Mit Cooptition mehr Kunden erschließen

15. Januar 2020, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Transform-Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute sprechen wir über was Superspannendes, wie eigentlich immer. Und zwar geht es um das Thema Platform Mindset bzw. Coopetition. Es heißt ja so, bei Transform ist ja der Gedanke, immer ein anderer Akteur aus dem Fisman-Umfeld teilt mit uns sein Wissen zur Digitalisierung dieses großen und erfolgreichen Unternehmens. Und heute wollen wir gucken, wenn man eine Plattform baut. Was bei vielen Geschäftsmodellen mittlerweile ja irgendwie zum Faktor wird. Wie kriege ich es denn eigentlich in meinen Corporate Mindset rein, dass ich vielleicht mit Wettbewerbern kooperieren muss, dass ich über Konnektivitäten nachdenken muss und, und, und. So, und wir machen das heute am Beispiel von IoT, Internet of Things und da ganz konkret am Beispiel Rebuttler. Da habe ich wie immer einen sehr, sehr spannenden Gast bei mir, der sich erstmal vorstellt. Hallo, schön, dass du da bist.

Michael Jüdiges: Ja, hallo Joel, vielen Dank für die Einladung. Mein Name ist Michael Judiges, ich bin Geschäftsführer von WeButler, einem Tochterunternehmen der FISMAN Gruppe, das sich mit dem Thema Digitalisierung, Internet of Things und Plattformen auseinandersetzt und freue mich heute dein Gesprächspartner zu sein.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe schon gemerkt, also du bist hier schon wärmstens willkommen. Beim Reingehen hat er mir schon erklärt, wie ich unseren Studiotisch schallisolieren kann. Also du bist hier richtig Ingenieur mit Haut und Haaren, oder?

Michael Jüdiges: Ja, das ist richtig. Ich habe ursprünglich mal Elektroinstallateur gelernt und dann Energie- und Gebäudetechnik studiert. Komme da so aus dem sehr technischen Bereich und bin mit allem, was mit Technik zu tun hat, extrem begeistert daran.

Joel Kaczmarek: Ich kann das nur bezeugen, wir haben auch gerade schon gelernt, dass es beheizbare Toilettensitze gibt, als wir in unser Büro gegangen sind. Ja, also hier Konnektivität in allen Ebenen werden wir hier haben.

Michael Jüdiges: Braucht man unbedingt.

Joel Kaczmarek: Gut, sag doch mal ein bisschen was zu WeButler. Was ist das für ein Unternehmen? Was macht ihr genau?

Michael Jüdiges: Ja, WeButler ist 2011 im Prinzip entstanden. Ursprünglich waren wir ein Forschungsprojekt in der Fachhochschule Münster aus dem Fachbereich Energie, Gebäude und Umwelttechnik. Und wir haben es uns damals zur Aufgabe gemacht, die zunehmende Digitalisierung und den Fortschritt der IT-Technologie zu nutzen, um auch die Gebäudetechnik zu verbessern. Und sind im Rahmen eines Gründerstipendiums vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als Startup gestartet, ganz klassisch. Damals war der Begriff Startup noch gar nicht so salonfähig wie heute, aber im Prinzip war es das. Und wir haben es uns als Aufgabe gemacht, als Entwicklungsdienstleister zunächst für bestehende Industrieunternehmen aus der Branche, also aus der Gebäudetechnik, die sich mit Heizen, Lüften, Elektrotechnik beschäftigen, deren Produkte mit Kommunikationstechnologien und digitalen Applikationen, Anwendungen, Algorithmen zu verbessern. Das haben wir drei Jahre Jahre sehr erfolgreich gemacht und hatten mehrere verschiedene Projekte und haben dann doch sehr schnell bemerkt, dass die Industrie da doch sehr in ihren eigenen Produktbereichen immer sehr gefangen ist und sich darauf fokussiert und haben dann darauf basierend das Modell WeButler gebaut, also einen offenen Ansatz gewählt, ein Gateway entwickelt, das Produkte verschiedener Hersteller aufeinander abstimmt und in einer Plattform, in einer Applikation zusammenführt.

