
Sonnen - vom Batterieverkäufer zum Big Player der Energieversorgung
15. Juli 2020, mit David Wortmann
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David Wortmann: Hallo und herzlich willkommen zum Deep Dive Cleantech bei Digital Kompakt. Mein Name ist David Wortmann. Ich bin Gründer und Geschäftsführer von DevaEco und wir sprechen regelmäßig, wie ihr wisst, mit spannenden Gründern und Unternehmern über ihre Zukunftspläne, Erfolgsrezepte und Erfahrungen mit Technologien und Geschäftsinnovationen, die auch einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten können. Heute habe ich einen sehr spannenden Gast dabei. Es ist Christoph Ostermann. Hallo Christoph.
Christoph Ostermann: Hallo David. Vielen Dank, dass ich hier dabei sein darf heute.
David Wortmann: Sehr, sehr gerne. Du bist Gründer und Geschäftsführer von Sonnen. Bevor wir jetzt tief einsteigen in die Thematik, erklär doch mal, was hinter diesem sehr schönen Firmennamen Sonnen steckt und was ihr macht.
Christoph Ostermann: Ja, Sonnen ist einer der führenden Unternehmen im Bereich Heimspeicher. Das bedeutet, wir helfen insbesondere Haushalten, ihren eigenen Sonnenstrom, ihren Photovoltaikstrom zu speichern und dann 24-7, also Tag und Nacht, wann immer man den Strom braucht, Punktgenau abzurufen, also damit entkoppeln wir quasi die Produktion von Photovoltaikstrom und den Verbrauch auf der zeitlichen Ebene. Damit haben wir angefangen vor zehn Jahren. Wir vernetzen die nämlich auch und haben tausende von solchen Speichern virtuell vernetzt in einem sogenannten virtuellen Kraftwerk. Und dieses virtuelle Kraftwerk kann zwei Dinge. Das erste, was es kann, ist, unsere Kunden, die auch eine Sonnenbatterie, einen Speicher von uns haben, auch mit Strom über das Netz versorgen, mit grünem Strom selbstverständlich. Und zum zweiten können wir damit den Netzbetreibern helfen, ihr Netz stabil zu halten. Also wir können quasi systemrelevante Regelenergie erbringen. Das ist das, was wir machen.
David Wortmann: Gehen wir vielleicht mal so ein bisschen in die Ursprünge nochmal zurück. Ihr habt also Sonnen vor zehn Jahren gegründet, also 2010. Wie habt ihr denn damals angefangen und wo kamst du denn eigentlich her? Also du als damaliger Gründer, wie kamst du auf die Idee zu sagen, gerade jetzt brauchen wir den Batteriespeicher?
Christoph Ostermann: Die Idee kam eigentlich gar nicht als Geschäftsidee, sondern die Idee kam für Sonnen. den eigenen Bedarf, weil ich selbst und auch mein Mitgründer, Thorsten Stiefenhofer, wir sind schon sehr lange in der erneuerbaren Energieindustrie unterwegs und hatten beide Photovoltaikanlagen, wollten sehr gerne unseren eigenen Photovoltaikstrom auch verbrauchen, was damals noch ein sehr unorthodoxer Gedanke war, denn dank der Einspeisevergütung haben alle nur daran gedacht, ihren Sonnenstrom ins Netz einzuspeichern und keiner hat darüber nachgedacht, den vielleicht auch selber zu verwenden. Wir hatten aber diese Idee zunächst für uns privat und daraus hat sich dann letztendlich die Idee entwickelt, ein Unternehmen zu gründen und auch anderen Menschen das, was wir selber für uns als gut befunden haben, auch anzubieten und zugänglich zu machen.
David Wortmann: Und dann habt ihr euch dann verschiedenste Technologien angeschaut. oder mit welchen Produkten seid ihr damals an den Start gegangen?
Christoph Ostermann: Also wir haben uns erstmal mit Batteriezelltechnologie beschäftigt und dadurch, dass wir das ja für uns selber gemacht haben, haben wir völlig losgelöst von all dem, was andere so gemacht haben und was es auch so an Preisen und anderen Technologien am Markt gab, haben wir uns gleich darauf konzentriert, was wir für uns selber als das Beste empfinden. und da sind wir. die Kriterien Langlebigkeit und Sicherheit vor allen Dingen hängen geblieben. Wir wollten auf gar keinen Fall einen Blei-Akku haben, weil wir in 2010 schon der Meinung waren, dass das eine alte Technologie ist, die auch sehr, sehr viel Platz im Haus beansprucht. Und deswegen haben wir gesagt, wir wollen einen Lithium-Ionen-Akku haben. Und da haben wir uns dann für eine Technologie entschieden, die eben sehr langlebig ist und auch sehr sicher ist, weil im eigenen Haus möchte man ja auch Sicherheit gerne haben. Und man hört ja immer wieder, dass Lithium-Ionen-Akkus auch thermisch durchgehen können, also rauchen, brennen oder dergleichen andere Scherze. Das wollten wir nicht und deswegen haben wir geguckt, was es alles so gibt und haben uns da die Technologie rausgesucht, die am besten zu dem passt, was wir haben wollten.
David Wortmann: Und die habt ihr dann aus Asien gesourcet. oder wo kam die Technologie damals her?
Christoph Ostermann: Die haben wir damals aus Asien gesourcet. In der Tat ist es ja auch heute noch so, dass die allermeisten modernen Lithium-Ionen-Akkus existieren. aus Asien kommen, aus Südkorea, aus China, aus Japan.
David Wortmann: Das heißt, quasi seid ihr als Modulproduzent dann gestartet, habt dann die Zellen zusammengebaut, habt die Technik drum herum gebaut. Ihr habt die Zellen sozusagen veredelt dann in Deutschland.
Christoph Ostermann: Ja, man könnte sagen, wir waren Systemintegrator. Wir haben verschiedenste Komponenten zugekauft und haben die zusammengebaut. Da war die Eigenleistung auf der Hardwareseite gleich null. Die Leistung bestand darin, die richtigen Komponenten auszusuchen. und sie auf eine Art und Weise zusammenzusetzen, dass er auch als Gesamtkunstwerk am Ende funktioniert.
