
Wie funktioniert Remote Deal-Making mit Investoren?
24. Januar 2022, mit Joel Kaczmarek, Christian Leybold
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek, ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und heute spreche ich mit dem lieben Christian Leibold, Partner bei Headline, einem der besten VCs des Landes, wenn nicht sogar Europas, wenn nicht sogar der Welt, darüber, wie eigentlich Dealmaking mit VCs aussieht, post-Covid. Naja, post-Covid ist ja manchmal ein bisschen schwierig, gefühlt ist es ja eine Welle, mal sind wir post, mal sind wir wieder mit Covid, aber ihr wisst, was ich meine. Nachdem man das Licht gesehen hat des Remote-Arbeitens, wie geht da eigentlich die Arbeit mit einem VC vonstatten? Das heißt, wir werden darüber sprechen, wie sich der ganze Fundraising-Prozess eigentlich akzeleriert hat, was das für Effekte mit sich bringt und warum VCs jetzt zunehmend auch eigene Software schaffen, eigene Tools sich bauen, eigene Wissenspools aufbauen und wie das auch das ganze Spiel nach dem Dealabschluss eigentlich so verändert. So, ich glaube, ganz viel drin für Leute, die gerade auch Fundraising suchen oder generell sich für ihre Kommunikation mit Investoren rüsten. Und darauf freue ich mich, lieber Christian, dass wir uns endlich mal wieder sprechen. Moin, schön, dass du da bist.
Christian Leybold: Hallo, grüß dich.
Joel Kaczmarek: Als ich das letzte Mal gesehen habe, hieß deine Firma noch anders. Guck mal, erstmal verspäteten Glückwunsch zur Umbindung.
Christian Leybold: Ja, vielen Dank. Die Zeiten ändern sich.
Joel Kaczmarek: Ja, sind wir mitten im Thema. Zeiten ändern sich. Erzähl doch mal ganz kurz, wie ihr mittlerweile arbeitet als VC. Wenn jetzt alle irgendwie gefühlt am zoomen sind, remote arbeiten, man irgendwie Hybrid ist und so weiter. Ja.
Christian Leybold: Also da hat sich natürlich auch in den letzten anderthalb Jahren für uns unglaublich viel getan. Da können wir auch in verschiedene Aspekte einsteigen. Aber ich glaube, das Entscheidendste ist, dass natürlich auch wir sozusagen alle unsere Prozesse von remote umgestellt haben. Und der Kern beim VC ist ja immer, wie kommuniziere ich mit Gründern? Wie lerne ich Gründer und deren Geschäft kennen? Und der Prozess ist eben inzwischen auch vollständig digital. Und das hat eigentlich zu zwei Dingen geführt im Kern. Erstens, dass die geografische Location einer Firma viel weniger eine Rolle spielt, denn woher jetzt sozusagen die Zoom-Teile auf dem Bildschirm sich einwirken, ist ja bekanntermaßen völlig unwesentlich. Und das andere ist, dass die Prozesse eben sehr viel schneller geworden sind. Denn wenn man sich überlegt sozusagen, was hat viel Friktion gebracht in der Vergangenheit, war das häufig Reisen, erstes Meeting, zweites Meeting und so weiter. Und da war, sage ich mal, eine natürliche Grenze bei jedem Gründer, wenn er in einem Fundraising-Prozess war, mit wie vielen VCs er sozusagen persönliche Meetings in den schönen Hauptstädten Europas oder auch Amerika machen konnte. sehr viel schneller stattfinden. Das ist, sage ich mal so, der größte Änderungspunkt, der sich im Übrigen, da kommen wir vielleicht gleich noch drauf, auch, glaube ich, nicht mehr zurückentwickeln wird.
Joel Kaczmarek: Und jetzt mal, also wirklich aus der Erfahrung gesprochen, sind diese Gespräche anders, wenn man sie virtuell führt? Weil ich meine, man redet ja darüber, dass man viel Geld auf eine Wette platziert und das braucht ja so einen Vertrauensaufbau, da braucht es ja sowas Zwischenmenschliches. Und ich glaube, jeder von uns hat gemerkt, es funktioniert schon, sich remote zu unterhalten, aber es fehlt auch irgendwie ein bisschen was. Sind eure Dealentscheidungen anders, wenn ihr einen Gründer noch nie gesehen habt und dem aber ein paar Millionen Euro überweist?
Christian Leybold: Ja, das ist so. Es fehlt natürlich was. Man darf natürlich auch nicht vergessen, die Digitalbranche insgesamt ist ja jetzt mit Ausnahme von speziellen Segmenten eher eben beschleunigt worden durch Covid. Insofern war es eigentlich ein positives Investitionsumfeld, wo auch erstmal viel funktioniert. Und da muss man jetzt erstmal dann über die Jahre sehen, ob man vielleicht Fehler gemacht hat an Stellen, die nicht gleich offensichtlich sind. Aber ich sage mal, grundsätzlich ist es so, virtuelle Meetings sind eigentlich immer eher faktenorientierter, sind sozusagen eher auf Effizienz fokussiert. Insofern ist es schon so, dass man eigentlich von dem, was man lernen muss, das wahrscheinlich auch im virtuellen Format lernt. Die Frage, die dann bleibt, ist, was passiert, wenn es denn mal ruckelt? Ja, wenn mal schwierige Zeiten kommen und wenn es primär darum geht, wie vertrauensvoll ist eigentlich die Beziehung zwischen Gründer und Investor? Und da muss man, glaube ich, jetzt, sage ich mal, einiges nachziehen, wenn man so will und vielleicht schon auch Zeit investieren in der Kommunikation mit den Gründern. Meine Hoffnung wäre, und so haben wir das auch gehandhabt, eigentlich jetzt im Sommer oder in den Zeiten, wo physische Treffen wieder möglich waren, dass man so ein bisschen unterscheiden lernt zwischen wann ist das Zoom-Format völlig ausreichend Und wann ist ein physisches Format sinnvoll? Und so ein bisschen sage ich mal, dieses in Anführungszeichen durchschnittliche Boardmeeting oder durchschnittliche Meeting, was anderthalb Stunden dauert, zwei Stunden, drei Stunden, wie auch immer, vielleicht nicht mehr so der Standard ist, sondern dass man eben sagt, naja, jedes zweite Boardmeeting mache ich virtuell. Das ist dann ein bisschen kürzer, ist per Zoom wunderbar. Wenn ich dann aber alle Leute zusammenbringe, dann mache ich da vorher noch ein Abendessen. Dann mache ich das ein bisschen intensiver, bringe ich vielleicht auch ein paar Leute sozusagen aus dem erweiterten Team im Startup rein, dass die einmal die Investoren sehen. Also mach so ein bisschen, sage ich mal, mehr, als man so im durchschnittlichen Meeting gemacht hätte, um, sage ich mal, einerseits die Effizienz, die man absolut gewinnen kann, zu nutzen, auf der anderen Seite aber eben auch in diese Relationship zu investieren, weil das bewährt sich dann meistens, wenn es dann eben mal nicht so gut läuft.