Joel Kaczmarek: Also man merkt, du kannst richtig was, im Gegensatz zu mir oder dir sonst sitzen. Wir können alle nur schön reden. Bei dir ist richtig technisches Know-how unter der Haube. Jetzt habe ich mich mit dem Thema IoT ein bisschen schon beschäftigt. Wir hatten auch den Josef Brunner schon mal im Podcast bei uns von Relayer. Was ich so gemerkt habe, ist, das ist ja so ein wirkliches Plattform-Game. Also es ist ja wirklich ein Spiel, wo du es schaffen musst, zu so einem Zentrum zu werden und dich viele Parteien quasi akzeptieren als einen Standard. Wie ist euch das gelungen? Wie seid ihr da rangegangen?

Michael Jüdiges: Das erste, was wichtig ist, ist gnadenlose Offenheit. Also man darf keine künstlichen Restriktionen, Barrieren aufbauen, die interessierten Teilnehmern den Zugang zur Plattform verwerten. Das ist erstmal das Wichtige. Und am Ende ist es natürlich auch das Thema technisches Know-how. Man muss die verschiedenen Bedürfnisse der potenziellen Plattformteilnehmer konsolidieren und konsolidieren. Gerade am Anfang, wenn ich mit so einer Plattform starte, die ersten Interessenten habe, die ersten Kunden habe, muss ich wirklich extrem stark in den Dialog mit allen bestehenden Plattform-Teilnehmern gehen und versuchen, eine einheitliche Vision, einheitliches Zielbild zu entwickeln. Und das haben wir am Anfang gemacht und haben wirklich sehr intensiv mit allen Teilnehmern, Partnern da gesprochen und deren Bedürfnisse in dieser Plattform auch berücksichtigen im Aufbau.

Joel Kaczmarek: Ich meine, kannst du vielleicht nochmal so ein bisschen mit ganz simplen Worten zusammenfassen? Wie würdest du zum Beispiel deiner Mutter oder deiner Oma erklären, was du eigentlich machst? Weil ich finde, IoT wird schnell immer so abstrakt. Man hört dann so Gebäudetechnik, die kommunizieren miteinander. Dann hast du so, weiß ich nicht, Predictive Maintenance wird einem manchmal auch ganz schnell entgegengeschmissen. Wie würdest du so mit ganz runtergebrochenen Worten erklären, was du eigentlich tust?

Michael Jüdiges: Ich verbinde die Produkte deines Zuhauses in der Art, dass sie dir Komfort und Energieeffizienz stiften, damit du nachhaltiger und komfortabler leben kannst.

Joel Kaczmarek: Und habt ihr jetzt eine App, dass ich zum Beispiel sage, ich habe eine Rebuttler-App, da steuere ich mein Licht drüber, meine Heizung, meine Rollläden oder wie muss ich mir das vorstellen?

Michael Jüdiges: Genau, die App ist ein wichtiges Instrument, was auch insbesondere für die Inbetriebnahme des Systems notwendig ist, aber auch zur Steuerung verwendet werden kann. Man muss die App nicht verwenden, das heißt, meiner Oma würde ich niemals sagen, dass wir eine App haben. Ich würde es einfach ihr einrichten und würde sagen, hier hast du einen Schalter, damit kannst du deine Heizung bedienen, hier kannst du wie gewöhnlich auch deinen Thermostaten benutzen. Wir müssen ja nicht die Menschen umherziehen, sondern wir müssen die Technologie so nutzen, dass sie eigentlich sich nahtlos und seamless in das Umfeld der Menschen integrieren lassen. Das heißt, meiner Oma würde ich niemals was von der App erzählen, meinem Vater würde ich sagen, das Ganze kannst du jetzt auch per App steuern und deinem Freund beim Skat zeigen, das ist dann die andere Seite davon.

Joel Kaczmarek: Zielgruppengerechte Ansprache sozusagen.

Michael Jüdiges: So ist es, genau.

Joel Kaczmarek: Gut, jetzt sitzt hier ein geneigter Hörer, hört uns zu und sagt sich, okay, hat der Eierkopf nicht am Anfang irgendwie erzählt, es geht um Fisman, was hat denn der Typ jetzt damit zu tun? Beschreib doch mal die Historie deines Unternehmens, weil so wie ich es verfolgt habe, war es ja ein steiniger Weg, den ihr gegangen seid und wie ihr dann quasi in den Fisman-Regionen gelandet seid.

