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Erik Pfannmöller: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen AI-Unplugged-Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Erik Pfannmöller, Ihr Moderator von heute, ehemaliger Kanu-Weltmeister, dreifacher Familienvater und Gründer von SolveMate, einer KI-basierten Plattform für eine verbesserte Service-Experience. Unsere Kunden lösen mit Hilfe von Chatbots ihre Service-Anfragen und haben eine 24-7-Service-Strategie. Wie immer bei AI Unplugged erklären wir Alltagsthemen rund um das Thema KI einfach und für jedermann verständlich. Heute geht es um das Thema KI im Marketing, konkret Multi-Touch-Attribution und wie wir das Attributionsproblem mit Hilfe von Algorithmen lösen können und Und die Implikation auf das Marketing-Team und auf die Gesellschaft damit. Dazu habe ich bei mir einen ganz erfahrenen Gast, János Moldvay, CEO von AdTriba, einer KI-Lösung zur Marketingbewertung und Optimierung. Herzlich willkommen, Janosch. Wer bist du, was machst du?
János Moldvay: Hallo Erik, schön, dass ich hier sein darf. Vielen Dank für die Einladung. Ich bin, wie du schon gesagt hast, Co-Gründer und CEO von AdTriba. Atriba hilft Marketingmanagern, bessere Marketingentscheidungen zu treffen, basierend auf Machine Learning Algorithmen. Ich habe nach meinem Wirtschaftsinformatikstudium 2005 bei Otto im Data Warehousing und CRM-Bereich angefangen. Da ging es darum, die Kataloge, die sie damals noch massenweise versendet haben, möglichst effizient auszusteuern, auch schon unter Anwendung von Data Science und Machine Learning, wurde damals noch eher so Data Mining genannt. Da war ich dann dreieinhalb Jahre, bevor ich zu Xing gewechselt bin, ein bisschen agileren und jüngeren Company damals zumindest noch. Xing hatte damals so um die zweieinhalb Millionen Mitglieder, genauso groß wie LinkedIn damals noch. Jetzt haben sich ja die Verhältnisse ein bisschen verschoben. Ich glaube, Xing ist jetzt so bei 15 Millionen Mitgliedern und LinkedIn bei, ich glaube, 600 Millionen, also deutlich über eine halbe Milliarde. Und dort hatte ich dann die Möglichkeit, das Customer Intelligence und BI-Team mit aufzubauen von Xing. Und da haben wir so spannende Sachen gemacht, wie zu versuchen zu verstehen, wie die einzelnen Mitglieder miteinander vernetzt sind, welches auch so die MVPs auf der Plattform sind, also die Mitglieder, die am meisten Einfluss auf andere Mitglieder haben.
Erik Pfannmöller: Hast du gerade MVP gesagt?
János Moldvay: Ja, genau, oder Most Valuable Player sozusagen. Und da kann man dann so Algorithmen wie den Google PageRank-Algorithmus auf der Xing-Mitgliederbasis laufen lassen, um zu verstehen, welche Mitglieder eigentlich welche anderen Mitglieder beeinflussen. Genau, das habe ich dann bis Ende 2009 gemacht und da dachte ich, ich will nochmal so ein bisschen den Kopf aufmachen und habe einen MBA in Kapstadt gemacht. Das hat sehr viel Spaß gemacht und ich habe da nochmal sehr viele neue Eindrücke auch gelernt und bin dann 2011 zurück nach Hamburg und in die Online-Marketing-Welt eingetaucht bei einer Online-Marketing-Agentur, Unique Digital. die zu Syzygy gehören, heute Syzygy Media heißen. Dort bin ich eigentlich so das erste Mal in Kontakt gekommen mit dem eigentlichen Marketing-Bewertungsthema und habe mir zusammen mit meinem Team da überlegt, wie man das eigentlich für so Kunden wie Comdirect und Telekom machen kann, dass man so die ganzen verschiedenen Kanal-Interdependenzen gut verstehen kann. Also wie kann man eigentlich KI dazu nutzen, zu verstehen, wenn ich jetzt Display-Ads mache, also Display-Bannerwerbung beispielsweise auf Spiegel, wie beeinflusst das eigentlich das System? Suchverhalten auf Google. Und dann bin ich nochmal dreieinhalb Jahre bei Jimdo gewesen, wo ich auch meinen jetzigen Co-Gründer Ludwig Ostrowski kennengelernt habe und wir haben dann irgendwann gesagt, so, lass mal zusammen was gründen. Das Thema ist spannend, es hat immer noch keiner so richtig gut gelöst, also unserer Meinung damals zumindest noch, vor allen Dingen nicht für SMEs, also für kleine Unternehmen. und ja, dann haben wir im November 2015 Atriba gegründet, sind jetzt gerade vier Jahre alt geworden.
Erik Pfannmöller: und ja, Und du hattest vor Atriba schon jahrelange Erfahrung im Bereich BI und Online-Marketing. Das heißt, eigentlich ist ja das, was Atriba macht, kannst du gerne mich noch korrigieren, ist, ihr benutzt Algorithmen, um sozusagen Business Intelligence zu automatisieren. Und du hast gesagt, das Thema Kanalzuordnung, Attributionsmodelle. Was macht ihr als Firma? Was seid ihr? Und dann würde ich sozusagen gerne mal einsteigen. Was macht ihr eigentlich?
János Moldvay: Ich habe natürlich ein bisschen abstrakt gesagt, dass wir die Marketing-Entscheidungen in den Unternehmen verbessern. Konkret heißt das, dass wir auf den Webseiten oder in den Apps der Werbetreibenden, für die wir arbeiten, als Software-as-a-Service-Lösung für die Unternehmen mit erfassen, was die User auf der Seite machen, über welche Marketingkanäle die kommen und das alles zusammensammeln an Daten und dann nächtlich durch unsere KI jagen, um herauszubekommen, wie gut welche Marketingkanäle und welche Marketing-Touchpoints eigentlich funktionieren. Klingt vielleicht noch ein bisschen abstrakt, deswegen vielleicht ein konkretes Beispiel. Also es ist ja häufig so, dass wenn ich jetzt irgendwo was kaufe, habe ich nicht nur einen Marketingkontakt. Ich habe nicht nur bei Google gesucht und dann gleich die erstbeste Winterjacke bei Zalando bestellt, sondern hatte vorher vielleicht noch auf anderen Plattformen mich getummelt und dort gesucht und auch Marketingkontaktpunkte gehabt.
Erik Pfannmöller: Ich war zum Beispiel in Facebook, habe dort was gesehen, habe das vielleicht auch geklickt. Was gibt es noch für Kanäle, andere Beispiele?
János Moldvay: Also die ganzen Digital-Touchpoints natürlich oder wenn ich dann schon mal auch auf der Seite war, Retargeting ist ja ein sehr bekannter Kanal, wo sich viele auch durch vielleicht verfolgt fühlen.
