
White Label Banking und die Zukunft der Banken
4. Juni 2018, mit Joël Kaczmarek, Andre Bajorat, Miriam Wohlfarth
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Fintcast-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich habe hier wieder die beiden Payment- und Banking-Päpste dabei. Ein Papst und eine Päpstin. Das ist sozusagen die zweite Päpstin, die es gibt auf der Welt. Die gute Miriam und den lieben André. Ich grüße euch beide.
Miriam Wohlfahrt: Hallo, lieber Joel. Hallo, André.
André Bajorat: Guten Tag zusammen, ihr beiden. Hallo. Hallo.
Joel Kaczmarek: Wollen wir nochmal, viele Leute hören nicht immer unbedingt den ersten Podcast und vielleicht auch nicht den zweiten, dass jeder nochmal einen Satz ganz kurz sagt, was er macht, in aller Kürze der Würze.
Miriam Wohlfahrt: Okay, also fange ich an. Also Miriam Wohlfahrt, ich bin Gründerin und Geschäftsführerin von Ratepay, ein Anbieter für Rechnungskauf, Ratenkauf und Lastschrift im Internet für Online-Händler und Partnerin bei Payment & Banking und verantwortlich dort für das Thema Payment Exchange. Also ein Payment-Nerd im gewaltigsten Sinne oder Nerdin seit vielen, vielen Jahren, seit 18 Jahren in der Branche unterwegs.
Joel Kaczmarek: Als wir gerade am Kaffeeautomaten standen und da zwei junge Herren mit dir ins Gespräch kamen und sich fragten, was du machst, und du sagst Fintech, da waren die so, Fintech?
Miriam Wohlfahrt: What the fuck? Ja, das war lustig. Da habe ich gleich mal Werbung gemacht. Sie sollen unseren Podcast anhören.
Joel Kaczmarek: Hat sich gut gemacht.
André Bajorat: Gut, super. Ja, André Bajorat, Geschäftsführer von FIGO, ein Infrastruktur-Dienstleister für Banking-Dienstleistungen. Auch schon lange in der Industrie, seit Mitte der 90er schon in dem ganzen Banking-Umfeld unterwegs. Also mehr aus der Banking-Welt kommen. Das ist Miriam, die ja so ein bisschen mehr das Payment-Thema auf der Agenda hat. Wir von Figo sind halt in diesem ganzen PSD2, ist dann so ein Begriff, der uns gerade sehr stark beschäftigt, aus sehr regulatorischem Umfeld unterwegs. Was Miriam gerade schon angedeutet hat, uns eint noch, dass wir gemeinsam ein Hobby haben, nämlich Payment und Banking. Ein Blog, den wir mittlerweile verbunden haben mit einem eigenen Podcast noch und einigen Events, der Banking Exchange, der Payment Exchange. Ja, und das machen wir noch gemeinsam.
Joel Kaczmarek: Den kann ich auch nur empfehlen. Ich höre den immer sehr gerne an. Ich habe gestern schon Jochen zugemault, er soll sich mal bessere Mikros holen, weil das immer so knackt bei euch. Dann hat er gesagt, nein, wir haben total tolle Mikros. Die Leute sitzen immer nur an anderen Orten und haben dann irgendwie nur ihr Headset vom Handy dabei. Deswegen klingen die Moderatoren immer gut und manchmal der Gast halt nicht. Und da hat er witzigerweise die gleiche Idee gehabt wie ich. Jemand hat uns das vorgeschlagen, glaube ich, in dem Gespräch, das Equipment per Post zuzuschicken. Dann nimmt man auf mit den Leuten und dann schicken sie es wieder zurück. Das war eine coole Idee.
André Bajorat: Gucke ich auch mal aus vielleicht. Wir haben in der Tat seit einigen Wochen welche Probleme auch immer. Und meistens ist es, ich glaube, ein ganz bestimmter Kollege, dessen Rechner irgendwie immer knackt. Und das führt auch in unseren Aufnahmen oft dazu, dass wir zeitlich einen Versatz da drin haben, was dann zu einem totalen Hässel bei Jochen führt, weil er das immer zusammenschneiden muss. Wir wissen noch nicht genau, wo es herkommt, aber wir schieben es ein bisschen auf die Windows-Welt, weil die meisten, wo es funktioniert, arbeiten mit einem Mac. Und der Kollege, wo es immer knackt, arbeitet als einziger unter Windows. Möglicherweise liegt es daran.
Joel Kaczmarek: Aber inhaltlich, darum geht es ja primär. Das kann ich nur ans Herz legen, allen Zuhörern. Ich habe mir neulich wieder was zu Fraud bei euch angehört. Ich habe mich zu Bitcoin schon weitergebildet. Also das ist ein Herzensprojekt, bei dem auch toller Content rausfällt. Und heute sollen wir über das Thema White Labeling Banking bei uns reden. Das klingt erstmal trocken. Also ich glaube, da muss ich mir echt mal überlegen, wie ich das sexy verpacke. Aber ich finde das eigentlich total spannend, weil das so als Konstrukt was ganz interessantes ist. Und wir können ja vielleicht mal einsteigen, indem du lieber André mal erklärst, was ist eigentlich eine White-Label-Bank? Das klingt ja für den einen oder anderen vielleicht erstmal komisch.
André Bajorat: Ja, kann ich gerne versuchen. Vielleicht ist es dadurch sexier, dass mittlerweile halt eines der größten Fundings in Deutschland für eine White-Label-Bank stattgefunden hat. Also die Solaris-Bank, die wahrscheinlich der eine oder andere Hörer hier kennt, ist so etwas wie eine White-Label-Bank. Was verstehen wir darunter? Wir verstehen darunter einen Dienstleister, der durchaus eine Banklizenz hat, was das Wort ja eigentlich schon sagt. Also sozusagen reguliert ist und eine komplette Bankinfrastruktur vorhält und diese Infrastruktur und diese Bankdienstleistungen in der Regel aber nicht direkt gegenüber Endkunden, also gegenüber Joel, gegenüber Miriam, gegenüber André und gegenüber uns Hörern direkt vermarktet, direkt verkauft und direkt Produkte anbietet, sondern diese Dienstleistung einem Dritten unseren Nutzen, die wir daraus ziehen wollen, anbietet und für die die Dienstleistungen, die eigentlich im Hintergrund als Bank stattfinden müssen und die regulatorischen Dinge, die als Bank stattfinden müssen, abbildet und den Partnern, die obendrauf Frontends, Apps, Dienste anbieten, von dieser Last, die halt auch mit einer Banklizenz einhergehen, befreit und sich darauf konzentrieren lassen, die Dienstleister obendrauf das zu bauen, was wir eigentlich haben wollen, wir als Endkunden haben wollen. Ich hoffe, das macht es ein bisschen klar, was eine White Label Bank sein kann und momentan ist.