Michael Jüdiges: Ja genau, wir haben dann dieses Gateway entwickelt, den V-Butler, den Home-Server, auf dem die ganzen Produkte kompatibel gemacht wurden und haben dann ein Produktgeschäftsmodell an den Markt gebracht, wo wir einfach Systeme verkaufen wollten. Da wir aber nicht der Hersteller der Produkte und damit auch Erlöse aus dem Verkauf dieser Produkte erzielen konnten, mussten wir schmerzlich erfahren, dass das kein nachhaltiges Geschäftsmodell ist, auf Basis von Produktverkäufen das aufzubauen. Und sind 2017, 2018 in finanzielle Schwierigkeiten mündend in einer Insolvenz gerutscht und haben dann aber unter der Unterstützung oder mit der Unterstützung von Fisman das Ganze auch zu einem Plattformmodell umgebaut. Und das ganz Tolle, was Fisman eigentlich an dieser Stelle geleistet hat, sie haben nicht wie Butler als typische Konzern- oder Unternehmensabteilung integriert. sondern das als unabhängige, autonome Plattform autark weiterlaufen lassen, was uns überhaupt die notwendigen Möglichkeiten, den notwendigen Außenauftritt ermöglicht hat, um das auch als Plattform zu platzieren am Markt.

Joel Kaczmarek: Weil das wäre so meine nächste Frage geworden, wenn du jetzt jemand bist, der Dinge vernetzt, der quasi ein Connector zwischen unterschiedlichen Anbietern und Produkten ist, könnte ich mir vorstellen, in dieser Branche, wo man sich sehr genau beäugt und die da wahrscheinlich dann im Kern auch kleiner ist, als man immer denkt, also jeder kennt sich oder weiß, was der Wettbewerb so tut, wie kriegt man es dahin, dass eine Ownership besteht von einem der Akteure, die man da auf der Plattform hat? Hattest du da nicht irgendwie zu tun mit Nachfragen, Sorgen, Bedenken?

Michael Jüdiges: Ja, selbstverständlich. Also grundsätzlich waren alle skeptisch und Fisman ist ja auch durchaus dafür bekannt gewesen, das ein oder andere Unternehmen schon mal akquiriert zu haben und in den Konzern eingeliefert zu haben. Deswegen war auch da sicherlich die eine oder andere Sorge eines Partners berechtigt und die Anfragen oder Nachfragen bei uns waren natürlich auch durchaus in höherer Zahl da. Wie haben wir das geschafft? Also natürlich muss man in den Dialog gehen. Wir brauchten natürlich auch ein klares Bekenntnis von Fisman dazu, was wir bekommen haben, was sehr wertvoll war. Und natürlich, FISMAN hat noch zu keiner Zeit im Sinne der Plattform diese Gesellschafterkarte so gespielt, dass sie zum Nachteil anderer Partner sind. Und das ist natürlich ein ganz wichtiges Verhalten auch, was uns überhaupt in diese Möglichkeit versetzt, das als Plattform am Markt zu platzieren. Aber sicherlich ist da auch Aufbauarbeit bei neuen oder auch bestehenden Partnern notwendig, um genau dieses Gefühl der offenen Plattform auch weiter zu manifestieren.

Joel Kaczmarek: Und jetzt sitzt vielleicht der eine oder andere da und sagt sich, okay, der hat jetzt eben erzählt, Wismar hat die da quasi aus der Insolvenz gezogen, hat denen geholfen, das zu einem Plattformmodell umzubauen, die verkaufen eigentlich keine Produkte, wie verdient ihr eigentlich eure Kohle?

Michael Jüdiges: Das Geschäftsmodell basiert nicht darauf, Produkte zu verkaufen, weil am Ende haben wir einen Gateway und das Gateway selber hat gar keinen Selbstzweck, sondern das, was eigentlich die Wirtschaft ist, die Software, die da drauf ist. Und genau darüber verdienen wir am Ende des Tages das Geld, weil der Zugang zu der Software oder die Leistung der Zusammenführung von Produkten und Unternehmen über die Software stellt den eigentlichen Gegenwert dar und schafft es so, für die Hersteller der einzelnen Produkte zusätzliche Funktionen zu ihren Produkten zu schaffen und auch damit am Markt anzubieten. Und die Hersteller lizenzieren deswegen den Zugang zu unserer Plattform und können damit dieses Thema Internet of Things auch an uns outsourcen.

