Beducated 💖 : Wie funktioniert das "Netflix für Sexual Education"?

19. April 2022, mit Joel Kaczmarek

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Intro: Digital Kompakt. Heute aus dem Bereich digitales Unternehmertum mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute wird es mal richtig interessant. Ich spreche nämlich mit einem Gründer über ein spannendes Unternehmen, das den schönen Namen Beducated trägt. Also Beducated wie das Bed auf Englisch und Educated, also gebildet. Sie sagen auch selber von sich, sie machen Education for the Bedroom. Das heißt, educated ist so etwas, das ist ein inoffizieller Name, aber wird ja eigentlich immer nicht gern mit anderen Plattformen verglichen. Aber man könnte sagen, es ist so eine Art Netflix für Sexual Education. Also es geht viel um Sexual Health und Happiness. Und ich entschuldige mich bei all euch Hörerinnen und Hörern schon mal vorneweg, wir werden heute viele englischsprachige Begriffe nutzen, weil der liebe Philipp Steinweber, der heute mit mir spricht, nämlich sehr viel international unterwegs ist. Seine Firma ist englischsprachig und deswegen ist es so per Natur ein bisschen, dass er viele Sexbegriffe, die wir heute haben, werden einfach auf Englisch kennt. So, aber that being said, also Philipp hat mit seiner Frau, die den Künstlernamen Mariah Freier trägt, eine, wie gesagt, spannende Plattform gebaut, wo es darum geht, sich sexuell weiterzubilden anhand von Videos. Und ich habe die mir auch angeguckt und mich fortgebildet, das Vergnügen meines Jobs. Und ich finde heute mal ganz spannend, mit ihm darüber zu sprechen, wie ist es eigentlich entstanden und was ist das Geschäftsmodell dahinter. Aber wir werden, glaube ich, auch mal ganz viel über die Stigmatisierung von sexuell orientierten Geschäftsmodellen sprechen. Weil wer sich ein bisschen mit der Auszeit auseinandersetzt, der weiß, Marketing schwierig, Kapitalbeschaffung schwierig. Also muss an vielen Ecken aufpassen, was man sagt, wie man es sagt, was man es macht. Und deswegen bin ich total neugierig, mal heute von ihm aus erster Hand zu hören, wie das so läuft bei Educated. Also, lieber Philipp, moin, schön, dass du da bist.

Philipp Steinweber: Hi, freut mich. Danke für die Einladung.

Joel Kaczmarek: Fangen wir mal vielleicht ganz basic an, mal zu erzählen. Jemand, der euer Produkt noch nie gesehen hat, der jetzt zum ersten Mal hört, wow, Educate, was ist denn das? Jetzt geht hier die Tantra nochmal bei Joel los. Was genau seid ihr? Was macht ihr? Wenn ich auf eure Seite komme, wie sieht das Angebot aus?

Philipp Steinweber: Also du hast es ja schon angeteasert mit dem Netflix-Vergleich. Den benutze ich eigentlich auch immer ganz gern, um es zu erklären. Denn da ist schon mal klar, wir haben eine Subscription, also man kauft sich einen Zugang zu unserer App. Und sobald man den Zugang hat, hat man Zugriff auf eine ganze Bibliothek von Bildungsinhalten zum Thema Sexual Health und Happiness. Sprich, da kann man so ziemlich alles anschauen, alleine oder mit einer Partnerin, zwischen sinnlicher Massage, kinkigeren Themen. sexuelle Gesundheit. Das ist so das Spannungsfeld und die Idee ist, dass man sich alleine oder als Paar da abends davor sitzt, statt Netflix vielleicht mal Batucated aufmacht, Zugriff zu dieser Bibliothek hat und dann gemeinsam auswählt, was man angucken will. Ganz oft kommt es da ja schon auch zu den ersten Aha-Effekten in der Beziehung, wenn man diskutiert, nicht welche Fernsehserie man sich anschaut, sondern welchen Bildungsinhalt zum Thema Sex. Da kommen ja schon die ersten Gespräche über bisher im Verborgenen gelegene Fantasien oder Interessen hervor.

Joel Kaczmarek: Was kostet so ein Abo im Monat?

Philipp Steinweber: Ehrlich gesagt testen wir gerade ziemlich in den Preisen rum. Ich sage mal ab 100 Dollar pro Jahr ungefähr, wenn es einen Discount gibt. Wir sind noch ein bisschen höherpreisiger als jetzt die klassischen Consumer Subscriptions. Das Monatsabo kostet um die 40 Dollar, wenn man es monatlich abschließt. Und oft gibt es einen signifikanten Discount auf das Jahresabo, wenn man ein bisschen wartet.

