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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Transform-Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute geht es um ein spannendes Thema, nämlich wie man eine Brand aufbaut. Dafür haben wir einen alten Bekannten wieder da, den guten Moritz. Grüß dich, mein Lieber.
Moritz Rose: Hallo.
Joel Kaczmarek: Du warst ja schon zweimal hier, hast uns unter anderem erzählt, wie man eine Designabteilung aufbaut und und und. Nichtsdestotrotz stelle ich nochmal ganz kurz vor.
Moritz Rose: Ja, Moritz Rose, 34 Jahre alt, bin als Industriedesigner über Zwischenstopps im Automobildesign und Produktdesign jetzt im Branddesign aktiv. Habe bei VIESSMANN die Designabteilung aufgebaut, die mit knapp 15 Leuten hier in Berlin sitzt und alles über Kerngeschäft und das, was darüber hinausgeht, in analog und digital verantwortet.
Joel Kaczmarek: Du bist dann also so der Adressat, wenn es um Designfragen geht, aber natürlich Design jetzt nicht nur im Sinne von, wir hatten ja schon mal den Farbsachverständigen, als den man dich auch bezeichnet hat. Natürlich nicht nur im Sinne von, wie sieht etwas aus, wie ist es gestaltet optisch, sondern auch konzeptionell ganz viel. und welche Messages verbinden sich damit, welche Zielgruppen und so weiter. So, und heute soll unser Thema, wie gesagt, Brandbuilding sein. Fangen wir mal ganz bodenständig an. Was zeichnet eigentlich eine gute, gelungene Brand aus? Worauf kommt es da an?
Moritz Rose: Um da vielleicht mal direkt die Brücke zum Design zu schlagen, man sagt ja, Design ist die external expression of internal values. Klingt ein bisschen nach einem Zungenbrecher, ist allerdings das, was wir im Design täglich versuchen. Das heißt, alles, was wir gestalten, folgt einer gewissen Absicht und diese Absicht ist Marke. Das heißt, alles, wo irgendwas sichtbar wird, erlebbar wird, fühlbar wird oder eben auch vor allen Dingen irgendwo zur Interaktion wird, da passiert Marke. Und diese Marke kann nicht nicht kommunizieren. Das ist auch so eine generische Weisheit. Heißt, man macht sich im Idealfall vorher Gedanken, was so dieser nicht quantifizierbare Kern ist, der das Ganze dann irgendwie individuell macht und markenspezifisch.
Joel Kaczmarek: Ich versuche ja Leute immer dafür zu sensibilisieren, wie wichtig eine Marke ist. Also ich bin auch bei Digital Kompakt der starken, starken Überzeugung, dass das hyperzentral ist, sowas aufzuladen. Weil für mich bedeutet eine Marke immer ein gewisses Leistungsversprechen. Also man assoziiert mit einer Marke etwas, was jetzt nicht optischer Natur ist, sondern eigentlich teilweise emotionaler oder halt wie gesagt ein Leistungsgedanken. Und man kann sich ja auch so in meinem Feld mal so ein bisschen umgucken. Also wenn ich es bei Medien irgendwie mal gucke, ich weiß, bei der Bild habe ich mal irgendwie mit Donate Hopfen geredet und die meinte auch, sie branden irgendwie einen Online-Clip bei Facebook teilweise bis zu sieben Mal. Also mit Logo-Einblendung, mit Schrift und so weiter. Also da besteht bei einigen schon Awareness, bei anderen noch nicht so. Wie würdest du denn generell sagen, ich habe das jetzt so wiedergegeben mit, es ist ein Versprechen einer Leistung, aber was hat so eine Brand sonst für Funktionen eigentlich?
Moritz Rose: Eine Brand schafft vor allen Dingen Vertrauen und schafft über die Werte, die dann irgendwann damit in Verbindung gebracht werden, eine gewisse Erwartungshaltung, die dann im Idealfall befriedigt oder halt übererfüllt wird. Und genau diese Erwartungshaltung ist eben das, was man im Vorhinein ganz, ganz klar definieren muss als Zielsetzung aller Aktivitäten, auf die die spezifischen Einzelmaßnahmen dann einzahlen. Heißt, wenn wir zum Beispiel sagen, eins unserer wesentlichen Versprechen ist Verlässlichkeit. Das steht bei VIESSMANN an sehr, sehr hoher Stelle, weil du dir vorstellen musst, dass unsere Geräte natürlich über 20 Jahre in einem Haus durchhalten müssen und Leute, die die Investition tätigen, die Garantie haben müssen oder das Vertrauen haben müssen, dass sie damit eben wirklich dann die nächsten 20 Jahre auch eine sehr, sehr richtige Entscheidung getroffen haben. Und diese Verlässlichkeit dann eben über Konstanz, Stringenz, Ruhe und eben eine gewisse Gesetztheit in allen Außenauftritten zu stärken, ist eben eine der Maßnahmen, wie man da versuchen kann, die Marke als Tool zu nutzen, um Nutzern eben genau einen Eindruck zu geben, was sie dann eben als Leistungsangebot davon erwarten können.
Joel Kaczmarek: Gut, also eine Funktion Vertrauen. Was gibt es noch? Also mir würde vielleicht noch so Begehr einfallen. Also Apple ist, glaube ich, eine Marke, die Begehren als Funktion jetzt. Gibt es noch weitere Punkte, die du dir auf die Fahne schreiben würdest, wenn du über sowas nachdenkst, wo du sagst, das sind so deine Ziele vielleicht, die du damit assoziierst?
Moritz Rose: Ich finde Marke ist vor allen Dingen für Orientierung da. Also wenn du im Umraum unterwegs bist, orientierst du dich ja so stark visuell, obwohl die meisten Leute das verneinen. Wenn man auf der Autobahn fährt zum Beispiel, sucht man ja nach einer Tankstelle, sieht dann aber das blaue Aral oder die gelbe Muschel. und weiß dann eben direkt, wo man hinfährt. Das heißt, Marken haben in dem Kontext der Wiedererkennbarkeit und des Verstandenseins oder des Gelebtseins eine sehr, sehr hohe navigative Funktion für den Alltag von Menschen. Und das finde ich stark, weil Marken darüber eben so eine Art Ordnungsprinzip des öffentlichen Lebens werden.