Joel Kaczmarek: Gibt es denn Gründer, wo du Millionen platziert hast und du kennst sie noch nicht persönlich?
Christian Leybold: Ja, ja, mit Sicherheit, natürlich, absolut.
Joel Kaczmarek: War ehrlich auch ein bisschen humoristisch gefragt. Man kennt ja so diese Klischees, ich halte eine Präse von einem Investor, da sitzen drei Partner, zwei davon hängen mit dem Kopf irgendwie im Handy und lesen eigentlich E-Mails und der dritte hört so mit einem Ohr zu und muss es hinterher den anderen erklären, was sie da abgelehnt haben. Da würde ich ja denken, so auf Remote muss ja, wenn man so ein bisschen ADHS-Investor ist, noch schlimmer sein, die Ablenkung. Wie arbeitet ihr da, was hast du erlebt?
Christian Leybold: Ja, ich glaube, das funktioniert eigentlich ganz gut, weil man muss natürlich bedenken, diese Partnerpräsentation oder Investment Committee, wie man das auch immer nennen will, das ist ja am Ende nur ein kleiner Baustein. Dem geht ja relativ viel Arbeit vorher. Man stützt sich natürlich sehr, sehr stark auf Referenzen. Das ist sicherlich was, das wir nochmal deutlich intensiviert haben. indem man einfach wirklich versucht, sozusagen die Gründer, Gründerinnen möglichst von verschiedenen Seiten sozusagen ein bisschen zu beleuchten, mit ehemaligen Mitarbeitern zu sprechen, wer auch immer da sozusagen eine Überschneidung im Netzwerk darstellt. Und dann macht man natürlich sich auch Arbeit sozusagen in der Analyse des Geschäftsmodells, des Sektors. Und generell, glaube ich, kommen wir eher jetzt in eine Welt, wo Es eher darum geht, sage ich mal, bestimmte Märkte sich genau anzugucken, da eine These zu haben und dann sozusagen nach wirklich Top-Teams zu suchen als dieses rein Reaktive. Und deswegen würde ich jetzt sozusagen die Präsentation per se gar nicht überbewerten. Da ist sicherlich auch eine Schwäche, dass sozusagen auch die Interaktion eines Teams untereinander man ganz anders spürt. spürt in einem In-Person-Meeting, als wenn da zwei, drei Gründer sozusagen auf Zoom-Tiles sind in verschiedenen Locations. Das ist alles sehr viel mechanischer, weil so ein bisschen die Spontanität fehlt. Aber dennoch kann man da, glaube ich, sehr viel ablesen. Man gewöhnt sich auch da so ein bisschen auf die Zwischentöne zu achten. Aber wie gesagt, also man versucht natürlich möglichst viel Arbeit vorher gemacht zu haben, gerade was sozusagen so die Persönlichkeit in Anführungszeichen angeht, denn da fehlt einem sicherlich was im Virtual Meeting.
Joel Kaczmarek: Und jetzt mal für dich als Mensch, also Investoren, wenn ich die immer sehe, bei denen sind ja gefühlt diese Kopfhörer von Apple, ihr nehmt immer die kabelgebunden, wahrscheinlich, weil die Schnurlosen irgendwie so manchmal ihre Macken haben.
Christian Leybold: Die gehen einfach nicht lange genug. Für so einen Tag, ja.
Joel Kaczmarek: Die sind ja verbaut und jetzt hast du sozusagen, also was der Gründer an Effizienz steigert, steigerst du ja auch. Über sowas redet man ja eigentlich gefühlt nicht mit Investoren, aber kriegst du sowas kräftemäßig abgefrühstückt, wenn du auf einmal an einem Tag statt vielleicht früher drei Pitches auf einmal 17 hast oder so?
Christian Leybold: Ja, also es ist sicherlich auch bei uns wirklich eine Veränderung und man muss schon auch überlegen, wie geht man damit um, dass man sich trotzdem auch die notwendige Tiefe quasi erhält. Und da hat jeder, glaube ich, ein leicht anderes Modell. Man muss aber sicherlich schauen, wie managt man so ein bisschen den Kalender, denn man braucht ja letztlich auch eine gewisse Zeit, um sich dann in die Modelle zu vertiefen. Ja, und das ist sicherlich eine Herausforderung, aber ehrlich gesagt, die ist jetzt anders gelagert, ist aber strukturell immer schon da gewesen. Also letztlich ist die Aufgabe des VCs immer, eigentlich sich selber einen vollen Schreibtisch zu schaffen und jeden Morgen zu repriorisieren und eben auch sehr hart sozusagen im Zweifel diese Prioritäten schnell ändern zu können. Deswegen, das ist jetzt nochmal anders gelagert, aber hat sich im Grundsatz nicht geändert.
Joel Kaczmarek: Wie haben sich denn die Runden verändert mit der neuen Arbeitsweise?
