Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.
Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Händler. helfen Händlern. Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute widmen wir uns dem schönen Thema, was glaube ich viele Händler da draußen beschäftigt und zwar sprechen wir über fünf Wege, die typische Multi-Channel-Falle zu umschiffen. Wir werden sicherlich da auch mal ein kleines Augenzwinkern dabei haben, aber wer sich mit dem Thema Handel beschäftigt und vielleicht ein Bestandsgeschäft hat, was es dann in Richtung Online zu transformieren gilt, wird glaube ich das Thema Multi-Channel kennen, vielleicht auch schmerzlich kennen. Mit dem lieben Jan-Philipp Blome, der ist nämlich CEO der Metro Markets GmbH, haben wir heute einen super spannenden Gesprächspartner an der Angel, denn einerseits hat er für die Maker ganz viel aufgebaut im Bereich Handel, Marktplatz und mehr. Und was er jetzt macht bei Metro Markets, sagt er bestimmt gleich mal selber. So, aber fürs Erwartungsmanagement, das ist ja immer wichtig. Wir werden heute darüber reden, was Multichannel eigentlich genau meint und was so die typische Fehlerwelt dessen ist. Und dann gehen wir auf fünf unterschiedliche Learnings, beziehungsweise wie gesagt Wege ein, wie man diese Probleme vermeidet. Als erstes werden wir darüber reden, wie man eigentlich das eigene Markenversprechen online übersetzt. Als zweites wird es um Tech- und Online-Marketing-Capabilities gehen, wie man die aufbauen muss, wenn man wirklich ein erfolgreiches Online-Geschäft haben möchte. Als drittes sprechen wir über die organisatorische Abbildung, das heißt, wie hänge ich das Ganze auf, bevor wir als Viertes, über typische Multi-Channel-Values reden. Also es ist ja nicht alles schlecht daran, man kann ja auch Gutes mitnehmen. Und nach hinten raus wagen wir dann nochmal die Brille des Finance, nehmen wir da nochmal ein Stück weit auf. Das heißt, da werden wir mal sagen, wie wird eigentlich sozusagen so eine Finanzplanung aussehen, wenn man das in Richtung digital schiebt. So, lieber Philipp, ich habe gelernt, auch wenn dein Name doppelt Jan Philipp heißt, Philipp ist dein Rufname. Schön, dass du da bist. und ja, sag mal ein bisschen, was du bei deiner neuen Station gerade machst in der Metro Markets GmbH.
Jan-Philipp Blome: Ja, erstmal vielen Dank für die Einladung. Was mache ich aktuell? Ich bin seit zwei Jahren CEO von der Tochter der Metro-Gruppe, Metro Markets namentlich. Wir bauen eine B2B-Marktplatzplattform mit dem Kernziel Kunden Horeca. Horeca steht für Hotel, Restaurant und Catering Companies mit einem europäischen Fokus. Das heißt, wir wollen da nicht nur Deutschland bedienen, sondern fast ganz Europa. Davor war ich CEO von Real Digital, habe das Geschäft mit dem Gerald zusammen aufgebaut, daher schon ein bisschen Marktplatzerfahrung gesammelt im B2C-Bereich und jetzt machen wir das Ganze im B2B.
Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, man darf ja auch sagen, dass ihr das sehr erfolgreich gemacht habt. Also ich war ja viel beobachtet, was ihr da getan habt, als die Metro sich mit dem Thema beschäftigt hat, die ganzen Verkaufsthemen auch aufkamen von den stationären Läden versus das Online-Geschäft, hat man euch ja sehr genau auf die Finger geschaut und ich habe den Eindruck, ihr habt das sehr gut hingekriegt an vielen Stellen. sehr, sehr anders funktioniert als das Offline-Angebot, was sozusagen auf die Eigenarten des Online-Faktors eigentlich eingeht. Und ich glaube, das ist ja auch ein ganz guter Stein des Anstoßes für unser Gespräch heute. Vielleicht kannst du ja mal so zusammenfassen, was du irgendwie unter Multichannel und seinen typischen Schmerzpunkten so verstehst.
Jan-Philipp Blome: Das Multichannel-Thema ist ja jetzt kein neues mehr. Das ist jetzt eigentlich irgendwo ein bisschen altbacken. Das gibt es seit 15 Jahren. Am Ende geht es ja darum, jede Marke hat irgendeinen Markenkern, Markenversprechen. Und ich glaube, bei Real kann man das wunderbar erklären. Jeder in Deutschland kennt wahrscheinlich den Real-Claim einmal hin, alles drin. Wie übersetze ich den jetzt in die Online-Welt? Ich glaube, das ist die Frage, die man sich stellen muss. Und dann komme ich halt zu einem Marktplatz. Wenn ich das klassisch machen würde aus meiner stationären Denke heraus, dann würde ich sagen, ich brauche jetzt einen Online-Shop und dann bringe ich die Produkte, die ich in meinen Filialen habe, auch online, weil dann habe ich ja viel Einkaufsmacht und vielleicht kann ich noch ein bisschen mehr einkaufen. Und die Preise, die müssen natürlich auch übereinstimmen, weil sonst habe ich entsprechende Channel-Konflikte, sieht schon ganz schnell viele Konflikte, die aufkommen. Oder ich sage halt, einmal hin, alles drin. Ist eigentlich das beste Versprechen für irgendwo eine Plattform, wo man dann tatsächlich nicht nur 10.000, 20.000 Artikel kriegen kann, sondern 10.000. 20 Millionen oder mehr. Das ist, glaube ich, das, was man unter Multichannel verstehen sollte. Und man muss auch, glaube ich, verstehen, so eine Multichannel-Excellence, zumindest meine Überzeugung, kommt halt aus einer Channel-Excellence. Also so eine Multichannel-Excellence heißt, ich muss im Kanal wettbewerbsfähig sein mit meinen Wettbewerbern. Das heißt, ich muss meinen stationären Geschäft wettbewerbsfähig sein, aber im Online-Geschäft muss ich auch wettbewerbsfähig sein in der Experience. Und das bedeutet dann meistens, dass man diese Channel auch sehr singulär managen muss, weil es doch ganz unterschiedliche Herausforderungen dann zu lösen gibt, um diese Channel-Excellence zu erreichen.
