Wie sich Entscheider von Innovationen überzeugen lassen

3. August 2017, mit Joel KaczmarekChristopher Böhnke

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Digital by Design von Digital Kompakt. Mein Name ist Joel Kazhmarek und ich bin wieder in kreativ kompetenter Begleitung vom guten Christopher. Hallo Christopher.

Christopher Böhnke: Hi Joel, geht's dir gut?

Joel Kaczmarek: Ja, mir geht's gut. Obwohl es regnet in Berlin, wir sind ja hier Land unter. Geht's dir auch gut?

Christopher Böhnke: Ja, kann mich nicht beklagen. Auch ich, trotz des Wetters, voll motiviert und bereit, heute Dinge fliegen zu lassen.

Joel Kaczmarek: Ja, das wird nämlich unser Thema heute werden. Was mir Chris das letzte Mal schon gesagt hatte, war so ein Satz, wie man Hippos fliegen lässt. Das habe ich, glaube ich, auch in der Ankündigung zu unserem Format schon mal gesagt. Und zwar, der Gedanke ist ein bisschen, wir wollen heute darüber sprechen, wie kann ich eigentlich Führungskräfte von Innovationen überzeugen? Wie mache ich das? Wie binde ich die ein? Da geht es ja auch viel um Organisationssteuerung. Darüber reden wir heute und wir fangen mal genau mit diesem Thema an. Beziehungsweise, bevor wir als erstes mal anfangen, stellen wir uns vor mit einem Satz. Das sollten wir mal tun.

Christopher Böhnke: Ja, sehr gerne. Christopher Böhnke, ich bin der Business Design Director von Fjord in Berlin. Das ist ein schöner Titel dafür, dass ich mich darum kümmern darf, das innovationsberatende Geschäft, was wir machen, aus einer betriebswirtschaftlichen Sicht mitzubegleiten und sicherzugehen, dass die Dienstleistungen, die wir uns ausdenken, auch tragbar und von Organisationen umsetzbar sind.

Joel Kaczmarek: Ja, man merkt das, wenn man sich mit Christopher ein bisschen länger unterhält. Das war ja auch irgendwie bei unserem letzten Podcast eigentlich so ein bisschen das Learning. Wie kann man Design teilweise mit Business verknüpfen, dass das nicht immer so diesen Touch hat, das ist so entrückt und die kreativen Spinner. Sondern da steckt Fundament hinter, da stecken Ideen hinter und auch wirklich Konzepte, die Hand und Fuß haben. Und das versuchen wir eigentlich immer wieder mitzugeben und werden dabei übrigens auch freundlich kompetent begleitet von unseren Freunden von Accenture Digital. Heißt Interactive, ne?

Christopher Böhnke: Ja, Accenture Digital da drin. In dieser Babutschka gibt es dann die Accenture Interactive Babutschka und in der Accenture Interactive Babutschka gibt es dann auch Fjord. Also je weiter man da die Figürchen aufmacht, desto mehr sieht man die Familie.

Joel Kaczmarek: Ja, also Spaß beiseite. Man merkt, wir sind heute, da muss man keine noch lachen, wenn das Wetter draußen so trübe ist. Ist schon ein ernst gemeinter Anreiz. Was ich gerade sagen wollte, Accenture unterstützt uns sozusagen hier, indem sie uns auch finanziell mit einem Produktionskostenzuschuss helfen, aber auch wirklich im neutralen, wertigen, inhaltlichen Austausch. Das soll auch mal ganz wertschätzend und dankend erwähnt sein. Da speziell die gute Jacqueline Stöhr und der Rainer Balensiefer, die da wirklich fleißig sich ins Zeug legen. So, back to the topic, wo wir schon über Führungskräfte hier reden. Wir haben gesagt, make hippos fly und es soll um Entscheider gehen. Was ist eigentlich ein Hippo? Fangen wir gleich mal an.

Christopher Böhnke: Ein Hippo ist ein gefährliches Tier. Ein gefährliches Tier für Innovation. Hippo ist eigentlich ein Akronym für High Paid Person Opinion. Das heißt, es geht dabei um das Phänomen, dass in großen Hierarchien, also quasi in fast allen, vor allen Dingen deutschen, österreichischen, schweizerischen Unternehmen, immer noch derjenige, der weiter oben in der Hierarchie sitzt, die Entscheidung trifft darüber, was was gut und was richtig ist. Natürlich trifft er sie nicht allein, aber am Ende des Tages gibt es doch schon oft Situationen, in denen Mitarbeiter das Gefühl haben, dass Entscheidungen mehr auf Meinung basieren, also auf einer Opinion, als tatsächlich auf der Werthaltigkeit dessen, was entschieden wird.

Joel Kaczmarek: Also bei Hippo denke ich dann als erstes immer hier an die Happy Hippos früher aus dem Börschen. So kann man die sich auch ein bisschen vorstellen. War so ein dicker, bisschen knubbeliger Chef, blau mit so dicken Gliedern, der da sitzt und irgendwie die Innovation von außen beäugt. Also ist ja wirklich ein schönes Bild. Also highest paid person und dessen Opinion soll eine Rolle spielen. Also wer kriegt das meiste Cash und was hat der für eine Meinung? Man kennt das ja manchmal. Das ist ja so ein bisschen auch so ein Ja, so ein politisches Spiel. Absolut.

Christopher Böhnke: Unternehmenspolitik. Ich glaube, was wir dabei nicht unter den Tisch fallen lassen sollten, ist, dass Hippos auch sehr gute Eigenschaften haben. Also, dass man nicht nur den Teil betrachtet dessen, dass dort Entscheidungsprozesse basierend auf den Gehältern getroffen werden, sondern auch das Bild des Hippos ist auch ein sehr breites Tier, was auch viele andere Tiere mittragen kann. was auch innerhalb von ungewissen Zeiten ein ganzes Unternehmen, sinnbildlich für die Vögel, die auf dem Rücken vom Hippo sitzen, durch den reißenden Strom führen kann. Ich glaube, heute soll es uns beiden ein bisschen darum gehen, wenn ich sage Hippos fliegen lassen, zu überlegen, wie man diese guten Fähigkeiten im Innovationsprozess nutzen kann, anstatt nur über die Happy Hippos zu sprechen.