Christian Leybold: Also das ist ganz interessant, weil natürlich am Anfang waren alle ein bisschen vorsichtig. Und jetzt hat sich alles wieder, sage ich mal, so eingeschwungen, dass der, ich sage jetzt mal, der Comfort Level, den man hat beim Investieren, glaube ich, nicht sehr anders ist, als er vorher war. So, und dann ist es aber gleichzeitig so, dass durch diese höhere Fungibilität Durch Zoom. Das ist sozusagen der Investor, der jetzt in New York sitzt, eigentlich, sage ich mal, genauso schnell entscheiden kann in einem Prozess für eine Company in Berlin, wie jemand, der dort sein Office hat. Tut sich vielleicht ein bisschen schwieriger, sage ich mal, schnell Referenzen einzuholen und so weiter, weil man vielleicht nicht ganz so viele Leute schon dort kennt, aber hat dafür vielleicht wieder andere Datenpunkte. insofern. führt das dazu, dass sozusagen sehr viel mehr Investoren auch internationaler Firmen in Europa gucken, was per se erstmal schon mal eine sehr gute Sache ist. Dann aber, sage ich mal, eben auch dadurch zusätzliches Geld in den Markt kommt und dadurch die Runden tendenziell erstmal größer geworden sind. Das ist sicherlich der Fall, das sieht man auch an den Daten, dass eben mehr Investoren jetzt in Europa investieren. Die haben zum Teil auch erheblich große Fonds, deswegen nachhaltig. sage ich mal, gleichen sich die Ticketgrößen tendenziell an das an, was wir auch in den USA sehen, sind wir immer noch nicht dort. Aber das hat sich schon deutlich erhöht in den letzten anderthalb Jahren. Mit so einer kleinen Schockstarre am Anfang. Die war dann aber auch irgendwie gefühlt nach sechs bis acht Wochen wieder vorbei, als man so ein bisschen gesehen hat, wohin die Reise geht. Und seitdem geht es eigentlich eher stetig bergauf. Frequenz nimmt zu, Rundengröße nimmt zu. Also da ist sehr viel Dynamik im Markt.
Joel Kaczmarek: Und wie haben sich die Prozesse verändert und vielleicht auch so die Syndikate? Also ich lerne jetzt im Prinzip, es ist mehr Geld im Markt, die Runden werden größer, plus es wird internationaler. Ist das vielleicht so ein Faktor? Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass vielleicht Parteien, die sonst erst später reingekommen wären, ihren Zeitpunkt verändern oder Parteien, die früher reingekommen wären. Also wie ist da der Prozess denn nochmal verändert worden?
Christian Leybold: Ja, also erstmal gibt es ganz neue Spieler im Markt. Also ich sage mal, das Offensichtlichste, von dem ja jeder im Moment redet, sind sozusagen solche Player wie Tiger, die eben einen ganz anderen Ansatz fahren, die ganz bewusst einen niedrigeren IAA in Kauf nehmen, als man das so aus dieser Venture-Growth-Welt kennt, dafür aber das Kapital schneller drehen und in großen Mengen investieren, was sozusagen am Ende darauf fokussiert ist, jährlich einen hohen Cashflow zu erzeugen sozusagen zurück zu den Investoren. Das sind also andere Zielsetzungen. Das wirkt sich dann in der Strategie aus, wie man investiert, eben mit einer sehr hohen Frequenz und in einer großen Breite in Firmen, die, sage ich mal, gewissen Kriterien entsprechen. Und das sind erstmal ganz neue Marktteilnehmer. Da gibt es eine ganze Reihe anderer von auch, die sozusagen eher mit so einer Logik, die so ein bisschen aus der Hedgefund-DNA kommt, investieren. Und das verändert den Markt, sage ich mal, jetzt erstmal von oben nach unten. Von oben gibt es da jetzt neue Player, die da reinkommen und dann ist es eben so, dass sozusagen generell internationale Investoren früher schon investieren. Ja, da gibt es dann den etwas, sage ich mal, bekannteren Approach des amerikanischen Fonds, sagen, gut, jetzt machen wir auch irgendwie ein Büro in London auf und wollen das. natürlich sozusagen dann auch mehr in Europa investieren, haben dann auch sozusagen Feet on the Ground hier in Europa. Und das geht dann eben vielleicht noch früher bis in die Seed-Phase hinein. Also auch da gibt es sozusagen zusätzliche internationale Spieler. Da gibt es aber auch eine ganze Reihe davon, die sich gar nicht die Mühe machen, ein lokales Büro zu eröffnen, die einfach sagen, wie gesagt, also auf Zoom ist das eh alles gleich. Wir müssen uns nur die Zeitverschiebung merken. Und das ist, ehrlich gesagt, ganz gut darstellbar. Insofern sehr viel internationaler geworden. Das führt dann natürlich zu neuen Syndikatskonstellationen. Und generell hat sich der Markt eben sehr viel weiter gedreht in Richtung, es ist ein Unternehmermarkt und kein Investorenmarkt. Das heißt, wir haben eben jetzt, sage ich mal, Wettbewerbsverhältnisse, wie man sie in den USA vielleicht vor zwei, drei, vier Jahren hatte. Nämlich, dass man durchaus mal auf einer guten Company, dass die dann auch 10, 15 Angebote haben. Und dadurch entstehen natürlich Logisch, weil es immer neue Unikate gibt, weil dann am Ende die Gründer sagen, naja gut, die zwei Parteien haben mir jetzt sozusagen am besten gefallen. Lass doch mal gucken, ob wir die zusammenpluggen können.
Joel Kaczmarek: Ist das ein Problem für dich, wenn mehr Geld im Markt ist, es sowieso vielleicht gar nicht so viel Angebot hier auf der Gründerseite gibt, dann noch irgendwie, wie du gerade gesagt hast, das Pendel in die andere Richtung schwingt? Also müsst ihr gucken, dass ihr euer Geld überhaupt noch platziert kriegt?
