Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.
David Wortmann: Hallo und herzlich willkommen bei einer neuen Ausgabe des Deep Dive Cleantech Podcasts hier bei Digital Kompakt. Mein Name ist David Wortmann und ich bin Gründer und Geschäftsführer von DivaEco, einer auf Cleantech spezialisierten Beratungsagentur im Bereich Politik, Kommunikation und Strategie. Viele der Zuhörer, die ja hier schon einige inzwischen schon seit zwei Jahren dabei sind, wissen, dass wir uns immer wieder mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen im Bereich Cleantech beschäftigen. Und die meisten unserer Gäste haben eigentlich Technologien entwickelt, die sich positiv auf den Klimaschutz orientieren. Und heute habe ich einen ganz besonderen Gast hier, der wahrscheinlich auch nicht ganz unbekannt ist bei vielen, nämlich Christian Kroll. Er ist Gründer und Geschäftsführer von Ecosia. Und Ecosia, das wird er uns gleich mehr und detaillierter natürlich auch erzählen, ist nicht nur eine Technologie, sondern die verwendeten Gewinne, wenn man das mal ganz verkürzt sagt, sollen dann dafür verwendet werden, dass sie sich auch positiv auf den Klimaschutz einzahlen. Christian, erstmal herzlich willkommen, dass du da bist.
Christian Kroll: Ja, danke für die Einladung.
David Wortmann: Lass uns doch einfach mal zu Beginn so ein bisschen mal einsteigen in so ein Geschäftsmodell, was ihr tut. Vielleicht auch im Sinne eines Updates, weil vielleicht der eine oder die andere euch ja auch schon kennen. Vielleicht vorab, was macht ihr und was ist das aktuelle Update zu eurem Geschäftsmodell, zu eurem Unternehmen?
Christian Kroll: Also ja, wir sind eine Suchmaschine, die Bäume pflanzt. Das kann man glaube ich so ganz schnell zusammenfassen. Wie funktioniert das? Eigentlich genau wie auch bei allen anderen Suchmaschinen. Man gibt seinen Suchbegriff ein und wenn man dann auf der Suchergebnisseite auf Werbung klickt, dann verdienen wir Geld. Der große Unterschied, wie du ja schon gesagt hast, ist, dass wir eben die Gewinne verwenden, um Bäume zu pflanzen. Es braucht etwa 50 Suchen, um so einen Baum zu pflanzen, also je nachdem, wie oft man auf Werbung klickt. Aber es kommt dann, also sehr viel Kleinvieh macht dann auf einmal sehr, sehr viel Mist, weil wir inzwischen schon über 115 Millionen Bäume gepflanzt haben. Jede Sekunde kommt ein Baum hinzu und sind damit eine der erfolgreichsten oder größten Baumpflanzorganisationen weltweit. Leider, da müsste noch viel mehr passieren. Und wir sind aber auch tatsächlich Europas größte Suchmaschine, was auch, würde ich auch sagen, leider. Wir haben nämlich in Deutschland nur etwa 1% Marktanteil und Google, glaube ich, 97 oder 98%. Das heißt, wir sind natürlich noch winzig im Vergleich zu den anderen, aber eine der wenigen Hoffnungen, würde ich sagen, überhaupt, dass da in dem Bereich irgendwann mal es wirkliche Alternativen gibt. Wir haben etwa 75 Leute momentan im Unternehmen mit unserem Büro hier in Berlin und haben im letzten Jahr, glaube ich, ein bisschen mehr als 20 Millionen Umsatz gemacht und Ja, davon blieb halt viel übrig für Bäume pflanzen. Unsere Haupterfolgsmaßzahl ist halt Bäume, nicht wie bei anderen irgendwie, was weiß ich, Rendite oder Jahresgewinn oder sowas. Und ich sage immer gern, wir verdienen Geld, um Bäume zu pflanzen und wir pflanzen nicht Bäume, um Geld zu machen. Das heißt, das ist wirklich der Kern, der Purpose, warum Ecosia existiert. Und ja, also im letzten Jahr hatten wir viel Wachstum, dieses Jahr sieht es ein bisschen bescheidener aus. Also Corona hat natürlich uns auch getroffen, was den Umsatz anging. Wir haben weiter viele Nutzer, die auf unsere Seite kommen, aber Verschiedene Unternehmen haben halt ihre Anzeigen ein bisschen reduziert und das trifft uns auch. Aber ich glaube, im nächsten Jahr geht es weiter und dann versuchen wir hoffentlich viele Milliarden Bäume zu pflanzen, weil das ist tatsächlich die Dimension, in der wir denken müssen. Wir brauchen eigentlich in den nächsten Jahren tatsächlich eine Billionen Bäume. Das heißt, das sind 1000 Milliarden Bäume, die wir aufbauen.
David Wortmann: Lasst uns auch gerne alles gleich nochmal ein bisschen detailliert besprechen. Ich glaube, das ist erstmal ein super Einstieg, um erstmal zu verstehen. Aber vielleicht für mich nochmal. Wenn ich mir jetzt hier im Büro einen Studenten oder einen Praktikanten beschäftige, der jetzt 50 Mal auf Suchen bei euch druckt, habe ich damit dann einen Baum über euch gepflanzt?
Christian Kroll: Das ist natürlich nur eine Durchschnittszahl. Das heißt, wenn man Ecosia ganz normal verwendet, dann kommt das ungefähr bei raus, wenn man tatsächlich nur sucht. Und wir haben auch Leute, die das dann irgendwie lieb gemeint haben und Scripts geschrieben haben oder Viren tatsächlich teilweise programmiert haben, die dann irgendwie nur leere Suchen produzieren. Das funktioniert dann natürlich nicht. Wir filtern auch unechte Klicks raus, damit unsere Werbekunden nicht darunter leiden. Das heißt, man sollte Ecosia einfach nur ganz normal verwenden und nicht irgendwie die ganze Zeit die Seite aktualisieren.
David Wortmann: Wollen wir jetzt keinen aufrufen, weil am Ende müsst ihr die ja auch pflanzen und auch bezahlen, diese Bäume. Und sie müssen ja durch irgendwelche Einnahmen ja auch bezahlt werden. Das gucken wir uns gleich wirklich im Detail nochmal ein bisschen an. Aber vielleicht mal ganz kurz nochmal zum Zum Unternehmen selber. Ihr sagt, ihr seid die größte Suchmaschine Europas, aber eben nur mit einem Prozent Marktanteil, weil einfach Google so dominant ist. Ist denn euer Produkt auch vergleichbar zu Google? Jetzt mal rein von der Usability und auch von den Suchergebnissen.
Christian Kroll: Unser Algorithmus basiert zum größten Teil auf Microsoft, also auf Bing. Und das heißt, man bekommt nicht exakt dasselbe, aber bei den meisten Suchbegriffen eigentlich schon ziemlich genau dasselbe. Es gibt auch noch einen großen Unterschied, dass wir keine Informationen über die Nutzer speichern, also keine Nutzerprofile erstellen, sondern die Suchanfragen dann sehr, sehr schnell anonymisieren. Also wir wissen nichts über unsere Nutzer und das führt dazu auch, dass wir weniger personalisierte Suchergebnisse zeigen. Das finden einige toll, andere finden das nicht so toll. Das heißt, da gibt es auch einen kleinen Unterschied. Aber generell, also ich finde, man kann das ganz normal als Suchmaschine benutzen wie jeder oder jede andere. Also wir haben öfter Leute, gerade ältere Leute, deren Kinder dann einfach die Suchmaschine auf Ecosia umstellen und die merken das dann teilweise gar nicht. Die haben sich nur gewundert, warum da plötzlich ein Baumsymbol oben ist bei Google. Aber sonst war für die alles gleich.