Joel Kaczmarek: Ich habe das neulich mit dem guten Gero in unserem Sales-Podcast gehabt. Da meinte er so scherzhaft, da ging es um Preisfindung. Da hat er gesagt, wer sollte entscheiden, wie teuer ein Produkt ist? Und dann hat er gesagt, wenn ich das als CEO entscheide, habe ich eigentlich den ganzheitlichen Blick, weil wenn ich losgehe und frage das Produkt, wie sollte sich der Preis denn sozusagen gestalten, dann sagen die mir, ja, das muss irgendwie aufgehangen sein an unseren tollen Features. Okay, wenn du zum Marketing gehst und fragst, wie sollte denn der Preis sein? Ja, möglichst so, dass wir möglichst viele Leads günstig konvertieren können. Beim Sales ist es sowieso mal variabel, wie der Preis ist, das, was der Kunde hergibt und, und, und. Sein Take-away war eigentlich, man hat ja immer nur so einen gewissen Ausschnitt, wenn man in einer Firma drin ist und einen CEO, also einen Hippo in dem Fall meinetwegen, das kann ja auch ein Manager sein, muss ja gar nicht der oberste Manager sein, hat idealerweise den ganzheitlichen Blick und denkt sozusagen sehr, sehr ganzheitlich. So, gehen wir da mal ganz unverhohlen rein. Wie überzeuge ich denn eigentlich einen Hippo davon, Innovationen zu forcieren, zu fördern?

Christopher Böhnke: Ich glaube, die schöne Antwort ist, dass man dem gestalterischen Prozess einfach folgen kann und Ergebnisse zeigt. In Summe habe ich festgestellt, dass es wesentlich einfacher ist, wenn man innovationstechnisch diesen Weg geht, schnell über Prototypen und echte Ergebnisse und echtes Feedback jemanden zu überzeugen, als einfach versuchen, faktenbasierte Argumente anzuführen. Weil in Summe ist das das, was sie gewohnt sind, dass es zwei Seiten gibt und sie eine politische Entscheidung treffen. Was das Angenehme an dem Gestaltungsprozess mit echten Menschen ist, dass man sich gegen die Worte des Marktes oder die Worte der Nutzer kaum wehren kann. Das heißt, wie überzeuge ich einen Hippo von meinem Ergebnis, weil das ja nicht mehr meine Meinung ist, indem ich den Kunden sprechen lasse, indem ich nicht lange warte, tatsächlich echte Forschung für mein Projekt zu betreiben und sozusagen schon vom Ansatzpunkt des Projektes hinweg nutzerzentriert zu denken. Denn das ist tatsächlich etwas, was man ja auch oft hört. So Urban Legends über die CEOs von Unternehmen, die mal ihre Nichte in ein Fahrzeug durch die Garage von ihrem eigenen Unternehmen haben fahren lassen und die hatte einen unglaublich schlechten Service. und plötzlich wurde man wach und hat gesagt, hey, wir müssen da etwas ändern. Diese Mythen gibt es nicht ohne Grund. Denn die Hippos an sich sind keine dummen Tiere. Ganz im Gegenteil. Sondern es sind Tiere, die man auch davon überzeugen muss, dass es wirklich einen Need gibt und das macht man am besten über nutzerzentriertes Denken.

Joel Kaczmarek: Ich habe neulich mit Katja Nettesheim, mit der ich unseren Medienpodcast mache, haben wir gepodcastet. 15 Wege, wie man Innovationen grandios verkacken kann. Und ein Faktor war so ein bisschen, ich bin ja der Chef, ich weiß ja, wie es geht. Da war so das Argument, naja, Moment mal, Steve Jobs hat ja auch gesagt, wenn ich auf meinen Nutzer gehört hätte, was ich tun soll, dann hätte ich nie das iPhone erfunden. Weil Nutzer sich immer nur das vorstellen können, was gerade präsent ist und nicht die Zukunft. Ist das nicht so ein Risiko, dass wenn du da irgendwie vortrittst und sagst, schauen Sie mal, wir haben eine Nutzerfrage gemacht und so. Ja, ja, ja. Herr Bünke, MAFO, alles schön und gut, aber die Kunden denken noch nicht so weit.

Christopher Böhnke: Genau. Und da triffst du genau den richtigen Zahn. Die MAFO. Also Marktforschung. Genau. Das, was ich gerade gesagt habe, hat wenig damit zu tun, jemandem etwas zu zeigen und zu sagen, magst du das? Tatsächlich nutzerzentriertes Testen funktioniert immer basierend darauf, sich etwas auszudenken und die Leute damit spielen zu lassen und zu beobachten, was passiert. Natürlich hat Steve Jobs nicht gefragt, hey, möchtest du diesen iPod haben oder möchtest du dieses iPhone haben? Was die gemacht haben in der Nutzertesting ist genau das gleiche, was man in jedem guten Innovationsprojekt macht. Man erstellt einen Prototyp und lässt die Leute mal damit spielen und schaut, was sie tun. Man fragt nicht, gefällt dir das? sondern man fragt vor allen Dingen am Anfang des Projektes, wenn man etwas innovationstechnisch tut, fragt man Fragen, die über Umwege zu den Motivationen kommen. Zum Beispiel, man möchte eine neue Lerndienstleistung erstellen für jemanden. Dann frage ich denjenigen nicht, gefällt dir das, was wir aktuell machen auf unserer Lernplattform, sondern ich frage ihn erstmal, warum hast du diesen Beruf gewählt. Dann frage ich ihn über seine Schulzeit, wie das denn wohl war, was ihm da gefallen hat, was ihm später vielleicht im Studium gefallen hat oder nicht. Also es geht vor allen Dingen darum, rauszufinden, wie Leute ticken und wie eine andere valide Lösung ihnen vielleicht ein besseres Ergebnis bringen kann. Und genau das ist die Geschichte vom iPod. Steve Jobs hat nicht gefragt, hey, findest du den iPod toll? Sondern er hat Leute gefragt dazu, wie sie Musik sammeln, was daran wichtig für sie ist. So sind so Dinge entstanden wie die kleinen Bildchen, diese Thumbnails von den Alben, die relativ schnell dann in der nächsten möglichen Version vom iPod auch sichtbar gewesen sind. Dieses Durchflippen und die Art und Weise, wie die da auch stehen, sieht aus wie eine Sammlung von Platten, Platten. Und der Grund ist nicht, dass Leute gesagt haben, oh, ich hätte gerne Platten. Oder man gesagt hat, hier, schau mal, fändest du Platten gut? Sondern die haben Leute beobachtet, wenn man gesagt hat, hey, zeig uns mal deine Musik. Dann sind die durch ein Plattenregal gegangen.

