
5 Herausforderungen, die Hersteller im E-Commerce beachten müssen
18. Januar 2021, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: Ihr Lieben, hier ist Joel von digitalkompakt und diese Folge Händler helfen Händlern wird euch von folgenden großartigen Sponsoren möglich gemacht. Ratenkauf bei Easy Credit, der einfachste Ratenkauf Deutschlands im Onlineshop oder vor Ort im Geschäft. Rokyo, das euch Softwarelösungen für den stationären Handel und den E-Commerce bietet. Und Shopware, einem flexiblen Shopsystem, das die perfekte Lösung für den E-Commerce der Zukunft bereithält. Alle Infos zu unseren erstklassigen Sponsoren findest du in den Shownotes dieses Podcasts. Und nun lasst uns mit einer großartigen Folge starten. Go! Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Händler helfen Händlern. Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Katschmarek und heute der erste Teil einer Doppel-Episode quasi. Wir reden nämlich über die Herausforderungen, die sich stellen, wenn man seine Vertriebskanäle orchestrieren möchte und vor allem auch harmonisieren. Das tun wir in zwei Folgen. In der ersten Folge reden wir über Hersteller und in der zweiten Folge über Händler. Es wird sicherlich Schnittmengen bei beiden geben. Wir werden immer mal hin und her referenzieren. Aber im Kern haben wir für uns festgestellt, dass es doch einen gewissen Unterschied dabei gibt. Wenn ich wir sage, dann ist das natürlich mein geschätzter Gast, die liebe Yara Moltan von Spryker. Hallo Yara.
Yara Moltan: Hallo Joel. Vielen Dank für die Einladung.
Joel Kaczmarek: Bevor wir zu dir kommen und zwei Sätze zu dir sagen, kann man ja mal so ein bisschen Erwartungsmanagement für unsere Hörerinnen und Hörer machen. Also, wir werden heute darüber reden, wie man eigentlich mit neuen digitalen Aktivitäten aktiv wird, ohne das Kerngeschäft zu gefährden. Wir werden natürlich betrachten, wie schaffe ich es, auf die richtigen Pferde zu setzen. Unser drittes großes Thema wird sein, was ist eigentlich der richtige Umgang mit Amazon, bevor dann noch zwei weitere folgen, nämlich erstens, wie kann ich eigentlich online das richtige Pricing wählen und wie vermeide ich interne Kämpfe. So, das mal als unsere fünfpünktige, sozusagen, Agenda heute. Und wir haben uns überall schon daneben geschrieben, Best-Practice- und Worst-Practice-Beispiele. Das heißt, wir werden heute über viele Unternehmen sprechen und dann Beispielen klar machen, was wichtig ist und was vielleicht zu vermeiden ist. So, aber wie angedroht, zu dir. Erzähl mal zwei Sätze, was du bei Spryker machst. Man kennt dich ja sonst eigentlich aus dem E-Tribes-Universum bis dato.
Yara Moltan: Genau, also du hattest ja schon gesagt, ich bin Yara Meutert. Ich war die vergangenen drei Jahre bei eTrips, bin seit dem 1.9. bei Spryker und verantworte da das Thema Business Consulting. Das bedeutet, ich kümmere mich im Prinzip um die nicht technischen Themen rund um die Geschäftsmodelle, die hinter den Spryker-Lösungen stehen.
Joel Kaczmarek: Sehr gut. Und weil ich dich gut kenne und weiß, dass du wirklich immer an der Front bist, bist du heute hier. Das heißt, von dir verspreche ich mir ganz viel Praxis-Know-how, um schon mal Druck aufzubauen. Okay.
Yara Moltan: Mit Druck fühlt es sich ja immer gut.
Joel Kaczmarek: Und wir fangen mal an mit unserer ersten von fünf Herausforderungen, nämlich wie man mit neuen digitalen Aktivitäten vermeidet, sein Kerngeschäft zu gefährden. Vielleicht fangen wir ganz grundsätzlich an. Wieso muss ich eigentlich überhaupt digitalisieren?
Yara Moltan: Genau, das fragen sich, glaube ich, auch viele Hersteller. Zumindest ist das auch eine Frage, die ich persönlich, aber glaube ich auch, glaube ich, auch viele meiner Kollegen und wahrscheinlich auch du, Joel, schon häufiger gehört haben. Ja, warum muss ich digitalisieren und so weiter und so fort? Es ist doch alles so schön. Warum muss man sich bewegen? Eigentlich geht es uns total gut. Und dann sind am Ende im Zweifel doch viele Hersteller überrascht, wie schnell sich so eine Entwicklung dann doch voranschreitet, gerade mit dem ganzen Thema Digitalisierung der Vertriebskanäle. Die Gründe, ich würde das mal so zusammenfassen, ist zum einen, dass der Bereich Kundengewohnheiten, aber auch einfach neue Wettbewerber, die in den Markt hereinrücken. Kundengewohnheiten ändern sich, also man lernt das aus, ich sage da mal, reiferen Branchen, wie zum Beispiel Fashion oder Elektronik, dass Online-Einkaufen sehr, sehr gut einfach funktioniert. Diese Kundengewohnheiten weiten sich auch auf andere industrielle Bereiche. Man hat das jetzt zum Beispiel in der Corona-Zeit ja sehr, sehr gut gesehen, da hieß es ja lange Zeit so, ah, Food & Beverage und so weiter, Lebensmittel online kaufen, das wird sich in Deutschland nicht so schnell durchsetzen. Wir haben hier ein Oligopol verschiedener Supermärkte und so weiter. Und dann während Corona konnte Rewe Online sich gar nicht retten vor Anfragen und die ganzen anderen Kollegen. Also da gibt es einfach immer wieder Elemente, hoffentlich jetzt nicht so häufig sowas wie eine Corona-Krise, die als Beschleuniger dann gesehen werden können im Nachhinein, wie sich Kundengewohnheiten wirklich so in einer Art Revolution verschieben. Aber auch diese Evolution, die langsame, wie es von einer Industrie in die nächste überschwappt, ist einfach ein großes Thema. Und ein Effekt, den ich gerne gezielt nochmal ansprechen würde, ist so dieses Thema ROPO, also Research Online, Purchase Offline. Das ist ja in vielen Branchen auch schon sehr, sehr wichtig, also dass Online im Prinzip als Schaufenster schon ganz aktiv genutzt wird und man den Kauf dann im Endeffekt vielleicht offline macht. Aber das findet sich auch umgekehrt häufig, dass man im Zweifel die Beratung offline mitnimmt, weil die im Zweifel einfach auch noch besser ist, weil das digital noch nicht so abgebildet ist. Und dann die Kaufentscheidung aber nochmal mitnimmt, weil man guckt, kriegt man vielleicht online doch nochmal einen besseren Preis oder nochmal ein anderes Angebot oder ähnliches. Und das wird natürlich auch im Prinzip beschleunigt durch neue Pure Player, die in den Markt eindrücken. Also gehen wir nochmal vielleicht auf eine reifere Branche ein. Zalando war ja hier in Deutschland zumindest einer der ersten, der dieses Thema Online-Fashion besetzt hat und hat dadurch auch natürlich andere, traditionellere Händler, aber natürlich auch Hersteller dazu gezwungen, sich auch mit dem ganzen Bereich online zu beschäftigen und hat so im Prinzip den Stein ins Rollen gebracht, dass Fashion mittlerweile ja einen sehr, sehr hohen Online-Anteil
Joel Kaczmarek: hat. Gut, also wir lernen, die O's in Ropo sind quasi austauschbar und unterm Strich sind es einerseits Kundengewohnheiten, die sich verändern und neue Pure Player, die quasi die Dynamik im Geschäft verändern, weshalb man darüber nachdenken muss. Jetzt ist ja ein Faktor, den man auch öfters hört oder mit dem man sich auseinandersetzt, wenn man in dem Bereich aktiv ist, dieser dreistufige Vertrieb. Magst du das mal so ein Stück weit erklären, was es damit auf sich hat?
Yara Moltan: Genau, also als dreistufigen Vertrieb bezeichnet man auch den indirekten Vertrieb. Das bedeutet einfach, dass ein Hersteller mindestens einen Akteur zwischen sich und dem Endkunden hat. Also klassischerweise wäre das Hersteller, Händler, Endkunde. In manchen Industrien ist es auch so, dass zum Beispiel noch ein Großhändler dazwischen ist oder noch ein Verteilzentrum oder ähnliches oder ein Distributeur. Da gibt es in den verschiedenen Branchen verschiedene Spielarten, aber indirekter Vertrieb oder der dreistufige Vertrieb beschreibt einfach erst mal, dass es noch ein Bindeglied zwischen Hersteller und Kunde gibt. Und daraus ergeben sich auch viele Probleme. Du hattest das ja schon angesprochen, als du quasi unsere erste Herausforderung, über die wir sprechen wollen. Wie schaffe ich es denn als Hersteller, digital mich auszutoben, ohne dabei mein Kerngeschäft zu gefährden? Denn man muss sich das so vorstellen, dass es für Händler der digitale Direktvertrieb eines Herstellers erst mal gar nicht so attraktiv ist. und im Zweifel auch nicht der digitale Vertrieb als solches. Weil wenn wir uns das anschauen, ist es für Händler erst einmal so, dass wenn wir ein regional abgetrenntes Gebiet haben, verschiedene Händler sehr logisch nebeneinander einfach existieren können und einfach eine gewisse Region einen Bedarf dort erfüllen. Und wenn wir dann uns anschauen, okay, jetzt gehen alle regionalen Händler, die ein Produkt vertreiben, online, dann anders. stehen die einfach in direkter Konkurrenz. Weil online ist es jetzt erstmal egal, sitzt der Händler in Kiel oder sitzt der in München. Und das führt im Prinzip eh schon zu einer Zunahme der Konkurrenz, weil auf einmal die ganzen früher regional getrennten Händler miteinander konkurrieren. Und wenn jetzt auch noch die Hersteller anfangen, selber zu verkaufen, dann schärft sich die ganze Situation natürlich erst noch einmal richtig zu. Deswegen ist das für Händler erstmal ein schwieriges Umfeld. Aber da reden wir auch nochmal in unserer nächsten Episode drüber, wie du schon angekündigt hattest, im Detail. Aber auch für Hersteller macht es ist das dann natürlich nicht einfach, weil auch für die Hersteller, die ja ihr Kerngeschäft im dreistufigen Vertrieb dann häufig mit dem Handel machen, wenn sie jetzt quasi dann als Konkurrent zum Handel auftreten, sich natürlich da nicht unbedingt Freunde machen. Und das kann im schlimmsten Fall auch zu einer Ausrüstung führen oder einfach zu einer deutlichen Verschlechterung der Geschäftsbeziehungen. Du hattest schon angesprochen, wir wollen ja auch über Worst- und Best-Practices sprechen. Worst-Practice hört sich immer sehr hart an, aber nichtsdestotrotz, wir haben hier mal gesagt, okay, lass uns mal Vitra angucken, weil Vitra war eigentlich aus dieser Designmöbelhersteller ein Anbieter, der sehr früh das Online-Geschäft besetzen wollte und musste das dann auf die harte Tour lehren, dass es da einfach viel zur Auslistung gab. Man hat sich da mittlerweile geeinigt. Vitra hat auch für andere Designermöbel oder Designermöbelhersteller den Markt ein Stück weit auch geebnet oder im Weg geebnet, wie online und offline in einem durch Händler geprägten Umfeld gut funktionieren kann. Aber nichtsdestotrotz war das natürlich erstmal auch eine harte Schule, durch die Vitra da gehen musste mit der Auslistung.