David Wortmann: Die Personalisierung ist, wie du schon sagst, ein vorderer Nachteil. Also ich habe mich ja selber auch dabei ertappt, dass ich wieder vermehrt anfange, Zeitungen zu kaufen, um mich quasi von Nachrichten und Informationen überraschen zu lassen, die ich normalerweise im Internet nicht finden würde, weil eben der personalisierte Algorithmus mir die sonst auch gar nicht vorspielen würde. Das ist ja vielleicht auch ein riesengroßer Verkaufsvorteil für euch, auch zu sagen, ihr bekommt so ein paar Überraschungsergebnisse auch geliefert.
Christian Kroll: Also das und Datenschutz auch natürlich. Also von wem möchte ich, dass diese Information jetzt tatsächlich irgendwie weitergereicht wird? Und es gibt ja also da ganz, ganz viele Geschichten, dass man auch, weil man halt irgendwie durch seine Suchanfragen anders kategorisiert wird, dann auch tatsächlich mehr bezahlt für ein Produkt als jemand anders oder andere Produkte angezeigt bekommt. Das ist alles nicht ganz so schön, finde ich. Deswegen finde ich gut, dass wir beides machen, also uns auch sehr für Datenschutz einsetzen.
David Wortmann: Google ist ja nicht nur Suchmaschine, sondern es gibt ja auch Google Maps und andere Google-Produkte. Habt ihr euch da auch schon ähnlich diversifiziert oder konzentriert ihr euch tatsächlich auch längerfristig jetzt rein auf das Kernprodukt Suche?
Christian Kroll: Also wir versuchen auch so ein paar andere Sachen mitzumachen. Also es gibt ja nicht nur Websuche, sondern wir haben zum Beispiel auch so eine kleine Kartensuche oder Bildersuche oder solche Sachen. Man muss allerdings sehen, dass Google 100.000 Mitarbeiter hat oder glaube ich mehr inzwischen und wir halt nur 70. Das heißt, wir müssen aufpassen, was wir so machen. Und dann gibt es natürlich noch unsere Browser-Apps zum Beispiel oder Extensions, die wir zusätzlich bauen. Das ist alles relativ viel Aufwand für so ein kleines Team. Und wir gucken aber auch, wie wir irgendwie außerhalb von Suche noch ein paar mehr Sachen machen können. Also insbesondere der Bereich Online-Shopping ist halt super interessant. Nicht nur, weil man da, wie man ja bei Amazon sieht, sehr viel Geld mitverdienen kann, sondern natürlich auch, weil da ein großer Teil des CO2-Fußabdrucks generiert wird und viel Leiden auch verursacht wird dadurch, dass die Menschen die falschen Produkte kaufen. Und Da wollen wir natürlich auch mehr rein. Das heißt zumindest die Transparenz schaffen, dass die Leute sich für eine ökologisch saubere Alternative entscheiden können. Und dann machen wir auch noch so ein paar andere Sachen. Wir haben jetzt vor ein paar Wochen TreeCard gestartet. Das ist eine Debitkarte aus Holz und man kann damit bei seiner Bezahlung mehr oder weniger immer einen Bruchteil der Summe ans Baumpflanzen geben. Und das ist super erfolgreich gelaufen. Wir hatten, glaube ich, innerhalb von einer Woche irgendwie 100.000 Leute, die dann schon Kunden waren. erfolgreichste Start eines Fintechs aller Zeiten, glaube ich.
David Wortmann: Tomorrow Bank geht ja in eine sehr ähnliche Richtung. Die haben ja gerade auch, glaube ich, gerade ihre hölzerne Kreditkarte herausgebracht. Wenn man jetzt bei euch auf Suchen geht, beispielsweise Auto kaufen, wird man dann erst einmal vielleicht auf die ökologische Variante eines Elektroautos dann geführt bei der Suche? Oder seid ihr da komplett ökologisch objektiv und habt da keinen ökologischen Bias jetzt drin?
Christian Kroll: Also das ist tatsächlich auch ein Ziel von uns, dass wir eben auch den Leuten helfen, mit unserer Suchmaschine nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. Das heißt, wenn jetzt jemand nach welches Auto soll ich kaufen? sucht, dass wir eben nicht einfach nur das Auto anzeigen, wovon wir jetzt irgendwie am meisten Geld verdienen durch Werbezahlung, sondern tatsächlich auch die ökologische Variante. Und das Tolle ist, dadurch, dass wir nicht Profit maximieren müssen, können wir sogar den Leuten sagen, hey, kauf mal vielleicht besser kein Auto, weil das beste Auto ist immer noch ein Fahrrad. Das heißt
David Wortmann: Ihr wollt nicht Profit maximieren und wir steigen, wie gesagt, gleich nochmal ein bisschen mehr daran ein, aber ihr wollt Bäume ja maximieren. Das heißt, ihr habt ja schon sozusagen den Anreiz, so viele Einnahmen wie möglich zu tätigen, damit ihr auch sehr viel mehr Bäume verpflanzen könnt später.
Christian Kroll: Also auch das mit dem Bäume maximieren, ja schon, aber auch nicht zu jedem Preis. Das heißt, also letztendlich, warum wollen wir Bäume pflanzen? Es geht ja mehr oder weniger auch um die Lösung des Klimawandels und auch um die Lösung vieler anderer sozialer Probleme. Und wenn wir irgendwie besonders viele Bäume pflanzen könnten, aber ein Produkt dann verkaufen, was eben mehr Schaden macht, als durch die Bäume irgendwie positiv wieder absorbiert wird, dann macht es natürlich auch keinen Sinn. Und generell braucht es natürlich auch einen Systemwandel. Das heißt, Bäume pflanzen ist nett, aber nur Bäume pflanzen reicht eben nicht. Damit schaffen wir es auch nicht.
David Wortmann: Vielleicht um so ein bisschen das Geschäftsmodell nochmal abzurunden, die Mitarbeiterzahlen hast du genannt, 75, ihr habt ungefähr einen Umsatz von 20 Millionen, dieses Jahr ein bisschen verhalten, nächstes Jahr vielleicht ein bisschen mehr, hoffentlich ein bisschen mehr. Europäisch größter Anbieter, habt ihr denn auch außerhalb von Europa jetzt noch Ambitionen zu expandieren in andere Weltteile hinein?
Christian Kroll: Ja, also wir haben schon, also Deutschland ist für uns tatsächlich, glaube ich, nur mit 20, 25 Prozent Anteil an den Nutzern. Also nicht mal der größte Markt. Ich glaube, Frankreich ist sogar größer. Und in den USA haben wir auch, ich glaube, 15 Prozent unseres Umsatz kommt von dort. Und ja, wir würden gerne auch noch in andere Länder expandieren. Unser Geschäftsmodell funktioniert nur in vielen anderen Ländern nicht, weil Google leider nicht mit uns zusammenarbeiten möchte und Bing in vielen Ländern gar nicht wirklich aktiv ist. Das heißt, da wir uns da immer andocken müssen, gibt es nicht so viel Auswahl, um ehrlich zu sein. Aber prinzipiell sehen wir uns als globales Unternehmen und wollen natürlich auch, gerade in den Ländern, in denen wir auch mit unseren Baumpflanzprojekten aktiv sind, also wie viel Lateinamerika, viel Afrika, wollen wir gerne auch mit unserem Produkt verfügbar sein. Und da funktionieren aber leider die Zahlen, die addieren sich, da kommt man noch auf kein gutes Ergebnis zusammen, weil die Kosten einfach viel zu hoch sind für das Betreiben der Dienstleistung und man eben nicht genug Umsatz generiert, um dann wirklich Profit zu machen, um Bäume zu pflanzen.
David Wortmann: So, jetzt hast du es ja vorhin schon ein paar Mal angesprochen, mit den generierten Gewinnen pflanzt ihr Bäume. Das ist euer Ziel. Erklär mal so ein bisschen, wie das genau funktioniert. Also ihr habt einen Jahresabschluss, ihr habt Gewinne. Was passiert dann?