Joel Kaczmarek: Okay, man merkt also, man muss da wirklich um die Ecke denken. Also man kann gar nicht so direkt auf den Kern gehen. Man muss so ein bisschen das Unterbewusstsein antriggern.

Christopher Böhnke: Genau. Und da lass mich kurz den letzten Schluss finden. Nämlich, was der Hippo gewohnt ist, ist Marktforschung, die die Meinung, und jetzt sind wir wieder bei Meinungen, die Meinung der Fachbereiche unterstützt. Marktforschung wird oft gemacht, um zu zeigen, das, was wir da machen, ist richtig. Wohingegen es eigentlich sinnvoller wäre, selbst Marktforschung zu machen und zwar im explorativen Sinne und nicht, wir machen mal ein Survey, wie vielen Leuten das gefällt, was wir uns da vor zwei Jahren ausgedacht haben und dann drehen wir die Statistik so, weil Statistik ist biegbar in die Richtung, dass alle happy sind mit dem Ergebnis und wir nur geringe weitere Verbesserungswege finden. Problem ist nur, das sind halt die Hippos auch ein Stück weit gewohnt, von ihrer Belegschaft mit dieser Art von Fakten gefüttert zu werden. Nicht mit, lasst uns doch mal mit dem Kunden hinsetzen und ein Gespräch führen, was eher offen ist.

Joel Kaczmarek: Was ist denn dann ein geschickter Kommunikationsweg? Also wenn ich wegkomme, eigentlich geht es ja immer so ein bisschen um Messbarkeit von Innovation an der Front auch. Wenn ich davon weg will und eigentlich mehr so, also ich nehme so ein bisschen mit, das ist auch Gefühlsebene ansprechen. Das ist gar nicht mal mehr nur so Ratio, sondern man muss sie manchmal auch ein bisschen aufwecken. Hast du da irgendwie schon Mittel und Wege gefunden und gesehen, wie man sowas geschickt macht, den aus seinen Prozessen, die er kennt, rauszuholen? Also Prototypen hast du ja gerade schon gesagt, wäre ein Weg. Wie geht man da aber am besten vor?

Christopher Böhnke: Es hängt immer so ein bisschen davon ab, welchen Zugang man hat. Du hast ja vorhin schon gesagt, Hippos gibt es auf verschiedenen Ebenen. Man muss herausfinden, kriege ich mal einen Hippo dazu, vielleicht mal mitzukommen zum Kunden. Wir haben unglaublich gute Erfahrungen damit gemacht, Führungsebenen sehr früh im Projekt mitzunehmen, in die Forschung selbst, selber die Interviews teilweise führen zu dürfen, um zu spüren, dass wir es anders machen und dass sie auch da Insights generieren können, die sie nicht per Survey-Frage hätten kriegen können. Ansonsten, was immer sehr gut hilft, und das ist so ein bisschen der alte Trick aus meiner Beraterzeit, ist auch ein Video zu machen von der Forschung und das auf einem iPad hinzugeben. Nie auf einem Laptop, nur auf einem iPad. Dann fühlt sich das auch neu an und wertig. Ich mache jetzt ein bisschen Spaß, aber in Summe glaube ich schon daran, das Bild sprechen zu lassen, aber am Ende darauf zu kommen, hey, du kannst dieses Erlebnis auch mitnehmen an der Stelle. Wenn man später im Projekt jemanden davon überzeugen möchte, dass das sinnvoll war, so wie man es getan hat, dann nimmt man die Leute mit zum User-Testing. Also zu sagen, hey, schau dir mal an, wie die damit umgehen, was wir in dieser kurzen Zeit schaffen können. Weil in Summe, und das ist ja kein großes Geheimnis, wenn du dir mal zum Beispiel alle Systeme anguckst, die in Autos heute Konzerndienstleistungen möglich machen, wird da viel Werbung drum gemacht mit großen Websites und viel Tamtam. Die echten Aktivierungsraten dieser Systeme sind marginal bis verschwindend. Und das ist ein bekanntes Problem. Und die deutsche Wirtschaft geht damit um mit, jetzt müssen wir ja mal hingehen und den Leuten sagen, sie sollen dieses Ding aktivieren. Schult doch jetzt mal alle Verkäufer, dass die dieses Ding aktivieren und fragt die mal, ob die das gut oder schlecht finden. Kriegen die die Antwort, nee, mach ich nicht an, weil ich finde die Dienstleistungen scheiße. Aber das wussten wir ja schon. Also hätte man in diese Zeit auch investieren können, da rein rauszufinden, was würden die Leute denn wollen, anstatt zu versuchen, ein totes Pferd weiterzureiten.

Joel Kaczmarek: Also ich merke, es geht sehr viel eigentlich um Erlebbarmachung. Total.

