Momox, MyHammer, Wooga und Babbel in der Grown-Up-Runde

30. Oktober 2019, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Podcast von Digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute geht es um Größe und um Erfolg. Unser Thema heute lautet Grown-Ups, Erfolgsfaktoren für das Wachstum von Digitalunternehmen in der Gründermetropole Berlin. So ein langer Titel. Ich sage auch gerne Getting Big, Staying Big. Das ist so mein Mantra für heute. Und es ist eine ganz besondere Aufnahme, denn ich befinde mich nicht in unseren heiligen Hallen, sondern in einer richtig charmanten, schön schallgedämmten, danke dafür Heiner, Fabrikhalle, wo das schöne Unternehmen Momox sitzt, die mittlerweile wie alt geworden sind?

Heiner Kroke: 15. 15 stolze Jahre.

Joel Kaczmarek: So und aus diesem Anlass haben wir uns hier mal versammelt, gleich zu sechst. Großer Aufschlag für irgendwie große Themen und wollen darüber reden, was uns alles groß macht. Und vielleicht fangen wir mit einer kleinen kurzen Vorstellungsrunde an. Ladies first habe ich ja gelernt, deswegen mal zu meiner Linken.

Claudia Frese: Ja hallo, ich bin Claudia, ich bin Claudia Frese, ich bin die CEO von MyHammer.

Joel Kaczmarek: Schwingst du auch manchmal selber den Hammer? Bist du handwerklich begabt?

Claudia Frese: Nicht besonders.

Joel Kaczmarek: Passt ja zum Geschäft. Und ganz links außen, eigentlich ein Podcaster-Kollege, darf ich ja sagen, der liebe Tilo, hallo.

Tilo Bonow: Tilo Bonow, Gründer und CEO von Piabo PR.

Joel Kaczmarek: Was machst du selber für Podcasts? Erzähl doch mal einen Satz. Ich sehe dich immer fleißig Inhalte produzieren.

Tilo Bonow: Das heißt Business Class und da geht es natürlich um die führenden Köpfe der Digitalwirtschaft. Die ist ja unserem Herz sehr, sehr nah. Und da geht es natürlich darum, wirklich auch der Gesellschaft vor allen Dingen zu vermitteln, welche Veränderungen gerade stattfinden. Da ja viel Neues stattfindet und die Politik mehr und mehr auch unser Leben dort eingreift und reguliert, ist es natürlich wichtig, dass da draußen auch verstanden wird, was das alles bedeutet, was wir hier jeden Tag so fabrizieren, im B2B- und B2C-Bereich und welche neuen Trends und Technologien auf uns zukommen. Und so finde ich Podcast ein gutes Medium, das auch in die freie Öffentlichkeit zu transportieren.

Joel Kaczmarek: Das ist ja eine schöne Brücke zu uns hier, weil wir haben ja auch digitale Köpfe. Und jetzt machen wir mal rechts außen weiter. Da sitzt jemand, der mir potenziell dabei helfen könnte, meine Russischkenntnisse immer wieder aufzufrischen. Der gute Markus. Herzlich willkommen.

Markus Witte: Markus, bitte. Gründer und CEO von Babble.

Joel Kaczmarek: Und wie viele Sprachen sprichst du?

Markus Witte: Zwölf. Nein.

Joel Kaczmarek: Programmiersprache mitgerechnet, ne?

Markus Witte: Programmiersprache mitgerechnet.

Joel Kaczmarek: Sehr gut, sehr gut. Und daneben ein alter Bekannter. Wir haben uns ja schon irgendwie gefühlt ganz, ganz oft gesehen und ich war in deinem Büro schon mit Kanzlerin Merkel das letzte Mal, glaube ich. Lieber Jens, schön, dass du da bist. Sag doch auch ein paar Worte zu dir.

Jens Begemann: Ja, ich bin Jens Begemann, Mitgründer und CEO von WOOGA.

Joel Kaczmarek: Gut. Was macht WOOGA? für alle, die es noch nicht kennen?

Jens Begemann: Ja, WOOGA macht mobile Spiele und zwar nicht so für die klassische Gamer-Zielgruppe, sondern 80 Prozent unserer Nutzer sind Frauen, Durchschnittsalter ist 45 Jahre und die spielen unsere Spiele auf Tablets und Smartphones.

Joel Kaczmarek: Sehr schön. Und last but not least unser Gastgeber, der gerade schon mal ein paar Worte gesagt hat, aber jetzt mal ein paar mehr zu sich. Nicht nur zum Alter seiner Firma, sondern auch wer er ist und was er macht.

Heiner Kroke: Ich bin Heiner Kroke, CEO von Momox. Was macht Momox? Wir kaufen und verkaufen all die Dinge, die noch ein zweites Leben gebrauchen können.

Joel Kaczmarek: Ich habe gelernt, es heißt jetzt Pre-Love-Fashion, wenn man Klamotten sozusagen nochmal

Heiner Kroke: Ja, zum Beispiel.

Joel Kaczmarek: Ist bei euch alles Pre-Love?

Heiner Kroke: Es gibt auch Pre-Love-Books oder Pre-Love-CDs oder Pre-Love-Games.

Joel Kaczmarek: Aber reale Games, keine virtuellen vom Handy? Nee.

Jens Begemann: Die in der Schachtel?

Heiner Kroke: Die in der CD.

Jens Begemann: Ja, das haben wir nicht gemacht in unseren zehn Jahren WOOGA bisher. Alles war digital.

Joel Kaczmarek: Gut, lieber Heiner, da du heute so ein bisschen Gastgeber bist, was heißt nicht ein bisschen, du bist heute Gastgeber, Punkt. Was hat dich denn bewogen, über irgendwie Erfolgsfaktoren und Grown-Ups reden zu wollen? Ist das so ein bisschen, wenn man älter wird, dass man zurückblickt?

Heiner Kroke: Ja, genau. So kurz vor dem Sterbebett, ja, denkt man auch drüber nach, was man ein Also, Momox sind 15 Jahre geworden, habe ich eben gerade gesagt. Momox ist wahrscheinlich dadurch bekannt, dass wir manchmal nicht so bekannt sind. Definitiv haben wir noch nie irgendwie eingeladen zu einem Roundtable. Und so als Geburtstagsgeschenk haben wir uns gedacht, Mensch, wir könnten ja mal auch neue Sachen in die Richtung machen. und wir laden mal zu einem Roundtable ein. Berlin ist, glaube ich, immer mehr bekannt als eine Internet- und Startup-Metropole. Darüber vergisst man aber auch gerne, dass es Unternehmen gibt, die schon ein bisschen länger am Markt sind und auch sehr erfolgreich im Markt sind. Und genau darüber fanden wir, sollten wir mal sprechen.

Joel Kaczmarek: Genau. Ich fand das auch spannend, als du meintest, ich habe hier so ein Roundtable zu moderieren, kannst du das nicht machen? Da habe ich gleich gesagt, wer kommt denn da? Dann hast du gesagt, der und der und der und die und die und die. Und da habe ich mir genau gedacht, dass das eigentlich für viele spannend ist und vielleicht auch mal über Berlin hinaus. Also wir werden heute sicherlich ein paar Berlin-Faktoren sagen, aber mich freut auch, wenn man irgendwie in Detmold, in Wattenscheid oder wo auch immer das eine oder andere mitnimmt. Ich meine, es gibt ja auch kleine Orte, wo große Unternehmen, gerade Mittelständler, sitzen. Aber straight rein, du hast dir als Thema vorgegeben Erfolgsfaktoren für das Wachstum. So, wenn du mal zurückblickst auf Momox, 15 Jahre. Was würdest du denn sagen, waren so eure Hypothesen, mit denen ihr damals an den Start gegangen seid? Und was davon hat sich vielleicht auch bewahrheitet? oder was waren dann so die kritischen Faktoren?

Heiner Kroke: Also wenn man die Startup-Geschichte von Momox sich anschaut, dann unterscheidet die sich schon von vielen Startups, die man heute so kennt. Wir sind nicht mit dem großen Businessplan gestartet, sondern wir sind sozusagen innoviert. in unsere Gründung reingestolpert. Die Idee war, erstmal die eigene Familie über Wasser zu halten und mit dem Unternehmen zu finanzieren. Eigentlich auch ein schönes Ziel, ein profitables Unternehmen aufzubauen, mit dem man sich selber finanzieren kann. Das hat geklappt. Und wir haben aus dieser ursprünglichen Idee viel, viel mehr gemacht. Wir sind heute Ein Unternehmen, 1700 Mitarbeiter, letztes Jahr 200 Millionen Euro Umsatz, in der Tat profitabel. Ich glaube, wir konnten das erreichen, weil es drei wichtige Kundennutzen gibt, die uns so über den Weg von Momox begleitet haben und die heute aktueller sind denn je. Das ist einmal das Thema Nachhaltigkeit. Das ist das zweite, das Thema attraktive Produkte zu attraktiven Preisen. Und das dritte ist ganz einfach verkaufen.