Christian Kroll: Also was wir mit unseren Gewinnen machen, ist eigentlich, wir haben, sollte eigentlich jeder haben, aber bei uns im Unternehmen gibt es einen Chief Tree Planting Officer und der ist halt zuständig dafür, dass wir das Geld, was wir generieren, so gut wie möglich einsetzen und eben Baumpflanzprojekte finden, die, ja, Bäume zu einem guten Preis, mit einer sehr hohen Qualität und auch so, dass Mensch und Natur davon profitieren. So gepflanzt werden, dass sie auch stehen bleiben. Das ist so ein bisschen die Herausforderung, die unser Chief Treeplanting Officer hat. Und ich glaube, inzwischen haben wir über 30 Partner, mit denen wir das machen, also auf der ganzen Welt verteilt, aber eben vor allem in Entwicklungsländern. Und denen stellen wir dann ein Budget zur Verfügung und die sagen uns dann, wo sie wie viele Bäume pflanzen wollen und bis wann. Und dann prüfen wir das nach, teilweise durch Satelliten, teilweise durch, also dass die Leute, die Bäume pflanzen, eben mit dem Telefon Fotos machen. Teilweise fahren wir auch hin und zählen nach oder lassen nachzählen und stellen dann eben auch sicher, dass die Bäume nicht nur gepflanzt wurden, sondern eben am Ende auch überleben. Und wenn wir sagen, wir haben 115 Millionen Bäume gepflanzt, dann sind das tatsächlich Bäume, die auch schon, also vielleicht noch nicht im Boden sind, aber immerhin schon mal finanziert wurden und dann auch in der nächsten Zeit tatsächlich in den Boden kommen. Und wir rechnen auch eine gewisse Mortalität mit ein. Das heißt, wenn nebenan nur 90 Prozent der Bäume überleben, dann rechnen wir halt auch nur 90 Prozent der Bäume und nicht alle, die gepflanzt wurden, sondern nur die Überlebenden.
David Wortmann: Jetzt zählt ihr die 115 Millionen Bäume und du hast gerade mal die Zahl eine Milliarde oder sogar noch mehr in den Mund genommen, was ein Ziel ist. Misst ihr denn auch den CO2, die angespannten Treibhausgasemissionen?
Christian Kroll: Ja, also wir messen es. Ich würde sagen, wir schätzen es. Also weil wir haben halt, ich glaube, inzwischen 13.000 verschiedene Orte, an denen wir Bäume gepflanzt haben. Wenn man da jetzt immer messen würde, wäre ein bisschen kompliziert. Aber wir schätzen das ein für jedes Projekt, was wir machen. Wir kommunizieren aber ungern auf CO2, weil wir auch nicht den Leuten das Gefühl geben wollen, dass das jetzt irgendwie, sie müssen nur Ecosia verwenden und dann ist alles gut. Obwohl, wenn man sich die Zahlen anguckt, ist tatsächlich der Wechsel zu Ecosia eines der effektivsten Sachen, die man machen kann. Also wir haben mal ausgerechnet, dass jede Suche, also einen Baum rechnen wir, absorbiert etwa 50 Kilogramm CO2. Und wir haben ja schon gesagt, etwa 50 Suchen brauchst, um einen Baum zu pflanzen. Das heißt, jede Suche sind etwa ein Kilogramm CO2. Und das ist sehr, sehr vorsichtig geschätzt. Also da gibt es auch Leute, die zehnmal so viel schätzen.
David Wortmann: Pro Jahr?
Christian Kroll: oder pro Lebensdauer? So in seiner wahrscheinlichen Lebensdauer in den nächsten paar Jahren. Ich weiß jetzt nicht mehr genau, wie weit wir das gerechnet haben. Aber da kommt schon relativ schnell einiges zusammen. Und wenn man dann guckt, dass ich persönlich suche dutzende Male am Tag und wahrscheinlich dann viele tausende Male im Jahr. Und wenn man das jetzt mal aufaddiert, dann ist man schnell bei ein paar Tonnen. Und das ist natürlich, wenn mein Fußabdruck im Jahr irgendwie 10 Tonnen ist, dann ist natürlich ein paar Tonnen durch meine Suche wieder absorbiert. Dann hat das einen gigantischen Hebel. Aber wir wollen jetzt den Leuten auch nicht ein zu gutes Gewissen machen, dass dann Leute sagen, ich suche ja mit Ecosia, dann kann ich ja jetzt wild durch die Gegend fliegen. Das ist halt auch nicht unser Ziel. Aber wir gucken uns das natürlich an. Und wichtig ist aber auch bei Bäumen, dass es eben nicht nur die CO2-Komponente. Also es gibt ganz, ganz viele andere Sachen, die noch positiv sind, dass die Leute vor Ort natürlich eine sinnvolle Arbeit haben. Also sie werden fürs Bäumenpflanzen bezahlt. Sie können aus den Bäumen auch wieder Einkommen generieren, also entweder Nüsse oder Früchte ernten. Der Boden wird wieder fruchtbar, der Wasserhaushalt wird wieder stabilisiert. Die Leute müssen nicht wegziehen, sondern können eben in ihren Dörfern bleiben, haben wieder eine Lebensgrundlage und können sich wieder eine Zukunft aufbauen. Und dann wird natürlich auch das ganze Ökosystem wieder repariert. Also das heißt, man hat so viele positive Effekte, dass CO2, also zumindest bei unseren Baumpflanzpartnern, Regen war eigentlich nie von CO2, weil das ist für die Leute vor Ort dann eigentlich irrelevant. Sondern das ist halt eher wirklich, ihr könnt euch durch das Pflanzen von Bäumen wirklich eine bessere Zukunft aufbauen.
David Wortmann: Sicherlich, genau, stimmt dann auch dann die generelle Story. Wenn man genau mal hinschaut, gibt es sicherlich auch Fragen, ist das zertifiziert? Weiß man wirklich, dass der Baum, die für die nächsten 30, 40 Jahre, 50, 60 und je nach Art ja auch noch sehr viel länger dort steht und CO2 auch bindet und nicht sofort wieder verbrannt wird oder verarbeitet wird? Das sind ja alles so Dinge, die dann auch gefragt werden. Also habt ihr denn da so eine Art Zertifizierung dann auch oder sind das jetzt gar nicht so? die Fragen, die gestellt werden? Es gibt schnell wachsende Bäume, weniger schnell wachsende Bäume, da gibt es ja schon Unterschiede.
Christian Kroll: Also was wir machen, wir haben einige Projekte, die zertifiziert sind durch andere Organisationen, aber das ist halt normalerweise relativ teuer. Das heißt, das würde natürlich auch auf den Preis drücken. Das heißt, wir machen eigentlich unsere eigene interne Zertifizierung und eben da, wo es Sinn macht, geben wir ein bisschen mehr Geld aus. Da, wo wir irgendwie ziemlich sicher sind, dass alles gut läuft und da sparen wir dann halt auch gerne das Geld. Wir haben ja das Ziel, auch irgendwie so viel Baum für so wenig wie möglich Geld eben auch am Ende zu haben. Und wenn wir dann immer Leute hinschicken würden zum Zertifizieren, dann kann das halt sehr schnell sehr teuer werden. Generell ist es natürlich wichtig, dass die Leute uns vertrauen, dass wir das irgendwie gut machen. Das heißt, wir veröffentlichen immer wieder Updates von den Baumpflanzprojekten. Es gibt bei uns eine Datenbank, die wir haben auch schon mal überlegt, ob wir externe Prüfer mal reingucken lassen in unsere Datenbank. Das heißt, wir wissen von jedem Baum, wo er steht. Und allein das ist schon, wenn ich mir einige andere Baumpflanzprojekte Initiativen oder Versprechen angucke, ist das schon eine riesen Innovation, weil die dann oft sagen, ach ja, wir haben jetzt hier in, keine Ahnung, in, ich wähle jetzt mal ein Land, Äthiopien, 100 Millionen Bäume gepflanzt und dann fragt man, wo sind die denn? Dann gibt es leider keine Antwort darauf. Also da haben wir schon einen sehr, sehr hohen Standard, wenn ich das jetzt mal mit anderen vergleiche. Aber also generell, je mehr man irgendwie den einzelnen Baum misst, desto exponentiell gehen dann irgendwann die Kosten fürs Tracking hoch. Das heißt, wir gucken immer auf einer größeren Fläche. Kann man dann auch mit Satelliten machen, wie viele Bäume sind da, wie viel Biomasse wurde da generiert? und entspricht das dem, was wir uns als Ziel gesetzt haben.