Christopher Böhnke: Und vor allen Dingen um das Gefühl, jeder hat in so einem Unternehmen eine hohe, hohe Expertise. Wir haben in Deutschland einen wahnsinnigen Expertenkult. Und es gibt tatsächlich hier auch unglaublich viele sehr, sehr gut ausgebildete Menschen. Das Problem ist, dass dieses Hippo, das Opinionating, also diese ganze Meinungsgesellschaft und Politik in Unternehmen, einem gar nicht eingesteht, zu sagen, hey, ich habe jetzt die letzten drei Jahre ein bestimmtes Ding vor mir hergetrieben und habe das gut gemacht. Jetzt kann ich mit dem Fähigkeitsset, was ich habe, mal eine neue Frage so angehen, als wüsste ich das Ergebnis noch nicht. Das darf man anscheinend nicht. Man muss hingehen und die ganze Zeit so tun, als ob man schon alles wüsste und schon alles vorhersehen kann. Und wenn wir davon wegkommen und sagen, wir haben Leute, die sich zum Beispiel unglaublich gut mit CRM-Systemen ausgehen, also Customer Relationship Management Systemen, warum müssen die immer das Gleiche tun? Dürfen die nicht auch dieses Wissen, wie man datengetriebene Personalisierung von Interaktionen darstellt, in anderen Bereichen mit anderen Problemen ausprobieren? Ich verstehe nicht, warum die Leute immer weiter am Fließband des eigenen Unternehmens das gleiche Hämmerchen schlagen müssen, obwohl wir feststellen, dass was vom Fließband runterläuft, will schon lange keiner mehr.

Joel Kaczmarek: Ja, aber ich meine, da hast du ja recht. Gefühlt in der Wahrnehmung ist es ja immer so ein Thema, man hat eine Rolle intus und bleibt auch in dieser Rolle und man appliziert das aber nicht auf Neues.

Christopher Böhnke: Ja.

Joel Kaczmarek: Wie ist das generell? Das passt ja so ein bisschen als Drücke dazu. Es geht ja manchmal um Ego bei solchen Sachen, also auch um sich zeigen zu können und oftmals auch um den Faktor politisches Kapital. Also wenn es um Budget geht, spielt sowas immer eine Rolle. Ist das was, was man aktiv mit einbeziehen sollte, wenn man irgendwie Innovationen befördern will, dass man sowas mit kalkuliert?

Christopher Böhnke: Absolut. Also ich glaube, allen Teams, die mit uns Innovationsprozesse durchmachen, rate ich sehr früh, eine hohe Visibilität des Prozesses bei ihrem Vorgesetzten zu suchen. Denn dadurch, dass so wenige so frei arbeiten und in dieser Geschwindigkeit solche Ergebnisse erzielen, ist das politische Kapital quasi vorher mit einkalkuliert. Das ist auch so ein bisschen in die Richtung, viele von den Kollegen von unseren Kunden fragen mich, hey, wie kann ich dieses sehr hierarchische Verhalten denn durchbrechen? Ganz einfach. macht die Leute erfolgreich. Ein gelungenes Innovationsprojekt, in dem der Chef hinterher zeigen kann, guck mal, was ich gemacht habe, führt direkt dazu, dass er merkt, je mehr ich die Leine locker lasse, desto erfolgreicher werde ich. Das Prinzip einer Führungsperson in einer Hierarchie ist nicht das, was hier anzuprangern ist. Es muss immer jemanden geben, der auch Entscheidungen trifft und Verantwortung übernimmt oder zumindest den Schirm spannt über verschiedene Bereiche und den Überblick behält. Diesenjenigen zu erfolgreich zu machen, funktioniert aber besser, wenn man auf einer Vertrauensbasis zeigt, dass je mehr Spielraum er ihnen gibt, desto bessere Ergebnisse kommen dabei raus. Und am Ende des Tages kriegt er das auf die Schulterklopfen ja dafür, für gute Ergebnisse.

Joel Kaczmarek: Aber ist ja auch nicht so einfach. Also man kennt ja so diese Meetings, wo man immer so einen Dödel hat, der am Ende mal alles nochmal zusammenfasst. Ja, absolut. Weil er dann derjenige ist, der es gesagt hat und denkt dann, es wird ihm irgendwie zugeschrieben. Also das ist ja schon manchmal so ein Hauen und Stechen, wem Innovation am Ende da zugeschrieben wird. Und dann zu sagen, okay, ich gebe das jetzt meinem Vorgesetzten so ganz bereitwillig, würdest du aber trotzdem sagen, macht Sinn.

Christopher Böhnke: Absolut, vor allen Dingen, weil wenn man den Prozess gut dokumentiert, wir haben zum Beispiel mal, das ist auch kein Geheimnis, dürfen wir glaube ich sogar sagen, steht im Audi-Jahresbericht, wir hatten für 100 Tage mal acht Entscheidungsträger von Audi bei uns im Studio und haben den ganzen Prozess gefilmt, komplett. Also wir haben im Prinzip gesagt, hey, wir machen euch kein Innovationskonzept nebenher, neben unserem Projekt, sondern ihr kriegt einen Film mit einem, wie macht man das eigentlich bei Audi. Und es ist unverkennbar, wer in diesem Projekt war. Also da darf sich nachher jeder mit den Federn schmücken, das erlaubt zu haben und dafür Budgets gegeben zu haben und das gerne in die ganze Welt zu tragen. Aber es ist quasi unmöglich daran zur Wahl zu gehen, dass diese acht Jungs da einen super Job gemacht haben und wer das war. Und das merkt man, wenn ein Unternehmen tatsächlich, und ich möchte ja jetzt, wir reden manchmal so ein bisschen so, als wären alle deutschen Unternehmen irgendwo in einer angestaubten Ecke. Es gibt ja viele deutsche Unternehmen und auch in den anderen Ländern gute Unternehmen, die das wertschätzen, wenn man Leistung zeigt. und dementsprechend die Leute dann auch in die Visibilität rückt. Und ich glaube, so ein Unternehmen, was wertschätzt, wenn man echte Erfahrungen einbringt, um ein Ergebnis zu erzielen, ohne sich dabei auf den Schlips getreten zu fühlen, dass man seine eigene Machtposition so ein bisschen angefressen sieht, ist ein gutes Zeichen für ein gesundes Unternehmen.

