Entscheidungsdilemma: Warum Führungskräfte zu oft zögern

14. Oktober 2025, mit Joël KaczmarekStefan Lammers

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Intro & Outro Speaker: digital kompakt. Heute aus dem Bereich Führung. Mit deinen Moderatoren Joël Kaczmarek und Stefan Lammers. Los geht's.

Joël Kaczmarek: Hallo Leute, hier ist Joël und die heutige Folge steht unter dem Stern. Ach, hätte ich das doch mal vorher gewusst, weil... Vielleicht kriegt ihr das ja mit. Das ist ja durchaus ein bisschen Bewegung gerade im Markt. Also viele Unternehmen klagen über Krise. Und was passiert dann? die Notwendigkeit entsteht, Entscheidungen zu treffen. Und leider, leider, viel zu oft beobachtet man Entscheidungsverzögerungen. Und wenn ich sage Mann, dann sind das in dem Fall neben mir vor allem auch mein lieber Freund, der gute Stefan Lammers, ihr erinnert euch ja, der ultimative Sparringspartner, weil er ist ja als Unternehmensberater und Executive Companion bestens vernetzt in Sachen Unternehmertum und Führung. Und wir haben gesagt, hey, lass heute mal drüber reden, was kann ich denn eigentlich tun, wenn ich selbst Opfer davon bin, dass ich nicht schnell genug Entscheidungen treffe. Weil es gibt so viele Sachen, wenn ihr die vorher wisst, dann geht das wahrscheinlich viel, viel einfacher. Also wir reden heute darüber, was sind die Ursachen für Entscheidungsverzögerungen. Warum handeln eigentlich Führungskräfte so, dass sie sich oft zurückziehen und zu spät reagieren? Wir gehen natürlich auch Fallbeispiele durch und wir erzählen, wie man es besser macht. Von daher lieber Stefan, hallo und schön, dass du da bist.

Stefan Lammers: Moin moin lieber Joël. Ich freue mich, dass wir wieder eine neue Folge aufnehmen können. Und ich glaube, wir haben ein ganz spannendes Thema in der jetzigen Zeit. Zumindest ist das was, was ich immer wieder beobachte, gerade bei meinen Kunden. Und ich dachte, das ist einfach vielleicht mal ganz hilfreich. Auch so für das Thema Selbstführung, für das Selbstreflexion. Einfach mal... zu schauen, was kann ich da mitnehmen.

Joël Kaczmarek: Also wir brauchen ja gar nicht groß in Bestandsaufnahme gehen, wo steht der Markt, sondern wir gehen jetzt einfach mal davon aus, du bist in einem Unternehmen und es ist notwendig, eine Entscheidung zu treffen. Und dann kommt es aber gerne mal zu Verzögerungen. Also ich beobachte hier und da auch so die Vogelstrauß-Taktik, Kopf in Sand. Von daher lass uns doch mal munter einsteigen, was du so für die wesentlichsten Ursachen hältst, warum Leute Entscheidungen verzögert erst treffen.