David Wortmann: Jetzt gibt es ja auch Organisationen wie Plant the Planet und andere. Kopiert ihr dort auch miteinander? Also das sind ja NGOs, die ja sich auch das zum Ziel gesetzt haben, Bäume zu pflanzen.
Christian Kroll: Ich glaube, wir kennen inzwischen alle so ein bisschen und je nachdem, also was wir halt vor allem brauchen, sind Organisationen, die wirklich auch implementieren können, das heißt wirklich pflanzen können. Plant for the Planet ist ja eher so ein, naja, also sie sammeln ja eher Versprechen ein von Organisationen oder von Staaten insbesondere. Das heißt, es ist eher so eine politische fast Lobbying-Organisation, die auch sehr gut mit Kindern insbesondere zusammenarbeitet, bei der Klimaaufklärung und so weiter. Also das sind super, machen da eine ganz tolle Arbeit. Ist jetzt für uns aber, also weil es ja direkt ums Baumpflanzen geht, um die Umsetzung, nicht ganz so relevant. Aber ich glaube, wir kennen, also die Baumpflanzszene ist leider sehr klein und wir kennen inzwischen, glaube ich, nahezu jeden.
David Wortmann: Ja, das ist ein faszinierender Aspekt. Wir haben ja vorhin gerade im Vorgespräch ja so ein bisschen auch darüber gesprochen, dass wir ja auch hier in diesem Podcast insbesondere uns ja auch über Technologien anschauen und Geschäftsmodelle, die auf den Klimaschutz einzahlen, also Anbieter von Mobilitätssharing-Anbietern beispielsweise, Solarhersteller, Batteriethemen und so weiter und so fort. Aber diesen Aspekt, tatsächlich auch CO2 zu binden in einer natürlichen Senke, das sind ja die Bäume, das haben wir uns noch zu wenig angeschaut. Und ich glaube, das ist auch insgesamt noch zu wenig ein Thema, was thematisiert wird.
Christian Kroll: Ja, also ich habe auch immer, wenn ich mir die Debatte so in Deutschland angucke, habe ich den Eindruck, dass die Leute denken, dass wir nur alle ganz viele Elektroautos bauen müssten und dann wäre das mit dem Klimawandel schon gelöst. Das ist, wenn ich mir die Zahlen angucke, ist es leider nicht so. Also es gibt ja, ich weiß nicht, ob du das kennst, Project Drawdown, diese Bewertung von Allen Möglichkeiten, die wir haben, entweder CO2 zu reduzieren oder zu absorbieren. Und wenn man da auf die Top 20 guckt, da sind zwölf der Top 20 Möglichkeiten sind entweder Essen oder Landnutzung. Also wie produzieren wir Essen? oder was machen wir mit unserem Essen? Auch was essen wir? Fleisch oder eben pflanzenbasierte Nahrung? Oder wie nutzen wir unsere Wälder, Landwirtschaftsflächen, Weideflächen? Zwölf der Top 20 kommen aus diesen Bereichen. Und natürlich sind erneuerbare Energien wichtig und natürlich dürfen wir keine fossilen Energien mehr verbrennen. Aber das ist, also ich würde mal sagen, das ist so vielleicht nicht mal die Hälfte der Medaille, diese ganzen Climate Tech und so weiter, sondern eher eigentlich noch weniger. Und dafür bekommen die ganzen natürlichen Lösungen viel zu wenig Aufmerksamkeit. Und Ja, also das wollen wir natürlich auch ändern. Wir haben auch manchmal das Gefühl, dass wir so die Marketingabteilung von Mutter Natur sind, dass wir halt immer sagen müssen, ja, das mit dem fliegenden Auto ist ganz nett, aber in Wirklichkeit gibt es doch schon viel bessere Lösungen. Und also ich glaube, das wird so ein bisschen übersehen und gerade auch digital. Die deutsche Politik, wenn es dann darum geht, Geld auszugeben, guckt sie immer nur, was können wir denn in Technologie investieren. Biologische Landwirtschaft ist einer der günstigsten Hebel, wie wir CO2 aus der Atmosphäre ziehen können. Humusaufbau ist gigantisch unterschätzt oder ökologische Waldnutzung. Damit könnten wir so viel ändern und das wird dann immer ganz schnell vergessen.
David Wortmann: Das schaut man sich in der Tat nicht so richtig an. Wenn man sich die Zahlen mal anguckt, können wir ungefähr, zumindest global gesehen, davon ausgehen, dass ungefähr 55 bis 60 Prozent der Treibhausgasemissionen schon auch energiebezogen sind. Das ist viel, aber doch weniger als sozusagen man doch manchmal auch vermutet. Weil letztendlich wollen wir zu 100 Prozent die Treibhausgase ja auch reduzieren und da bleibt dieser große Block noch von diesen 40 Prozent übrig. Und das ist in der Tat, ist das die Landwirtschaft, da geht es viel um Kreislaufwirtschaft, um Deponien und so weiter und so fort, Methanemissionen. Und da zahlt natürlich das Thema CO2-Senke auch darauf ein. Wahrscheinlich gibt es dann schon einen Unterschied, weil man ja schon versucht, auch mit Technologien wie zum Beispiel Solarenergie existierende, fossil emittierende Energieformen sofort zu ersetzen oder zu vermeiden. Und bei der Schaffung einer CO2-Senke, wie durch einen Baum, Man hat ja eine Laufzeit von 30, 40, 50, 60 Jahren, wo man sozusagen dann auch dann CO2 wieder der Atmosphäre entzieht. Aber wir haben doch eigentlich noch ein relativ kleines Zeitfenster von vielleicht 10, 15 Jahren, um ganz, ganz schnell was zu tun. Insofern ist wahrscheinlich auch beides notwendig dann auch.
Christian Kroll: Also ich würde mal so weit gehen, wir kriegen es nicht hin, Klimawandel zu lösen, wenn wir nicht eine Billion Bäume in den nächsten 20 Jahren pflanzen. Aber es heißt auch nicht, dass wenn wir jetzt eine Billion Bäume in den nächsten 20 Jahren schaffen, dass wir dann Klimawandel lösen. Also da müssen viele Sachen zusammenhängen oder viele Sachen auch noch gemacht werden. Jedes Mal, wenn ich so Klimadebatten höre, dann habe ich immer das Gefühl, ich muss immer Landwirtschaft und Wald, muss ich irgendwie immer die Fähnchen dafür schwenken, weil das einfach komplett vergessen wird und das ist ein Riesen-. Ja, also die großen Stärken sind halt, dass man nicht nur einfach auf null reduzieren kann, wie man das ja beim Umstieg auf erneuerbare Energien machen kann. Das heißt, man hat irgendwie vorher Ausstoß und dann eben nicht mehr, wenn man erneuerbare Energien hat, sondern man kann halt wirklich absorbieren. Und das verschafft uns einfach die notwendigen nochmal 10, 20 Jahre Zeit, die wir brauchen, um irgendwie dieses Wunder der Transformation irgendwie hinzukriegen. Und gerade weil es so lange dauert, es gibt ja den Spruch, der beste Zeitpunkt, einen Baum zu pflanzen, war vor 20 Jahren. Der zweitbeste ist jetzt. Das heißt, wir müssen halt das ganz, ganz schnell machen. Und noch dümmer ist es natürlich, dass wir immer noch Wälder abholzen. Also das bin mir gar nicht im Kopf. Das sollten wir natürlich schon längst aufgehört haben.