Joel Kaczmarek: Also ich kann ja auch mal vorlesen von eurer Webseite, was ihr hier so für Themen habt. Sensual Massage, BDSM und King, Tantra und Sacred Sexuality, Menstrual Health, LGBTQ+, Solosex, Dating, Sexual Healing, Oral and Kissing, Ejaculation Control, Striptease und ich glaube, ich habe noch vergessen, Relationships und Communications. Also man merkt, wirklich relativ breit. Also als ich mir euch das erste Mal so vor ungefähr zwei Jahren angeguckt habe, war relativ viel so in die Richtung Tantra. Also da ging es dann irgendwie immer mit Yoni und Lingam irgendwie zur Sache. Und jetzt seid ihr sogar richtig noch breit expandiert. Also ich finde sowas wie Relationship und Communication zum Beispiel zu sagen, man geht auch irgendwie in den Kommunikationsteil von Beziehungen oder die LGBTQ-Plus-Ecke. Da habt ihr ganz spannende Erweiterungen aufgemacht. Es ist jetzt so, dass man vor allem sich selbst bildet, also Netflix ist ja wirklich gucken und Videos oder geht ihr auch hin und bietet zum Beispiel so One-on-One-Sessions mit Coaches oder sowas an, weil, können wir ja gleich mal zusprechen, ich finde, wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt, man kommt relativ schnell an den Punkt, dass man irgendwie so Verständnislücken hat.

Philipp Steinweber: Haben wir im Moment nicht im Angebot. Das haben wir schon zwei, dreimal tatsächlich probiert. Wir haben aber immer wieder festgestellt, dass unsere UserInnen in ihrem eigenen Tempo und in ihrem eigenen Safe Space eigentlich konsumieren, wo wir das digitale Pendant dazu sind. Diese physischen Offline-Workshops. Bei Baducated findet man halt auch den Workshop zu japanischen Fesseltechniken, für den man funktioniert. früher in einen Berliner BDSM-Keller gehen hätte müssen oder einen Tantra-Kurs, für den man auf Bali hätte fliegen sollen. In der Online-Welt bieten wir halt diesen Safe Space, dass es zu keinen übergriffigen Situationen kommt, dass es, wenn es unkomfortabel wird, kann man einfach das Tab schließen und findet sich nicht plötzlich halbnackt gefesselt auf dem Kopf herumschwebend in irgendeinem Keller. Diese Freiheit und Unabhängigkeit und Sicherheit schätzen unsere User und UserInnen da sehr stark. Deswegen wurden diese Coachings eigentlich nie sonderlich stark angenommen. Es gibt diese Coaching-Produkte viel, aber die Leute, die sich für educated entscheiden, haben das bisher nicht so nachgefragt.

Joel Kaczmarek: Okay, weil ich hätte so gedacht, dass in Zeiten von Corona, wo ja alle gelernt haben, wie irgendwie Zoom, Google Meet und Co. funktionieren, das eigentlich so eine niedrig hängende Frucht wäre oder so eine logische Erweiterung, dass man sagt, okay, du hast dir jetzt hier irgendwie den Kurs Ejaculation Control angeguckt oder männlicher Multiorgasmus. Wenn du aber noch nicht checkst, welcher Muskel ist oben und unten und wie geht das zusammen, kannst du dir hier für 100 Dollar eine Stunde bei irgendwie Michael buchen, Tantra-Profi aus den USA oder sowas. Und hast dann deine Zoom-Session, fragst ihm drei Fragen und wächst wieder raus, weil ich habe mir so ein Video gleich auch mal angeguckt und dann geht es halt so los mit, du musst jetzt diesen Muskel anspannen und wenn du den nicht findest, dann schießt du ja manchmal wie im Wald, wie Affe, der ins Uhrwerk guckt. Aber wird gar nicht nachgefragt bei euch.

Philipp Steinweber: Wie gesagt, den Gedanken hatten wir auch schon ein paar Mal, dass das super sinnvoll wäre. Wir haben es auch schon angeboten, es wurde einfach zu wenig nachgefragt bisher. Das heißt nicht, dass wir es nicht nochmal vorsehen werden.

Joel Kaczmarek: Und kannst du mal den Leuten, die jetzt eure Plattform gerade mit dir irgendwie auditiv kennenlernen, beschreiben, was für Videos ihr dann eigentlich bringt? Also wie sieht es aus? Ist es so, wie man es im Schulunterricht aus der Biologie kennt mit irgendwelchen kryptischen Zeichnungen? Benutzt ihr da Obst und Gemüse? Geht es richtig zur Sache? Sieht man da Naked People? Also was muss ich mir darunter vorstellen?