David Wortmann: Jetzt reden wir ja über das Jahr 2010, als die Gründung war. Da waren die Kosten für die Batterien wahrscheinlich noch sehr, sehr viel höher, als es heute der Fall ist. Gleichzeitig gab es auf der anderen Seite doch noch relativ attraktive Einspeisevergütungen für Solarenergie. Gab es denn überhaupt einen Anreiz für Konsumenten, Batterien zu kaufen, wenn sie eigentlich den Solarstrom einspeisen konnten und die Batterien vielleicht noch viel zu teuer waren?
Christoph Ostermann: In der Tat, da triffst du natürlich genau den richtigen Punkt. Aus ökonomischer Sicht hat das überhaupt gar keinen Sinn gemacht, was wir da getan haben zum damaligen Zeitpunkt. Die Payback-Zeit, wie man so schön sagt, also die Zeit, die es dauert, das Geld zurückzuverdienen, was man investiert, war mit Sicherheit mehrere hundert Jahre. Also aus ökonomischer Sicht gab es in der Tat keinen Anreiz. Glücklicherweise gibt es ja auch außerhalb der Ökonomik Anreize, weswegen man sowas machen kann. Dazu gehört zum Beispiel, dass man gerne nachhaltig sich versorgen möchte. Unabhängig davon, ob es sich schon rechnet oder nicht. Dazu gehört vielleicht auch der Spaß an innovativer Technologie und daran auch ein Stück weit ein Pionier und Vorreiter zu sein. Und Gott sei Dank ist Deutschland ein Land oder ein Markt, in dem wir gestartet haben, wo man auch Kunden findet, die bereit sind, ein Produkt zu kaufen und dafür auch Geld zu bezahlen, das sich ökonomisch nicht rechnet, sondern damit einfach zufrieden sind, den Planeten ein kleines Stückchen besser zu machen und vielleicht auch die Spaß an der Technik haben. So haben wir angefangen und in der Tat, es hat nicht viel Sinn gemacht.
David Wortmann: Wenn man sich das ökonomisch betrachtet hat, dann hat es in der Tat wenig Sinn gemacht. Wie konntet ihr denn dennoch dann Investoren überzeugen, bei euch mit einzusteigen? Weil die waren sicherlich nicht ganz so idealistisch unterwegs wie der ein oder andere Nischenkunde, den ihr damals schon hattet.
Christoph Ostermann: Ja, wir haben. 2010 ja gegründet, aber haben erst in 2013, drei Jahre später, den ersten Investor mit an Bord genommen. Mit anderen Worten, wir haben quasi aus Eigenmitteln den Ramp-up, also die ersten Jahre, stemmen können und haben zu dem Zeitpunkt, als der erste Investor eingetreten ist, schon Umsätze gehabt. Wir haben damals schon fast 10 Millionen Euro Umsatz gemacht. Wir haben damit quasi bewiesen, dass es funktioniert, also sowohl, dass es technisch funktioniert, dass es ein Gerät ist, was tut, was es soll und was zuverlässig ist und seine Dienste auch am Kunden tut. Und zum anderen haben wir auch bewiesen, dass man es verkaufen kann und man damit Geld verdienen kann. Und deswegen waren wir eigentlich über die erste Phase schon hinweg, wo man in die Verlegenheit kommt, Leute, die es anders sehen, überzeugen zu müssen mit Argumenten, die man damals noch nicht hatte. Weil in der Tat, es hat sich wirklich ja nicht gerechnet. Es war dann drei Jahre später, 2013, schon ein bisschen besser. Dass sich das da gerechnet hat wie eine Rakete, war jetzt leider nicht so. Also es war immer noch ein relativ schwacher wirtschaftlicher Fall. Aber dadurch, dass wir es trotzdem verkaufen konnten und das auch bewiesen haben, gab es Investoren, die gesagt haben, toll, wir finden es super. Und wir können auch sehen, dass wahrscheinlich in ein paar Jahren der Punkt erreicht ist, dass es sich eben rechnet. Und genau das ist ja dann auch passiert.
David Wortmann: Und die Rechnung ist dann deswegen aufgegangen, weil die Kosten ja dann gesunken sind seit einer Batterietechnik. Das heißt wirklich Economies of Scales haben dann stattgefunden. Vielleicht kannst du dazu noch ein, zwei Worte zu deiner Kostenentwicklung sagen. Aber auf der anderen Seite war es dann dennoch noch notwendig, auch politische Unterstützung zu bekommen, also ein Marktanreizprogramm, so etwas in dieser Art und Weise? Oder hat sich das dann doch so Stück für Stück dann irgendwann mal gerechnet?
Christoph Ostermann: Es ist so, dass wir am Anfang profitiert haben von Economies of Scale, allerdings in der Zulieferindustrie, also bei den Batteriezellen. Die Batteriezellpreise sind relativ rapide verfallen, also runtergegangen. Das war sehr, sehr gut. Als wir angefangen haben, hat die Kilowattstunde vielleicht 2000 Euro gekostet und mittlerweile kostet die vielleicht noch 200 Euro. Wenn überhaupt. Eher drunter, eher 150. Also da hat sich sehr, sehr viel getan. Die zweite Welle war dann im Bereich Leistungselektronik, weil man braucht ja auch einen Wechselrichter und andere elektronische Bauteile, wo sich da auch einiges getan hat. Als wir angefangen haben, gab es natürlich Photovoltaik-Wechselrichter, aber es gab keine bidirektionalen Wechselrichter. Das ist heute nicht mehr so. Die sind nicht mehr so exotisch, sind auch vom Preis deutlich zurückgegangen. Und die dritte Phase kommt eigentlich jetzt, da sind wir gerade drin, das ist Economies of Scale in unserer eigenen Branche. Also dass wir jetzt selber mal hohe, hohe Stückzahlen machen. Wenn man jetzt hört, der Markt in Deutschland für Batteriespeicher ist 40.000, 50.000, 60.000 Stück pro Jahr, dann ist das ja immer noch eine Kleinserie für einen einzelnen Hersteller. Also ein Massenmarkt ist das immer noch nicht. Und deswegen sind wir gerade dabei, hier die Economies of Scale zu holen. Und deswegen wird wahrscheinlich auf Sicht an den Kosten auch noch was gehen, aber natürlich nicht mehr in der Geschwindigkeit wie am Anfang.