David Wortmann: Es gibt ja selbst bei der Bindung von CO2 und der Schaffung von CO2-Senken ja auch sehr häufig erstmal eine technologische Antwort. Was dann CCS zum Beispiel heißt, Carbon Capture and Storage. Also quasi erstmal das Imitieren von CO2 und später wieder die Zurückführung in großen Kavernen. CO2 verpresst in die Nordsee hinein. Also wieder ein riesengroßer technologischer Aufwand, der auch viele, viele Milliarden kostet.
Christian Kroll: Ja, also gerade wenn man sich den Preis anguckt, ich weiß jetzt nicht, also was ich so gehört habe von allen Technologien, die jetzt irgendwie CO2 aus der Atmosphäre ziehen, das war oft deutlich über 100, 200, 300 Euro pro Tonne. Und wir haben in vielen unserer Baumpflanzprojekte können wir das für 5 oder 10 Euro pro Tonne machen. Und zusätzlich kreieren wir all diese positiven Effekte, dass wir Leuten in Entwicklungsländern irgendwie eine sinnvolle Arbeit geben, dass wir Ökosysteme wieder regenerieren, dass wir Wasserkreisläufe wieder stabilisieren. Also klar, da kann geforscht werden in diese Richtung, aber meiner Meinung nach, wir haben schon eine sehr, sehr gute Lösung. Die wurde von Mutter Erde in mühsamer Forschung und Entwicklung über viele hunderte Millionen Jahre entwickelt. Und das sollte man einfach nutzen. Und insbesondere, also ich glaube tatsächlich, wenn wir eine Billion Bäume pflanzen wollen, damit lösen wir Armut, Hunger wahrscheinlich auch noch so gratis mit. Mangel an Wasser, verfügbar Biodiversität, das kriegen wir alles noch obendrauf. Also für mich gibt es, ich kenne wenige Lösungen, die irgendwie tatsächlich so viele Fliegen mit einer Klappe schlagen. Und deswegen ist ja auch Bäume pflanzen gerade irgendwie so ein bisschen sexy und jeder will das gerade machen. Also wir müssen das auch mit derselben Skalierungsdenke und mit denselben Ambitionen machen, wie wir das im Bereich erneuerbare Energien zum Beispiel machen.
David Wortmann: Wenn du sagst Skalierung, ihr habt eure Gewinne von den 20 Millionen Umsatz, wie viel ungefähr ist Gewinn?
Christian Kroll: Also für Bäume pflanzen bleiben etwa 60 Prozent übrig vom Umsatz.
David Wortmann: Das heißt, ihr steckt sozusagen 40 Prozent zurück ins Unternehmen für die Verbesserung des Produktes und 60 Prozent quasi dann in die Ausschüttung, in die Baumpflanzaktion hinein, weil, und das ist vielleicht auch noch ein Thema, was wir auch adressieren können, ist, ihr euch als Teil der sogenannten Purpose-Bewegung seht. Vielleicht sagt doch da mal was dazu.
Christian Kroll: Purpose-Bewegung ist eigentlich ein bisschen das Umfeld von der sogenannten Purpose-Stiftung. Auch die Stiftung Verantwortungseigentum gibt es ja auch noch. Also diese ganze Idee, die da jetzt so in den letzten Monaten auch immer mehr diskutiert wurde, das hat mehr oder weniger folgende Aspekte mit sich. Das heißt, dass Unternehmen eben nicht mehr die reine Profitmaximierung machen oder dass das nicht mehr die treibende Idee ist, sondern dass man als ein Unternehmen, was in Verantwortungseigentum ist, also als ein Purpose-Unternehmen, eben verspricht,
David Wortmann: dass
Christian Kroll: kein Gewinn entnommen werden kann aus dem Unternehmen, dass das Unternehmen nicht verkauft werden kann und dass auch niemals jemand anders Kontrolle über das Unternehmen ergreifen kann. Das heißt, man hat ein sich selbst gehörnliches Unternehmen geschaffen, was sich mehr oder weniger nur dem Zweck verschrieben hat und wo es eben nicht darum geht, dass die Anteilseigner noch irgendwelche Gewinne rausziehen können. Die tragen halt tatsächlich nicht mehr die Gewinnrechte, sondern nur noch die Verantwortung. Und deswegen heißt es jetzt gerade Verantwortungseigentum. Und das ist für mich ein bisschen der die Antwort vielleicht auf die Probleme, die wir so in unserem aktuellen Turbo-Kapitalismus haben. Also das heißt, es gibt dann halt nicht mehr den Druck zur Profitmaximierung, sondern die Leute können sich fragen, was ist das Richtige? Was sollen wir tatsächlich tun, um unseren Zweck zu erreichen? Und das war gerade bei uns, bei Ecosia, halt ein sehr wichtiger Schritt, weil ich halt gemerkt habe, dass ich Ecosia als Einheit oder als Unternehmen schützen möchte und auch sicherstellen wollte, dass selbst wenn mir was zustoßen sollte, dass Ecosia irgendwie nicht einfach aufgekauft oder ausgeschlachtet oder irgendwie auf Profitmaximierung getrimmt wird, sondern dass die ursprüngliche Idee erhalten bleibt.
David Wortmann: Was ist denn dann der Unterschied zu einer Stiftung oder einer GmbH, also einer gemeinnützigen GmbH, die ja auch im Kern zum Ziel haben, dass Gewinne nicht ausgeschüttet werden und im Fall einer Stiftung ja auch längerfristig das Stiftungsziel ja auch verfolgen wollen?