Christian Leybold: Also ich glaube sowieso, die Aufgabe eines guten VCs ist, man ist sozusagen salopp gesagt Vertriebler für Geld. Wir verkaufen Geld und müssen das differenzieren mit Mehrwerten, die wir liefern. Ich glaube, das ist eine sehr, sehr gesunde Entwicklung. Weil ein Markt so in Europa, also wie ich das noch kenne von vor 15 Jahren, wo man irgendwie sein Schild rausgehängt hat und gesagt hat, ich mache jetzt hier VC und dann kam eigentlich jeder vorbei. Das ist überhaupt nicht gesund, weil dann gibt es auch nicht genug Folgefinanzierung und es ist einfach alles dann zu verschlafen. Insofern ist das aus meiner Sicht eine absolut gute Entwicklung. Natürlich ist ein kompetitiver Markt sozusagen immer auch ein Problem, wenn man so will. Es ist ja aber nur eine Frage davon, ist denn das Opportunity Set, also die Möglichkeiten zu investieren, in gleichem Maße gewachsen. Und tendenziell ist es schon so, dass sozusagen eigentlich die VCs immer eher den Unternehmers laggen, wie man auf Englisch sagt. Also sozusagen immer eher ein bisschen hinterherkommt. Deswegen, ich würde eigentlich sagen, ist das Opportunity-Set in den letzten Jahren noch schneller gewachsen als die Zahl der Investoren. Und deswegen habe ich damit grundsätzlich auch kein Problem. Und dann ist es eben sowieso so, im Venture-Geschäft ist ja die Kunst, die wenigen Outlier-Deals, die es gibt, versuchen zu identifizieren und bei denen drin zu sein. Das heißt, man muss sehr viel seiner Energie investieren. Versuchen darauf zu fokussieren, wirklich die wenigen Companies zu finden, für die man der richtige Investor ist und dort sozusagen Gründerinnen und Gründer zu überzeugen, dass man eben zusammenpasst und Mehrwerte liefern kann. Und natürlich ist da Wettbewerb immer, sage ich mal, wäre es schön, wenn es da keinen gäbe. Aber wie gesagt, der Umkehrschluss ist, dann hat man kein gesundes Ökosystem. Das gehört dazu und das hält einen auch fit.
Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir mal blasphemisch gefragt, braucht ihr dann eigentlich noch eure fancy Offices in den Hauptstädten dieser Welt? oder überlegt ihr sowas auch mal zu rekapitulieren? Machen ja viele Unternehmen auch.
Christian Leybold: Also so wahnsinnig fancy sind unsere Offices ja gar nicht, aber die Frage ist natürlich grundsätzlich berechtigt. Also ich glaube, man muss unterscheiden, braucht man das Office und was ist sozusagen der Zweck vom Office? Früher war es ja in Europa so, und das ist die große Herausforderung in Europa, dass man eigentlich die meisten VCs gesagt hat, naja, ich habe irgendwo den Schwerpunkt, es ist wahnsinnig wichtig, dass alle Leute sozusagen zusammensitzen. Und dann unter der Woche fliege ich sozusagen, also wenn ich pan-europäisch investiere, fliege ich dann irgendwie nach ABC, eben in diese ganzen schönen Hauptstädte und Nebenstädte. Und das hatte eigentlich den Nachteil, dass man eben eigentlich nicht wirklich nah am Unternehmer war, sondern sozusagen interne Kommunikation und interne Nähe der Unternehmer übergeordnet hat. Und das hat sich jetzt gedreht, indem man eigentlich sagt, guck mal, es gibt sozusagen eine neue Communication Plane, die ist sowieso virtuell. Ja, da passieren die ganzen wichtigen Sachen. Das heißt, dann macht es doch Sinn, dass die Leute nahe bei den Unternehmern sind. Und insofern ist es jetzt so, dass man dann immer diese Sorge hat, wie, oh, dann habe ich irgendwie ein großes Büro und vielleicht Ein, zwei kleine Büros, dann fühlen die Leute in den kleinen Büros sich so ein bisschen disconnected, kriegen nicht alles mit. So dieses typische Headquarter-Außenstellen-Problem. Das ist eben eigentlich nicht mehr der Fall. Wir haben jetzt für uns gesagt sozusagen, wir wollen Teams sozusagen vor Ort haben in Berlin, Paris und London. Das sind einfach nur mal die größten Hubs. Das macht auch Sinn. Da macht es dann auch Sinn, ein Büro zu haben, einfach damit die Leute, sage ich mal, eben so einen Ort für interne Kommunikation haben, auch einen Raum, um Gründer zu treffen und so weiter, sodass es dann sinnvoll ist. Aber das ist eben nicht sozusagen diese Headquarter-Aufgabe, sind da alle zusammen und auf den Fluren passieren wahnsinnig wichtige Gespräche, sondern das ist eher die Möglichkeit auch, sage ich mal, in einem wachsenden Team neue Teammitglieder sozusagen in die Kultur reinzubringen, indem sie jemanden über die Schulter gucken können. und nah an den Unternehmern in den größten Hubs zu sein, den Rest dann über Fly-In, Fly-Out abzudecken. Aber es ist eben nicht mehr so ein bisschen diese, wir sind alle an einem Ort, haben da ein riesen Office und so weiter Geschichte, die historisch, sage ich mal, in unserer Branche durchaus üblich war. Also ich glaube an den wichtigsten Nervenzentren sozusagen der globalen Startup-Szene macht es weiter Sinn, Offices zu haben, aber die haben eher so den Sinn eines lokalen Clusters und so ein bisschen als wirklich kollaborativer Arbeitsraum als jetzt eben so dieses klassische.
Joel Kaczmarek: Was ist denn mit Tools und Software? Also ich habe den Eindruck, als Investor muss man sich heutzutage in so einer remoten Dealmaking-Welt selbst auch eigene Software schaffen. Also das eine, was man über euch ja immer liest, ist, wie macht ihr so das ganze Assessment von den Deals, die ihr kriegt? Also wie bewertet ihr, welche Zahlen erhebt ihr selber, wie analysiert ihr? Also Wissensmanagement ist ja dann auch ganz schnell ein Thema. Eine andere große Baustelle, über die wir vielleicht auch noch kurz reden könnten, ist sicherlich HR, weil eine eurer Kernaufgaben ist ja auch, eurem Portfolio dabei zu helfen, irgendwie die kompetentesten Mitarbeiter zu finden. Was muss ich da als Investor heutzutage vorhalten, selbst in Sachen Tools? Werdet ihr selbst so kleine Software booten mittlerweile?