Joel Kaczmarek: Und was ist es, was eigentlich eine Marke ausmacht? Also du hast jetzt irgendwie Aral und Shell thematisiert. Das ist was Optisches. Also reden wir da von Logo, reden wir von Claims, reden wir irgendwie von Marketingkampagnen, reden wir davon, wie sich die Mitarbeiter benehmen. Was ist es eigentlich, was eine Marke definiert?
Moritz Rose: Also ich glaube, mit der Marke, wir haben ja vorhin schon über Verlässlichkeit und Vertrauen gesprochen, Orientierung haben wir gesagt oder auch Begehrlichkeit oder so. Im Wesentlichen ist eine Marke ein Leistungsversprechen, das dann eben über das Dienstleistungsangebot erfüllt wird. Und nicht nur über das Dienstleistungsangebot, sondern, weil du ja gerade auch die Mitarbeiter angesprochen hast, natürlich auch immens nach innen strahlt. und dieser Begehrlichkeit. sagen wir mal der Geist, ich habe ja vorhin so das Nicht-Quantifizierbare gesagt, also diese weichen Faktoren, die die Marke halt irgendwie zu dem machen, was sie sind, die keiner so wirklich benennen kann oder so in Worte fassen kann, die aber trotzdem da sind. Die versuchen ja über die Art, wie Mitarbeiter sich dann beispielsweise verhalten oder in welchem Kodex sie sich bewegen, Tone of Voice und so weiter, also in diesen ganzen Außenwirkungen, aber auch was die interne Kultur ausmacht, ist die Marke dafür eben dann stark, dass man weiß, was man eben jeweils davon erwarten kann.
Joel Kaczmarek: Wie ist es denn mit dem Adressaten? Jetzt hast du ja selber auch schon gesagt, Mitarbeiter sind ein Adressat. Also man denkt als erstes vielleicht bei Marken immer an den Kunden, aber es gibt ja noch ganz viele andere Adressaten wie Mitarbeiter, wie vielleicht Investoren, vielleicht auch manchmal Wettbewerber auf eine Art, dass man auch irgendwie vielleicht versucht, Leute auch irgendwie einzuschüchtern mit seinem Können sozusagen. Denkst du viel darüber nach und variierst du vielleicht auch einen Markenauftritt danach, wer der Adressat ist?
Moritz Rose: Ich finde, dass die Absender oder die Empfänger irgendwo so gewisse Konstanten erfahren. Also wenn du dir die Wortmarke Viessmann zum Beispiel anschaust, die wir seit 1967, wenn ich mich nicht irre, in allen Medien spielen, dann hat man da was, was eben einerseits dieses Versprechen bedient, Andererseits aber eben für die, vorhin hatten wir die Values, also für ganz, ganz klare Werte steht. Und diese Werte versuchen wir immer wieder festzuschreiben, versuchen wir immer wieder zu untersuchen. Und die haben den Anspruch, dass sie eben in allen Touchpoints, und das beschreibt nun wirklich allumfänglich alles, also wenn du Gebäudekennzeichnungen nimmst, wenn du interne Aktionen nimmst, wenn du Employer Branding nimmst für neue Mitarbeiter, wenn du die größten Aktionen auf irgendwelchen Messen nimmst und, und, und, ist das eben diese Konstante, die da eben für all das Gefäß wird, wofür wir stehen. Und es wird dann häufig diskutiert, naja, wollen wir da nicht mal ein bisschen was anderes machen oder wollen wir das nicht mal entwickeln, das ist doch so langweilig, immer nur dieses Ding, immer auch nur diese Farben und so weiter. Und dabei vergisst man häufig, dass das, was man da vielleicht, weil man da arbeitet, dann jeden Tag sieht und denkt, ach Mensch, ja, jetzt irgendwie eine andere Farbe wäre auch mal interessant, ist für viele Leute eben der allererste Kontaktpunkt und für die ist dann diese Stringenz und Konsequenz eben genau das, was diese Professionalität von so einem Markenauftritt dann ausmacht.
Joel Kaczmarek: Was ist denn eigentlich mit so Maskottchen oder Logo-Tieren, könnte man sagen. Ich erinnere mich, ich habe mal einem Vortrag beigewohnt von einem Marketing-Professor. Und der hat hier über Salamander erzählt. Die hatten ja immer diesen schwarz-gelben Salamander und haben den dann getötet quasi. Und hat erzählt, er war dann hier bei Auf diese Steine können Sie bauen. Wie heißt die Firma?
Moritz Rose: Schwäbisch Hall.
Joel Kaczmarek: Und saß mit einem Vorstand zusammen und da ging es darum, ob sie den Fuchs töten sollen. Und da hat er gesagt, ob er noch alle Tassen im Schrank hätte. Machen Sie mal eine Umfrage, was denken die Leute, wenn man Schwäbisch Hall sagt? Das erste waren irgendwie Steine, wo sie immer diese roten Ziegelsteine haben. Das zweite ist der Fuchs und das dritte war glaube ich Farborange oder so. Ja. Sprich, da war hohe Assoziation. Er meinte, eher gehe ich, als dass dieser Fuchs geht. Und am Ende ist wohl der Vorstand gegangen. Ein paar Jahre später. Und da gibt es ganz viele Beispiele. Also C&A hatte man dieses Pferd mit den bunten Flecken und, und, und. Hast du dich mit sowas auch mal auseinandergesetzt? Hilft sowas?
Moritz Rose: Fürs Mann Wenn du dir das Beispiel Sportsponsoring anschaust, steht für Hochleistung im Winter. Das finde ich irgendwie eine ziemlich starke Aussage. Und um das zu besetzen, wenn man jetzt fragt, was ist denn VIESSMANN, dann schaffen das viele Leute vielleicht gerade noch zu so einem rötlich-orangenen Farbton. Und die, die dann eben schon mal ein Haus gebaut haben und sich mit den Premium Appliances dann auseinandergesetzt haben, die wissen dann eben auch, dass wir für Energiesysteme im weitesten Kontext stehen. Wir haben ziemlich positive Erfahrungen mit einem Eisbären. Also wir haben beim Sportsponsoring einen Eisbären, der dann auch so einen orangenen Schal trägt. Hier und da rodelt der, glaube ich, auch mal in irgendwelchen Videos und so weiter. Ich tue mich da immer ein bisschen schwer mit, weil so Personifikationen, wo man versucht, die Marke dann irgendwie so zum Leben zu erwecken, die halten halt nicht all das durch, was so eine saubere Schrift halt bietet. Das heißt, ich glaube, für einige Anwendungsfälle ist das komplett sinnig. Ich glaube auch, dass für Fußballvereine, wo ja so ziemlich jeder dann irgendwie sein verkleidetes Männchen da rumhübbeln hat, Macht das komplett Sinn für eine tägliche Interaktion? Ich glaube, dass das einfach einerseits eine Frage der Zielgruppe ist und andererseits eine Frage der Medienwahl. Insbesondere aber sicherlich eine Haltungsentscheidung, ob man da so, wie ich finde, verspielt rangehen möchte oder nicht.