Joel Kaczmarek: Wenn ich so die Kollegen Alexander Graf oder Jochen Krisch bei mir aus einem E-Commerce-Crossover anhöre, dann sagen die ja immer, es gibt eigentlich keine Multi-Channel-Excellence. Oder sie haben bisher noch kein Beispiel von erfolgreichem Multi-Channel gesehen, sondern man müsste genau das tun, was du gesagt hast, das quasi als einzelnen singulären Kanal verstehen, indem man anders bespielt als ein stationäres Geschäft. Weil ich glaube, was ja unterm Strich bei vielen Händlern passiert ist, die haben sich irgendwann mal über die Jahre ein erfolgreiches stationäres Geschäft aufgebaut, merken jetzt, der Kundenstrom verlagert sich Richtung Online, denken immer so in diese Richtung, ach okay, das verzahne ich irgendwie miteinander, ich nehme so das Beste aus beiden Welten mit, also da ist man ganz schnell hier so bei so Click-and-Collect-Geschichten oder im Laden bestellen und nach Hause liefern, also das sind ja sozusagen so die typischen Herangehensweisen. und ich lerne jetzt von dir aber auch, ihr habt sozusagen auch die Erfahrung gemacht bei Metro, dass ihr versucht, dieses Markenversprechen auch online einzuhalten, dass ihr das aber anders tut als offline und dass ihr das gar nicht so richtig verzahnt habt. Habe ich das richtig verstanden?
Jan-Philipp Blome: Ja, ich glaube, man kann dann im Laufe der Zeit schon natürlich gewisse Dinge verzahnen. Ich glaube zum Beispiel, was man verzahnen muss, ist irgendwo, du brauchst eine Kunden-Identity. Und der Kunde muss dann über alle Business-Modelle eindeutig identifizierbar sein. Ich muss auch in der Lage sein, irgendwo alle Daten an dieser Identity zu speichern. Das ist, glaube ich, super wichtig. Und daraus kann ich, glaube ich, auch sehr viel Mehrwert generieren, wenn ich all diese Daten an einer Stelle habe und dann für personalisierte Kommunikation, für Recommendations-Edition nutze. Aber ich muss im Kern sicherstellen, dass ich verstehe, was sind eigentlich meine Wettbewerber in dem Kanal und was muss ich dann für eine Experience bieten, die wettbewerbsfähig ist. Und jetzt mache ich natürlich schon einen Fehler in der Erklärung und komme sehr vom Wettbewerb. Ich muss eigentlich fragen, was muss ich eigentlich meinem Kunden bieten in dem Kanal und meine Markenversprechen abzuliefern? und natürlich schaue ich mir dabei Wettbewerber als irgendwo eine Inspirationsquelle an, aber ich muss natürlich auch darüber hinaus irgendwo gehen. Die Gefahr, die man halt machen kann und das habe ich immer in meinen Präsentationen, wenn ich halt sage, ich muss das alles verzahnen und mein Lieblingsbeispiel ist dann immer, ja, wir müssen dieselben Promotions online und offline machen und dann müssen wir die Offline-Kasse, die halt irgendwo gebaut wurde vor 15 Jahren, damit sie zwischen 7 und 22 Uhr funktioniert und dann Nachlauf machen kann, in einen Online-Checkout einbauen, haben, glaube ich, viele Unternehmen gemacht, Und ich habe es auch mal gemacht, aber ich würde sagen, das ist der falsche Weg, weil damit werde ich nicht wettbewerbsfähig, damit schaffe ich Abhängigkeiten, die man besser nicht schafft, weil sie einen langsam machen. Und das ist auch nicht das, was der Kunde erwartet. Der Kunde erwartet halt eine Online-Promotion und das kann sein, Versandkosten frei, das sind Versandkostenmechaniken, das sind attraktive Preise kontinuierlich, gar nicht dieses Up and Down, wie man sie vielleicht im stationären Handel kennt, EDC.
Joel Kaczmarek: Kannst du nochmal präzisieren, dein erstes Learning, was du meintest, dass man so ein Markenversprechen nach online übersetzen muss? Weil mir kommt auch so dieses Beispiel in den Kopf, was früher Mediamarkt immer als Problem hatte. Also es ist fairerweise schon echt eine Weile her. Aber ich erinnere mich, die haben lange mit sich gekämpft, weil die halt eine Struktur haben, die franchise-mäßig ist. Oder damals war das auf jeden Fall so. Und hatten natürlich dann immer so einen Kannibalisierungsfaktor, dass die einzelnen Ladenbetreiber Sorge hatten, dass online sie kannibalisiert oder dass man die Leistungsversprechen von online nicht einhalten kann. Das hat geknirscht. Und was ist denn jetzt in deiner Logik ein Markenversprechen, was man online absetzt? Also du hast ja gesagt, bei euch war das einmalhin alles drin, sprich Angebotsbreite und Tiefe war so der Faktor real. Aber was gehört denn noch dazu? Es ist ja wahrscheinlich noch mehr gewesen als jetzt nur ein Claim, den man online abbildet.
Jan-Philipp Blome: Hinter dem Claim steckt ja mehr. Das ist ja schon ein wirkliches Versprechen. Große Auswahl, attraktive Preise. Und ich glaube, dafür stand in dem Fall real offline. Weil es gibt kein vergleichbares Modell, was eine ähnlich breite Auswahl in Kategorien wie Haushalt, Spielwaren, Elektronik hat. Online kann ich das nur nicht eins zu eins kopieren, sondern ich muss es halt neu denken. Und online ist das Regal halt unendlich groß und dann muss ich das auch entsprechend abbilden und mir die Mechanismen schaffen, online das größte Sortiment zu haben, die besten Preise zu haben. Die besten Services zu haben, nah beim Kunden zu sein, heißt dann meistens automatisch irgendwo, ich brauche super Mobile Experience, ich muss schnell ladende Website haben, da gehe ich ganz schnell in technologische Fragestellungen eigentlich rein. Von daher glaube ich, der Claim, der sagt schon ziemlich viel und das kann man dann halt runterdeklinieren in verschiedene Dimensionen.
Joel Kaczmarek: Für mich war das immer überraschend, man kauft eigentlich ein und findet da auch Autoreifen oder Playstation-Spiele oder Lesematerial, Spielzeug, Klamotten und solche Sachen. Wart ihr jemals an dem Punkt, dass ihr darüber nachgedacht habt zu sagen, wir machen sowas wie LEH angereichert um? oder war von vornherein klar, ihr geht eher auf die versandtauglichen Produkte, also auf das, was sich online abbilden lässt, wo man keine frische Themen hat, keine Liefergeschwindigkeitsthemen, also nicht so wie bei Food, weil das genau der Faktor ist, dass man das Markenversprechen Vielfalt, aber auf die Kategorien verspricht sozusagen oder anwendet, die man online auch einhalten kann.