Erik Pfannmöller: Wer den KI-Podcast hört, der muss Retargeting verstehen.
János Moldvay: Der muss Retargeting verstehen, nur verstehen, dass da wahrscheinlich auch eine KI wieder hinterhängt, die eben versteht, oh, da hat jemand auf die Werbung tatsächlich geklickt, deswegen kriegt er jetzt nochmal ein paar tausend Banner mehr angezeigt. Und letzten Endes, was zu häufig noch passiert, ist, dass immer dem letzten Marketingkontakt vor dem Kauf der ganze Erfolg zugewiesen wird. Das klingt ja erstmal nicht so dramatisch, aber darauf basierend auf diese Zuweisung, also wie viel hat mir welcher Kanal gebracht, basieren dann ja meine Budgetentscheidungen. Und das ist ungefähr so, als wenn ich in der Fußball-Bundesliga nur den Stürmer bezahlen würde, der das Tor geschossen hat. Muss nicht immer der Stürmer sein, kann dann eigentlich jeder Spieler sein. Aber würde schlussendlich ja dazu führen, dass jeder versucht, das Tor zu schießen und kein Mittelfeldspieler mehr schöne Pässe spielen will und kein Torwart mehr unbedingt die Motivation hat, das Tor zu verhindern. Das heißt, das ist wenig sinnvoll.
Erik Pfannmöller: Ich würde jetzt einhaken, die Fußballstürmer werden aber schon meist am stärksten bezahlt. Also der Mittelstürmer ist immer meist der Superstar, der die Tore schießt.
János Moldvay: Ja, stimmt schon. Also schon richtig. Das ist dann häufig der Gewinner. Aber die anderen kriegen eben auch Geld. Also es ist nicht so, dass die anderen komplett leer ausgehen. Und es gibt ja auch sehr gute Mittelfeldspieler, die schon ordentliche Summen kassieren. Ich bin da jetzt auch nicht so tief drin, um jetzt irgendwie einen Mittelfeldspieler nennen zu können, der mehr verdient als ein Top-Stürmer. Aber es gibt da ja schon auch entsprechende Millionen-Transfers. Genau, und dann ist es eben auch wichtig, sich nicht nur anzugucken, wie viele erfolgreiche Pässe oder wie viele Tore jemand gemacht hat oder wie viele erfolgreiche Pässe jemand auf die Stürmer gespielt hat, sondern auch wie viele Fehlpässe es gab, also was die eigentliche Effizienz angeht der Spielzüge. Also auch beim Torwart würde man sich nicht angucken, nur wie viele Torschüsse der gehalten hat, sondern auch wie viele er eben reingelassen hat, um wirklich die Effizienz bewerten zu können. Und da sind wir dann ganz schnell bei dem Thema, dass ich mir nicht mehr nur die erfolgreichen User-Journeys angucke, also die Customer-Journeys, die dann wirklich dazu geführt haben, dass jemand ein Kunde geworden ist, weil er das Produkt gekauft hat und konvertiert hat, sondern eben auch die ganz nicht erfolgreichen Marketing-Kontaktpunkte. Also ähnlich wie ich beim Mittelfeldspieler gucken würde, wie viel Fehlpass hat er gespielt, muss ich eben auch für einen Kanal wie Google oder Facebook schauen, wie viele Kontakte gab es da eigentlich auch, die nicht zu einer Conversion geführt haben, um wirklich eine Effizienzbewertung durchführen zu können.
Erik Pfannmöller: Okay, das habe ich verstanden. Das war schon recht plastisch. Ich mache nochmal ein Beispiel für die Hörer. Das heißt, ich klicke im Facebook Messenger, ich klicke vielleicht ein Ad in YouTube oder ich sehe es. Vielleicht klicke ich aber auch nicht ein Ad, das mir im Retargeting angezeigt wird. Danach klicke ich auf eine Google-Anzeige und danach auf einen Display-Banner. Man ist ja überall im Internet, da geht es ja um Views, es geht auch um Klicks. und du sagst jetzt, dass der traditionelle Weg ist zu sagen, okay, wir gucken, was der Last Click war, Cookie Tracking, wie auch immer und sagen, okay, der letzte Klick, der auch sehr transaktionsbasiert ist, vielleicht über eine Preissuchmaschine oder was auch immer, der kriegt sozusagen das Tor, der kriegt den Umsatz. und du hast jetzt zwei Dimensionen gesagt. Das erste ist, wir müssen das besser verteilen und zweitens, wir müssen uns auch die nicht konvertierten Views oder Ad-Ausspielungen oder auch die nicht konvertierten Klicks anschauen. Genau. Das ist ja spannend, das ist ja eine andere Sichtweise. Ich fand die Fußballanalogie schön, dass man auch schaut, hey, nicht nur wie viele Pässe treffen, sondern wie ist eigentlich die Fehlpassquote? Oder anders gesagt, was ist, wenn ich einen Ad angezeigt kriege, sagen wir mal auf YouTube, aber ich es nicht klicke oder ich es überspringe? Ich bin sicher, das ist ein Signal, das irgendwie ihr kriegt und in euren Algorithmus reintut.
János Moldvay: Ja, das ist ein Signal, was wir auswerten können. Früher ging das sogar wirklich auch auf User-Level-Basis. Das hat Google dann selber irgendwann wieder abgeschaltet. Facebook-Views zum Beispiel kann ich auch nicht mehr auf User-Level, also auf Cookie-Basis erfassen.
Erik Pfannmöller: Warum ist das so?
János Moldvay: Es sind offengesprochen schon World Gardens. Die versuchen natürlich, diese für sich wertvollen Daten nicht so schnell nach außen zu geben. Offiziell ist die Sprache eilig dahingehend, dass sie sagen, sie wollen verhindern, dass die Daten missinterpretiert werden. Und natürlich kann so eine Company wie Facebook jetzt auch gerade die ganzen Datenskandale, die sie hatten, so mit Cambridge Analytica etc., auch schön dafür nutzen. zu sagen, sie wollen keinen Third-Party-Anbieter mehr erlauben, dort zu tracken.
Erik Pfannmöller: Macht auch.
János Moldvay: von der Argumentation her Sinn, schafft nur nicht gerade viel Transparenz. Das heißt, da müssen wir uns auch überlegen, quasi als dritte Dimension, also wegzugeben vom Last-Click, hinzugehen, die Effizienz zu bewerten, dann als dritte Dimension zu schauen, was ist mit den Kanälen, die wir gar nicht mehr auf Kontaktpunktebene, auf User-Level-Ebene tracken können. Und dann geht man schnell hin, dass man eben sich überlegen muss, wie man aggregierte Daten, also die Impressions, die View-Anzahl pro Tag, pro YouTube-Kampagne mit in die Bewertung einfließen lässt. Das heißt, man mischt dann User-Level-Daten mit Makro-Level-Daten und das kann sehr viel mehr Transparenz liefern, als wenn man sich nur auch die Klicks anguckt, die von YouTube kommen.