Stefan Lammers: Man ist in einem unsicheren Gefilde unterwegs und hat eben nicht die Kontrolle. Und Führungskräfte, das werden glaube ich die meisten jetzt nickend bestätigen, lieben es einfach in irgendeiner Form die Kontrolle zu haben über die Dinge, die passieren. Das ist natürlich in so einer Situation total schwierig, wie wir jetzt gerade unterwegs sind, weil wir einfach nicht wissen, was passiert. Wenn ich jetzt zum Beispiel die letzten Tage denke, immer mehr kommen jetzt gerade die Themen, dass die Blase, Aktienblase platzen, ist alles vergleichbar mit der Finanzkrise und so weiter. Amerika wird platzen. Trotzdem gehen die Kurse einfach nach oben. Das Thema Krypto ist jetzt gerade schon wieder irgendwie in einem Winter gewesen die letzten Tage, weil das ja alles ganz schlecht aussah. Heute haben wir gerade wieder neueste Höchststände oder zumindest nah dran. Also es geht wieder deutlich nach oben. Das heißt, dieser rasante Wechsel, der immer schneller wird und immer kürzer wird, der bringt natürlich für die Führungskräfte große Herausforderungen, dass sie in diesen unsicheren Zeiten halt einen Fahrplan haben müssen. Und diesen Fahrplan müssen sie erstmal für sich haben und dann natürlich für das Unternehmen. Und insofern ist das natürlich eine... total verantwortungsvolle Rolle, die sie in diesem Moment haben. Jetzt will keiner vor den Mitarbeitenden stehen und sagen, ja, ich habe da die falschen Entscheidungen getroffen. Viele Führungskräfte sind dann eher aktivistisch unterwegs, also auf die Schnelle irgendwie zu entscheiden. Dann sind viele unterwegs, die sagen, wir wollen möglichst Fehler vermeiden, also gar nicht in irgendeiner Form überhaupt Fehler machen zu dürfen, aber selber die Verantwortung behalten, keine Schwäche zeigen. Das ist ein großes Thema in solchen Situationen und das führt oft zu Rückzug. Also dass die Leute sich zurückziehen, wenig Kommunikation machen und ein Festhalten an den eigenen Entscheidungen. Also dass auch mal nicht mehr die Offenheit besteht, mit anderen zu diskutieren, weil man Angst hat, dadurch fehlgeleitet zu werden. Und dann gibt es dadurch einfach viele emotionale Herausforderungen, dass man eben oft in Unsicherheit und Überforderung steckt, die eben auch dann teilweise zu einer Handlungsunfähigkeit führen. Um das mal sehr deutlich zu machen, es gibt von 2023, die ist ja noch recht aktuell, von Oracle eine Studie zum Thema Decision Dilemma 72% der befragten Manager geben an, Entscheidungen zu verschieben oder gar nicht zu treffen, weil sie von Daten und Fakten überfordert sind. Also weil zu viel Infos da sind in dem Moment. 73% sagen, mangelndes Vertrauen in die Daten hält sie von Entscheidungen ab. Und 85% leiden unter Stresssituationen beim Entscheiden, was sich eben auch auf die Qualität der Entscheidungen durchsetzt. Auch da gibt es noch andere Studien, die sagen, genau dadurch werden diese Unsicherheiten und Verzögerungen ausgelöst, weil man nicht mehr diese Sicherheit verspürt und man lässt dann lieber laufen und trifft keine Entscheidung, als hinterher für eine Entscheidung, die man getroffen hat, verantwortlich gemacht zu werden. Und das ist natürlich ein Maximum-Risk im Grunde genommen.

Joël Kaczmarek: Hast du vielleicht mal ein Fallbeispiel? Also ich finde so von den Ursachen her ist es total nachvollziehbar und es ist aber immer schön, das dann mal mit so einer konkreten Firma oder einer konkreten Branche zu belegen.

Stefan Lammers: Also wir hatten das mal bei einem Unternehmen das sich in einer großen Krise befunden hat. Ich habe verhärtete Fronten intern, weil die eben unterschiedliche Informationsstände hatten, unterschiedliche Ansichten hatten, was jetzt die richtigen Entscheidungen sind. Und am Ende gab es halt so viele Fakten unterschiedlicherweise, dass am Ende des Meetings immer Stillstand war und es wurde keine echte Entscheidung getroffen. weil es nicht klar war, welche Richtung ist jetzt am Ende richtig. Und das ist natürlich für das Führungsteam total schwierig und für den Vorstand am Ende auch. Weil wenn das Führungsteam diese Entscheidung nicht mehr treffen kann, dann ist an irgendeiner Stelle möglicherweise der Vorstand gefragt. Also wenn das zu lange andauert, bestenfalls kriegt man das Führungsteam selber in die Verantwortung wieder rein. So und an dem Punkt wurden wir jetzt beispielsweise hinzugezogen. Wir haben da nicht irgendwie Folien oder Analysen oder was auch immer reingestellt, sondern wir haben einfach gefragt, wenn heute ein Kunden vor Ihnen stünde, was sind denn die Sachen, die Sie ihm zusagen, die Sie liefern können? Und Sie dürfen sich dabei nicht ansehen, wenn Sie Ihre Antwort geben. Und dann war die Antwort letztendlich, das Projekt muss geliefert werden, auch wenn wir eben Abstriche machen müssen. Wir können möglicherweise die Qualität nicht liefern oder nicht in der Geschwindigkeit, aber der Kunden muss es haben. So, und das war letztendlich dieses Fokussieren auf, worum geht es hier eigentlich wirklich in diesem Moment? Was ist eigentlich das, auf was wir achten müssen? Also dieser Fokus auf den Kunden hat dazu geführt, dass nicht mehr sozusagen diese Informationen, die alle da waren, im Vordergrund standen, sondern es gab wieder eine Fokussierung auf das Thema, um das es dann in diesem Moment geht. Wir haben dann hinterher einen Workshop mit dem Vorstand entsprechend gemacht und sind dann rausgegangen mit drei perfekten Schritten. Kundennutzen vor Perfektionismus, Transparenz über interne Hürden und schnelle Etappenlieferung statt Endlösung. Also drei verschiedene Kernthemen. die jetzt in die Organisation reingegeben werden konnten. Und damit waren auch die Führungskräfte und die Organisation wieder handlungsfähig und wurde die Blockade aufgelöst. Und sie konnten sich dann eben auch wieder selber darauf verpflichten, diese Dinge dann zu erreichen. Das heißt also, manchmal ist es eben total hilfreich, von extern jemanden reinzunehmen, weil man selber so verstrickt ist schon, auch in den Argumenten, um wieder auf den Kern zu kommen. Und das hat hier auch eben das Projekt am Ende stabilisiert und hat auch zum Erfolg geführt für sie.