Joel Kaczmarek: Gut, also ich meine, wir können auch nochmal ein, zwei Sätze über Vitra und den Markt da verlieren, weil wenn wir so Beispiele aus der Praxis rausziehen, ist das ja vielleicht ganz interessant. Also man muss ja dazu sagen, Vitra, wirklich geschichtsträchtiges Unternehmen mit Produkten, die ja teilweise in den 60er Jahren designt wurden, sehr hochpreisig. Sehr anfassintensiv. Also es gibt ja mittlerweile durchaus auch Online-Ansätze. Aber zu dem Zeitpunkt, wo du dieses Szenario, glaube ich, beschreibst, vermutlich noch nicht so viele. Und wenn man sich mal Designmöbel anguckt, ist es ja schon ein bisschen Exotentum in dieser Branche, weil Möbel bis dato eigentlich keine Markenbekanntheit haben. Die meisten Leute sagen, ich kenne irgendwie, weiß ich nicht, Möbelhöfner, Hübner, Ikea, XXL, Lutz und Co. Aber die kennen gar nicht die Hersteller. Bei Vitra ist es halt ein bisschen anders. Wenn man im Designmöbel-Bereich ist, kennt man da durchaus Hersteller. Sowas wie Vitra, Casina und so weiter. Oder USM auch. Und die Situation ist aber, wenn man so ein komplexes Produkt hat, ist man natürlich abhängig von seinem Händlernetzwerk, weil es gibt in Deutschland, glaube ich, so gefühlt fünf Anbieter, die jetzt zum Beispiel Online-Design-Möbel verkaufen. Das heißt, wenn so ein Vitra sich mit solchen Leuten anlegt, sage ich jetzt mal, ohne das vielleicht zu wollen, wenn es da einen Disput gibt, hat das sozusagen einen großen Impact. Also wenn wir das Beispiel nochmal so ein bisschen aufschälen. Was war denn damals bei Vitra so los und was kann man daraus lernen?
Yara Moltan: Genau, also Vitra hat ja, du hattest das ja eben schon gesagt, gerade dieser Bereich Möbel ist ja nicht so markengeprägt, außer wenn wir dann in den Designmöbelbereich schauen. Und Vitra ist ja einer der Hersteller, da gibt es ja auch unterschiedliche Vertriebskonzepte, wie zum Beispiel Rolf Benz oder auch Boconcept, die dann wirklich eigene Läden haben. und nicht komplett auf das Händlernetwerk angewiesen sind. Aber Vitra hatte zu dem Zeitpunkt meines Wissens kein großes stationäres Netz von wirklich Flagship-Stores. Entsprechend ist Vitra wirklich in ihrem Vertriebsmodell von den Partnerschaften mit diesen Händlern abhängig. Und das ist ja auch in sich gegenseitig befruchtbar. gebrauchtendes System, weil die Designhändler haben Vitra im Portfolio und sind damit attraktiv für die Zielgruppe, weil die Zielgruppe möchte ja auch eine gewisse Anzahl an relevanten Designmöbelherstellern aufweisen können. Ansonsten, wenn das alles unbekannte Marken sind, macht das ja mit den Marken als Designerhersteller nicht mehr Sinn. Und für Vitra ist es dann natürlich, oder für den Designmöbelhersteller, ist es dann natürlich aber auch wichtig, bei nur wirklich sehr hochwertigen, exklusiven Händlern gelistet zu sein. Und so hat dieser Markt ja einfach sehr, sehr gut lange funktioniert, dass man in dieser starken Partnerschaft schön gemeinsam wachsen konnte. Es war ein relativ geschlossenes System. Jetzt bricht da einer aus und sagt jetzt, ich mache das jetzt einfach mal online selber und nehme im Zweifel auch noch mehr Marge mit und ich bin ja eh das Zugpferd in deinem Umfeld. Also viele Leute kommen vielleicht auch zu einem Händler wegen Vitra und kaufen dann noch eine schicke Vase oder ähnliches. Und damit verschiebt sich halt einfach das Kräfteverhältnis, was dann einfach, ja, zu dieser Auslistung im Zweifel geführt hat, weil man das Kräfteverhältnis auch wieder ein bisschen umkehren wollte. Aber wie wir eben schon ja gesagt hatten, das hat Vitra ja auch gelöst und daher auch quasi den Weg, wie gesagt, geebnet für andere Hersteller und Branchen.
Joel Kaczmarek: Weißt du, wie sie das gelöst haben?
Yara Moltan: Ja, also wie haben die das gelöst? Ich glaube, das kann man so sagen. Es gab da Vereinbarungen, wie man da im Zweifel mit den Händlern auch enger zusammenarbeitet oder die partizipieren lässt. Und ohne jetzt zu tief in das Händlerumfeld einzutauchen, weil das wollen wir in der nächsten Episode noch im Detail machen, aber da gibt es auch wirklich gute gute Lösung, um Händler sowohl finanziell, aber auch im Zweifel an Daten oder Ähnliches partizipieren zu lassen. Bei den Händlern spielt da aber natürlich auch eine gewisse Eitelkeit mit einher. Und Vitra hat es mit seinen Händlern insbesondere so gelöst, dass man da auf beiden Seiten aufeinander zugegangen ist. Und das ist, glaube ich, auch so ein bisschen der Schlüssel, den wir dann ja auch nochmal im Detail diskutieren wollen, weil man sich dann ein Stück weit dann einfach auf beiden Seiten annähert und nicht die so verhärtete Position hat.
Joel Kaczmarek: Gut, verstanden. Also aufeinander zugehen, Bedürfnisse verstehen und im Zweifelsfall alternative Währungen schaffen, dass wenn man Angst hat vor Umsatzeinbrüchen oder Interessenskonflikten, dass man halt guckt, was können andere Faktoren sein. Haben die Jungs und Mädels aus Weil am Rhein ja dann schlau gelöst. Gut, jetzt fragt man sich natürlich, was bestimmt denn eigentlich meinen Anstrengungsgrad, solche Projekte anzugehen? Also Vitra hat einen Haken hinter, andere vielleicht noch nicht. Wann würdest du sagen, lohnt es sich, diese Schmerzen, diese Reibung einzugehen und was nicht? Also was ist da so das Merkmal?
Yara Moltan: Ja, also generell kann man sagen, es hängt sehr, sehr stark davon ab, wie digitalisiert eine Branche schon ist. Wenn ich jetzt heute als Hersteller in der Fashion-Branche sage, ich mache jetzt meinen eigenen Onlineshop, ist da keiner mehr überrascht. Es ist einfach eine Branche mit einem sehr hohen digitalen Reifegrad. Während ich jetzt vielleicht in einer Branche, die weniger digitalisiert ist, bleiben wir mal in diesem Design-Bereich oder in dem hochpreisigen Segment bei Premium-Uhren. Da haben die wenigsten oder keiner wirklich einen eigenen Online-Shop, weil das sehr niedrigen Reifegrad hat. Und entsprechend ist das, würde ich sagen, so der ausschlaggebendste Faktor, um zu bestimmen, ja, wie anstrengend wird es, wenn ich jetzt als Hersteller, nehmen wir jetzt mal Breitling, morgen sagt, ach, wir machen jetzt mal einen Shop und verkaufen direkt und im Zweifel sogar mit einem besseren Preis, als ihr das in den Fachgeschäften oder als Juweliere tut. Weil das ist ja auch ein sehr schönes, intransparentes Geschäft. Da gibt jeder andere Discounts und so weiter, aber über Pricing will man ja später noch. ein bisschen ausführlicher sprechen. Genau, deswegen, wenn ich jetzt aber doch der Erste bin, der einfach eine Branche zu Beginn zu digitalisieren, weil ich mich als Innovator sehe oder einfach, weil ich glaube, dass ich jetzt anfangen muss, um mir einfach da weitere Vorteile sichern zu können, gibt es auch trotzdem irgendwo verschiedene Möglichkeiten. Man kann zum Beispiel erstmal nicht so wichtigen Märkten testen oder sogar sagen, hey, wir nutzen online, um zu expandieren und um neue Märkte zu erschließen, weil wir das vielleicht bisher uns noch gar nicht leisten konnten, weil die Anstrengung einfach über einen Distributeur oder den Aufbau einer Tochtergesellschaft in einem bestimmten Land zu anstrengend war. und so könnte man sagen, okay, ich gehe auf einen neuen Markt zu. Oder man sagt, okay, ich möchte das jetzt trotzdem austesten, aber gehe erstmal auf eine ganz junge Zielgruppe. Zum Beispiel, wenn wir jetzt beim Thema Breitling bleiben, ich gehe mal auf Keine Ahnung. Die 21- bis 31-Jährigen ist jetzt vielleicht nicht die beste Zielgruppe, wenn es um eine Luxusuhr geht. Aber nichtsdestotrotz könnte man auch so argumentieren. Und wer das zum Beispiel auch sehr, sehr schön macht, ist Hilti. Die haben zum Beispiel mit ihrem digitalen Konzept, sind die insbesondere in Expansionsmärkten erstmal reingegangen, haben dort einfach versucht, über eine schlanke digitale Lösung umzugehen. ein sehr großes regionales Spektrum zu erschließen und haben das auch geschafft, würde ich mal sagen. Oder auch ein schönes Beispiel ist L'Oreal, die einfach eine sehr, sehr große Expertise darin haben, neue Marken zu forcieren und die launchen dann einfach mal eine neue Online-Marke, die dann ein Pure-Player ist. Dann generieren sie viele Learnings in dem Segment und können das dann im Zweifel auch übertragen auf ihre Kernmarken. Das würde ich jetzt mal sagen, sind so die Kernbeispiele.
Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, alleine wenn ich so deine Listen mir angucke, da gibt es ja, glaube ich, einige. Also vielleicht auch ganz aktuelles Beispiel, gerade Oetker, was ja damals auch mit Durstexpress an den Start gegangen ist. Fairerweise gekopikettet jetzt von Flaschenpost, die man jetzt auch dazu gekauft hat. Wobei ich nicht glaube, dass Durstexpress jetzt brutal schlecht lief, sondern dass man wahrscheinlich einfach sich die Marktchancen irgendwie ausgerechnet hat. Was passiert, wenn ich beide zusammenlege? Wie viel Ownership kann ich irgendwie hinkriegen? Ob das nicht so schlauer ist, sowas zu verbinden, anstatt so ein, ja, wie sagt man im Militär, zu solchen Kämpfen, wo man so nur Reibungsverluste hat, ne? Gibt's ja da.
Yara Moltan: Also ja genau, man hat eigentlich so eine Allianz geschlossen. Das kann man ja auch. ganz interessanter Aspekt oder ähnlich gelagert, war ja auch vermutlich der Zusammenschluss zu ShareNow von Car2Go und DriveNow, die dadurch einfach gewisse Synergien jetzt in der ganzen Wertschöpfung nutzen könnten und sich auch natürlich damit stärker platzieren gegen neuere Carsharing-Angebote wie Miles oder auch Sixchair.
Joel Kaczmarek: Gut, also erste Herausforderung durchgesprochen, wie man mit neuen digitalen Aktivitäten das Kerngeschäft nicht gefährdet. Zweite Herausforderung, auf die richtigen Pferde setzen. Vielleicht fangen wir mal an, indem wir auseinandernehmen, welche Kanäle es eigentlich gibt. Welche siehst du da?
Yara Moltan: Genau, also ich unterteile das immer gerne in vier verschiedene Kanäle, den Bereich, sag ich mal, E-Commerce oder digitale Vertriebskanäle, das ist eigentlich Einmal, worüber wir ja eben schon etwas ausführlicher gesprochen haben, der digitale Direktvertrieb. Das ist auf der zweiten Säule quasi wirklich Online-Händler. Im dritten Spektrum der Bereiche Marktplatz, Online-Marktplätze und dann würde ich noch alles Mögliche so unter Sonstiges zusammenfassen. Das könnte so etwas sein wie digitale Tender, wie es zum Beispiel auch im B2B relativ üblich ist. Das können Mietmodelle sein. Wir hatten eben schon kurz Chanel angesprochen. Das kann so etwas sein wie Product as a Service, wie zum Beispiel HelloFresh. Und wenn man sich das nochmal im Detail ein bisschen besser anguckt, also der digitale Direktvertrieb, wir hatten eben ja schon ein paar Beispiele, wie das Vitra gemacht hat, also quasi mit dem Launch einer eigenen Website. Auch eine Best Practice, die man da ansprechen kann, ist Captain & Son, die zum Beispiel sehr, sehr stark mit diesem Community-Focus als USP gestartet sind oder auch so Content fokussiert, sehr, sehr viel auf diesen Bereich Inspiration gesetzt haben und dann im Prinzip erst angefangen haben, verschiedene Online-Händler zu bedienen. Und wenn wir jetzt im Bereich Fashion bleiben, wenn wir an Online-Händler denken, könnte man zum Beispiel About You oder Zalando anführen, also ein Platzhirsch im Bereich Online-Händler, weil man da in vielen Branchen beobachten kann, dass es nicht eigentlich die stationären großen Händler sind, die unbedingt online sich dann ausbreiten. Man könnte ja jetzt auch denken, zehn Jahre zurückgedacht, wo hat man da Kleidung gekauft? Ich wahrscheinlich, oder sagen wir mal 15, sonst ist es peinlich, bei Karstadt und Picken-Kloppenburg, die spielen da ja nicht mit. Der einzige wirklich stationäre Händler, der das sehr, sehr gut geschafft hat, ist eigentlich Bräuniger, wenn wir jetzt in dem Fashion-Umfeld bleiben. Und nichtsdestotrotz sieht man das in vielen anderen Branchen auch, dass sich eigentlich eher neue Online-Händler den Markt besetzen, anstatt dass die Koryphäen aus dem stationären Geschäft dort eigentlich starten, ihren Machtbereich im Prinzip abzustecken. Und genau, Marktplätze ist das Erste, was wahrscheinlich immer einfällt. Amazon, es gibt aber auch Gerade wenn wir in Richtung B2B gucken, riesige Anbieter wie zum Beispiel Mercateo oder auch wenn man jetzt ein bisschen spezieller guckt, also eher einen Nischenmarktplatz, könnte man zum Beispiel auch Collex nennen, die sich auf die Beschaffung von Getränken für Betreiber von Bars, Restaurants und Hotels im Prinzip spezialisiert haben.
Joel Kaczmarek: Und Mercateo ist Leipzig, ne? Leipziger Unternehmen mit so einer Einkaufsplattform.
Yara Moltan: Genau, das ist eine riesige Einkaufsplattform, bei der wirklich viele Unternehmen einfach ihre Beschaffung drüber platzieren. Und im Gegensatz zu Amazon auch nochmal ganz anders aufgestellt, sowohl was die Nutzerführung angeht und ich würde sagen etwas traditioneller, aber ist auch einfach schon sehr, sehr lange am Markt. Also man denkt ja immer so, oh Amazon ist so der, der hier in Deutschland das Geschäft evolutioniert hat, wenn man an Marktplätze denkt. Mercateo ist aber in Deutschland schon viel länger erfolgreich im Bad B2B, deswegen ist es auch weniger Menschen vermutlich ein Begriff.
Joel Kaczmarek: Gut, also nochmal zusammengefasst, digitaler Direktvertrieb mit deinem Beispiel Captain & Son oder auch Vitra, was wir vorhin hatten, Online-Händler wie About You oder Zalando, wobei die ja auch teilweise in Richtung Marktplatz jetzt gehen, wo man dann sowas hätte wie Amazon oder deine Beispiele Mercateo und Collex oder was du eben unter Sonstiges verpackt hast, würde ich nochmal ganz kurz nachfragen. Was war denn mit dem ersten Punkt gemeint? Du hast gesagt digitale Tender. Also ich kenne Tender von einer Lokomotive, die die Kohle hinterher zieht oder von Elvis, der sagt Love Me Tender. Aber was meinst du mit solchen Modellen?
Yara Moltan: Also digitale Tender, das kennt man wahrscheinlich stärker aus dem B2B-Segment. Das ist auch insbesondere in der Automobilindustrie relativ verbreitet. Man kann sich das jetzt im Prinzip so vorstellen, bleiben wir mal bei ShareNow, bei BMW zum Beispiel, die schreiben ein gewisses Teil aus, was sie für eine neue Linie beschaffen wollen oder für einen gewissen Zeitraum und sagen dann, okay, wir haben hier fünf Standardlieferanten, die wurden von unserem Einkauf freigegeben und die sind bei uns gelistet und bei denen dürfen wir theoretisch dieses Teil kaufen, weil die auch unsere Qualitätsanforderungen und so weiter erfüllen können. Und dann ist es zum Beispiel in der Automobilindustrie so, dass es so ein bisschen ist wie so eine negative Ebay-Versteigerung, nämlich es gibt einen Einstiegspreis und dann bieten sich die verschiedenen Anbieter, die im Prinzip zu diesem Tender zugelassen sind, runter. Häufig gibt es das auch, wenn man über die zum Beispiel Ausschreibung von einem Logistikpartner oder so sprechen würde. und dann gibt es einfach bestimmte Kriterien, die zu Beginn festgehalten werden. Man startet mit einer Longlist, kürzt sie dann entsprechend runter in einer Vorauswahl und dann sucht man quasi in Form eines Tenders, der dann entweder digitalisiert oder nicht digitalisiert stattfinden kann, den besten Partner aus dieser Shortlist heraus.
Joel Kaczmarek: Okay, also so umgedrehte Auktionen, wo man eigentlich immer, also ich bin ja nicht so ein Fan von, hat man immer adverse Selektionen und so, aber gut, anyway, verstanden. Jetzt hast du diese vier Kanäle aufgezählt. und nun frage ich mich natürlich, wenn ich Hersteller bin, wie gehe ich denn bei der Auswahl vor? Welche ich bediene, welche nicht und wie ich sie bediene?