Joel Kaczmarek: Müssen Innovationen denn eigentlich immer umsatzrelevant sein, damit sowas gelingt? Auch dieses Thema des politischen Kapitals, weil man hat ja manchmal so dieses doesn't move the needle als so neumodischen Satz. Also wenn du ein großer Konzern bist, machst du manche Innovationen vielleicht nicht, weil sie zunächst zu klein wirken oder gar nicht so den großen Impact haben. Also müssen Innovationen immer diesen Umsatzshift mitbringen?

Christopher Böhnke: Nee, ich glaube, Umsatz ist nicht die Kerngröße für mich. Es gibt so ein Prinzip vorhin, das nennt man Leading und Lagging Factors. Also führende Kennzahlen und Kennzahlen, die dem nachrennen. Und das ist auch was, was in Deutschland auf falsch verstanden wird. Profite, Kostensenkungen, das sind alles Sachen, die passieren, weil was anderes passiert. Die passieren nicht von alleine. Dementsprechend, ja, gibt es definitiv eine andere Form von Publicity für bestimmte Innovationsprojekte, weil man annimmt, dass sie die Nadel das eine bisschen weiter nach rechts rücken können und das eine bisschen ist dann gleich mehrere Millionen Euro. Es gibt aber auch viele, viele interne Projekte, die ich kenne, die überhaupt gar nichts mit Profitrelevanz zu tun haben, aber zum Beispiel rein mit Mitarbeiterzufriedenheit und der Durchschlagseffekt dessen, eine Organisation zu haben, die happy ist, weil man zum Beispiel den Arbeitsplatz, die digitalen Zugänge zu den Arbeitsplätzen umgestaltet hat und Prozesse verändert hat. Dieses Mehr an Motivation lässt sich nur schwierig dann direkt auf Umsätze übertragen, je nachdem, was man als Geschäft hat. Nichtsdestotrotz kann man damit eine hohe Visibilität erreichen, weil man im Zweifel jemanden sieht, der über den eigenen, sag ich jetzt mal, Geschäftscampus läuft, dem alle zuwinken und dem alle auf die Schulter klopfen, herzlichen Dank, dass du das für uns gemacht hast. Der hat damit keinen Euro mehr für das Unternehmen verdient, visibel, also es sind nicht Sales durch die Decke gegangen, auf einmal sind alle happy. Ich bin sehr davon überzeugt, dass das nicht nur wesentlich erfüllender für jemanden selbst ist, aber auch gut für die eigene Karriere, so dass dann der Wunsch ist.

Joel Kaczmarek: Musst du es trotzdem aufzeigen, was deine Innovation an Umsatzpotenzial bereithält? Weil man ist ja gewohnt, so zu denken.

Christopher Böhnke: Absolut. Wir weisen das Potenzial einer Idee im Normalfall in einem Dreieck aus. Also wir schauen uns da drei Sachen an. Das Innovationspotenzial ist eine Variable. Das heißt, verteidige ich mich? mit dieser Innovation? Also kann ich damit am Markt weiter mitspielen? Differenziere ich mich? Das heißt, kann ich mit dieser Innovation drei bis fünf Jahre in der Zukunft den Leuten vorne weglaufen? Und dann gibt es diese dritte Sparte Disruption, die ich immer ein bisschen belächeln muss, weil niemand wird disruptiv genannt, während er etwas tut. Man ist erst disruptiv, wenn man etwas kaputt gemacht hat oder neu aufgebaut hat. Niemand hat zu Airbnb gesagt, als sie in den ersten Phasen waren, oh, ihr seid aber disruptiv. Die sind erst disruptiv, weil es funktioniert hat. Aber in diesen drei Kategorien denken wir da. Dann die zweite Achse ist der Impact. Und das ist eher der Impact auf die Sachen, die wir verändern wollen. Wenn wir zum Beispiel für ein Pharmaunternehmen verändern wollen, dass sie mehr Vertrauen bekommen durch die Interaktionen. Da steht dann dahinter auch das Umsatzpotenzial, dadurch durch das Vertrauen. Nichtsdestotrotz ist aber der Leading Factor ein Vertrauensindex. Und den messen wir an verschiedenen Dingen und da setzen wir uns auch quantifizierbare Ziele. Und last but not least ist da die Wahrscheinlichkeit des internen Durchbruchs, das ist meine Lieblingsvariable in diesem Dreieck, die Bewertung dessen, wie viel buy-in, wie viel tatsächlich Commitment kann ich kriegen für eine Idee, wie lange dauert es in der Umsetzung und wie hoch sind die Aufwände. und dann hast du im Prinzip diesen Dreiklang aus, wie weit in die Zukunft bringt uns das was, wie sehr verändern wir Dinge, die hinten raus Sales, Cost Savings und den ganzen Schmischmaschmo beeinflussen, aber auch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es bei uns durchkommt. Und nur wenn du die drei in Einklang bringst, sind Projekte erfolgreich.

Joel Kaczmarek: Was sind denn Teamstrukturen, die man für sowas haben sollte? Also wo das ja ein bisschen drauf hinausläuft ist, passiert Innovation eher bottom-up oder eher top-down? oder wechselt der Prozess vielleicht mal über die Dauer? Was glaubst du, wie man sich da aufstellen sollte oder welche Strukturen da besonders helfen?