Philipp Steinweber: Also wir haben da tatsächlich die ganze Bandbreite. Wir haben auch Obst und Gemüse manchmal drin. Wir schrecken nicht davor zurück, die Dinge so zu zeigen, wie sie die Lehrinhalte am besten transportieren. Und das ist ganz oft bei Techniken, die sich unterhalb der Gürtellinie im Genitalbereich abspielen. ist es sehr, sehr oft die beste Art, die Lehreinhalte zu transportieren, da genau drauf zu filmen. Und dann machen wir das auch, weil unsere Zielgruppe ist volljährig und will sich in dem Bereich weiterbilden. Deswegen haben wir da auch keine Angst oder Scham, die Sachen so zu zeigen, wie sie sind. Wir machen das jetzt aber auch nicht unnötig oft mit einem Augenzwinkern, eine Pornoplattform, die sich unter einem Education-Mantel verstecken will oder so, sondern Ja genau, haben da immer den Bildungsauftrag im Vordergrund. und was auch immer die Bildung am besten transportiert, so zeigen wir es. Ich muss dazu sagen, unser Business-Modell setzt sich auch aus zwei Bestandteilen zusammen. Wir haben die Educated Originals, die Kurse und Inhalte, die wir selber filmen. Und wir haben auch ein ganz großes Portfolio an zugekauften Inhalten, wo ich dann auch sagen muss, die nehmen wir auch ein Stück weit so, wie sie kommen. Das heißt, wir haben jetzt auch gar nicht immer ultimativ die Entscheidung darüber, wie die Lehrinhalte, wie wir sie transportieren würden. Sondern das liegt halt in der Verantwortung der jeweiligen Instructors, die wir auf unserer Plattform featuren.

Joel Kaczmarek: Ich fand ja immer ganz spannend, als ich mir euch angeguckt habe, dass es auch so kursbasiert teilweise ist und auch, ich finde es so schön simpel. Deswegen mag ich euren Dienst auch. Man hat halt rechts quasi den großen Bildinhalt und links immer so eine Seitenleiste, wo man wie so ein Kurssystem hatte, die unterschiedlichen Videos, die aufeinander aufbauen, hat dann abgestimmt. Abgehakt, was man schon gesehen hatte und kriegte immer noch so eine kleinen Shownotes dazu. Also mit hier nochmal drei, vier Bücher zum Nachlesen oder die wichtigsten Takeaways für dich zu merken. Das finde ich, habt ihr echt ganz schön gemacht und es wirkt relativ lean. Also ich weiß gar nicht, was habt ihr sonst so als Tech-Stack? Ihr seid wahrscheinlich relativ schlank aufgestellt, oder?

Philipp Steinweber: Das ist eine Mobile-First-Web-App. Wir haben keine Apps distribuiert über Mobile-App-Stores. Das ist einer der vielen Bereiche, wo wir Policy-Issues haben oder einfach das Thema nicht zu verwässern. Deswegen sind wir da quasi unabhängig von den großen Plattformen. Wir haben eine relativ straightforward Ad-Tech-Lösung. Was wir jetzt aber mehr und mehr machen, wir haben jetzt einfach, ich glaube, Stand heute 77 Kurse. Das funktioniert jetzt einfach nicht mehr, die in einer Liste anzuzeigen, wie wir es lange, zu lange wahrscheinlich gemacht haben. Sondern wir wollen natürlich die richtigen Inhalte dem richtigen Publikum zur richtigen Zeit vorsetzen. Das heißt, wir haben jetzt mehr und mehr so Onboarding, Surveys, einen Customized Feed, wie man ihn auch von Netflix wieder mal kennt. Dass man halt individualisiert von seinem momentanen Status Quo in eine Richtung laufen kann, zusammen mit Educated, in die man eben hin will.

Joel Kaczmarek: Und gib uns doch mal so ein Gefühl für eure Firma. Wie viele MitarbeiterInnen habt ihr denn eigentlich?

Philipp Steinweber: Knapp über 20. Remote first. Wir haben ein kleines Büro hier in München, aber die sind auch seit Corona eigentlich komplett über Europa verteilt, auch in den USA. Schwerpunkt Marketing. Wir machen sehr viel Man- und Women-Power-intensives Marketing wie Influencer und Podcasts und diese ganzen Kanäle, die so ein bisschen wie Sales-Pipelines auch funktionieren und deswegen sehr ressourcenintensiv sind. Aber haben auch ein Content-Team, ein Produkt-Team, ein Engineering-Team, wie man sich das eigentlich vorstellt.

Joel Kaczmarek: Und 80 Prozent Frauen?