Joel Kaczmarek: Gut, also vielleicht kann man ja mal so ein anderes Beispiel nehmen oder korrigiere mich mal, ob ich da richtig denke. Ich denke manchmal an das Thema Elektroautos. Also da tut sich ja zum Beispiel die Autoindustrie ganz schwer, einen Standard zu finden. Welchen Stecker stöpsel ich jetzt eigentlich in das Fahrzeug rein? Und in so einer Richtung verstehe ich euch, dass ihr quasi Standards etabliert, dass ich herstellerübergreifend quasi meine Produkte miteinander vernetzen kann und dass diese Standards quasi von denen eingesetzt werden. Dafür kriegt ihr Geld.

Michael Jüdiges: Genau. Also im Prinzip stellen wir einen Technologie-Stack bereit, an dem sich Partner mit Produkten und digitalen Schnittstellen beteiligen können, die sie nutzen können und dann die gesamte Funktionsvielfalt in ihr Marktangebot integrieren können.

Joel Kaczmarek: Jetzt gibt man ein Gefühl von einem Unternehmen. Wie viele Mitarbeiter seid ihr und was sind so die Profile, mit denen ihr arbeitet?

Michael Jüdiges: Also wir sind 20 Mitarbeiter. Im Kern haben wir drei verschiedene Teams, mit denen wir arbeiten. Das ist einmal ein Entwicklungsteam, ganz klassisch, die dann wirklich die Wertschöpfung in der Software herstellen. Wir haben ein Produktteam, was die Anforderungen, die Applikationen und die Produktanwendungen vorbereitet, konsolidiert und den eigentlichen Use Case am Ende skizziert. Und wir haben ein Vermarktungsteam, das draußen die Partner bei der Vermarktung unserer Technologie oder Anwendung, unserer gemeinschaftlicher Technologie dann unterstützt, indem sie Schulungen anbieten am Markt für Installateure, für Industriepartner, indem sie bei ihnen Betriebnahme unterstützen und so weiter und so fort.

Joel Kaczmarek: Jetzt kannst du ja vielleicht nochmal ausführen, was für Produktwelten vereint ihr denn eigentlich? Also sind das Lichtschalter, sind das Heizungen, sind das Rollläden? Was genau konnektiert ihr eigentlich alles?

Michael Jüdiges: Ja genau, eigentlich alles, was mit der Gebäudetechnik zu tun hat, das sind im Prinzip drei Kernbereiche. Das ist einmal das Thema Sanitär, Heizung und Klimatechnik. Das ist ein großer Bereich, ein ganz elementarer Bereich, weil Sanitär, Heizungs- und Klimatechnik steht ja natürlich auch für Komfort und Energieeffizienz. Auf der anderen Seite ist es das Thema Elektrotechnik, also auch Licht- und Rollladensteuerung und Jalousiesteuerung. Und auf der anderen Seite ist das Thema Sicherheitstechnik und Fassadentechnik im Prinzip, indem ich Fenster, Alarmanlagen entsprechend damit integriere. Und diese drei großen Bereiche führen wir zusammen und machen sie miteinander kompatibel.

Joel Kaczmarek: Gut, also ich lerne, ich kann bei dir auch dann meine sich selbst aufheizende Klobrille quasi konnektieren, den Lichtschalter, die Heizung, also wirklich Full-Spektrum sozusagen. Klingt aber auch tough. Also wie kriegst du sowas denn mit 20 Leuten alles unter ein Software-Dach?

Michael Jüdiges: Also am Ende des Tages müssen wir das natürlich immer ganz eng mit den entsprechenden Ressourcen auch von den Partnern zusammen umsetzen. Wie Badler lebt von der Partnerschaft mit den einzelnen Industriepartnern. Wir können das nicht alles from the stretch alleine heraus entwickeln und sind deswegen immer im ganz intensiven Austausch. Und am Ende, ja, es dauert natürlich auch seine Zeit, aber wir wissen wirklich, wie Gebäudetechnik funktioniert und wie wir die Applikation umsetzen können. Am Ende entwickeln wir ja nicht die Anwendung, sondern wir führen sie nur zusammen.