Joel Kaczmarek: Ja, okay, ist eigentlich ein krasses Randthema, aber lass uns da noch mal einen Satz zu sagen, weil ich auch gerade so überlegt habe, so richtig namhafte Marken, wenn ich jetzt zum Beispiel einen Autobauer denke, ich kenne keinen Autobauer, der ein Tier irgendwie im Logo hat. Also gut, so Pferde-Ferrari oder einen Bullen bei Lamborghini oder so.
Moritz Rose: Jaguar, wie auch immer, ja, aber die würden nie auf die Idee kommen, da dann einen realen Jaguar sich auf der Motorhaube regeln zu lassen.
Joel Kaczmarek: Genau, woran liegt das? Ist das fehlende Ernsthaftigkeit, Kindlichkeit, was du gerade gesagt hast?
Moritz Rose: Naja, also ich habe da sehr, sehr viel im Kontext von Branding auch im Bekanntenkreis darüber gesprochen. Mal als ein fiktives Beispiel, wenn du jetzt zum Beispiel Fischer heißt oder so, dann könntest du ja überlegen, einfach einen Fischer als Wappen zu nehmen und vielleicht den auch hier und da mal dann eine Runde angeln zu lassen, so in so einer Warthose oder so. Dann muss man aber sagen, nee, nee, du bist ja kein Fischer. Und das ist auch nicht Fischer, sondern du heißt Fischer. Und das ist halt was ganz anderes. Und so finde ich, muss eine Marke irgendwie ein Name bleiben. In gewissem Sinne ein Name oder ein Bild. Und dieses Bild kann eben gerne auch dann sowas wie ein Maskottchen werden für den einen oder anderen Fall. Ich meine, Salamander ist ja schon eine krasse Marke. War mir jetzt auch neu, dass der gemeuchelt wurde. Aber auch sowas wie der Fuchs, ob der jetzt bei Späh-Mega-Perls ist oder bei Schwäbisch Hall, der hält ja schon durch.
Joel Kaczmarek: Das stimmt. Wie wichtig ist denn eigentlich ein Claim?
Moritz Rose: Claim, das ist unser Riesenthema. Claims sind natürlich super beliebt, um direkt in Kombination mit der Marke das Leistungsversprechen mal so ein bisschen aufzudröseln. Das heißt Wenn du jetzt nicht gerade zufällig die Golden Arches bist, also McDonalds, oder die Mermaid, also Starbucks, oder die Muschel, also Shell oder so, also wenn du jetzt nicht das unglaubliche Marketingbudget über Jahrzehnte in den Markt gepumpt hast, die Marke eben für sich stehen lassen zu können und wiedererkennbar zu haben, egal in welchem Medium und auch nur in Bruchteilen von Sekunden bei einer ultrahohen Anzahl von Menschen eben Wiedererkennbarkeit zu erreichen, dann wirst du höchstwahrscheinlich sowas brauchen wie einen Claim. Also wenn man eben nicht das Glück hat, so eine berühmte, selbsterkennende Marke zu sein wie Shell, dann braucht man höchstwahrscheinlich einen Claim.
Joel Kaczmarek: Das ist ja eine schöne Brücke. Lass uns doch mal, nachdem wir jetzt so ein bisschen Theorie abgehandelt haben, euer Beispiel durchdeklinieren. Also, wenn ich es richtig mitgeschnitten habe, habt ihr gerade keinen Claim, oder?
Moritz Rose: Cool, dass dir das aufgefallen ist. Also bei uns intern gibt es sogar einige Mitarbeiter, die den hier und da noch in ihrer Signatur haben oder so. Aber wir haben ihn tatsächlich vor einigen Monaten abgeschafft und das haben wir mit der Überzeugung gemacht, dass es uns nicht gelingt, spezifisch eine Aussage zu dem zu treffen, was wir in dem jeweiligen Kommunikationsmedium als Aussage treffen wollen. Also um das ein bisschen konkreter zu machen, sagen wir mal, du entwickelst Systeme für Heizung, du entwickelst Systeme für Kühlung, für Lüftung, für Wasser, du hast vielleicht eine Zielgruppe im Supermarkt, du hast eine Zielgruppe als Industriekunden, du hast eine Zielgruppe Anlagenbetreiber zu Hause und, und, und, und, und. Das ist sehr komplex, sehr heterogen und die Überschneidungen sind relativ gering. Wenn du jetzt versuchst, den gemeinsamen Nenner dafür zu definieren, wirst du immer generischer. Das heißt, je höher man geht, wenn man jetzt sagt, ich will was Grünes und was Rotes beschreiben, dann machst du darüber Grün-Rot. Und wenn das gleichzeitig das Blaue treffen soll, dann bist du schon mal Grün-Rot-Blau, was dann irgendwann halt Grau wird. Und wir haben dann mit einer großen externen Berateragentur über Monate wirklich Research gemacht, über alle Abteilungen, über unsere gesamten Leistungsbereiche. Da wurden sehr, sehr viele Gespräche geführt, die versucht haben, das eben mit wenigen Worten auf den Punkt zu bringen. Da wurde so eine Claim-Architektur auch geschaffen, die sich von oben dann runterdröselt mit spezifischen Department-Claims und so weiter. Und der ganz oben, da war, glaube ich, dann der Vorschlag, Smart Energy Solutions oder sowas, wenn ich mich recht entsinne. Und ich weiß noch, wie ich mit dem Dr. Florian Riesatsch da im Termin gesessen habe und wir gesagt haben, Smart Energy Solutions, ernsthaft? Also das Wer könnte sich denn nicht so nennen? Also digital kompakt Smart Energy Solutions, na klar. Oder Red Bull, weiß ich nicht. Also wir haben gedacht, dass wenn man jetzt nicht die Brücke kriegt, dass es bei uns wirklich um Energie geht, dann ist es einfach ein Claim, der im Grunde nicht mehr macht, als FIS man schon selber tut. Und wir haben uns dann für den Ansatz der Power Brand entschieden, den wir spezifisch dann eben mit unterschiedlichen Kampagnen Brandings oder so versehen haben.