Erik Pfannmöller: Ich erinnere mich sozusagen, ich hatte selbst meine E-Commerce-Firma und ich habe genau die gleiche Frage, History Repeating, man trifft sich immer mehrfach im Leben. Ich hätte mir so eine Lösung wie euch gewünscht. Wir haben damals, vielleicht erkennt sich der Hörer wieder, einfach einen Export genommen von verschiedenen Quellen und haben genau überlegt, ja, was war eigentlich die letzte Source? Und dann haben wir noch gesagt, okay, wir machen das sogenannte Badewannenmodell, so der erste Klick und der letzte Klick, aber Dazwischen, das ist hochkomplex, wenn man sich das mal überlegt, dass es teilweise vier, fünf, sechs Klicks gibt. Manchmal informiert man sich auch erst, wenn man kauft hat, erst ein halbes Jahr später oder ein paar Monate später. Und das Ganze wird dann über Cookies getrackt, über Cookie-Tracking kommen wir gleich noch drauf zurück. Und diese Attribution, also ich kann mir vorstellen, Kunden von euch scheitern genau an dem Punkt, dass sie sagen, jetzt habe ich hier diese userbasierte Transaktion und dieses tägliche Spend, das sich aber nur aggregiert. abrufen kann, wie attribuiere ich das jetzt? Und du hast vorhin gesagt, Attributionsmodell und diese Verteilung, das kann man ja einerseits regelbasiert machen. und dann ist auch eine Frage, das ist ja so schwierig, dass der Algorithmus, wir haben auch über Data Mining schon gesprochen in den Plattformen und so eine Art Clustering-Algorithmus, Data Mining, sprich mal ein bisschen aus dem Nähkästchen, wie ihr das macht und was das eigentlich ist.
János Moldvay: Ja, sehr gerne. Vielleicht nochmal darauf zurückzukommen, Badewannenmodell, warum würde man sich jetzt für ein Badewannenmodell versus einer linearen Attribution oder einer First- oder Last-Click-Attribution entscheiden lassen? Das sind Diskussionen, die wir auch sehr häufig mitbekommen, auch in Pitches, dass die Teams untereinander, also das Display-Team versus dem Google-Ads-Team beispielsweise, diskutieren, warum sollte jetzt eine Attribution versus die andere gewählt werden. Und wir verfolgen da so ein bisschen die Philosophie, dass wir die Daten entscheiden lassen wollen, so komisch wie das klingt. Aber wir wollen letzten Endes kein Marketing-Intuitions-Bias mit reinbringen, sondern einfach schauen, können wir aus den Daten herauslesen, wie wichtig welcher Kanal war. Und das machen wir eben genau dadurch, dass wir uns auch die nicht konvertierenden Journeys angucken.
Erik Pfannmöller: Die wahrscheinlich viel wahrscheinlicher sind, weil man sich eine Conversion von einem einstelligen Prozentbereich hat, mehr Daten, die nicht konvertiert sind. Richtig, genau.
János Moldvay: Also mindestens ein, zwei Order of Magnitudes mehr nicht konvertierende Journeys. Und da ist es dann eben möglich zu sagen, okay, wir wissen für die User Journeys, kaufen und nicht kaufen, konvertieren die oder nicht eben. Und wir wissen auch, welche Marketing-Kontaktpunkte die hatten. Und letzten Endes kann ich das jetzt übertragen auf ein Problem, wo ich klassifizieren möchte. Also kauft diese Kombination aus Marketingkontaktpunkten oder kauft sie nicht. Und das ist so ähnlich wie das, was Banken machen, wenn ich einen Kredit beantrage, dann gucken die sich an, wie viel Haushaltsnettoeinkommen ich habe, ob ich Startup-Gründer bin vielleicht noch.
Erik Pfannmöller: Es ist eine Frage, ob ein Startup-Gründer eine höhere Bonität hat als jemand, der irgendwo angestellt ist. Ja, aber ich verstehe das. Das ist interessant, weil viele Faktoren, die mit reinsprechen in den Credit Score, weil das kennt ja jeder, wie die Schufa so grundsätzlich funktioniert. Und das macht ja auch ein Algorithmus, der zum Plus eine Zahl rausgibt. Und man muss ja Dinge aggregieren, um zu sagen, ich glaube, das ist wichtiger als das andere.
János Moldvay: Genau. Und was bei so einem Credit Scoring Algorithmus ja rauskommt, ist einerseits halt die Klassifizierung, dass man ihm sagt, ja, der hat eine hohe Kreditausfallswahrscheinlichkeit, dann wird der Zins entsprechend angepasst oder es gibt gar kein Kreditangebot. Aber als zweites kommt ja auch raus, quasi die Gewichtung der Einflussfaktoren. Also wie wichtig ist das, ob jemand Eigenheimen hat dafür, dass sein Kredit ausfällt oder nicht? Wie wichtig ist es, ob er Startup-Gründer ist? Vielleicht auch nochmal die Startup-Stage oder sowas begutachten. Aber das sind dann eben die Einflussfaktoren und da hängen dann Gewichte dran. Und diese Gewichte interessieren uns eigentlich, jetzt wieder zurück übertragen auf das Fußballbeispiel beziehungsweise auf unser Marketing-Attribution-Problem. Wie wichtig ist ein Facebook? Wie wichtig ist ein Google dafür, dass jemand konvertiert? Und diese Gewichtung nutzen wir dann vereinfacht gesagt dafür, in den einzelnen Customer Journeys auch zu berechnen, wie effizient sozusagen diese Marketing-Kontaktpunkte waren.
Erik Pfannmöller: Das ist spannend. Es gibt nämlich typischerweise dieses Budget-Entscheidungsmodell am Anfang des Jahres oder jedes Quartal, jeden Monat, wo man sagt, wie viel Geld wollen wir auf Facebook oder TikTok oder YouTube oder im Display oder im Retargeting oder auf Googles SEM ausgeben. Und diese Entscheidung, die unterstützt ihr.
János Moldvay: Genau.
Erik Pfannmöller: Das heißt, das Ergebnis eures Algorithmus ist die Gewichtung von Kanälen und damit sozusagen das Gesamtspending effizienter zu machen. Vielleicht auch Kanäle zu finden, die man vorher gar nicht hatte. Das ist interessant. Macht ihr Transfer-Learning zwischen Kunden? Also ich habe gesehen zum Beispiel, ihr habt eine große Liste von Kunden. Ein großer davon ist Flixbus. Wenn ihr jetzt bei einem Kunden was lernt und sagt, hey, für diese Art von Produkt habe ich eine Gewichtung gelernt. Vielleicht erklärt das auch mal, was ihr bei Flixbus gemacht habt. Und dann könnt ihr das transferieren. Das heißt, habt ihr so eine Art Transfer-Learning-Meta-Algorithmus.
