlecht, die Kombi.

Joel Kaczmarek: Ja, also ich weiß, der Erste, der mir über CBD-Öle geschrieben hat, war, glaube ich, Axel Hesse, falls du den noch kennst.

Finn Age Hänsel: Ja, natürlich.

Joel Kaczmarek: Und dann kam hier irgendwie Dima, ne? Das ist ja schon irgendwie ein anderer Schlagtyp. Die sind ja schon ein bisschen lauter und verrückt. Von daher, anyway. Vielen, vielen Dank, dass du uns mitgenommen hast auf diese Reise und dass du so viel Zeit erübrigt hast in deinem hart umkämpften Metier. Und ja, viel Erfolg damit.

Finn Age Hänsel: Dankeschön. Vielen Dank für die Zeit.