Philipp Steinweber: Tatsächlich ja, ja. Wir haben ein Diversitätsproblem, aber dafür kein Gender Pay Gap. Wir schaffen es wirklich. Wir würden so gerne mehr Diversität in unserem Team haben, sprich mehr männliche Kollegen. Wir kriegen fast nur weibliche Bewerber.

Joel Kaczmarek: Und wie lange bleiben so Nutzer bei euch typischerweise? Weil ich habe mich so gefragt, wenn du jetzt sagst, ein Abo, 40 Dollar im Monat oder 100 Euro im Jahr, so roundabout, hast du ja gesagt. Gucken die sich so ein, zwei Monate die wichtigsten Techniken an und sind dann wieder weg? Oder haben die das so ein ganzes Jahr lang wie so ein Begleitprogramm im Schlafzimmer?

Philipp Steinweber: Also wir arbeiten sehr stark auf dieses zweite Szenario hin, wie jedes B2C-Subscription-Produkt. Wir haben auch in der Vergangenheit mal Einzelkurse verkauft. Wir wollen aber ein lebenslanger Begleiter durch verschiedene Phasen der Sexualität werden und bemühen uns sehr stark, dass die User bei uns bleiben. Funktioniert auch einigermaßen gut, also das Jahresabo verlängern über 50%. Was wir jetzt schon mal als Benchmark ganz gut finden und auch so, wenn man sich jetzt mit Meditations-Apps vergleicht und so, eher überdurchschnittlich. Das heißt, jetzt einfach durch die Skalierung auf der Angebotsseite, die wir auch in den letzten zwölf Monaten sehr stark hochgefahren haben. Wir haben uns jetzt von 15 auf 75 Kurse in zwölf Monaten.

Joel Kaczmarek: War Corona da eigentlich ein krasser Booster für euch?

Philipp Steinweber: Wird mehr Online-E-Learning konsumiert? Das hat uns definitiv einen Rückenwind gegeben. Es war jetzt aber für Beziehungen und Sexualität nicht die einfachste Zeit. Entgegen den PR-Stories, die man so aus der Sextoy-Industrie hört, dass da die Absätze scheinbar sehr, sehr hoch waren, glauben wir, dass Corona auf die Sexualität und auf unsere Intimität eher einen negativen Effekt hatte.

Joel Kaczmarek: Könnte ich mir vorstellen, dass du da recht hast. Gib mal so ein Gefühl, wie viele Nutzer, wenn du es sagen magst, benutzen euch mittlerweile schon? Also wie breit seid ihr verwaltet, auch in welchen Ländern?

Philipp Steinweber: Unser Produkt ist komplett englischsprachig. Wir sehen uns eigentlich als globale Company. Wir haben auch nicht jetzt totale Zielmärkte und richten unser Marketing genau in einer Kultur nur aus. Aber trotzdem kommen die meisten UserInnen aus den USA. 60, 70 Prozent. Sehr schnell wird da die Kreditkarte gezückt. Auch Subscription Tiredness gibt es da noch nicht so stark. Durchschnittsamerikaner gibt im Monat 130 Dollar für Subscription Services aus. In der Berechnung ist allerdings Cable TV mit drin, was auch schon 70, 80 Dollar oft ausmacht. Ja, sehr zahlungsbereite Kundschaft ist da und auch das Buy-in in Personal-Growth-Schienen sehr hoch. Also, dass man einen Coach hat, dass man eine App hat für Fitness, für Meditation, für Intimität und Beziehungen. Hoffentlich ist da eine sehr große Bereitschaft in den USA da, deswegen da der Schwerpunkt. Insgesamt haben wir eine fünfstellige Anzahl an zahlenden NutzerInnen. Relativ global, in über 110 Ländern gibt es educated Subscriber.

Joel Kaczmarek: Ja, krass. Aber in den USA ist es immer so komisch. Mein Lieblingsbeispiel war immer GTA. Ich weiß nicht, ob du so Zocker bist. Du konntest, glaube ich, auf gefühlte 50 unterschiedliche Weisen jemanden über den Haufen schießen und das ist überhaupt kein Thema. Aber als die dann mal so Prostituierte mit reingenommen haben ins Spiel, dann war der Aufschrei da. In Amerika kannst du, glaube ich, ein Repetiergewehr irgendwie im Supermarkt kaufen, aber die Pornohefte, da musst du vorher in den Hinterraum gehen und deinen Ausweis zeigen, so nach dem Motto. Also das ist schon ein bisschen rückig. Aber gut, lass mich da nochmal eine Sache wissen, bevor ich gleich auch mal mit dir eintauchen will, wie ihr eigentlich dazu gekommen seid. Was plant ihr denn so an Ausbauthemen? Also ist zum Beispiel denkbar, dass ihr eine Community baut? Das würde mir so als erster Gedanke kommen. Oder verkauft ihr auch Produkte? Also man könnte ja, ist ja der Weg zu, ich verkaufe dir irgendwie das Massageöl, ist ja relativ nah. Das ist jetzt natürlich wieder sehr lokal gedacht, aber was habt ihr denn also auf der Uhr?

