Scrum für Einsteiger

12. November 2021, mit Joel Kaczmarek

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich digitale Transformation mit deinem Moderator Joel Kaczmarek und den Experten der Signal Iduna. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute widmen wir uns dem Thema Scrum. Gefühlt schon zigmal bei uns im Podcast vorgekommen, dem ein oder anderen vielleicht auch bekannt, aber entweder kennst du Scrum noch nicht so gut, dann lernst du hier noch was dazu oder du kennst es noch gar nicht, dann kriegst du hier eine richtig schöne Einleitung für uns. Wer macht das gemeinsam mit mir? Die liebe Nicole Ganserich. Die ist Chapter Lead Scrum Mastery bei Signal Iduna, mit dem wir ja fleißig immer dabei sind, über Digitalisierung zu sprechen und wie genau eigentlich Transformation funktioniert. Da bin ich total neugierig, weil sie kennt vorher und nachher. Sie ist gelernter Versicherungskaufbau, lernt in diesem großen Unternehmen seit Jahren quasi schon ihre Branche kennen, aber natürlich auch den steten Prozess der Digitalisierung. Man kann uns daher ganz genau sagen, was eigentlich der Unterschied ist, wenn man Scrum einführt, wie das genau funktioniert und welche Herausforderungen einem dabei auf dem Wege begegnen. That being said, liebe Nicole, schön, dass du da bist.

Nicole Ganserich: Ja, vielen lieben Dank.

Joel Kaczmarek: Habe ich das halbwegs richtig wiedergegeben, was du alles machst und wie du heißt und was das ist?

Nicole Ganserich: Ja, das passt auf jeden Fall schon mal ganz gut. Und die Signal Iduna, die ist ja schon ein sehr, sehr großer Konzern auch. Und ich durfte 2003 dort schon mal eine Ausbildung machen als Versicherungskaufrau. Deswegen vollkommen richtig. Ich bin in der Versicherungsbranche schon zu Hause. Und habe mich immer wieder entwickelt, immer wieder andere Bereiche kennengelernt. Und als es dann losging mit dem Thema agile Transformation, da hat es mich gepackt. Da wollte ich auf jeden Fall mehr wissen. Und da hat es mich dann quasi in die IT verschlagen. Erste Berührung auch damit und als Scrum Master. Damals keine Ahnung von gar nichts. Und so sind wir gestartet.

Joel Kaczmarek: Gut, da bin ich ja mal neugierig, weil ich habe mir sagen lassen, du bist wirklich tief in den Eingeweiden der Firma quasi immer schon gewesen. Also du kennst quasi von vorne bis hinten schon sehr viel aus der Signal Iduna. Und wie gesagt, gerade diese Perspektive und man darf ja mal sagen, Versicherung klingt ja immer sehr altbacken, aber ihr lehrt ein Jahr das Gegenteil. Das heißt, wenn jemand quasi die Herausforderung dieser Methodik kennengelernt hat, dann du. Lass uns mal ganz basic beginnen. Was genau ist eigentlich Scrum für Leute, die das noch nicht so kennen?

Nicole Ganserich: Gute Frage. Ich nehme gerne eins zum Anlass. und was ist wirklich wichtig? Man hat ein Team, das ist schon mal wichtig. Man hat ein Ziel und dann lernt man sich voran. Das ist erstmal so ganz einfach die Basis, wenn man so möchte. Und Scrum selber ist ein Rahmenwerk. Wie soll man das großartig beschreiben? Es ist, wer sich mit Scrum auseinandersetzt, der stolpert irgendwann über den Scrum Guide. Und der Scrum Guide ist eine Bedienungsanleitung, es sind Spielregeln, die Praktiker sich selber auferlegt haben. Und dort steht die Theorie drin. Ganz schmal, paar Seiten, kann jeder lesen, kann jeder auch sehr leicht zu verstehen in der Theorie und wahnsinnig schwierig umzusetzen in der Praxis. Und genau da ist es auch. Es gibt da mehrere Sachen, an die man sich halten sollte. Das heißt, es gibt zum Beispiel Teamgrößen. Warum ist es schlecht oder gut, wenn man zu viele Teammitglieder irgendwo drin sitzen hat? Das wird dort beleuchtet. Das hat halt was damit zu tun, es ist ein Unterschied, ob ich mit drei Leuten spreche oder halt mit 30. Das ist ein sehr, sehr großer Unterschied. Genauso gibt es auch mehrere Rollen. Man sagt zwar nicht mehr Rollen, sondern Verantwortlichkeiten im Scrum. Das heißt, man hat einen Product Owner, man hat einen Scrum Master und man hat Team. Und Entwickler denkt man immer direkt an IT. Nee, es müssen nicht unbedingt Entwickler sein, sondern es müssen halt Teammitglieder sein, die also wirklich sich um die Arbeit kümmern. Und das ist wichtig. Dann hat man also schon mal einen Squad. Bei uns, wir arbeiten ja nach dem Spotify-Ansatz. Das heißt, dann hat man schon einen Squad ganz gut besetzt. Und jeder nimmt in seiner Verantwortlichkeit die Dinge wahr. Der Product Owner definiert erstmal ein Ziel. Wohin soll es überhaupt gehen? Was ist überhaupt der Auftrag von einem Squad? Der Scrum Master ist verantwortlich für das Rahmenwerk und was dann hinterher erarbeitet wird und die Erfolge, die wir als Signal Iduna natürlich jetzt auch schon feiern dürfen, das ist natürlich der Verdienst von den Squad-Mitarbeitern, also von den Entwicklern.

Joel Kaczmarek: Gut, also wer sich jetzt gerade fragt, gefragt, ist Scrum irgendwie so ein Akronym oder eine Abkürzung? Nein, also wenn ich es richtig geschnitten habe, kommt es aus dem englischen Wort Scrum, was so ungefähr Gedränge heißt, also passt ja eigentlich ganz gut, weil so im Projekt- und Produktmanagement, da drängen sich ja irgendwie immer ganz viele aufeinander und keiner weiß manchmal so richtig im schlimmsten Fall, was man machen soll und wer eigentlich was übernimmt. Daran ist das quasi angelehnt und es ist jetzt im ersten, also im Kernsinne quasi ein Projektmanagement, ein Vorgehen. Jetzt lass uns da nochmal ein bisschen vertiefen. Du hast gesagt, es gibt im Wesentlichen drei Rollen, Product Owner, Scrum Master und Entwickler. Kannst du vor allem nochmal Product Owner und Scrum Master auseinandernehmen? Also hab ich es richtig verstanden, dass der Scrum Master quasi so der Orchestrator ist, so ein bisschen wie der Dirigent, der steuert quasi nach der Methode und der Product Owner ist derjenige, der das Ziel vorgibt? Ist das sozusagen der Chef dann in dem Projekt oder die Chefin?