Joel Kaczmarek: Powerbrand heißt Viessmann, ist der Strahlkraftmotor und ihr passt dann eure Claims, eure Ausrichtung an, je nachdem in welchem Kanal, mit welcher Zielgruppe, in welchem Bereich ihr geht.
Moritz Rose: Ja, weil wir hatten ja jetzt das Beispiel mit den großen Marken und also vielleicht ein Mini-Exkurs dazu. Es gibt auch die Geschichte von dem Studenten, der den Nike Swoosh entwickelt hat. dass er dafür so wenig Geld gesehen hat. Da könnte man dann aber sagen, naja gut, mein lieber Student, du hast das Ding entworfen, aber dass das jetzt heute der Nike Swoosh ist, da sind einfach Milliarden von Marketing reingegangen. Und ob das jetzt ein Nike Swoosh gewesen wäre oder ein Kreis, wenn ich jetzt mal als quasi Nicht-Designer so ein bisschen plump darüber sprechen darf, um den Punkt zu machen, das ist von dem her erstmal recht offen. Und wenn du jetzt einen Claim dazuschaltest, dann kostet dich dieser Claim halt extrem viel Geld. Du musst ihn halt aktivieren, du musst ihn spielen. Und er kostet dich in der Kommunikation extrem viel Aufmerksamkeit. Das heißt, es gibt eben nicht nur die Wortmarke, sondern es gibt noch den Claim. Und die Leute denken immer, dass sich diese Signale gemeinsam ergänzen. Aber in der Funktechnologie spricht man da dann, glaube ich, drüber, dass wenn sich zu viele Signale überlagern, ein Rauschen passiert. Und je mehr wir versuchen können, auf die Marke eben einzuzahlen, desto mehr sollten wir das tun. Und wir diskutieren intern auch gerade, wie wir mit unseren Produktmarken umgehen.
Joel Kaczmarek: Okay. Und was ist jetzt so eure Architektur von eurer Brand? Also wenn man mitschneidet, ihr habt ganz viele Empfänger. Wenn ich dich jetzt frage, wer ist euer Empfänger, hast du wahrscheinlich 50 unterschiedliche, je nachdem, in welchem Department du gerade wanderst. Was ist so die Architektur, die ihr euch gegeben habt?
Moritz Rose: Wir haben natürlich ein recht steiles, anorganisches Wachstum hingelegt. Das begann 2010. Also 2014 bin ich ins Unternehmen gekommen, da war es im vollen Gange. Soll heißen, wir haben eine Menge Zukäufe getan. Die Zukäufe, die eben rein technologischer Natur sind, wenn du jetzt sowas wie ein Entwicklungsbüro oder so eine Technologieführerschaft dir einkaufst, die sind recht schnell assimiliert, weil das ja im Grunde nur eine Prozessorganisation ist. Wenn du jetzt aber was kaufst, was mit einem Dienstleistungsangebot verbunden ist oder vielleicht sogar mit Zielgruppen, die wir bisher noch nicht erschlossen haben, nimm das Beispiel Industriekunden, Servicen von großen Biogasanlagen oder so. Da gab es die OmniCal, war das, glaube ich. Man möge mir verzeihen, dass ich den Namen eventuell nicht mehr ganz auf der Kette habe. Geht ja aber nur um das Beispiel, wenn du also eine neue Zielgruppe hast, die eben mit dieser Marke schon ein großes Vertrauen entwickelt hat, mit diesem Omnical in dem Beispiel, und wie die zukaufen und sagen dann so, das Ding heißt jetzt Viessmann, dann sagen die erstmal, Moment mal, Moment mal, was ist denn da passiert? Kann man dem noch vertrauen? Ist das noch das Gleiche? Was ändert sich da jetzt inhaltlich? Was ändert sich am Leistungsangebot? Genau dieses Vertrauen, dieses Versprechen oder diese Orientierung, die diese Marke eben dann vorher gegeben hat, die löst man damit dann eben auf und droht damit dann eben Marktanteile zu verlieren. Das heißt, wir haben uns über lange Jahre jetzt vom sogenannten House of Brands, also einem Viessmann oder einer Viessmann-Gruppe, unter der dann unterschiedliche Marken als Viessmann-Gruppe gebrandet waren, zum Branded House entwickelt, was eben dann so ein sorgfältiger Prozess ist, Diese Zielgruppen dann mit viel Überzeugungsarbeit so zu mergen und an Bord zu holen, dass wir eben auf die genau gleichen, wenn nicht sogar cooler ausgerichteten Ziele einzahlen.
Joel Kaczmarek: Wie muss ich mir das vorstellen? Habt ihr dann irgendwie angefangen, dass ihr zum Beispiel so ein Subclaim oder so ein Subname baut? A Viessmann Company oder Powered by Viessmann oder so und das so sukzessive in eure Mutterbrand dann überführt habt? Oder wie habt ihr das gemacht?
Moritz Rose: Ja, es gab das Viessmann Group Kennzeichnungsmodul, was wir dann eben mit den anderen Marken zusammen gespielt haben. Wir haben das mal verglichen mit, vielleicht kennst du Tangram, dieses mathematische Legespiel. Das ist ein Quadrat, was in, ich weiß nicht, ob sieben oder neun Teile unterteilt ist. Und wir haben das in einem unserer frühen Managementforen, die sich heute in die Leadership Summits verwandelt haben, haben wir das anhand dieses Tangram-Beispiels gemacht, dass man sagt, das ist erstmal eine sehr heterogene Landschaft und Teile, die erstmal so ein bisschen dissonant wirken und als wenn die nicht zusammengehören. Und was wir als ersten Schritt machen, ist, diesen Teilen erstmal allen ein rotes Dach zu geben. So, dass schon mal klar ist, okay, die haben alle mal irgendwie denselben Schutz sozusagen, denselben behütenden Aspekt. Und mit der Zeit kannst du diese Tangram-Teilchen dann näher und näher aneinander schieben. Dann merkst du hier und da passt das nicht und kannst sie ein bisschen drehen. Und irgendwann hast du die dann zu einem Quadrat zusammengeschoben, was dann halt wieder genau dieses Branded House ist, das wir dann heute im Wesentlichen erzielt haben.