Joel Kaczmarek: Was heißt ganz einfach verkaufen?

Heiner Kroke: Ganz viele von uns haben gebrauchte Dinge zu Hause, die man nicht mehr täglich braucht. Ganz viele von uns sammeln die dann irgendwo in der Ecke und sagen, das verkaufe ich jetzt mal. Irgendwann stellt man fest, das müsste ich mal verkaufen. Claudia und ich waren bei eBay, haben da auch fröhlich dann über eBay verkauft oder später ich auch bei eBay Kleinanzeigen oder bei Ricardo. Wenn man da arbeitet, dann macht man das auch und dann sagt man, Mensch, das ist ja viel einfacher, auf eBay Ricardo oder eBay Kleinanzeigen zu verkaufen, als auf den Flohmarkt zu gehen, das über irgendwelche anderen Kanäle zu machen. Das stimmt auch. Aber warum sammeln sich dann immer diese Haufen in Kellern oder in Arbeitszimmern, wie gerade jetzt bei mir auch wieder? Weil es eben doch kompliziert ist und wahnsinnig viel Zeit kostet, irgendwie so ein Buch über zum Beispiel eBay-Kleinerzeiten zu verkaufen. Bei Momox ist es viel einfacher. Nimmst du dir dein Handy, scannst mit unserer App den Barcode. Wir sagen dir, kaufen wir Oder kaufen wir nicht, sagen dir sofort den Preis, wir zahlen das Porto, du schickst das ein, bekommst dein Geld und damit ist das Thema für dich gegessen. Und das offensichtlich kommt doch bei vielen Kunden noch viel besser an, als dieses komplizierte Verkaufen auf Flohmarkt, Ebay-Kleinanzeigen oder über die Internetauktion.

Joel Kaczmarek: Gut, also ich merke, du bist Überzeugungstäter. Wenn du Ricardo, Ebay und dann noch Momox machst, dann stimmert ein Handelsmann in dir. Also ich versuche mal so Learnings abzuleiten. Also okay, Thema Nachhaltigkeit, was irgendwie für Umwelt tun, was der Gesellschaft auch wieder rückzahlt, Pricing und was du gerade gesagt hast, war ja eigentlich ein bisschen die klassische E-Commerce-Denke, auch Verfügbarkeit, Preis und vielleicht auch noch Service drumherum. Jetzt habt ihr ein sehr physisches Gut. Wie ist denn das bei dir, Jens? Du hast ja auch damals WOOGA gestartet, wenn ich mich richtig entsinne. WOOGA stand das für World of Gaming oder World of Games?

Jens Begemann: Genau, ganz genau, ja.

Joel Kaczmarek: Bei dir ist es dann ganz anders. Du verkaufst Zauberstäbe und Schwerter und die sind halt aber virtuell. Also du hast sozusagen

Jens Begemann: Ja, und heute virtuelle Dekorationen. Also unser erfolgreichstes Spiel heißt June's Journey und da ist einer der größten Erfolgsfaktoren, dass die Menschen ihre virtuelle Insel dekorieren und Dekorationen und Gegenstände kaufen. Ja, es ist alles sehr digital und nicht physisch und das funktioniert sehr gut, da wir die Einstiegshürden soweit gesenkt haben. Nicht nur WOOGA, das ist die ganze Spielebranche. Als wir angefangen haben vor elf Jahren, wenn du da spielen wolltest, dann bedeutet das normalerweise den Kauf einer Konsole, dann den Kauf eines Spiels von 50, 60 Euro, am besten noch einen zweiten Controller, der das gleiche kostet. Du hast mehrere hundert Euro investiert. Und wenn du davor noch nie ein Spiel gespielt hattest, dann brauchtest du auch erst mal mehrere Stunden, bis du überhaupt verstanden hast, wie das funktioniert mit den doppelt und dreifach belegten Tasten. Und das war unsere Vision schon damals, diese Einstiegshürde zu senken. Die Spiele sind kostenlos, zunächst damals auf Facebook, heute auch im Apple App Store und auf Google Play. Man lädt die kostenlos herunter und dann kannst du spielen. Und die meisten Spieler, ungefähr 90 Prozent der Spieler, geben auch nie Geld aus. Die ungefähr 10 Prozent, die Geld ausgeben, machen das dann freiwillig, entweder weil sie uns was Gutes tun wollen oder weil sie die Zusatzfunktionen, die sie damit kaufen können, wirklich wertschätzen.

Joel Kaczmarek: Aber das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Also das 10% deiner Nutzerschaft quasi eigentlich nur dein ganzes Auskommen erwirtschaftet, deinen ganzen Umsatz.

Jens Begemann: Ja, es ist schon so, dass wir auch Werbeanzeigen innerhalb der Spiele haben. Das haben wir auch vor einem Jahr schon mal gesagt. Das war ungefähr damals schon ungefähr ein Viertel des Umsatzes. Und das sind Werbevideos, die wir aber auch dem Nutzer nicht aufzwingen oder der Nutzerin. sondern die man sich anschauen kann und wenn man sich die anschaut, bekommt man eine Belohnung im Spiel. Das heißt, ich drücke auf den Knopf, ich möchte jetzt eine Werbeanzeige sehen, dann läuft die 30 Sekunden und dafür bekomme ich dann eine virtuelle Währung innerhalb des Spiels. Und ja, also es funktioniert über sehr große Nutzerzahlen.

Joel Kaczmarek: Und was waren deine Hypothesen, mit denen du damals in den Markt gegangen bist? Also eine haben wir gelernt, Barriers of Entry für den Nutzer senken, sonst baut man Barriers of Entry für die Konkurrenz auf, da mal für den Nutzer gesenkt. Mit was für einer Hypothese bist du in den Markt gegangen und hast gedacht, das kann funktionieren?

Jens Begemann: Ja, also unser ursprünglicher Plan von Ende 2008, also das ist jetzt elf Jahre her. Das Einzige, was sich bewahrheitet, war die Grundhypothese. Diese Grundhypothese, Spiele sind zwar schon ein großes Geschäft, aber sie sind in der Gesellschaft noch nicht wirklich weit verbreitet. Und wir haben gesagt, Spiele als Unterhaltungsform, jeder spielt gerne, das ist uns angeboren als Menschen. Wir wollen Spiele genauso weit verbreitet machen wie andere Formen von Unterhaltung, wie Musik, Video, wie andere Formen, die man kennt. Und die Hypothese, die hat sich bewahrheitet. Alles andere, alle anderen Annahmen damals waren falsch.

Joel Kaczmarek: Was ja bei dir auch spannend ist, finde ich, ihr seid eine Firma, die ist sehr schnell gewachsen, sehr erfolgreich gewesen, hat sehr viel Aufmerksamkeit gezogen. Ich erinnere mich noch, ich glaube, es war sehr richtig und sehr smart, sehr viel Geld investiert in ein schönes Büro und viel Mitarbeiterkultur. Dadurch sind viele Leute in eure Räume auch gekommen und haben irgendwie diesen Spirit quasi aufsaugen können. Das ist bei Games auch ein bisschen dankbar, kann man so eine Schön bunt. Ja, kann man schöne bunte Sachen an die Wände machen. Und dann kam ja aber so ein Moment, wo euer Erfolg, ich will gar nicht sagen, eine Delle gekriegt hat, aber wo sich der Markt eigentlich radikal gedreht hat, als dieses ganze Thema Facebook Gaming, Social Networks auf einmal auf Mobile ging und ihr euch komplett neu erfinden musstet. Wie habt ihr das eigentlich gemacht?

Jens Begemann: Ja, also das war schon auch mit unsere Schuld. Also wir haben den Wechsel von lokalen sozialen Netzwerken wie StudiVZ zu Facebook und dann von Facebook zu Mobil, der hat sehr gut funktioniert. Und dann waren wir extrem erfolgreich. auf den mobilen Plattformen, waren wir zu selbstbewusst. Wir dachten, alles, was wir anfassen, wird zu Gold. Und hatten auch so eine gewisse Erfolgsarroganz. Und gleichzeitig hat sich der Markt so verändert, dass auf einmal so diese Mundpropaganda und virale Verbreitung über Facebook wegfiel. Facebook bereitete seinen Börsengang vor und beschloss, diese Verbreitung der Spiele Geld zu nehmen, indem man Anzeigen schaltete. Und die Gratisverbreitung über Nachrichten an Freunde, die wurde quasi komplett abgeschaltet. Und wir haben also uns total verzettelt, unterschiedliche Zielgruppen ausprobiert, unterschiedliche Genre ausprobiert, hatten nicht genug Kompetenz in diesen Bereichen und waren wirklich zwei Jahre in Folge, eigentlich sogar drei Jahre in Folge, haben wir kein einziges erfolgreiches Spiel herausgebracht, haben unsere bestehenden Spiele vernachlässigt und gleichzeitig wurde der Markt härter, haben dann auch Verluste gemacht, haben Mitarbeiter entlassen. Es waren wirklich drei Jahre Krise.