Nicole Ganserich: Mit dem Dirigenten, da gehe ich auf jeden Fall schon mal mit, was den Scrum Master angeht, aber bei dem Product Owner Chef, nein. Also ich sage mal so, in den Squads sollte es keine Chefin, Das ist nämlich auch das Grundprinzip und auch wesentlich, dass es halt eben keinen Chef gibt. Wir arbeiten alle auf Augenhöhe. Alle haben die gleiche Stimme, wenn man so möchte. Und jeder hat halt wirklich nur andere Verantwortlichkeiten. Ein Product Owner definiert das Ziel. Ja, er ist fachlich derjenige der weiß mit der Vision, aha, dahin geht das. Er ist verantwortlich für das Backlog. Also sprich, alle Anforderungen, die also die Tätigkeit des Squads belangen, die werden ja über das Backlog gesteuert. Und der Product Owner ist halt verantwortlich dafür, was machen wir als nächstes? Also welche Dinge tun wir? Welche Dinge packen wir als nächstes an? Und welche Dinge sind auch die richtigen Dinge? Und kann es quasi in eine vernünftige Priorität packen? Und das ist sein Hauptjob. Das heißt, auch mit Stakeholdern in Kontakt treten, mit denen rauszuloten, was ist für die besonders wichtig? Wir machen das ja Ganze auch hauptsächlich, nicht hauptsächlich, nur für den Kunden. Für den Endverbraucher letzten Endes, der ist der Bestimmer und nach deren Auftrag handelt auch ein Product Owner, ist quasi der Vertreter des Kunden, wenn man so möchte.

Joel Kaczmarek: So, jetzt hast du eben Backlog gesagt und wenn man sich mit Scrum auseinandersetzt, dann ist man ganz schön auch bei sowas wie Kanban und da fliegen jetzt den Leuten schon die Begriffe um die Ohren, lass uns da doch mal ein bisschen Klarheit schaffen.

Nicole Ganserich: Genau, also du hast gerade schon gesagt, es sind alles Projektmanagement-Methoden. Ja, wir kennen das klassische Projektmanagement. Wer das schon mal gehört hat, bringt schnell auch das Thema Wasserfall zur Sprache. Da geht es halt auch darum, letzten Endes einen Auftrag, ein Ziel zu erledigen. Aber es kommt immer ganz stark darauf an, was habe ich denn hier für einen Auftrag? Was ist das für ein Projekt, mit dem ich hier arbeite? Und es gibt Projekte, da ist genau dieser klassische Ansatz vollkommen richtig und auch in Ordnung. Ich vergleiche das immer so ein bisschen damit, es ist ja auch nicht unbedingt richtig, ob ich Android oder mit iOS arbeite. Sondern es hat beides seine Daseinsberechtigung und für unterschiedliche Bedürfnisse nehme ich entweder dies oder jenes. Und genauso muss man sich das jetzt auch mit den agilen Projektmanagement-Rahmen werken oder auch Methoden. Ich lege mich da immer nicht so fest, wie man das jetzt genau benennt. Wichtig ist immer nur, dass man guckt, wann nehme ich was. Und beim Scrum ist es halt das Schöne, wir arbeiten hier in, ja jetzt kommen wieder so ein paar Begriffe, iterativen Zügen. Das heißt, dieser Grundsatz der Agilität ist ja immer inspect und adapt, also immer zu gucken, was habe ich, passen wir das an, wie reagiere ich auf gewisse Dinge. Und da ist es beim Scrum halt einfach schön, man arbeitet in sehr, sehr kurzen Schleifen und demzufolge weiß ich immer genau, passt das gerade an das Stück weit zusammen. Und deswegen habe ich ja vorhin gesagt, ein Team, ein Ziel und wir lernen uns voran. Wir lernen halt in sehr kurzen Schleifen und das macht Scrum halt eben so attraktiv, wenn es wirklich darum geht, etwas Neues zu erschaffen.

Joel Kaczmarek: Okay, also diese kurzen Schleifen nennt man ja auch Sprints, wenn ich mich nicht täusche. Was hat es denn zum Beispiel mit diesem Backlog auf sich, den du vorhin erwähnt hast?

Nicole Ganserich: Genau. Es gibt also ein großes Backlog, das ist das Produkt-Backlog und da wird der Product-Owner hergehen und alles, was er für interessant, für spannend hält, alles, was wichtig ist, landet in diesem Produkt-Backlog. Und dann gibt es im Scrum einen Termin, der nennt sich Sprint-Planning und da kommen die Product-Owner und auch die Entwickler zusammen und es wird darüber gesprochen, von diesem ganzen Backlog, Was davon kommt jetzt in den nächsten Sprint mit? Nehmen wir mal an, der dauert drei Wochen. Und dann vereinbaren die beiden, also Product Owner und die Entwickler, vereinbaren, was wirklich in den nächsten drei Wochen passiert. Der Product Owner aus seiner Sicht, was ist für den Kunden, was hat also den meisten Wert? Es geht also um Wertmaximierung. Und die Entwickler gucken natürlich, weil sie am besten wissen, was natürlich wie viel Zeit benötigt, wie viel Komplexität. Wir schätzen ja auch gerne in Komplexität. Das ist auch so ein Duft Diffuses, können wir gleich gerne nochmal drauf gucken. Aber was passt? Welche Leute brauche ich? Welches Wissen brauche ich? Wer ist gerade da? Was passt also? Was können wir innerhalb der nächsten drei Wochen auch wirklich schaffen? Und damit ist nicht angerissen gemeint, sondern wirklich schaffen. Das muss bis dahin erledigt sein.

Joel Kaczmarek: Bei uns ist es so, in der Firma, ich muss ja sagen, ich bin ja so ein Noob, was Scrum angeht. Also ich bin da nicht gut drin. Ich kenne es eigentlich kaum. Ich habe es nie richtig beigebracht bekommen. Sondern man schnappt aber so Dinge auf. Und wir haben irgendwann mal angefangen, uns so eine eigene Art Kanban-Board zu bauen. Also Kanban meint ja im Prinzip immer, man hat so mehrere Tafeln und Aufgaben, wandern dann quasi durch so ein Projekt durch. Also von links nach rechts über eine Achse. Und wir haben uns dann mal so Equipment dazu bestellt, wie man es eigentlich ordentlich macht. Das heißt, wir hatten dann irgendwie ein Backlog. Da waren die ganzen Sachen drin, die man noch machen will. Dann hatte man sowas wie Doing. Dann hatte man sowas wie Hilfestellung. mir. Siehst du, da fängst du schon an. Ich kenne mein eigenes Kannband von drüben aus im Nebenraum nicht ordentlich. Aber der Gedanke ist ja so eine Art Phase zu haben. Also man landet dann immer noch ganz schnell bei Trello. Das sind ja so typische Dienste, mit denen man sowas macht. Vielleicht kannst du ja da mal beschreiben, wie so dieser Sprintverteilungsfaktor aussieht.