Christian Leybold: Ja, ein Stück weit ist das so. Also ich bin eigentlich der festen Überzeugung, dass sozusagen die Zeiten, in denen man so als kleines Team und einfach als Summe der Erfahrungen der handelnden Personen erfolgreich sein konnte, dass die eigentlich vorbei sind. Das liegt einfach daran, dass sozusagen die Branche sich immer mehr professionalisiert und es macht, wenn man mal so überlegt, ja einfach wirklich keinen Sinn, dass sozusagen diese Erfahrungswerte, die es ja zweifelsohne gibt, das ist ja das Tolle an unserem Job, dass man sozusagen quer über ein Portfolio gucken kann, dass diese Erfahrungswerte nur in Köpfen abgespeichert werden. Und wir haben das sozusagen, jetzt sage ich mal, in diesem, wenn man so will, Benchmarking-Bereich für uns tatsächlich auch über ein eigenes Software-Tool systematisiert. Wir haben ja schon sehr viel länger, schon seit 15 Jahren ein Software-Tool für den Sourcing-Bereich, was wir auch eben, ich sage mal, immer weiter ausgebaut haben. Aber jetzt auch seit einer Reihe von Jahren haben wir eben versucht, sozusagen diese Analyse von Firmen so auch zu standardisieren, insbesondere damit wir auch den Unternehmern das zurückspielen können. Denn es ist ja das eine, sozusagen Daten einer Firma, KPIs, sage ich mal, für die interne Analyse zu sehen. Das andere ist ja, man kann damit auch einen sehr viel transparenteren Prozess mit den Unternehmern fahren. Gerade wenn eine Firma sozusagen in die Wachstumsphase kommt, ist es natürlich schon auch für den Unternehmer spannend, Feedback zu bekommen von jemand, der eigentlich sehr viele Companies in vielleicht verwandten Märkten, anderen Geografien und so weiter sieht. Dann ist es ja meistens so, da macht man Kohortenanalysen, Kapitaleffizienzanalysen. Da gibt es, sage ich mal, auf der einen Seite relativ standardisierte Wege, sich das anzugucken. Das Problem ist aber, die sind noch nicht so standardisiert, dass sie vergleichbar sind. Also wenn ich sozusagen eine P&L angucke, dann weiß ich halt, die ist nach irgendeinem bestimmten, was weiß ich, US-GAP oder sonst wie gemacht. Da gibt es ganz genaue Regeln, wie sowas gemacht wird. Bei einer Kohortenanalyse gibt es überhaupt keine genauen Regeln, wie die sozusagen gemacht wird. Das heißt, jeder macht sie ein bisschen anders. Der eine nimmt sozusagen, was weiß ich, den Headcount vom Marketing-Team mit in die Marketingkosten rein. Der andere nimmt die woanders rein. Das ist sozusagen immer nicht vergleichbar. Und deswegen haben wir gesagt, okay, Wir bauen unsere eigene Software, die solche Analysen auch bei Firmen, die schon relativ weit sind, wo Exit dann auch irgendwann in die Knie geht, auf Basis der Rohdaten machen kann. Das heißt, wir sagen den Unternehmern, guck mal, hier ist sozusagen eine Upload-Form, wir brauchen eine ganz einfache CSV-Datei, deine Transaktionen sozusagen, Transaktionsbetrag, Datum, Transaktions-ID. und dann zeigen wir den Unternehmern, welche Koordinatisen wir daraus bauen, die sie dann natürlich auch mit ihren Daten sozusagen, wenn das Ding einmal gelaufen ist, angucken können. Und dann können wir aber eben sagen, schau mal hier in dem und dem Bereich, das sieht sehr, sehr gut aus. In dem und dem Bereich sehen wir in einer Branche typischerweise, was weiß ich, kürzere Payback-Times, höhere Kapitaleffizienz, andere Skalierungsverhalten, was auch immer. Also da gibt es dann unterschiedlichste Metriken, die man sich anguckt. Aber das eben, sage ich mal, auf eine Art vergleichbar zu machen, sodass wir auf der einen Seite sehr schnell uns ein Urteil bilden können über das, was quantitativ ist und der Unternehmer ein Stück weit das auch nachvollziehen kann. Das ist etwas, Wo man eigentlich eigene Software braucht, da gibt es aus meiner Sicht auch nichts Gutes am Markt, was sozusagen für die speziellen Bedürfnisse da wirklich funktioniert. Und dann schafft man es eben, sich als VC eine Wissensbasis aufzubauen, die für alle im Team zugänglich ist. Und das ist eigentlich meine feste Überzeugung, dass es nie darum gehen soll, dass man auf den Knopf drückt und dann kommt da sozusagen so eine Ampel, grün bitte investieren, rot bitte nicht und orange Würfel werfen. Das wird Technologie aus meiner Sicht nie leisten können, denn dafür gibt es zu viele andere Themen, Gründerteam, Marktgröße, Verteidigbarkeit, was weiß ich. Aber eben Technologie kann die Tools liefern, die gute Investoren noch sehr viel effizienter machen. Und wenn man den Leverage in Zukunft nicht hat, kann man, glaube ich, nicht mehr gewinnen.
Joel Kaczmarek: Aber es gibt ja bei Gründern immer so dieses Make-or-Buy-Thema. Habe ich das richtig verstanden? Ihr habt eure Software-Tools wirklich komplett selbst gebaut?
Christian Leybold: Ja, das ist so. Also wir haben ein eigenes Entwicklerteam, das sind insgesamt ungefähr zehn Leute inzwischen, die sozusagen für uns global Software entwickeln. Also wir nutzen diese Tools eben in allen Geografien, USA, Europa, Asien usw. Das macht es natürlich auch gerade besonders spannend, weil man eben auch häufig nochmal Feedback geben kann zu vergleichbaren Branchen in anderen Geografien. Ja, das ist natürlich nochmal besonders spannend und man braucht eben auch eine gewisse Skalierung als Company, als Fonds, um sozusagen so ein Team überhaupt bezahlen zu können. Also wären wir jetzt nur in der Frühphase in Europa unterwegs oder so, dann könnte man sowas ja gar nicht finanzieren.