Jan-Philipp Blome: Ich war jetzt automatisch gedanklich immer in dem Non-Food-Bereich und in der Tat haben wir uns darauf fokussiert und haben dann ganz parallel ein Team hochgezogen, was sich um das Food-Thema gekümmert hat. Aber in einem eher zu dem Zeitpunkt experimentellen Charakter, weil das ja dann doch wieder ein ganz anderes Geschäftsmodell ist, was auch online einfach ganz andere Customer Journeys hinterstecken. Du hast auf einmal nicht ein, zwei Artikel im Warenkorb, sondern 40, 50. Der Kunde kommt nicht alle paar Monate, sondern alle Wochen zusammen. Das ist dann doch auch wieder eine andere Experience, halt auch ein Learning. Dafür brauche ich halt eine separate Entity, das ist ein separates Geschäftsmodell. Das kann ich irgendwo in eine Art ein Portal, nenne ich es mal, packen, in eine Webseite. Aber am Ende sind es schon komplett unterschiedliche Teams gewesen, Technologien gewesen, mit denen wir das bedient haben und haben uns im ersten Schritt, und das war auch der Hauptfokus und das ist auch das, was am erfolgreichsten gewesen ist, auf das Non-Food-Thema fokussiert.
Joel Kaczmarek: Also muss man ja eigentlich sagen, dass bei dem Schritt, euer Markenversprechen nach online zu transferieren, ihr gleichzeitig mit als Learning habt, dass ich mit dem Markenversprechen online auch ein anderes Geschäftsmodell und vielleicht sogar ein aufgefächertes Geschäftsmodell verbinden kann. Habe ich es richtig verstanden?
Jan-Philipp Blome: Relativ schnell redet man ja über andere Geschäftsmodelle, weil im klassischen Handel reden wir irgendwo über Einkaufs-Verkauf-Preise und darüber verdienen wir unser Geld über die Differenz in dem Online-Geschäft. Sind wir dann ganz schnell in das Thema Plattform gekommen, wo wir ganz andere Revenue-Streams hatten und uns finanziert haben über Provisionen, Financing-Revenues, über Advertising-Revenues, die irgendwo noch on top kamen. Das heißt, ganz andere Monetarisierungselemente. Auf der anderen Seite kann man das auch wieder abstrahieren, muss man fairerweise sagen. Und solche Finanzierungsmodelle gibt es natürlich im Offline-Handel auch. Da heißt es dann ganz klassischerweise Werbekostenzuschiff. Da gibt es auch Möglichkeiten, Financing-Optionen auszuwählen. Das ist halt von der Customer Experience immer ein bisschen schwieriger. Online geht es halt alles ein bisschen reibungsloser und skalierbarer. Du kommst in andere Geschäftsmodelle rein. Dein Fokus kann sich halt auch verschieben. Ich glaube, damit tun sich auch wirklich viele Leute schwer. Man möchte das ja alles gut planen. Und dann mache ich meinen Jahresplan und meinen Dreijahresplan, mein Midterm Planning oder Midterm Budget, Longterm Budget. Und dann exekutieren wir so einen Fünfjahresplan. Ich glaube, klar, man braucht eine Vision. Aber der Weg dahin ist ja alles andere als gerade. Du musst da schon eine gewisse Flexibilität, Unternehmertum an den Tag legen. Das ist halt nicht so planbar wie ein klassisches Geschäft, wenn ich halt 48 Filialen habe. habe ich ein relativ gutes Verständnis davon, wie sieht die 49. aus und wie ist der Prozess zu der 49. gekommen. Und dann kann ich noch sagen, jetzt wird es spannend, weil wir jetzt über die Ländergrenze hinweg gehen, aber auch da weiß ich ja eigentlich Bescheid. Da habe ich nochmal ein paar andere Gegebenheiten. Ich glaube, in dieser Online-Reise ist es viel inkrementeller und viel schnelllebiger. Das muss man halt auch irgendwo hinkriegen.
Joel Kaczmarek: Logische Ableitung aus dem, was du sagst, ist ja, dass da natürlich die Kapazitäten, die ich aufbauen muss im Bereich Technologie und wahrscheinlich aber auch Marketing vermutlich ganz andere sind, richtig? Auf jeden Fall. Was hast du denn da wahrgenommen? Also wie unterscheidet sich das denn, wenn ich irgendwie stationär versus online, wenn ich quasi da hingehe und mit der Brille IT raufgucke und mit der Brille Marketing in Klammern und Online-Marketing?
Jan-Philipp Blome: Ich persönlich habe da natürlich auch eine Reise hinter mir, wenn du fängst halt an mit gewissen Online-Aktivitäten in klassischen Handelsunternehmen. Und dann gibt es natürlich eine funktionale Organisation und dann redet man mit der IT- oder Org-DV-Abteilung, auch teilweise noch genannt. Da gibt es ja gar keinen Softwareentwickler, da gibt es maximal Projektmanager. Dann stellst du relativ schnell fest, aber ich rede jetzt irgendwie über meine persönliche Erfahrung 2008, ne?
Joel Kaczmarek: Dein 2008 ist bei manchen das 2020, von daher ist es schon okay.