David Wortmann: Woraus erklärt sich denn die Notwendigkeit überhaupt für Batterien? Wir könnten ja auch argumentieren, Solarenergie ist mehr oder weniger zu so geringen Kosten zu beziehen, dass man die Energie, die man nicht braucht, auch vielleicht einfach nicht nutzen braucht oder einfach ans Netz einspeist.
Christoph Ostermann: Ja, das ist eine gute Frage. Die Schwäche der erneuerbaren Energien, und ich glaube, dass wir erneuerbare Energien wollen, ist ja mittlerweile Common Sense. Das will ja in Deutschland zumindest erfreulicherweise jeder, auch über alle Parteien hinweg. Und wenn man jetzt mal guckt, was sind denn die Schwächen der Erneuerbaren, dann ist es eine Bedeutung. besonders Volatilität auf der Erzeugungsseite. Das bedeutet, dass keiner so genau vorhersagen und geschweige denn beeinflussen kann, wann erneuerbare Energien, vor allen Dingen Strom, zur Verfügung steht, aus Wind oder aus Sonne, weil man eben nicht so genau weiß, wie wird das Wetter? Hat man Wind, hat man Sonne? Und das Ganze auch noch über einen langen Zeitraum. Das heißt, diese hohe Volatilität, mal ist Strom da, mal eben nicht, ist völlig losgelöst vom Strombedarf. Und um diese Brücke zu bauen und diese Lücke zu schließen, gibt es eben Speicher, das Zu Zeiten, wo man mehr Strom aus Erneuerbaren zur Verfügung hat, als man gerade braucht, da kann man den Strom speichern. und eben zu den Zeiten dann, wo man weniger zur Verfügung hat, als man bräuchte, kann man den gespeicherten Strom dann entladen und dann verwenden. Und deswegen ist der Speicher an sich eine Schlüsseltechnologie, um eine Welt, in der erneuerbare Energien das Energiesystem beherrschen, möglich zu machen. Ohne Speicher geht es eigentlich nicht.
David Wortmann: Aber es ist wahrscheinlich fair zu sagen, dass ihr euch vor allen Dingen auf das Haussegment fokussiert habt. Das heißt, hier schaut euch vor allen Dingen auch die Energieverbräuche in den Eigenheimen an. Oder wie würdet ihr euren Markt segmentieren?
Christoph Ostermann: Nein, das ist fair, das zu sagen. Also unser Hauptmarkt ist in der Tat die private Familie, also das Eigenheim, könnte man sagen. Wir haben aber durchaus auch Lösungen für den kleinen gewerblichen oder landwirtschaftlichen Bereich, aber das ist im Moment tatsächlich unser Hauptzielsegment. Und wenn man da jetzt mal schaut, dann ist es so, dass man mit Photovoltaik vielleicht 30% seines Bedarfs decken kann, wenn man keinen Speicher hat. Einfach deswegen, weil bei Photovoltaik typischerweise mittags eine Erzeugungsspitze da ist, nämlich dann, wenn die Sonne am höchsten steht, dann produziert man am meisten Strom. Aber in den wenigsten Fällen hat man mittags auch die Bedarfsspitze, sodass man vielleicht 30 Prozent des selber erzeugten Stroms ohne Speicher auch selber verbrauchen kann. Die verbleibenden 70% würde man dann eben wieder ins Netz einspeisen und dann vielleicht auch die Netze belasten, weil mittags alle Zeit gleich dann eben die Spitze, die sie gerade nicht brauchen, ins Netz einspeisen. Und dann kommt es mittags auch zu einer besonderen Belastung der Netze. Wenn man jetzt im Eigenheimbereich nicht nur eine Photovoltaikanlage, sondern eben auch einen Speicher hat, dann schafft man ungefähr, sich zu 80% autark zu machen. zu vielleicht 70 bis 80 Prozent, 80, wenn es gut läuft, über das Jahr hinweg. Das heißt, 80 Prozent des eigenen Strombedarfs kann man selber decken. Und das ist ja perfekt, weil das Beste, was es gibt, ist ja, wenn der Strom genau da verbraucht auch wird, wo er erzeugt wird, weil man dann eben keinen Aufwand für Transport hat und damit auch die Netze nicht belastet. Und da sieht man schon ganz gut, wie auch im Hausbereich die Lücke geschlossen wird durch einen Speicher.
David Wortmann: Das heißt, die ökonomische Betrachtung heute für den Eigenheimbesitzer ist quasi wie eine Art Opportunitätskostenberechnung. Ich schaue mir an, was ich mir sonst spare an Energiekosten. Ich zahle vielleicht heute 28, 30 Cent die Kilowattstunde. Und wenn ich zu 80 Prozent meinen Eigenverbrauch, also mit der Solaranlage plus Speicher abdecken kann, dann spare ich mir eben genau diesen Betrag und damit finanziere ich dann die Anlage.
Christoph Ostermann: Genauso ist es. Bei Sonnen kommt noch eine Komponente hinzu. Dadurch, dass wir über unser virtuelles Kraftwerk die Netze entlasten und damit finanzieren, Regelenergie erbringen für die Netzbetreiber, kann bei uns ein Besitzer einer Solaranlage und einer Sonnenbatterie sogar zusätzlich noch Einnahmen darüber generieren. Also wir sind quasi das einzige Gerät, mit dem man auch Geld verdienen kann und damit stellt sich die Wirtschaftlichkeit noch ein bisschen positiver dar.
David Wortmann: Das heißt, eure Kunden müssen am Netz angebunden sein, selbst wenn sie einen hohen Autarkiegrad haben, weil sie a natürlich noch die restlichen 20 Prozent beziehen, aber dann eben dann an diesem von dir angesprochenen Regelenergie-Markt teilnehmen können.