Joel Kaczmarek: Und mit wie vielen Partnern arbeitet ihr momentan?

Michael Jüdiges: Wir haben zurzeit 26 Partner aus eben genau diesen drei Bereichen.

Joel Kaczmarek: Und kannst du sagen, wie viel Prozent so typischer Haushalte oder Gebäude du damit quasi abdeckst? Sind damit die wesentlichsten Faktoren abgedeckt oder habt ihr noch offene Flanken?

Michael Jüdiges: Die Kernzielgruppe sind typische Ein- und Zweifamilienhäuser. Ja, ganz klassisch. In der Regel sind das Häuser, die natürlich im Privatbesitz sind, Eigentum also. Und damit adressieren wir eigentlich den kompletten Markt.

Joel Kaczmarek: Bist du dann eher B2C-orientiert konsequenterweise oder machst du auch Bürohäuser für, weiß ich nicht, 1200 Personen?

Michael Jüdiges: Nein, nein, wir nennen es Living Spaces, also Wohngebäude. Das sind vorrangig ein und zwei Familienhäuser, aber auch, ich sage mal, Quartiere und Mehrgeschosswohnungsbau. Auch den adressieren wir potenziellerweise. Da ist in der Regel nur das Investitionsvolumen natürlich geringer.

Joel Kaczmarek: Gut, aber da merkt man mal, mit was für taffen Themen du dich so auseinandersetzt. Jetzt interessiert mich ja, was ich ja für andere Hörer gerne nachzeichnen möchte, ist, wenn ich jetzt ein Unternehmen bin, was vielleicht auch schon ein bisschen gediegen ist, was bisher nicht ein Problem damit hatte, mit seinem Wettbewerb zusammenzuarbeiten. Wie bringt man so jemandem nahe, dass er jetzt mit seinem Wettbewerb sogar eine Konnektivität erzeugt?

Michael Jüdiges: Also am Ende muss man ihnen erstmal darüber aufklären, wie überhaupt die aktuelle Marktsituation ist und wie auch die zunehmende Digitalisierung und auch das Thema Internet of Things eigentlich unsere Marktregeln zukünftig verändern wird. Und wir sehen das eigentlich an ganz profanen Beispielen sehr häufig und diese Beispiele muss man einfach den Unternehmen, den potenziellen Partnern auch vor Augen halten, was passiert. Amazon zum Beispiel hat in Tado investiert und baut plötzlich auch Heizkörperregler. Ist damit innerhalb von fünf Jahren von keinem Wettbewerber zu einem direkten Wettbewerber im Kerngeschäft von Ventilherstellern geworden. Oder ein Amazon hat auch in Ring investiert und macht Türsprech- und Türklingelanlagen und ist damit ein direkter Wettbewerber der Elektroindustrie geworden. Und das Thema Internet of Things wird die Marktregeln zukünftig noch dramatischer ändern. Und das muss man einfach den Partnern vor Augen halten. Und es ist für den Mittelstand, für die europäische Industrie aus meiner Sicht, und davon bin ich überzeugt, nur schaffbar zu bewältigen, wenn ich kooperiere und eine Standardisierung in dem Bereich herstelle.

Joel Kaczmarek: Gut, also ich sage mal so als Verkaufsmuster, wie ich aus meinem Sales-Podcast immer lerne, geistige Brandstiftung sozusagen, Angstkulisse. Funktioniert das? Verfängt das?

Michael Jüdiges: Auf jeden Fall, weil, wie gesagt, das ist auch kein Droh-Szenario der Zukunft mehr, sondern es passiert. Google baut Wärmepumpen mittlerweile. Also die amerikanischen, asiatischen Plattformen und Digitalkonzerne, die etablierten, streben zunehmend mehr in das Produktgeschäft jeglicher Couleur.

Joel Kaczmarek: Und was macht das denn mit denen, wenn du die überzeugt bekommen hast? Also die sagen jetzt, okay, ich weiß, ich muss was tun. Wie ist die Zusammenarbeit mit so einem Unternehmen, was bisher vielleicht Partnerschaften hatte, aber ganz klar einen Wettbewerb abgegrenzt hat, was jetzt in so ein Konsolidierungselement geht, also eine Plattform konsolidiert ja, eine Plattform irgendwie konnektiviert auch. Was macht das mit denen?