Joël Kaczmarek: Also wir können ja auf die drei Dinge gleich nochmal detaillierter eingehen, was mir da vorher noch so in den Kopf kam war. Ist in so einer Situation manchmal besser, irgendeine Entscheidung zu treffen, als gar keine? Weil wenn es die falsche war, kann ich ja schnell sozusagen meine Falsifikation bemerken und sozusagen wieder darauf reagieren. Aber wenn ich gar nichts mache, dann wird es ja sozusagen immer schlimmer und ich komme irgendwann, habe dann gar nicht mehr den Reaktionsraum oder ist das eine Milchmädchenrechnung, die ich da gerade im Kopf aufmache?

Stefan Lammers: Nein, am Ende, ich meine, es gibt ja verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten, die du hast und einer ist am Ende sogar tatsächlich der Münzwurf. Also ich hatte gerade gestern so eine Münzwurfsituation hier, die hört sich jetzt banal an, wenn du die jetzt hier hörst, aber es ging darum, übernachtet mein Sohn bei seinem Freund oder sein Freund bei meinem Sohn. Und dann hatte ich den Freund am Telefon und meinen Sohn da stehen und dann hat der Freund gesagt, mir ist das völlig egal. Und mein Sohn sagt, mir ist das völlig egal. So, und das ging eine ganze Zeit hin und her und dann habe ich irgendwann gesagt, pass auf, wir machen jetzt einen Münzwurf und das passiert. Und dann habe ich die Münze geworfen, war zahl und dann, mein Sohn übernachtet jetzt bei dem Freund. Beide waren total erleichtert, dass jetzt auf einmal dieses Dilemma rausgezogen ist. Und tatsächlich habe ich diese Münzwurfgeschichte auch schon öfter in Unternehmen gebracht. Wenn du wirklich zwei Alternativen hast, die beide gut sind, wo du dich nicht entscheiden kannst und manchmal verhakt man sich da einfach in der Diskussion, ist das ein durchaus probates Mittel, das zu tun.

Joël Kaczmarek: So und jetzt... Gehen wir nochmal durch. Also wir haben über Ursachen gesprochen. Dann haben wir daraus abgeleitet, warum Führungskräfte oft so spät reagieren, das so verzögern und es alleine machen. Dann hatten wir dieses Fallbeispiel. Die Anleitung, die du gerade im Fallbeispiel gegeben hast, also Kunden Transparenz und schnelle Etappen.

Stefan Lammers: Das war jetzt das Ergebnis. Die Frage war ja nur jetzt aus der Sicht des Kunden mal zu denken, was heißt das für einen Kunden. Das war der ursprüngliche Impuls.

Joël Kaczmarek: Ist das auch so die Anleitung, die du insgesamt auf der Meta-Ebene gibst, um Entscheidungsverzögerungen zu vermeiden? Oder gibt es auch noch weitere Aspekte, wo du sagst, das und das ist besonders wichtig? Wie mache ich es stattdessen, ist ja im Prinzip die Frage, die dahinter steht.