Christoph Ostermann: Genauso ist es. Das ist auch der Regelfall in Deutschland. Es gibt ganz wenige Leute, die wirklich sagen, sie gehen off-grid, also entkoppeln sich vollständig vom Netz. A, es gibt überall Netz und B, schafft man es auch aufgrund der Winterperiode, wo Schnee auf dem Dach ist, kaum sich allein über Photovoltaik über das ganze Jahr autark zu versorgen. Und deswegen sind die Kunden im Regelfall auch bei anderen Herstellern am Netz. Und bei uns ist es so, dass die Kunden übers Netz auch über die Sondent Community, also das virtuelle Kraftwerk, ihren Netzstrom dann von uns beziehen. Und zum Zweiten, wir den Speicher des Kunden auch für Regelenergie verwenden und dafür belohnen wir den Kunden. Und deswegen kann er bei uns Geld verdienen, weil er einfach an den Einnahmen, die wir damit generieren, partizipieren kann.
David Wortmann: Ich glaube, das müssen wir noch ein bisschen versuchen nachzuvollziehen, weil ich weiß nicht, ob ich das jetzt zu übertreibe, aber ich würde euch wahrscheinlich schon als einer der Erfinder der Sharing Economy in der Energiewirtschaft sehen, weil ihr dann tatsächlich immer mal diesen Sprung gemacht habt vom reinen Batteriesystemintegrator eben zu einem Energieversorger. Wie kam es dazu, dass ihr gesagt habt, es reicht euch nicht, jetzt einfach nur Batterien zu verkaufen, sondern eben euch selber zum Energieversorger zu entwickeln, sprich Energieversorger. sozusagen die Energie, die der Konsument jetzt selber nicht produzieren kann, zur Verfügung stellt, aber dann darüber hinaus auch noch dann die Sonnenkunden miteinander vernetzt. Wie kam es dazu? Und dann vielleicht kannst du noch mal ganz kurz das Modell auch erklären, wie das funktioniert.
Christoph Ostermann: Es kam dazu, dass wir eigentlich immer vom Kunden versuchen zu denken und uns zu überlegen, was will denn unser Kunde eigentlich? Und in den allerseltensten Fällen wird ein Kunde antworten, wenn man ihm diese Frage stellt, dass er eine Technologie möchte. Er wird nicht sagen, ich will einen Speicher und ich will eine Photovoltaikanlage und so. Sondern er wird wahrscheinlich sagen, ich möchte ein Problem gelöst haben. Und in unserem Fall ist es, dass er sagt, ich möchte gerne mit erneuerbarer, grüner Energie mein Haus betreiben zum Beispiel. Und wenn man davon ausgeht und berücksichtigt, was ich vorhin gesagt habe, dann kommt man ja zu dem Schluss, dass man das mit einer Photovoltaikanlage alleine nur zu vielleicht 30% kann. Und wenn man jetzt noch einen Speicher hinzunimmt, zu vielleicht, wenn es gut läuft, 80% kann. fehlen aber immer noch 20 Prozent. Und da haben wir gedacht, okay, komm, wenn der Kunde aber am liebsten komplett erneuerbar versorgt würde und das alles am besten auch noch ganz bequem aus einer Hand, wo man eben nicht mit verschiedenen Anbietern reden muss und sich durch verschiedene Vertragswerke durcharbeiten muss, dann müssen wir doch schaffen, die 20 Prozent, die dem Kunden noch fehlen am Ende, auch noch zu liefern. Das war eigentlich der Ausgangspunkt vom Kunden aus gedacht und technologisch bieten uns die Speicher da perfekte Möglichkeiten. Am Ende muss man sich das so vorstellen, die Speicher sind online und man kann speichern, Sie online quasi auch steuern, fernsteuern. Und die Sonnen-Community ist ein Zusammenschluss aller Sonnenkunden, die zu Hause eine Photovoltaikanlage und einen Speicher haben. Und die können immer dann, wenn der einzelne Kunde zu viel Strom hat oder mehr Strom hat, als er gerade selber braucht und den ins Netz einspeist, dann speist er diesen Strom in einen virtuellen Pool ein, in diese Sonnen-Community eben. Und aus diesem Pool können sich in der gleichen Sekunde, zur gleichen Zeit andere Kunden eben versorgen, die gerade weniger Strom selber erzeugen, als sie verbrauchen, also ein Defizit haben. Und damit hat man eine Sharing Economy Plattform, also eine Plattform geschaffen, eine virtuelle Plattform, wo Kunden praktisch ihren Strom untereinander tauschen können. Und über dieses Tauschen kommt man dazu, dass eigentlich zu jeder Zeit alle Kunden mit grüner Energie versorgt sind, aus der eigenen Photovoltaikanlage und dem Speicher. aber eben auch aus Netzstrom, der wiederum von anderen Sonnenbatteriekunden zur Verfügung gestellt wird. Und dann kommt man eben auf die 100%. Und das virtuelle Kraftwerk ist quasi noch einen Schritt weiter gedacht, wo man sagt, komm, wenn man jetzt schon Tausende von diesen Speichern virtuell vernetzt hat und man die auch fernsteuern kann, dann kann man doch auch dem Netzbetreiber helfen und mit diesen Speichern immer dann, wenn zu viel Strom im Netz ist, mal ganz einfach und bildhaft jetzt gesprochen, Strom rausnehmen und in Tausender dieser kleinen Speicher speichern. Und wenn zu wenig Strom im Netz ist, speichere ich den wieder zurück. Und das hilft eben dem Netzbetreiber, sein Netz zu managen und da auch Kosten zu sparen. Und deswegen kann man damit Erlöse generieren und diese Erlöse geben wir zum Teil an unsere Kunden weiter. Und damit hat eigentlich jeder was davon. Man hat dem Kunden einen Mehrwert geboten und hat gleichzeitig auch noch einen volkswirtschaftlichen oder energiesystemischen Mehrwert. Nutzen geschaffen und eben nicht nur aufs Haus geguckt.