Jan-Philipp Blome: Ja, dann stellst du halt relativ schnell fest, das wird so nicht funktionieren. Dann gehst du wahrscheinlich zu einer Agentur, dann stellst du fest, naja, eigentlich wäre cool, wenn wir die Kompetenzen in-house hätten. Und so fängst du dann irgendwie dir deinen eigenen Nukleus aufzubauen. Ich glaube, das Komplexeste ist halt, du musst einmal einen Nukleus haben, wenn du den hast, den dann nachholst. größer zu machen. Das ist auch eine Herausforderung, aber die ist deutlich geringer, als überhaupt diesen Nukleus zu bauen. Und am Ende brauchst du halt Tech-Kompetenz. Ich meine, wir haben jetzt bei Metro Markets in 24 Monaten 150 Tech-Leute, Engineers, Product Owner, UX, UI, aufgebaut und zwar intern. Und ich glaube, das ist halt das Core Asset, weil das sind die Leute, die ich brauche, um das Produkt zu bauen, um das Geschäft zu bauen. Wenn wir da die richtigen Prozesse haben, dann werden wir uns auch gewisse Schwankungen im Markt, geändertes Nutzerverhalten etc., dann sind wir in der Lage, schnell zu reagieren, wenn ich diese Leute habe und die Fähigkeiten. Wenn ich das nicht habe und ich muss dann immer wieder irgendeinen externen beauftragen und ich habe gar nicht dieses Know-how, bin ich, glaube ich, erstens sehr, sehr abhängig und zweitens unglaublich langsam. Und aus meiner Sicht fehlt mir dann eigentlich das, was mein Geschäft ausmacht, nämlich ich bin nicht mehr der bestimmt, wie ich was verkaufen kann. Mir fehlt eigentlich die Kernkompetenz. Das ist ein bisschen die Tech-Sicht. Ich glaube, aus Online-Marketing-Sicht ist es ganz ähnlich. Ich meine, auch da, ich habe früher dann angefangen, mit Agenturen zu arbeiten. Dann arbeitest du dich selber ein, dann stellst du schnell fest, dass das Modell oftmal wie Agenturen inzentiviert werden. gar nicht so zielführend ist mit einer Optimierung auf gewisse KPIs, dann optimierst du das und dann kommst du hin und sagst, naja, eigentlich müssen wir das jetzt inhausen. Auch da ist dann dasselbe, da musst du irgendwann einmal den Weg gehen, der ist dann schmerzhaft, aber wenn du es dann hast, dann hast du, glaube ich, auch da wieder die Assets, die du brauchst, um zu skalieren im Haus. Und wenn du den Nukleus hast, kannst du da dann auch um den Nukleus herum relativ zügig weitere Fähigkeiten aufbauen. Hängt ja eng zusammen, Tech und Marketing. Wenn ich mir jetzt heute mein Marketing angucke, ich glaube, da haben wir vier Teamleads, da können drei von programmieren. Nicht alles, aber die können zumindest Python, die können irgendwo Daten aus einer Datenbank kriegen. Das sind halt andere Fähigkeiten als die, die du in einem klassischen Marketingorganisation, in einem Handelsunternehmen erwarten würdest.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, wir könnten sowieso einen ganz eigenen Podcast machen zum Thema, wie muss IT aussehen für ein digitales Unternehmen. Aber wenn du es nochmal runterbrichst, was brauchst du quasi online für eine andere Personalstruktur oder auch Vorgehensweise im Bereich Tech, als du es vielleicht offline brauchst? Also wir reden ja auch von sowas wie schnell MVPs produzieren, schnell Produkte vertesten, Features hinzunehmen, sehr, sehr vieles parallel machen, viel, viel kürzere Zyklen und so weiter und so fort. Das heißt, wie sieht denn da der Apparat aus? oder was muss der Apparat leisten? Vielleicht muss man so rum eher fragen.
Jan-Philipp Blome: In einem klassischen Handelsunternehmen ist an vielen Stellen die IT ja ein interner Dienstleister und wird als Kostcenter betrachtet. Ob das richtig ist für ein klassisches Handelsunternehmen, das kann sich jeder selbst die Frage stellen. Ich würde sagen, nein, auch für ein klassisches Handelsunternehmen sollte es nicht so sein. Aber in einem Digitalgeschäft, da würde ich jetzt sagen, hundertprozentig ist das falsch. Da ist das Tech-Team, das IT-Team, das Product-Team, das Team, was irgendwo das Geschäft treibt, das Team, was natürlich in engem Alignment mit den Stakeholdern aus Commercial Marketing Operations Team, irgendwo den Wert treibt, das Produkt entwickelt, die Customer Proposition mitbestimmt. Und es geht eigentlich darum, ja in kürzesten Iterationen neue Dinge auszuprobieren, datenbasiert zu arbeiten. Ich glaube, dieses datenbasierte Arbeiten ist auch super essentiell, dass du das in dem Tech-Bereich hast. Und du brauchst natürlich auf einmal Tech-Teams, die irgendwo nah im Business sind. Und was ich klassisch aus Handelsunternehmen kenne, Business und Tech ist sehr weit auseinander. In einem Digitalunternehmen kann das nicht auseinander sein. Das ist eins. Das muss hochgradig integriert sein.
Joel Kaczmarek: Habt ihr das auch in der Führungsriege, also in der Corporate Governance abgebildet, diese Tech-Orientiertheit? Weil viele Unternehmer sehen ja zum Beispiel für Tech-Experten keine Vorstandsposten vor oder haben die nicht in ihrer Geschäftsleitung mit drin. War und ist das bei euch?
Jan-Philipp Blome: Also wir hatten immer sehr starke Tech-Teams. Das war mir bei Real sehr, sehr wichtig. Da gab es halt zwei Geschäftsführer, fairerweise Greg Gerhardt und ich sind jetzt beide nicht die Personen mit Tech-Background, aber ich würde sagen zumindest ein grundlegendes Verständnis. Und bei mir jetzt ist es genauso. Jetzt sind wir auch zwei Personen in der Geschäftsführung, kein Tech-Mensch, aber auf der Ebene drunter haben wir ein recht starkes Team und auch allein anzahlmäßig im Leadership sehr. viele erfahrene Tech-Leute, also erfahren muss ja nicht alt heißen, aber Leute, die halt schon Digital-Business-Modelle aufgebaut haben, aus einer Tech-Brille haben wir da an Bord.
Joel Kaczmarek: Habt ihr eure Tech-Kompetenz eigentlich nur lokal da oder arbeitet ihr auch remote mit Tech-Experten?
Jan-Philipp Blome: Hatten natürlich eine gewisse Delivery-Druck, haben dann uns schnell ein kleines Team in Düsseldorf aufgebaut, aber gleichzeitig mit Partnern in Osteuropa die erste Version der Plattform gebaut, haben dann aber nach und nach immer mehr Produktteams ingesourced. Seit dem 1.10. haben wir ein Office in Palma, in Mallorca und so haben wir Inhouse, aber halt an zwei Standorten. Und Palma ist für uns jetzt attraktiver als Osteuropa, weil von Düsseldorf kann man stündlich, zumindest in Nicht-Covid-Zeiten, nach Palma fliegen und ist dann auch ein ganz attraktiver Standort.