Stefan Lammers: Stattdessen sollte ich als Führungskräfte mehr ein Bewusstsein dafür haben und das anzuerkennen, dass es eine schwierige Situation ist. Sich selbst auch zu sagen, okay, ich muss das nicht alleine machen. Das ist okay, dass ich da gerade unklar bin. Dann kann ich das ja in größeren Rahmen setzen, eben entweder intern und das ist ja ein Stück weit agiler, als wir das normalerweise machen. Wobei man eben sagen muss, dass auch da Studien und Erfahrungen zeigen, dass du in Krisensituationen immer autoritärer führst. Also geht man weg in der Regel von der Agilität, was eben ein großer Hemmschuh für Kreativität ist und für andere Ideen. Natürlich auch die Fehlerkultur für uns auf einmal keine Rolle mehr spielt, weil wir sichere Entscheidungen treffen wollen. Und das sind eben im Umkehrschluss, wenn ich das sage, sind das genau die Dinge, die man weitermachen sollte. Also diese Bereitschaft für Fehlerkultur in einem konstruktiven Dissens, wie wir das eben sagen, diese Dinge auch zu diskutieren. Und dafür ist aber eben die Selbstreflexion und Selbststeuerung total wichtig und diese Bereitschaft zu haben, damit rauszugehen, dass ich im Moment vielleicht keine Antwort habe.

Joël Kaczmarek: Das wollte ich dich gerade gefragt haben. Also es gibt ja irgendwie immer so diese Wahrnehmung. Ich empfinde es immer so, vielleicht ist es auch so ein bisschen so ein Hollywood geprägtes Bild, aber dass Krise okay ist, solange man einen Plan hat. Also in der Krise schart sich alles immer um den Anführer. Dann schauen immer alle nach einem hoch. Wie kriege ich das denn aber vermittelt, dass wenn jetzt Krise ist und alle Angst haben und dich angucken und du sagst, Leute, ich weiß auch nicht, wie es geht. Die Informationslage ist vielfältig, der Markt ist problematisch. Ich habe Hypothesen, lasst uns die mal gemeinsam diskutieren. Das ist ja eine relativ schwierige Botschaft.

Stefan Lammers: Ja, da bin ich total dabei und das ist auch so nicht gemeint, wie ich das gerade sage. Also ich stelle mich jetzt nicht als Firmenchef nach oben und sage meiner Firma, ich weiß nicht, ich habe keinen Plan und ich weiß nicht, wie es weitergeht. Deswegen sage ich, man muss schon wissen, was ist meine Community, mit der ich mich mit solchen Dingen auch auseinandersetzen kann oder eben mit externen Beratern oder was auch immer, die man einfach dazu zieht, um diese Dinge zu diskutieren. Aber auch durchaus eben mit der eigenen Community. Nur die Frage ist, wenn man das in der eigenen Community macht, wie schafft man das dann eben auch? dieses Thema zum Thema zu machen, dass alle, die da drin sitzen, auch diese Bereitschaft haben, ehrlich und offen ihre Meinung zu sagen. Das ist gar nicht so einfach, weil es denen ja teilweise ähnlich geht. Sie warten ja in der Krise auch darauf, was der Chef jetzt sagt und man muss ja aufpassen, dass die Leute einem jetzt nicht nach dem Mund reden. Wir erwarten, dass unser Chef so und so denkt und dann sage ich ihm jetzt auch das, was er gerade hören will, sondern dass ich da eben gerade diese Kultur habe und diese Offenheit habe, auch konstruktiv Dissens zu leben, um eben die beste Idee nach vorne zu schieben. Das ist halt was, was von der Führungskräfte dann in dem Moment ausgehen muss, indem sie beispielsweise über sich selbst auch so ein bisschen Selbstoffenbarung macht, sage ich jetzt mal, also in diesem vertrauensvollen Gremium, nicht in der ganzen Firma, dass man selber gerade ratlos ist und dass man da noch keine Antwort drauf hat und dass man sich eben mit den anderen beraten möchte darüber, was jetzt gute Schritte sind.

Joël Kaczmarek: Und jetzt hast du ja eben beschrieben, dass irgendwie die Dominanz zunimmt und die Fehlerbereitschaft ab. Das waren Reflexion die du beschrieben hast, aber es war sozusagen genau das Falsche, was man macht. Habe ich das richtig verstanden?

Stefan Lammers: Also es steht im Grunde genommen Reflexion versus Reflexion. Reflexion bedeutet, ich bin mir meiner Lage bewusst, aus der heraus ich gerade Entscheidungen oder Nichtentscheidungen treffe und überlege mir, wie ich jetzt aus dieser Situation rauskomme und Reflexion ist, ich muss handeln und jetzt fange ich an, irgendetwas zu entscheiden und irgendetwas vorzugeben, damit man zeigen kann, dass man noch der Herr des Handelns ist.