Nicole Ganserich: Das ist tatsächlich sehr, sehr ähnlich oder kann sehr, sehr ähnlich sein. Du hast im Scrum auch ein Board. Nicht zu vergessen, viele denken auch immer, egal ob Kanban oder Scrum, mit dem Board ist alles getan. Ein Board ist ein Hilfsmittel, also ganz, ganz wichtig. Deswegen, es gibt so ein paar Witze, wo man immer sagt, arbeitet ihr wirklich nach Kanban oder habt ihr nur ein Board? Das ist so ein Witz unter den agilen Rollen, wo wir immer wieder schmunzeln müssen und wo wir aber auch genau drauf gucken, denn genau das ist wichtig. Ja, es gibt halt die Möglichkeit, im Backlog guckst du erst dieses To-Do, das, was du gerade sehr schön beschrieben hast. Was ist ein To-Do? Das soll also genommen werden. Das soll als nächstes angegangen werden. Dann hast du Doing, also genau da arbeiten gerade Leute dran. Und das Letzte ist dann, alles klar, es ist auch fertig. So, und das ist erstmal ein Board oder womit man das abbilden kann. Richtig spannend wird es natürlich, wenn es in die einzelnen anderen Phasen oder Spalten hüpft. Also das heißt, wann hüpft etwas von To-Do in Doing? Wer zieht sich das? Und jetzt sage ich schon extra, wer zieht sich das? Denn in der agilen Welt arbeiten wir ja mit dem Pull-Prinzip. Da sagt keiner morgens und jetzt sind wir mal bitte im Vergleich alte neue Welt. In der Versicherungswelt war es früher so, dass man Vorgänge bearbeitet hat und die hat ein Mitarbeiter bekommen. Also das war, wenn man heutzutage das mit Englisch wieder unterlaufen will, das ist ein Push-Prinzip. Der hat das bekommen und am Ende des Tages war das erledigt. Und jetzt in der agilen Welt, da arbeiten wir mit dem Pull-Prinzip. Das heißt, wir haben uns darauf festgelegt, was in dem Sprint passieren wird. soll. Und jeder Entwickler zieht sich die Aufgaben, die entweder als nächstes dran sind, dann sind wir bei Kanban von oben weg, oder natürlich auch bei Scrum, was er gerade am ehesten machen kann, was also sinnvoll an der Stelle ist. Und das wird sich gezogen. Ja, und Das wird halt so lange bearbeitet und da geht es halt darum, die Entwickler wissen selber am besten, wie etwas bearbeitet wird, bis es dann im Optimalfall am Sprintende dann in die Spalte dann wandert. Und da, wann wandert etwas nach? dann? Nicht, wenn der Entwickler sagt, okay, ich bin jetzt der Meinung, ich habe das fertig gemacht, das ist fertig, sondern da gibt es dann auch gewisse Regulatorik. Also das heißt, es gibt eine Definition of done und die legt jedes Team für sich auch fest. Und da ist beschrieben, wann ist etwas wirklich erledigt.

Joel Kaczmarek: Guck mal, siehst du, da merkst du, ich bin einer derjenigen mit, arbeitet ihr wirklich nach Scrum oder habt ihr nur ein Board? Ich bin doch wohl das Board, weil ich kann nicht mal irgendwie To-Do-Doing und dann rezitieren vernünftig. Okay, verstanden. Aber da lernen wir ja schon mal als erster Faktor, mit Scrum kommt quasi auch nochmal so eine Art Demokratisierung in die Arbeitsweise rein. Also nicht nur, dass es so ist, wie du gesagt hast, dass es quasi keine Hierarchie gibt, sondern nur eine Steuerungseinheit, nämlich den Product Owner, sondern dass man da erforscht. auf einer Ebene ist, sondern es kommt auch noch on top, die Leute managen sich ein Stück weit selbst, also es geht sehr viel um Ownership auf allen Ebenen, also Extreme Ownership, jeder nimmt die Verantwortung, plus man muss sich noch Regeln festlegen, wann ist eigentlich was fertig und wann nicht, also da kommt ja schon ganz viel Veränderung rein.

Nicole Ganserich: Genau, und Und das ist das Spannende. Es gibt einen Rahmen. Es gibt einen Rahmen und danach werden schon, es gibt definitiv Regeln, die muss es auch geben. Und nur wenn du diesen abgesteckten Bereich hast, dann hat das Team die Möglichkeit, sich wirklich zu entfalten und auch dann den Fokus auf die Arbeit zu legen. Und dann entstehen halt solche Sachen, wo andere, wer joggen geht, der kennt vielleicht dieses Flow erleben. Und genau das kann man dann übertragen auf die Arbeitswelt und sagt, alles klar, ich Wenn der Rahmen fest ist und ich kann den Fokus darauf legen, dann passiert die Arbeit wirklich auch im Flow. Jeder weiß, was er kann. Jeder weiß auch, was der andere kann. Und dann ist halt wichtig, dass man die Zusammenarbeit im Team besonders fördert und auch fordert. Und da sind wir wieder beim Scrum Master. Genau das ist nämlich auch die Arbeit eines Scrum Masters wichtig. Immer zu gucken, nicht nur diese, was ich gerade gesagt habe, diese Events zu moderieren, Sprintplanning, jeder hat vielleicht schon mal die Review gehört oder auch die Retrospektive oder auch das bekannte Daily. Das sind Termine, ja, davon sollte man nichts weglassen im Scrum, das ist wahnsinnig wichtig, aber auch dazwischen das Ganze, das Team in die Eigenverantwortung zu bringen. Das ist wirklich die Arbeit eines Scrum Masters. Wie kann das am besten gelingen? Und hinterher auch das Team immer wieder zur Bestleistung zu motivieren, immer zu gucken, wie geht es denn noch ein Quäntchen besser, bis man dann irgendwann wirklich dieses High-Performance-Team, so nennen wir das dann. Und naja, hat man es jemals oder ich glaube, das ist eher philosophisch, es geht immer wieder ein bisschen mehr.