Philipp Steinweber: Und ist ja auch sehr niedrigmarschig gedacht, so ein Massage.

Joel Kaczmarek: Ja, leider ja.

Philipp Steinweber: Das hält uns immer so ein bisschen von dem Produktthema ab. Aber natürlich wären wir eine ideale Discovery-based E-Commerce-Store. Wir wissen halt ganz genau, was unsere NutzerInnen potenziell konsumieren könnten und was auch als nächstes bei Ihnen vielleicht kommt auf dem Lernpfad. Testen schon immer wieder Richtung Coaching-Themen oder auch so Digital Therapy und machen eher so kleine User-Tests. Für uns gibt es auch noch sehr viel Tiefe und wir wollen eigentlich auch fokussiert bleiben auf Lehrinhalte digital vermitteln und da, was ich vorher schon kurz angesprochen habe, den besten Content der richtigen Person zum richtigen Zeitpunkt vorschlagen. Wir werden in Zukunft sehr viel mehr noch mit Shortform-Content experimentieren. Das ist einer der Hauptfeedbacks, die wir kriegen. Ja, ich finde das ja alles cool, aber ich habe halt nicht die Zeit dafür. Aber irgendwie haben die Leute dann doch Zeit, ihr TikTok zwischendurch mal kurz aufzumachen oder ein paar Instagram-Stories zu gucken.

Joel Kaczmarek: Aber ich meine, das ist ja wirklich Bullshit. Man hat keine Zeit, wenn du mal die Usage-Time von Instagram und Co. aufsummierst. Also das ist, glaube ich, unchristig. viel von daher. Aber trotzdem verstehe ich das.

Philipp Steinweber: Wir competen halt um die Aufmerksamkeit der UserInnen mit Netflix, Instagram, TikTok. Und wir wissen ja alle, wie erschreckend gut die darin sind, die Leute reinzuziehen. Ein bisschen was müssen wir uns abschauen oder zumindest die gleichen Patterns ein Stück weit befriedigen. Unser Content ist jetzt nicht so langweilig, wie ich es darstelle. Aber wenn man sich vorstellt, ein langweiliger Instructor redet fünf Stunden in so einem Zoom-Call-artigen Setting in die Kamera und hat keine Animationen, keine Slides, keine B-Rolls, die die Sachen zeigen. Damit erreichst du jetzt keine junge Zielgruppe mehr.

Joel Kaczmarek: Ja, aber ich meine, man unterschätzt ja immer, ich finde, wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt, man muss sich halt Zeit nehmen, ne? Und das ist ja so. dieses höher, schneller, weiter, was man irgendwie gefühlt sich so antrainiert hat, das funktioniert halt da gerade nicht, weil ich finde, man braucht halt viel Entspannung in dem Thema auch, ja? Aber ich finde ansonsten ganz interessant, dass du sagst, dass ihr so dieses Thema so Beratung, Coaching, also ich finde, da passt ja eigentlich auch so Paartherapie, Familientherapie mit rein, ja? Also das ist ja immer noch so stigmatisiert. Ich habe mal gelernt, der durchschnittliche Deutsche geht sieben Jahre zu spät zur Paartherapie und Paartherapie ist ja eigentlich Beziehungshygiene, ja? Entstehung des Ganzen würde mich noch interessieren. Wie kommt man dazu, sowas zu bauen? War das so, hey Schatz, lass uns unser Hobby zum Beruf machen. oder wie kamt ihr dazu?