Joel Kaczmarek: Also man merkt, groß zu werden ist gar nicht immer nur so einfach, wie das von außen aussieht. Hinterher wirkt so eine Erfolgsgeschichte immer wie einfach zugefallen. Mittendrin merkt man, es ist manchmal ein ganz schöner Tornado, oder nicht?

Jens Begemann: Ja, das ist so. Also von außen, wenn man nur so ab und zu auf Unternehmen guckt, dann sieht das vielleicht aus wie eine Gerade vom Start nach oben in die Ecke als Erfolg. Aber ich glaube, von innen in den allermeisten Unternehmen ist das wirklich eine Achterbahnfahrt. Und deswegen spreche ich da auch ganz offen drüber, weil das wirklich sehr, sehr, sehr schwierig war zwischendurch. Von riesigem Erfolg zu großen Verlusten. Und jetzt in den letzten zwei Jahren geht es uns wieder extrem gut. Das liegt schon daran, weil ich damals auch Fehler gemacht habe 2014. Zum Glück haben meine Investoren mir dann das Vertrauen geschenkt, dass ich die auch wieder selber korrigieren darf. Das ist ja auch nicht oft so.

Joel Kaczmarek: Einer hat gerade ganz bedächtig genickt, als er meinte, es ist keine Gerade.

Heiner Kroke: Absolut nicht. Also ich glaube, dass wir alle hier Jens total zustimmen können. In jedem Unternehmen, immer wenn jemand was startet, kann ein Haufen schief gehen und geht auch schief. Und diese Nahtoderfahrungen, die haben ganz viele von uns. Das ist dann überhaupt nicht lustig. Krisen kann es geben ganz am Anfang und dann denkt jeder, super, jetzt geht es nach oben, jetzt wird nur noch alles erfolgreich. Aber Krisen kommen immer wieder vor. Unser Geschäft entwickelt sich wahnsinnig schnell. Das, was heute super funktioniert, mag morgen gar nicht mehr funktionieren, weil ein Partner was ändert, weil der Markt sich ändert. Und das vernachlässigen wir gerne auch immer wieder. Man denkt dann, ja Mensch, ich bin so agil und ich passe mich an und ich erfülle mich ständig neu. Und man stellt dann in so einer Krisensituation fest, wahrscheinlich nicht genug.

Joel Kaczmarek: Gut, dann sagen wir schon mal weitere Learnings. Der Markt verändert sich, man muss agil bleiben und diese Too-Big-To-Fail-Denke kann einem manchmal zum Bumerang werden. Liebe Claudia, jetzt müssen wir auch mal über MyHammer in dem Zuge reden. Also ich habe eine ganz lustige Beobachtung gemacht, als du hier reinkamst und Jens hat dich begrüßt und meinte, ja, MyHammer, da gab es ja mal so eine Phase, war sein Satzanfang und er wollte beenden mit, da waren ganz viele Jamba-Mitarbeiter bei euch. Und ich habe bei dir so den Reflex gemerkt, dass du meintest, ja, stimmt und ach und mh. Also ihr habt ja auch ein bisschen Bumpy Ride durchaus hinter euch und seid gleichzeitig aber auch total bekannt und total geschätzt für das, was ihr tut mit MyHammer. Wie hast du das denn erlebt?

Claudia Frese: Also ich würde Heiner 100 Prozent zustimmen. Völlig normal. Also wir sind jetzt nächstes Jahr 15 Jahre alt. Wir sind 2005 gegründet, 2006 live gegangen. Und in der Zeit hat sich der Markt total verändert in allen möglichen Richtungen, sowohl digital als auch der Handwerksmarkt. Und hat aber auch sich das Unternehmen, ich weiß nicht, dreimal selbst neu erfunden mindestens. Und das ist sicherlich nicht fertig. Also da müssen wir noch ein paar Mal. So ich bin jetzt seit sechs Jahren dabei. Insofern kann ich über die Anfangsjahre nur das erzählen, was ich von außen beobachte. Ich kenne Meier mal als Unternehmen, aber schon seit 2008. Ich kenne die meisten meiner Vorgänger auch persönlich ganz gut.

Joel Kaczmarek: Deiner Vorgänger, also Plural, da merkt man mal, wie gesagt, es ist nicht einfach von außen.

Claudia Frese: Die Idee grundsätzlich zu sagen, es ist echt schwer, einen guten Handwerker zu finden. Und also die Gründungsstory von MyHammer ist ja, wir sind schon sozusagen entstanden aus einem wirklichen Internet-Urgestein, aus der Abajo. Und Abajo ist so eine Firma, die ist 1995 gegründet worden von einem der ersten Internet-Entrepreneure in Deutschland, Ingo Endemann. Und der hatte sich so ein Schloss gekauft bei Neuss von seinem ersten Geld, weil es an die Börse gegangen ist. Und brauchte halt Leute, um das zu renovieren und fand sie nicht. Und daraus ist sozusagen Mayhem entstanden. Und dann hat er es aber relativ zügig verkauft. Muss man ehrlicherweise auch sagen. Nicht mehr so viel damit zu tun gehabt. Aber der Punkt ist, die Idee ist immer noch dieselbe. Es ist wahnsinnig schwierig, einen guten Handwerker zu finden. Es ist intransparent. Es ist total fragmentiert. Und die Leute sind jetzt auch nicht super internetaffin. Sie gehen auch nicht immer ans Telefon und für Verbraucher, für Hausbesitzer einfacher zu machen, ist immer noch das, was wir tun. Und egal wie das Geschäftsmodell dahinter und die Firma dahinter und die Plattform dahinter und ob es jetzt eine Plattform ist oder eine App oder irgendwas anderes in der Zukunft, das wird immer unsere Idee sein. Alles, was da drunter ist, hat sich radikal verändert.

Joel Kaczmarek: Thilo und ich haben ja gerade unsere Büros renoviert. Also wir kennen ja Handwerk am Markt gerade ganz gut. Ich glaube, er hat ein bisschen das Glück, dass seine Hausverwaltung auch welche am Start hatte. Also eigentlich, euer Geschäftsmodell muss ja gerade noch gefragter sein als vor ein paar Jahren vielleicht. Was würdest du denn aber in der Retrospektive sagen, wenn du sagst, du hattest Vorgänger, Plural, es war nicht immer einfach, die Märkte ändern sich. Das Problem, was ihr löst, ist eigentlich sinnvoll. Was waren denn die Faktoren, die dafür gesorgt haben, dass ihr trotzdem groß wurdet und bliebt mit allen Ups und Downs, die man nimmt und dass ihr heute auch noch sozusagen das machen könnt, was ihr machen wollt?

Claudia Frese: Also ich glaube, es gibt so eine Handvoll Hardskill-Faktoren, die du einfach drauf haben musst ab irgendeiner Wachstumsphase, um so ein Digitalgeschäft erfolgreich führen zu können. In der Startup-Phase ist es was anderes. Da brauchst du vor allem Gründergeist und Energie und musst einfach losstarten. Aber dann kommt ziemlich schnell so, entweder du failst oder du hast eine echte Chance und dann musst du wahrscheinlich relativ schnell anfangen, dir ein kleines Set von Hardskills an Bord zu holen, wenn du die nicht selber hast schon, was meistens nicht der Fall ist. Und das ist Acquisition. Wo kriege ich meine Kunden her? Es kann Vertrieb sein, es kann Acquisition-Marketing sein. Je nachdem, was es für ein Geschäftsmodell ist, aber du musst irgendwie deine Leute an den Start kriegen. Das ist Platform und Scaling, Tech-Kompetenz, gerne kombiniert auch mit Kundenfokus, also alles, was UX ist und Operations. Je nachdem, was es ist, wenn es ein endkundenorientiertes Geschäft ist, glaube ich, musst du einfach irgendwann sehr gut sein im Kundendienst. Und das sind die Skills. Ist eigentlich ziemlich überschaubar. Und dann musst du noch lernen, wie man eine Firma ist. Du musst halt irgendwie das Formale hinkriegen und dein Management-Skill, irgendein Level muss halt stimmen. So, das sind die für mich unmittelbaren Faktoren, die man braucht. Und jetzt kommt der eigentlich fast wichtigste Punkt, das musst du halt haben, das ist irgendwie immer dasselbe. Dann brauchst du aber etwas, das ist viel, viel schwieriger, du brauchst Product-Mark-Fit. Ein so tiefes Verständnis von dem, was du deinen Kunden anbieten und das dann auch monetarisieren möchtest, dass es einfach Sinn macht. Und dahin zu kommen ist meistens zwei, drei Iterationen.