Joel Kaczmarek: Wie ist das mit eurem Digital-Arm? Also es hieß ja eigentlich lange Zeit VIESSMANN Digital, jetzt heißt es VCO. Wer irgendwie aufmerksam unsere Folgen schon mal gehört hat, weiß, dass das irgendwie, ich wusste das ja auch nicht, dieses CO, was man auf Briefnummern macht, dass das Taking Care Of heißt. Wieso habt ihr euch da dazu entschlossen, da im Prinzip eure Dachmarke ein bisschen zu verstecken?
Moritz Rose: Wir sind hier in Berlin natürlich mit einem Zugang zum internationalen Talente-Pool und der Einstieg in die Antwort lässt schon vermuten, dass es im Grunde im Wesentlichen ein Hiring-Konstrukt ist. Also es ging uns um Employer-Branding, das eben jenseits der Kernthemen, die vielleicht ein bisschen angestaubt oder ein bisschen sehr Engineering oder sehr B2B, C-Gruppen-spezifisch getrieben scheinen, denen eben einfach einen frischeren Anstrich zu geben und den Leuten zu sagen, Leute, es geht hier nicht um Heizsysteme und es geht hier nicht um Kessel in die Häuser schrauben, sondern es geht hier um Sustainability, es geht hier um IoT, es geht hier um Energy, um Klimawende und es geht im Wesentlichen eben darum, wie wir jetzt helfen können mit den Kenntnissen rund um digitale Möglichkeiten und neue Geschäftsmodelle. halt genau dieses Mutterschiff eben dann wieder im Kurs so ein klein bisschen zu korrigieren.
Joel Kaczmarek: Was sind denn insgesamt so eure Ziele eigentlich, die ihr euch so beim Brandbuilding aufgeschrieben habt? Also du hast ja schon gesagt, Langlebigkeit muss irgendwie rüberkommen, Arbeitgebermark war jetzt mal so zwei Aspekte. Was ist da sonst noch so dabei?
Moritz Rose: Also aktuell sind wir im Brandbuilding insbesondere nach innen gerichtet. Das heißt, wir versuchen in der internen Transformation vor allen Dingen unsere Kultur durch Branding zu entwickeln. Soll heißen, wir haben als interne Unternehmenswerte im Moment teamorientiert, verantwortlich und unternehmerisch. Und wenn man das mal auseinander nimmt, dann ist es im Grunde so eine Dreidimensionalität von Nachhaltigkeit. Das eine ist im Grunde der soziale Aspekt, wo der Mensch eigentlich als Ressource begriffen wird und menschlicher Input und menschliche Haltung eben auch als Ressource begriffen werden. Das Verantwortliche ist eben der offensichtlichste Teil von Nachhaltigkeit, nämlich der ökologische. Verantwortlichkeit aber auch in dem Sinne von Moral und von Haltung. Und der dritte, das unternehmerische, der meint im Grunde sowas wie Märkte, Innovation, aber auch Eigenverantwortlichkeit und Verantwortung gegenüber den eigenen Aufgaben zu übernehmen, was dann quasi so der ökonomische Aspekt von Nachhaltigkeit wäre. Das ist ganz witzig, wir haben am Anfang immer drüber gewitzelt, dass man sehr, sehr schnell jemanden findet, der zuständig ist für ein Thema, aber ganz, ganz schwierig jemanden findet, der verantwortlich ist für ein Thema. Und ja, ich habe das ganz am Anfang, also es ist wirklich dreieinhalb Jahre her, man möge mir verzeihen, dass ich das demzufolge so offen anspreche, wir haben echt einen super, super coolen Kulturwandel hinter uns und einen echt tollen, weiten Weg, wo ich finde, dass wir auch sehr, sehr gute Fortschritte machen, die ganzen Abteilungen bis in die tiefsten Winkel mitzunehmen. Am Anfang habe ich das aber gerne damit verglichen, dass man eben häufig mit Leuten spricht, die sowas sind wie so eine Personifikation dessen, was den Vorgesetzten stören könnte. Das heißt, es ging im Grunde eigentlich häufig darum, zu schauen, wo sind die Probleme an dem Thema, statt wo sind die Potenziale an dem Thema. Und das hat sich jetzt eben auch im Kontext von Marktverschiebung und im Kontext von dem Generationenwechsel und und und. Also da sind zig Parameter reingekommen, die die diesen Kulturwandel ja dann nach und nach befördert haben, hat sich das komplett verschoben. und das ist genau da, wo Branding dann eben ansetzt, um das nochmal zu manifestieren und sowas zu sagen wie, hey, Politik interessiert uns nicht, wir wollen Transparenz, jeder hat eine Stimme, Innovation fängt in Anführungszeichen ganz unten an und und und.
Joel Kaczmarek: Mhm. Ihr scheint es ja durchzuziehen. Wenn ich gerade hier sitze und gucke die Meeting-Raumwand hinter dir an, sind hier so Powerpoints ausgedruckt mit irgendwie verlässlich, erfolgsorientiert. Also verantwortlich ist dieses eine Dach, teamorientiert das andere und dann unternehmerisch. Also es scheint ja wirklich zu leben, live.
Moritz Rose: Haben alle tätowiert.
Joel Kaczmarek: Ja, aber da merkt man ja wieder, was du auch vorhin gesagt hast,dass irgendwie Design sich von dem, weiß ich nicht, Meeting-Raum-Schildüber das Logo bis hin eigentlich zu den Signaturen der E-Mails zieht. Das merkt man ja viel nicht. Und diese Einheitlichkeit ist, glaube ich, schon ein zentraler Faktor. Ich glaube, das hattest du auch schon mal gesagt in einem unserer Podcasts,dass du da relativ konsequent hinterher bist, so etwas durchzuhalten. Jetzt lass uns doch mal ein bisschen für die Leute, die jetzt zuhören, vielleicht haben sie schon auch einen Mittelständler oder sind im Begriff einen aufzubauen, auch mal den gestalterischen Weg erklären und sagen, wie baue ich eigentlich eine Marke auf? Also als du gekommen bist, war schon ganz viel Historie da, eine Legacy, mal positiv, mal negativ. Also bei Employer Branding hat man gemerkt, kann es auch mal helfen, da leichte andere Wege zu gehen. Wie mache ich das aber eigentlich, wenn ich noch gar nicht so viel habe?