Joel Kaczmarek: Und hat da besseres Wetter als in Osteuropa. Außer man steht auf Schneemänner bauen. Gut, also wir fassen nochmal ganz kurz zusammen. Andere Tech-Anforderungen, sehr viel mehr auf Geschwindigkeit ausgerichtet, auf Ausprobieren, viel, viel näher dran an der Wertschöpfung, also elementarer Bestandteil der Wertschöpfungskette. Gar nicht Kostcenter, sondern eigentlich quasi der Produktkern. Wichtig war auch sozusagen ein anderer HR-Faktor und den gar nicht nur Inhouse, sondern auch Remote abbildbar und verteilt über Standorte. Wenn du nochmal ganz kurz den Blick auf Online-Marketing setzt, weil du ja auch gesagt hast, da sind andere Faktoren gefragt. Du hast vorhin erzählt, 66% deiner Marketing-Heads können programmieren. Was ist denn da als neue Anforderung hinzugekommen? Also ist das zum Beispiel so, dass die sehr viel mit Rohdaten arbeiten müssen und die dann in unterschiedliche Tools quasi migrieren im Sinne von so einem Data-Warehouse. oder woran liegt es, dass bei dir selbst die Marketing-Leute jetzt schon programmieren können?
Jan-Philipp Blome: Wenn ich jetzt mir eine klassische Marketingabteilung angucke, dann sind das eher Leute, die aus einer visuellen Schule kommen. Und in der Online-Welt, am Ende geht es ja um datengetriebenes Optimieren. Um das möglichst gut zu machen, ist es halt wichtig, alle Datenquellen anzuzapfen, die Daten irgendwo an einer Stelle zusammenzubringen und dann wiederum nutzbar zu machen für Optimierung im Targeting, für Optimierung im BDNEDT. Marketing ist für mich eigentlich immer dieser krasseste Beispiel, weil da hast du echt teilweise klassische Marketingleute und Online-Marketingleute. einem Chinesen in den Raum setzen. Wahrscheinlich würden wir uns nicht verstehen, außer wenn wir Google Translate hätten. Und so ähnlich ist das da, glaube ich, auch. Das sind krass unterschiedliche Welten, wenn jemand irgendwo 15 Jahre Branding und visuelle Themen kommt und die anderen kommen aus einer rein datengetriebenen Performance-Sicht. Das ist teilweise spannende Situationen, die sich dann ergeben.
Joel Kaczmarek: Aber du brauchst trotzdem beide bei euch noch, weil ich erinnere mich, es gab ja damals so den großen Aha-Knall-Effekt sozusagen mit Zalando, als Zalando irgendwie einen großen Teil seiner Marketing-Mitarbeiter entlassen hatte und keiner hat das so richtig verstanden in der Sekunde. oder es waren viele überrascht ein Stück weit und da war aber genau dieser Faktor sehr zentral, dass sie halt gesagt haben, sie brauchen jetzt weniger People-Umsetzungspower im Sinne von die Creatives erstellen, sondern sie brauchen eigentlich Datenexperten, die diese Optimierung gesteuert kriegen. Und deswegen fielen irgendwie ganz viele Personenprofile weg. Wie ist denn bei euch diese Ratio zwischen alter Marketing-Schule und neuer datengetriebener Marketing-Schule?
Jan-Philipp Blome: Jetzt heute ist wahrscheinlich so drei Viertel eher datengetrieben, eher analytisch. Ein Viertel noch Leute, die irgendwo kreativ aus der Branding kommen und Webmanagement auch drumherum machen. Und ich glaube, das brauchen wir auch. Ich glaube, so eine Markenführung ist ja nichts ganz Triviales. Und das kann ich halt auch nicht nur mit Daten machen, sondern da brauche ich schon noch ein bisschen mehr. Aber ich glaube, entscheidend ist halt diese 75%. oder zwei Drittel, das ist auch, glaube ich, egal, wie viel es genau, in der klassischen Retail-Marketingabteilung gab es die gar nicht. Das, was man lernen muss, was man dann aufbauen muss und dann auch wieder dazwischen diesen Welten die Brücken zu bauen.
Joel Kaczmarek: Jetzt können wir eigentlich auch schon zu deinem dritten Thema überleiten, nämlich die organisatorische Abbildung, weil das, was du gerade beschrieben hast, dass ihr einen Markenversprechen online anders umsetzt und auch mit einem anderen Geschäftsmodell als offline, dass ihr dann dezidierte Tech- und Marketing-Capabilities braucht, die anders aussehen als für eine Offline-Firma, lässt ja nahelegen, das klingt für mich sehr stark nach Greenfield. dass man sich halt überlegen muss, integriere ich das in eine Bestandsorganisation mit aller Reibung, die das produziert oder versuche ich quasi so ein Beiboot zu bauen oder vielleicht ein komplett eigenes zweites Schiff sozusagen. Was ist da dein Learning?
Jan-Philipp Blome: Ich habe jetzt, glaube ich, beide Dinge erlebt und meine persönlichen Erfahrungen gemacht. Es gibt keinen ganz einfachen Weg. Und es gibt keinen schmerzfreien Weg. Ich würde immer den Weg wählen des Beibots. Und das Beibot kann dann hoffentlich im Laufe der Zeit irgendwo größer werden und ist dann irgendwann mehr als ein Beibot. Du brauchst diese Geschwindigkeit, die wir vorhin im Tech-Bereich angesprochen haben, diese Agilität, die möchtest du eigentlich auf andere Themen übertragen. Du brauchst eine Endkundenlogistik. Normalerweise hast du keine Endkundenlogistik. Und wenn du sonst B2B, also Inhouse-Logistik machst, macht jetzt auf einmal Endkundenlogistik, das ist halt was ganz anderes. und deshalb bin ich immer Freund von einem Beiboot. und je mehr wir uns auf den Kanal fokussiert haben, je mehr wir darauf optimiert haben, desto erfolgreicher war das Geschäft. und das bringt natürlich neue Herausforderungen mit sich, nämlich du musst ja irgendwo trotzdem, operierst du unter einer Marke, also du kannst den About You Otto Ansatz wählen, wo du noch eine neue Marke komplett aufbaust, aber wir haben es jetzt immer gemacht unter der selben Marker. Und das bringt natürlich dann schon auch nochmal gewisse Reibungen mit sich. Und ich glaube, das hat ganz viel mit Transformation, mit Change Management zu tun, mit Erklären, mit Vermitteln. Du musst immer wieder die Brücken bauen. Das ist eine starke Leadership-Aufgabe. Ohne das funktioniert es halt auch nicht.