Christopher Böhnke: Also auf den ganzen Projekten, die ich jetzt in den zweieinhalb Jahren bei Fjord gemacht habe und auch aus der Zeit davor, als ich noch nicht bei Fjord war und quasi den Innovationsprozess aus einer beratenden Perspektive mitbegleitet habe, kann ich sagen, das Orientieren des Teams um eine Problemstellung, die für einen Menschen passiert, essentiell ist. Das heißt, es hilft nicht zu sagen, Marketing, PR und Produktabteilung machen ein Steering Committee und dann rennt jeder weg und macht sein eigenes Ding und kommt immer wieder mit Ideen zusammen. Das ist unglaublich mühsam. Das befördert Politik. Das befördert das Verhalten ihr und wir. Das befördert ein Neidverhalten, auch wenn einer schneller oder weniger schnell vorankommt. Und die Budgets sind ja dann auch immer. Das heißt, man stellt sich selber unglaublich viele organisatorische Steinchen in den Weg, um überhaupt loslaufen zu können. Und dementsprechend ist das richtige Aufstellen einer Organisation immer basierend darauf, die richtigen Experten, um ein Problem zu organisieren. Das heißt, du kannst sagen, hey, wir möchten das Vertrauen von unseren Patienten für ein verschreibungspflichtiges Medikament erhöhen. Wen brauchen wir denn da? In der alten Welt würde das die Markenabteilung dieses Medikaments machen. In einer innovationsgetriebenen Organisation wären von Anfang an Datenschutzrechtler und Rechtsanwälte dabei. Und dann gucken wir mal, warum wollen wir die denn involvieren? Die sagen ja immer nein. Ja, die sagen immer nur nein, weil die immer erst am Ende drauf gucken dürfen, wenn man fertig ist. Und dann müssen die sagen, hopp oder topp. Und wenn es dann hinterher blöd läuft, dann ist es deren Kopf, der rollt, nicht der vom Fachbereich. Und das ist für mich immer ein schönes Beispiel, um unseren Kunden zu zeigen, hey, ihr müsst die richtigen Leute, ihr müsst das Problem, was ihr anschaut, bewerten. Was wollt ihr da eigentlich verändern? Und da sofort die richtigen Menschen zusammenbringen. Und das ist hierarchiefrei. Da geht es darum, wer weiß da am besten Bescheid.

Joel Kaczmarek: Und beginnt sowas dann eher top-down, also eher oben und wird nach unten kaskadiert? oder ist das was, was teilweise vielleicht eher an der Front, wo man den Kunden Zugang hat?

Christopher Böhnke: Beide Wege. Also ich kann dir, glaube ich, ein ausgewogenes 50-50-Verhältnis bei uns in den Projekten zeigen, wo es teilweise Leute gewesen sind, die auf Sachbearbeiter-Ebene gesagt haben, hey, ich habe hier ein Problem, ich habe aber auch ein Budget und ich möchte das lösen. Und dann haben wir angefangen, den Innovationsprozess so groß zu drehen, weil wir gemerkt haben, das Problem ist so ein wichtiges, dass auf einmal dann bis zum Vorstand selbst mit Fotos nachher beim Ergebnis der CEO höchstpersönlich dabei ist und dann sagt, jetzt übernehme ich diese Fackel und dann, das ist das, was sie mit Hippos fliegen lassen, dann kann der wirklich durch das Unternehmen gehen und den Leuten helfen, noch viel weiter zu kommen. Andersherum haben wir aber auch Projekte, wo der Vorstand selbst sagt, wir haben ein riesiges Problem, wir möchten das auf eine innovative Art und Weise lösen. Ihr habt ein großes, reichweichendes Mandat. Ich bin mir gar nicht sicher, welcher Weg für mich in der ganzen Zeit angenehmer gewesen ist. Ich habe festgestellt, dass es am Anfang wesentlich schneller geht, wenn es bottom-up geht, weil man viel mehr Zugang hat zu Leuten, die sich wirklich auskennen mit den Sachen, die sie sich angucken, ohne vorher zu denken, ja, jetzt kommen da die großen, wichtigen Leute von außen. Also umgekehrt, bei den Top-Down-Projekten muss man erstmal den Leuten zeigen, dass man integrativ problemorientiert arbeitet und nicht einfach nur, sag ich jetzt mal, die Bällebad-Version von Beratung ist, die dann vorbeikommt und spielerisch doch nur das macht, was sie wollen.

Joel Kaczmarek: Wenn du jetzt sagst, ein Faktor in dem Dreieck ist die Wahrscheinlichkeit des internen Durchbruchs, muss man dann, wenn man sowas bottom-up forciert, eigentlich so eine Art von Mehrheitensammlung machen? Muss man erstmal irgendwie sich die Abteilung reinholen, bevor man dann zu so einem Hippo hingeht, ehe man so einen Innovationsprozess startet?

Christopher Böhnke: Ich glaube, was ich festgestellt habe, was am meisten hilft, ist ja, mal zu überlegen, wer sind denn die kritischen Faktoren? Wir Deutschen haben, ich weiß gar nicht, woran das liegt, wir haben ganz viele Industrien, die so funktionieren, es gibt ein Hauptquartier in einer Stadt, wo nicht alle Leute wohnen wollen würden und dann gibt es Märkte auf der Welt und die Märkte haben eigentlich mehr Macht in den Entscheidungsprozessen als das Hauptquartier selbst, weil die sagen, hey, unsere globale Strategie kann ja wohl nicht irgendwie in Pusemuckel entworfen worden sein. Was wir immer tun, ist, sobald wir glauben, wir haben eine Lösung prototypisiert, die eine echte Mehrwert schafft, dann schnell zu sagen, lass uns jetzt mit den Märkten sprechen, lass uns nicht länger warten, lass uns rausfinden, was sind die Märkte, wo das besonders wichtig ist, dass das funktioniert und dann das so adaptieren, dass die dabei sein können. Und in dem Moment wird man so kritisch und relevant für das Gesamtunternehmen, dass der CEO oder der CMO oder wer auch immer ein C vor seinem Namen hat, ein hohes Interesse daran hat, zu verstehen, was passiert da, weil das die, und da geht es ein bisschen zurück auf das, was du vorhin gefragt hast, weil das die Jungs und Mädels sind, die am Ende die Nadel nach rechts schieben. Was im Hauptquartier passiert, ist sehr wichtig, aber wenn die Autos, die Maschinen, die Dienstleistungen in den Ländern auf der Welt, die das große skalierbare Netzwerk dieses meistens ja DAX-notierten Unternehmens ausmachen, dann hilft das Ganze nicht. Nur dann kriegt man eigentlich Traktion.