Joel Kaczmarek: Mal ganz kurz zum Verständnis, der Scrum Master, hat eine Organisation einen Scrum Master, der dann in die ganzen unterschiedlichen Meetings reingeht oder hat jedes Projekt sozusagen immer einen eigenen Scrum Master? Ist es sozusagen eine Rolle pro Projekt oder ist es eine übergreifende Rolle?

Nicole Ganserich: Nee, also jedes Scrum-Team hat seinen eigenen Scrum-Master. Der ist fest. Was natürlich ist, und zwar ist das bei uns im Hause Signal Iduna so, dass ein Scrum-Master zwei Teams betreut oder kann. Das ist ein bis zwei Teams, sagen wir es so. Und das ist halt die Möglichkeit, einfach von der Zeit, wie seniorisch ist ein Scrum-Master, also wie viel Erfahrung hat er? und natürlich auch, wie weit ist ein Squad. Da kann man solche Sachen auch machen. Das gibt aber der Scrum Guide gar nicht wirklich vor. Der sagt halt nur, jedes Team, welches nach Scrum arbeitet, hat bitte auch einen Scrum Master. Zu wie viel Prozent wird gar nicht beschrieben. Ich glaube, das ist von ganz vielen anderen Faktoren abhängig.

Joel Kaczmarek: Gut, bevor wir mal eintauchen daran, wie man das Ganze einführt, lass uns noch zwei Dinge kompletieren. Das eine, was du gesagt hast, war ja, dass Komplexität so ein Faktor ist, den man sich intensiv anschaut. Was meintest du damit?

Nicole Ganserich: Viele kennen aus dem Projektmanagement immer noch, dass in Personentagen gerechnet wird. Da wird geguckt. Okay, ich habe das und das Projekt. Was brauche ich dafür? Also das heißt im Vorfeld, diese Vorarbeit, wenn man so möchte, sich ganz genau anzugucken. Was brauche ich dafür? Was ist dafür nötig? Das ist ja elementar wichtig immer gewesen. Und jetzt sind wir in einem komplexen Umfeld. Also das heißt, du weißt gar nicht, was du weißt. Du weißt auch gar nicht, was du alles nicht weißt. Und das ist auch damit gemeint, wir lernen, wir sind eine lernende Einheit, wir lernen uns voran. Und eben weil das so ist, können wir ja zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch gar nicht sagen, wie viel Personentage irgendetwas ausmacht. Wir haben also grobe Einschätzungen, was wir vielleicht schon erlernt haben, um daraus Dinge abzuleiten. Und das ist auch mit gewissen Dingen immer gemeint, immer wieder drauf zu gucken. Und deswegen sind diese Iterationen, diese Schleifen auch so wahnsinnig wichtig, um um immer wieder zu reflektieren. Und es wird nicht nur reflektiert, Mensch, haben wir denn auch den Nerv des Kunden getroffen? Also in der Review, das ist ja dieses eine Meeting, wo über die Ergebnisse auch gesprochen wird und geguckt wird, was machen wir als nächstes? Sondern es gibt auch noch das Meeting der Retrospektive, wo immer wieder reflektiert wird, wie war es in der Zusammenarbeit? Also wirklich auf das Squad oder auf das Team geschaut wird und geguckt wird, was können wir hier besser machen? Also reflektiert. Man sieht immer wieder schön diese Iterationen, dieses ständige Lernen und halt wirklich immer wieder Anpassungen machen zu müssen, weil man einfach gar nicht so richtig wissen kann, auf welche Reise man sich da begibt.

Joel Kaczmarek: Okay, weil das wäre so das Letzte, wozu ich noch mit dir kommen wollte, bevor wir über die Einführung reden, nämlich diese Meetingstrukturen. Also du hast ja gesagt Review, Daily, Retrospektive. Kannst du das noch einmal kurz auseinandernehmen, welches Meeting wofür ist? Gerne.

Nicole Ganserich: Insgesamt gibt es tatsächlich fünf und das erste haben wir schon ganz toll drüber gesprochen. Das ist nämlich der Sprint selber. Der Sprint selber ist ein Meeting oder Event aus Scrum. Danach gibt es dann oder man fängt an mit einem Planning. Das heißt, wie immer im Leben, wenn ich etwas machen möchte, dann muss ich etwas planen. Dafür ist das Planning da. Scrum Master ist da, aber hauptsächlich ist dann eine Verhandlung, findet dort statt zwischen Product Owner und dem Entwicklerteam. Dann beginnt man mit der Arbeit und jeden Tag gibt es das sogenannte Daily. Das ist dann das dritte Event. Im Daily, 15 Minuten streng getaktet, wirklich mit Fokus, geht es darum, dass die Entwickler die Möglichkeit haben, sich über den Fortschritt der Arbeit zu unterhalten. Dafür ist das Daily da. Dann geht der Sprint weiter und gegen Ende kommt dann als nächstes die Review. Das heißt, dort findet der Termin zwischen dem kompletten Team statt und aber auch den betroffenen Stakeholdern, also alle, die dem Team auch Feedback geben können. Das ist ganz, ganz wichtig. Und man betrachtet wirklich diesen Teil der Arbeit, das nennt man im Scrum auch Inkrement, was dort erledigt wurde. Das betrachtet man, gibt dem Team ganz, ganz wichtig hier Feedback und sagt, pass mal auf, das ist genau so richtig. Und man spricht dann auch noch darüber, was nehmen wir uns als nächstes vor. Das ist ja auch ganz wichtig für den Product Owner. Und wenn das erledigt ist, dann kommt als letztes Meeting auch noch die Retrospektive, wo das Team wirklich für sich, das heißt, da kommt keiner von außen rein. Da gibt es die sogenannte Vegas-Regel. Was in Vegas passiert, bleibt auch in Vegas. Und deswegen ist es nur für das Team und man spricht über die Zusammenarbeit. Und da bedeutet es natürlich auch sehr, sehr viel Offenheit, sehr viel Ehrlichkeit, also dass die Scrum-Werte da auch gelebt werden, dass dort ein geschützter Raum entsteht, wo man sich natürlich auch selber sehr, sehr ehrlich malt. ja, seine Bedürfnisse und auch seine Wünsche und auch seine Beobachtung auch teilen kann.

Joel Kaczmarek: Aber jetzt verrat uns mal das Geheimnis, wie schafft man es denn, sich täglich zu unterhalten, es bei 15 Minuten zu belassen?