Joel Kaczmarek: Ich wollte dich gerade nach den Phasen gefragt haben für solche Tools, weil gefühlt in der Anfangsphase ist immer noch viel Voodoo dabei. Also das ganze Geschäftsmodell ist noch nicht proven. Du drehst vielleicht auch nochmal. Kann man so eine Tools eigentlich auch schon auf junge Startups werfen oder brauchst du da schon eine gewisse Reife?
Christian Leybold: Das ist jetzt die Frage, was gewisse Reife heißt. Früher hätte ich immer gesagt, das macht so ab Series A, macht das Sinn. Aber es ist letztlich so, man kann das, wenn eine Company irgendwo 50, 100.000 Umsatz im Monat macht, dann kommt das nochmal darauf an, wie kleinteilig ist der Umsatz? Ist es eher Consumer oder Enterprise Software? Also man kann es jetzt auch nicht so einfach sagen, aber das kann man schon ab einer relativ frühen Phase, kann man da schon sehr viel ablesen. Das ist eben das Tolle auch an diesen Kohorten, dass man sich da ja eigentlich nichts anderes macht, als sozusagen Kundengruppen auf Monatsbasis anschaut und guckt, Wie entwickeln sich die da? Und wenn man da so ein paar Monate hat, sechs bis zwölf Monate, dann kann man schon eine ganze Menge sehen an Trends, die noch früh sind, wo man vorsichtig sein muss, wo viele Dinge noch nicht aussagekräftig sind, aber wo man eben wiederum, wenn man viele Companies in so einer frühen Phase gesehen hat, dann im Vergleich ganz andere Schlüsse ziehen kann als in der isolierten Betrachtung.
Joel Kaczmarek: Und wie schaffst du es? Ich weiß, Christian Nagel von Early Bird meinte mal zu mir, er hat bei Sequoia mal gelernt, ein Investor muss 30 Millionen Euro ausgeben, um gut ausgebildet zu sein. Also das Lehrgeld ist bei euch relativ klar bezifferbar. Wie schaffst du es, dieses Wissen, was in den Köpfen der Partner in der Regel steckt, also Erfahrungswissen, Gefühl für Persönlichkeiten etc. etc. in so Tools zu gießen? Kriegst du das hin, dass man euch unabhängig macht, euer Team von den einzelnen Personen? Ne,
Christian Leybold: also ich glaube, das ist der Punkt, den ich vorhin meinte auch mit, man sollte sich nicht vorstellen, dass man am Ende irgendwie da so eine Empfehlung kriegt, ja, wo draufsteht jetzt mit investieren oder nicht, weil das würde genau den Teil, den du gerade beschrieben hast, nämlich komplett ignorieren. Es ist sicherlich so, wenn man sich den Investitionsprozess anschaut, dann ist der in der Frühphase ganz viel, man sagt immer so schön Conviction, aber im Endeffekt ist das sozusagen eher Erfahrung, wenn ich jetzt wirklich ein Seedbed mache, dann habe ich da im Prinzip sozusagen ein Team, Und irgendwie einen Markt, von dem ich glaube, in dem kann man was machen. Und es gibt eine Hypothese, wie geht man den Markt an. Aber ehrlich gesagt, sehr viel mehr ist da ja noch nicht. Und je weiter ich sozusagen Richtung Wachstum komme, umso mehr zählen natürlich die Zahlen. Und umso mehr sind die Zahlen ein Indikator letztlich für die Qualität des Teams. Wenn die es schaffen, da ein gutes Business aufzubauen mit hoher Geschwindigkeit, ja, dann machen die offensichtlich was richtig. Nur es ist auch da immer noch so, da gibt es dann auch immer noch sehr viel, was sozusagen die man für die Zukunft verstehen muss im Sinne von Entwicklungspotenzial. Weil wenn man überlegt, die Bewertung, die wir bezahlen, ist ja sozusagen eigentlich der Preis der Option für die Entwicklung der Firma nach vorne. Und insofern hat man ja immer das als Aufsatzpunkt. Es muss also weiter Wachstum geben, sonst geht das alles nicht auf. Und da spielen all diese Sachen rein. Das wird man nie in Tools reinbekommen. Das ist sozusagen die Hälfte im Prozess, wo eben auch tatsächlich, auch deswegen sage ich mal, ist dann wieder in person, insbesondere für junge Menschen, die in diesen Job reinkommen, ganz, ganz wichtig, wo sehr viel einfach viel reden, viel gemeinsame Companies angucken wichtig ist. Man kann sozusagen diese Summe auch übersetzen in, ich muss 100, 500, 1000 Companies gesehen haben, bevor ich gewisse Muster zuverlässig erkennen kann. Und auch dann ist zuverlässig wahrscheinlich immer noch ein großes Wort. Und das wird immer so sein. Aber eben, was ich mir nicht individuell erarbeiten müssen sollte, sind so Dinge wie, was ist denn eine gute Core Ratio, was ist denn eine gute Payback Time in der und der Branche, zu dem und dem Stadium. Das sind Dinge, da muss ich eigentlich, wenn die Firma quer über alle ihre Partner, hunderte Firmen, tausende Firmen angeguckt hat, die sozusagen diese KPIs produzieren, dann muss ich doch darauf Zugriff haben und nicht den Leuten anrufen müssen oder den einen, der die eine Firma da und da angeguckt hat, sondern diesen Pool of Knowledge muss ich doch zugänglich haben at my fingertips. Und da ist so ein bisschen, sage ich mal, unsere Vision, dass man am Ende halt sich das so vorstellen kann, heute ist quasi Gmail wahrscheinlich das wesentliche Arbeitstool und da muss dann irgendwann mal was anderes sein. wo eben letztlich diese Zahlen sozusagen abrufbar sind. Da kommen dann natürlich auch irgendwelche qualitativen Themen mit rein. Aber primär geht es erstmal darum, sozusagen zumindest den Teil ans systematischen Wissen, was man aufbaut, auch wirklich zugänglich zu machen. Und dann gibt es da immer noch ganz viel, was wirklich Erfahrung ist, Netzwerk. Denn in der Tat arbeiten wir mit imperfekter Information, vor allem in der Frühphase. Und natürlich werden wir dafür bezahlt, sozusagen da in einem Team auch dieses Wissen aufzubauen und die Erfahrung weiterzugeben.