Joel Kaczmarek: Und wie habt ihr das geschafft? Also ich erinnere mich, bei euch gab es ja wirklich alle möglichen Themen. Adverse Selektionen waren ein Thema. Die guten Handwerker nutzen es nicht, die schlechten schon. Dann habt ihr irgendwie auch mal probiert in Richtung Branchenbuch. Also du hast immer unterschiedliche Schmerzen gehabt. Also es ist auch echt nicht leicht, was ihr da tut, weil der Markt da kompliziert ist. Wie habt ihr diesen Product Marketfield hingekriegt?

Claudia Frese: Der Schlüssel dafür ist tatsächlich, sich nicht zu schade zu sein und das geht von der Geschäftsleitung an in jedes Team, jeden Tag mit deinen Kunden zu reden. Irgendwie sehr simpel, aber irgendwie auch echt schwierig. Wann hast du das letzte Mal mit einem deiner Kunden telefoniert? In meinem Fall letzte Woche Dienstag, weil ich habe einen Auftrag gefahren. Okay, war mal ein eigener Handwerker. Aber wirklich mit denen reden, die wissen das ja, was sie brauchen. Wir alle sind ja in so einer Digital-Babbel irgendwie auch drin und finden uns alle ganz geil und so. Aber das bewahrt uns nicht davor, uns mit den Leuten tatsächlich Ich weiß nicht, telefonierst du mit Spielern?

Jens Begemann: Bestimmt, oder? Ja, natürlich. Wir hatten vor knapp zwei Wochen fünf unserer Spieler in Berlin, zehn Tage lang. Also wir haben einen Wettbewerb gemacht, unsere Spieler von Junes Journey. Was habt ihr für versteckte Talente? Die konnten Videos einsenden. Wir haben dann Sieger gekürt und hatten fünf Leute da aus Brasilien, USA, Indonesien, Spanien und den Niederlanden. Und die waren zehn Tage in Berlin. Wir haben denen Berlin gezeigt. Die haben das Büro besucht. Wir waren Abendessen. Wir waren in den Gärten der Welt und so weiter. Und das war wirklich inspirierend. War auch für die ganze Firma inspirierend. Weil das, was wir machen, ist ein digitales Produkt. Das kann man nicht so richtig anfassen. Wir haben da Millionen von Nutzer. Die sind anonyme Zahlen, die man in dem täglichen E-Mail berichtet. Ja, wirklich zu sehen, wie die dann, die kamen bei uns ins Büro, haben geweint, weil sie ihre Idole treffen, die sie aus unseren Community-Aktivitäten kennen. Also das war für die so wie Backstage bei ihrer Lieblings-Pop-Gruppe zu sein. Genauso war das. Das war schon sehr inspirierend und glaube ich auch für die ganze Firma sehr emotional.

Joel Kaczmarek: Und die Verständigung habt ihr mit Babbel gemacht? Ja.

Jens Begemann: Ja, das ging dann in Englisch und Händen und Füßen. Das waren so die Hauptwege, das zu tun.

Joel Kaczmarek: Speaking about Babbel, jetzt wieder auch bald um. Was hast du gesagt, wie groß ist euer neuer Space?

Markus Witte: 11.000 Quadratmeter.

Joel Kaczmarek: 11.000 Quadratmeter. Wie viel Mitarbeit habt ihr mittlerweile?

Markus Witte: Wir sind im Moment 750. Der neue Space wird bis zu 1.000 fassen. In die Zukunft zu gucken, ist ja immer schwierig. Aber in der Vergangenheit war es immer so, dass sobald wir eingezogen sind, wir schon abgesehen haben, dass es jetzt nicht mehr lange reicht. Vielleicht hört das ja irgendwann auf, dass man auch so an Leuten so stark wächst. Aber das sehen wir dann.

Joel Kaczmarek: Ja, weil ich bin da ganz fasziniert von. Ich finde, man neigt immer dazu, von außen Firmen zu unterschätzen oder ganz einfach manchmal auch zu überschätzen. Und bei euch habe ich noch so die Fotos von den Gründern, die auf so einer Brücke, glaube ich, stehen in Erinnerung. Ich glaube, es waren drei, wenn ich mich nicht täusche, oder?

Markus Witte: Es waren vier.

Joel Kaczmarek: Vier sogar. Da macht man sich gar keine Vorstellung. Und wie habt ihr das geschafft? von vier Jungs auf einer Brücke zu irgendwie, okay, tausend Mitarbeiter können schon wieder eng werden?

Markus Witte: Ja, geschafft ist so die eine Seite. Andere Seite ist, wir haben halt auch eine ganze Menge Glück gehabt. Ich glaube, das gilt für alle, die hier in der Runde sitzen, sonst wären wir nicht da. Das vergisst man immer so gerne. Zu Erfolg und Überleben gehört immer eine ganze Menge Glück. Reden wir gerne weg und sagen, ja, ja, wir haben das so bewirkt und haben das Richtige getan. Was das Richtige ist, weiß man aber erst nachher. Mein Mitgründer und unser CTO sagt immer, man kann schon ganz schön viele Sachen falsch machen, wenn man die richtigen Sachen richtig macht. Was sind aber die richtigen Sachen? Weiß man eben nachher. tatsächlich eine ganze Menge von den Sachen, die sich als richtig herausgestellt haben, richtig gemacht. Nicht alles. Natürlich auch da keine gerade Linie. Wir haben unter anderem auch gelernt, dass Krisen sind wichtig, so wie auf eine Art Krankheiten wichtig sind. Wenn man nicht ab und zu mal eine Erkältung hat, dann lässt das Immunsystem nach. Und wenn ich als Wenn ich als Organisation nicht ab und zu ein bisschen unter Stress komme, dann werde ich auch nachlässig und zu langsam. Dann fehlt so ein bisschen die Kante. Das heißt, wenn ich nicht von außen eine Krise kriege, weil der Markt sich dreht, wird es irgendwann eng, weil ich einfach behäbig werde als Team. Nochmal zurück, warum haben wir das geschafft? Ich glaube, ein wichtiger Faktor für uns war Anpassungsfähigkeit, die gar nicht so sehr an uns lag, sondern daran, wir hatten einfach kein Geld. So vier Jungs auf der Brücke, ja genau. Wir waren im Hinterzimmer einer Modelagentur. Das hört sich extrem viel glamouröser an, als es tatsächlich war. In der Groß-Bärenstraße, das war in Kreuzberg, das war jetzt kein großes Kino und wir hatten überhaupt kein Geld, außer das eigene. Da ist man relativ flexibel, wenn man merkt, man reitet tote Pferde. Und das hat uns, glaube ich, am Ende gerettet, weil gerade in unserer Industrie gab es ganz viele Shooting-Stars, die man sah, die unheimlich viel Sichtbarkeit und gar kein Geschäftsmodell hatten. Und dann ist es auch schnell wieder vorbei. Das konnten wir uns schlicht nicht leisten. Ich glaube, das ist ein wichtiger Faktor. Kundenfokus ist dann einfach auch gar keine Wahl. Wenn du eben nicht für Investoren arbeitest am Anfang, sondern für Kunden von Tag 1, bist du da, wo die Kunden sind und hörst auch zu, weil davon hängt einfach mal hart deine Existenz ab.

Joel Kaczmarek: Thilo, dich habe ich mir ja bis zum Schluss bei dem kleinen Austritt jetzt hier aufgehoben. Also gefühlt bist du immer dabei. Also du machst gar nicht die ganzen Firmen, aber du bist bei ganz vielen dabei. Und was ja auch ganz charmant ist, ist mal zu merken, wie hier manchmal Netzwerke entstehen. Also Heiner und Claudia kennen sich irgendwie von Ebay. Jens und du wart beide ganz frühe Jamba-Mitarbeiter. Also so entstehen ja manchmal auch so Knoten. Wenn du jetzt mal Revue passieren lässt, deine letzten 10, 20 Jahre in dieser Branche, wo du quasi die Seitenlinie warst, du zuckst die Augen, du bist ja schon so lange dabei. Du siehst jünger aus, als du erfahrungsseitig bist. Siehst du die Punkte auch so? Wie nimmst du das wahr? Was waren so die Faktoren, die du immer wieder gesehen hast, die irgendwie aus kleinen Eiern große Hähne gemacht haben?