Joël Kaczmarek: Aber sag mal, welche Karriererisiken liegen in diesem Vorgehen? Genau wie du es gerade beschrieben hast, auch wenn jetzt der Zirkel ein bisschen kleiner ist, will ja keiner irgendwie ahnungslos dastehen. Und Fehler zu machen, wenn die Joël Kaczmarek eh schon am Dampfen ist, ist ja auch irgendwie undankbar. Also wie kann ich sowas denn mitigieren?

Stefan Lammers: Also du kannst es eben, indem du weißt, dass du, deswegen sage ich Community-Building mit Leuten, die auch unterschiedlich denken, aber wo auch ein hohes Vertrauen ist, ist das eine aus meiner Sicht. Das andere ist halt das Thema der externen Berater. Wo ich eben dieses Thema nicht habe, da habe ich eine Vertraulichkeitenruhe und kann eben diese Dinge offen diskutieren und kann daraus überlegen, wie ich da wieder rauskomme. Daraus entsteht ja eine Energie und mit dieser Energie kann ich jetzt auf einmal ganz anders losgehen und ich kriege dann aber auf einer anderen Ebene nochmal ein Selbstbewusstsein, um dann auch wieder gute Entscheidungen zu treffen. Aber erleben tun wir meistens eben tatsächlich, die große Masse zieht sich zurück und vereinzelt sich und versucht das selber zu lösen.

Joël Kaczmarek: Und jetzt sag mal... Die Coaches, ihr Berater, die Sparringspartner, die haben ja alle mal diesen Kacksatz, Führung beginnt mit Selbstführung. Ich habe so einen Verdacht, dass das, worüber wir hier reden, auch ein großes Selbstführungsthema ist. Kann das sein?

Stefan Lammers: Das ist ein großes Selbstführungsthema und wenn man es gewohnt ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen und wenn man es gewohnt ist, dass die Menschen immer zu einem aufschauen, halt einfach extrem herausfordernd, da auf einmal das für sich bewusst wahrzunehmen. dass man da gerade in einer falschen Ebene unterwegs ist. Also wir machen das ja beispielsweise auch, wenn wir Persönlichkeitstests haben. Persönlichkeitsdiagnostik ist oftmals ein Teil von C-Level-Begleitung und von Führungskräfte. Arbeiten wir mit einem System, was beispielsweise die sogenannten Derailer anguckt. Also was sind die Entgleisungstendenzen, wenn ich unter Druck komme. Und genau sowas ist eben total super. Dadurch bist du ja schon aware für das, was da möglicherweise in so einer Situation läuft. Und wir dann eben auch teilweise mit den Kunden zusammen eine Art Rezept. Buch schreiben, wie gehe ich denn damit um, wenn ich in so eine Situation komme. Und da kann ich reingucken, das hilft mir dann in so einer Situation einfach bewusster damit umzugehen, als jetzt plötzlich da reinzufallen und zu sagen, ich bin hilflos. Aber ich kann nicht um Hilfe fragen, weil dann ist mein Selbstbild kaputt. Deswegen Punkt Nummer eins, aus meiner Sicht ist es wichtig für Führungskräfte über ihre eigenen Derailer und über ihre eigenen Präferenzen gut Bescheid zu wissen, damit sie sich eben in solchen Situationen gut steuern können.

Joël Kaczmarek: Hast du vielleicht zum Abschluss noch so ein paar Quick-Wins für Entscheidungsbeschleunigung? Also wenn wir jetzt grob verstanden, was die Architektur ist, warum man verlangsamt wird, aber was kann man so ganz schnell tun, um da wieder in Geschwindigkeit zu kommen?

Stefan Lammers: Tatsächlich ist einmal so das Thema Analyse von aktuellen Engpässen und Abläufen, also dass man da nochmal drauf guckt. Impact-Effort-Matrix, dass man potenzielle Maßnahmen danach sortiert, wie schnell und einfach ist irgendetwas umsetzbar, was hält uns da möglicherweise zurück, wo haben wir einen großen positiven Einfluss, der dann auch wieder Energie in die Organisation reinbringt und auch Kriterien festzulegen, was sind für uns Quick-Wins, wie machen wir die eben sichtbar. Stakeholder mit einbeziehen, vielleicht auch Stakeholder an manchen Ecken mit einbeziehen. und Ergebnisse sofort messbar machen. Also es geht viel darum, Energie in die Organisation zu geben, weil die Gefahr besteht immer, dass in so Stillstandssituationen sich sowas wie eine lähmende Depression in der Organisation ausbreitet und viele auch nur noch auf Sicherheit sind. Also das kennen bestimmt viele, die jetzt gerade zuhören. Da ist, glaube ich, keiner vorgefeit, dass man an mancher Ecke im Leben manchmal lieber nicht reagiert, bevor man Fehler macht. Das ist fatal, was das am Ende an Kosten produziert in einer Organisation. Und diese Dinge gehen halt von der Stimmung, die von oben gemacht wird, aus und die Haltung, die zu beispielsweise einer herausfordernden Situation in der Organisation geschaffen wird. Deswegen ist das eben eine ganz, ganz hohe Verantwortung für die Führungskräfte. Und deswegen ist es auch so wichtig, in solchen Situationen über sich selbst Bescheid zu wissen, sich selbst steuern zu können oder gegebenenfalls sich eben auch die Unterstützung zu holen, um das gut zu tun. Das ist bares Geld, was man da spart.