Joel Kaczmarek: Also kann man sich es vereinfacht so ein bisschen vorstellen. Normalerweise denkt man an Bank bei etwas, was wirklich so eine Frontend-Brand ist. Also etwas, was ich nutze als Produkt und ich interagiere mit der Bank. Und wenn ich das aber gewitelabelt mache, dann ist eigentlich mehr die Rolle, dass du so ein Dienstleister im Backend bist. Also wie man das ja eigentlich auch aus anderen Medienbegriffen kennt, Whitelabeling bedeutet ja eigentlich immer ein Service, der von einem Dritten umgesetzt wird, aber mit der Marke eines anderen quasi bedeckt obendrauf. Genau.
André Bajorat: Genau, also so rechtlich hast du natürlich dann meistens trotzdem mit der White Label Bank irgendwie einen Vertrag. Ich gebe dir ein Beispiel. Wenn du zum Beispiel bei Scalable Capital ein Depot anlegst, dann fühlt sich das für dich am Frontend komplett so an, dass du mit Scalable agierst. Im Hintergrund arbeitet eine White Label Bank. Das ist die Baader Bank in München. Natürlich eröffnest du vertraglich mit beiden einen Vertrag. Du hast einen Vertrag mit Scalable darüber, dass sie das für dich tun und du hast ein echtes Depot bei der Baader Bank eröffnet. Aber gegenüber dem Endkunden am Frontend fühlt es sich eigentlich an, als wenn nur Scalable sozusagen im Lead ist und die Kollegen von der Baader Bank wirklich, wie du es gerade beschrieben hast, nur der Abwickler im Backend sind.
Joel Kaczmarek: Muss ich dann eigentlich, wenn ich das kündige, auch bei der Baader Bank kündigen?
André Bajorat: Nee, das machen die natürlich dann alles für dich. Also natürlich musst du auch bei der Baader Bank kündigen, musst du das selber tun. Nein, das machen dann halt wiederum die Kollegen von Scalable, die für dich das Customer Frontend sind, das übernehmen die für dich.
Miriam Wohlfahrt: Ich kann dir auch noch ein Beispiel nennen. Zum Beispiel wir bei Redpay, wir arbeiten mit der Wirecard-Bank zusammen für die Ratenzahlung. Das heißt also, wenn ein Kunde von uns, wenn du zum Beispiel bei MyToys, das ist ein Kunde von uns, im Spielzeugbereich eine Rate abschließt, dann, okay, die meisten kennen nicht mal uns, wir sind ja schon ein White-Label-Anbieter, weil wir sind also ein doppelter White-Label-Anbieter, aber bei MyToys schließt du zum Beispiel eine Teilzahlungsverabredung ab, also für den Ratenkauf. Dann machst du das technologisch, sind wir das als Ratepay und die Bankdienstleistung dahinter erbringt die Wirecard-Bank. Also die Raten werden nachher eingezogen, die gehen auf ein Konto der Wirecard-Bank, aber die Wirecard-Bank ist komplett im Hintergrund. Und eigentlich sieht der Verbraucher, der diese Teilzahlungsgeschichte abschließt mit MyToys, dass auch nur in den AGBs, dass dort überhaupt eine Wirecard drin ist. Also die tritt eigentlich niemals in Erscheinung. Das ist ganz interessant.
Joel Kaczmarek: Geil, also wenn ich da bei MyToys mit Raten mein Playmobil bezahle, habe ich eigentlich mit drei Partnern sozusagen einen Vertrag.
Miriam Wohlfahrt: Genau, ja, eigentlich erstmal. Also erstmal nur mit MyToys, aber MyToys verkauft diese Forderung an uns, beziehungsweise an das Konstrukt, was wir zusammen mit der Wirecard-Bank gebaut haben.
Joel Kaczmarek: Könnt ihr mal sagen, wie sieht denn eigentlich das Geschäftsmodell von sowas aus? Also wie lässt sich eine Wirecard-Bank, eine Solaris, eine Bader-Bank, wie sie alle heißen, wie lassen die sich dafür bezahlen? oder wie sieht das aus?
André Bajorat: Miriam, vielleicht kannst du darauf antworten. zuerst, weil du hast ja sozusagen auch eine White-Label-Bank dahinter.
Miriam Wohlfahrt: Genau, also ich glaube, das ist ganz unterschiedlich. Also ich glaube, es gibt nicht wahrscheinlich die eine Art. Also bei uns ist es eben so, es entstehen ja Zinsen zum Beispiel hier bei dieser Ratenzahlung und da ist einfach ein Großteil der Zinsen verdient die Wirecard und wir bekommen eben auch einen Teil. Da gibt es einfach so einen Revenue-Share, ich sage mal so. In dem Fall der Zusammenarbeit bei der Ratenzahlung ist es so, dass im Prinzip RatePay die ganze Abwicklung macht, die ganze Prüfung, das ganze Scoring. Wir sind für die Verträge verantwortlich. Wir haben auch so einen Vertrag zusammen mit der Wirecard, dass der Händler nicht mit jedem einzelnen Vertrag machen muss, sondern wir sind derjenige, der den Vertrag schließt. Es ist aber genau abgegrenzt, wer da was macht und da gibt es einfach einen Revenue Share. Aber ich glaube, es gibt unterschiedliche Modelle. Also du kannst gar nicht sagen, der eine hat halt Zinsen, der andere hat andere Dienstleistungen, der eine gibt nur Infrastruktur. Die einen zahlen Transaktionsgebühren, die anderen haben Revenue-Share, die anderen haben Lizenzgebühren. Würde ich jetzt nicht so sagen, dass es ein Modell gibt, oder?
André Bajorat: Nee, das glaube ich auch nicht. Und das liegt einfach auch teilweise daran, dass die Dienste obendrauf, also wenn wir so in Schichten denken, dann ist sozusagen ganz oben der Endkunde, dann kommt der Dienst, der die White Label Bank nutzt und dann kommt die White Label Bank. Das muss sich natürlich auch immer ein Stück weit abbilden lassen für den Partner, der die White Label Bank nutzt. Und deshalb sind die Modelle unterschiedlich. So jedenfalls auch mein Wissen und mein Verständnis dann auch ein Stück weit angepasst auf die jeweiligen Partner. Aber was du in der Regel hast Joel, ist sowas wie eine einmalige Setup, damit du überhaupt sozusagen diese Bankinfrastruktur nutzen kannst und dann hast du halt in irgendeiner Art und Weise Variablekosten, die entweder auf Usage, also User oder Transaktionen basieren.