Tilo Bonow: Also ich bin auf Knoten. Ich glaube, Jens erinnert sich, dass er der Junge war, der mich eingearbeitet hat bei Jamba. Vor 18 Jahren war es 17 Jahre vom ersten Arbeitstag. Insofern, klar, Netzwerke sind das absolut Entscheidende. Man schaut allein, wie viele Unternehmen aus den Mitarbeitern von Jamba umsetzen. Um bei dem Thema zu bleiben, entstehen es ja nicht nur Jens, es ist auch ein Christian Vollmann, der mit meinem Video danach gestartet ist, jetzt mit nebenan sehr erfolgreich ist. Da gibt es ja sehr, sehr viele Beispiele. Insofern sind es auf einmal die Netzwerke, sich auch gegenseitig zu unterstützen, wenn man schaut, wo dann auch die Samen was, um dabei zu bleiben, dann auch investiert haben. Gründer, die sie dann letztendlich auch hervorgebracht haben. und natürlich daraus auch Role Models entstehen, die ja auch wieder zurückgehen in die Community. Also beispielsweise die Zalando-Gründer, die jetzt selber auch wieder als Investoren aktiv sind. Also das sind ja immer Kreise, die letztendlich sehr hilfreich sind und wo auf der einen Seite natürlich Role Models entstehen, wo andere wieder ein Beispiel da nehmen können, sagen, guck mal, der hat es geschafft und der hat auch als kleiner Mitarbeiter irgendwo angefangen und jetzt hat er selber ein erfolgreiches Unternehmen. Auf der anderen Seite, dass eben das Ökosystem dadurch auch funktioniert, dass es wieder zurückgibt. Das ist ja einer der Faktoren, die auch das Silicon Valley groß gemacht haben, dass man irgendwo und Exit gemacht hat und dann selber als Business Angel wieder aktiv ist. Und insofern sind diese Dinge ganz entscheidend. Und wenn wir über Role Model sprechen und auch Sichtbarkeit, ist natürlich auch immer das Thema, am Anfang, wenn wir zurückdenken, Piabo haben wir 2006 gegründet. Wenn man da mit einem Journalisten gesprochen hat und gesagt hat, Mensch, ich habe hier ein heißes Startup und einen tollen Gründer und darum geht es. Da hätte ich gesagt, Mensch, rufen Sie mal an, wenn die sechs Monaten noch leben. Da war ja null Offenheit. Heute haben wir eine Luxussituation, haben wir so viele Tech-Blogs und jede Tagezeitung hat irgendwie eine Digitalseite etc. Die Sichtbarkeit ist ja heute eine ganz andere als noch vor 13, 14 Jahren. Und insofern, das hilft natürlich auch hier so einem Standort und so einem Cluster auch hier zu bilden. Das eine ist sozusagen dann Netzwerke. Auf der anderen Seite haben wir natürlich auch die Situation, dass das auch internationales Talent erzeugt wird, wenn wir daran denken an die Sichtbarkeit von Gründern von Soundcloud zum Beispiel. oder ein Gründer von GoEuro etc. Also Leute, die eigentlich gar nicht ursprünglich aus dem Ökosystem kommen, aber natürlich sehen, hey, da passiert was, da sind Dinge sichtbar. Das zieht solche Dinge an, baut ja auch spannende Unternehmen auf, die nächsten Unicorns, zieht auch ein internationales Talent an, was für alle uns hier in der Runde unglaublich wichtig ist. Und auch natürlich das Thema Employer Branding, was den Standort natürlich auch hilft zu sagen, hey, hier bist du nicht allein, hier gibt es auch andere, die aus Amerika, aus Indonesien, aus wo auch immer kommen. Denn so kommt ein Effekt zum anderen. Es ist das Geld, es sind die Leute, es sind die Role Models, die da sind, es sind die Medien und insofern sind diese Knoten, hört sich so negativ an, aber das löst Knoten und wird zu Netzwerken.

Joel Kaczmarek: Und jetzt musst du noch ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Also ich erinnere mich an eine Geschichte, die ich für mein Buch damals irgendwie über die Samwas recherchiert habe. Thilo Bono steigt aus dem Flugzeug aus, ich glaube in Rom. Die Wortwahl, die ich damals gelöst hatte, war irgendwie ein SMS-Gewitter erreichte ihn. Oliver Samwa sagte

Tilo Bonow: Die erreicht mich öfters, aber

Joel Kaczmarek: Nicht nur dich wahrscheinlich. Sofort alles ausbuchen, MTV, Viva, das geht durch die Decke, wie verrückt, so sinngemäß. Das heißt, du warst eigentlich derjenige, der, korrigiere mich, wenn ich mich irre, der damals eine PowerPoint-Präsentation abgefilmt hat mit Musik von Das Boot und so die ersten Jamba-Musiken quasi verkauft hat. Und was ist das für ein Typ, so ein Samba zum Beispiel, was macht der, um irgendwie Wachstum, um Erfolgsfaktoren zu befördern?

Tilo Bonow: Also diese Anekdote ist insofern interessant, weil sie eben auch zeigt, was so eben typisch starken Gründer ausmacht, eben auch keine Angst vorm Scheitern zu haben. Also damals war meine Aufgabe einfach mal alle Kanäle durchzutesten, was könnte funktionieren. Und dann haben wir Videotext gehabt. Gibt es sowas heute überhaupt noch? Videotext geschaltet, 5000 Euro. 5000 Euro in der Anzeige bei der Bravo, 5000 Euro in verschiedenste Kanäle und eben 5000 Euro auch immer bei MTV und Viva. Das könnt ihr euch vorstellen, wenn du bei einem Fernseher anrufst, ich habe hier 5.000 Euro, ich hätte gerne mal ein Werbespot gescheitert. Das gehört also auch viel Überzeugungsarbeit dazu. Lass uns doch mal testen. Und aus den 5.000 können dann schnell auch mal 5 Millionen werden, wenn es funktioniert. Das ist ja auch eine neue Denke, die bei Partnern letztendlich auch wichtig wurden. Insofern war es so, dass viele Kanäle, natürlich Videotext war nicht das Goldene vom Ei und viele andere Dinge auch nicht. Aber die 5.000 Euro haben halt den Weg zu vielen, vielen Millionen, die dann in TV- gelandet sind, geebnet. und da den vollen Fokus auch drauf zu setzen und klar Entscheidungen auch zu treffen, den Weg dann auch zu gehen, hilft natürlich. Und insofern muss man sagen, dass diese Fokussierung, sich da auch nicht ablenken zu lassen und klar seinen Weg zu gehen, natürlich ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor ist. Als PR-Agentur kann man sagen, naja, kommt jetzt hier was in die Personalmanufaktur, möchte PR und nächste Woche kommt eine britische Partei und dann kommt irgendwie ein Chemiekonzern. Aber zu sagen, nein, lieber die Nummer eins in der Nische und einen klaren Fokus, in unserem Fall auf die digitale Wirtschaft und eben für Unternehmer zu kämpfen, für sie die Fahne hochzuhalten, das ist eben dann eine klare Positionierung. Und wenn man für etwas steht, dann wird auch an einen gedacht, Mensch, das ist doch der, der immer irgendwie die Startups groß macht oder für die Unternehmer arbeitet etc. und die Tech-Companies dort repräsentiert. Und das spricht sich rum. Da helfen natürlich auch wieder die Netzwerke, wo man sagt, Mensch, das ist der. der steht für was, ist klar für was positioniert und das ist ganz, ganz entscheidend, sich da auch nicht zu verzetteln. und du hast vorhin die Themen so schön gesagt, die Investoren haben ja immer das Ganze zusammengefasst in diese fünf T's, also Team, Technologie, Traction, Timing natürlich auch ganz, ganz wichtig und auch Territory, also ist das Ganze auch natürlich global skalierbar. und da haben sich auch die Investoren, die natürlich auch einen wichtigen Teil dazu beitragen, diese Dinge vorwärts zu bringen, wahnsinnig geändert, also wenn man damals nochmal 10, 15 Jahre zurückschaut, hätte man das Venture aus Capital ja streichen können, das war ja eher. Also gibt es das Ding auch schon in Amerika, dann machen wir das, ja. Heute hat sich das ja auch wahnsinnig geändert und Geld spielt ja eigentlich heutzutage, also wenn du eine gute Idee hast, ein gutes Team und die 5T es einigermaßen gut verargumentieren kann, also Geld ist heutzutage ja kein Problem mehr.

Joel Kaczmarek: Jens, kann ich dir eigentlich noch irgendeine Anekdote aus Samba-Zeiten entlocken? Hast du so Erfolgsfaktoren bei denen gelernt?