David Wortmann: Also wenn ein großes Wolkenfeld über Süddeutschland zieht, eure Firmenzentrale ist in Wildpoltried im sehr schönen Allgäu und dort aber eure Kunden in ganz Bayern und Baden-Württemberg gerade Strom brauchen, dann braucht sich eben keine Sorgen zu machen, weil gerade über Süddeutschland die Sonne schön strahlt, die Speicher voll sind, die Kunden in Norddeutschland nicht mehr Strom brauchen und dann quasi diesen Überschussstrom einspeisen in diesen virtuellen Speicher hinein und dann eben die süddeutschen Community-Members dann mitbedienen. Und wenn sich dann sozusagen das Wolkenfeld Richtung Norden zieht, dann dreht sich das Verhältnis um. Kann man sich das so vorstellen?
Christoph Ostermann: Genau so.
David Wortmann: Und wenn insgesamt dann dennoch noch viel mehr Strom auch zur Verfügung steht, dann könnt ihr dieses dann auch noch den Netzbetreibern zur Verfügung stellen für Stabilisierungsmaßnahmen, Genau.
Christoph Ostermann: Wobei, da geht es dann nicht immer nur um die Strommenge, sondern es geht zum Teil auch darüber, dass man sehr kurzfristig, also da geht es um Sekunden auch, die Netzfrequenz stabilisiert. Und da geht es gar nicht so sehr um große Mengen, sondern nur darum, dass viele Speicher gleichzeitig ganz kurz etwas machen. Also Strom einspeisen oder Strom aus dem Netz rausnehmen. Und da braucht man gar nicht so viel Strom rausnehmen. Speicherkapazität und da geht es auch nicht so sehr um die Menge, sondern da geht es vielmehr darum, dass in Zeiten, wo das Netz schwächelt, es kurzfristig gestützt wird und das kann man mit den Speichern auch machen.
David Wortmann: Müsst ihr denn auch dann noch Strom hinzukaufen? Das heißt, wenn es eben das Wolkenfeld gibt, nicht genügend zur Verfügung steht, das heißt, da habt ihr dann auch noch Windstrom oder auch andere Solarstromquellen, die ihr mit hinzunimmt?
Christoph Ostermann: Das ist hauptsächlich im Winter relevant. In den Sommermonaten ist es so, dass in den allermeisten Fällen, zu 99 Prozent der Zeit, hat unsere Sonnencommunity mehr Strom, als sie auch in Summe braucht. Also da können wir sogar Überschüsse dann auch abgeben, außerhalb der Sonnencommunity. Aber im Winter ist es in der Tat so, dass wir auch zukaufen müssen und da kaufen wir eben dann auch grünen Strom zu und der kommt vor allen Dingen aus Windkraft.
David Wortmann: Das, was wir gerade beschrieben haben, Christoph, über Deutschland, funktioniert das auch europaweit. oder schaut ihr euch da die einzelnen Märkte separat an? Beziehungsweise, wo seid ihr denn heute international unterwegs?
Christoph Ostermann: Grundsätzlich muss man sich die Märkte immer ein Stück weit separat anschauen, weil der Energiemarkt ja sehr reguliert ist. eigentlich in allen Ländern und die Regulatorik sich unterscheidet. Deswegen sind die Spielregeln pro Markt immer ein bisschen anders und deswegen kann man nicht das gleiche Spiel in allen Märkten spielen. Man muss es immer ein bisschen anpassen. Und in Europa ist es so, dass wir neben Deutschland auch in Italien und in UK ein virtuelles Kraftwerk betreiben und über Europa hinaus haben wir sowohl in Australien wie auch in den USA seit einigen jahren schon tochtergesellschaften die auch schon virtuelle kraftwerke in ihren märkten umgesetzt haben. also das heißt wir sind in drei europäischen märkten in australien und in den usa mit virtuellen kraftwerken auch aktiv.
David Wortmann: ihr habt ja mit diesem community modell Und dadurch, dass er als Energieversorger auftretet, ja wirklich den Energiemarkt disruptiert. Weil vorher war der Kuchen klar verteilt. Es gab die Energieversorger, die dann ihren Strom verkauft haben. Wie haben denn die großen Energieversorger darauf reagiert, dass auf einmal so ein Batteriehersteller aus dem Allgäu dort um die Ecke kommt und sich dort selber hinstellt?
Christoph Ostermann: Ich glaube, dass es die vornehmste Aufgabe von kleinen, agilen Startups wie uns ist, zu disruptieren und auch neue Wege mal aufzuzeigen, wie es vielleicht gehen könnte. Und wenn man sich heute mal anschaut, was die großen Energieversorger heute anbieten, dann muss man ja zufrieden feststellen, dass sie sich ganz offensichtlich an unseren Wettbewerben, innovativen Produkten und Dienstleistungen haben soweit inspirieren lassen, dass wir jetzt mit ähnlichen Lösungen um die Ecke kommen und das ist ja eigentlich was Gutes. Es geht ja jetzt gar nicht so sehr um die Polarisierung, große böse Energieversorger und kleine liebe Startups, sondern es geht ja vielmehr darum, dass man neue Technologien, die unser Land, die unser Planet eben braucht, auf die Straße zu bringen. Und jeder, der dabei mithilft, ist willkommen. Und deswegen freuen wir uns eigentlich darüber, dass die zunächst vorhandene Skepsis und teilweise vielleicht sogar Ablehnung bei vielen großen Playern insoweit umgeschlagen ist, dass sie jetzt auch auf den Zug aufgesprungen sind und ähnliche Dinge anbieten wie wir. Das finden wir sehr gut.
David Wortmann: Ihr seid ja durch verschiedene Investorenrunden ja auch durchgegangen dann seit 2013 und habt dann zuletzt 2019, richtig, dann den Exit. Richtung einer dieser großen Energieversorger bzw. Energieproduzenten muss man sagen, Shell dann gemacht. Wie kam es denn dazu?