János Moldvay: Wir übertragen das Wissen von einem Kunden nicht ohne weiteres auf das Wissen des anderen. Also wenn dann nur quasi implizit dadurch, dass unsere Standard-Machine Learning Algorithmen einfach per se schlauer werden. Wir können jetzt nicht hingehen und sagen, okay, Deutsche Bahn, wir haben ja Flixbus als Kunden, wir könnten für euch jetzt mal ein tolles Attribution Model anschmeißen. Das würde Flixbus wahrscheinlich nicht so spannend finden. Und du sagtest eben, basiert so die Marketing-Budget-Allokation auf unseren Informationen? Ja, richtig, aber auch schon sehr operativ. Also wir können auch beispielsweise den Google Ads Bidding-Algorithmus anfüttern und sagen, so wichtig waren die einzelnen Klicks in den Customer Journeys, dass so das Bidding dort direkt drauf aufsetzt, was ja auch wieder KI-gestützt ist. Und das ermöglicht, auf der quasi operativsten Ebene so direkt die Gebote anzupassen, aber natürlich auch, wie du schon eben gesagt hast, auf einem mehr taktischen und strategischen Level, so vielleicht für so das Jahr im Voraus zu planen, wo und welche Kanäle ich wie viel investieren sollte.
Erik Pfannmöller: Und da geht es ja auch um große Bid.
János Moldvay: Also sehr, sehr spannend, hohe Budgets, wenn man überlegt, was da, ich will jetzt nicht sagen, rausgeblasen wird, aber wenn man sich anguckt, wie intransparent das teilweise noch ist und wie die Steuerung da auch vonstatten geht, wenn wir noch nicht im Einsatz sind, also wenn beispielsweise noch Last-Click-Attribution verwendet wird, das ist schon erstaunlich. Also es gibt so vielleicht mal ein, zwei Zahlen, es wird davon ausgegangen, dass das Ad-Budget in 2023 bei über 500 Milliarden US-Dollar weltweit liegen wird. Und wenn man dem gegenüberstellt, das war eine Studie von Forbes, zumindest publiziert von Forbes irgendwie im April 2019, dass 75% der CMOs, der Global 5000 CMOs, dass die Angst haben oder zumindest befürchten, dass sie professionell, aber auch im privaten Bereich Nachteile erleiden, weil sie ihr Marketingbudget nicht richtig quantifizieren können. Das ist dann schon erstaunlich. Also wenn man sieht, wie viel Geld dort reinfließt und wie intransparent teilweise die Budgetallokation dann vonstatten geht. Und das vielleicht auch nochmal ganz kurz, das ist ja so klassisch auch in der KI immer ein wichtiger Punkt, dass man Korrelation und Kausalität auseinanderhält. Und letzten Endes, was wir machen, ganz offen gesprochen, ist erstmal Korrelation darstellen. Also, dass wir halt aus diesen Klassifizierungsproblemen lernen können, welche Daten korrelieren eigentlich wie miteinander. Auf der Umkehrseite ist das aber der einzig wirklich praktikable Weg, operativ und dann auch auf einem taktischen Level Marketingeffizienz zu bewerten. Um Kausalität wirklich ständig bewerten zu können, müsste ich die ganze Zeit AB-Tests, also Experimente laufen lassen. Das ist so der Goldstandard, um Kausalität nachzuweisen. Ich hoffe, das geht jetzt noch nicht zu sehr in die Fachlichkeit. Überhaupt nicht.
Erik Pfannmöller: Ich habe letztens einen Blogpost bei uns geschrieben über das Thema Business People Don't Try Data Science. Ich musste schmunzeln, als du das gesagt hast. Korrelation und Kausalität sind einfach nicht die gleichen Dinge. Und ich freue mich, dass du das auch anbringst. Ich sehe das oft, dass man im Board Meeting sitzt und einen Time Series Chart macht und sagt, ja, der Chart geht dann nach rechts oben und wir haben doch gleichzeitig das gemacht. Aber man schaut sich nicht an, welche gleichzeitigen Faktoren es noch gibt, wie Saisonalität, wie andere strategische Projekte, die auch alternative Ursachen sein können. Einer der Outcomes von meinem Artikel war auch, du musst korrekt A, B testen, um Kausalität rauszufinden, um alle anderen Faktoren auszutauschen. auszuschließen und zwar mit der wissenschaftlichen Methode und das ist Data Science und nicht mehr sozusagen ganz normale Marketingattribution. Aber ein Schritt zurück, ihr macht Korrelation, das ist wichtig zu verstehen. Mir ist ja auch eigentlich egal, was die Ursache ist, warum jemand, der zuerst Facebook und dann TikTok klickt und danach kauft, warum der das macht. Ich will nur wissen, dass es so ist. Ich kann es auf Endkonsumer-Level ohnehin nur Hypothesen äußern. Richtig.
János Moldvay: Ich kann natürlich versuchen, die Kausalität so ein Stück weit abzubilden, indem ich weitere sozusagen Confounding Variables mit reinnehme, also die eigentlichen Verursacher. Beispielsweise, was wir dafür machen, was häufig passiert ist, ich lege was in meinen Warenkorb auf einer Webseite, irgendwie ein paar schöner Sneakers auf der Snipe-Seite und dann werde ich gleich auf dem nächsten Tab oder auf der nächsten Seite werde ich geretargetet mit genau den Sneakers. Ist ja erstmal auch nicht schlimm. Allerdings, wenn ich dann drauf klicke und dann kaufe, ist halt die Frage, wie viel dieser Retargeting-Klick wirklich dazu beigetragen hat, dass ich gekauft habe. Und was wir machen, um das zu verstehen, ist, dass wir auch diesen Add-to-Basket-Event, also dass ich was im Warenkorb lege, mit hineinnehmen in die Attribution und dem auch einen Wert zuweisen, um zu verhindern, dass das, was eigentlich dieses Add-to-Basket-Event ausgelöst hat, an zusätzlichem Kaufintent, dass das nicht automatisch in den Retargeting-Service hineinfließt. Also da kann man natürlich dann schon versuchen, dass man die Kausalität zumindest ein Stück weit abbildet und auch zum Beispiel versteht, war es jetzt eine Minute, nachdem ich was in den Warenkorb gelegt habe, dass ich auf den Retargeting-Banner geklickt habe, oder war es einen Tag später. Und dementsprechend würde ich diesen Kanalkontakt auch ganz anders bewerten. Man muss eben von dieser akademischen Perspektive so ein Stück weit wegkommen, nur AB-Tests machen zu wollen, weil das ist operativ einfach überhaupt nicht praktikabel. Ja, das stimmt. Das geht nicht. Man muss aber sich auch bewusst sein, und das machen wir auch, dass es dann im Endeffekt immer nur eher um Korrelationen geht und dann aber zumindest gute Möglichkeiten finden, das zu validieren durch dann wieder Experimente und AB-Tests.