Christian Kroll: Also es gibt gewisse Restriktionen, die man gerade bei einer gemeinnützigen GmbH oder auch bei gemeinnützigen Organisationen hat, dass man gewisse Rücklagen nicht bilden darf. oder am Ende sind die gemeinnützig. Also man muss halt dann eben diesen Gemeinnützigkeitskatalog erfüllen. Das heißt, da gibt es Vorgaben und dann darf man nur in diesen Kategorien sein oder eben nicht. Sonst ist man eben nicht gemeinnützig. Und das ist eine Einschränkung, die ich einfach nicht will für mein Unternehmen. Ich will frei entscheiden können, wann ich Investitionen machen möchte. Ich möchte Risiko eingehen. Ich will einfach nur das Versprechen abgeben, dass ich das nicht für mich mache, sondern für den Zweck. Und gerade bei Stiftungen und gemeinnützigen GmbHs hat man Also das ist eher so auf so eine Denke, so eine karitative Denke irgendwie ausgerichtet. Da geht es gar nicht so sehr um um den eigentlichen Business-Gedanken, das heißt, ich skaliere irgendwie mein Unternehmen hoch, generiere ganz, ganz viel Geld, sondern es ist eher so, ich habe ein Unternehmen, das wirft vielleicht ein bisschen Gewinne ab und dann geht das sofort in einen guten Zweck. Aber also gerade bei der Stiftung gibt es halt so viele Reglementierungen, auch durch die Stiftungsaufsicht, die halt das mehr oder weniger unmöglich macht, ein Unternehmen wirklich weiterzugeben. wirklich ambitioniert zu führen. Das heißt, was dann einige Unternehmen wie Bosch zum Beispiel gemacht haben, dass sie dann zwei oder drei Stiftungen gegründet haben und eine Stiftung hält halt das Recht auf den Gewinn und eine andere Stiftung oder wieder eine andere Gesellschaft hält dann halt die Stimmrechte und dann gibt es nochmal irgendwie eine gemeinnützige Organisation, wo halt das Geld reingeht, was dann für gemeinnützige Zwecke verwendet werden soll, also so ganz komplizierte Konstrukte. Und für mich, also das will mir einfach nicht im Kopf, warum machen wir es nicht einfach so, dass Unternehmen wirklich, ja, sich wirklich auf ihren Zweck fokussieren können, statt dann irgendwie noch zusätzliche Gesellschaften zu schaffen, die das dann irgendwie über Ecken ermöglichen. Und deswegen sind wir auch, ja, da mit der Initiative dabei, dass da halt eine Rechtsform entstehen soll für Unternehmen wie uns. Das heißt, dass es eben möglich ist, auch für kleine Unternehmen und nicht nur solche Riesenkonzerne wie Bosch, ein Konstrukt zu schaffen, wo man dieses Versprechen einfach glaubwürdig abgeben kann. Und ich merke immer mehr, dass es, also es gibt immer mehr Unternehmer, die irgendwie auch so ticken und die sagen, ich will das jetzt gar nicht für meine persönliche Bereicherung machen, sondern ich mache das, weil ich wirklich den Zweck erreichen möchte. Und oft ist es halt ein Zweck, der schon irgendwie, also wie bei uns Bäume pflanzen oder ja auch bei vielen anderen, also es geht schon darum, irgendwie der Gesellschaft was beizutragen, weil man möchte sich halt nicht so in so eine Zwangsjacke von irgendeinem Konstrukt reinbegeben. Und das ist die Bewegung mehr oder weniger. Da kommen ganz viele, also gerade junge Gründer auf uns zu, auch die Leute von Treecard zum Beispiel, der baumpflanzenden Debitkarte mehr oder weniger. Das waren auch ganz, ganz junge Gründer, die im Alter von 20, 23 Jahren irgendwie schon ihr drittes, viertes Unternehmen gegründet haben. Und die hätten bestimmt irgendwie jetzt was gründen können, wo sie dann den nächsten Millionen-Exit oder sowas gehabt hätten. Aber das war ihnen nicht so wichtig. Die wollten was fürs Klima machen.
David Wortmann: Wie groß ist diese Bewegung? Ich habe ja schon Philipp Siefert und Waldemar Zeiler hier im Podcast mit Einhorn gehabt. Die haben sich ja auch quasi an sich selbst verschenkt. Aktuell noch, wie ihr ja auch, über dieses Stiftungskonstrukt der Purpose-Stiftung. Aber wie groß würdest du jetzt diese Bewegung bezeichnen und wie dynamisch ist sie und
Christian Kroll: Ja, also wir selbst haben das vor etwa zwei Jahren gemacht und da hätte ich noch gesagt, das sind so eine Handvoll verrückter Unternehmen. Inzwischen haben wir einen Aufruf an die Bundesregierung oder an auch verschiedene Ministerien übergeben, wo dann tatsächlich über 500 oder über 600 Unternehmer unterschrieben haben und das heißt, es werden immer mehr. Und ich bin mal gespannt, worauf das noch hinausläuft, weil ich glaube tatsächlich, dass vielleicht ist das der Beginn eines wirtschaftlichen Umdenkens irgendwie. Also ich finde ja, eine der größten Innovationen, die Deutschland hervorgebracht hat, war die soziale Marktwirtschaft. Und ich glaube, da haben wir uns jetzt ein bisschen von Milton Friedman wieder durch Milton Friedman verleiten lassen und irgendwie ein bisschen uns wieder wegbegeben von der sozialen Marktwirtschaft. Aber vielleicht ist gerade so, also diese neue Art von Unternehmen aufzubauen, wirklich so eine Innovation, die unser Planet im 21. Jahrhundert braucht. Also ich glaube, das wird noch viel größer.
David Wortmann: Ist das eben auch eine Voraussetzung? Also glaubst du, dass man das Betriebssystem, wenn man mal so in dieser Analogie bleibt, dass das verändert werden muss, damit wir Richtung Nachhaltigkeit wirklich erfolgreich sind oder müssten wir im Gegenteil einfach viel mehr vielleicht diesen Turbokapitalismus nutzen, der sich ja auch durchaus dadurch auszeichnet, dass er viele Innovationen hervorbringt.
Christian Kroll: Ja, also ich finde unternehmerisches Handeln und was ja eigentlich dann, also der Turbokapitalismus soll ja unternehmerisches Handeln antreiben, finde ich prima. Und das gehört meiner Meinung nach dazu, wenn wir jetzt wirklich in den nächsten paar Jahren das Ruder rumreißen wollen. Was ich nicht gut finde, ist, dass in unserem aktuellen System die Leute, die Umwelt zerstören oder Menschenleben teilweise auch zerstören oder CO2 in die Atmosphäre pusten, dass die einfach nicht dafür bezahlen müssen. Und das ist halt nicht gut. Und was ich auch nicht gut finde, ist, dass die Macht vom Finanzsystem halt immer größer wird. Also wenn man guckt, wie viele Anteile von Unternehmen eigentlich jetzt inzwischen irgendwie von irgendwelchen anonymen Finanzinvestoren, die noch nie mit einem Mitarbeiter von dem Unternehmen gesprochen haben, sondern einfach nur eben Anteile halten und eine Renditeerwartung haben. Das ist ein relativ neues Phänomen, was erst so in den letzten 30 Jahren entstanden ist. Und ich glaube, dass Wenn man mit den Mitarbeitern spricht, dann höre ich selten, dass sie so glücklich darüber sind, dass irgendein ferner Finanzinvestor jetzt irgendwie der neue Besitzer des Unternehmens ist, sondern tatsächlich, da entstehen viele Frustrationen. Und gerade wenn der Investor dann auf Rendite drückt und sagt, ich will meine 15% Rendite haben und Umweltstandards oder Mitarbeiterzufriedenheit sind mir jetzt zweitrangig, dann kommen natürlich solche Dinge raus wie Klimawandel oder das Verletzen von Umweltauflagen. Also ich glaube, das hängt sehr, sehr stark zusammen. Was ich aber, also ich wähle jetzt auch keinen Ökokommunismus, komme selber auch aus der DDR, das heißt, ich weiß, dass das nicht unbedingt so gut funktioniert, aber eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft wäre, glaube ich, das, was wir wirklich beitragen können. Und ich glaube, dieses Unternehmen oder diese Purpose-Bewegung kann ein Teil davon sein, ist vielleicht auch nicht die einzige Möglichkeit. Also es soll ja auch nur eine zusätzliche Variante in der ganzen Auswahl sein.
David Wortmann: Ja, jetzt ist ja auch Teil sozusagen der ganzen Purpose-Bewegung, ist ja auch die Unternehmenskultur auch durchaus eine andere. Wirkt sich das bei euch dann auch aus? Also wenn ich das von den Einhörnern beispielsweise höre, kann sich ja gefühlt jeder seinen Gehalt dort irgendwie verhandeln mit den Kollegen und Urlaub nehmen, wann er möchte. Ist das bei euch dann auch Teil der Unternehmenskultur oder wie siehst du das? Vielleicht möglicherweise auch durchaus differenziert, weil das vielleicht auch nochmal ein anderes Extrem ist, was vielleicht auch nicht jeder so möchte, ja.