Joel Kaczmarek: Jetzt gibt es ja da bei den Mitarbeitern so ein neues Ding, das heißt irgendwie Sinnhaftigkeit. Manchmal muss ich meiner Familie auch erklären, bei Mitarbeiterführungen so, nee, das ist nicht mehr so, man wird bezahlt und macht einfach, sondern man muss den Leuten eine Vision geben, was sie tun und ein Verständnis dafür. Wie sehr spielt das da eigentlich eine Rolle für? Weil man kann ja Geschäftsmodelle, genau wie du sagst, in der Zentrale immer entwerfen. Das passt ja genau passend dazu. Aber man muss ja trotzdem auch seine Mitarbeiter dafür abholen. Also es ist ja immer so ein Für und Wider. Hast du da irgendwie schon mal Beobachtung gemacht oder Überlegungen angestellt?

Christopher Böhnke: Absolut. Und ich glaube, es geht nicht nur ums Abholen, sondern es geht in den meisten deutschen Unternehmen darum, ein dringendes Problem zu lösen. Ich habe mal eine Statistik gelesen. Ich glaube, 60 Prozent aller deutschen arbeitenden Menschen haben mental gekündigt. Also sind quasi, wenn man sie fragt, liebst du deinen Job und willst du hier gerne sein, sagen sie, ich mache das hier, weil es mir das Geld gibt. Ich bin hier aber nicht gerne. Ich glaube daran, dass dieses offenere Arbeiten, problembasierte Arbeiten die Leute dazu zurückführt, zu der Frage, warum habe ich diesen Job überhaupt ergriffen? Denn was wir geschafft haben, ist durch unsere Zahlenorientierung, die Leute so weit wegzuführen von ihrem eigenen Arbeitsergebnis, dass es schon gar keinen Spaß mehr macht. Würdest du jeden Tag zur Arbeit gehen, um das Spiel zu spielen? Hey, wie kann ich den Overall Marketing Cost Spend in Südkorea drücken? Das ist eine Aufgabe, da gehört viel Expertise zu, um dieses Ziel zu erreichen. Das ist aber nichts, was man hinterher auf dem Sterbebett seinen Enkeln erzählt. Ich habe 50 Prozent der Cost Savings im Marketingbereich gedrückt. Die Frage ist, was ist der Sinn meiner Arbeit? Und ich glaube, dass dieses Vorgehen, Innovationen darüber zu betreiben, mit den Menschen zu sprechen, die davon profitieren, was man macht, sei das außerhalb des Unternehmens, also der Endkunde, oder sei das innerhalb des Unternehmens, der eigene Kollege, dass das sehr stark dazu führen kann, Menschen zu motivieren und zurückzuführen zu, warum machen wir das eigentlich? Warum tun wir das? Wieso arbeite ich in einem Pharmaunternehmen? Um das Marketing-Spend zu drücken? Ich bin mir relativ sicher, dass das nicht die initiale Motivation gewesen ist an der Universität oder schon im Kindergarten. Und die neuen Organisationsformen, die sehr viel damit zu tun haben, zu vertrauen, brauchen diese Basis des Verständnisses, warum mache ich das? Ich kann jemandem nicht vertrauen, dass er weiß, was er machen soll, wenn er selber gar nicht weiß, wozu, warum mache ich das? Und da gibt es ganz viel tatsächlich auch Wissenschaft dazu, weil das, was wir beide heute besprechen, kann ja so ein bisschen esoterisch klingen, wie Sinnhaftigkeit. zurückbringen, zu den Mitarbeitern Hippos fliegen lassen. Ich kann jedem empfehlen, von einem Herrn, der heißt Lalu, das Buch Reinventing Organizations zu lesen. Da geht es um die verschiedenen Ebenen von Bewusstsein von Menschen über die Jahrhunderte hinweg. Und wir sind mittlerweile in einer Zeit angekommen, wo Menschen Sinnhaftigkeit nicht nur brauchen, sondern das der Kern und Angelpunkt dessen ist, was wir tun. Und dass wir hierarchiefreies Verhalten nur befördern können, wenn man das auch wirklich zum Start bringt. Und ganz einfach gesprochen, glaube ich, meine ich damit, Airbnb ist ein Dollar Service. Aber wenn die Jungs im Callcenter, ich war nämlich letztens auf Kuba, die haben ein 24-Stunden-Notfallprogramm nur für Kuba, weil da wohl eine Menge passiert. Wenn die nicht wüssten, warum sie mit mir interagieren und diesen totalen Fokus darauf hätten, jemandem helfen zu wollen, einen richtig tollen Urlaub zu haben und so wenig Hassle wie möglich mit der Unterbringung. Wenn die das nicht wüssten, dann würden die nicht so mit mir telefonieren, wie sie es tun. Und dann würde das ganze Konzept auseinanderfallen. Weil das eigentlich das Coole an der Plattform ist, dass ich irgendwelche Bildchen sehen kann von irgendwelchen Unterbringungen. Das ist smart und das ist geschäftsmodellseitig clever, clever, clever. Aber der Grund, warum ich es mache, ist, weil ich weiß, ich kriege genau das, was ich da sehe. Und wenn ich es nicht kriege, dann ist da jemand, der mir hilft. Und dieses, da ist jemand, der mir hilft, kann nur funktionieren, wenn die Leute richtig bezahlt werden. Ja, aber vor allen Dingen auch wissen, warum sie es tun. Weil nur dann macht es ihnen Spaß.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, da muss die bestimmt auch hinkommen, wenn man so an die ganzen verbruchten Apartments denkt, die so Airbnb zurückgelassen hat. Aber der Punkt ist, glaube ich, schon verständlich. Jetzt ist, glaube ich, so der letzte Aspekt, über den wir nochmal reden sollten, bei dem ganzen Hippo- und Innovationsthema dann eigentlich Agilität. Also wenn man sagt, das ist irgendwie oft ein Bottom-up-Thema, manchmal ein Top-down-Thema. Es geht darum, irgendwie ein Bewusstsein für die Umsetzbarkeit und die Wahrscheinlichkeit zu kriegen, Impact etc. pp. Dann ist ja die Frage, wie kriege ich meine Organisation agil gesteuert, dass das auch Traction bringt, dass ich da nicht irgendwie versande, dass ich nicht politisiere. Was bedeutet denn eigentlich für dich agil und was ist irgendwie nicht agil?