Michael Jüdiges: Also am Anfang sind sie erstmal sehr interessiert und haben auch gewisse Berührungsängste. Also man muss auch viel Aufklärungsarbeit in den jeweiligen Unternehmen leisten, weil das ist ja auch etwas, was dann wirklich vom Top-Management bis halt zum Fließbandarbeiter irgendwie durchdringen muss und auch die Wichtigkeit verstanden werden muss. Und man merkt über die Dauer und auch der Konfrontation mit eben genau diesen Themen, den Marktthemen, dass man doch zunehmend offener wird und das verändert die Verhaltensweise. Manchmal vielleicht nicht in der ausreichenden Schnelligkeit, aber es verändert die Verhaltensweise auf jeden Fall.

Joel Kaczmarek: Und hält das sozusagen an, also kriegt man die typischerweise in so eine Schleife, dass die sagen, okay, ich erkenne, es gibt Drohpotenziale, ich sollte was tun, da muss ich auch manchmal die ein oder andere Kröte schlucken, mit meinem Wettbewerb zusammenarbeiten, lass uns das anpacken. oder merkst du so, es gibt ja gern mal, finde ich, Leute, die haben so einen Digitalisierungshunger, so eine Begeisterung und dann sagst du denen, was die das de facto kostet, also jetzt gar nicht mal nur so monetär, sondern auch von Prozessen, von Mindset, von was weiß ich und dann flacht bei ganz vielen so die Begeisterungskurve schon wieder ab.

Michael Jüdiges: Ganz klar, das ist auch bei unseren Partnern so. Und der Weg in etwas Unbekanntes, in etwas Zukunftiges, das ist niemals ein Weg, der ganz schnurstracks geradeaus läuft, sondern man muss auch mal den einen oder anderen Irrweg laufen. Auch wir müssen das und mussten das schmerzlich erfahren. Aber am Ende merke ich doch, dass wir immer wieder den richtigen Pfad auch mit den Partnern gemeinsam suchen und dass man auch, wenn man vielleicht mal einen Extrakreis oder eine Extrarunde drehen muss, dass man dann doch wieder auf den Weg zurückfindet, der einen nach vorne bringt. Und das ist vielleicht ein langsames Nach-Vorne-Kommen. Das ist eine langsame Transformation der Branche am Ende des Tages. Wir sprechen ja von der gesamten europäischen Gebäudetechnikindustrie, die wir damit adressieren. Aber es ist ein doch vorwärtsgerichteter Weg, der uns zu dem Ziel führt. Davon bin ich überzeugt.

Joel Kaczmarek: Wenn ich mich richtig entsinne, in meinem Podcast mit Magnus Lambsdorff, der ja so die ganze Leadership-Ausrichtung von FISMAN auch begleitet, fiel so dieses Wort Coopetition. Ist das so ein Stück weit das Mindset, was du zum Beispiel bei FISMAN als deinem wahrscheinlich bedeutendsten Partner wahrnimmst? Vielleicht kannst du ja da mal ein, zwei Sätze dazu sagen. Coopetition

Michael Jüdiges: ist ein ganz wichtiges Leitbild auch von uns, weil wir glauben natürlich, dass Coopetition, das besteht ja aus den Wörtern Kooperation und Competition und wir wissen, dass wir in der Marktbearbeitung die Partner natürlich auch zukünftig weiter Wettbewerber bleiben werden und dass sie in der Marktbearbeitung natürlich auch um die Platzierung ihrer Produkte fighten werden mit allem, was dem klassischen Vertriebler auch zur Verfügung steht. Wir glauben aber, dass im Bereich Technologie und technologischer Fortschritt die Kooperation und die damit einhergehende Standardisierung von bestimmten Themen extrem wichtig ist und auch die notwendigen Wettbewerbsvorteile vor den noch nicht vorhandenen Wettbewerben vielleicht erreicht. Und in der Zusammenführung genau dieser beiden Aspekte glauben wir, dass Coopetition genau der richtige Ansatz ist, der zu zukünftigen Erfolg führt.