Yara Moltan: Genau, also das Einfachste wäre natürlich zu sagen, am besten alle, damit man nicht so abhängig ist. Also sich auf einen Vertriebskanal zu stützen, kann ja immer schmerzhaft sein. Siehe auch das Beispiel von Vitra. Wenn du nur einen Vertriebskanal hast, bist du natürlich von dem in gewisser Weise sehr abhängig. Deswegen würde ich generell erstmal sagen, es macht schon häufig auch Sinn, alle Vertriebskanäle zu bespielen. Das muss aber auch natürlich logisch irgendwie nochmal bei jedem Hersteller geprüft werden und ist auch sehr, sehr abhängig davon, in welchem Marktumfeld und auch in welcher Branche wir uns begeben. Und jetzt haben aber natürlich die meisten Hersteller die Herausforderung, das ist erstmal relativ neu und auch so hat man natürlich immer eine gewisse Knappheit von Ressourcen, von Budgets und so weiter. Und da sollte man sich auch keine Illusion machen, dass so ein Einstieg in digitale Vertriebskanäle auch immer erstmal mit hohen Kosten im Zweifel verbunden ist. weil man gegebenenfalls neue Personen heiern muss. Man braucht Agentur- oder Beratungsunterstützung, weil das sehr fremd ist vom Kerngeschäft und man die Fachkenntnisse noch gar nicht hat. Man hat im Zweifel Kosten, wenn man erstmal gewisse Teile der Wertschöpfungskette auslagern muss, wie zum Beispiel an einen Dienstleister, weil ich logistisch eher auf LKW-Ladungen eingestellt bin, als auf Einzelversand von Paketen an den Endkunden. Das vielleicht erstmal kurz vorweg gesagt. Deine Frage war ja aber eigentlich, wie gehe ich denn vor? Also wir bewegen uns in dem Umfeld der Idee, dass wir gewisse Knappheit haben und eine Priorisierung vornehmen müssen. Und wir hatten ja vorhin schon darüber gesprochen, wie macht es denn eigentlich Sinn, anzufangen, einen digitalen Markt zu bespielen, wenn ich jetzt nicht unbedingt den größten Konflikt möchte. Also das ist zum Beispiel ein erster Punkt, dass man sagen könnte, bewege ich mich in einem Marktumfeld, wo ein hohes Konfliktpotenzial besteht. Dann könnte man als erstes schon mal so im Ausschlussverfahren sagen, okay, mache ich doch mal Direktvertrieb, aber irgendwo in einem nicht so wichtigen Markt. Oder ich sage, hey, ich habe hier super starke Online-Händler, die den Markt schon ganz gut bespielen. Für mich, um erste Erfahrungen zu sammeln als Hersteller, starte ich doch erstmal damit. Also das ist erstmal so, würde ich sagen, so logischer Ausschluss. Wenn man jetzt so aber nicht weiterkommt, weil irgendwie noch entweder gar nichts da ist oder alles trotzdem irgendwie Sinn machen würde, würde ich da empfehlen, sich erstmal anzugucken, wer sind denn unsere Kunden als Hersteller? Was haben die so für Bedürfnisse? Wie kann ich die eigentlich segmentieren? Also zum Beispiel, wenn wir mal in den DIY-Bereich reingucken, hat das Fischer zum Beispiel sehr gut gemacht. Die haben ein ganz klares Segment für Handwerker und ein ganz klares Segment und auch digitalen Vertriebsweg für Heimwerker. So kann man das zum Beispiel schon mal ganz gut trennen. Aber natürlich gibt es dann auch innerhalb dieser Gruppen verschiedene Subpersonas, will ich das jetzt einfach. mal nennen. Und die haben alle unterschiedliche Bedürfnisse. Also wenn wir jetzt mal zum Beispiel bei den Heimwerkern bleiben, ich bin glaube ich persönlich eher so ein ganz schlechter Heimwerker, dem es auch reicht, wenn das Regal irgendwie hält. Dann gibt es natürlich den ambitionierten Heimwerker, zum Beispiel einer meiner Grundschulfreunde, der Hauke, der gießt dann sich vorher irgendwelche Betonplatten als Hilfsmittel für das, was er eigentlich bauen möchte und so weiter. Also da gibt es ja auch ein sehr, sehr breites Spektrum. Und der Hauke und ich haben bei unserem Heimwerkerkauf einfach komplett unterschiedliche Bedürfnisse. Ich ich brauche ganz viel Beratung, ich will mich damit nicht beschäftigen. Am liebsten hätte ich sogar jemanden, der es für mich macht. Da bin ich dann im Zweifel zu geizig oder ich finde niemanden oder irgendwas. Während Hauke lieber möchte, dass er dadurch einen kompletten Prozess durchgeführt wird und so weiter. Und auf Basis dieser Kundengruppen kann man ja natürlich sagen, ich habe das ja eben schon beschrieben mit den verschiedenen Bedürfnissen, die wir haben, okay, wie sieht denn deren Customer Journey aus? und wo ist zum Beispiel eine Nische, in der wir A, möglichst viel lernen können, aber in der wir B, auch schnell etwas vertesten können. Also nicht sechs Jahre entwickeln, um dann festzustellen, oh, fliegt ja doch nicht. Deswegen ist das ganz wichtig dann zu verstehen von dieser Kundengruppe, die man als sehr attraktiv findet, wo ist im Markt vielleicht ein unbefriedigtes Bedürfnis? und wie kann ich das im Zweifelshersteller besetzen? Und dann kann man sich natürlich auch noch angucken, okay, ich habe jetzt hier diese verschiedenen Kanäle und welcher dieser vier Kanäle, die wir beschrieben haben oder der vier Säulen, wäre denn besonders gut, um diese Nische zu schließen? Ist das im Zweifel ein Online-Händler? Ist das mein Direktkonzept? Ist das was ganz Neues? Also wir hatten es ja eben schon von HelloFresh, Product as a Service oder das, was ich sagte, ich möchte eigentlich jemanden, der das für mich macht. Ich will mich gar nicht um die Schraube selber kümmern. Deshalb kann man eventuell auch in solche Richtungen denken, um auch sich als Unternehmen etwas breiter aufzustellen.
Joel Kaczmarek: Und ich meine, der typische Faktor ist ja sonst eigentlich auch so das Thema Customer Journey. Ist das auch ein Punkt, den man sich sozusagen an dieser Stelle schon vielfach vorstellen sollte, um dann zu entscheiden, welchen Kanal ich mache? oder würdest du erst mal vertesten sozusagen, mehreres starten und dann gucken oder vorher überlegen und dann auswählen, je nachdem, was für dich passt?
Yara Moltan: Also ich würde schon empfehlen, sich auf Basis der verschiedenen Personas, die man dann so definiert hat und auch als attraktiv bewertet hat, zu gucken, wie sieht deren Customer Journey aus. Also gestartet von, wo nehmen die überhaupt wahr, dass ein bestimmtes Bedürfnis da ist? Über welche Produkte kommen eventuell in Frage, um dieses Bedürfnis, was ich habe, zu lösen? Dann, wo findet im Zweifel der eigentliche Kauf statt? Wie nutzen die es dann? Und dann auch, sind das eher loyale Kunden oder nicht loyale Kunden? Und man diesen Funnel oder diese Customer Journey, wie du eben schon so gut gesagt hast, einmal nochmal aufzuzeichnen. Und da gibt es sicherlich verschiedene Lücken, die man einfach besetzen kann, über all diese verschiedene Kanäle. Und ein wichtiger Aspekt aber auch in diesem Zusammenhang ist dann natürlich, kann ich als Hersteller überhaupt auch diese Kanäle komplett beeinflussen? Bei einem Marktplatz zum Beispiel kann ich das im Zweifel nicht. Auf einen Online-Händler habe ich auch nur ein gewisses Maß an Einfluss. Während eine neue Product-as-a-Service-Lösung zum Beispiel oder auch meinen eigenen Online-Shop, da habe ich natürlich viel mehr Freiheiten. Und das hängt dann also auch sehr, sehr stark damit zusammen, wie viel A möchte ich investieren, wie innovativ bin ich vielleicht auch als Unternehmen oder auch wie mutig einfach. Also einen Online-Händler damit zu starten, ist natürlich A einfacher häufig und B auch mit weniger Kosten und Risiko ein Stück weit verbunden.
Joel Kaczmarek: Vielleicht muss ich die Frage auch nochmal zuspitzen oder wäre sie schlauer gewesen, wenn ich sie so gefragt hätte. Wenn man sich die Personas anguckt und ihre Customer Journey, müsste die Frage eigentlich lauten, welche Lösung bietet denn welcher Kanal, um diese Personas zu bedienen?
Yara Moltan: Finde ich auch gut. Also welche Persona Wird auf welchem Kanal gut bedient? Das kann man jetzt sehr überspitzt beantworten, das tue ich jetzt auch mal, aber mit dem kleinen Disclaimer, das gilt natürlich nicht für jeden Kanal und auch nicht für jede Branche. Aber wenn man das jetzt wirklich so überzeichnen würde, würde ich sagen, in dem digitalen Direktvertrieb kauft eher jemand, der sehr loyal zu dieser Brand ist. Der hat im Zweifel auch einen hohen Informationsbedarf, weil er viel herausfinden möchte. Er ist bereit, sich mit dem Produkt oder auch mit der Marke ausführlich zu beschäftigen. Also es geht hier eher auch um Produkte oder Services mit einem hohen Involvement. Also das ist mir wichtig. Ich bin ein Käufer, der hier einfach investiert und im Zweifel auch schon gewisse Präferenzen mitbringt. Preis ist nicht so wichtig, weil ich einfach schon ein sehr educated Buyer bin. Das würde ich jetzt mal so ganz pauschalisiert sagen über den digitalen Direktvertrieb. Wenn wir uns Online-Händler angucken, brauche ich im Zweifel auch eine gewisse Form der Beratung. Vielleicht suche ich auch Inspiration, wenn wir an Fashion denken. Vielleicht ist mein Bedürfnis auch noch nicht so klar ausgestaltet. Ich möchte verschiedene Vergleichsmöglichkeiten haben. Das kann sein Preislastungsverhältnis, das kann sein der gewisse Scope, den ein Produkt irgendwie bietet, das Service-Portfolio oder ähnliches. Also ich habe auch ein Beratungsbedürfnis als Kunde und im Zweifel bin ich auch schon ein bisschen preissensitiver, weil ich hier einfach viel vergleichen möchte. Und eine gewisse Neutralität, was die Markenauswahl im Zweifel auch mitbringt. Wenn wir uns auf Marktplätze dann stürzen, da ist ja immer so die These, die ich auch ein Stück weit stützen würde. Die Produktwahl findet dort in der Regel immer vor der Händlerwahl statt. Also auch wenn wir uns im Amazon-Kontext, aber auch auf vielen anderen Marktplätzen bewegen, ist es ja so, dass gar nicht so klar ist, bei wem man da einfach kauft. Ist es jetzt Amazon direkt? Ist es ein Unternehmensmarkt? unabhängiger Händler auf Amazon? und wer dieser Händler ist, interessiert mich im Zweifel gar nicht. Also da könnte man sagen, auf Marktplätzen kaufen, pauschalisiert eher Leute mit einer hohen Preissensibilität. Es geht darum, den besten Deal zu machen. Im Zweifel habe ich mich vielleicht auch offline oder auf anderen Seiten schon ein bisschen informiert. Also ich habe hier ein sehr klares Bedürfnis, aber auch ein hohes Bedürfnis, den besten Preis im Prinzip. Oder das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Und dieser Bereich Sonstiges ist eigentlich so der, der vermutlich auch sehr viel Spaß macht für viele Hersteller, weil man sich aus diesen, sag ich mal, pauschalisierten Bedürfnissen ein bisschen rauszieht. Also hier kann man wirklich ganz kreativ werden und sagen, ich schaffe ein neues Bedürfnis. Vielleicht eins, was es bisher noch gar nicht gab. Zum Beispiel wusste man, wenn wir bei unserem HelloFresh Beispiel bleiben, wusste ich, dass vor zehn Jahren, dass es doch eigentlich viel toller wäre, wenn ich auch die Kräuter abgepackt zu meinem gewissen Gericht schon bekomme und dazu auch eine Anleitung, auch wenn ich vielleicht zwölf Kochbücher habe, wo ich eh noch nicht alles gekocht habe. Nein, wusste ich nicht. Da wurde ein neues Bedürfnis geschaffen. Und das ist eigentlich, sage ich mal, warum diese Säule Sonstiges, wie wir sie jetzt hier etabliert haben, sehr viel Spaß machen kann, aber auch natürlich mit einem hohen Risiko verbunden ist.