Joel Kaczmarek: Ist das in Summe teuer? Also wenn jetzt jemand zuhört und sich fragt, okay, ich lagere im Prinzip Regulierung und Compliance zu großen Teilen aus, da habe ich aber eine gewisse Abhängigkeit, das können wir mal später noch diskutieren, aber ist das in Summe ein Konstrukt, was trotzdem mehr Speed bringt und weniger Kosten, als wenn ich jetzt selbst irgendwie den Spagat mache und mir dafür ein paar Millionen Euro so eine Banklizenz einverdienen
André Bajorat: muss? Es ist relativ. Es ist immer die Frage, was müsstest du tun, um es selber zu machen. Es ist in der Tat eine Frage zwischen Geschwindigkeit und Kosten. Lass uns das Thema N26 zum Beispiel nehmen. Die haben ganz bewusst am Anfang keine eigene Banklizenz beantragt. Das war, glaube ich, auch zu dem Zeitpunkt, als die Kollegen gestartet sind, wäre das auch verrückt gewesen, mit einer eigenen Bank loszulaufen, weil sie auch nur eine Taschengeldkreditkarte herausbringen wollten im ersten Step. Also hat man sich einen Partner gesucht. der diese Anforderungen erfüllt, ging um Speed. War das teuer, die Kollegen von Wirecard am Anfang dort zu nutzen, bestimmt im Verhältnis dafür, was man ansonsten für die Infrastruktur, für Hosting oder für sonstige Sachen ausgegeben hat. Also das heißt, teuer in Anführungszeichen ist das schon, Aber es bringt dir natürlich Speed und es bringt dir natürlich auch, wenn du das komplett betrachtest, auch eine Kosteneinsparung, weil du diese ganzen Sachen nicht selber vorhalten musst und weil du auch erstmal gar keine Lizenz beantragen musst. Macht es irgendwann möglicherweise für dich selber Sinn, das trotzdem zu tun und eine Banklizenz zu beantragen und diese ganzen Kosten bei dir selber aufzubauen? Bestimmt, wenn du halt bestimmte Dinge dann selber in der Hand haben willst, du hast es gerade schon ein, zwei Mal angedeutet, Abhängigkeiten und dergleichen. Und wenn du Dinge halt möglicherweise auch flexibler handeln willst und nicht immer einen Dritten fragen musst, deine White Label Bank, um bestimmte Dinge wieder umzusetzen, dann macht das irgendwann Sinn. Macht es in jedem Geschäftsmodell Sinn, das irgendwann selber zu machen? Nein. Also bei Miriam zum Beispiel würde ich sagen, selber eine Bank zu werden, macht für sie keinen Sinn. Die braucht halt die Bank für bestimmte kleine Bereiche in ihrem Geschäft. Aber bei einer N26 zum Beispiel, wo das Kernthema Bank ist, da macht das total Sinn, irgendwann selber Bank zu werden. Weißt du, was ich meine? Also du hast einfach bestimmte Bereiche, wo die Bankdienstleistung nur 20% der gesamten Services abbildet, da brauchst du das möglicherweise nicht. Aber wenn halt wirklich du selber Bank sein willst, dann macht es wahrscheinlich irgendwann wirklich richtig Sinn.
Miriam Wohlfahrt: Ja, glaube ich auch. Also wir arbeiten jetzt seit fast sieben Jahren mit der Wirecard zusammen. Das war ja auch ein Gemeinschaftsprodukt, das wir entwickelt haben. Also eigentlich schon fast ein Joint-Venture, was wirklich sehr erfolgreich ist. Und da könnte man jetzt gar nicht sagen, bei uns würde es überhaupt keinen Sinn machen, ehrlich gesagt.
Joel Kaczmarek: Ist das nicht Gefühl eigentlich sogar Konkurrent mal gewesen von euch? So halbwegs?
Miriam Wohlfahrt: Nee, also in meiner alten Welt, in meiner Payment-Welt früher, ich habe ja mal für Payment-Anbieter gearbeitet, die heute, also aus dem ist Worldpay hervorgegangen und Ogone, da waren wir Wettbewerber und vielleicht haben wir uns auch deshalb sehr stark angenähert in dieser Zeit, also wir kannten uns ja schon lange. Und so ist eigentlich auch die Zusammenarbeit entstanden, dass wir darüber gesprochen haben, wie könnte man denn eigentlich bei Ratepay eine gute Bank finden, weil es war in der Tat zu der Zeit gar nicht so einfach. Zu der Zeit gab es keine so. Zumindest kannte ich nicht wirklich White-Label-Anbieter im Bankbereich. Und für uns als Ratepay 2009 und 2010 war es gar nicht so einfach, eine Bank zu finden, die da innovativ war. Da waren echt wenige unterwegs. Zu der Zeit war das die Wirecard und die Fidor Bank.
Joel Kaczmarek: Was ist denn eigentlich so die Historie von White Label Banking? Wie hat das alles angefangen? Habt ihr da einen Blick drauf, was sozusagen die Ursprünge dort waren?
André Bajorat: Miriam, ich glaube, du hast einen Blick da drauf aus der Payment-Welt, wo du sagst, da kommt es eigentlich her. Vielleicht gibst du uns erstmal einen Einblick.
Miriam Wohlfahrt: Genau, ich versuche das mal nicht zu tief zu tauchen, weil sonst könnten wir wahrscheinlich einen eigenen Podcast machen. Also mal ganz kurz. Ich kenne das eigentlich seit ungefähr 2005 oder sowas. Vor allem hier in Deutschland wurde es aus der Payment-Welt sehr stark getrieben von PayOn. Ich weiß nicht, ob man die noch kennt. Die wurden gekauft, das ist ein Münchner Unternehmen, die wurden vor zwei Jahren, glaube ich, an ACI Worldwide verkauft. Und die waren so typisch Anbieter für, ich sage jetzt mal, die haben Infrastruktur und Dienstleistungen erbracht für Payment-Anbieter, die es selber nicht machen wollten. Es gibt eben diverse Regulatorik. Das heißt PCI Compliancy. Also es gab eben diesen Zertifizierungsstandard der Kreditkarten. Das hat diese Firma erbracht. Und die haben dann klassisch diese White-Label-Lösungen erbracht. Und dann kannte ich im PSP-Bereich selber, also auch Ogone hat sowas gemacht. Wir haben sowas früher für die Postfinanz aufgebaut, halt Infrastruktur. Da ging es aber vor allem im Infrastrukturbereich. Und im Banking-Bereich, im Zahlungsverkehr gab es früher häufig sowas, das nannte man Rental Bin. Das war einfach, dass man im Prinzip Kreditkarten, Acquiring-Akzeptanzen sich in Anführungsstrichen mieten konnte, wenn man die selber nicht hatte. Daher kannte ich das eben sehr stark. Und wir haben damals eben, ehrlich gesagt, auch bei Raypay nach einer Bank geguckt, die so etwas anbietet und erst mal nicht gefunden. Also ich glaube, die BIW-Bank, die hatte sowas schon, aber Die war mir damals nicht so geläufig, vor allem die kam mir eher aus dem Brokerage. Ich brauchte halt eher jemanden, der Abwicklung und Zahlungsverkehr verstanden hat und das konnten gar nicht so viele. Und so sind wir mit der Wirecard zusammengekommen. Aber ich glaube, dass grundsätzlich sowas gemacht wird, gibt es bestimmt schon seit 10 oder so seit 2005 bestimmt schon.