Joel Kaczmarek: Vielleicht kann man nochmal spezifizieren, weil unterm Strich, wir reden ja hier eigentlich von technologischer Kooperation und jetzt gar nicht vertriebshafter oder marktübergreifender, sondern ihr macht ja eigentlich ein Technologietool. Ist das vielleicht nochmal so ein bisschen so eine Besonderheit, dass man das vor dem Hintergrund auch sieht, man kooperiert quasi auf einer gemeinsamen Sprache, aber was man mit der Sprache dann tut, ist immer noch so der Individualerfolg?

Michael Jüdiges: Absolut und auch das gibt es ja schon im Markt, das machen wir ja nicht neu. Also wenn ich mir ein Apple-Telefon kaufe, funktionieren da auch Google-Apps drauf und umgekehrt. Das ist ja nichts Unnormales im Bereich der Plattformökonomie, sondern das ist einfach Vielfältigkeit zu schaffen und Opportunities mitzunehmen und das ist genau das, was du skizziert hast. Am Ende genau das machen wir auch.

Joel Kaczmarek: Und wie gehst du mit so einem Partner typischerweise um? Also was sind so deine Tipps und Tricks, um den in ein Machen zu bekommen? Der hat jetzt ein Problem erkannt, du kommst jetzt hier mit der geistigen Brandstiftung um die Ecke, der gibt dir recht, verstanden, ich muss was tun. Wie kriegst du den angezündet? Wie kriegst du den bewegt?

Michael Jüdiges: Grundsätzlich stelle ich immer erst mal drei Fragen einem Partner am Anfang. Wie wichtig ist dir Datenautonomie, also die Daten, die du produzierst mit deinen Produkten, dass sie auch dir gehören? Wie wichtig ist dir Standardisierung im Bereich der Digitalisierung? und wie wichtig ist dir zukunftsfähige Technologie zu haben? In der Regel sagen alle drei Partner, ist mir natürlich wichtig für die Zukunft und für meinen zukünftigen Erfolg im Markt. Dann sage ich, gut, dann haben wir schon mal drei elementare Fragen gestellt, die eigentlich in dem Mindset münden sollten, dass Coopetition für dich das Richtige ist. Und dann erarbeite ich eigentlich in einem ganz einfachen Modell, was FISMA noch sehr erfolgreich macht, eine Internet-of-Things-Strategie für diese Unternehmen und skizziere den Status Quo. Und eine Internet-of-Things-Strategie hat eigentlich immer vier Dimensionen. Es geht einmal um Produkte und Produktevolutionen. Es geht um das Thema Plattformen und Konnektivität. Es geht um digitale Applikationen und Interfaces, also Schnittstellen. Und am Ende geht es auch um Datenmonetarisierung. Und ich arbeite in circa 30-minütigen Gesprächen oder Workshops mit den Partnern eben den Status Quo des Unternehmens im Hinblick auf diese Dimensionen von Internet-auf-Sync-Strategien. und schreibe am Ende immer eigentlich zwei Buchstaben in jede Dimension dran. Und zwar, wie ist gerade die wirtschaftliche Gemengelage? Ist es ein Profit-Center oder ist es ein Cost-Center? Und bei fast allen Industrieherstellern ist unten das Thema Produkte und Systeme natürlich das große Profit-Center. Und alle anderen drei Dimensionen sind reine Cost-Center. Und dann meine Frage, wäre das für dich interessant, wenn eine Technologie dir helfen könnte, das Cost-Center zu reduzieren und deine Funktionsvielfalt für dein Profit-Center so zu erhöhen und dir die Möglichkeit schafft, auch Datenmonetarisierung zu einem Profitcenter zu machen? Wäre das für dich interessant? Und wenn er das mit Ja beantwortet,stelle ich ihm die Wiebertler-Lösung vorund die beantwortet genau die Möglichkeiten,das umzusetzen.

Joel Kaczmarek: Okay, da war jetzt aber ganz viel drin. Also fangen wir vielleicht mal mit dem ersten Faktor an,der ersten Trias-Frage, die du gerade gesagt hast. Du fragst nach Datenautonomie, Standardisierungund zukunftsfähiger Technologie. So, das sind ja ein bisschen rhetorische Fragen. Also sagt ja jeder, ist mir alles wichtig. Wenn man es aber mal durchdekliniert,also Datenautonomie zum Beispiel,besitze ich so etwas überhaupt noch,wenn ich mich auf eine Plattform einlasse?