Joel Kaczmarek: Und was hast du sozusagen für einen Preis dafür gezahlt bisher? Weil man kennt ja so diese Klassiker, die da drüben geben das Geld aus, was wir verdienen. Und irgendwie, warum dürfen die so innovativ sein und wir nicht? Also hattest du mit solchen Reibungen zu tun, wenn du das nach diesem Vorgehen gemacht hast? Ich meine, jetzt gerade hast du es ja auch so ein Stück weit, dass du ein Beiboot baust.
Jan-Philipp Blome: Solche Erfahrungen habe ich auch und ich kann die dann auch, wenn man sich in die Situation reinversetzt, wenn ich in die Menschen reinversetze, kann ich viele Dinge davon verstehen. Da gibt es Mitarbeiterabteilungen, die haben starken Kostendruck, verantworten vielleicht ein schrumpfendes Geschäft und dadurch wird der Druck immer höher. Und auf der anderen Seite wird etwas Neues aufgebaut, woran investiert wird. Dass das erstmal zum Konflikt führt, würde ich sagen, ist erstmal menschlich. Die Frage ist halt, wie weit lässt man das eskalieren und wie viel Zeit investiert man da rein, sowas aufzulösen? Wie viel Zeit bringt man den Leuten? Und aus meiner Erfahrung ist eigentlich, solange du dann immer wieder Zeit miteinander verbringst, immer wieder Dinge erklärst, kannst du eigentlich diese Konflikte auflösen. Auch wenn sie dann immer wieder mal hochkommen, aber die Leute Oder was heißt auflösen, ist vielleicht falsch, aber du generierst ein Verständnis füreinander, weil ich meine, die meisten Leute nehmen ja wahr, was um sie herum passiert und wie sich die Welt verändert und dass es eine Notwendigkeit gibt, Dinge zu verändern. Mein bestes Beispiel, ich musste mal zu einem Betriebsrat und der Betriebsrat hat mir dann gesagt, nachdem wir das alles vorgestaltet hatten und alle waren in Sorge, dass es dann sehr kritisch wird, hat er gesagt, nein, Herr Blome, hoffentlich sind wir nicht zu den Jahren zu spät. Und normalerweise erwartest du dann sehr kritische Fragen, die auch dann aus deren Position, wenn man sich reinversetzt, sehr verständlich sind. Und das zeigt dir, dass es auch ein Verständnis dafür gibt. Und deshalb, glaube ich, ist eine wichtige Aufgabe im Leadership an so einer Stelle, dass du nicht nur das Neue aufbaust, sondern du hast auch eine Verantwortung für eine Transformation, für Erklären, für Vermitteln. Das kann nicht nur die Aufgabe des Digitalteams sein. Ich glaube, das ist auch die Aufgabe des Leadership für das klassische Geschäft, für die Gesamtform.
Joel Kaczmarek: Und wie machst du es rein formell? Also wenn ich jetzt hingehe und sage, ich brauche eine zweite Entität auf, das ist ja oft so ein Budgetierungsthema auch. Also eigentlich heißt es ja im Klartext, dass du quasi deine Innovationspipeline ein Stück weit outsourcest oder parallelisierst und musst dafür separate Budgets vorsehen. Ist das was, wo du in deiner Vergangenheit gemerkt hast, dass man da viele Debatten und viele Gespräche führen muss mit einem Vorstand, mit den Abteilungsbereichen und so weiter und so fort? Wie muss man sich so einen Prozess vorstellen? Weil ich überlege mir gerade, wenn jetzt Hörerinnen und Hörer zuhören, die eine Bestandsorganisation haben, die groß ist, vielleicht im besten Fall gerade noch erfolgreich läuft. Der schwierigste Faktor zur Digitalisierung ist ja, wenn man gerade Erfolg hat und eigentlich keinen Bedarf sieht, vermeintlich. Und die sich jetzt überlegen müssen, okay, wir wollen eigentlich unser Geschäft, genau wie der Philipp das jetzt sagt, hier mal ausweiten. Wir müssen das jetzt als zweite Instanz aufbauen. Wie mache ich das eigentlich?
Jan-Philipp Blome: Ich habe es halt so aus zwei Perspektiven erlebt. Ich glaube, bei Real haben wir sehr viel bottom-up gearbeitet und dann einfach einen kleinen Erfolg nach dem anderen generiert und damit auch irgendwo relativ zügig eine Lobby gehabt, plus dann einen CEO, der das bedingungslos unterstützt hat, aber waren dann gleichzeitig auch einfach durch das Wachstum so relevant, relativ zügig, dass dort die Konflikte überschaubar waren. Ich glaube, jetzt in dem neuen Setup, in dem wir sind, wo wir von null anfangen und eigentlich mit einer relativ hohen Geschwindigkeit was aufbauen wollen, haben wir da nochmal ein anderes Level an Diskussionen. Da glaube ich, ist es unabdingbar, wenn du kein Top-Level-Support hast, dann wirst du sowas nicht hinkriegen. Das muss, wenn die Spitze das nicht kauft und das will, es an der Stelle vorangeht und dementsprechend die Allokation an Mitteln nicht unterstützt, dann wird es echt schwierig. Dann kannst du nur im Kleinen Dinge tun und dir wieder Erfolge aufbauen, aber dann kriegst du nicht so viel Speed auf die Straße, wie wir es jetzt gerade versuchen hinzukriegen.
Joel Kaczmarek: Anderer Faktor aus Organisationssicht, bevor wir abschließend auch mal ein bisschen über Multi-Channel-Values noch sprechen, Finance. Ganz viele Unternehmen machen ja irgendwie so eine P&L seit einer langen Zeit, haben jetzt aber so ein Geschäft vor sich, was wahrscheinlich dem sehr stark zuwiderläuft. Was ist dein Learning in dem Bereich Finance gewesen?