Christian Kroll: Ja, also ich glaube prinzipiell, dass Purpose-Unternehmen können, das ist ja mehr oder weniger nur das Level des Eigentümers. Sie können natürlich sich in der Frage der Organisation, der internen Organisation, kann das auch ein Spektrum sein. Also ich glaube, da können solche Unternehmen wie Einhorn oder auch Soulbottles, die glaube ich sehr viel mit New Work-Prinzipien experimentieren, das ist das eine Spektrum. Aber es gibt zum Beispiel auch Anbieter. traditionelle Unternehmen, die ganz klassisch und hierarchisch organisiert sind. Und das funktioniert auch. Also der Unterschied ist, glaube ich, dass eben nicht der Investor mit dem Anspruch, er will seine Rendite haben, dass das nicht da ist. Und das reduziert natürlich wahrscheinlich hier und da ein bisschen den Druck im Unternehmen. Es führt auch dazu, dass einfach viel mehr Geld für Dinge da ist. Also wenn man jetzt mal bei einem großen Konzern guckt, wie viel Geld da an Dividende zum Beispiel rausgeht, wenn das ganze Geld einfach noch zur Verfügung stünde für Unternehmen, Mitarbeiterweiterbildung oder Nachhaltigkeitsinitiativen und so weiter, dann bräuchte sich keiner im Unternehmen zu beschweren, dass ja kein Geld da ist für solche Sachen, sondern das Geld ist natürlich da. Es wird halt nur rausgezogen aus dem Unternehmen. Und also ich glaube, das ist schon prinzipiell eher New Work Prinzipien begünstigt. Und ich glaube, wir sind auch eher so bei oder eins der progressiveren Unternehmen, würde ich jetzt mal sagen. Aber es ist nicht unbedingt zwangsläufig, dass jetzt alle irgendwie ihre eigenen Chefs sein müssen. deswegen und so weiter. Das kann man handhaben, wie man möchte.
David Wortmann: Ihr wollt ja auch die Anzahl der gepflanzten Bäume maximieren. Vielleicht da nochmal so einen kleinen Bogen auch zu der Thematik auch nochmal zurückzuschlagen. Wo seht ihr euch denn? Oder was sind jetzt deine persönlichen Ziele? Also wenn Ecosia quasi jetzt auf Dauer ausgerichtet ist, quasi bis das Ziel vielleicht die eine Billion Bäume sozusagen erreicht sind, wirst du denn auch jetzt für alle Ewigkeiten bei Ecosia bleiben? Oder gibt es für dich dann auch irgendwie so eine Art persönliches Exit-Szenario? Oder ist es komplett verfrüht, so ein Thema überhaupt anzusprechen?
Christian Kroll: Ich glaube tatsächlich, unser Beitrag ist noch lange nicht zu Ende. Wir haben mindestens noch 10, 20 Jahre, wo wir wirklich sehr stark kämpfen müssen dafür, dass diese Bäume in den Boden kommen, weil es gibt leider außer uns sehr wenige andere Organisationen, die das machen.
David Wortmann: Das heißt, ich habe neulich, ich weiß gar nicht, der Name ist mir jetzt gerade entfallen, aber es gibt anscheinend ein neues Unternehmen, welches für jede Google-Bewertung, die ich im Internet abgebe, auch einen Baum pflanzt.
Christian Kroll: Kannte ich nicht, aber das zeigt, glaube ich, mal wieder, dass wir Leute inspirieren. Ja. Ja, also finde ich toll. Also wenn es mehr Unternehmen gibt, die, also solange sie das mit dem Baumpflanzen auch tatsächlich ernst meinen und eben nicht Bäume pflanzen, um Geld zu verdienen, sondern Geld verdienen, um Bäume zu pflanzen, dann finde ich das super. Aber ich glaube, also generell passiert da halt in dieser Ecke, in der Baumpflanzecke viel zu wenig. Das heißt, ich glaube, da braucht die Welt uns noch eine ganze Weile. Also mein Ziel wäre tatsächlich, dass wir so viel wie möglich dazu beitragen können, dass letztendlich Klimawandel gelöst wird und viele, viele Ungerechtigkeit gelöst wird. Und da möchte ich auch, glaube ich, bis zum Ende meines Lebens zu beitragen. Ob ich da jetzt immer in meiner Funktion als Geschäftsführer das mache, ist vielleicht fraglich, weil irgendwann komme ich vielleicht an meine eigenen Fähigkeitsgrenzen oder finde ein anderes Projekt, was ich spannender finde. Also das würde ich jetzt mal nicht für alle Zukunft vorhersagen. Aber ich glaube Ja, also generell der Bereich, dass ich an der Lösung des Klimawandels irgendwie arbeiten möchte, das ist für mich entschieden. Also es gibt im 21. Jahrhundert, glaube ich, keine sinnvollere Aufgabe.
David Wortmann: Du kannst ja jetzt schon Tipps und Tricks weitergeben. Uns hören ja auch viele Gründerinnen zu, beziehungsweise solche, die es auch werden möchten. Welche Tipps kannst du denn heute schon weitergeben, um sinnvoll zu gründen?
Christian Kroll: Also ich glaube, was wichtig ist, wenn man ein Öko-Startup oder ein grünes Startup aufbaut, man muss halt trotzdem irgendwie die ganzen Dinge, die normale Startups gut machen, die muss man auch gut machen. Und ich sehe halt viele Social Businesses oder nachhaltige Businesses, denen fehlt so ein Tick an Professionalität und vielleicht auch Ambitionen. Und das würde ich jedem empfehlen, also ja. Haltet euch trotzdem an dieselben Maßstäbe und nur weil ihr Gutes tut, heißt das nicht, dass ihr es langsamer tun könnt oder sowas, sondern eigentlich muss das tatsächlich nicht passieren.
David Wortmann: Gleich im Gegenteil, eigentlich sollte man sehr viel mehr skalierbarer auch sein.
Christian Kroll: Also tatsächlich an die Skalierbarkeit denken, genau wie über Rocket Internet, am besten noch mehr, am besten ohne die Mitarbeiter zu verbrennen, aber ich glaube, da darf man nicht zu bescheiden sein. Dann, was ich nicht gemacht habe, was ich aber hätte machen sollen, ist tatsächlich so früh wie möglich irgendeinen Mentor mit reinziehen, der auch wirklich Ahnung hat, also der das idealerweise, was man selber machen möchte, auch schon mal gemacht hat, damit man nicht alle Fehler irgendwie nochmal macht, weil ich habe so viele Fehler gemacht, die echt nicht hätten sein müssen. Da ist es, glaube ich, wichtig einfach, weil Startup gründen ist halt ein sehr komplexes Thema und man braucht viele Jahre Erfahrung und wenn man die nicht hat, dann tappt man halt von einem Fehler in den nächsten. Und dann, was mir noch wichtig ist, ist, glaube ich, dass man eben nicht nur irgendwie so ein bisschen nachhaltiges Unternehmen gründet, also was weiß ich, ein Ein Autoverleih, der seine CO2-Emissionen kompensiert, ist vielleicht ganz nett, aber was wäre denn, wenn man tatsächlich irgendwie ein Mobilitätskonzept hat, was wirklich massiv CO2 aus der Atmosphäre zieht? Also nicht nachhaltig denken, sondern regenerativ denken. Ich glaube, das ist auch noch so ein Fehler, den viele Menschen machen, wenn sie denken, ich habe jetzt irgendwie meinen Fußabdruck ausgeglichen, ab jetzt ist alles okay. Nee, wir haben noch viele, viele Tonnen CO2-Schulden, die wir aus der Atmosphäre ziehen müssen. Das heißt, wir brauchen auch Geschäftsmodelle, die nicht nur auf CO2-Neutralität basieren, sondern die tatsächlich auf maximaler Absorption basieren und das dann auch wirklich ernst meinen. Also nicht irgendwie nur ein Marketing-Konzept oder sowas, sondern tatsächlich auch, also ich glaube, letztendlich auch in aller Konsequenz durchdenkt. Also was passiert hier wirklich, wenn ich dieses Produkt anbiete? Ist das wirklich auch besser für den Planeten? Und also nicht nur Also wir haben ja selbst bei Ecosia das Problem zum Beispiel, dass wir oft vom Werbeumsatz abhängig sind. Das heißt, wir hinterfragen uns auch immer, okay, haben wir denn wirklich hier noch einen positiven Impact oder verkaufen wir nicht eigentlich zu viele Produkte, die vielleicht niemand braucht? Das heißt, dass immer auch diese Ehrlichkeit auch irgendwie mitbringen und dann zumindest mal die Rechnung aufmachen. Wenn es in Wirklichkeit halt nur grün angemalt ist, dann würde ich sagen, sucht euch gleich ein neues Geschäftsmodell, weil grün angemalte Sachen brauchen wir nicht.