Nicole Ganserich: Fokus, Fokus, Fokus. Genau, also im Bestfall bei der Einführung ist der Scrum Master natürlich da super, super wichtig. Der stellt also wirklich eine Uhr oder mit dem Handy, also es ist im Prinzip total egal, Hauptsache 15 Minuten. Das wird am Anfang auch nicht unbedingt immer passen, das ist klar. Aber das ist schon das Ziel. Also 15 Minuten, mehr darf es nicht sein. Und dann passiert ja automatisch etwas. Wenn du unter Zeitaspekten bist, du musst weglassen, was einfach nicht wichtig ist. Sondern du darfst nur das sagen und auch mitteilen, was für alle relevant ist. Das heißt Wenn man es will, früher im Journalismus, das hat man mir mal erklärt, das Wichtigste kommt nach oben und nach unten wird es immer dünner. Das kann zum Beispiel eine Methode sein oder die Leute sollen halt auch wirklich gut vorbereitet sein, auch auf das Daily. Was habe ich bitte seit gestern erreicht? Was sind wirklich wesentliche Dinge, die für das gesamte Team wichtig sind? Und was auch nicht. Und man kann natürlich auch gewisse Sachen anteasern, die sagen, Mensch, ich habe gestern das und das erreicht. Um da weiterzumachen, brauche ich im Anschluss oder heute brauche ich noch Kompetenz aus Und dann kann man noch mit ein paar Leuten schon mal anteasern und sagen, hey, ich komme heute nochmal auf euch zu. Das muss man ja nicht in so einem Termin machen. Und dann gibt es noch, muss überhaupt jeder was sagen, wenn ich gar nicht gestern irgendetwas Großartiges erreicht habe. Nicht, dass man nicht gearbeitet hat. Ich rede extra von erreicht habe. Dann muss man auch nichts sagen. Und das ist ein Unterschied zu früher, wo man eher von Reporting spricht. Jeder muss zu Wort kommen, sich quasi wie eine Art rechtfertigen. Was habe ich denn gestern gemacht? Da geht es jetzt wirklich darum, Fokus auf das Erreichte zu legen. Und dadurch reduziert man natürlich auch wahnsinnig viel Zeit.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Das kommt übrigens aus dem Telegrafieren mit den Newswerten, dass man das Wichtigste am Anfang stellt, weil ich stelle mir das immer früher so vor, wilder Westen, du musst von einer Seite der USA zur anderen Seite rüber telegrafieren, dann konnte es halt sein, dass dir die Leitung zusammenbricht. Deswegen hast du immer die wichtigsten Sachen am Anfang gemacht, damit die unwichtigen Sachen, wenn sie verloren gehen, ganz am Ende kamen, dass mir die Leitung bricht, um mir jemanden mit den Klugscheißer zu geben.

Nicole Ganserich: Finde ich gut. Da wird es deutlich. Auch wieder Fokus. Super. Klasse. Dankeschön.

Joel Kaczmarek: Alles gut. Das finde ich immer nur längst lustig, wenn man selber sowas auch mal entdeckt. Gut, aber zurück zum Thema. Letzte Sache noch. Du hast ja eben über Werte geredet, über Scrum-Werte. Gibt es so eine Art Bibel, sozusagen so eine Scrum-Bibel, die du ja eigentlich auch schon mal angesagt hast?

Nicole Ganserich: Ja, der Scrum-Guide ist auf jeden Fall. Bibel möchte ich es jetzt nicht sagen, aber das ist schon unser Medium. Und da sind auch die Werte enthalten. Also das heißt, welche Werte gibt es? Damit diese ganze Sache funktionieren kann, ist es natürlich wichtig, dass man offen dafür ist. Also Offenheit ist ein Wert, Respekt ist ein Wert, Respekt vor Ja, du kannst alles Mögliche respektieren, aber wichtig ist erstmal, dass ich natürlich auf Augenhöhe auch kommuniziere, Respekt vor der anderen Rolle, vor der anderen Verantwortlichkeit habe. Das ist sehr, sehr wichtig. Dann ist es wichtig, wir nennen das Commitment und ich habe bisher tatsächlich nicht wirklich eine supergute deutsche Übersetzung gefunden für Commitment. Also dieses, ich gebe selber auch. Ich bin Teil von der ganzen Sache. Und wenn ich im Planning sage, ja, wir schaffen das, dass ich auch alles tue, damit es auch so ist. Und also Commitment ist also wirklich noch ein sehr, sehr wichtiger Wert. Dann hatten wir es gerade schon, Thema Fokus. Immer wieder fokussiert zu sein. Das heißt, vorbereitet zu sein auf die Meetings. Auch in den Gesprächen nicht überlegen, abzudriften, man kann von Höckskinn auf Stöckskinn und verliert es, sondern wirklich sehr, sehr mit Fokus an die Sache dranzugehen, das ist halt auch elementar wichtig an der ganzen Sache. Ja, das sind die Werte und auch Vertrauen. Vertrauen braucht es im Scrum, weil es gibt da so ein Thema, das nennt sich psychologische Sicherheit. Wenn die Basis, worauf ein Team münzt und womit sie arbeiten, wenn das gut ist und ich Vertrauen da habe dann können Ideen sprießen, dann können Ideen entwickeln, weil sie genau wissen, die lachen mich jetzt vielleicht für eine etwas übertriebene Idee gar nicht aus. Wir respektieren uns und dieses Vertrauen halt einfach in die Sache, in das Team ist auch enorm wichtig. Also das sind die Dinge, die einfach die Agilität fordert und auch erfordert.

Joel Kaczmarek: Wie angedroht. Kommen wir mal zur Einführung. Wie war das, als ihr damals begonnen habt, Scrum bei euch einzuführen?