André Bajorat: Lass mich vielleicht nochmal ganz kurz ergänzen. Also ich glaube, wenn man so bei White Label Banking nachdenkt, kann man halt auch noch eine andere Perspektive einnehmen. Wir hatten das vorhin kurz im Vorgespräch schon besprochen. Es gab schon immer Banken, die sich halt auf Vermittler konzentriert haben. Und diese Vermittler waren diejenigen, die bestimmte Produkte verkauft haben und das sozusagen teilweise im Auftrag der Bank oder die Bank als Dienstleister benutzt hat. Also eine Sutor Bank hier in Hamburg zum Beispiel. hat schon lange Zeit über freie Vermögensberater, freie Vermittler sowas wie vermögenswirksame Leistungen und Riester-Renten und sowas verkauft. Was die dann gemacht haben, als man gemerkt hat, die Art von Vertrieb bleibt zwar weiterhin irgendwie relevant, aber möglicherweise kommen andere Vertriebsformen, nämlich digitale dazu, Die haben sich halt geöffnet und haben gesagt, wir müssen halt digitale Vermittler finden. Und digitale Vermittler, die halt eigene Produkte bauen. Das Beispiel dafür ist zum Beispiel FEA aus Berlin, die halt auch diese ganzen Riester-Rentenprodukte und sowas übers Internet verkaufen. Und die nutzen halt sowas wie eine Sutor-Bank als White-Label-Bank. Also das heißt, du hast halt noch eine ganz viel längere Historie, dass halt Banken durchaus schon lange, lange Zeit als Dienstleister für Dritte unterwegs waren. Nur jetzt haben wir das halt in die digitale Welt übertragen bekommen und jetzt nennt man es halt etwas moderner White-Label-Banking.
Joel Kaczmarek: Kannst du eigentlich mal beschreiben, Miriam, wie so ein Pitch aussah oder so ein Gespräch, wenn du zu einem Banker hingehst Mitte der 2000er Jahre und ihm eigentlich versuchst klarzumachen, dass er das Risiko für eine Transaktion tragen soll, die du, also jemand völlig anderer, der gar nicht unter seiner Kontrolle liegt, im Prinzip aufnimmt oder annimmt. Also die müssen ja da eigentlich ein großes Urvertrauen haben.
Miriam Wohlfahrt: Also das geht mir ja ganz zurück in die Anfänge von Ray Pay. Ray Pay sucht eine Bank. Aber so geht das doch, so stelle ich mir das doch vor. Wir würden natürlich auch nicht jedes Risiko einkaufen, also wir hatten natürlich ein Konzept erarbeitet, wie wir uns das vorstellen, wie viel wir glauben etwa an Ausfall zu haben und was wir uns zutrauen können. Unsere Kernkompetenz war ja quasi Risikomanagement und eigentlich war der Pitch, wie machen wir modernes Risikomanagement im E-Commerce? und liebe Bank, Traut euch doch mal. Und wir haben damals mit vielen Banken gesprochen. Das waren also nicht nur zwei oder drei. Und von diesen, ich sage jetzt mal, sicherlich 15 Gesprächen gab es eigentlich nur mit zwei Banken überhaupt den Mut und den Willen, da weiterzumachen. Das war schon interessant, weil die meisten haben sich einfach gar nicht getraut. Man muss echt sagen, die Wirecard, das rechne ich auch immer noch hoch an. Und ich denke auch, die waren schon immer mutiger als andere Banken. Das finde ich einfach irgendwie ganz cool, weil die sich einfach was getraut haben. Und auch mal einen anderen Weg zu gehen und vielleicht auch mal anders zu denken. Aber es war natürlich schon ein harter Pitch. Natürlich haben die sich auch vertraglich abgesichert. Das heißt, hätten wir wirklich Mist gebaut, dann hätten die sofort kündigen können. Es ist ja nicht so, dass die endlos dann irgendwie verpflichtet sind. Und das waren ja am Anfang muss man ja auch sagen, in den ersten Jahren sehr kleine Volumina. Also das Risiko, das da wirklich stand, das war ja nicht so groß. Und so konnte man sich ja aneinander gewöhnen und gucken, wie läuft das eigentlich und justieren und immer besser werden.
Joel Kaczmarek: Ist das eigentlich so, wenn du sagst, am Anfang waren die Volumina klein, die wurden dann irgendwann größer. Also ich habe ja so eine grobe Vorstellung, was ihr mittlerweile an Transaktionen umsetzt. Kommt dann so eine Bank hin und drückt sozusagen auch mal auf die Kosten? Also haben die da einen Hebel zu sagen, du, jetzt kostet es aber mal irgendwie 30, 40, 80, 100 Prozent mehr?
Miriam Wohlfahrt: Das wäre uninteressant für die, weil wir, ich meine, wir verdienen ja an den Zinsen gemeinsam. Und natürlich kann man die Zinsen in der momentanen Zinsentwicklung, wäre es einfach, geht das nicht, die zu erhöhen? Ich sage es mal so, das wäre schwierig. Ich sage ja, wir haben eigentlich ein sehr stark gemeinschaftlich orientiertes Produkt gebaut, vielleicht gar nicht so sehr. Ich glaube, die Wirecard, wir haben uns, glaube ich, nie so sehr in der Rolle gesehen, Dienstleister oder vielleicht wie andere. Wir waren eher starke Partner und haben wirklich gemeinsam versucht, hier etwas Cooles zu machen. Und das hat sich einfach so toll entwickelt in den letzten Jahren. Das ist schon richtig groß geworden, das Volumen. Und natürlich ist es ja heute auch gut für eine Wirecard, weil sie da ja auch jetzt Expertise aufgebaut haben in dem Bereich.
Joel Kaczmarek: Na, ich will natürlich so ein bisschen auf das Thema Abhängigkeit hinaus, aber ich glaube, da kommen wir später nochmal zu.
Miriam Wohlfahrt: willst du eigentlich auch nicht mehr, weil du hast hier eigentlich echt einen guten Partner.
Joel Kaczmarek: Es muss ziemlich Spaß machen, solchen Leuten, die einem vorher abgelehnt haben, die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Sag mal, André, was Miriam gerade beschrieben hat, so diese risikoaverse Haltung, dieses Abwartende, die Angst vor dieser Thematik, hat sich das gedreht mittlerweile? Also haben irgendwie so eine Solaris, eine Wirecard und die anderen, die wir da gerade genannt haben, so ein bisschen dafür gesorgt, dass im Banking-Bereich diese Bereitschaft zu White Labeling größer geworden ist?
André Bajorat: Nee, ich glaube nicht wirklich. Also du hast da einfach Experten, die das entweder, was ich gerade schon angedeutet habe, schon immer in ihrer DNA drin haben, also die schon immer mit Dritten gearbeitet haben und ihre Lizenz im Grunde genommen Dritten zur Verfügung gestellt haben und du hast neue Experten. Dass jetzt bestehende Banken offener geworden sind, als White Labeler zu fungieren, sehe ich nicht wirklich. Also es gab mal zwischendurch solche, ich sage mal, Initiativen, Überlegungen. Bei der DKB hast du das teilweise gesehen. Die waren dann die Abwickler, teilweise für die Kollegen von Kringle. Und dann gab es mal diese sehr gehypten Cookies, wenn ihr euch daran erinnert. Das Peer-to-Peer-Payment, was mittlerweile da von Klarna irgendwann übernommen worden ist. Da war so eine DKB kurz auf so einer Welle, dass man das Gefühl hatte, dass die sich auch in so Richtung White Label Banking entwickelt. Hat sie aber, glaube ich, dann auch nicht wirklich richtig weitergetan und sehe ich momentan ehrlich gesagt nicht, dass da die klassischen Banken als White Label unterwegs sind, weil sie dann doch noch zu sehr an ihrem bisherigen Geschäftsmodell festhalten.