Joel Kaczmarek: Du hast ja vorhin eigentlich auch schon quasi unsere dritte Herausforderung anmoderiert, indem du gesagt hast, welche Lösung kann ich eigentlich quasi überhaupt beeinflussen oder welchen Kanal kann ich eigentlich direkt beeinflussen. Das gibt ja eine schöne Brücke zur dritten Herausforderung, nämlich der Umgang mit Amazon. Vielleicht kannst du da vielen Herstellern, die jetzt zuhören, einfach mal die unterschiedlichen Modelle ganz kurz skizzieren und dann können wir mal darauf eingehen, was welchen Vorteil und welchen Nachteil hat.
Yara Moltan: Genau, also Amazon, sage ich mal so als Repräsentant verschiedenster offener Marktplätze, aber Amazon ist einfach das Beispiel, mit dem sich die meisten Leute identifizieren können und was man ja auch aus dem privaten Umfeld in der Regel kennt. Also bei Amazon, aber auch bei vielen anderen Marktplätzen unterscheidet man eigentlich zwischen einem Retail-Arm und dem klassischen Marktplatz-Arm. Bei Amazon nennt sich dann das Vendor-Modell und das Teller-Modell. Das Vendor-Modell ist wirklich von Amazon das Retail-Geschäft, sprich Amazon kauft, ähnlich wie ein Händler, bei einem Hersteller ein und verkauft es im eigenen Namen an den Endkunden. Also das Geschäftsverhältnis besteht zwischen Amazon und dem Endkunden. Und als Hersteller habe ich dann auch nur bedingt Einsicht in diese verschiedenen Daten und so weiter. Im Seller-Modell ist es so, Amazon oder der Marktplatz agiert eigentlich nur als Intermediär. Also es hat eine Gatekeeper-Funktion. Da ist auf der einen Seite der Kunde, auf der anderen Seite das Angebot. Und Amazon moderiert das quasi so ein bisschen und sorgt dafür, wie sich Angebot und Nachfrage im Prinzip miteinander in Kontakt kommen. Und dafür bekommt Amazon dann eine Transaktionsgebühr oder eine Marktplatzgebühr. Dafür gibt es viele Namen. Und das Geschäft entsteht aber zwischen dem Marktplatzhändler, also dem Seller, und dem Endkundenhändler. Konsumenten, der sich dann auf dem Marktplatz befindet. Das vielleicht erstmal, um das so ein bisschen abzugrenzen, weil bei Spiker machen wir uns immer lustig über den Mom-Check. Also wenn es meine Mutter versteht, dann ist es gut. Und meine Mutter denkt zum Beispiel auch immer, ich habe das bei Amazon gekauft. Also Amazon ist für sie so ein Alles-Hersteller in der ganzen Welt. Und um das mal auch zu differenzieren, man kauft nicht immer bei Amazon, sondern das sind verschiedene Hersteller, Händler und so weiter, die sich dort tummeln. Und dann aber auch eben Amazon selbst ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig, um diese großen Riesen auch so ein bisschen besser verständlich zu machen. Und du hast es ja eben dann so schön übergeleitet. Habe ich darauf eigentlich Einfluss als Hersteller? Die Antwort ist nein. Ein eindeutiges Jein. Sprich, aufgrund dieses, wie ich beschrieben habe, bestehende Trennung zwischen Vendor- und Seller-Modell, haben wir einfach die Herausforderung, ein Vendor-Modell kann ich als Hersteller aktiv eingehen. Das ist sogar auf Einladung. Sprich, Amazon kommt auf mich zu und sagt, hey, lieber Hersteller, ich glaube, du bist für meine Category-Expansion sehr interessant. Ich möchte in dieser Kategorie wachsen. Möchtest du nicht bei mir verkaufen? Ich habe ganz tolle Einkaufskonditionen für dich. Das würde ich auch übrigens beantragen. Immer mit Vorsicht betrachten, wenn Amazon solche Versprechungen macht. Insbesondere, wenn es um so etwas geht wie, ja, wir steigen jetzt erstmal mit den besten Konditionen ein und in zwei oder drei Jahren, dann verbessern wir die für euch. Das wird niemals passieren. Das ist eine Abwärtsspirale. Aber auf der anderen Seite habe ich natürlich das Seller-Modell. Sprich, Amazon ist ein offener Marktplatz. So sind es auch viele andere. Jeder kann dort die Produkte eines Herstellers verkaufen. Und damit ist dieses Seller-Modell aus Herstellersicht nicht kündbar. Und dadurch, dass wenn ein Händler oder irgendwelche und ein anderer Wiederverkäufer meine Produkte erworben hat, steht es diesem frei, auf Amazon zu verkaufen. Der kann sich bei Amazon anmelden, der Händler hat die Möglichkeit, dort meine Produkte anzubieten und auch nicht zu einem Preis, den ich im Prinzip vorgeben kann. Da ist ein ganz schönes Beispiel, das vielleicht auch viele aus der Presse kennen, Birkenstock. Birkenstock hatte mit Amazon einen Vendor-Vertrag, also sprich einen Retail-Vertrag und es kam da ja einfach zu Verschiedene Entspannungen aufgrund der Konditionen, aber auch insbesondere aufgrund des Themas Fake-Produkte, wogegen Amazon nicht genug vorgegangen ist aus Sicht von Birkenstock. Also war die Konsequenz von Birkenstock, erst in den USA, aber dann auch in Europa, den Vendor-Vertrag zu kündigen. Nichtsdestotrotz waren Birkenstock-Produkte nicht eindeutig. einen einzigen Tag nicht verfügbar auf Amazon, weil es einfach noch eine ganze Menge an Sellern gibt, die die Birkenstock-Produkte im eigenen Namen über Amazon verkaufen und dann sogar innerhalb von sehr, sehr kurzer Zeit als Händler direkt an Amazon verkauft haben, sodass Amazon auch im Retail-Geschäft, also im Vendor-Modell, in der Lage war, die Produkte dann auch wieder im eigenen Namen zu verkaufen. Sprich, was sollte man mitnehmen? Man kann Amazon nicht kündigen. Also das war ja auch so ein bisschen der Punkt, auf den wir heraus wollten. Als Hersteller kann ich auch einfach nicht alle digitalen Vertriebskanäle wirklich komplett beeinflussen und bestimmen.
Joel Kaczmarek: Und wenn ich jetzt das Vendor-Modell angucke, ist das für mich ein No-Brainer als Hersteller, weil ich sage, okay, das ist jetzt yet another Händler, der das für mich vertreibt. Kann man sich da guten Gewissens darauf einlassen oder gibt es da auch Dinge zu beachten?
Yara Moltan: Da gibt es auch verschiedene Dinge zu beachten. Ich hatte das ja eben schon mal kurz so angeteasert. Also das Vendor-Modell, man muss sich einfach darauf einstellen, dass es jährliche Jahresgespräche gibt, wo Konditionen neu verhandelt werden und diese Konditionen tendenziell sich immer eher für Amazon verbessern und für den Hersteller verschlechtern. Insbesondere je mehr Umsatz über Amazon läuft, desto stärker ist natürlich von Amazon an dieser Stelle auch die Verhandlungsposition. Was man auch auf jeden Fall beachten muss, ist, dass man auch in dieser Retail-Partnerschaft mit Amazon sehr, sehr viele Aufgaben als Hersteller übernehmen muss. Also es ist nicht so, wie das vielleicht bei einem klassischen Hersteller-Partnerschaft früher gewesen ist. Man hat die Produkte übergeben, man war für einen gewissen Teil des Marketings und für eine hohe Brand-Awareness zuständig. Aber alles, was dann in Richtung Kunde ging, hat der Händler gemacht. Bei Amazon ist es so, dass ich auch im Vendor-Modell zum Beispiel für die Produktanlage zuständig bin, ein sehr strenge Lichtlinien beachten muss, wie der Versand zu Amazon dann vollzogen wird innerhalb eines gewissen Zeitfensters, aber auch mit Verpackungsvorgaben, die einfach viele Hersteller an ihre Grenzen bringen. Und deshalb sollte man sich da ausführlich mit beschäftigen, weil das hochwertig. für viele Hersteller dann doch weiter weg ist von ihrem Kerngeschäft, als es im ersten Moment im Zweifel erscheint. Und Amazon da auch nicht zimperlich ist, auf alles andere eine Rechnung für zu schreiben. Also für das, was der Hersteller nicht abbilden kann, gibt es dann auch ausgefragte Ausgleichszahlungen und so weiter. Es gibt dann sogar solche Spielchen wie entgangener Gewinn und so. Also da kann man einen eigenen Podcast drüber machen, haben wir ja schon mal gemacht. Aber Amazon ist einfach ein sehr, sehr starker Verhandlungspartner. Ich glaube, das muss man auch gar nicht so negativ sehen. Als guter Kaufmann würde man es aus Sicht von Amazon ja im Zweifel auch so machen, die einfach stark wachstumsgetrieben sind und diese Marktmatt auf Wissen einsetzt. Dem sollte man sich durchaus bewusst sein.