David Wortmann: Es ist ja sicherlich auch ein Unterschied, ob ich jetzt neu gründe und quasi mit einem weißen Blatt Papier das perfekte ökologische Businessmodell finde, was sicherlich anspruchsvoll genug ist. Oder ich bin bereits Unternehmer und es hören ja auch viele Tablet-Unternehmerinnen auch zu. Ihr seid ja zum Beispiel auch Mitglied bei Leaders for Climate Action. Da gibt es ja auch jetzt inzwischen fast tausend Unternehmerinnen, die sich dieser Initiative angeschlossen haben, was ja auch bereits existierende Unternehmen sind, die sich vor allem darüber Gedanken machen müssen, wie sie quasi sich von dem normalen Geschäftsgebaren umstellen können. Und zwar nicht nur selber, sondern auch quer durch die Wertschöpfungskette. Das heißt, da gibt es ja nochmal eine ganz andere große Aufgabe, auch existierende Unternehmen umzusteuern, umzudrehen.
Christian Kroll: Ja, also ich sehe das schon, dass wir in einer sehr komfortablen Position sind, mehr oder weniger mit Ecosia, weil unser Geschäftsmodell halt schon regenerativ ist. Es gibt aber auch viele, die jetzt in anderen Situationen noch festhängen und da auch gern hin würden, aber natürlich müssen halt mit der Realität kämpfen. Und ich habe auch großen Respekt vor Leuten, die das irgendwie so weit machen, wie sie es können. Also gerade Wenn die Leute dann sagen, ja, wir versuchen unseren eigenen CO2-Druck zu reduzieren oder neutralisieren halt dann das, was wir nicht reduzieren können. Aber ich glaube letztendlich, die Leute werden nicht um die große Frage kommen, ist denn das Geschäftsmodell von meinem Startup wirklich ein Geschäftsmodell, was es im 21. Jahrhundert braucht? Und da gibt es vielleicht eventuell unbequeme Antworten. Ich glaube, wenn man dann erkannt hat, dass es das nicht ist, dann kann man vielleicht auch noch hier und da Änderungen machen, vielleicht lassen sie das Unternehmen dann sogar stärker werden. Also nehmen wir an, ich produziere irgendwie Fast Fashion und verkaufe die im Internet wie ein bekanntes Berliner Unternehmen. Dann kann man vielleicht sagen, okay, wir gehen jetzt wirklich all in und machen das halt jetzt wirklich nur noch mit nachhaltiger Mode oder legen da deutlich mehr Fokus drauf und wollen langsam raus aus diesem Fast Fashion Markt und wollen halt wirklich zu nachhaltiger Mode. Und das halt mit letzter Konsequenz, das braucht viel, viel Mut zum Risiko. Also da, weil man setzt ja tatsächlich das Unternehmen aufs Spiel. Und da habe ich noch mehr Respekt vor, glaube ich, als vor Leuten, die bei null anfangen. Also wie gesagt, ich komme aus einer komfortablen Position.
David Wortmann: Vor allem, weil sich die Unternehmen ja auch in einem Wettbewerbsumfeld befinden, wo ja nicht jeder Wettbewerber dann vielleicht die gleichen ökologischen Ambitionen auch hat. Das heißt, da kann ja möglicherweise auch einfach ein Wettbewerbssystem, dass Nachteile entstehen, weil beispielsweise die Kosten höher sind, die Preise der Produkte sich dann auch verteuern, damit man natürlich auch Kundschaft vielleicht auch verliert, die vielleicht nicht ganz so sensibel ist. Und das führt letztendlich natürlich dann zurück zu der großen Fragestellung, wie viel Freiwilligkeit kann ich denn eigentlich von den Akteuren verlangen, dass sie es tun und einige tun das ja auch. Ich würde sogar auch sagen, dass die Wirtschaft in Teilen zumindest sehr, sehr viel weiter ist, auch als ein anderer Teil der Politik ist. Aber braucht man nicht eigentlich auch sehr viel stärkere politische Rahmenbedingungen, damit sozusagen alle sich innerhalb dieses gleichen ökologischen Rahmens sich befinden und dann entsprechend sanktioniert werden oder auch angereizt werden mit ihren Geschäftsmodellen, die dann auf ein positives Klimaschutzziel sich einzahlen.
Christian Kroll: Also ja, ich bin komplett der Meinung, dass die Rahmenbedingungen halt komplett falsch gesetzt sind aktuell. Also wie gesagt, Unternehmen, die unseren Planeten kaputt machen oder CO2 in die Atmosphäre pusten, müssen nichts dafür bezahlen. Und Unternehmen, die unseren Planeten schützen oder sogar reparieren, die bekommen auch nichts dafür, die bekommen kein Geld dafür. Und da sind natürlich dann einfach die Rahmenbedingungen falsch und da muss die Politik ganz, ganz schnell nachziehen. Also langsam tut sich da was mit dem CO2-Preis, aber ja auch eigentlich nur in die eine Richtung. Das heißt, nur wenn man seine Emissionen reduziert, bekommt man irgendwie Geld dafür. Aber Leute, die wirklich absorbieren, kriegen jetzt auch noch nicht wirklich was dafür. Also wenn wir Geld dafür kriegen würden für die vielen Millionen oder für die vielen Tonnen, die wir da jetzt aus der Atmosphäre ziehen mit unseren Bäumen, dann hätten wir, glaube ich, eine ganze Menge Geld auf dem Konto. Aber auch, also man sieht ja, dass der CO2-Preis dann halt auch irgendwie nicht ganz bis zu Ende gegangen wird und auch der Preis natürlich noch viel zu niedrig ist. Aber auch im Lieferkettengesetz, was dann zum Beispiel auch blockiert wird, wo ich mich frage, in welcher Welt leben wir denn, in dem man überhaupt darüber argumentieren kann, dass es sowas nicht geben sollte, weil, um jetzt mal die CDU zu zitieren, weil das ja unserer Wirtschaft schaden würde, wenn wir Menschenrechte beachten würden in unserer Lieferkette. Das ist sehr, sehr traurig, dass man sowas überhaupt öffentlich sagen darf. Aber ja, also ich verstehe Unternehmen, die, also solange die Anreize falsch sind, ist halt der der Dumme, der sich irgendwie richtig verhält. Und das ist sehr traurig. Also da muss sehr, sehr viel mehr passieren noch. Und insbesondere global, aber natürlich, klar, national reicht auch nicht. Das muss irgendwie überall so sein.
David Wortmann: Christian, ganz herzlichen Dank für das tolle Gespräch. Also ich glaube, wir brauchen wahrscheinlich sehr, sehr viel mehr solcher toller Beispiele, wie du das bist, wie ihr das seid, auch mit dem gesamten Team, mit dem gesamten Unternehmen. Und am Ende ist es ein Stück wert. Jeder trägt seinen Beitrag dazu bei. Ihr seid auch ein Rädchen in diesem Bereich. dieser positiven Maschinerie und wahrscheinlich eines der größeren Rädchen, die da beispielhaft vorangehen. Und ganz, ganz besten Dank für das tolle Gespräch. Und ich kann nur hoffen, dass sich doch der eine oder andere oder die eine oder die andere sich anschließen und hier ähnlich Unternehmen gründen, investieren und mit dabei sind. Herzlichen Dank dir.
Christian Kroll: Danke für die Einladung.