Christoph Ostermann: Ja, in der Tat, schon seit einiger Zeit auch davor, seit einigen Jahren davor, hatten wir schon Kontakt zu Shell. Und Shell ist ja schon 2018, Anfang des Jahres, bei uns als ein Investor, als ein Minderheitsgesellschaftler eingestiegen. Und in diesem Jahr, zwischen Einstieg als Minderheitsgesellschafter und der kompletten Übernahme von Sonnen, hatten wir ausreichend Gelegenheit, uns gegenseitig besser kennenzulernen. Und wir haben eben auch von unserer Seite gesehen, dass Shell daran arbeitet, sich neu auszurichten. Und dass es schon eine ganze Fülle an anderen Portfolio-Gesellschaften innerhalb der Shell-Gruppe schon vorhanden waren, die ein großes Synergiepotenzial zu uns aufgewiesen haben. Und dazu gehören Unternehmen aus dem Bereich Schleimhaut, Stromversorgung, dazu gehören Unternehmen aus dem Bereich Elektromobilität oder auch aus dem Bereich intelligente Softwarelösungen für die Energiebranche. und wir haben gesehen, dass das eigentlich ein sehr spannendes Feld für uns ist, wo wir unsere Leistungen mit den Leistungen anderer Unternehmen aus der Shell-Gruppe bündeln können und noch komplettere Angebote an die Endkunden machen können. Ich habe ja vorhin schon kurz erläutert, dass wir immer vom Endkunden her denken und uns überlegen, was braucht der? Und in der Tat braucht er auch Lösungen, die über unsere eigene hinausgehen. und da haben wir uns eigentlich gefreut, dass wir bei Shell solche Möglichkeiten gefunden haben und haben uns da auch schon angefangen, immer enger zu verzahnen. und ich glaube, wir haben von beiden Seiten dann gesehen, dass eine Partnerschaft Sinn macht und auch langfristig vielversprechend ist. und Durch diese Erkenntnis, durch diesen gemeinsamen Lernprozess kam es dann letztendlich zu der Akquisition und damit eben zu der Übernahme von Sonnen innerhalb von Shell.
David Wortmann: Jetzt hat Sonnen sich ja eine sehr positive Marke, eine sehr starke Marke aufgebaut. Energieunabhängigkeit, Solarenergie, ein hoher Eigenverbrauch zu Hause sozusagen durch erneuerbare Energien, durch saubere Energien. Und jetzt kommt sozusagen Shell als Investor hinein. Hattet ihr dort Kommunikationsbedarf oder Erklärungsbedarf gegenüber euren Kunden oder ist das mehr oder weniger aufgrund der von dir eben beschriebenen Synergien, die es ja gibt, dann sehr positiv auch zur Kenntnis genommen worden?
Christoph Ostermann: Na, es gab sicherlich schon die eine oder andere Rückfrage auch von Seiten unserer Kunden, aber auch von Seiten unserer Lieferanten oder auch von Seiten der Presse, die einfach verstehen wollten, wie kann ein Unternehmen wie Sonnen zukünftig innerhalb einer Shell-Gruppe weiter existieren und Beiträge leisten. Und ich glaube, wenn man das Thema erklärt und das ist auch die Erfahrung, die ich durchweg gemacht habe in den letzten Jahren, dann versteht es auch jeder. Ich glaube, Fakt ist, dass noch nicht bei jedem Unternehmen, verstanden ist oder noch nicht jeder die Informationen bekommen hat, was Shell alles in dem Bereich erneuerbare Energien tut. Und de facto tut Shell da ja seit einigen Jahren sehr viel, seitdem es eben die Sparte New Energies bei Shell gibt. Investiert Shell ein bis zwei Milliarden US-Dollar im Jahr für erneuerbare Energien, gehört damit auch sicherlich zu den größten Investoren für Erneuerbare, die man so finden kann. Und was Shell da tut, geht also weiter. weit über den im Raume stehenden Generalverdacht des Greenwashing hinaus, ist nach meiner Einschätzung wirklich sehr seriös und sehr nachhaltig auch ausgerichtet. Und wenn man das nicht versteht und noch das quasi alte Image von Shell im Kopf hat, dann passt es auf den ersten Blick nicht so gut zusammen. Aber auf den zweiten Blick, wenn man die Informationen hat und eins und eins zusammenzählt, kommt man dann schon zu dem Schluss, dass das eigentlich eine ganz gute Verbindung ist so.
David Wortmann: Die Frage stellt sich ja auch häufig, also unabhängig jetzt auch von Image, sondern immer auch, da kommt sozusagen der neue Player um die Ecke, der disruptiv ist, das seid ihr, aber ihr disruptiert sozusagen ein existentes Geschäftsmodell hier der klassischen Energiekonzerne und die müssen sich überlegen, wollen sich disruptieren lassen oder tatsächlich auch mitmachen. Und in dem Fall wird Shell sich sicherlich genau überlegen, dass wenn die Zukunft erneuerbar ist und das auch technisch und wirtschaftlich alles machbar ist, dass man sozusagen sich dann hier dann auch nicht zurückziehen darf, sondern über so ein Engagement wie bei Sonnen da sicherlich einen sehr, sehr guten Beitrag dazu leisten kann, da mitmachen
Christoph Ostermann: zu können. Ja, ich glaube, das macht Sinn und viele große Unternehmen, auch aus unterschiedlichen Branchen, haben ja erkannt, dass ihre Zukunft anders aussehen muss, wenn sie eine haben wollen, als ihre Vergangenheit und sind gerade deswegen dabei, sich umzugestalten, umzubauen, dass das ein Prozess ist, ist völlig klar, das geht nicht von heute auf morgen. Und ich glaube, dass auch die Akquisition von innovativen und agilen Startups einen ganz wesentlichen Beitrag dazu leistet. Und am Ende des Tages ist es ja auch das, worum es ein bisschen geht in der Energiewende. Man will aus der alten Energiewelt eine neue Energiewelt machen. Und das kann man natürlich besonders dann, gut schaffen und erreichen, wenn auch die Player der alten Energiewelt mitmachen und ein Player der neuen Energiewelt werden wollen. Darum geht es ja ein Stück weit. Und deswegen finde ich das eine durchaus positive Entwicklung, die sicherlich auch ein Stück weit wegweisend ist für andere Konzerne aus dem Bereich. Wir sind ja auch imprimiert worden von der Cleantech Group als der Exit des Jahres und ich glaube schon, dass das ein Stück weit auch der Moment ist, wo man sehen kann, ja, es ist wirklich so, die traditionellen Technologien, Unternehmen wollen in diese Richtung gehen und das ist sicherlich ein Proofpoint auch dafür, ein Meilenstein.