Erik Pfannmöller: Du hast gerade das Thema Retargeting angesprochen und dass sozusagen, wenn ich was in Warenkorb tue, das später noch sehe. Was mir öfter passiert, dass ich was kaufe und trotzdem noch geretargetet werde in der Zukunft mit dem gleichen Produkt. Woran liegt das und löst dir das Problem?
János Moldvay: Es liegt erstmal daran, dass der Algorithmus für dich trotzdem noch eine höhere Wiederkaufswahrscheinlichkeit vorhersagt, als für jemanden, der das Produkt noch nicht gekauft hat und es vielleicht auch sogar noch nicht mal in Warenkorb hatte. Das heißt, es lohnt sich für dich und deinen Inventar, also deine Views, weiterhin Geld auszugeben. rein von der errechneten Wahrscheinlichkeit. Es ist natürlich für das User-Erlebnis total doof, aber rein von den Wahrscheinlichkeiten und den Koalitionen her betrachtet, macht es Sinn, um es mal so zu sagen. Vom User-Erlebnis natürlich überhaupt nicht, weil diese Kosten werden da vielleicht auch gar nicht berücksichtigt. Wie wir das verhindern können, ist, dass wir sagen, hat denn das dann überhaupt nochmal einen Effekt, dass jemand diese Retargeting-Impressions hat? Zahlt das positiv darauf ein, dass dann nochmal gekauft wird oder nicht? Und wenn der Kunde über uns und unsere Insights eben feststellt, nee, das hat es nicht, ich sollte dort vielleicht diese Kampagne gar nicht mehr schalten, dann würdest du als User davon in dem Sinne profitieren, dass du die dann eben nicht mehr angezeigt bekommst.
Erik Pfannmöller: Sehr schön. Das heißt, alle, die zuhören, immer schön Attriba benutzen und dann sieht man nicht mehr den gleichen Sneaker, den man gestern schon gekauft hat, hier im Retargeting. Ja. Sage ich jetzt einfach mal so. Also bestenfalls.
János Moldvay: Es gibt auch Fälle, wo einfach das Setup noch nicht richtig korrekt ist, also dass der Retargeting-Anbieter gar nicht erfährt, dass das Produkt tatsächlich gekauft wird. Das sind dann sozusagen die Schritte, die davor natürlich dann zu regeln sind. Aber im Idealfall würden wir dieses Problem eben entsprechend lösen können.
Erik Pfannmöller: Wir wollen ja auch bei ERR & Plugged in der neuen Staffel in diesem Jahr so ein bisschen über sozusagen den Einfluss von KI auf unser tägliches Leben machen. Wir werden über die Blackbox, über Algorithmen sprechen und auch sozusagen, welche neuen Jobs es gibt, wie wir uns verändern. Das heißt, ich würde konkret mal auf den Bereich Endkunden und Marketingmanager eingehen und sagen, was eigentlich eine Technologie wie ihr, das Thema Multitrash Attribution, in der realen Welt, wie das mein tagtägliches Leben verändert. Fangen wir vielleicht mit den Endkunden an. Die erste Frage ist, was speichert eigentlich eine Firma über mich? Baut ihr so eine Art Profil über mich auf? Und hat das Thema GDBA für euch einen positiven oder negativen Einfluss? Gerade auch, wenn man sich diese ganzen Cookie-Notizen anschaut, im Sinne von First-Party-Cookies zulassen, Third-Party-Cookies zulassen. Ist das relevant für euch? Ja, total.
János Moldvay: Also GDPR hat, glaube ich, allgemein das Bewusstsein für personenbezogene Daten und die Sensibilität darum gesteigert. Ob es jetzt sehr effizient implementiert wurde, wie viel Google und Facebook davon profitiert haben, die eigentlich davon auch ein bisschen eingegrenzt werden sollten in ihrem Doing und wie das jetzt uns als Startup beeinflusst, das sei mal dahingestellt. Ich glaube, es ist für die User nicht besonders schwierig.schön jetzt jedes Mal irgendwie zweimaloder mindestens einmal zu klicken,ja, ich möchte den Cookie auch wirklich annehmenund wenn ich ihn dann nicht annehme,muss ich es beim nächsten Mal wieder bestätigen,weil der Cookie ja eben nicht gespeichert werden konnte,dass ich es schon beim ersten Mal gesagt habe.
Erik Pfannmöller: Das ist ein Henn-und-Ei-Problem. Wenn man die Cookies ablehnt,wird man beim nächsten Mal wieder gefragt. Genau. Manchmal kommt man auf eine Websiteund muss dreimal klicken,im Sinne von, nein, ich will nicht die App öffnen,nein, ich will nicht die Cookies habenoder ja, ich will die Cookies habenund ich will nicht zum Newsletter. Drei Xe und dann kann ich die Website sehen. Manchmal schon schwierig.
János Moldvay: Und das muss man natürlich eigentlich so ein bisschen ins Verhältnis stellen, wie wichtig das dem 80 Prozent der Bevölkerung eigentlich ist, während sie dann parallel irgendwelche sehr sensiblen Kinderfotos auf Facebook posten, sage ich jetzt mal. Ich glaube, generell ist gut, dass das einfach das Bewusstsein gestärkt hat für personenbezogene Daten. Und es hat natürlich für uns einen Einfluss im Sinne davon, dass wir mit unseren Kunden da auch noch aktiver drüber sprechen. So, was für Daten erheben wir, die IP-Adresse, die Cookie-ID, inwieweit ist das für uns auch möglich, das auf Third-Party, auf First-Party-Cookie-Ebene zu machen. Da müssen wir halt sehr agil bleiben und auch uns entsprechend den neuen Marktbedingungen anpassen, was aber für uns sehr gut funktioniert. Und in Summe ist es, glaube ich, schon gut einfach, dass der Markt und die Kunden und Anbieter darüber mehr transparent haben und einfach mehr darüber nachdenken, was das eigentlich bedeutet.
Erik Pfannmöller: Manchmal habe ich das Gefühl, ich darf nicht auf bestimmte Sachen oder Ads klicken, weil ich dann verfolgt werde später im Netz. Und ich habe mich selbst dabei beobachtet, dass ich gesagt habe, okay, beim nächsten Mal, wenn ich was kaufen will, klicke ich nicht auf das Google Ads, sondern tippe direkt die URL ein, um sozusagen nicht später wieder verfolgt zu werden. So ein bisschen wie bei YouTube, wenn man sich fünf Videos über Katzenbabys anschaut, um ein unverfängliches Beispiel zu machen.
János Moldvay: Oder wenn man seinem Kind mal kurz zwischendurch irgendwie ein YouTube-Video zeigen möchte. Richtig.