Joel Kaczmarek: Was sind denn eigentlich Geschäftsmodelle, die irgendwie für so ein Thema White Label Banking sinnvoll sein könnten? Also wir haben ja jetzt schon mal Beispiele durchdekliniert, also wir hatten irgendwie einen N26 natürlich, was sehr nahe liegt. Wir hatten ein Saavedo, ein fair.de, ein Weltspan. macht das ja glaube ich auch, wenn ich mich richtig erinnere an mein Interview mit dem
André Bajorat: Tamas.
Joel Kaczmarek: Tamas, danke schön. Gergatze, ja, also die machen das ja auch. Was für Modelle eignen sich denn für dieses Thema? Was für Voraussetzungen müssen da sein, damit das irgendwie sinnvoll ist?
André Bajorat: Miriam, willst du?
Miriam Wohlfahrt: Ja, auch Factoring-Unternehmen. Ja, also alle, die eben solche Sachen brauchen und die eben selber noch keine Lizenz haben, brauchen häufig sowas. Oder auch Payment-Anbieter, die vielleicht zusätzliche Dienstleistungen brauchen.
Joel Kaczmarek: Also was wäre die Komponente? Ich versuche das ja so ein bisschen abstrakt runterzubrechen. Wenn ich folgende drei Faktoren erfülle, macht es für mich Sinn, über White Label Banking nachzudenken. Also einmal irgendwie Kontodienstleistung habe ich jetzt mitgeschnitten oder Zwischenhalten von Geld oder Vorabschießen von Geld.
André Bajorat: Immer dann, Joel, wenn du in deinem Modell selber es für sinnvoll erachtest, ein neues Konto anzulegen. Ob das ein Sparkonto ist, ein Darlehenskonto ist, also ein Kreditkonto oder ein Girokonto ist. Oder in Teilen auch eine eigene Kreditkarte herausbringen willst. Dann brauchst du eigentlich eine White-Label-Bank. Wenn du sagst, ich kann das existierende Konto eines Kunden benutzen für mein Geschäftsmodell, also dass du sagst, Joel hat ein Konto bei der ING-DiBa oder bei der DKB, Und dieses Konto kann ich für mein Modell benutzen, weil ich davon Lastschriften ziehen kann, weil ich irgendwas damit machen kann. Alles gut, dann brauchst du keine White-Label-Bank im ersten Schritt. Wenn du aber sagst, ich möchte ein Depot eröffnen, wo halt regelmäßig Geld reingeht, dann brauchst du halt irgendeine Bank, die für dich das Depot führt. Wenn du halt sagst, ich möchte Zahlungsverkehr anbieten auf Basis eines Girokontos und ich möchte da wunderbar Peer-to-Peer drüber machen und ich möchte nicht auf die bestehende Infrastruktur, auf die bestehenden Konten von existierenden Banken aufsetzen, brauchst du dafür eine White-Label-Bank. Wenn du halt sowas wie fair sagst, ich möchte Riester-Rente monatlich auf ein Konto einzahlen, dann ist das so eine Art Sparkonto. Brauchst du dafür eine White-Label-Bank. Immer dann, wenn du halt Geld halten willst oder mit dem Geld wirklich agieren willst und nicht nur technisch Geld von einem bestehenden Konto auf ein anderes hin und her shiften willst, dann brauchst du aus meiner Perspektive eine White-Label-Bank.
Joel Kaczmarek: Was ist denn eigentlich mit den ganzen Marktplätzen? Ich erinnere mich damals, als so Lieferheld, Lieferando und Co. gestartet sind, kam einmal diese Thematik auf, dass wenn die von den Kunden Geld nehmen, es dann transferieren an die Restaurants, die bei denen auf der Plattform gelistet sind, dass sie ja dann eigentlich ein Zahlungsvermittler sind, der Geld im Prinzip zwischenhält und weiterleitet und dass man deswegen eine Banklizenz braucht. Ich weiß gar nicht, wie die das gelöst haben. Ob das nur so ein AGB-Kniff war, den du da brauchst oder ob man da dann auch eine Bank für braucht. Fällt sowas da auch schon drunter?
André Bajorat: Das ist eine andere Art von Banklizenz, die da gemeint war. Was da gemeint war, war eigentlich eine Lizenz für ein Zahlungsinstitut und keine klassische Banklizenz. Das ist witzigerweise in weiten Teilen immer noch nicht gelöst, obwohl es damals halt irgendwie hoch herging. Die haben das dann teilweise mit Kniffen in der Tat in AGBs gelöst. Aber das wird momentan versucht, mehr und mehr von den Payment-Service-Providern gelöst zu werden, weil die sich dann teilweise so etwas wie eine Zahlungsinstitutslizenz besorgt haben. Da ist es aber wieder das Gleiche. Also grundsätzlich stimmt das, was du da gerade sagst. Die halten halt Geld und die sind nicht nur technischer Dienstleister, die Geld von links nach rechts schieben, sondern sie halten halt Geld auf der Plattform, weil sie ein Marktplatz sind. Und sobald du sowas tust, bist du halt immer in diesem Momentum, wo du sagst, ich brauche eine Bank dafür, eine Banklizenz dafür. Und das übernehmen aber da in der Regel die Payment Service Provider. Da kann Miriam möglicherweise noch mehr zu sagen.
Miriam Wohlfahrt: Genau, also das hat was mit der ZHG-Lizenz zu tun. Die ZHG ist halt diese, ich sag mal Finanzinstitut-Lizenz, sind wir ja auch, RatePay ist ja auch zertifiziert nach ZHG, aber wir sind keine Vollbank. Theoretisch dürfen wir auch Gelder halten und sortieren und quasi auszahlen. Es geht also aber immer, wenn du im Geldfluss bist und sobald du Geld hältst, musst du so eine Lizenz haben. Und ich glaube, die Delivery Heroes dieser Welt, die hatten das lange gelöst. Es gab irgendwie so eine Handelsvertreter, nicht Handelsvertreter-Klausel.
André Bajorat: Doch, doch, du hast recht.
Miriam Wohlfahrt: Ja, die ist so. Und inzwischen machen die das aber meines Erachtens mit Adyen. Also Adyen ist da sehr gut aufgestellt. Die haben wahrscheinlich eine der, was Marktplatzlösungen angeht, inzwischen größten oder stärksten Lösungen gebaut, so in dem europäischen Kontext. Und ich glaube auch, dass die gemeinsam mit Delivery Hero da sehr, sehr viel auch, ich sage mal, entwickelt haben in den letzten Jahren. Weil alleine kannst du es nicht mehr machen. Also da kriegst du richtig Ärger. Ich kriege auch immer wieder Fragen, wie ich so Leute habe, wie macht man denn sowas? Und es gibt ja viele, die anfangen mit sowas und dann merken sie, weil dann schreibt die BaFin sie irgendwann an, dass du das nicht darfst. Es gibt aber auch so kleine, die sich darauf spezialisiert haben, diese, wie heißen die, Mango Pay, glaube ich.