Joel Kaczmarek: Okay, das wollte ich nämlich gerade fragen, weil man kommt ja immer mit diesem Damoklesschwert, das heißt ja auch irgendwie immer, wenn du zum Beispiel gegen Auflagen von denen verstößt, meinetwegen, du legst einen Beileger in ein Paket, obwohl es irgendwie verboten ist und die kriegen das mit, dass du gleich ausgelistet wirst und zwar ganze GmbH und Geschäftsführer, also solche Storys hört man ja öfter, dass du dann nie wieder da reinkommst und so weiter und so fort. Wird die Suppe da wirklich so heiß gegessen, wie sie gekocht wird?
Yara Moltan: Also es gibt solche Fälle. Man muss aber halt auch sagen, dass dieses Beispiel, was du jetzt angesprochen hast, stammt aus dem Sellerumfeld, also sprich von den quasi unabhängigen Verkäufern auf Amazon. Und die haben einfach einen Vertrag unterzeichnet oder angenommen. Das sind die sogenannten Sellerrichtlinien. Und da ist ganz klar geregelt, dass diese Seller nicht direkt auf Kunden zugehen dürfen und so weiter und so fort. Und wenn man sich das auch mal aus Kundenperspektive überlegt, wenn jetzt jeder Seller, der ja meine Daten erhält, weil ich quasi sein Kunde bin, mich dann auf einmal mit Werbung bombardieren würde, geht jetzt mit DSGVO ohnehin nicht, aber mir auch Dinge schicken würde und so weiter und so fort. Ich möchte ja bei Amazon kaufen, weil ich mich mit diesen ganzen Sellern als Kunde nicht auseinandersetzen möchte. Deswegen ist es aus Sicht von Amazon durchaus auch kundenfreundlich, das zu konsolidieren, den Kontakt. Es gibt definitiv solche Fälle, denen ein Verstoß zugrunde liegt. Es gibt aber auch einfach Dinge, die aus Seller-Sicht nicht so nachvollziehbar sind. Ich kenne zum Beispiel jemanden in meinem Netzwerk, das ist auch ein ziemlich großer Seller aus diesem Bereich von Haushaltsmitteln, was ja auf Amazon auch sehr gut läuft. Da wurde der Account einfach gesperrt, weil die zu stark gewachsen sind am Prime Day, weil dann es so eine Fraud-Detection bei Amazon gab. Und dann hat es drei Tage gedauert, bis die Account-Sperrung wieder aufgehoben wurde, was für jemanden, der fast ausschließlich über Amazon vertreibt, natürlich trotzdem sehr schmerzhaft ist. Und das sind einfach Dinge, die kommen bei Amazon häufiger vor als vielleicht anderswo. Oder man hört auch, weil es Amazon ist, vielleicht auch nur häufiger darüber, bei Amazon sehr, sehr viel automatisiert. Also gerade dieses Thema Fraud Detection, wie wir das eben erläutert haben, das ist bei Amazon ein Algorithmus, der sagt, ups, hier kann was nicht stimmen. Und damit man sich Zeit kauft, um das dann nochmal durch einen Menschen wirklich prüfen zu lassen, sperrt man erstmal. Im Sinne des Kunden aber auch. Muss man ja auch sehen. Das macht Amazon ja nicht, um jemanden zu torpedieren, weil die wollen ja auch verkaufen oder an dieser Verkaufsgebühr teilhaben. Sondern das ist eine Kundenvorsichtsmaßnahme, könnte man sagen. Deswegen, es gibt da schon viele, ich nenne das mal Anomalien, mit denen man sich als Seller rumschlagen muss. Aber ich würde sagen, auf Basis der Masse der Seller, die auf Amazon aktiv sind, ist es immer noch überschaubar. Also man hört dann natürlich auch immer von diesen Fällen auch sehr, sehr stark. Kleine Community, man tauscht sich sehr, sehr stark aus. Sowas geht schnell viral.
Joel Kaczmarek: Was kann mir denn insgesamt sonst noch passieren beim Umgang mit Amazon?
Yara Moltan: Genau ein wichtiger Punkt, den wir eben schon auch mal ganz kurz angekratzt haben, ist so dieses ganze Thema Pricing. Dazu kommen wir auch gleich nochmal ausführlicher. Bei Amazon muss man wissen, ein Produkt hat eine Produktdetailseite, unabhängig davon, wie viele Anbieter dieses Produkt anbieten. Häufig ist das Amazon selber missbraucht. mit dem Vendor-Modell. Also dann sieht man da unten verkauft und versandt durch Amazon. Da gibt es so eine ganz kleine Linie auf der Produktdetail-Seite, wo man das sehen kann. Und ansonsten würde da zum Beispiel stehen, verkauft durch Joel Kaczmarek GmbH. Und das ist aber so unsichtbar, oder? Das muss man wirklich wissen, wo man das findet, damit es einem als Amazon-Kunde auch auffällt. Nichtsdestotrotz ist es für den Kunden nicht unbedingt erkennbar, wie viele Händler buhlen jetzt hier eigentlich um meine Aufmerksamkeit oder möchten mir hier ein gewisses Produkt anbieten. Und das beschreibt man oder kann man zusammenfassen unter dem sogenannten Begriff Buybox, so heißt das bei Amazon, bei anderen Marktplätzen hat das einen anderen Namen und die Buybox ist im Prinzip ein Teil dieses Amazon-Algorithmus, der auf Basis verschiedener Kriterien, wie zum Beispiel Preis, Verfügbarkeit, Bewertung eines Sellers, aber auch Verlässlichkeit und solche Elemente, also es ist eine Blackbox, die Buybox, man weiß nicht genau, was sich für Kriterien dahinter verstecken, aber Preis ist auf jeden Fall ein ganz starker ausschlaggebender Faktor und dieser Algorithmus bestimmt dann im Prinzip, wer ist der Default-Händler, der jetzt erstmal, wenn ich auf in den Warenkorb lege, drücke, dann quasi den Zuschlag erhält. Also nehmen wir mal an, wir hatten das Beispiel ja vorhin so schön mit unserem Vitra-Stuhl. Du und ich, wir verkaufen jetzt beide auf Amazon den Eames Chair. Das ist ja für mich immer so das Lieblings-Vitra-Produkt. Also wir verkaufen beide den Eames Chair auf Amazon. Und du machst einen Schweinepreis, ich mache einen Schweinepreis. Und wir bieten uns eigentlich gegenseitig runter, weil wir sind beide super Seller. Wir haben total top Bewertungen. Wir haben beide eine hohe Verfügbarkeit und eine hohe Lieferquote. Also wonach sollte Amazon uns denn auswählen, wer von uns der bessere Verkäufer ist? Und das geht dann primär über den Preis. Sprich, es besteht aufgrund dieser internen Wettbewerb, der auf so einer Produktdetailseite stattfindet, einfach eine hohe Gefahr einer Preiseruption. Und wo man das in der Vergangenheit ganz gut sehen konnte, war Osram, also der Leuchtenhersteller Osram. Um da mal kurz auszuholen, Osram verkauft ja einfach auch sehr, sehr viel in dem B2B-Umfeld zu geringeren Preisen, was ja auch Sinn macht, wenn man eine hohe Abnahmemenge hat. Und diese Abnehmer, wie zum Beispiel Autowerkstätten oder Ähnliches, haben dann einfach da einen Markt gefunden, oh, wenn ich das für das Doppelte dann nochmal auf Amazon verticke, ist das ja eigentlich ein ganz netter Neben-Revenue-Stream, den ich hier aufmachen kann. Die Problematik war dann aber, dass das mehrere Porsche, die das jetzt auch mal wieder, Autowerkstätten gemacht haben und sich so dann immer wieder im Preis runtergeboten haben. Und das Problem ist dann, wenn ich dann in den DM gehe, wo ich persönlich meine Lampen kaufe, habe ich da dann ja im Zweifel einen viel höheren Preis, als ich es auf Amazon gewöhnt bin, weil sich da einfach ein viel niedrigeres Preisniveau etabliert hat. Und das ist einfach ein großes Problem. Problemen, mit denen man sich aktiv beschäftigen muss, damit man da nicht in so eine Negativspirale reinkommt.
Joel Kaczmarek: Okay, also du meinst eigentlich Preiserosion, nicht Eruption, ne? Also ich muss zusehen, wie meine Preise in den Keller gehen, lerne ich jetzt.
Yara Moltan: Ja, da kommt mein Sprachfehler, du. Eine Preiserosion.
Joel Kaczmarek: Und wie geht man mit den Themen um als Hersteller?
Yara Moltan: Also wie geht man mit den Themen um? Das ist nicht so einfach, weil häufig ist dieses Problem ja nicht gemacht von Amazon, sondern Amazon legt es einfach offen. Also wie auch eben deine Frage zu, wird es wirklich so heiß gekocht? Amazon ist halt einfach ein Riese in ganz, ganz vielen Segmenten und dadurch ist es auch einfach sehr einfach, Amazon immer den schwarzen Peter ein Stück weit zuzuschieben. Ja, die machen die Preise kaputt, die machen das und das. Erstmal bieten die eine Plattform, die aus Kundensicht eine sehr schlaue Logik hat und um das beste Angebot auszuwählen. Und dadurch entstehen aber natürlich andere Effekte, die jetzt für einen Hersteller problematisch sind. Und die werden hier halt sehr, sehr stark offengelegt. So ist das auch bei ganz vielen Themen. Also was ich zum Beispiel häufiger gehört habe, insbesondere so in meiner Beratungstätigkeit, war dann immer, ja, E-Commerce wollen wir gar nicht, weil das ist eh alles total problematisch, Preise, Transparenz und so weiter. Ja. Ja, aber das sind hausgemachte Probleme. Deshalb dieses Thema, wie geht man damit um, ist einfach sehr, sehr schwierig, weil es wird nicht nur auf Amazon in diesem Fall zu lösen sein, sondern man muss sich dem irgendwie ganzheitlich widmen, um dieses historisch gewachsene Problem irgendwo zu lösen. Also wenn wir jetzt mal beim Thema ausreimen wollen. bleibt, ist das im Zweifel eine stärkere Segmentierung der Autowerkstätten oder dass man die sogar umstellt, dass die über Amazon Business zum Beispiel selber auf Amazon kaufen müssen zu höheren Preisen und so weiter und so fort. Und trotzdem ist das nicht einfach. Also finde in dieser Situation mal eine Lösung, weil Osram wird jetzt auch einen gewissen Anteil im B2C und im B2B machen. Im B2B gehen vermutlich größere Mengen natürlich zu geringeren Preisen als im B2B. Also wie orchestriere ich das? Und das braucht halt wirklich eine ganzheitliche Verkaufsstrategie. Offline, online, B2B, B2C, das wird man nicht alleine auf Amazon lösen.