Erik Pfannmöller: und sich dann denkt, jetzt habe ich aber morgen noch ganz andere Recommendation-Vorschläge und eigentlich ist mein YouTube ja so schön, wie ich es gerade habe und du dann nicht die Kindervideos morgen wieder vorgeschlagen haben willst. Glaubst du, dass die Endkunden ihr Verhalten verändern werden, wenn sie mehr aufgeklärt über Retargeting, über Attributionsmodelle und solche Sachen werden? Gibt es da einen Impact?
János Moldvay: Ich denke schon. Also gerade das, was du erzählt hast, das führt sich auch unter anderem vielleicht durch Themen wie GDPR, das ja auch schon mit dem Thema AI und künstliche Intelligenz zusammenhängt. Mehr Bewusstsein einfach schaffen. Es geht ja so einfach los, zum Beispiel Spotify. Momentan hören wir die morgens immer so Weihnachtsklassiker. Und dann sind die Spotify-Recommendations auch erstmal so ein bisschen dahin für die Monate nach Weihnachten. Und das wird auch meiner Frau bewusst, die jetzt nicht unbedingt so ein tiefes Verständnis für Machine Learning hat. Und das wird einfach mehr, glaube ich, so Common Knowledge werden. Also dass das mehr und mehr Leute verstehen, die jetzt eben nicht tief drin sind in Machine Learning, aber eher die Auswirkungen dann kennenlernen. Und dass quasi die wirkliche Intelligenz von uns als Menschen versucht, die künstliche Intelligenz hinter zum Beispiel den Recommendations oder den Retargeting-Anbietern auszuspielen und zu beeinflussen, das finde ich einen ganz interessanten Aspekt, dass man da schon ein direktes Aufeinandertreffen zwischen diesen beiden Welten hat, wo man ja eher davon ausgeht, dass das noch länger dauern wird.
Erik Pfannmöller: Man muss ja noch einen Schritt weiter denken. Und ich will jetzt nicht ganz in das Esoterische abdriften mit dem Überwachungsstaat, der sozusagen Überwachungsvideo hat mit Face Recognition und der guckt, was man tut. Aber wenn ich mir vorstelle, dass, wenn es Algorithmen gibt, gibt es Menschen, die sie manipulieren wollen. Jeder weiß, dass es einen Google-Suchalgorithmus gibt und jeder möchte auf Position 1 kommen. Und es gibt eine ganze SEO-Industrie, die versucht, auf Nummer 1 beim Google-Ranking zu kommen. Und wenn ich wüsste, dass die Polizei nach bestimmten Algorithmen ihre Blitze aufstellt, dann würde ich versuchen, die Algorithmen zu verstehen und sozusagen die Leute vorher zu warnen. gibt, versuchen Menschen, sie zu beeinflussen. Und ich finde es interessant, dass du das Spotify-Beispiel gemacht hast. Das hat nichts mit Multi-Touch-Marketing-Attribution zu tun, aber Recommendation-Algorithmen. Und ihr seid im Endeffekt auch eine Art Recommender, aber ihr recommendet die Gewichte von Kampagnen und Kanälen gegenüber, beeinflussen unser tägliches Leben. Und vielleicht unsere Zuhörer merken sich auch mal selbst, dass sie irgendwann überlegen, klicke ich da jetzt drauf oder nicht, weil ich eben nicht morgen in meiner Spotify-Playlist wieder die Weihnachtsklassiker haben will. Und dafür gibt es ja auch einen privaten Modus, der vielleicht auch mehr genutzt wird im Zukunft. Kann ja auch eine Implikation sein, dass strategisch da einfach mehr Wert drauf gelegt wird. Hast du da eine Meinung?
János Moldvay: Wichtig ist es, glaube ich, einfach, dass das nicht so eine Filterbase wird. Also, dass ich zum Beispiel in YouTube Recommendations dann nicht immer wieder denselben Kram sehe und da immer in meinem eigenen Wissenskosmos bleibe. Das ist dieser Filterbubble-Effekt bei Machine Learning gestützter Recommendation ist schon relativ signifikant. Und vielleicht möchte ich auch mal ganz neue Produkte mir anschauen und nicht immer die Nike Sneaker, die ich sowieso schon mir angeschaut habe auf der Plattform. Und das ist so dieses Exploration versus Exploitation Thema, ne?
Erik Pfannmöller: Ich finde gut, dass du das sagst. Ich wollte gerade Exploration, Exploitation sagen. Aber man merkt, der Janosch kennt sich mit seinem Handwerk aus. Und wer so knowledgeable ist, der hat bestimmt auch ein gutes Marketing-Attributionsmodell.
János Moldvay: Das bestenfalls vielleicht nochmal ganz kurz, um den Bogen einmal rund zu machen bei den Retargeting-Ads, dann auch dazu führt, dass wir herausfinden können, dass es vielleicht nicht so sinnvoll ist, den User endlos häufig zu beballern, nur weil er nochmal auf die Retargeting-Ad geklickt hat, ne? Das ist ja genau das, wo, glaube ich, die User dann auch schon vorsichtiger werden, weil sie wissen, wenn sie so einen Retargeting-Banner sehen, und so funktionieren ja auch die Algorithmen, dass das dann wieder ein Signal für den Machine Learning-Algorithmus des Retargeting-Anbieters ist, dir nochmal ein paar tausend mehr Impressions auszuliefern.
Erik Pfannmöller: Und jetzt haben wir ja eigentlich zwei Algorithmen. Es gibt auch einen Google-Algorithmus, der Ads ausspielt, und einen Retargeting-Algorithmus und einen Algorithmus, der Realtime-Bidding ausspielt. Für den Zuhörer, wir haben ja letztens die Folge für Mobile Ads und Realtime-Bidding gesprochen. Also jeder Kanal wiederum hat einen Algorithmus und ihr seid ein Algorithmus, der die Algorithmen steuert. Gibt es da Konflikte?
János Moldvay: Kann durchaus sein. Wir hatten auch schon interessante Gespräche mit den Anbietern, also zum Beispiel Retargeting-Anbieter, die gerne erfahren möchten, wie unser Algorithmus funktioniert, um besser in der Bewertung, die unser Algorithmus ja vornimmt, dann dazustehen. Das sind dann ganz interessante Effekte. Wir können denen die Grundzüge erklären. Wir machen das auch sehr offen. Das gibt es auf YouTube auch im Video, das nochmal genau herunterdekliniert, wie unser Algorithmus funktioniert, um da eben auch Transparenz zu schaffen. Das soll aber auch dazu beitragen, dass wir das Thema so ein bisschen entmystifizieren wollen. Also es wird ja auch sehr viel Blackbox-artiges verkauft, dann wird einfach AI draufgeschrieben. Wir haben ja im Vorabgespräch auch darüber gesprochen, dass es manchmal schon sinnvoller sein kann, lieber spezifisch über Machine Learning zu sprechen und nicht immer KI und AI zu verwenden, weil das ein sehr viel weiteres Feld auch umspannt als nur Machine Learning. Zum Beispiel auch stupide, wissensbasierte Systeme, die eigentlich wirklich nur Intelligenz vortäuschen und nicht wirklich selber lernen. Und zumindest sehen wir das auch als unseren Auftrag, Marketing-Manager in dem Bereich so ein bisschen aufzuschlauen und sie auch robuster zu machen gegenüber diesen übertriebenen Verheißungen von Anbietern, die wirklich einfach nur das AI-Label aufklatschen.