Moritz Rose: Das fängt im Grunde da an, wo unser Gespräch heute auch angefangen hat, dass man, glaube ich, je präziser man sein kann in der Definition, wofür diese Marke stehen kann, desto präziser kann man dann kalibrieren, was man damit anfängt. Also wenn wir jetzt mal sagen, wir machen hier eine kleine Kaffee-Rösterei auf, unten auf der Friedrichstraße und wir überlegen uns dann ja, was unterscheidet uns denn? Und wir sagen vielleicht, der Unterschied ist im Grunde, dass du nicht deinen Coffee to go nimmst und wieder rausspringst und dir den dann in die Rüstung kippst, sondern bei uns kommst du an und hast einen Moment von Karma, Wellness und Seelenurlaub oder so, fünf Minuten. Wir stehen für Ruhe oder so. Und wenn es dann Ruhe ist, für die wir stehen, dann ist vielleicht noch nicht mal Logo der richtige Weg, sondern es ist vielleicht nur Klang. Und dann bescheiden wir die Straße vielleicht mit so einem Rauschen, dass jeder vorbeigeht und denkt, hey, was ist denn hier los? Das heißt, irgendwie zu versuchen, mit allen Möglichkeiten, die Gestaltung bietet oder die Sinne oder die Kontaktaufnahme mit Zielgruppen bietet, zu versuchen, auf das Leistungsversprechen einzuzahlen oder das irgendwo spürbar zu machen, wofür die Marke stehen soll. Und das sind natürlich zig Einzelmaßnahmen, die sich aber auf die Dauer dann eben akkumulieren zu genau diesem Versprechen oder diesem Vertrauen.
Joel Kaczmarek: Was ist denn die Rolle von Design beim Brandbuilding eigentlich?
Moritz Rose: Ho, ho, ho. Das ist ja eine Steilvorlage. Also ich habe schon gesagt, dass Design, ich versuche meinen Zungenbrecher, the external expression of inner values ist. Das heißt, ich glaube, es gibt
Joel Kaczmarek: kaum
Moritz Rose: eine Abteilung, in der das so spürbar wird, dass alles eben kommuniziert wie bei Design, weil es eben so stark sichtbar wird oder so stark erlebbar wird, weil wir eben nicht nur visuelle Ergebnisse haben und da eben auch nicht nur starre, sondern auch bewegte. sondern wir haben eben auch sowas wie haptische Kontaktpunkte, wir gestalten Produkte, wir gestalten Flüsse, also sowas wie Flussdiagramme in einer App oder so, wir gestalten Besuchererlebnisse auf Messen und so weiter. Das heißt, wir haben im Grunde das komplette Spektrum von menschlicher Interaktion, um das eben mit genau dem zu versehen, wofür wir wollen, dass VIESSMANN steht. Und das erfordert eben eine enge Rückkopplung mit den strategischen Zielen und wir sind natürlich auch sehr nah dran, Wenn es um die Ausrichtung geht, von Vision, Mission, Purpose und auch dem Definieren der Werte letztendlich. Um dann aber genau diese Themen zu nehmen und dann anfassbar zu machen.
Joel Kaczmarek: Ich will jetzt natürlich dahin, wenn jetzt jemand gerade eine Marke aufbaut, wen muss der sich dann eigentlich holen? Muss der ganz viele Designer einstellen? Braucht der irgendwie eine Innovationsagentur? Macht man das intern, macht man es extern? Welche Rollen brauche ich dafür? Wie würdest du da vorgehen?
Moritz Rose: Ich würde gerne erstmal einen Credo in die Welt lancieren. Das habe ich ja mit der Kaffeebude schon mal gerade angefangen hier als Beispiel. Ich finde, Dinge brauchen erstmal kein Logo. Ich bin kein großer Freund von Logos oder von Icons. Das ist für mich nur die einfachste Art von Branding. Da denkt man, Mensch komm, wir brauchen jetzt mal ein Logo für unseren Briefkopf und unsere Visitenkarte und, und, und. Ich glaube, es gibt viel, viel kreativere und viel, viel wirkungsvolle Mittel, um eine Markenabsenderschaft darzustellen. Und wenn du dann fragst, wen du dafür brauchst an Personal, Dann brauchst du, glaube ich, vor allen Dingen erstmal einen Unternehmensinhaber, der sehr, sehr stark hinter der Marke steht und der sehr, sehr klar inhaliert hat, dass alles, was wir machen, Marke ist und der das bei jedem Mitarbeiter durchträgt und der von jedem eben auch erwartet, dass er sich zu dieser Marke und zu diesem Vorhaben von Werten und von Missionen positioniert. In seinem täglichen Doing. Das geht eben von Verhalten bis hin zu den Arbeitsergebnissen. Und insofern ist Marke eben ein Thema, was jeden, jeden, jeden angeht, der an einer Marke mitwirkt. Und das ist im Grunde jedes Unternehmen. Und wenn es dann darum geht, spezifisch Branding-Themen anzugehen, also ganz bewusst eben auf Themen einzuzahlen, Ja, dann ist man da schnell in der Marketing-Ecke gedanklich oder eben auch bei Design. Ich glaube aber, dass man auch über sowas wie den Klang von einer Autotür oder so halt, das ist ja auch ein beliebtes Beispiel, darüber kann man super, super stark branden.
Joel Kaczmarek: Was für Kanäle gibt es denn eigentlich für Branding? und was würdest du sagen, also vielleicht was sind die wichtigsten, beziehungsweise woran erkenne ich, welche für mich die wichtigsten sind?
Moritz Rose: Das ist halt auch ein sehr, sehr großes Spektrum von Möglichkeiten. Es gibt von einem befreundeten Gestalter von mir ein sehr berühmtes Beispiel, das ich gerne zitiere, wo er das Branding für einen Förster übernommen hat, der eben auch gesagt hat, ich würde jetzt gerne Logo und, und, und und muss meine kleine Bude und mein Auto folieren und, und, und. Ich will jetzt hier so ein richtiger Brand werden. Und was er, Matthias Klose, dann für den Förster gemacht hat, war einen olfaktorischen Lack mit einer Druckerei in München zu entwickeln, der nach Tanne und Harz riecht und damit eben ganzflächig seinen Briefbogen von hinten zu bedrucken und ihm zu verbieten, auf E-Mail umzusteigen, weil der vorher mal alles mit Schreibmaschine geschrieben hat. Und du bekommst dann halt so einen Brief vom Förster, der hinten dunkelgrün ist und nach Tanne und Harz riecht und der einfach mit der Schreibmaschine geschrieben ist, mit so ein bisschen Tippex noch. Also mehr Branding geht nicht.