Joel Kaczmarek: Verstanden. Kommen wir zu unserer vierten Herausforderung. Da sind wir eigentlich quasi schon mittendrin, nämlich das Managen des richtigen Preises. Also wie kriege ich es hin, online das richtige Pricing zu wählen? Vielleicht fangen wir mal ganz grob an. Was sind denn so die häufigsten Probleme, wenn es um das Thema Pricing geht?
Yara Moltan: Genau. Was sind die häufigsten Probleme? Also ich würde das mal in so einen Dreiklang bringen wollen. Also online ist häufig das Thema Preise werden einfach sehr, sehr transparent. Wir hatten das ja vorhin bei unserer Breitling-Uhr. Wenn ich jetzt zu vier verschiedenen Juwelieren gehe, macht mir da vermutlich jeder einen anderen Rabatt oder gar keinen Rabatt. Und Dadurch ist es einfach sehr, sehr intransparent, weil ich ja im Zweifel auch nicht zu viel Juwelieren gehen würde, sondern zum Juwelier meines Vertrauens, wo ich natürlich weiß, dass ich einen guten Preis bekomme. Ich habe zwar keinen, also ich kaufe sowas online, aber ich glaube, dass andere Leute, die Luxusuhren kaufen, so etwas haben. Deshalb, genau, dieses Thema ist erstmal, online sind Preise transparent. Wenn ich mir jetzt vier Anbieter aussuche und vergleiche, ist das a, viel weniger Aufwand, weil es ja da auch ein eigenes Ecosystem gibt. Man denke an sowas wie Idealo oder Preisvergleich24 und so weiter und so fort, was es da nicht alles gibt. Also es gibt ein eigenes Preisvergleichs-Ökosystem online, was es mir einfach den Aufwand, verschiedenste Preise zu vergleichen, viel, viel geringer macht. Und damit habe ich auch natürlich nicht mehr die Möglichkeit, so unterschiedliche Preisniveaus. Das ist im Prinzip dann direkt die zweite Ebene, die aus diesem Thema Transparenz resultiert, insbesondere im B2B, aber auch in vielen B2C-Wirtschaftsbereichen gibt es einfach historisch gewachsen auch wieder sehr unterschiedliche Preisniveaus, die durchgesetzt werden. Nicht nur über Länder hinweg, das kennt man ja eh, man fliegt in ein anderes Land und merkt, oh hier, Zara ist ja viel günstiger als in Deutschland, weil da funktioniert das ja noch relativ gut, sondern auch innerhalb einer Stadt, innerhalb verschiedener Händler. gibt es da einfach unterschiedlichste Preismodelle, Rabatte und so weiter, die man dann einfach online transparent sehr einfach einsehen kann. Und im nächsten Schritt bieten ja auch immer mehr Online-Händler diese Art Preisgarantie. Wenn du es irgendwo woanders günstiger findest, kauf trotzdem bei mir und du kriegst dann die Differenz erstattet und so weiter. Also das ist ja nur ein Aspekt, der sich quasi dadurch herauskristallisiert hat. Was kann dadurch passieren? In der Regel hatten wir auch eben gesehen bei unserem Vitra-Stuhl, den wir beide auf Amazon angeboten haben und uns gegenseitig runtergeboten haben, die Marge wird im Zweifel schrumpfen für alle Beteiligten und das Preislevel wird sich im schlechtesten Fall, aber auch im wahrscheinlichsten Fall auf der untersten Schmerzgrenze irgendwo einfinden. Weil wenn dann niemand mehr was dran verdient, dann geht man im Zweifel einfach nicht mehr runter. Das ist aber einfach für viele Unternehmen im Zweifel sogar existenzbedrohend, weil man ja gerade davon gelebt hat, dass man auch sehr hohe Margen irgendwo anders durchsetzen konnte in einem intransparenten Markt und dadurch einfach andere Bereiche querfinanziert hat zum Beispiel.
Joel Kaczmarek: Also man merkt, es ist gar nicht so unkomplex, was da quasi passiert. Jetzt ist natürlich die naheliegende Frage, wenn das Thema Transparenz so relevant ist, wie kriege ich die denn reduziert? oder wäre das die falsche Taktik?
Yara Moltan: Ja, also Transparenz reduzieren ist eigentlich das richtige Stichwort. Es gibt dafür verschiedene Möglichkeiten. Das ist auch ehrlicherweise so das beste Mittel aus meiner Sicht, diese Transparenz versuchen zu reduzieren. Das kann man machen über zum Beispiel Portfolio. über Sets oder auch einfach über neue Revenue-Streams. Aber auf diese Elemente wollen wir dann einmal im Detail eingehen. Also Portfolio, wie kann man das im Prinzip optimieren, um die Transparenz zu reduzieren? Da ist ein schönes Beispiel aus meiner Sicht Adidas, die ihr Portfolio wirklich auch auf verschiedene Vertriebskanäle, sowohl offline als auch online, verändern. Also wer bekommt die limitierte Kollektion für den Yeezy-Schuh, das ist dann zum Beispiel nur online, und die Preise, Premium-Händler. Ich habe zum Beispiel dann auf Marktplätzen nur Ware, die never out of stock sind oder aus der Vorjahreskollektion sind. Und dann habe ich im Zweifel in meinem eigenen Shop noch eine online-only-Kollektion zum Beispiel. Also über dieses Thema Portfolio lässt sich das sehr gut steuern. Das hat, wenn wir auch im Fashion-Bereich bleiben, Levi's sehr, sehr gut gemacht. Die haben zum Beispiel nur für online eine eigene Kollektion. Und die quasi offline-Händler, aber auch die offline-Flagship-Stores führen dann eine andere Kollektion. Also über dieses Portfolio kann man da schon mal viel lösen, aber Portfolio, das klingt jetzt immer erstmal so einfach, weil dahinter steht im Zweifel auch eine eigene Designlinie, dahinter steht eine mehrbare Verfügbarkeit, die man vorhalten muss, dahinter steht einfach nochmal eine komplette, also wenn man jetzt sagen würde, ich möchte online genauso viel anbieten, wie ich das offline schon tue, aber in einer komplett eigenen Kollektion, ist das im Prinzip auch der doppelte Aufwand irgendwo, den ich betreibe. Deswegen hat es auch immer sehr, sehr viel damit zu tun, wo liegen meine Fähigkeiten als Unternehmen. Also wir haben vorhin ja schon mal ganz kurz über L'Oreal gesprochen. Die sind einfach super gut da drin, neue Marken zu entwickeln, zu launchen und auch im Markt vorzustellen und haben auch organisatorische Fähigkeiten, um sowas entsprechend abzubilden. Für ein anderes Unternehmen in dem Segment wären das wahrscheinlich unfassbar hohe Kosten, weil man mal ganz schnell eine neue Verpackungsrichtlinie machen müsste und so weiter. Also das kommt auch sehr, sehr stark darauf an, wie man als Unternehmen einfach aufgestellt ist. Einfacher ist es dann, wenn wir über zum Beispiel Sets sprechen. Sets können sein entweder Multipacks, ganz klassisch. Das sieht man auch, wenn wir wieder bei Amazon zum Beispiel gucken. Nivea gibt es da zum Beispiel fast nur in so Multipacks, was auch mit der Kostenstruktur zu tun hat, weil ein einzelnes Deo oder Handseife zu verschicken ist einfach nicht so sinnvoll. Aber auch so ist das Produkt nicht mehr so vergleichbar, weil ich kaufe dann im Zweifel fünfmal Deo oder zweimal Handseife. Und ähnliches. Und so hätte ich so ein Multipack oder man könnte auch sagen Bundles. Also man könnte zum Beispiel sagen, hier das Winterset von Nivea, bestehend aus einer Handcreme und einer Wintergesichtscreme zum Beispiel. Also da gibt es ja dann viele Ideen, wie man auch mal so ein Set bundlen kann. Und so ist man natürlich auch aus der Vergleichbarkeit raus. Ein Set kann aber auch online einfach dahingehend Sinn machen. Ein schönes Beispiel ist nach meiner Meinung nach EKZ. Die stellen Smart Home Produkte her und die schaffen durch diese Sets auch wirklich einen Mehrwert für den Kunden, weil bei denen gibt es zum Beispiel das sogenannte Sicherheitsset, wo dann verschiedene Elemente drin sind, wenn ich mein Haus sichern möchte oder das Lichtpaket, wo dann alles drin ist, um x Quadratmeter mit Smart Home Leuchten im Zweifel auszustatten und mir als Kunden ein Stück weit da auch abgenommen wird, zu hinterfragen, so was brauche ich jetzt denn alles dafür? Also durch dieses Set wird dann auch eine gewisse Form der Beratung gleichzeitig mitgeliefert. Kann also auch auf anderen Ebenen noch mehr Werte haben. Und dritter Punkt, den ich eben angesprochen hatte, wirklich auf neue Revenue-Streams zu gehen. Also ist im Zweifel aber auch die schwierigste Disziplin von diesen dreien, weil ich da natürlich nochmal ein bisschen kreativer werden muss und auch wieder dieser Aspekt mit, wie nah ist das an meiner Kernwertschöpfung und damit, wie preiseffizient kann ich sowas anbieten. einfach weiter entfernt ist. Trotzdem zwei schöne Beispiele dazu. Einmal WattX von Fiesmann. Das ist ja eigentlich ein sehr traditioneller Produkthersteller aus dem, ich sage das jetzt mal so plump, Heizungs- und Wärmeinstallationsbereich. Die haben es mit WattX zum Beispiel ermöglicht, dass die internen Softwareentwicklungen, also eigentlich so Kuppelprodukte könnte man sagen, die sind entstanden dadurch, dass man das für die eigene Entwicklung bräuchte, zu kapitalisieren und die dann auch am Markt irgendwo anzubieten und auszugründen. Oder kommen wir zu dem Beispiel, was wir eben schon mal hatten, ShareNow. Hier könnte man ja auch sagen, das ist ein neuer Revenue-Stream, null vergleichbar zu der Amigo-Wirtschaft beim Autohändler. Auch da, ich frage bei vier Autohändlern nach dem gleichen Auto und kriege wahrscheinlich vier Preise, je nachdem, wie gut ich den einen kenne und wie viel dem noch zum Quartalsziel fehlt. Das ist ja einfach ein komplett entkoppeltes Modell von dieser Offline-Intransparenz und damit auch einfach ein komplett anderes Pricing, was dann durchsetzbar ist.