Erik Pfannmöller: Am Ende geht es auch nicht um die Technologie dahinter, es geht um den Business-Benefit und darum, dass meine Marketing-Spends, vielleicht wenn ich Millionen ausgebe, einfach 10% effizienter sind, weil ich auf den richtigen Kanal setze oder auf einen Kanal, den ich dann gar nicht kenne, weil der Algorithmus das vorschlägt. Ich fand das interessant, dass du gerade gesagt hast, der Verantwortliche für den Algorithmus eines Kanals, Retargeting oder sowas, spricht mit euch über euren Algorithmus, mit dem Ziel natürlich, seinen Algorithmus zu verändern, weil das Ziel ist ja möglichst viel Spendings zu machen für einen Retargeting-Anbieter oder für einen Display-Anbieter oder andere Sachen. Wiederum haben wir Menschen, die versuchen, Algorithmen zu verstehen und sie zu ihrem Benefit zu benutzen.
János Moldvay: Genau. Und da muss man natürlich aufpassen, dass es nicht in so einem endlos Feedback-Scheifen
Erik Pfannmöller: Ich wollte gerade sagen, das kann unendlich werden.
János Moldvay: Es gibt ja immer so ein Beispiel irgendwie auf LinkedIn oder Facebook-Reposte, wo sich so eine Alexa-Box mit einem Echo oder so unterhalten hat und dann irgendwie die spannendsten Diskussionen dabei rauskamen. Das ist auch nur so ein Beispiel, dass das eben schon passiert, dass sich die Machine-Learning-Algorithmen untereinander beeinflussen. und wie dann die Rückführung ist, ob der Retargeting-Anbieter wirklich die Erkenntnisse auch entsprechend nutzen kann. Weil unser Algorithmus lernt ja auch weiter. Also es ist ja nicht so, dass der dann starr diese Gewichte für immer beibehält. Der wird ja tagtäglich quasi neu hinzulernen. Also es ist so, als wenn ein neuer Spieler in der Fußball-Bundesliga hinzukommt, muss da auch erstmal geguckt werden, wie performt er, wie viele Fehlpässe hat er, wie viele erfolgreiche Pässe hat er gespielt. Und genauso ist das ja auch mit unserem Algorithmus. Also das ist dann manchmal so ein bisschen schwierig. Das ist, glaube ich, auch das, wo man hinkommen muss, was es wirklich heißt, selbst zu lernen für so einen Algorithmus. Und was der Unterschied zwischen statischen Regeln ist, also normalen Computerprogrammen, wo der Algorithmus fest definiert ist und auch nicht selbstlernend ist, sondern immer quasi starre If-then-else-Blöcke abfeuert und dort entsprechend die Entscheidung trifft, versus einen Machine Learning basierten Algorithmus, der die Gewichtung eben von dann beispielsweise den Marketingkanälen oder die Gewichtung der Inputfaktoren von einem Kreditscoring dynamisch anpassen kann.
Erik Pfannmöller: Das ist ja auch eine der Ideen von dem Podcast hier, dass man aufklärt über KI. Wir haben sehr viel über Neuroanalyse gesprochen, über Algorithmetypen und einfach auch zu verstehen, was da dahinter steht. Und ich glaube, wenn man sich diese ganze Serie anhört, dann versteht man irgendwann die Konzepte, die dahinter stehen. Ein sehr spannendes Thema. Führt aber auch dazu, dass Menschen ihr Verhalten verändern und auch, dass sich sozusagen neue Jobprofile, neue Anforderungen ergänzen. Wenn ich jetzt mal an den typischen Marketingmanager denke, dann hat er früher sozusagen Kampagnen ausgesteuert und auch der muss ja sozusagen nicht nur die Algorithmen verstehen der einzelnen Kanäle, sondern auch noch euren. Wie verändert sich das Jobprofil des Marketingmanagers in der Zukunft?
János Moldvay: Ich denke, es wird wesentlich technischer werden. Wie ich auch denke, dass Marketing-Manager einfach auch mehr Verständnis von dem Web und Social Media bekommen mussten, weil das einfach Kanäle geworden sind, die immer mehr an Bedeutung bekommen haben. So weiß ein Marketing-Manager heute auch, wie ich ein Tracking-Pixel einbaue über einen Google-Tag-Manager beispielsweise.
Erik Pfannmöller: Performance-Marketing-Manager. Es gibt ja auch Brand-Marketing-Manager, die sich um Kommunikation, um Messaging und um Filmendarstellung, um Bilder, um Farben Gedanken machen. Aber es ist eine Spezialisierung, die ich daraus höre.
János Moldvay: Es ist eine Spezialisierung, aber allgemein glaube ich auch, dass ein Brand-Marketing-Manager auch in Zukunft auch sich Gedanken darüber machen wird, wie bewerte ich das eigentlich, was dabei umkommt. Die Zeiten, dass ich sage, es ist Brand, weil ich es nicht messen kann, die neigen sich, glaube ich, so ein Stück weit dem Ende. Florian Heinemann, ich kann das jetzt nicht wortwörtlich wiedergeben, aber der hat ja gesagt, ihn interessiert nicht, ob es Brand oder Performance ist. Es muss alles performen und es muss alles eigentlich bestenfalls messbar sein. Und das ist heute zumindest ein Stück weit möglich. Und dann muss ich mir auch als Kreativer vielleicht Gedanken machen, mit welchen KPIs will ich meine Arbeit eigentlich auch bewerten? Wie lässt sich das bewerten? Aber es ist so, dass ich glaube, dass durch diese fortschrittlichen Machine Learning Algorithmen und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, schon so dieses klassische Number Crunching und Excel-Sheets und CSV-Files hin- und herschieben und die Kostendaten aus verschiedenen APIs zusammensammeln und dann irgendwie in einem Report zusammen klatschen, in Anführungszeichen, dass diese Arbeit nicht mehr unbedingt nötig ist, sondern dass ich mich stattdessen als Marketing-Manager mehr darauf fokussieren kann, was wir als Menschen wirklich gut können, so dieses konzeptionelle Design-Thinking, kreativ vorangehen, was die Machine-Learning-Algorithmen noch nicht zumindest so sehr gut beherrschen. und mehr statt auf diesem nitty-gritty operativen Level aktiv sein zu müssen, mehr so in dieses taktische, strategische Denken hinein kann.