André Bajorat: Ja.
Miriam Wohlfahrt: Die machen nur sowas. Die sind da im Prinzip auch sowas wie so ein White-Label-Anbieter für solche Lösungen. Aber ich würde eigentlich jedem Großen, der wirklich über Marktplätze nachdenkt, empfehlen, sich an einen guten PSP zu wenden. Oder man muss sich selber zertifizieren lassen. Siehst du hier Zalando. Ich meine, Zalando hat auch inzwischen, die haben eine eigene Payment-Firma oder die bauen eine eigene. Ich weiß nicht, ob sie die Lizenz schon haben, aber ich denke, die sind da auch dran. Die brauchen das ja auch.
Joel Kaczmarek: Hm. Was ist denn eigentlich mit dem ganzen Thema so Cryptocurrencies, Blockchain? Wenn sowas jetzt irgendwie am Horizont aufkommt, nimmt dann irgendwie das Thema White-Level-Banking deswegen ab oder hat das gar nichts miteinander zu tun? Also ich glaube, viele, die zuhören, denken ja an solche Sachen, dass man dann sagt, okay, ich kann ja so ein Konto auch irgendwie virtuell anlegen, habe dann eine Blockchain, die für mich vieles absichert. Kann das irgendwie ein Hebel sein in dem Segment oder ist das eigentlich total off-topic?
André Bajorat: Naja, die Jungs von SafeDroid denken ja genau in solche Richtungen. Also wo kommen die her, wenn man mal das Beispiel nimmt? Die kommen daher, dass sie halt ein White-Label-Konto bisher bei der Wirecard hatten und dort halt das Geld, was du halt über die App gespart hast, angelegt worden ist. Was sie halt jetzt überlegen, ist, dass sie über ihren ICO und über ihre Cryptocurrencies sagen, lege das Geld doch, was du hier sparst, sofort darin an. Also die versuchen genau das zu machen, also dass sie halt dort eine White-Label-Bank außen vor lassen und Und das Ganze halt über Bitcoin oder andere virtuelle Währungen halt zu managen und dann halt selber sozusagen so eine Art Exchange zu sein. Also hat das sozusagen das Potenzial dafür? Wie so oft muss man sagen, ja, die Blockchain und die Cryptocurrencies haben viel Potenzial. Bestehende Modelle halt auch im Banking in irgendeiner Weise anzugreifen. Wird das heute und morgen passieren auf breiter Front? Glaube ich nicht. Ich bin da halt ehrlich gesagt echt so ein Stück weit Kryptoskeptiker. Nicht, weil ich das irgendwie nicht gut finde oder nicht, weil ich das irgendwie unsexy finde, sondern weil ich glaube, dass unsere Behaviors viel, viel länger brauchen, sich in der Hinsicht zu verändern. Unsere Behaviors verändern sich in vielen, vielen Bereichen schnell. Aber in Sachen Geld, dass wir wirklich anfangen, plötzlich in Kryptos zu investieren und unser Sparvermögen da reinzulegen, ich glaube, das dauert einfach noch ein bisschen länger. Insofern nichts Kurzfristiges aus meiner Sicht.
Joel Kaczmarek: Na gut, was ich so als Laie mitkriege, ist ja Bitcoin mittlerweile für sowas, glaube ich, auch gar nicht mehr so easy geeignet, zumal die Transaktionsgebühren, glaube ich, recht hoch sind und so weiter. Also wenn ich jetzt so wie IOTA, Ripple und Co., was da so entsteht, ist ja da vielleicht ein Ether eine Alternative. Aber vielleicht fühlt uns das auch zu weit. Was ich natürlich spannend finde, jetzt mal irgendwie abzutauchen, wäre Wir haben ja gerade schon irgendwie anklingen lassen. bei Miriam, habe ich sie ja gefragt, wenn jetzt euer Volumen zunimmt und ihr habt eigentlich so eine hohe Abhängigkeit von der Bank, wird das zu einem Problem? Wie ist da so eure Beobachtung? Weil ich habe so das Gefühl, je nach Geschäftsmodell, also bei einem N26 habe ich auch von Anfang an irgendwie gedacht, das kann ja nur eine Frage der Zeit sein, bis die selbst eine Banklizenz irgendwie sich zu holen. Ich stelle mir das so ein bisschen vor, dass das irgendwann kippt, diese Abhängigkeit, dass man anfangs wahrscheinlich super, super hart abhängig ist als Fintech von so einer Bank, dass das nach hinten raus aber vielleicht auch abnimmt, wenn man sowas dann selbst erwägt. Was sagt da die Praxis? Wie sieht sowas denn aus?
Miriam Wohlfahrt: André, da hast du mehr Erfahrung, oder?
André Bajorat: Also, habe ich ja vorhin schon mal versucht zu sagen. Ich glaube, wenn dein Hauptgeschäft darin besteht, dass du Bank sein willst, glaube ich, dass du irgendwann nicht drumherum kommst, selber Bank zu sein. Wenn dein Hauptgeschäft aber eigentlich eher ein anderes ist und die Bankdienstleistung, die du damit erbringen willst, eher etwas ist, die Teil deines Prozesses ist, die Teil deines Geschäftes bei 20, 30 Prozent ist, glaube ich, dass eine White Label Bank dauerhaft für dich eine gute Lösung sein kann. Also da kann man vielleicht auch eine Parallele ziehen in Richtung Payment. Also wenn du halt ein großer Payment-Dienstleister oder ein großer E-Commerce-Shop bist, dann bedienst du dich in der Regel trotzdem eines Payment-Service-Providers. Also wir haben gerade schon über Adyen gesprochen, wir haben über Wirecard gesprochen, wir haben über Zalando gesprochen. Also auch ein Zalando hat ja lange, lange Zeit Payment über Dienstleister gemacht. Erst ab einer gewissen Größe macht es dann Sinn, weil es halt so eine Relevanz für dein Geschäft hat, das Thema selber zu übernehmen. Aber das dauert, glaube ich, und es hat einfach was damit zu tun, wie tief du in das Thema eintauchen willst. Und ich glaube, die White-Label-Banken haben halt nicht nur in der Anfangsphase eine totale Relevanz, sondern haben halt auch dauerhafte Relevanz für ihre Partner, wenn die Partner, wie gesagt, nicht Banking als ihre absolute Kernkompetenz verstehen.