Joel Kaczmarek: Okay, das ist ein schönes Beispiel, aber woher wusste der Förster denn, also da hat er jetzt mal eine kompetente Hilfe gehabt, aber woher weiß ich denn, welcher Kanal für mich der richtige ist?
Moritz Rose: Darauf wollte ich mit dem Beispiel hinaus, dass die Kanäle eben sich absolut nicht verallgemeinern lassen. Also wir hatten jetzt das Briefpapier, das dann eben nach Harz duftet, wir hatten gerade die Kaffeerösterei unten, die dann irgendwie vielleicht so einen Ambient Sound auf die Straße schallt. Wir haben eben FISMA, wo wir sagen, wir stehen für Hochleistung im Winter. Und all unsere Marketing- und Brandaktivitäten versuchen, auf die Heizperiode zu konzentrieren. Und da eben in sowas zu landen wie dem Wintersport, wo Leute sagen, Mensch, boah, eisig kalt, da hat Wärme eine ganz andere Bedeutung, als wenn wir jetzt bei 26 Grad draußen und die Leute am Grill schwitzen, denen anfangen zu erzählen, wie schön warm wir ihr Zuhause machen. Das heißt, wieder Zielsetzung der Marke und daraus dann Definition, was der Kanal ist.
Joel Kaczmarek: Wie kann man sowas eigentlich messen? Gibt es irgendwie KPIs, mit denen man irgendwie Branding und vielleicht sogar Markenwert messen kann?
Moritz Rose: KPIs für Design sind ja ein ganz, ganz lang und umfangreich diskutiertes Thema. Auch der Wert von Design. Performt das Produkt jetzt durch das Design besser, durch die Art, wie es gestaltet ist, durch die Art, wie es wirkt? Oder liegt es am Gesamt-Setup? Also was könnte man weglassen und den Erfolg trotzdem noch erhalten? Das ist eine Frage, mit der sich Designer relativ schwer tun, glaube ich. Alles in allem. Ist Marke aber natürlich was, was du über Markenbekanntheit messen kannst, da gibt es dann eben so Umfragen, die nennen sich einerseits gestützte Markenbekanntheit und dann eben ungestützte Markenbekanntheit, heißt einmal frage ich dich nur danach, ohne dir was zu zeigen, ob du Viessmann kennst oder was du an Heizungsherstellern kennst und dann nennst du mir vielleicht Viessmann. Und die Stützemarkenbekannte ist dann, dass ich dir die Wortmarke zeige und du dann sagst, habe ich schon mal gesehen. Und da hast du dann Prozentzahlen, auch in bestimmten Regionen, in Ländern und, und, und, wo du dann auch gewisse Absatzzahlen im Verhältnis hast. Und wenn du das Branding, also die Brand Awareness dann in dieser Region steigern willst, dann kannst du da ganz spezifisch dann Aktivitäten drauf aufsetzen. Es gibt da ohne Ende KPIs. Ich glaube aber, den eigentlichen Wert von Design, worauf diese KPI-Frage häufig so ein bisschen hinausläuft, das ist und bleibt so eine kleine Black Box.
Joel Kaczmarek: Ja, ich habe immer so das Gefühl, viele machen sich über Brand nicht so viele Gedanken, weil ich habe es ja auch bei Podcast-Werbung zum Beispiel, wenn ich sage, das ist irgendwie stark Branding fördernd, das wird schnell verstanden und das ist schon ein Wert, aber eigentlich hat ja auch jeder Werbetreibende lieber immer Leads oder direkten Kauf, direkten Sale. Das heißt, viele wissen manchmal noch gar nicht den Wert von Markenbildung wirklich zu schätzen, aber du würdest sagen, es gibt ihn, nehme ich mal stark an.
Moritz Rose: Also ich glaube, bevor man etwas verkauft, wenn man jetzt vielleicht einen Vertriebsmitarbeiter fragt, was das Wesentliche für den Erfolg ist oder was einen guten Vertriebsmitarbeiter ausmacht, ist, glaube ich, dass er Vertrauen herstellen kann, dass er vielleicht sympathisch ist und dass er irgendwie einen guten Draht zum Kunden hat. Und meines Erachtens ist Marke eben nicht nur der Türöffner, sondern das Vertrauen. konstant darunter liegende Fundament all solcher Verkaufsaktivitäten. Das heißt, wenn ich bei Apple reingehe, dann bin ich von vornherein mir eigentlich schon ziemlich im Klaren, dass ich da auch gerne was kaufe und auch nicht anfange, den Preis zu verhandeln oder sowas. Wenn man dann allerdings auf den Markt geht zum Gemüsestand und das kostet dann 2,10 Euro, dann sagt man vielleicht so, ach, hier kommen genau 2 Euro oder so. Das heißt, ich glaube, Marke hat einen unglaublich hohen Einfluss auf Kaufbereitschaft, auf Vertrauen und auch auf Seriosität von Geschäftsbeziehungen. Und ja, das ist was, was aus meiner Perspektive zumindest nicht überbewertet werden kann.
Joel Kaczmarek: Gut, also alle Menschen, die jetzt draußen zuhören und mit mir demnächst mal ein Telefonat führen über Podcast-Werbung oder mit meinen Sales-Leuten, dann denkt an diesen Satz. Genau. Es ist wertvoll, dass wir euch hier verkaufen. Wir verkaufen euch also vertrauenlernig. Was sind denn so Do's und Don'ts eigentlich beim Brand-Building? Oder die Don'ts, die Do's hatten wir jetzt schon ganz viel. Was sollte man tunlichst vermeiden?