Jens Begemann: Ja, also dieses Thema Fokus, was ja aus Tilos Anekdote gerade klar wurde, das habe ich natürlich auch stark erlebt. Also ich erinnere mich, da gab es eine Zeit, da hat Jamba ein B2B-Geschäft gemacht. Da haben wir uns also fokussiert und Sachen gemacht, die im Grunde eine Webplattform, wo man Klingeltöne kaufen konnte für einen Panasonic, für Siemens, für andere und das Endkonsumentengeschäft. Und ungefähr genau zu dieser Zeit, wo dann TV explodierte, war es also so, dass eine Delegation aus Korea anreiste von einem koreanischen Handyhersteller. Und Olli mich, glaube ich, eine Stunde vorher sagte mir Bescheid, ja, da kommen jetzt gleich diverse Leute für einen gesamten Tag Workshop. Ich habe keine Zeit, ich muss mich um TV kümmern, du machst das jetzt. Maximal eine Stunde danach sind die wieder weg. So, und das war also dann mein Job. Olli kam kurz rein, sagte, ja, hallo, ich habe heute keine Zeit, das hier macht der Jens. Diese Delegation war, wie gesagt, für den gesamten Tag angereist. Nach einer Stunde waren die dann eben wieder weg. Und das ist etwas, wie ich jetzt mit meinen Partnern nicht umgehen würde, aber was diese extreme Fokussierung zeigt. Das ist sicherlich eins der Dinge, die auch bei WOOGA uns sehr geholfen haben. Also Markus von Babbel hat gerade auch unter anderem das Thema Glück angesprochen, Thilo hat das Thema Fokus angesprochen. Das waren beides extreme wichtige Faktoren in dem ersten Jahr von WOOGA.

Tilo Bonow: Und man sieht daran eben auch, wenn wir gerade über Scheitern gesprochen haben und Fehler machen, wenn der Fokus Unternehmers nicht mehr da ist, die nicht mehr weg sind, das haben wir bei Yamaha ja klar gesehen. Die Kundenbasis war da, man hat über Handy, Musik und Spiele gekauft etc. Yamaha hat das Potenzial gehabt, Spotify zu werden, mit den zugegebenen Bezahlungen und allem drum und dran. Aber wenn natürlich dann der Drive der Gründer raus ist und dann kommen dann Manager oder Investoren und übernehmen, ist es dann oftmals auch schwierig, da wirklich dann das nächste Unicorn draus zu machen.

Joel Kaczmarek: Wie machst du das denn eigentlich heute, Thilo, wenn ein Unternehmen auf dich zukommt, was vielleicht noch nicht Nummer 1 in seinem Markt ist oder was auch noch nicht so bekannt ist und du sollst es groß machen? Also Aufmerksamkeit ist ja dann ein Ziel, um Größe zu erzeugen. Hast du so einen Handwerkskasten, den du dann entzückst?

Tilo Bonow: Also da gibt es keinen Standard und wir sind ja da so ein bisschen das Berghain der Agenturen, weil letztendlich sind wir ja nicht skalierbar. Wir müssen ja auch gucken, wen wir da reinlassen und an uns ranlassen, weil wir ja auch letztendlich eine Verantwortung haben, für wen wir die Fahne hochhalten. Insofern müssen wir natürlich immer schon, wie ein Investor auch, Für wen geben wir sozusagen unsere Stimme, unsere Ressourcen letztendlich her? Und was wir sehen, ist, dass natürlich das Thema Employer Branding immer wichtiger wird. Also jeder will um die besten Köpfe natürlich kämpfen. Das ist Teil einer jeden Kampagne, sich natürlich auch als guter Arbeitgeber dort zu positionieren. Das ist natürlich gerade auch die Unterscheidung bei schnell wachsenden Unternehmen, ist Ergebnis zu liefern. Also da hat keiner Zeit, erst mal sechs Monate und ein großes Kommunikationskonzept und 20 Workshops zu machen. Da geht es darum, wann bin ich in der Bild-Zeitung? Also da sind natürlich auch einfach gegenüber klassischen Unternehmen und wachsenden Unternehmen Fragen, Natürlich auch andere Faktoren, die da sozusagen eine Rolle spielen. Und heutzutage natürlich regt sich der Markt insofern, dass ja eben nicht nur Journalisten ich als Zielgruppe habe, sondern oftmals auch politische Entscheidungsträger, die sehr schnell dabei sind, auch vielleicht ein Gesetz zu machen oder Regulierungen einzufordern, wenn wir gerade an Fintech-Unternehmen reden. Wir haben Situationen, wo es darum geht, im Speaking Opportunity sich auch natürlich bei Investoren auf Konferenzen Investor Relations zu betreiben. Es geht darum, Partnerschaften zu schließen. Also die Stakeholder sind ja wirklich nicht nur die Kunden, sondern sind ja viele andere auch. Und insofern, dass man natürlich mit den begrenzten Mitteln, die so ein Startup und eine High-Growth-Company hat, natürlich alles unter einen Hut bekommen werden. Da spielt natürlich Social Media auch eine große Rolle, Reichwert überlinkt etc. Also da ist schon ein bunter Blumenstrauß. Und was ich immer vor allen Dingen sage, ihr seht nicht immer PR als Pressemitteilung und hetzt von einer Pressemitteilung zur nächsten, sondern schaut, dass ihr wirklich hier eine gute Sichtbarkeit schafft und gerade auch den deutschen Gründern immer. Übrigens ein großer Unterschied. Unterschied zu den Amerikanern, auch wirklich sich selber auch den Personal Brand, das Führungsteam nach außen zu stellen. Im Endeffekt, Menschen interessieren sich für Menschen. Und das ist sozusagen etwas, wo die deutschen Gründer manchmal etwas zurückhalten, zu sagen, ich möchte mein Produkt für mich sprechen. Das möchte ich mal sagen, ja, dein Produkt kann aber nicht sprechen. Das ist immer ganz wichtig. Und gerade wenn sozusagen der Brand noch nicht so bekannt ist, interessiert man sich natürlich, wer sind eigentlich die Köpfe? Und glaube ich an die Köpfe, Ich glaube, für Investoren, wo das Team also ganz entscheidend ist, ist es da draußen eben auch für Leute, die mit dir Kooperationen machen, mit dir arbeiten wollen, ist es immer einfacher, wenn du von denen irgendwas schon mal gehört hast oder gelesen hast. Aber da ist gerade hier auch im deutschen Markt ein Wind of Change und da hat man viel auch von den Silicon Valley Companies gelernt.

Joel Kaczmarek: Jens, wir sind jetzt eigentlich so beim Thema Geld. Also Thilo hat ja auch schon gesagt, jetzt liegt das Geld auf der Straße. Ihr wart ja auch im Dienst. Ich erinnere mich, du hast in einem Interview mal zu mir gesagt, andere Leute kamen zu dir und meinten, bei der Firmenbewertung hätten sie schon längst verkauft und wären nicht noch an Bord gewesen. Also solche Finanzierungsrunden habt ihr damals auch angezogen. Wie wichtig war denn eigentlich der Faktor Investoren? Weil du auch gesagt hast, du durftest den Change begleiten.

Jens Begemann: Ja, das war damals extrem wichtig. Also als wir damals angefangen haben, war von Anfang an klar, wir gehen hier in einen Markt, da gibt es weltweite Konkurrenz. In den USA gab es eine Firma, die hieß Singer, in London gab es eine Firma, die hieß Playfish, die hatten alle schon zweistellige Millionenbeträge. Da können wir jetzt nicht organisch aus unserem eigenen Cashflow herauswachsen, sondern es war von Tag eins aus klar, wir brauchen externe Investoren und haben da als Gründer unser gesamtes Erspartes in die Firma gesteckt, kein Gehalt gezahlt und wir hatten 150.000 Euro Startkapital. Das war so das erste halbe Jahr. Und dann haben wir es geschafft, dass ein deutscher Investor, Holzbrink Ventures, damals investiert hat. 500.000 Euro haben die damals investiert. Wir hätten lieber gerne Millionen gehabt, aber das war damals einfach ein zu großer Betrag. Eine Million Euro Investment damals zu bekommen für eine Firma. Wir hatten ein Produkt und waren so einen Monat weg vom Launch. Aber damals eine Million Euro in dem Stadium zu bekommen, war extrem schwierig. Heute fließen da schnell dann mal fünf in so einem Stadium. Aber es war halt damals eben anders. Das hat uns dann ermöglicht, im Grunde die nächsten sechs bis zwölf Monate zu finanzieren. Dann haben wir gelauncht am 1. Juli 2009. Da kommt jetzt der Faktor Glück ins Spiel. Ich glaube, wenn wir bei VUCA alles ganz, ganz genauso gemacht hätten, aber sechs Wochen später, wären wir wahrscheinlich gescheitert. weil wir am 1. Juli gelauncht haben, genau das Timing getroffen haben, durch Glück bei Facebook virale Verbreitung zu haben. Nach vier Monaten hatten wir 6 Millionen monatlich aktive Nutzer. Durch virale Verbreitung keinen Euro Umsatz, aber 6 Millionen monatlich aktive Nutzer. Und genau in der Phase haben wir dann 5 Millionen Euro Investment aus London bekommen. Und das war damals extrem selten, so einen großen Betrag, in so einer frühen Phase. Die Firma war ja gerade neun Monate alt. Ich glaube, 20. Oktober war das Geld auf dem Konto. Und am 1. November hat Facebook seine Plattform verändert. Ein paar Wochen später hatten wir dann statt 6 Millionen Nutzer noch 2,5. Das war also einfach Glück und Timing, aber dieses Geld hat uns dann ermöglicht, uns zu verändern, neue Spiele zu entwickeln und nachhaltig erfolgreich zu werden. Und das wäre damals ohne dieses Geld, ohne dieses Kapital nicht möglich gewesen. Da hätten wir im internationalen Wettbewerb keine Chance gehabt.