David Wortmann: Wenn du jetzt mal die letzten zehn Jahre Revue passieren lässt, Christoph, du hast angefangen von der Notwendigkeit, irgendwie einen Speicher haben zu müssen zu Hause, bist jetzt CEO eines großen Speicherunternehmens innerhalb einer noch größeren Konzernstruktur. Was sind denn so die Learnings gewesen in all diesen zehn Jahren? Was kannst du auch anderen Gründern mitgeben?
Christoph Ostermann: Das ist natürlich sehr, sehr schwierig, das in Kürze zusammenzufassen. Das Learning hört an der Stelle ja nicht auf und natürlich hat man eine sehr steile Lernkurve. Wir haben ja Dinge gemacht, die noch niemand vor uns gemacht hat und haben Märkte mit aufgebaut, die es ja auch gar nicht gab. Und ich glaube, die wesentlichen Erkenntnisse sind, dass man es einfach machen muss, dass man es einfach probieren muss und dass man auch mal ein Stück weit Mut haben muss, gewisse kalkulierte Risiken auch einzugehen und Sachen auszuprobieren. die einfach neu sind und die noch keiner gemacht hat. Und keiner kann einem vorher sagen, ob die wirklich fliegen und wirklich funktionieren oder eben nicht. Aber irgendjemand muss sie ausprobieren, sonst ist Veränderung ganz, ganz schwierig. Und dazu gehört Mut, dazu gehört ein Stück weit auch ein langer Atem, dass man sich nicht beirren lässt, dass man sich nicht vom Weg abbringen lässt. auch wenn Hohengelächter kommt oder Zwischenrufe, dass man trotzdem seinen Weg weitergeht und sich davon nicht abbringen lässt. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Und natürlich muss man bei jedem Schritt, den man geht, aufpassen, keinen Fehler zu machen. Man kann es zwar nie ausschließen und verhindern, aber man muss aufpassen, weil man natürlich ein kleines fragiles Pflänzchen noch ist als Startup, was natürlich auch leichter beschädigt werden kann als ein großer stabiler Konzern, der eben schon ein etabliertes Geschäftsmodell hat. Und da will man als Startup ja eben gerade erst noch hinkommen und das ist gewöhnlich ein langer Weg. Deswegen, man muss einfach beharrlich sein, man muss Mut haben und man muss, glaube ich, als Drittes sich auch immer wieder hinterfragen und immer wieder gucken, passt das jetzt, sind wir auf dem richtigen Weg, sind wir es nicht. Und wir haben uns ja auch als Sonnen immer mal wieder ein Stück weit neu erfunden. Und ich glaube, das muss man auch. Man muss im Auge behalten, was tut sich da draußen in der Welt und was tut sich da drinnen auch im Unternehmen. Man muss immer wieder gucken, dass das zusammenpasst. Und das ist ein permanentes Steuern. Genau wie wenn man unterwegs ist mit einem Schiff und man muss immer wieder gegensteuern, wenn mal ein bisschen Wind kommt oder mal eine Flut in eine andere Richtung geht. Und das muss man tun, man muss sich hinterfragen. Und wenn man das macht, dann ist man, glaube ich, schon auf einem sehr, sehr guten Weg.
David Wortmann: Hat denn großes Denken hier auch geholfen oder haben die Dinge sich dann so peu à peu entwickelt und sind dann zu dieser Erfolgsgeschichte geworden?
Christoph Ostermann: Ich glaube, es ist beides. Man muss, glaube ich, den Rahmen groß denken und möglicherweise auch ein Stück weit gesunden Größenwahn haben. Das klingt jetzt wie ein Widerspruch, aber ich glaube, dass man das braucht. Dieser gesunde Größenwahn ist deswegen gesund, weil er eben nicht zu einer kompletten Selbstüberschätzung führt und man deswegen unvorsichtig wird und Fehler macht. Deswegen nenne ich ihn gesunden Größenwahn. Das braucht man schon, aber im Kleinen. dann muss man schon sehr genau hinschauen und da ist es auch dann ein Stück weit ein Lernprozess. Trial and Error. Was funktioniert wirklich, was funktioniert nicht wirklich. Groß denken, eine große Vision haben muss man, weil das die Triebfeder dafür ist, auch ein Stück weit mutig zu sein und Risiken einzugehen. Wenn man dieses große Bild nicht vor Augen hat, dann macht man es wahrscheinlich nicht. Und man muss ja auch in ein Start-up mit einem ganz anderen Engagement noch mal rangehen und sehr hart und fleißig arbeiten und viele Dinge tun, die man vielleicht in einem etablierten Unternehmen nicht mehr so tun muss. Und ich glaube, deswegen ist es sehr gesund, wenn man beides hat.
David Wortmann: In den letzten zehn Jahren fallen dir Dinge ein, die dir oder euch nicht gelungen sind?
Christoph Ostermann: Klar. Das ist eine Liste, die auch zu lange ist, um da im Einzelnen darauf einzugehen.
David Wortmann: Naja, aber vielleicht gibt es so Dinge, wo du sagst, was hast du aus diesem Scheitern auch lernen können? Also was hast du daraus ziehen können? Gibt es da Dinge, die du mitgeben kannst, auch anderen Gründern?
Christoph Ostermann: Ja, ich glaube, beim Scheitern, wenn man Fehlentscheidungen trifft und man es erkennt, ist es immer wichtig, dass man sehr schnell und schonungslos reagiert und Fehler korrigiert und in Ordnung. größeren Unternehmen hat man vielleicht die Motivation nicht dazu, kann sich vielleicht auch besser verstecken und will auch möglicherweise nicht zugeben, dass man eine falsche Entscheidung getroffen hat, weil man Konsequenzen befürchtet. und ich glaube, dass dieses Scheitern Teil der Kultur sein muss in einem Unternehmen, dass man auch eine Kultur des Scheiterns etabliert, wo Scheitern nicht bestraft wird, aber wo man durchaus durch regelmäßiges Hinterfragen Scheitern schnell bemerkt. und dann muss man es auch sehr schnell und schonungslos analysieren und korrigieren. und das muss man eigentlich in allen Belangen. und Besonders hart ist es natürlich, wenn man auch personell mal eine Fehlentscheidung getroffen hat. Aber da kann ich nur zu raten, dass man schonungslos analysiert und dann auch konsequent korrigiert. Und dann hat man auch was davon. Dann führt dieses Scheitern eben nicht nur dazu, dass man einen Nachteil hat, sondern auch dazu, dass man ein Learning hat und mit diesem Learning Entscheidungen in der Zukunft besser treffen kann.