Moritz Rose: Wir hatten ja das Maskottchen vorhin schon. Das Maskottchen wäre für mich jetzt kein klares Don't, aber ich glaube, auch die Don'ts sind natürlich so ein bisschen fallabhängig. Wir haben letztes Mal schon über die Varianz von Design gesprochen. Wenn man jetzt eine Marke ist, die für eine sehr, sehr hohe Szenennähe steht und eine sehr, sehr hohe Präsenz in Fashion und in Contemporary-Trendthemen, dann muss man sich natürlich viel, viel schneller selber erfinden. Vielleicht sogar die Wortmarke generativ behandeln und in jedem Kanal anders aussehen lassen. Und genau das ist dann eben die Brand. Das heißt, bei uns, mal ganz spezifisch bei uns, sind sowas wie, dass wir unsere Produkte nicht personifizieren. Also du wirst nie was finden, wo ein Heizkessel von uns irgendwie Augen und Arme hat oder so oder irgendwie eine Sprechblase oder sowas. Du wirst nie Kontextverschiebungen finden, sowas wie ein Produkt, das dann irgendwie, hey lustig, sieht ja aus wie ein Blumentopf und dann photoshoppen wir da irgendwie noch so eine Tingle-Tangle-Bob-Frisur dann oben drauf oder so. Des Weiteren gibt es bei uns ziemlich klare Vorgaben von Typografie. Es gibt sehr klare Farb- und Platzierungsvorgaben für Online-Ads und so weiter. Also ich glaube, man muss definieren, wie flexibel das Konstrukt sein muss, also wie breit die Leitplanken gesetzt sind, innerhalb derer sich das Markenkonstrukt dann bewegen soll. Und ich glaube, je näher Du an Stringenz und Langlebigkeit als Markenversprechen bist, so wie wir, desto seltener erlaubt man sich dann auch ohne Not irgendwas selbst zu erfinden, weil man einfach möchte, dass Unterlagen, die man dann nach 17 Jahren dann mal aus dem Schubert zieht, an der Seite vom Gerät, halt nicht dann auf einmal aussieht wie, wow, das war in den 90ern cool, sondern halt lieber so eine klare, geometrisch formal reduzierte Stringenz eben in allem drin.
Joel Kaczmarek: Letzter Punkt, was ist denn mit dem Ändern einer Brand? Also wir haben erzählt, wie man eine aufbaut, was sie ausmacht, was man irgendwie vermeiden sollte, wie ihr es gemacht habt. Kann man Marken eigentlich ändern? Weil du hast ja selber gesagt, Milliarden flossen in den Nike-Swoosh. Ihr habt irgendwie 1967 oder so in dem Dreh angefangen, euch als jemand Wertiges mit Verlässlichkeit zu branden. Kann man Brands ändern und wenn ja, wie macht man das?
Moritz Rose: Brands ändern sich permanent, würde ich mal sagen, also als eine Öffnung der Frage. Ich glaube, dass man mit jeder Aktion zu dieser Brand dazu addiert. Und ich sehe das als nicht so linear. Also ich glaube nicht, dass das eine auf das nächste folgt. Wir definieren auch häufig, ob unsere Aktivitäten evolutionär oder revolutionär sind, zum Beispiel. Ich glaube, alles ist immer evolutionär und auch gleichzeitig eine kleine Revolution, weil sich das eben statt dieser Linearität viel, viel eher in so einem Strudel befindet. Heißt, wenn du jetzt sagst, wir wollen eine Brand wirklich mit einer Absicht radikal ändern, sowas wie, wir sind jetzt ein großes Unternehmen, das mit fossilen Energieträgern handelt zum Beispiel und wir haben so ein Strandfundstück als unser großes Icon definiert oder so. Wenn die dann sagen, wir switchen jetzt mal um auf einen komplett neuen Kurs und wir glauben an eine postfossile Zukunft, dann kann sowas wie so ein Eingriff in das Heiligste von allen, nämlich dieses oberste Logo zum Beispiel, also ich will jetzt ja mal in diesem fiktiven Beispiel auf das Shell-Logo hinaus, Das kann dann eben ein Schritt mit sehr, sehr großer Strahlkraft sein. Wenn man da dann eben tierisch, tierisch vorsichtig sein muss, dass man diesen unglaublichen Wert von Wiedererkennbarkeit, den man da entwickelt hat, nicht ohne Not verlässt, soll heißen, dass man das ganz, ganz behutsam entwickelt, aber trotzdem neu aussehen lässt.
Joel Kaczmarek: Wann ist denn sinnvoll, eine Marke zu ändern?
Moritz Rose: Ich glaube, eine Marke kann immer dann geändert werden, wenn man eine radikale Veränderung der Ausrichtung hat. Also ich hatte ja schon durchschimmern lassen, dass wir das nicht ohne Not machen. Bei uns kann man das, wenn man das ohne Not mal weglässt, im Grunde andersrum definieren, dass wir dafür immer eine Zielsetzung brauchen. Heißt, wenn du die Zielsetzung verfolgst, andere Zielgruppen zu erreichen, die mit der Marke, wie sie aktuell ist, zum Beispiel nicht so gut kompatibel sind, dann könntest du sowas machen wie eine Sub-Brand, siehe VCO, wo wir gesagt haben, klar, gehört dazu, ist aber irgendwie doch ein bisschen was anderes. Das kann aber auch sowas sein wie eine Umdefinition der Kernmarke, wenn du merkst, dass das gesamte Konstrukt demherr funktioniert. So, aber alles eben immer, bevor man die Hausaufgaben gemacht hat, ganz, ganz, ganz, ganz klar verfolgen. und präzise zu definieren, womit man damit hin will. Also ich würde da nie, ich sage mal, iterativ rangehen an so einen riesen, riesen Wert, sondern das muss dann irgendwie schon sitzen. Und viele, viele Chancen hat man da nicht für ein Treffen.
Joel Kaczmarek: Ja, also man merkt, es ist, glaube ich, nicht so trivial. Und ich sehe schon, wenn ich jetzt mal hier rebrande, werde ich dich auch fragen, ob ich auch irgendwie duftendes Papier oder klingende Räume haben soll.
Moritz Rose: Ja, klar.
Joel Kaczmarek: Das ist ein spannender Ritt, wo ich dir ganz herzlich für danke. Und ich hoffe natürlich, dass ganz viele Leute dazugehört, haben wir jetzt auch nochmal den Wert von der Marke ganz anders verstehen und sich mehr Gedanken machen, wie man vielleicht mit sowas auch nach innen kommuniziert sich noch aus. Man denkt ja bei Marke immer an, oh, wie kann ich mehr absetzen? Aber das zahlt ja auch einen auf so ein gemeinsames Ziel. Also ich glaube, das hat man ganz schön rausgehört. Und ja, ich danke dir ganz, ganz herzlich und freue mich schon aufs nächste Mal.
Moritz Rose: Super gerne, danke, tschüss. Hey! Hey!