Nicole Ganserich: Ja, es gab ja, bevor wir mit der großen Transformation gestartet sind, hatten wir zunächst mehrere kleinere. Also die Projekte waren nicht klein, aber es war halt eine kleinere Anzahl an Projekten. Projektteams, die losmarschiert sind. Und da war es so, dass es sich generell erstmal anbietet, um überhaupt Ideen zu kommen. Das kann man weniger mit Scrum machen. Da geht es ja eher darum, wirklich um die Umsetzung hinterher, sondern erstmal um Ideen zu generieren, kann man prima mit einer anderen Sache losgehen und die nennt sich Design Thinking. Also wirklich erstmal zu überlegen, was geht überhaupt? Welche Lösungen können denn überhaupt entstehen? Und danach geht es dann hinterher mit Scrum wirklich um Ideen, die Einführung dieser Lösung, um die Umsetzung. Und da haben wir ganz am Anfang mit angefangen, hatten viel externe Unterstützung. Das muss man so sagen. Es waren viele, viele externe Scrum Master und Agile Coaches da, die uns unterstützt haben, überhaupt bei der Implementierung von Scrum. Und dann kam es hinterher dazu, dass wir gesagt haben, okay, jetzt können wir die erste Rolle aber auch internalisieren. Und so kam es dann, dass wir ausgeschrieben haben und ich habe mich damals auf so eine Stelle auch beworben und gesagt wurde, okay, was braucht man denn dafür? Und da kam bei mir halt zum Beispiel zugute, dass ich halt schon Trainer-Erfahrung habe. Also ich habe schon immer gerne mit Teams gearbeitet und da lag das nahe, das mal mit mir zu versuchen. Und ich hatte also externe Unterstützung auch noch und wir haben dann losgelegt und haben halt versucht, die ganzen Sachen nach Scrum zu entwickeln und unser Squad-Ziel quasi zu erreichen. Und dadurch, da sind Fehler passiert. Also ganz klar, ich habe viele, viele Dinge getan, einfach weil ich es nicht besser wusste. Und ich Ich finde das Zitat einfach so toll. Und einer der Begründer von Scrum hat mal gesagt, Scrum ist wie deine Schwiegermutter. Sie entdeckt alle deine Fehler. Und genauso ist das mit Scrum. Wenn du irgendwo einen Fehler machst, Fehler in Anführungsstrichen, zum Beispiel, weil du nicht vorbereitet im Planning bist, du wirst es hinterher merken. Wenn das Backlog, wenn also die Anforderungen, diese Tickets nicht sauber geschrieben sind, dann wird es während des Sprints da zu Missverständnissen kommen. Und dann wird das im besten Fall ziemlich zügig bei der Retrospektive auch angesprochen werden. Und das finde ich halt einfach so schön an der Sache. Selbst wenn du Fehler machst, dann wird daraus gelernt. Und beim nächsten Mal machen wir es halt besser. Und so ist es wieder ein ständiger Entwicklungsprozess.

Joel Kaczmarek: Wenn jemand das noch nicht bei sich eingeführt hat und es jetzt wie ihr machen wollt, wo geht der hin, um sich das beibringen zu lassen? Also du hast gesagt, ihr hattet ganz viele Agile-Coaches und Scrum-Unterrichtende sozusagen. Also da gibt es ja jetzt nicht gerade eine Hochschule für, ne? Wie kriegt man das in seiner Organisation, ohne da irgendwie Zehntausende von Euro in vielleicht irgendwelche großen Beratungsbuden investieren zu müssen?

Nicole Ganserich: Es gibt Seminare und da kann man sich natürlich auch zertifizieren lassen, wer denn auch Wert auf ein Zertifikat legt. Diese Tage, um erstmal eine Grundschulung in Scrum zu haben, dauern zwei Tage. Danach macht man ein Zertifikat und dann ist man Scrum Master. Es ist kein geschützter Begriff. Es ist kein Ausbildungsberuf. Das ist es alles nicht. Dann kann man sich hier Scrum Master nennen. Das kann man tun. Und jetzt kommt es natürlich auf die Unternehmenskultur an, wie man selber so funktioniert. drauf ist, für die ganz mutigen würde ich sagen, dann hört ihr das doch an, kauft ihr ein Buch, Scrum für Einsteiger und ab geht's, denn der Rest ist alles Entwicklungssache. Es hilft wahnsinnig viel. und da muss ich sagen, die agile Gemeinschaft und zwar weltweit, ist fantastisch. Die Scrum Master und auch Agile Coaches, die haben ja dasselbe Ziel, die gleiche Ausrichtung, die gleichen Grundlagen, wenn man so möchte. Das eine bezieht sich auf ein Rahmenwerk, das andere ist etwas generischer zu sehen. Nichtsdestotrotz Fängt man an, die Dinge zu implementieren und dann hat man die Austauschformate innerhalb eines Unternehmens, wenn mehrere Scrum Master da sind. Es gibt ganz tolle Formate in den einzelnen Städten. Hamburg macht agil, Dortmund macht agil, Münster macht agil zum Austauschen. Es gibt viele Barcamps. Es gibt mittlerweile durch die Corona-Situation wahnsinnig viel Remote-System. Also ganz, ganz viele Open-Space-Formate, wo man seine eigenen Themen mit einbringen kann, wo man lernen kann, wo man sich austauschen kann. Und es läuft fantastisch. Also keiner ist hier alleine. Wir lassen keinen zurück. Also das ist wirklich großartig.

Joel Kaczmarek: Klingt ein bisschen wie so eine Hippie-Kommune.

Nicole Ganserich: Ja, vielleicht ist es das auch. Nein, es ist wirklich wunderbar. Und es gibt halt auch so viele Themen und man kann gar nie auslernen. Es ist schon was Besonderes. Ja, ich empfinde das als was ganz Tolles.

Joel Kaczmarek: Wenn wir jetzt mal ausklammern, dass du mir garantiert jetzt sagen wirst, man ist nie fertig, Scrum zu lernen und man kann sich immer noch verbessern. Aber wir gehen jetzt mal. den Perfektionismusgrad, legen wir jetzt mal da beiseite und sagen, wie lange brauche ich, um Scrum bei mir in der Organisation einzuführen, wenn ich von null starte, so ungefähr?

Nicole Ganserich: Um Scrum einzuführen Wirklich, man nimmt das Team, man erklärt denen, wie das geht, man etabliert die Formate. Das geht relativ schnell. Also ich glaube, da bist du in drei Monaten schon ganz gut dabei, dass erstmal das Erste umgesetzt wird. So, das glaube ich schon. Und jetzt geht es weiter und jetzt hat man gerade mal die Basics. Das heißt aber noch lange, lange nicht, weil das sind die Strukturen. Jetzt kommt die Kultur nach. Die Leute, je nachdem, woher sie kommen, je nachdem, wie sie vorher gearbeitet haben, in die Eigenverantwortung zu bringen. Das ist ja jetzt das Spannende. Das ist von bis. Also das kann sein, dass ein Squat da wirklich nach einem Jahr relativ gut dabei ist, kann aber auch Jahre dauern. Also generell gibt es noch eins, ich hau noch mal einen raus, und zwar das Shuhari-Prinzip. Shuhari bedeutet, da wird es geteilt, Shu ist, dass man erstmal die Dinge so anwendet, wie sie im Scrum Guide stehen. Also erstmal so machen, wie es ist. Und danach geht es halt weiter, dass man sagt, okay, und dann kann man die Dinge auch mal etwas beugen. Also das heißt, danach kann ein Scrum Master hergehen und Man kann wirklich gucken, okay, wenn ich etwas weglasse, wenn ich etwas dazunehme, wenn ich Dinge anders mache, dann muss ich schon wirklich ein Meister dessen sein, um das überhaupt, diese Weitsicht zu haben. Und da reden wir wirklich über Jahre. Also das würde ich mir nicht anmaßen zu sagen, dass irgendjemand unheimlich schnell in dieser letzten Imrie ist, dass er das kann, ja.