Philipp Steinweber: Meine Excel-Tabelle sagt, wir machen jetzt was mit Sex. Nee, es kam schon aus einem eigenen Interesse raus und aus der Erkenntnis, dass wenn man an seiner Sexualität arbeitet und wir hatten einfach in unserem Leben mal eine Phase, in der wir gesagt haben, wow, okay, Sex, schön und gut, aber dann kann man das nicht auch noch schöner und besser machen. und haben uns halt selber alle möglichen Sachen angeschaut und waren in einem Abschnitt unseres Lebens, wo wir auch nach Bali fahren konnten und ein Tantra-Workshop machen und auch diese ganzen Erfahrungen machen konnten. Und die Leute, die wir dabei kennengelernt haben, da ist uns alles aufgefallen, dass die halt sehr empowered im Leben stehen. Und Sexualität und Beziehungen daran, bewusst und aktiv zu arbeiten, ist eigentlich so ein Pfeiler von Persönlichkeitsentwicklung. Das fanden wir sehr spannend weiterzugeben. Und die Mariah hat dann einfach angefangen, zu dem Thema einen Blog zu schreiben. 2014 oder so, ist schon acht Jahre her jetzt. Und hat dann auch 2015, 16 mal einen Podcast zu dem Thema gemacht. Da sind wir dann zu dem Schluss gekommen, Podcast ist nur für Techies. Timing is everything. Jetzt gibt es irgendwie 30 deutschsprachige Sex-Podcasts alleine. Das hat dann Fahrt aufgenommen, ihre Personal Brands. Sie hat dann da Anfragen gekriegt bezüglich Coaching und hat sich dann auch als Sexcoach weitergebildet. Ich war schon vorher Online-Marketer und habe mich mit Websites, digitalen Produkten und so weiter beschäftigt. Da haben wir halt einfach mal probiert, selber einen Online-Kurs zu machen. Das war ganz witzig. Der erste Kurs, den wir gemacht haben, da hat sie einfach eine Viertelstunde in die Kamera geredet. Wir haben das in fünf, drei Minuten Videos geschnitten. Nicht mal eine Demonstration mit einem Toy. Das war wirklich extrem MVP. Und wir haben gesagt, das können wir nicht verkaufen. Das können wir eigentlich nicht verkaufen. Ja. Ja, probieren wir es mal zu verkaufen. Haben es reingestellt und die Leute fanden es super und keiner hat eigentlich gesagt so, hey, ihr zeigt das ja gar nicht. Jetzt zeigen wir die Dinge natürlich und wir haben sehr gut produzierte Inhalte, das soll jetzt nicht rüberkommen. Das wäre das alles noch in so einem MVP-Stadium. Das hat dann mehr und mehr Interesse hervorgerufen und Eines Tages habe ich dann auch gesagt, lass uns das doch gemeinsam angehen und lass uns doch da ein Startup draus bauen. Wir wollten von da an eigentlich das dann in Richtung Plattform und uns nicht irgendwie als irgendwelche Gurus da hinstellen oder die Leute, die das jetzt alles komplett verstanden haben. Wir finden, das ist was, was total Sinn macht zu digitalisieren und eben in einen Browser-Tab oder aufs Handy zu bringen. Wir kreieren da einen Raum, wo das möglich ist, wo wir andere Instructor featuren, wo wir ein paar Inhalte auch selber machen. Wir haben dann auch Business Angels davon überzeugen können, obwohl wir jetzt keine Serial-Founder oder irgendwie Start-up-Vergangenheit hatten zu dem Zeitpunkt, die an uns glauben und bis heute an uns glauben. Und so sind wir jetzt da von Bootstrapped auch zu Funded, haben uns da in die Richtung entwickelt.

Joel Kaczmarek: Und jetzt mal kleiner Seitenarm, also ich will dich jetzt nicht zu deinem sexuellen Privatleben hier befragen, aber diese Tantra-Geschichte offline, wie muss ich mir die vorstellen? Weil ich habe immer so den Eindruck, Menschen, die sich damit beschäftigen, die sind auch immer so ein komischer Schlag. Das sind so Leute, die du dann auf Bali siehst mit Holzohrringen, mit so leicht struppigem, geflochtenen Haar. Die reden dann alle auch immer so ein bisschen entspannter und dann bist du ganz schnell bei Yoga und Meditation. Also es ist so ein bisschen ein sehr spezielles Völkchen. Wie lief das denn sonst ab? Also ist es sonst so, ich gehe da in so einen Raum rein, ich habe ja so eine Sex in the City-Folge mal gesehen, wo die alle vier so auf der Couch saßen und die eine guckte dazu, wie der andere wieder an irgendeinem Typen rumgefummelt wurde. Wie ist denn sonst sozusagen die Alternative zu euch, die Offline-Alternative?

Philipp Steinweber: Geht schon viel in diesem hippiesken Umfeld, aber das ist auch nur ein Teil davon. Es gibt ja auch das Ganze in einem urbanen Raum oder in einem, ich sage mal, zeitgenössischerem. Wie bei so vielen Sachen gibt es da ganz viele Facetten davon. Es gibt halt oft eine Facette, die ist die lauteste und die sichtbarste. Aber es gibt ja ganz tolle Praktiken, die da rausgenommen wurden, die in ein zeitgenössisches, non-sleazy, non-hippie Umfeld transportiert wurden. Aber unserer Meinung nach eben nicht genug und definitiv. Deswegen ist das halt auch unsere Mission, das da ein bisschen rauszuholen und auch schauen, dass es halt keine Übergrifflichkeiten gibt, was es ja auch in aller Art von Intim-Workshops immer wieder gibt und nicht in irgendwas Gurueskes abdriftet. Bei uns gibt es jetzt nicht einen Tantra-Workshop von einem Tantra-Guru, sondern es gibt irgendwie sieben verschiedene Kurse, wie man eine Vulva massieren kann. Und da gibt es halt mal aus dem Tantra-Angle, mal aus einem Conscious-Touch-Winkel, mal aus einem eher medizinischen Winkel. Diese eine Meinung zählt, so dieses Dogmatische, wollen wir einfach durch die Vielfalt erschlagen.