Joël Kaczmarek: Ist das eigentlich auch ein Kulturding? Ist das was Deutsches? Also wir tun uns ja in Deutschland mittlerweile sehr schwer mit Wandel. Da mögen manchmal unsere ganzen Prozesse und Regularien eine Rolle spielen. Vielleicht auch mal unsere Sättigung. Aber vielleicht ist es ja auch ein Fehlglaub. Also du hast ja auch irgendwie in China schon einiges gesehen. Wie ist es in anderen Ländern?

Stefan Lammers: In anderen Ländern ist es ganz, also es ist ganz anders, will ich nicht sagen. Aber in der Regel ist es sehr anders. Das ist das, was mich auch immer in China sehr fasziniert hat. Ich habe immer früher, wenn ich in China war, immer gesagt, wenn ich aus dem Flieger aussteige, in dem Moment ist für mich eine andere Welt, ist auch ein anderes Denken für mich selber, weil einfach nur nach vorne geguckt wird. Und das haben wir in Amerika im Grunde genommen auch, dass eben sofort geguckt wird, was mache ich mit dieser entsprechenden Situation und wo ist da mein Platz drin und wie können wir darauf reagieren. Und da sind wir hier natürlich ganz anders unterwegs und jetzt muss man sagen, dass es im Moment auch eine Situation ist, generell, die wir so noch nicht gehabt haben. Also wir haben ja nicht nur eine Situation. Wo es wirtschaftlich nicht läuft, die haben wir schon mal eher gehabt. Da waren wir uns aber immer sicher, wie es weitergeht. Aber wir haben eine unberechenbare Weltsituation, die wir nicht einordnen können, was das für uns bedeutet. Sowohl, ob das jetzt der Krieg ist in der Ukraine oder ich sage der Krieg in Europa mit meinen Worten, weil der betrifft uns auch. Dann haben wir Amerika, wo wir nicht wissen, wo die Reise hingeht und was sich da gerade verändert und welche Bedeutung wir da noch haben. Wir haben Spieler im arabischen Raum, die unfassbar viel Geld haben und in alle möglichen Bereiche reingehen, die das ganz geschickt machen über den Bereich Sport und ähnliche Sachen. Und wir haben China, die massiv nach vorne sind und die BRICS-Staaten, die zusammenhalten. Also die Welt verändert sich gerade massiv und wir müssen da unseren Platz finden. Und das ist keine einfache Geschichte, weil wir aus einer sehr guten Situation, wenn nicht sogar verwöhnten Situation gerade kommen. Und die kriegt auf einmal einen direkten Impact für jeden Einzelnen und das haben wir vorher nicht gehabt. Der Impact ist nicht nur auf meinen Arbeitsplatz, wie das vielleicht früher war. Ein Arbeitsplatz ist gefährdet und dann kann ich möglicherweise woanders hingehen. Ich merke an vielen Dingen, die sich gerade verändern, Inflation und ähnliches, Dinge, die teurer werden. Man sieht es, dass die Leute nicht mehr so viel essen gehen oder wenn sie essen gehen, bestellen sie halt nur noch ein Wasser und feiern nicht mehr und so weiter. Also es verändert sich brutal viel in unserer als selbstverständlich angenommenen Lebensgewohnheit.

Joël Kaczmarek: Gut, vielen Dank dir. Ich drücke dir ganz dick die Daumen für deine Entscheidung und freue mich aufs nächste Mal.

Stefan Lammers: Geht mir genauso für dich, aber das weiß ich ja bei dir, dass du immer gute Entscheidungen triffst.

Joël Kaczmarek: Naja, geht schon.

Stefan Lammers: Doch.

Intro & Outro Speaker: Schön. Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kollegen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.