Christopher Böhnke: Das ist eine sehr gute Frage. Lass mich da mal damit einstellen, ich habe am Wochenende eine Dokumentation über American Football gesehen und festgestellt, dass sie auch teilweise das Wort be more agile nutzen. Im angelsächsischen Bereich bedeutet agile, dass jemand schnell laterale Bewegungen machen kann und agil sich von einem Punkt zum nächsten bewegt. Es heißt aber eher die Flexibilität in welche Richtung. Für uns Deutsche heißt das Wort Agilität in der Konnotation hauptsächlich schnell. Jemand ist agil, wenn er schnell ist. Und damit befeuern wir mit dieser neuen, hochgepriesenen, für Bullshit-Bingoten Herangehensweise. Du kannst ja über Scrum, Product Owner und, und, und, kannst du sprechen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Damit befeuern wir unser Verlangen danach, als Deutsche schnell zu sein. Auf einmal glauben Leute, dass ein einjähriger Entwicklungsprozess im Wasserfallmodell innerhalb von fünf Tagen gelöst werden kann. Also es geht nicht darum, ja, Agilität und agiles Arbeiten ist mit dem Versprechen an den Start zu gegangen, richtige Lösungen auch schneller auszuprobieren und umsetzen zu können. Aber es ist nicht an den Start gegangen, einen einjährigen Prozess in fünf Tagen zu lösen. Und das wird aber heute so ein bisschen so getan, als wäre das so. Vor allen Dingen hier bei uns, weil gesagt wird, ja gut, wenn das andere nicht richtig war, wir Deutschen haben ja gerne recht, wenn das andere nicht richtig war, dann muss das jetzt ja wohl auch bahnbrechend wie der Zauberstab sein. Agilität für mich bedeutet vor allen Dingen eins, in der Lage zu sein und zu bleiben auf der ganzen Fahrt des Prozesses von einem, ich habe eine Problemstellung, ich habe hin zu einer, ich habe eine echte funktionierende Lösung, nicht nur einen Prototypen, sondern eine funktionierende Lösung, immer wieder die Richtung leicht korrigieren zu können, indem ich zulasse, dass durch Testen immer wieder hinterfragt wird, ist das valide? Da haben wir beim letzten Mal schon viel drüber gesprochen. Ist das eine valide Lösung? Und wann wird sie repräsentativ? Wann wird sie wirklich interessant für eine große Menge von Menschen? Das heißt, es geht für mich dabei nicht um schnell, Sondern es geht für mich darum, am Anfang richtig zu verstehen, was ist wirklich das Problem. Ansonsten rennt man nämlich agil mit voller Wucht gegen die Wand. Und da ist nicht fail first, fail fast, fail cheap, alles blub, blub, blub. Wenn man am Anfang keine guten Fragen stellt, dann sollte man sich dieses Mantra bitte nicht auf die Segel schreiben. Zweiter Punkt. Die Agilität dann, wenn man das Problem verstanden hat, liegt darin zuzulassen, Sachen auszuprobieren und Sachen sozusagen zu faken. Zu sagen, hey, ich mache erst mal nur das, was die Leute sehen, das hinten raus baue ich dann, wenn ich weiß, dass es tatsächlich valide ist und schnell zu testen. Agil bedeutet für mich auch, Leuten zu vertrauen, die richtigen Leute zusammenzubringen und zu sagen, wir sind jetzt als Experten-Team an den Start gegangen und jetzt bewegen wir uns zusammen. Wenn jemand eine Lösung für etwas erbringt, muss er das nicht durch Steering-Komitees jagen oder bei einem PMO, was 15 Ebenen über ihm sitzt, anmelden, sondern wir probieren aus, ob das funktioniert, was er macht. Wenn es nicht funktioniert, hat er die Verantwortung, selber zu überlegen, brauche ich Hilfe? Und ein anderes Thema, was ich an Agilität ganz spannend finde, was immer oft unter den Teppich gekehrt wird, Verantwortungsbewusstsein. Bei Entscheidungen zu verstehen, das, was ich jetzt mache, wie viele andere Leute sind davon beeinflusst? Und muss ich jetzt mit denen darüber reden? Nicht erst in Steering-Komitees zu überlegen, oh Gott, was haben wir jetzt gemacht? Haben wir da Interessenskonflikte oder haben wir eine Synergie einfach gehoben aus dem Nichts? Sondern vorher zu verstehen, wer wird davon betroffen sein? Das funktioniert aber nur, wenn ich mich dafür interessiere, was die anderen Leute machen. Also agile Teams haben vor allen Dingen großes Interesse daran, zu sehen, wie die anderen Leute arbeiten und gemeinschaftlich voranzukommen. Das ist für mich Agilität.

Joel Kaczmarek: Hervorragend. Ich glaube, da haben wir ein schönes Bild gewonnen, sowohl von dem Prozess, aber auch das Hippo als Bild, finde ich, ganz ansprechend. Da habe ich gar nicht drüber nachgedacht. Da hast du wirklich recht. Breite Tiere können die Wassermassen abhalten, können andere auf dem Rücken tragen. Fand ich ein schönes Bild. Es sind manchmal träge, das heißt, man muss die manchmal anschieben. Und wenn man die schafft, zum Fliegen zu bewegen, dann kommt sozusagen die ganze Welle in Gang, wenn man so möchte. Und ja, war ein schöner Ritt. Ich danke dir ganz herzlich und freue mich schon aufs nächste Mal.

Christopher Böhnke: Merci.

Joel Kaczmarek: Tschüss. Hey! Hey! Hey!