Joel Kaczmarek: Na gut, ich sehe schon, ich fülle dich mal beim Bier irgendwie ein bisschen ab und dann kommen mal die richtigen Storys raus. Lass uns mal über ein großes Thema reden, was bei euch, finde ich, wahrscheinlich sehr prädominant ist und das ist so die Stigmatisierung von Sextech. oder ich weiß gar nicht, ob ihr euch in das Sextech einordnet, aber ich sage mal alles, was Unternehmertum und Sexualität zu tun hat. Es gibt ja gefühlt einen Stempel, der heißt Porn. Wenn man sich mal mit auseinandersetzt, also auch solche Leute wie Amorelli mussten da, glaube ich, durch. Du kannst sehr schwierig werben nur. Bei irgendwie Diensten wie Facebook oder Google gibt es irgendwie große Blocker. Im App Store, wenn du da irgendwie die falschen Dinge tust, fliegst du sofort raus. Aber wahrscheinlich auch bei Investoren. Also du hast ja eben von deiner Business Angel-Runde erzählt und viele Fonds haben ja so Statuten, die sich auch auferlegen. Also man ist eigentlich an so vielen Stellen limitiert, wenn man etwas tut wie ihr, obwohl es jetzt gar nicht in den gleichen Bucket fällt wie irgendwie My Dirty Hobby oder Pornhub oder sowas, sondern es ist ja eigentlich was ganz anderes so. Wie seid ihr denn damit umgegangen? Wir können ja mal so die unterschiedlichen Verticals durchdeklinieren, also allein mal Marketing, wenn du sagst, du bist irgendwie Marketing-Profi gewesen und wolltest jetzt darauf werfen, wie hast du das denn gemacht?

Philipp Steinweber: Bis zu einem gewissen Grad verstehe ich es natürlich, dass diese ganzen Push-Plattformen, wo die Inhalte in den Feed reingepusht werden, dass man da die UserInnen natürlich nicht irgendwie unangenehm provozieren will, sondern die ganze Zeit in so einem Feel-Good-Environment halten will. Aber viele unserer Inhalte haben wir halt auch probiert, in diesem Feel-Good-Kontext zu präsentieren. Und es gibt ja auch Paar-Coaching, man kann es ja sehr vanilla auch darstellen. Aber ja, auch da müssen Hindernisse umschiffen oder fahren auch oft einfach volle Kanne dagegen. Es sind eigentlich marketingmäßig auf organischere Kanäle angewiesen. Ja, überall, wo man an diesen Plattformen eben so ein bisschen vorbei sich schleichen kann, wie jetzt Influencer-Marketing, SEO, Podcast-Sponsoring. Bin ein Stück weit natürlich auch frustriert und zynisch über die Jahre geworden mit diesem ganzen Werbethema, aber natürlich sind wir auch immer an konstruktiven Lösungen interessiert. und es gibt auch kleinere Plattformen, musst du vielleicht im Second-Tier-Performance-Marketing gucken, mit Leuten, mit denen man halt wirklich reden kann, dass man da Möglichkeiten findet, wo man den Traffic akquirieren kann, den man am Ende des Tages braucht.

Joel Kaczmarek: Funktioniert denn sowas wie Influencer zum Beispiel? Also als du vorhin hier so Sex-Podcasts gesagt hast, habe ich auch gedacht, hier so dieses Sexvergnügen oder das neue Sexvergnügen, wenn dann hier irgendwie so Layla Lowfire sagt, Leute, anstatt mir hier zuzuhören, könntet ihr selber machen und probiert doch mal Baducated aus. Ist das was, was für euch als Kanal denn funktioniert? oder ist es irgendwie, ich kann mir vorstellen, dass es relativ teuer ist, aber klappt das bei euch sonst?