Joel Kaczmarek: Puh, aber ich meine, man merkt, alles, was du so beschreibst, klingt so, als wenn es auch ein langer Prozess ist, als wenn es nicht von heute auf morgen funktioniert, ne?
Yara Moltan: Genau, und das muss man auch in dem Aspekt immer mit betrachten. Also Pricing dauert einfach, Anpassungen im Pricing. Selbst wenn ich jetzt merke, okay, ich muss hier auch meine Online- und Offline-Preise irgendwie anpassen, im Zweifel Online ein bisschen erhöhen, Offline senken, das wird im Zweifel je nachdem wie groß die Diskrepanz ist, nicht über Nacht gehen. Wenn das jetzt mini unter 5% sind, dann kann man das auch mal über Nacht machen. Aber häufig sind das eher zwischen 20 und 70% Preisabweichung. Und dann muss man da überlegen, was sind so Transformationszyklen oder was sind so Bänder im Prinzip, in denen sich meine Preise bewegen dürfen? und wie schaffen wir es, die über die Zeit langsam immer enger werden zu lassen. Aber auch dafür, ich behaupte, dass viele Unternehmen sich mit diesem Thema Pricing in der Intensität noch nicht so sehr beschäftigen mussten in der Vergangenheit, weil der Markt einfach nicht so transparent war. Also auch sprich, das verursacht intern Kosten, erfordert den Aufbau bestimmter Fähigkeiten oder der Einkauf von Know-how, was dann einfach auch wieder mit Anstrengungen aus einer organisatorischen Sicht gleichzusetzen ist.
Joel Kaczmarek: Kommen wir mal zu unserer letzten Herausforderung, interne Kämpfe. Also es ist ja oftmals so ein Problem, dass man vielleicht den einen Teil der Organisation hat, der irgendwie in der Richtung arbeitet, der andere in dieser und dann Veränderung macht immer Angst. Fangen wir mal ganz basic an. Was sollte ich tun, um interne Kämpfe zu vermeiden?
Yara Moltan: Interne Kämpfe würde ich erstmal nochmal einen Halbsatz zu sagen wollen. Also warum finde ich das ganz gravierend, wenn man sich eigentlich bei solchen Themen dann noch intern bekriegt, weil man sich einfach damit sehr, sehr viel Kraft verschenkt. Also man sollte sich immer dann irgendwie versuchen, als ganzes Unternehmen aufzustellen und gemeinschaftlich da diese Externe Anstrengungen, die einfach mit Digitalisierung einhergehen, dann auch als Team dem gegenüberstehen. Aber das ist natürlich einfacher gesagt als getan, weil unterschiedliche Abteilungen sind unterschiedlich inzentiviert. mit E-Commerce oder mit Digitalisierung im Allgemeinen, geht häufig dann auch eine Machtverschiebung einher, Budgets werden anders aufgeteilt und so weiter. Deswegen, interne Kämpfe sind nachvollziehbar, aber erfordert dann auch einfach ein gutes, aber auch starkes Management, um diese möglichst gering zu halten. Aber was kann man da tun? Es ist aus meiner Erfahrung, was ich so in Rheinland-Pfalz, aber jetzt auch bei Spiker viel sehe, ganz, ganz wichtig, frühzeitig Governance-Richtlinien festzulegen. Das ist so ein bisschen wie ein Ehevertrag eigentlich für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Online und Offline. Weil wenn ich mich dann erst, wenn es schlecht läuft, damit auseinandersetze, wer jetzt was bekommt, das Sofa, den Hund, die Kinder, wie auch immer, dann tut das im Zweifel viel mehr weh, als wenn man sich darüber schon mal von Beginn an, bevor man gestartet hat, Gedanken machen kann. Also was sollte denn so Governance-Richtlinien rein, was sind die Freiheiten, wie werden Konflikte gelöst, was sind so Eskalationsstufen, die man durchläuft, wie viel Verantwortung hat welcher Bereich, wie geht man auch mit einem gemeinsamen Kunden um, wenn jetzt ein Händler Online- und Offline-Geschäft hat und so weiter. Das sind einfach Themen, da sollte man sich im Vorhinein Gedanken machen. Es wird dann immer noch genug geben, was man einfach nicht gerade kommen sehen. Also so eine 80-20 oder vielleicht auch 70-30-Jährige, selbst wenn es nur 50-50 ist, hilft das schon extrem, die größten Knackpunkte einmal im Vorhinein zu besprechen und auch zu definieren, wie wollen die hier als Unternehmen dem gegenüberstehen. Spannend dabei ist ja auch, je nachdem wie viele Freiheiten so eine digitale Einheit oder so ein digitales Geschäft bekommt. Beispiel so Otto About You. Da hat man ja eigentlich auch mit About You einen wirklich direkten Konkurrent zu seinem Kerngeschäft geschaffen. Aber da war einfach auch stärker die Idee dahinter, ich möchte meine Marktposition hatchen. Und das wird uns auch als Unternehmen wehtun und so. Und jetzt im Nachhinein ist das natürlich auch viel einfacher, da diese Erfolgsgeschichte so zu feiern. Währenddessen, ich glaube, da kann Tarek sehr viel darüber und erzählen, gab es wahrscheinlich auch eine Menge Voodoo-Puppen mit seinem Gesicht da bei Otto drauf, weil das alle richtig daneben fanden. Und deshalb ist es so wichtig, da frühzeitig drüber zu sprechen. Und in diesem Zusammenhang sollte man sich auch sehr, sehr ehrlich da mit sich sein. Was gibt es eigentlich auch für Risiken, Konfliktpotenzial und so weiter? Wir haben vorhin über Auslistungen gesprochen. Sowas kann natürlich auch richtig wehtun. Und das muss eine Unternehmung dann auch bereit sein, im Zweifel mitzutragen. Oder halt zu sagen, wenn das passiert, dann gehen wir sofort den Schritt zurück und so weiter und so fort. Und da nicht mit so einer Salami-Taktik zu fahren, sondern so direkt alles auf den Tisch zu bringen, so in what can go wrong, will go wrong. Was ist das Schlimmste, was passieren könnte und was machen wir dann? Was ist das Wahrscheinlichste, was passieren könnte und was ist eigentlich unser Best Case? Also da würde ich immer empfehlen, da möglichst transparent zu sein, viel zu kommunizieren, verschiedene Szenarien auch durchzuspielen und dann auch im Zusammenspiel mit Governance-Richtlinien solche Sachen, Szenarien einfach schon zu skizzieren. Und ja, als letzten Punkt, Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. Auch da sind wir wieder wahrscheinlich wie bei einer Ehe oder einfach so bei jeglicher Form der Beziehung. Dabei einfach Informationen weiterzugeben, zu sagen, das sind Elemente, die, glauben wir, könnten kritisch werden und so weiter. Und auch Erinnerungen. entsprechende Experten im Unternehmen dahingehend mit ins Boot zu holen, um einfach festzustellen, okay, wo ist denn im Vertrieb schon mal so ein Konflikt im Kleinen aufgekommen? und wie hat man das damals gelöst? Also man muss ja das Rad auch nicht immer neu erfinden, aber dafür muss man die richtigen Leute wissen lassen, was passieren könnte. Und das ist auch wichtig, Und es ist auch irgendwie ein sehr schmaler Grad aus meiner Sicht zwischen zu viel Mitbestimmung, weil der kleinste gemeinsame Teiler ist in der Regel ja auch nie gut, muss man ja auch sagen, aber trotzdem transparent zu kommunizieren. Und da ist auch jedes Unternehmen einfach unterschiedlich, wird das sehr hierarchisch, sehr führungsorientiert. stark irgendwo geführt und eine Entscheidung vom Chef gilt? Oder ist das ein eher demokratisch geprägtes Unternehmen und so weiter? Also da sollte man auch so seiner nativen Unternehmenskultur irgendwo treu bleiben.
Joel Kaczmarek: Gut, also ich glaube, wir merken zu allen unseren fünf Herausforderungen, also egal, ob es die Frage ist, wie meine digitalen Aktivitäten mein Kerngeschäft nicht gefährden, wie ich die Richtung richtigen Pferde identifiziere, der Umgang mit Amazon, das richtige Pricing oder die Vermeidung interner Kämpfe, könnten wir, glaube ich, ganze Podcasts füllen. Aber so als Ritt war das, glaube ich, super, super wertvoll und ich finde auch echt angereichert mit viel Praxiswissen. Von daher lieben, lieben Dank, liebe Yara. Und wie schon angedroht, beim nächsten Mal geht es dann weiter mit dem gleichen Thema quasi in Richtung Händler. Also da wieder einschalten und ich freue mich schon aufs nächste Mal mit dir.
Yara Moltan: Danke, Jay. Ich freue mich ebenso.
Joel Kaczmarek: Ihr Lieben, denkt daran, diese Folge Händler helfen Händlern wurde euch von unseren großartigen Sponsoren möglich gemacht, die da sind. Ratenkauf bei Easy Credit, der einfachste Ratenkauf Deutschlands im Onlineshop oder vor Ort im Geschäft. Rockio, das euch Softwarelösungen für den stationären Handel und den E-Commerce bietet. Und Shopware, einem flexiblen Shopsystem, das die perfekte Lösung für den E-Commerce der Zukunft bereithält. Alle Infos zu unseren großartigen Sponsoren findest du in den Shownotes dieses Podcasts. Bis zum nächsten Mal.
Yara Moltan: Tschüss.