Joel Kaczmarek: Ja, weil jetzt hab ich mich auch gefragt, wie schnell es da quasi Ableger von gibt, weil man hat's ja bei Projektmanagement-Angehen oft, dass man dann so, ein bisschen wie bei so Sekten, hätte ich jetzt beinahe gesagt, wie so Religionsgemeinschaften, dass die einen sagen, okay, nein, wir entwickeln das in diese Richtung weiter und das andere in diese, also es klingt mir ja relativ open-sourcig, was da sozusagen passiert, ne? Von daher findet da jeder so ein bisschen seine eigene Wahrheit.

Nicole Ganserich: Ja, ich denke schon. Also das ist genauso. Scrum eins zu eins umsetzen ist wirklich wahnsinnig schwer. Und jeder Scrum Master legt auf bestimmte Dinge bestimmt auch Wert, wenn man mit unterschiedlichen Leuten auch spricht. Genauso wie oft auch ein Bezug kommt, wirklich ist die Bibel der Scrum Guide oder auch irgendwie Verführung. Und oh, der ist aber streng nach Scrum. Das kriegt man schon irgendwie so gehört. Und ja, es ist schon wichtig, dass man es dann am Anfang wirklich auch so macht, weil es einfach, es hat seinen Sinn und seinen Zweck. Und im Scrum halt steht halt auch, wenn du irgendetwas davon weglässt, Das kannst du tun, das ist vollkommen in Ordnung, aber bitte nenn es dann nicht mehr Scrum. Und genau darum geht es. Du kannst die Dinge, du musst immer auf die Situation gucken. Was habe ich hier vorzufinden? Was ist mein Ziel und wie komme ich am besten dahin? Und dann muss man irgendwann auch mal ehrlich zu sich selber sein und sagen, ist Scrum überhaupt der richtige Weg? Und diese Frage muss auch entstehen. erlaubt sein. Denn es gibt ganz, ganz, ganz viele Projekte, wo man versucht mit Scrum, aber ganz ehrlich ist es einfach nicht die Lösung, weil es einfach nicht das Framework dafür ist. Und das muss man erkennen, einsehen und dann kann es mit was anderem besser sein. Zum Beispiel Kanban. Das kann eine Möglichkeit sein, muss nicht.

Joel Kaczmarek: Wenn du jetzt so dein altes Ich treffen würdest und ihr tauscht euch aus bei so einem Kaffee, was glaubst du, würde für so ein Vorher-Nachher-Bild von Signal Iduna gezeichnet werden vor Grum und danach?

Nicole Ganserich: Im Projektmanagement, also ich kann das ja jetzt nicht auf alle Ebenen übertragen. Ich glaube, es ist einfach. lebendiger durch die Tatsache, dass wir die Teams gerade im Business-Bereich sehr, sehr wild auch gemischt haben an der Stelle. Es ist schneller. Es ist mehr eine Mentalität geworden von ich mach das jetzt mal so. Es ist nicht mehr mit der Handbremse, weil Wenn ich mich vertue, wenn ich in die falsche Richtung laufe, ist es nicht schlimm. Durch die Schleifen kriege ich das schnell wieder raus und dann passt es wieder. Dann bin ich halt schneller wieder auf dem anderen Weg und ich glaube, früher war es halt sehr, sehr viel mehr durch im Vorfeld Planung und alles durch Denken und jetzt, na dann starten wir. Also ich glaube, es liegt ein bisschen in einer anderen Aufbruchsstimmung, so würde ich das schon so beschreiben.

Joel Kaczmarek: Welche sind denn sonst so die typischen Herausforderungen, wenn man Scrum gerade in einer vielleicht eher konservativen Organisation einführt?

Nicole Ganserich: Und für die ist das jeden Tag der Job. Das darf man immer nicht vergessen. Und wenn man jetzt so einen Konzern wie Signal Iduna in die digitale Transformation bringt und dort auch wirklich mit sehr, sehr vielen Squads und Menschen startet. Also ich meine, das sind round about 1000 Menschen, mit denen wir da gestartet sind. Und jeder hat sein eigenes Päckchen, seinen eigenen Rucksack auf, seine eigenen Erfahrungen. Und da ist die größte Herausforderung erstmal den Sinn und Nutzen, zu erklären und erlebbar zu machen. Erklären, die verstehen das. Also wir haben hier wirklich nur mit wirklich schlauen und auch wirklich menschlich korrekten Leuten zu tun. Das ist mir ganz wichtig. Aber man muss es erlebbar machen. Das heißt, auch mal die ersten Erfolge sich einstellen lassen, damit ein Aha-Effekt passiert. Und auch jeder Konzern hat schon mal die eine oder andere Änderung erlebt. Da sind Ängste mit dabei. Ich meine, ich habe gerade scherzhaft gesagt, Scrum entdeckt alle deine Fehler. Ja, auch das passiert. Durch diese Transparenz und auch dadurch, dass nicht mehr jeder so sein Gebiet hat und macht das für sich so ein bisschen, sondern es ist ein Miteinander. Und ich glaube einfach, gewisse Leute haben Ängste auch damit, Mensch, mache ich das alles richtig? Man kriegt das viel immer mit, was ich so tue. Und da könnten auch Ängste entstehen. Ja, dann auch Ängste, wenn es wirklich Menschen gibt, die sehr gewissenhaft arbeiten. Nicht, dass die anderen es nicht tun, aber es gibt ja auch die Extremen, die sehr, sehr streng, was gewisse Regulatoriken angeht, sind. Die könnten auch vielleicht Angst haben, Mensch, ist das nicht vielleicht zu schnell teilweise? Da könnten schon manche Blockaden aufgebaut werden. Und natürlich auch durch unterschiedliche Teams. Man darf einfach niemals unterschätzen, dass der Mensch auch ein Gewohnheitstier ist. Und wenn ich jahrelang in dem Team gearbeitet habe und auf einmal bin ich mit ganz anderen Menschen zusammen, dann sind wir halt auch bei dem Thema Teambuilding. Und auch da müssen wir erst mal dran und gucken, hey, lass die erst mal sich kennenlernen.

Joel Kaczmarek: Was sind denn deine Werkzeuge, die du über die Jahre festgestellt hast, mit denen sich gut Ängste abbauen lassen?