Joel Kaczmarek: Letzter Themenkomplex. HR, wie angedroht, ist ja ein großes Thema für euch. Also ich kriege immer wieder mit, dass ihr sehr viel Zeit darauf verwendet, für eure Portfolios denen zu helfen, Leute zu finden. Da sind wir jetzt schon ein bisschen aus dem Thema Dealmaking raus. Ist ja eigentlich schon Post-Dealmaking, aber so auch mal als Faktor, wie man vielleicht als Gründer, wenn man im Dealmaking-Prozess ist, auf Investoren guckt, könnte es ja ein relevanter Faktor sein, weil das ist ein Problem, was sie haben werden. Was hast du da bei euch schon so gesehen oder auch am Markt? Was tut sich denn da so in Sachen Tooling?
Christian Leybold: Ja, also es ist natürlich so, dass generell der ganze HR-Komplex sich genauso rapide verändert hat wie das Dealmaking. Denn natürlich ist es jetzt auf der einen Seite so, dass der Talentpool viel größer geworden ist. Ich hatte ja immer gesagt, Talent ist eigentlich sozusagen der einzige begrenzende Faktor in Europa, weil die Welt auch schon vor Covid sozusagen für eine Enterprise-Software-Firma oder so ist eigentlich der globale Markt immer schon zugänglich gewesen, im Konsumbereich sowieso. Jetzt ist es aber so, dann war immer die Frage sozusagen, kriege ich lokal genug Entwickler und Leute, die sozusagen die anderen Funktionen alle abbilden, Marketing, Product und so weiter. Und da war dann immer die Frage, gibt es denn schon genug erfolgreiche Companies hier, die in dieser jeweiligen Branche sozusagen schon Leute ausgebildet haben, die das jetzt vielleicht zum zweiten oder dritten Mal machen können. Und das war immer noch so ein bisschen der Bottleneck. Jetzt ist das Schöne, jetzt kann ich als Startup natürlich versuchen, dieses Talent irgendwo in anderen Regionen zu finden, die vielleicht schon ein bisschen stärker entwickelt sind in meiner Branche oder was auch immer und kann die Leute in ein Remote-First-Modell dann auch gut einbinden. Blöd ist natürlich, das kann jeder andere auch. Und das führt natürlich auch dazu, dass die guten Leute, die heute schon in der Firma XY sind, dann auch wie wild abgeboren werden. Also ich glaube sozusagen, die LinkedIn-Anfragen für einschlägige Funktionen, die haben sich gefühlt irgendwie verzehnfacht bei den Leuten. Und der Wettbewerb ist natürlich auch in die Richtung viel, viel härter geworden. Insofern, ich glaube, was da das Entscheidende jetzt ist, ist natürlich zum einen weiterhin die Identifikation von Talent. Auch das geht jetzt eben viel globaler. Da versuchen wir natürlich, unsere internationale Plattform auszuspielen, weil wir können natürlich da ganz andere Netzwerke anzapfen. die jetzt plötzlich relevant sind. Also jetzt kann es eben plötzlich Sinn machen, für ein Startup in Europa jemanden im Silicon Valley zu suchen und auch einzustellen. Das war früher immer, als man zum Recruiter gegangen hat, der hat gesagt, ja, das ist sozusagen Needle in the Haystack. Da brauchst du entweder jemanden, der ist doch total jung, sodass er gut umziehen kann, oder du brauchst den Empty Nester, dass seine Kinder aus dem Haus sind. Zwischenrein kriege ich die Leute nicht zurück. Ja, und, und, und. So, das ist jetzt alles weg. Jetzt kann man sehr viel mehr inhaltlich competen. Da, wie gesagt, können wir dann natürlich sozusagen diese etablierten Netzwerke in den verschiedenen Geografien anzapfen. Und auf der anderen Seite ist, glaube ich, jetzt viel stärker noch die Aufgabe des VCs, bei möglichen Kandidaten dafür zu werben. dass das ein gutes Unternehmen ist, das Gefühl zu geben, das ist eine spannende Aufgabe, die auch eben ausreichend finanziert ist, sodass die Firma wirklich gut wachsen kann und so weiter und es eben eine interessante Herausforderung ist. Also da ist auch unser, sage ich mal, neben der Identifikation, ist glaube ich unser Entwurf nochmal dramatisch hochgegangen im Sinne von wirklich Gründerinnen und Gründer zu unterstützen, die Leute dann auch über die Linie zu bringen.
Joel Kaczmarek: Meine, wir reden ja heute viel über Remote. Wie ist denn so euer Portfolio-Austausch mittlerweile auf Remote-Steroide gesetzt worden? Also macht ihr das auch, dass ihr das, was vielleicht früher mal, ich muss immer an diese HTGF-Jahrestreffen manchmal denken, macht ihr solche Geschichten auch bei euch, dass ihr das Portfolio von euch remote stark und vielleicht auch in einer, sag ich mal, bisschen strukturelleren Form unterstützt und vernetzt?