Joel Kaczmarek: Ist so ein bisschen dann auch eine Lehre, dass man sein Haus nicht auf fremdem Grund bauen darf, wenn man so eine Erfahrung gemacht hat wie du?

Jens Begemann: Du meinst die Abhängigkeit von den Plattformen, ja. Also es ist sicherlich so, dass das eine große Abhängigkeit war. Wir hatten Glück, wie gerade gesagt. Wir haben ein paar, glaube ich, Entscheidungen auch richtig getroffen. Wir haben beschlossen, unsere Spiele auf StudiVZ abzuschalten, als das noch die Hälfte von unserem Umsatz war. Aber der Trend war so klar, dass Facebook gewinnen würde, dass das in dem Moment dann auch wieder, Stichwort Fokus, die richtige Entscheidung war. Also ich glaube, Plattformen können schon extrem helfen, extrem beschleunigen. Auch Apple und Google in den Anfangszeiten des App-Stores waren ja so Königsmacher, die dann durch Featuring dafür gesorgt haben, dass einzelne Apps richtig großzügig Insofern, das war glaube ich schon richtig damals. Inzwischen sind wir ein Grown-up und wir machen uns nicht mehr abhängig von einzelnen Plattformen, sondern wir versuchen unsere Kundenbeziehungen so direkt wie möglich zu halten. Und natürlich gibt es unsere Spiele im App Store und auf Google Play. Es ist quasi eine technische Notwendigkeit, aber die Kundenbeziehung und die Marke und die Art und Weise, wie wir neue Kunden gewinnen, ist direkt und nicht mehr abhängig von den Plattformen.

Joel Kaczmarek: Wie habt ihr denn mit Babbel den finanziellen Teil hingekriegt? Von der Modelagentur, was sich immer noch wie ein Luxusproblem anhört, da im Hintergrund zu wohnen, zu tausenden von Quadratmetern jetzt.

Markus Witte: Wir haben kurz vor der Finanzkrise 2008 wiederum Timing, auch eine kleine Runde geclosed, damals unter einer Million auch, und haben dann irgendwann nochmal einen Kredit aufgenommen. Damit sind wir eigentlich durchgekommen. Wir haben dann trotzdem später noch mehr Kapital an Bord geholt, um flexibler und schneller zu sein. Für uns war Geld tatsächlich nicht der große Faktor. Wir haben, um auf über 100 Millionen Umsatz zu kommen, nicht viel Geld gebraucht, deutlich unter 10. Das liegt so ein bisschen daran, dass wir in einem Sektor unterwegs waren, der damals gar nicht so attraktiv schien. Sprachen lernen, das ist doch Bildung. So E-Learning, da dachte man an so CD-ROMs mit Macromedia-Director-Anwendungen. Das wollte einfach keiner machen. Dadurch haben wir da in ein Wespennest gestochen, was uns sehr weit gebracht hat. Haben wir schon auf das richtige Pferd gesetzt.

Joel Kaczmarek: Und wie habt ihr die Internationalisierung hingekriegt? Weil ihr habt ja wirklich auch den Faktor, eure Kunden sitzen ja überall auf der Welt.

Markus Witte: Das ging erstmal relativ organisch, weil wir naturgemäß mit mehreren Sprachen gestartet sind. So innerhalb von Europa wunderbar, wenn man das schon international nennen kann. Das ist ja eigentlich Binnenmarkt und fühlt sich eigentlich fast wie Heimatmarkt an, wenn man es digital sieht. Die Schallgrenze war im USA. Konsumermarkt USA war eine harte Nuss, war für uns auch klar, wenn wir das schaffen, dann wird es einen riesigen Unterschied machen. Das war unglaublich hart. Das ist, glaube ich, für alle, die aus Europa im Konsumentenmarkt in den USA eine Art von Marke bauen wollen und irgendeine Art von Absatz haben wollen, immer eine interessante Reise.

Joel Kaczmarek: Wie macht ihr das eigentlich bei Momox? Ihr seid doch auch international aktiv, oder Heiner?

Heiner Kroke: Genau, wir sind international aktiv. Vielleicht nochmal referenzierend, wir haben eigentlich da eine schöne Parallele zu Babbel. Wir sind auch die ersten Jahre komplett eigenfinanziert gewesen. Erst im Jahr 5 haben wir überhaupt fremdes Kapital gebraucht. Finanzierungssumme, die wir insgesamt aufgenommen haben, ein bisschen ähnlich wie Babbel. Geld war nie der große Treiber. Ich würde sogar umgekehrt sagen, das Geld, was wir dann mal hatten, hat uns als Organisation vielleicht auch ein bisschen überheblich und gleichzeitig zu risikofreudig gemacht, was dann zu einer entscheidenden Krise im Unternehmen geführt hat. Und eine Stärke des Unternehmens ist, dass wir in der Tat auch sehr kostenbewusst sind und auch sein müssen als Händler. Im Kern sind wir natürlich Retailer. Wir alle wissen, Margen im Handel sind typischerweise gering. Und da kann man dann halt auch mit kleinen Fehlern schon mal die nächste Krise starten. Die Internationalisierung haben wir komplett getrieben aus organischen Entwicklungen. Wir haben nie die große Finanzierung gebraucht, um nach Österreich zu gehen, um nach Frankreich zu gehen. Das Gleiche gilt für Diversifizierung, also auch in andere Kategorien, Kleidung. Aber auch dafür haben wir kein fremdes Geld aufgenommen, sondern finanzieren all das Wachstum aus eigenem Kischloch.

Joel Kaczmarek: Jens hat gerade ganz bedacht genickt, als ihr meintet Arroganz. Ist das so ein bisschen, dass man Hybris kriegt, wenn man so groß wird?

Jens Begemann: Ja, bei uns war es so, wir waren dann so erfolgreich und so profitabel. Also das Bankkonto wuchs jeden Monat um einen siebenstelligen Betrag. Und wir haben dann gedacht, alles, was wir anfassen, wird erfolgreich und haben dann uns wirklich komplett verzettelt. Also unsere eigentliche Kernzielgruppe, das was in der Branche Casual Games genannt wird, also Leute, die sich eigentlich nicht als Gamer begreifen, die haben wir dann verlassen und haben alles probiert. Also wirklich vom Shooter bis zum Rollenspiel, rundenbasiertes Strategiespiel, Echtzeitstrategiespiel. Wir haben wirklich alles gemacht. 200 Mitarbeiter, die nur Neuspielentwicklung gemacht haben, außer uns, außerhalb unseres Kerngeschäfts. Und haben dann auch im Boardmeeting Gespräch geführt, auch teilweise getrieben durch unsere Investoren. Ja, unser Kontostand ist jetzt ja hier deutlich über 20 Millionen. Was machen wir denn jetzt damit? Und wenn man die Frage stellt, was machen wir denn jetzt mit dem Geld? Das ist ein ganz, ganz großes Alarmzeichen. Und das hat dann auch zu unserer Krise geführt, bis wir uns dann rückbesonnen haben auf unsere Stärken, die uns auch groß gemacht haben.

Joel Kaczmarek: Du lachst, habt ihr das auch bei Babbel, dass ihr gerade 20 Millionen habt und überlegt, was ihr macht?

Markus Witte: Letzteres vor allen Dingen nicht. Dass Investoren solche Diskussionen treiben, ist ganz natürlich, weil Investoren haben genau eine Sache. Und das ist Geld. Und das muss dann den Unterschied machen. Da sind Unternehmer eben anders. Wir kennen das Problem aus Diskussionen mit Investoren ganz gut. Aber keine Ahnung, vielleicht haben wir zu viele Schwaben und Schotten im Board, die dann ihre Stereotypen zusammen einbringen. Wir haben uns zum Glück die Frage noch nie gestellt.

Joel Kaczmarek: Aber lerne ich daraus, dass man sich manchmal vor Investoren sogar auch ein bisschen schützen muss, dass die einen sozusagen mit diesem Hyper-Growth auch manchmal eher in negative Richtungen schieben können?

Markus Witte: Absolut. Ist ein zweischneidiges Ding. Du hast halt Leute, die eine ganze Menge gesehen haben und eine ganze Menge Muster mit einbringen können und sagen so, das haben wir schon gesehen, das ist normal, das müsste jetzt kommen. Das hilft. Ist aber andererseits so, dass die schon anders auf ein Geschäft drauf gucken, weil sie einfach auf einer anderen Größenordnung testen. Für die Organisationen ist nicht so wichtig, ob dein Geschäft überlebt, sondern die Frage ist, wird das jetzt richtig groß oder nicht? Und wenn es nicht richtig groß wird, dann ist auch egal. Und das sieht man als Unternehmensmöglichkeit. und als Team oft anders und sagt dann, naja, wenn ich mich hier auf, was weiß ich, 20 Millionen Umsatz einpendle, dann ist das jetzt auch nicht so schlimm. Und auch wenn man das nicht will, klar, der Plan geht woanders hin, aber man hat dann ein anderes Risikoprofil. Das muss man halt wissen und im Kopf haben.