Jan-Philipp Blome: Als erstes musst du dir überlegen, wie sieht eigentlich eine E-Commerce-PNL aus oder eine Marktplatz-PNL, wenn wir über einen Marktplatz reden. Weil wenn ich eins zu eins meine Retail-PNL-Struktur, die ich denke, meine Kostenstruktur, wenn ich die nehme und auf online transformiere und die Erwartungen, die ich daraus kenne, das geht schief. Das habe ich selber erlebt, kenne ich aber viele andere, die das auch erlebt haben. Die kamen aus ihrer Offline-Welt und dann haben wir gesagt, jetzt müssen wir digitalisieren. Wir kennen unsere Kostenstruktur. Wir haben ja auch keine Ahnung, wir auftragen mal einen Dritten, der das für uns macht. Wir wissen ja, wie viel Geld wir verdienen, kennen wir ja aus unseren Stores, da wissen wir auch, wie viel wir dem zahlen können. und dann auf einmal stellen wir fest, wir verdienen online viel weniger, weil die Warenkopfstruktur anders ist, weil die Artikelzusammensetzung, Kategoriezusammensetzung ganz anders ist. Auf einmal geht das ganze Konstrukt nicht mehr auf. Und dann kannst du halt eine andere Frage haben, wo du sagst, ich gucke mir jetzt einfach an, wie sind eigentlich von relevanten Wettbewerbern die Strukturen aus? Und daran orientiere ich mich. Und dann habe ich noch die Herausforderung, dass wenn ich in einem besättigten Markt, in einer besättigten Struktur unterwegs bin, dann sind für mich natürlich ganz andere Metriken wahrscheinlich relevant, als in einem Markt, wo es um Wachstum, wo es um Marktanteile geht. Also die typische Diskussion. Wann haben wir denn jetzt Abit-Contribution? Wann verdienen wir denn jetzt wie viel Geld? Und dann sagt jemand, ich weiß ja, wollen wir jetzt Geld verdienen, wollen wir jetzt Marktanteile, positiven Cashflow generieren, den ich wiederum in Wachstum investieren kann. Und umso stärker ich normalerweise wachse, wenn ich gewisse Mechanismen einmal im Griff habe. habe, umso mehr Cashflow produziere ich ja normalerweise in einem Modell, um dann wieder in Wachstum investieren zu können. Da helfen dir eigentlich auch Leute, die aus dem Private Equity oder aus dem Venture Capital Bereich kommen, wenn du die in deinen Konzernstrukturen hast, die halt einfach verschiedene Strukturen kennen und nicht nur die pure Retail-filialisierter Einzelhandel. Und das ist, glaube ich, super wichtig, weil sonst steuerst du gegen die falschen Ziele relativ zügig. Und dann versuchst du ganz schnell EBIT positiv zu sein, was wahrscheinlich gar nicht so zielführend ist.
Joel Kaczmarek: Habt ihr in der Vergangenheit sowas dann quasi mit ausgelagert komplett? Also ist das auch so ein Faktor, dass man sagt, so wie ich IT-Marketing rüberhebe in eine separate Entität, mache ich das natürlich auch mit der Buchhaltung und mit dem ganzen Finance-Thema?
Jan-Philipp Blome: Wir haben dann in der Tat im Laufe der Zeit wirklich auch die Admin-Funktionen. Auch selbst aufgebaut, sowohl in Real Digital als auch jetzt bei Metro Markets von Tag 1 an. Und auch Legal. Legal ist auch nicht zu unterschätzen. Und ich halte das für absolut essentiell. Du hast andere Prozesse, andere Sichtweisen. Natürlich, wenn es am Ende um Allokationen von Mitteln geht, dann hast du natürlich eine Diskussion auf anderen Ebenen. Aber dass wir unsere Themen im Griff haben, dafür ist es wichtig. Ich glaube, bei Legal kann man es auch nochmal erklären. Wenn du einen klassischen Händler hast, bei dem geht es ja um Legal Business. Bereich sehr viel um Risikominimierung. Das Datenschutzteam hat sich dann mit Datenschutz rund um Personalakten beschäftigt. Ja, das ist ein bisschen ketzerisch. Aber für uns geht es halt um ein paar andere Dinge an der Stelle. Und wenn man das nicht unternehmerisch managt, dann wirst du halt nicht die Daten sammeln, die du brauchst, um vernünftiges Online-Marketing machen zu können. Und automatisch hast du einen Wettbewerbsnachteil. Und natürlich wollen dann die relevanten Talents auch nicht bei dir arbeiten, wenn du die Daten nicht zur Verfügung stellst. Und deshalb haben wir von Tag 1 an eigene Anwälte, die bei uns in den Teams sitzen, die kontinuierlich mit den Product-Teams arbeiten, die verstehen, wie die Arbeitsweisen sind und halte ich für absolut essentiell. Finance genauso.
Joel Kaczmarek: Ja, man merkt, es klingt wie ein Teufelskreis, der sehr schnell einsetzen kann und sich selbst verstärkt. Letzter Punkt. Wir haben jetzt natürlich das Wort Multichannel kaum noch in den Mund genommen, weil wir die Problemwelten dessen ja skizziert haben. Aber es mag ja auch Vorteile haben oder Elemente, die man daraus sichern kann. Also früher war ja auch nicht alles schlecht sozusagen und heute ist es besser. Was sind denn so Multichannel-Values, die du siehst, die man durchaus auch betrachten und vielleicht verwenden sollte?