Christian Leybold: Ja, das machen wir dann jetzt eher themenbezogen, weil da ist natürlich das Schöne, dass man auch die Möglichkeit hat, so über den Gründer hinaus zu bestimmten Themen die Leute zusammenzubringen, weil eben der Aufwand, sich in den Zoom-Call einzuwählen, ja viel geringer ist, als irgendwo hinzufahren für ein, zwei Tage, was dann meistens, da man ja solche Portfolios sammelt, wie man das nennen möchte, dann ja wirklich ausgerichtet auf den CEO oder Gründer, wie auch immer, und waren dadurch thematisch meistens, Eher auf die Themen fokussiert, die wirklich alle CEOs irgendwie interessieren. Also wir haben jetzt versucht, eher, sage ich mal, auch fachliche Themen zu machen, die vielleicht ein bisschen stärker fokussiert sind und dann vielleicht, sage ich mal, für den VP Marketing relevant sind oder wie auch immer. Was sozusagen so dieses Zusammenbringen der Leute insgesamt angeht, da muss man sagen, ist mein Punkt, da gießt eigentlich keiner. Gerade immer drum bei den Gründern, diese physische Komponente, sich kennenzulernen, so ein bisschen Serendipity, wirklich das Netzwerk, sage ich mal, nicht funktional zu erweitern, sondern eher so Menschen, die, sage ich mal, vielleicht ähnliche Ziele haben, kennenzulernen. Und das in so einer entspannten Atmosphäre, das ist aus meiner Sicht, ehrlich gesagt, relativ schwierig auf Zoom abzubilden. Und da würden wir uns wünschen, dass man das wieder physisch machen kann. Wir haben jetzt bei uns intern so ein bisschen auch nochmal alle Termine quasi angepasst, dass wir wirklich sagen, alles, was Dinge sind, die wir gerne physisch machen würden, kommt jetzt in die Sommermonate, nochmal auf absehbare Zeit. Und dann muss man weitersehen. Aber häufig waren das klassisch so, was weiß ich, Annual Meeting November und so weiter. Da muss man einfach überlegen, ob das jetzt noch so wahnsinnig viel Sinn macht oder ob man sagt, da muss man mal ein bisschen anders terminieren. Aber ich glaube, dass so diese wirklich mit leider das mit das Stärkste an, der Portfolio-Verknüpfung ist eben wirklich dieser In-Person-Austausch und der wird anders schwer abbildbar sein. Denn Serendipity ist so das eine, was wirklich verloren geht, wo wir ja auch alle ein bisschen von der Substanz leben. Also Thema Netzwerkaufbau, glaube ich, alle, mit denen ich spreche, sagen eigentlich, es ist schon was anderes, ob du jemanden über Zoom kennenlernst, zum Beispiel andere Investoren oder eben mal übers Mittagessen. Und die Relationship ist dann immer eher funktional und weniger tief, sicherlich, als wenn man eben mal wirklich in Ruhe miteinander ein paar Mahlzeiten verbracht hat.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage, lieber Christian. Wie lange wird das Ganze eigentlich so bleiben? Also wie ist die Dauerhaftigkeit dessen, was wir gerade beschrieben haben, eigentlich wirklich? Ist es auch ein paar Jahre noch so oder meinst du, das wird sich alles wieder zurückdrehen?
Christian Leybold: Also ich glaube, es wird sich relativ wenig zurückdrehen. Also ich glaube sozusagen, da wo es Sinn macht, wird es weiter physisch geben, so wie ich es gerade eben beschrieben habe. Wenn man wirklich sozusagen Dinge macht, die prima dem Netzwerkaufbau dienen, ja, die werden dann auch wieder physisch passieren. Das merkt man auch, das wollen alle. Alles andere, glaube ich, wird sich relativ wenig zurückentwickeln. Weil ich sage mal, wenn ich jetzt heute Gründer bin, ja, dann hatte ich früher einen Pitching-Prozess. Da war ich beim 1VC Mutas in Berlin und bin dann die nächste Woche nach London geflogen. Und dann in der Woche drauf habe ich dann erzählt, ich fliege jetzt nach San Francisco. Ob ich es gemacht habe, war vielleicht erst gar nicht mal so entscheidend. Aber alle haben dann gedacht, oh Gott, bevor er nach San Francisco fliegt, müssen wir schauen, dass wir jetzt da noch einen Term-Streit tun. Und es aber gab wirklich sozusagen diese natürliche Kapazitätsbegrenzung in den Prozessen, dass man halt an verschiedene Orte fliegen muss, ja. Heute kann der Gründer oder die Gründerin ja sagen, okay, also ich mache um 9 Uhr den Call in Berlin, dann um 10 Uhr bis die Londoner. Das ist sozusagen selbe Local Time sogar für die. Also Leute brauchen nicht mal ihr sozusagen First Morning Meeting da irgendwie umlegen. Und dann höre ich halt irgendwann in San Francisco abends auf. So, und diese Reise von Ost nach West in einem Tag, die ist unglaublich effizient. Ich kann damit das Entscheidendste aus Gründersicht im Prozess optimieren, nämlich sozusagen die Leute zu synchronisieren und möglichst viele gleichzeitig im selben Stadium eines Finanzierungsprozesses halten, um dann möglichst viel Competition reinzukriegen. Und deswegen glaube ich, wird es aus Gründersicht da gar keine Motivation geben, wieder zurückzugehen in die physischen Prozesse. Vielleicht, wenn man dann sagt, okay, ich habe jetzt meine zwei Favoriten, dass man die dann nochmal trifft, um eben, nochmal die Leute wirklich ein bisschen besser kennenzulernen, aber in dieser Anbahnungsphase auf keinen Fall. Und auch, ich glaube, sag ich mal, wenn ich zum Beispiel jetzt an die andere Seite denke, für uns intern, dieses Modell wirklich Remote First und die entscheidende Kommunikation ist immer virtuell, hat sich wahnsinnig bewährt. In so einem Markt wie Europa, der multilokal ist, aber auch für uns global.
Joel Kaczmarek: Hervorragend. Lieber Christian, hey, vielen Dank, dass du uns mal mit in die Kulissen genommen hast. Und ich habe mal geguckt, es ist ziemlich viel Zeit vergangen, seit du das letzte Mal im Podcast warst. So viel Zeit lassen wir bis zum nächsten Mal nicht mehr verstreichen. Und da freue ich mich schon drauf.
Christian Leybold: Sehr gerne. Ich auch. Vielen Dank.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.