Erik Pfannmöller: Kostet ja auch Geld für eine Firma. Wenn ich mir überlege, da sitzt einer im Marketing-Team, der sich um das Numberscrunching misst, dann muss ich ja den Mensch bezahlen. Und es gibt ja Firmen wie ihr, die sozusagen den Job schon übernehmen. Dann spare ich mir nicht nur echtes Geld im Marketing-Team, sondern kann auch die Ressourcen, die ich habe, wenn ich mir nicht Geld sparen will, einfach für kreativere Zwecke benutzen. Was sind so kreative Dinge, die Marketing-Manager dann machen müssen?
János Moldvay: Beispielsweise das Messaging, sich einfach überlegen, Creatives müssen ja immer noch erstellt werden, überlegen, welchen Plattformen ich da überhaupt tätig sein möchte, welche Plattformkombinationen für mich überhaupt Sinn machen, wie meine Retargeting-Kampagnen aussehen sollen, was ich da genau kommunizieren möchte. Also das, wo wir eigentlich wirklich gut sind, so dieses sich empathisch in den User hineindenken und überlegen, wie kriege ich den jetzt eigentlich mit welchem Messaging von meinem Produkt und von meinem Service überzeugt. Eigentlich das, was Marketing-Manager früher ja auch schon gemacht haben und jetzt vielleicht wieder mehr Fokus genau darauf möglich ist, Natürlich auch sich zu überlegen, wie spielt jetzt eigentlich so ein Anbieter wie wir oder potenziell andere Attribution-Anbieter zusammen mit dem Ad-Plattform, die ich habe. Wie kann ich ein Google Ads beispielsweise optimieren, dadurch, dass ich über Attriba meine eigenen proprietären Kunden-Daten mit hereinziehe, dass ich nicht mehr nur auf eine Einzelbestellung optimiere, sondern vielleicht Daten, die nur ich habe, nämlich wie häufig hat dann jemand bei mir bestellt und wie profitabel waren diese Bestellungen. Also einfach das, wo aktuell zumindest die Machine Learning Algorithmen noch nicht so richtig gut sind, dieses zusammenhängende, transferierende Lernen und Wissen entwickeln.
Erik Pfannmöller: Wir haben ja ganz spezielle Algorithmen heutzutage, die machen was ganz Besonderes. Ihr macht Multi-Touch-Attribution, es gibt Speech Recognition, es gibt selbst von der Autos Image Recognition, so Insellösungen, man sagt doch die Narrow Intelligence. Ich fand interessant, was du gerade gesagt hast, das ist auch so ein mega gesellschaftlicher Trend. im Sinne von Algorithmen nehmen das einfacher und die menschliche kreative Arbeit wird eigentlich aufgewertet. Jeder, der sozusagen im Marketing arbeitet, ist ja auch was Positives macht, was Maschinen nicht können und hat damit auch mehr Verantwortung, um mehr Entscheidungen zu machen. Wir haben im Vorgespräch kurz darüber gesprochen, solche Entscheidungen wie, soll ich jetzt TikTok machen als neuen Kanal? Soll ich hier Dinge ausprobieren? Das sind ja strategische Entscheidungen, Hypothesen, die Menschen treffen können. Ein Algorithmus kann schwer sagen, in der Kombination von Facebook und Snapchat und Instagram, das finde ich gut. Aber so eine Hypothese muss man als Marketingmanager ausprobieren und auch darauf kommen, mit welcher Geschichte oder mit welcher Message man vielleicht eine bestimmte Kundengruppe erreichen könnte. Das ist dann die Hypothese zur Kausalität. Und später kann man die Korrelation vielleicht messen.
János Moldvay: Also unser Machine Learning Algorithmus kann nicht entscheiden für einen Werbetreibenden, der noch nie TikTok gemacht hat, mach doch mal TikTok, weil der einfach noch keine TikTok User Journeys oder TikTok beeinflussten User Journeys gesehen hat zuvor. Also damit fängt das an und das sind genau die Punkte, wo wir eher davon ausgehen, statt dieses Mensch versus Maschine, dass es eigentlich viel stärker eine Symbiose werden wird. Was es ja jetzt auch eigentlich schon längst ist, also man muss sich mal bewusst machen, dass wir eigentlich schon wie Cyborgs durch die Gegend laufen, durch diese netten kleinen rechteckigen Devices.
Erik Pfannmöller: Die Hörer haben nicht gehört, dass Janosch gerade sein Smartphone in die Hand genommen hat.
János Moldvay: Ja, ich habe halt hier deutlich mehr Wissen abgreifbar, als ich mir jemals in meinen 13 Jahren Schule plus Studium, MBA und Wirtschaftsinformatikstudium jemals hätte aneignen können.
Erik Pfannmöller: Auf dem Telefon sind ja hunderte Algorithmen, von Wiedererkennung über den Fingerabdrucksensor bis hin zu Auto-Suggest, Speech Recognition, KI ist ja schon rund um uns rum.
János Moldvay: Richtig, ich kann jetzt ohne weiteres einfach in meiner Fotos-App nach allen Bildern suchen, wo ich mit meiner Familie irgendwo am Strand war. Und das ist KI, da stecken komplizierte Machine Learning Algorithmen dahinter, aber ich nutze schon tagtäglich, ne?
Erik Pfannmöller: Wie das unsere Gesellschaft verändert und wie die Algorithmen unser tagtägliches Leben eigentlich schon heute beeinflussen und in Zukunft noch mehr beeinflussen werden, da schließt sich der Kreis für mich so ein bisschen. Und man kann eigentlich nur noch verstehen, dass es heutzutage schon so ist und man ohne Technologie, ohne Smartphone, ohne Computer eigentlich gar nicht mehr leben kann in gewisser Art.
János Moldvay: Also natürlich gibt es dann auch so die Gegenwirkungen. Es geht natürlich, ja. Aber so praktikabel im Berufsleben ist es ja de facto nicht mehr. Und da werden uns einfach Machine Learning Algorithmen viel impliziter, als wir uns das vorstellen, unter die Arme greifen und uns auch ermöglichen, dann eben auf die wirklich wertschöpfenden Arbeiten zu fokussieren. Also da, wo wir wirklich unsere Stärken haben. Und das wird eine spannende Entwicklung, aber auch viel evolutionärer als revolutionärer vonstatten gehen, meiner Meinung nach.
Erik Pfannmöller: Das war ein sehr schönes Schlusswort, Janosch. Ich danke dir für das interessante Gespräch über Marketing, Multitouch, Attribution und dem Impact, das unser tagtägliches Leben hat. Danke, dass du heute hier warst.
János Moldvay: Vielen Dank, Erik, dass ich hier sein durfte. Ciao.
Erik Pfannmöller: Tschüss.