Jan-Philipp Blome: Wenn man über Multi-Channel spricht, dann fällt den meisten Hörern wahrscheinlich sowas ein wie Pick & Collect oder Order in Store, Deliver Home oder Pick Up in Store oder irgendwelche Themen. Da habe ich persönlich jetzt schlechte Erfahrungen mitgemacht. Du kannst die Dinge ja durchdeklinieren. Du gehst ja nicht in einen Laden, wo du weißt, dass da keine Tischtennisplatten oder große Gartengarnituren zu gibt, um dich da beraten zu lassen, wie du dann online sowas kaufst. Das ist ja einfach nicht möglich. realistisch. Click & Collect ist aus meiner Sicht zumindest in den allermeisten Cases unlogisch. Ich glaube, es gibt ganz spezielle Cases, wenn du komplett vertikal integriert bist. Im DIY-Bereich kann es auch, glaube ich, eine Relevanz haben, aber in der breiten Masse hat es aus meiner Sicht keine Relevanz. Die Tests, die ich gemacht habe, sowohl im Non-Food- als auch im Lebensmittelbereich, haben eigentlich das immer auch untermauert. Wo man Wert generieren kann, ist Wenn ich wiederum über Daten an das Thema rangehe, Beispiel, nehmen wir zum Beispiel in unserer Metro-Welt. Metro hat ja jeder Kunde eine Metro-Karte. Das heißt, wir haben ja einen Riesenvorteil. Wir kennen ja unsere Offline-Kunden und der Kunde ist ja identifizierbar. Und wenn ich es schaffe, diese Identity in die Online-Welt zu heben, inklusive der ganzen Daten und dem Einkaufsverhalten, dann logischerweise was hinter dieser Identity steckt. Das kann ich, glaube ich, super monetarisieren. Und da kann ich, glaube ich, viel raus lernen und dann kann ich natürlich auch Dinge machen, dass ich wirklich Online-Verhalten, 1 zu 1 Offline-Kaufverhalten zuordnen kann. Kann man auch in kleinen Teams machen, da es halt Daten- und Software getrieben ist, skaliert es halt wunderbar. Und ich glaube, da haben wir auch als Metro noch spannende Ideen, die wir machen können in den nächsten Monaten und Jahren. Und das können fairerweise viele Einzelhändler nicht. Also wenn du jetzt bei Payback bist oder ein anderes Loyalty-Programm oder ein eigenes Loyalty-Programm hast, dann kannst du halt ähnliche Dinge tun, aber halt immer nur auf dem Teil der Kunden, die identifizierbar sind. Aber das halte ich zum Beispiel für super spannend. Oder ich glaube auch, kannst gewisse Loyalty-Schemes auch kanalübergreifend einwenden. Das ist auch problemlos möglich.
Joel Kaczmarek: Das wollte ich dich gerade fragen, weil du hast ja bei Real die Payback-Erfahrung auch mitgenommen und ich bin mir relativ sicher, dass so Akteure wie ein DM einen Payback halt vor allem vor dem Hintergrund sieht, ihre Kunden identifizierbar zu machen, wenn sie quasi virtuell auch auf DM sozusagen zugreifen oder den Prozess der Kundenkenntnis zu strukturieren. Und ich meine, man ist ja immer so ein Stück weit verführt, so die nächste Mitgliedskundenkarte zu machen. Also es gibt ja genügend Beispiele, weiß ich nicht, die Douglas-Karte. Der Metro ist ja speziell, da habt ihr ja quasi durch den Großhandelszugang ist das ein bisschen wie so ein Gatekeeper gleichzeitig. Also da ist quasi die Kundenkenntnis gar nicht so sehr im Sinne von Loyalty auch gesehen, sondern im Sinne von Zugang zum Produkt eigentlich. Was ist denn da dein Blick? Also wenn ich jetzt jemand bin, der noch kein Loyalty-Scheme hat installiert, eins selber aufsetzen, mit Payback was machen oder Deutschland-Card und wen es da noch da draußen gibt, was ist da dein Blick drauf?
Jan-Philipp Blome: Am Ende lebt ja so ein Loyalty-System von der Relevanz und es ist für mich als Unternehmen dann irgendwo sinnvoll, wenn ich eine hohe Durchdringung hinkriege. Und da muss ich mich halt fragen, ob ich als Standalone-Unternehmen das hinbekomme oder ob ich mich besser irgendeinem Programm anschließe. Wenn ich mich dafür entscheide, ich möchte mich in ein Programm anschließen, dann hast du die Partner genannt, die es hier in Deutschland gibt. Ich halte das für sehr wichtig, wenn ich Multichannel machen will, dass ich halt in der Lage bin, irgendwo meinen Offline- und meinen Online-Kunden zusammenzubringen und einen Blick auf diesen Kunden zu haben. Im Übrigen, wenn ich das kann, kann ich auch über Zahlen relativ schnell, zumindest konnten wir es sowohl bei Real, da haben wir es über Payback gemacht, bei Metro haben wir unsere eigenen Daten, relativ schnell zeigen, dass so Kannibalisierungsängste halt Ängste sind und Theorien und rein praktisch, dass sich nicht mit dem Kundenverhalten deckt, sondern das ist immer darum, den Share of Wallet zu erhöhen. Wenn der Kunde mehr Touchpoints mit der Marke hat, wenn er in mehr Business-Modellen mit der Marke interagiert, dass der Umsatz je Kunde eigentlich steigt. Aber es hat natürlich auch was mit Marketing zu tun. Dass ich diese Dinge belegen kann mit Zahlen, ist eigentlich ein Seiteneffekt. Aber ich glaube, es ist super wichtig, dass ich den Kunden zusammenführen kann, dass ich verstehe, wie der Kunde sich kategorisiert, Ich meine, habt ihr es denn damals so gemacht?
Joel Kaczmarek: Ich glaube, die Wesentlichen sind ja wirklich Payback, Deutschlandcard und wahrscheinlich noch Miles & More, haben wir gefühlt vergessen. Das wären so die drei Zentralen, die mir einfallen. Und war es damals so, als ihr bei real.de den Marktplatz wirklich aufgebaut habt, dass ihr eure Payback-Entities quasi dort auch genutzt habt? Oder war das da ein Sonderfall, weil ja das stationäre Geschäft irgendwann jetzt auch verkauft werden sollte, wurde? Habt ihr damals quasi da diese Bridge gebaut?
Jan-Philipp Blome: Ja, wir haben von Tag 1 Brücke gebaut zwischen On- und Offline-Geschäft und haben die auch immer weiter ausgebaut, bis hin zu, dass man dann online Punkte einlösen konnte und das war ein großes Asset, glaube ich, in dem Gesamtkonstrukt.
Joel Kaczmarek: Gut, lieber Philipp, es hat viel Spaß gemacht, weil irgendwie du auch sehr ehrlich, glaube ich, über deine eigenen Learnings und die Fehler und die Fallen, die man dann selber auch tappt über die Jahre gesprochen hast. Und ich bin gespannt, wie das mit den Metro Markets weitergeht. Da seid ihr ja fast eher softwarelastig unterwegs als handelsorientiert, könnte man sagen. Aber ich glaube, vieles, was wir jetzt hier gesagt haben, ist darauf auch applizierbar. Von daher bin ich mal gespannt und freue mich darauf, da auch noch weiter in Zukunft von deinem Wissen partizipieren zu dürfen und dich ein bisschen aus der Ferne zu verfolgen. Also lieben Dank dir.
Jan-Philipp Blome: Ja, vielen Dank. Ich bin gespannt.
Joel Kaczmarek: Hey! Hey! Hey!