Nicole Ganserich: Ich persönlich, und das finde ich ganz faszinierend, ich habe vor Jahren schon das Thema der gewaltfreien Kommunikation kennengelernt und auch unzählige Seminare auch dazu besucht und hatte damit immer sehr viele gute Erfolge erzielen können, indem man halt einfach mit den Menschen spricht, indem man guckt, okay, was beschäftigt denn den Menschen? Und das ist komischerweise etwas, was ich in meiner Trainerausbildung zur Kommunikationstrainerin Trainerin gelernt habe. Und dann ist es mir im Squam wieder über die Füße gefallen. Da habe ich gesagt, Mensch, das ist ja super, dass es da sich wiederfindet. Denn genau darum geht es. Es geht um Bedürfnisse des Menschen, es geht um die Gefühle. Und erst wenn diese in der Lage sind, auch klar benannt zu werden, dann kann ich ja auch damit auch arbeiten und auch der Mensch kann damit arbeiten. Und deswegen ist Scrum Master nicht nur das Moderieren von irgendwelchen Events, sondern es geht auch um die Arbeit und um die Reflexion des Einzelnen. und immer wieder drauf zu gucken, hey, was ist es denn gerade, was dich da piekt an der Stelle? Warum glaubst du denn, dass es so ist? Und durch diese ständige Reflexion und dieses ständige Kommunizieren miteinander, da kommt man ganz gut der Sache auf den Grund und kann dann natürlich auch entsprechend Strategien ableiten.

Joel Kaczmarek: Rosenberg ist es, glaube ich, mit der Gewaltfremdung. Ich habe das Buch auch angefangen und komme immer noch nicht durch. Ich-Botschaften, Beobachtung teilen, Gefühle kommunizieren und so weiter. I got you. Genau. Ach ja. Aber gibt es denn Organisationen, von denen du sagen würdest, wenn dies oder jenes bei euch gegeben ist, kann ich euch schon sagen, dass ihr mit Scrum nicht glücklich werdet und dass das für euch nicht das Richtige ist? Also gibt es irgendwie so eine Art Selbsttest, den man machen kann? Scrum für mich geeignet, ja oder nein? Ja.

Nicole Ganserich: Also definitiv muss man immer gucken zunächst, was hast du überhaupt für ein Projekt? Also was ist überhaupt deine Vision? Was willst du überhaupt? Und die Erfahrung, die ich zum Beispiel gemacht habe, wo es immer wieder knirschen wird, ist auch die Sache, was habe ich denn? Also wir ganz viele versuchen auch diese Wir sagen immer Change und Run, diese Themen. Wann ist wirklich Veränderung? Wann willst du wirklich etwas Neues, irgendetwas verändern? Und wo sind es einfach Dinge, die Ich will nicht sagen abgearbeitet, das hört sich negativ an und das ist es nämlich überhaupt nicht. Aber wo sind es einfach Dinge, die am Laufen gehalten werden müssen? Und da wirklich zu gucken. Und bei Run-Themen wird man sich bei Scrum früher oder später einfach die Zähne ausbeißen. Wenn du keine Veränderung hast dann ist das Framework nicht logisch. Und du brauchst also wirklich Veränderungswillen, Veränderungskompetenz, du brauchst Autonomie der Squads, also wirklich auch die dürfen, wie sie das für richtig halten, mit gewissen Einschränkungen, aber ich denke, das versteht sich von alleine, dann kann das wirklich gut funktionieren.

Joel Kaczmarek: Hervorragend. Hast du noch abschließend Tipps, was du Leuten raten würdest, wenn sie das bei sich einführen? Worauf sollten sie achten? Was waren vielleicht auch so typische Fehler, die du gemacht hast? So Do's und Don'ts.

Nicole Ganserich: Mein größter Fehler, viele Fehler sagen, aber was ich tatsächlich gemacht habe, war, dass ich mich auch zu sehr von manchen Büchern habe leiten lassen. Also ich hatte damals noch nicht so viel Austausch. Wir waren nicht so viele Scrum Master, als ich damals dem ersten begegnet bin. Was habe ich mich gefreut? Und ich habe gerade bei den Retrospektiven den Fehler gemacht und habe die Methode als erstes ausgesucht und habe sie dann dem Team übergestülpt. Und das war wirklich nicht gut, sondern auch da geht es immer wieder darum zu beobachten und was passiert gerade in dem Sprint, was macht das Team gerade, womit beschäftigen die sich und die Retrospektive dann auch danach auszurichten. Es muss nicht immer, weiß Gott, wie bunt oder schrill sein oder kreativ sein. Das hilft. Guck dir das Team an. Was hast du da für ein Team sitzen? Wenn das wirklich ein Haufen Verrückter sind, die gerne kreativ rumspinnen, dann ist es genau das Richtige. Hast du aber Leute, die doch etwas zurückhaltender sind, dann pass die Methode bitte dem Team an. Also das finde ich schon sehr, sehr wichtig, dass man immer wieder auf das Team guckt, was man dort betreut. Und was habe ich noch für Tipps? Ich glaube, aus der Erfahrung gesprochen Fangt langsam an und gebt Zeit. Fangt langsam an, lasst es wirken, guckt wirklich immer wieder drauf, iteriert wirklich regelmäßig. Das sind die Dinge, die helfen, dass es auch langfristig dann Erfolg hat. Und sich auch mal einzugestehen, Mensch, da haben wir was gemacht und das war vielleicht nicht so toll. Dann nochmal zurückdrehen und zu sagen, alles klar, komm, dann machen wir es doch jetzt nochmal besser. Und den Mut dazu haben. Mut ist übrigens auch noch ein Wert, hatte ich vorhin vergessen.

Joel Kaczmarek: Ja, den braucht man immer, wenn man sich verändern will. Und das klingt ja nach viel Veränderung, was du hier erzählt hast. Liebe Nicole, hey, vielen Dank. Das war ja irgendwie ein spaßiger, wilder Ritt. Und ich staune auch, du scheinst das ja echt verinnerlicht zu haben, wenn du das so lexikalisch fast schon manchmal erzählen kannst und dann mit Leben füllst, wie ihr das bei euch macht. Also das hat mir viel Spaß gemacht. Und ja, mal gucken, vielleicht legen wir da noch mal was drunter demnächst. Also für den ersten Kick-Off, glaube ich, haben wir viele schon mal ganz viel mitgenommen. Und dafür ganz herzlichen Dank.

Nicole Ganserich: Sehr, sehr gerne. Ja, es war, glaube ich, die Oberfläche, denn da gibt es noch ganz viel unten drunter. Und ja, vielen, vielen lieben Dank. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.