Joel Kaczmarek: Aber wie fühlt sich das an, Miriam? Vielleicht kannst du ja mal so ein bisschen beschreiben. Ich stelle mir das gerade am Anfang halt irgendwie schon ein bisschen tricky vor, wenn ich dann irgendwie einen Startup habe, was irgendwie aggressiv wachsen will, was internationalisieren will und auf der anderen Seite eine Bank, die eigentlich eher risikoavers ist. Also der eine sucht das Risiko, der andere scheut es eigentlich. Muss ich mir das so vorstellen, dass ich dann da jede Debatte irgendwie sozusagen an meiner Bank führen muss und immer in Diskussionen gehen, dass die mir immer dazwischen grätschen? Ist das irgendwie ein Problem, dass der eine risikoaffin, der andere avers ist?
Miriam Wohlfahrt: Sicherlich hast du das an der einen oder anderen Stelle. Ich muss ehrlich sagen, bei uns war das nicht so. Vielleicht auch, weil damals war das für die Wirecard ja auch ein neues Produkt. Das war ja noch nicht was, was sie so hatten und was sie einfach uns quasi oder anderen zur Verfügung gestellt haben, wo sie selbst so eine große Hoheit drüber hatten, sag ich mal. Wo sie auch selbst sagen können, ich weiß genau, wie es geht. Weil wir mussten ja quasi selber gemeinsam miteinander entwickeln, wie geht das eigentlich. Von dem ersten Produkt, was wir im Markt hatten 2010, 2010 und ich habe mein erstes Fahrrad auf Rate gekauft, so ein Hollandrad, also unser erster Ratenkunde. Wie das noch funktioniert hat, das war ja alles noch total rudimentär und da war man natürlich auch so, wir müssen uns natürlich immer abstimmen und so weiter. Das war ein bisschen nervig, aber ging natürlich nicht anders. Aber auf der anderen Seite kann ich das so, also bei uns war das nicht so. Vielleicht, ich sage jetzt mal bei der N26 oder vielleicht auch, kann mich noch erinnern an Paymill. Paymill war ja auch mal ein Anbieter, den die Samuels mal gelauncht haben. Und die haben auch sehr viel mit anderen Banken gemacht oder mit White-Label-Anbietern. Und die sind da sehr gebremst worden. Also da hast du nur so mitgekriegt, die wollen ganz schnell machen und tun. Und da ist die Bank dann irgendwie die Bremse. Aber da war es natürlich auch eher so, die haben da mit Produkten gearbeitet, die die Bank halt schon lange hatte. Und wo die auch schon große Erfahrungen mit hatten und wo die auch selbst sehr stark gebremst haben.
Joel Kaczmarek: Payment ist so ein Stripe-Klon?
Miriam Wohlfahrt: Ja, das gibt es immer noch. Es wurde von irgendjemandem aufgekauft. Den gibt es nicht mehr, aber der Name wurde irgendwie gekauft. Aber in letzter Zeit habe ich den nicht mehr gesehen. Das war, glaube ich, für die sehr schwer. Also ich glaube, technologisch, so als Stripe-Klon, ich sage jetzt mal so etwas vom Frontend zu integrieren, da waren die einfach sehr viel weiter als die Prozesse, die bei dem Bankpartner waren. Da ist es, glaube ich, zu einem Problem geworden. Die sind vorne zu schnell gewachsen und hinten die Prozesse, die sind nicht mehr mitgekommen. Bei uns war das nicht so, weil, wie gesagt, der Prozess, den wir damals gemeinsam aufgebaut hatten, der war ja bei der Wirecard auch noch nicht fertig. Das heißt, da war nicht so sehr dieses Ding, ihr müsst euch an uns halten, sondern wir haben gemeinsam einen Prozess aufgebaut. Deshalb hatten wir das nicht so. Aber ich glaube, das kommt immer darauf an, bei was das ist.
Joel Kaczmarek: André, du bist ja der Bankennahe. Ist das nicht irgendwie schon schwierig, da so einen Risikovermeider mit einem Aggressionsfan sozusagen, einem Disruptor zusammenzustecken?
André Bajorat: Naja, also das ist ja glaube ich auch der Grund, warum es halt ein paar Banken gibt, die sich darauf konzentrieren. Und das sind natürlich dadurch, dass sie schon als Dienstleister für Dritte fungieren, erstmal jetzt nicht total ein Risikovermeider. Das heißt, die gehen natürlich schon ein bisschen offensiver an den Markt, weil sie sich ja genau dort positionieren als White Label Bank. Also insofern eine gewisse Offenheit und eine Professionalität haben die ja genau dabei. Und du sprichst ja davon, da kommt ein Startup mit einer guten Idee und trifft sozusagen auf die Realität. Und natürlich ist das in bestimmten Bereichen erstmal ein Clash. Das wird man mit Sicherheit immer wieder erleben. Allerdings ist es natürlich so, dass die sich alle mittlerweile professionalisiert haben. Also vor fünf Jahren war das mit Sicherheit ein größerer Clash, als es heute einer ist, weil sowohl auf der Startup-Seite größeres Verständnis für sowas wie Compliance und für sowas wie Risk da ist. Das siehst du mehr und mehr, dass jeder sofort darüber nachdenkt. Und auf der anderen Seite halt die Professionalität auf der White-Label-Banken-Seite auch so groß ist und auch die Erfahrung mittlerweile da ist, dass man halt in der Lage ist, mit solchen neuen Ideen vernünftig umzugehen. Klar, der eine oder andere wird mit Sicherheit einen Zahn gezogen bekommen im Sinne von, das geht einfach nun mal nicht, das ist zu großes Risiko oder das können wir irgendwie nicht abbilden. Aber dass da wirklich ein totaler Clash passiert, glaube ich eigentlich ehrlich gesagt nicht mehr. Bis auf wenige Ausnahmen.
Miriam Wohlfahrt: Glaube ich auch nicht.
Joel Kaczmarek: Was ich ja jetzt abschließend gerne irgendwie noch so ein bisschen versuchen würde zu verstehen ist, André, du hast ja glaube ich mal so eine süffisante These so ums Jahr 2016 rum, glaube ich, ob so White-Label-Banken eigentlich so ein bisschen der Totengräber der klassischen Bankenbranche sind. Weil wenn eigentlich das, diese Kernkompetenz Bank, gar nicht mehr so das sichtbare Produkt ist, sondern eigentlich nur noch irgendwie so das hintenrum, das unter der Haube, ist das so ein bisschen so, als wenn Mercedes jetzt anfangen würde, Motoren für Startups zu bauen, für Tesla haben sie ja sogar, ne? Nee, umgekehrt sogar. Tesla hat die mit Motoren für die B-Klasse gebaut, wenn ich mich richtig erinnere, die Elektromotoren. Also ist das so ein bisschen, dass das so eine Branche beerdigt. oder ist das eigentlich ein relativ konsequenter Gedanke, so wie zum Beispiel Amazon ja auch hingeht und sagt, wir machen jetzt mal Fulfillment bei Amazon, weil wir haben halt irgendwie eine gewisse Kompetenz, die wir jetzt noch zusätzlich monetarisieren, indem wir die auch anderen anbieten. und bei denen halt noch Liquidität auf den Marktplatz bringen. Okay, das hast du jetzt in dem Fall vielleicht nicht. Aber ist das von daher eher sinnvoll? oder hat sich deine These aus dem Jahr 2016, dass das Todgräbercharakter hat, bestätigt?