Michael Jüdiges: Nein, eigentlich nicht, genau, weil man durch den Zugang zu einer Plattform diese Daten halt abgibt. Bei Vibaclar, wir schreiben das Thema Datenautonomie sehr, sehr groß. Das heißt, die Daten, natürlich nicht personenbezogene Daten, sondern Produktdaten, bleiben auch bei uns im Besitz des jeweiligen Herstellers. Das ist ein ganz wichtiges Thema dafür, dass ein Hersteller überhaupt auch im Hinblick auf die Zukunft in die Position versetzt wird, damit mal Geschäftsmodelle zu platzieren. Wenn er sich an andere Plattformen anlockt, die für gewöhnlich am Markt sind, dann wird das eher nicht der Fall sein.

Joel Kaczmarek: Das weckt aber schon erstmal Ressentiments, dass deine Datenhoheit dir ein Stück weit verloren geht. Du gewinnst zwar ganz viel dazu, aber du lässt auch ein bisschen die Hosen runter.

Michael Jüdiges: Ja, am Ende ist das so, genau. Und deswegen ist es für uns ja auch so ein wichtiger Aspekt unserer Plattform, weil wir glauben ja, dass wir diese Plattform für den Mittelstand, für die Industrie bauen und dass die Datenautonomie deswegen ein ganz wichtiger Punkt für den Mittelstand und die Industrie ist, auch wenn sie es vielleicht heute noch nicht wissen, aber zukünftig wird das so sein. Und damit wollen wir uns ganz maßgeblich auch von anderen Marktbegleitern abgrenzen, die vielleicht ähnliche oder etwas anders geartete Plattformen anbieten.

Joel Kaczmarek: Gut, Standardisierung, ein zweiter Punkt, das ist ja, glaube ich, so das Kernitem, worum sich Plattformen eigentlich dreht und zukunftsfähige Technologie eigentlich auch. Aber man muss immer klar festhalten, ihr produziert ja keine Technologie für eure Partner, sondern ihr stellt quasi nur eine Schnittstelle bereit und dann müssen die aber trotzdem noch so digital affin im Kopf sein, dass sie in der Lage sind, das zu zukunftsfähiger Technologie quasi weiterzuentwickeln oder ihre Technologie auf euch aufzubauen.

Michael Jüdiges: Oder halt dritte, die Technologie, die vorhandene, die wir zusammenführen auf unserer Plattform, nutzbar machen. Ganz profanes Beispiel ist zum Beispiel die Wohnungswirtschaft. Die Wohnungswirtschaft ist ja durchaus daran interessant, um ihren Gebäudebestand effizienter zu bewirtschaften, natürlich Schnittstellen zu ihren Produkten und dem aktuellen Status der Substanz der Infrastruktur zu bekommen, weiß aber, dass ich vielleicht 2000 verschiedene Hersteller im Portfolio habe. und gar nicht zu jedem einzelnen eine Schnittstelle aufbauen kann und eigentlich eine standardisierte Schnittstelle brauche, um auf meinen gesamten Gebäudebestand zuzugreifen. Für eine Wohnungswirtschaft wird es niemals zu einem Modell werden, wenn ich singuläre Einzelverbindungen zu verschiedenen Herstellern bauen müsste.

Joel Kaczmarek: Für heute sind wir schon wieder am Ende unseres Podcasts angelangt. Wenn euch das Thema aber noch weiter interessiert, habt ihr die Möglichkeit, euch auf Patreon extra lange Podcasts von uns zu besorgen. Also quasi jeweils einen Directors Cut, der noch einmal 10 bis 20 Prozent länger ist und dementsprechend mehr Inhalt bietet. Patreon schreibt sich wie der Patron, nur mit E dazwischen, also Patreon. Und unter patreon.com slash dekompakt könnt ihr euch für monatlich ein paar Taler besagte extra lange Podcasts klicken. Dort ist dann übrigens auch keine Werbung enthalten, sondern diese wird ans Ende geschnitten. Und auch sonst kommt ihr in den Genuss unterschiedlicher Extra-Inhalte, wie unser Recherchematerial, die Teilnahme an all unseren Gewinnspielen und, und, und. Uns freut es natürlich sehr, wenn wir euch für diese Bonus-Inhalte begeistern können. Ansonsten vielen Dank fürs Zuhören und auf bald.