Philipp Steinweber: Ja, wir würden halt eigentlich gerne auch in anderen Podcasts funktionieren. In Podcasts, die über Sex sind oder bei Influencern, die über Sex sprechen. Den Mainstream mit unserem Thema wollen wir im Endeffekt erreichen. Als Consumer Subscription Plattform, die sagt, wir sind für den Pfeiler der Persönlichkeitsentwicklung, Beziehungen und Intimität verantwortlich. Da muss man natürlich in Mainstream früher oder später. Wenn wir das Headspace für Sex werden wollen, dann reicht es nicht, wenn wir uns in der Sex-Positive-Bubble weiter bewegen.

Joel Kaczmarek: Ich sehe schon, ich werde dir mal hier digital kompakt Angebote machen müssen, dass du hier attraktive Geschäftsleute, die auf Reisen sind, für deine Inhalte begeisterst. Aber ansonsten, die andere Achse, die du angeschnitten hattest, das Thema Funding, also wie war das so, als ihr Kapital gesucht habt, war das da auch irgendwie schwierig?

Philipp Steinweber: Das ist eigentlich wie bei den Plattformen, da kann man Individuen überzeugen. Das funktioniert oft besser wie große Firmen mit gewissen Policies im Hintergrund und VVCs. Klar, die Business Angels wissen alle, dass Future Fundability nicht so einfach ist wie bei einem B2B-Software-as-a-Service-Startup. Aber gleichzeitig aufgrund von dem Underfundedness gibt es einfach noch gar keinen, den Global Player, der den Markt besetzt hat. Wir sehen ja schon eine gesamtgesellschaftliche Öffnung zu dem Thema, meiner Meinung nach. Das heißt, man muss einfach als Firma zu dem richtigen Zeitpunkt am Leben sein, sobald sich da die Öffnungen ergeben, sobald man da volle Kanne rein kann in den Mainstream. Und ehrlich gesagt, darauf warten wir noch. Das ist noch nicht passiert, aber wir sind am Leben.

Joel Kaczmarek: Braucht ihr denn eigentlich Kapital, mal blöde gefragt? Also kann man bei eurem Modell denn viel bewegen? Und glaubt ihr, dass das eins ist, was so ein Venture Case überhaupt darstellt?

Philipp Steinweber: Eine leichtere Form. Also wir brauchen schon Kapital. Wir werden auch dieses Jahr nochmal signifikanter Kapital reinnehmen, als wir es in der Vergangenheit gemacht haben. Einfach, um das Ganze halt auch auf maximal professionell zu machen. Und weil wir ein Subscription Business sind, das heißt, wir gehen immer auch ein Stück weit in Vorleistung, wenn wir unsere Kunden kaufen. und kriegen das halt über den Lifetime Value dann erst raus oder die Profitabilität auf den Unit Economics erst über den Lifetime Value hinweg. Kommt im Endeffekt alles auf die Marketingkosten an.

Joel Kaczmarek: Was mich mal abschließend interessieren würde, wie ist eigentlich so die Wettbewerbslage in eurem Segment? Also ich bin jetzt nicht so der Pantrasexual-Education-Guru da. Ist das sehr umkämpft? Kennt man sich und hilft sich? Wie muss man sich das da vorstellen?

Philipp Steinweber: Man hilft sich da gegenseitig, man kennt sich gegenseitig, aber gleichzeitig schon auch mit dem Bewusstsein, dass man nur einen kleinen Pivot voneinander entfernt ist. Aber man teilt natürlich diese Marketing-Challenge, die wir gerade angesprochen haben. Das heißt, wir schauen schon, dass wir uns auch ein Stück weit koordinieren. Ja, wir sind alle super winzig, deswegen in Anführungszeichen Lobbyarbeit zu machen, die Plattformen davon zu überzeugen, dass wir da auch mal werben dürfen oder halt ins Gespräch gehen gemeinsam mit diesen Plattformen, um Wege zu finden, wie wir da werben dürfen, ohne denen auf die Füße zu steigen oder die UserInnen zu stark zu provozieren.

Joel Kaczmarek: Ich habe so den Eindruck, dass sich da einiges tut. Also gerade, was du auch so beschrieben hast, Podcasts, die ein bisschen sexuell ausgerichtet sind, auch Frauen als Zielgruppe, Aufklärungsinhalte. Also da tut sich ja einiges. Darf man ja irgendwie hoffen, dass sich diese Kategorie irgendwie mal ein bisschen breitet und das Verständnis dessen und vielleicht auch noch einige nachzieht. Aber hey, für den Moment hat mir das sehr viel Spaß gemacht und wir sprechen uns bestimmt irgendwie nochmal wieder.

Philipp Steinweber: Das würde mich sehr freuen. Ich gebe gerne mal ein Update, wenn es was Neues zu sagen gibt.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. In diesem Sinne, danke dir.

Philipp Steinweber: Danke auch.

Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.