David Wortmann: Hast du denn, wenn ich jetzt mal so persönlich fragen darf, vieles mit dir selber auch ausgemacht oder hast du ein Netzwerk, eine Struktur, wo du dich auch mit Peers austauschen kannst?
Christoph Ostermann: Wir haben ja relativ früh schon angefangen, schon in 2014, dass nicht nur die beiden Gründer ganz alleine das Unternehmen lenken, sondern wir haben ja dann auch angefangen, einen Geschäftsführungskreis aufzubauen. Und innerhalb dieses Geschäftsführungskreises haben wir immer sehr viel offen gesprochen und Feedback gegeben. Und ich glaube, dass das auch wichtig ist, weil das ja ein Informationsaustausch hoher Qualität ist, weil man vor allen Dingen auch über die Dinge spricht, die nicht so schön sind und die eben Aufmerksamkeit brauchen und wo man vielleicht auch korrigieren muss. Und deswegen muss man, ich glaube, sowas etablieren. Und in dem Moment, wo man das tut ist man per se ja schon nicht mehr alleine, weil man immer einen Kreis von Personen hat, die so tief wie man selber auch im Thema sind und auch eine Urteilsfähigkeit dadurch auch auf fachlicher Ebene haben und mit denen man ja auch so eng zusammenarbeitet, dass es einen Sinn macht, sich da auszutauschen. Dieses Feedback, was man da hat, das hilft einem auf jeden Fall weiter. Ich glaube, es ist ganz schlecht, wenn man versucht, ganz alleine die Welt zu retten und ganz alleine ein großes Unternehmen aufzubauen. Man wird immer so ein bisschen auch die Drittsicht brauchen, weil man ja immer auch blind spots selber hat. Und deswegen ist es, glaube ich, gut, wenn man ein Team aufbaut. Und das steht auch in gar keinem Widerspruch zu Corporate Governance, dass man ein Unternehmen trotzdem noch straff führen kann. Ich glaube, wenn man da ein Team hat, dann ist das eine sehr gesunde Sache. Dieses Team darf sich auch im Zeitverlauf dann ab und zu mal verändern. Das ist auch kein Problem.
David Wortmann: Kurz zum Abschluss. Magst du uns doch einen Ausblick geben? Also wie hat sich, vielleicht zwei, drei Stichworte, die Unternehmenskultur verändert, dadurch, dass ihr jetzt einen großen Partner mit an Bord habt? Wie geht es in Zukunft weiter? Ich weiß, dass es schwer ist, über Zahlen zu sprechen, aber vielleicht kannst du doch einen generellen Ausblick mal geben.
Christoph Ostermann: Wir haben ja das Privileg, dass wir eine sogenannte Non-Integrated Company sind innerhalb der Shell-Gruppe. Also Sonnen ist immer noch ein in sich abgeschlossenes Unternehmen. Wir sind also noch nicht aufgegangen durch Integration in einem Konzern, einem Konzern Shell im konkreten Fall, sondern haben immer noch unsere eigene Identität. Natürlich ist die über verschiedene Dinge berücksichtigt. beeinflusst worden und hat sich auch verändert. Dazu gehören natürlich die Dinge, die jeder vermuten mag, dass es im Konzern Compliance gibt, die es in dem Startup nicht gibt. Das gehört sicherlich zur Wahrheit, genauso wie auch, dass man jetzt ganz andere Möglichkeiten hat, wenn man als Teil von Shell in den japanischen Markt eintreten möchte, was wir tun. Seit ein paar Monaten sind wir gerade dabei, da ein Geschäft aufzubauen. Eine Gesellschaft ist gegründet. Dann ist es wesentlich einfacher, Das zu tun in einem großen globalen Netzwerk, wo Shell auch schon seit 100 Jahren, und das ist keine Metaphorik, sondern es ist tatsächlich seit 100 Jahren ist Shell in Japan und dann da aufzusetzen, ist viel einfacher. Wir haben es ja in Australien und in den USA selber gemacht, ohne einen großen Partner und wissen, wie schwierig und steinig das ist. Und es gibt ganz viele Vorteile, die man nutzen kann auch innerhalb eines solchen Konzerns und das ist nur ein Beispiel dafür. Und deswegen ist es schon so, dass sich in dem etwas mehr als einem Jahr jetzt ein paar Sachen verändert haben. Und ein paar Sachen würde ich jetzt ganz persönlich als positiv beurteilen, ein paar vielleicht als nicht ganz so positiv, weil sie einfach die Kultur insoweit verändern, dass man sich jetzt mehr mit Compliance-Themen beschäftigt, als man das früher gemacht hat. Aber auch das ist ja nicht unbedingt schlecht, sondern gehört zu einem Reifeprozess auch. Das ist wie Ein Unternehmen, das gerade bildlich gesprochen in der Pubertät ist und erwachsen wird, da werden ein paar Sachen anders gemacht und das passt jetzt auch in den Kontext. Von daher würde ich also insgesamt ein durchaus positives Resümee ziehen. Ja, es gibt Veränderungen. Sind die immer so, wie man es sich vorstellt? Nein, sind sie nicht. Aber unterm Strich, glaube ich, ist es ein gesunder, normaler und auch ein positiver Prozess.
David Wortmann: Lieber Christoph, ganz herzlichen Dank für das offene, sehr lehrreiche Gespräch. Ich denke mal, da kann man ganz, ganz viel rausziehen. Ich wünsche dir persönlich, aber natürlich auch dem ganzen Unternehmen, den Kollegen sehr viel Erfolg in der Zukunft. Wir werden uns sicherlich bald wiedersehen.
Christoph Ostermann: Vielen Dank, David.
David Wortmann: Auf Wiederhören müssen wir ja sagen.
Christoph Ostermann: Tschüss. Danke sehr. Tschüss.