André Bajorat: Der Totengräber ist es mit Sicherheit bisher noch nicht geworden. Trotzdem kommt die These ja daher, dass man sagt, damit helfen halt White-Label-Banken Dritten, das eigentliche Kerngeschäft von bestehenden Banken zu untergraben. Und deshalb meinte ich so ein bisschen Totengräber damit. Und ich glaube, das werden wir halt im Laufe der nächsten Jahre noch mehr sehen, dass halt die White-Label-Banken in bestimmten Prozessen, in bestimmten Use-Cases eine weitere Relevanz bekommen, weil halt smarte Lösungen da oben drauf entstehen. Und wird das dann wirklich zum Tod der kompletten Bankenbranche führen? Nee, mit Sicherheit nicht. Der Gedanke, der dahinter steckt, ist ein bisschen, die Banken nimmst du mal sozusagen in den Sippenhaft. Und wenn du alle Banken in einen Raum stellst, könnten natürlich die Existierenden sagen, ihr seid so böse, ihr seid unsere Totengräber. Und das war sozusagen so ein bisschen der Gedanke dahinter, dass halt dort eine deutsche Bank oder eine ING-DiBa plötzlich einer Solaris sagt, boah, was ihr da macht, ist einfach schlimm für uns alle. Ihr zerstört sozusagen das existierende Bankgeschäft. Zerstören werden sie es nicht, aber sie werden weiterhin dazu beitragen, dass bestimmte Dienstleistungen bei Dritten stattfinden, die bisher bei den existierenden Banken stattgefunden haben.
Miriam Wohlfahrt: Aber kann man nicht auch sagen, dass eigentlich diese neuen Banken wie Solaris, das sind einfach so die tech-getriebenen Banken. Und das ist natürlich das Problem, was die alten Banken so nicht haben. Also wenn du einfach diese Legacy-Systeme der Altbanken siehst, die können das ja gar nicht. Deshalb mögen sie wahrscheinlich auch diese Solaris und Co. gar nicht so.
André Bajorat: Nee, ich glaube, das hat auch nicht unbedingt was mit Tech nur zu tun, Miriam. Tech ist, glaube ich, nur Mittel zum Zweck. Es hat was damit zu tun, ob du Dienstleister für Dritte sein willst oder ob du halt sagst, das ist eigentlich mein Kerngeschäft. Technik ist für mich, wie gesagt, dort nur Mittel zum Zweck und hat was damit zu tun, als was du dich verstehst. Ob du dich halt als Universalbank mit deinen eigenen Produkten verstehst oder ob du dich als Infrastrukturprovider verstehst und Die White-Label-Banken verstehen sich halt eher als Infrastruktur-Provider und die Produkte entstehen halt eine Ebene darüber. Und die klassischen Banken verstehen sich halt als, ich sag mal, Full-Stack-Bank, vom Produkt bis hin zum Backend. Und das ist, glaube ich, der Unterschied.
Joel Kaczmarek: Das ist eigentlich ein ganz interessanter Gedanke, weil ich eben so beim drüber reden auch darüber nachgedacht habe, ob nicht eine White-Libby-Bank per se schon ein Hedge ist auf das wegbrechende Bankengeschäft, dass man sagt, okay, wenn uns das Geschäft wegbringt, dann versuchen wir doch lieber an denen zu partizipieren.
Miriam Wohlfahrt: Das habe ich auch gerade überlegt.
André Bajorat: Aber das ist doch der Grund, warum momentan eine AP in Ambro und warum eine Santander in eine Solaris investiert haben. Das ist doch genau der Hintergedanke. Also wenn du dir anguckst, wer die letzte Finanzierungsrunde gemacht hat bei denen, dann waren das ja eher klassische, ich sag mal auf der einen Seite Infrastrukturprovider wie eine Visa, die halt darüber nachdenken, was passiert zukünftig mit meinen Rails, werden möglicherweise die Bankenrails noch wichtiger, investiere ich doch mal da rein als Hedge und eine ABN Ambro und eine Santander. Auf jeden Fall. Totaler Hedge da drauf. Keine Frage. Aber das macht die Santander ja sowieso. Also wenn du dir die Investments der BBVA, Entschuldigung, die BBVA macht das. War gar nicht Santander. Die machen das ja ganz, ganz stark. Die haben doch auch zum Beispiel vor einigen Jahren Simple gekauft. Die haben vor einigen Jahren Holdi gekauft. Das sind doch alles Hedges, weil sie sagen, da passiert etwas in der digitalen Welt, was wir selber bisher noch nicht so richtig vorangetrieben haben, was wir nicht so ganz vorantreiben konnten. Also versuche ich das sozusagen selber nicht selber sofort zu bauen, sondern ich kaufe mir das erstmal als Hedge und schaue mal, was damit passiert. Und genauso sehe ich das jetzt hier auch bei der Solaris Bank.
Joel Kaczmarek: Wenn wir mal abschließend jetzt so ein bisschen ein Fazit ziehen, was glaubt ihr, wer profitiert von diesem Konstrukt mehr? Diese Sorge, die ich ja so ein bisschen versucht habe aufzumachen, am Anfang Abhängigkeit der Startups, nach hinten raus, die Bank läuft Gefahr, nur Steigbügelhalter von so einem Fintech zu werden. Sind das jeweils berechtigte Sorgen? oder ist das, würdet ihr sagen, ein relativ ausgegleichendes Verhältnis, was jetzt das Profitieren voneinander angeht?
Miriam Wohlfahrt: Ich würde es im Moment ausgeglichen sehen. Also ich sehe das nicht so, dass einer extrem davon profitiert und der andere gar nicht. Das ist meine Meinung.
André Bajorat: Ich glaube auch total, das ist ein Geben und Nehmen. Jochen hatte vor einiger Zeit schon mal darauf hingewiesen, dass es aber trotzdem für das Fintech super wichtig ist, darauf zu achten, mit welcher White Label Bank, mit welchem Mindset, der dahinter steckt bei einer White Label Bank, man zusammenarbeitet. Also sozusagen achte darauf, wen du da auswählst. Das ist schon wichtig, damit es auch wirklich ein ausgeglichenes Verhältnis ist.
Miriam Wohlfahrt: Absolut.
Joel Kaczmarek: Hervorragend. Dann danke ich euch beiden ganz herzlich, dass ihr schon wieder so viel lernen durft über ein neues Thema. Vor allem, dass man Santander und nicht Santander sagt, wie ich das immer mache. Das sind so die Details manchmal.
Miriam Wohlfahrt: Ja, danke dir.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, schöne Ergänzung zu diesem ganzen Neobanks-Thema. Es ist ja wirklich mal interessant, sich Gedanken darüber zu machen, wie das so miteinander vernetzt ist. Ich freue mich natürlich schon auf das nächste Mal mit euch beiden.
André Bajorat: Alles klar, vielen Dank euch.
Miriam Wohlfahrt: Mach's gut. Tschüss. Tschüss.