Joel Kaczmarek: Wenn man jetzt mal so zurückguckt, also du hast ja eben, Claudia, für MyHammer gesagt, eigentlich gibt es so ein paar Hausaufgaben, die man machen muss. Haben die sich verändert? Also du hast jetzt was wie Operations gesagt, du hast Namen Kunden dran sein gesagt, also eigentlich Klassiker auf eine Art. Ist das heute noch genauso, wie als du angefangen hast oder als deine Firma begonnen hat? Oder merkst du schon auch Wandel?

Claudia Frese: Das hat sich total verändert. Ich glaube auch, das wird sich weiterhin total verändern. Zum einen, glaube ich, sind wir in den Arbeitsmethoden einfach moderner geworden alle. Nicht nur in den letzten zehn Jahren, sondern vielleicht sogar, wenn man ein bisschen länger noch zurückguckt, das ganze Thema von agilem Zusammenarbeiten, diversen Teams und so weiter, das ist ja eigentlich eine Entwicklung in den letzten, weiß ich nicht, acht oder zehn Jahre höchstens. Und was heute Standard ist, war vor zehn Jahren Cutting Edge und eigentlich noch vor acht Jahren Cutting Edge. Also insofern, das glaube ich, hat sich total weiter verändert. Technologien haben sich total weiter verändert. Also Dinge, für die man vor fünf oder zehn Jahren noch richtig lange programmieren musste, die konnte man jetzt quasi einfach fertig runterladen. Oder du holst dir irgendwen und der macht ein paar Bausteine zusammen. Andere Technologien, die es noch gar nicht gegeben hat, kommen jetzt rein und es wird wieder verändert. Die Devices haben sich total verändert. Mit Ausnahme von WOOGA sind wir alle durch die Transformation vom Desktop zum Telefon gegangen.

Jens Begemann: Sind wir auch Facebook.com.

Claudia Frese: zu mobilen Geräten. Und dann sind wir jetzt, also ich glaube nicht, dass wir davon ausgehen können, dass in zehn Jahren jeder noch ein Telefon hat. Das ist die nächste große Transformation, glaube ich. Was ist denn das nächste Device? Mal gucken. Die Dienste an sich im Kern werden dasselbe sein, aber das, wie sie geliefert werden, wird sicher sich verändern. Und das Gleiche gilt für die Marketingkanäle. Jeder kennt die Google-Geschichte so oder so. Irgendwie war man immer irgendwann abhängig von Google und dann ist man irgendwie mit irgendwelchen Strafen belegt worden und dann ist es ein ganz tiefer Einschnitt in die Firmenfinanz. Und die Geschichte kann jeder erzählen. So irgendwo zwischen 2009 und 2014 gefühlt sind wir alle mal gepandert worden.

Joel Kaczmarek: Das merke ich mir als Begriff, gepandert werden.

Claudia Frese: Das ist halt so. Du kannst da nicht davon ausgehen, da habe ich einmal sozusagen geschnitten Brot erfunden und dann bleibt es auch so. Es funktioniert das nicht.

Joel Kaczmarek: Was ja bei deiner Aufzählung noch irgendwie eher, wenn dann am Rande aufkam, waren so People, Kultur, Team. Wie viel macht das denn aus von deinem Erfolg? Ich meine, man sagt ja auch mal heutzutage Generation Y, Z, ich komme schon an mir durcheinander, Babyboomer, wen es da alles gibt. Also es heißt ja, dass die auch so anspruchsvoll sind, die jungen Menschen und so weiter. Also welche Rolle spielen denn die Menschen dabei, so groß zu werden, wie ihr es seid?

Claudia Frese: Es gibt diesen schönen Spruch, Culture eats everything else for breakfast, den würde ich sofort unterschreiben. Agilität in Unternehmen reinzukriegen und ich meine jetzt nicht so Plattitüde im Sinne von, wir haben jetzt Trump-Teams gebildet, sondern so die Agilität im Kopf, dass du Veränderungen gut findest. damit umgehst, indem du direkte Kommunikationswege hast und indem du eine Kultur baust, die direktes Feedback zulässt und die ermöglicht, dass die jüngeren Leute, die ja typischerweise, na gut, bis auf beiden Startups, da sind es die Gründer, aber jetzt in unserer Art Unternehmen, also in Grown-Ups, die jüngeren Leute sind meistens so die Mitarbeiter eher, sodass die überhaupt selbstverständlich dir um die Ohren hauen. Wir haben so ein ganz cooles Social-Media-Team und die erklären dann immer alten Leuten das Internet, also mir, Dinge, von denen ich selber einfach nicht mehr weiß. Ich benutze Kein Snapchat. Und ich habe es auch jetzt gerade erst zum ersten Mal wirklich verstanden, als ich auf der Demexco war und einen Vortrag gehört habe. Aber das funktioniert ja nur darüber, dass du nie arrogant wirst und nie aufhörst, mit den Leuten zu reden. Genauso wie du mit deinen Kunden reden musst, musst du auch mit deinen Mitarbeitern reden. Und je größer man wird umso schwieriger wird diese Offenheit irgendwie. Wenn du 40 Leute bist, ist irgendwie alles easy, weil jeder kennt jeden und alle essen zusammen Mittag. Wenn du 100 Leute wirst, ist so ein Breaking Point. Und dann, da war ich noch nicht, aber ich glaube, nach 500 ist nochmal so ein Breaking Point. Da musst du Ebenen einziehen und dann hast du plötzlich so Besitzstandsware und Möppchenaufsteller und diese ganzen Typen. Und das so, weil sobald man zieht, musst du das halt, dann verliert man die Geschwindigkeit, die wir alle brauchen. Und diesen Spaß auch daran, die Sachen einfach grundsätzlich in Frage zu stellen. Wenn man das nicht mehr tut, dann hat man eigentlich schon verloren. Das ist alles Kultur.

Joel Kaczmarek: Ist es bei euch wirklich so, wie sie auch sagt, mit diesen Sollbruchstellen dann in den Hunderterschargen? Ihr nickt alle.

Markus Witte: Also die Sollbruchstellen habe ich mit diesen harten Größenzahlen so nicht erlebt. Ich sehe da immer mehrere Faktoren, auch wo die Firma gerade steht, wie die Firma sich bewegt und so weiter. Von daher glaube ich nicht, dass es jetzt genau die 100 sind oder genau die 50 oder 500. Du kommst halt immer in andere Herausforderungen. Das ist halt auch. als Gründer spannend, wenn du da reinwächst. Wir haben ja jetzt auch hier zwei Modelle in der Runde. Das eine Modell, wo man irgendwann die Profis reinholt und sagt so, ist es jetzt Zeit, dass das mal jemand macht, der es auch kann? Was ich tatsächlich auch ehrlich gesagt jeden Morgen mich frage, ist, sollte das jetzt mal jemand machen, der das auch kann? Die Punkte, die man eben verstehen muss, sind genau die, was musst du möglichst frühzeitig abbinden und wo musst du aufpassen, dass dir das nicht deine Kultur verhagelt? Warum Kultur alles andere zum Frühstück ist, ist ja das fast alle Entscheidungen aus Selbstverständlichkeit getroffen werden. Das heißt, 90 Prozent plus aller Entscheidungen, die fallen in einem Unternehmen, fallen, weil ist ja klar. Und das ist ja klar, ist genau Kultur. Dadurch ist es so wichtig und das frühzeitig zu erkennen, wenn man es das erste Mal macht, ist schon ein interessanter Rodeo.

Heiner Kroke: Zusätzlich, was du noch gesagt hast, ich glaube auch nicht, dass es feste Mitarbeiterzahlen gibt, die dann die Sollbruchstelle sind. Aber es gibt unterschiedliche Phasen. Die Phase, wenn man sich alle kennt und das sind irgendwie 20 Leute, ist eben anders, wenn man 500 Mitarbeiter ist. Und gleichzeitig gilt das aber auch für die Führungsmannschaft, die für 20 Leute genau die richtige ist. kann genau die falsche sein für ein Unternehmen, was dann 500 Mitarbeiter groß ist und umgekehrt. Das kann sich aber auch anders entwickeln. Das kommt eben auch dann wieder auf den Typ an. Geht der und adjustierst du deine Stärken und adjustierst du, wie du arbeitest, wie du mit der Organisation arbeitest über diese unterschiedlichen Phasen des Unternehmens? oder sagst du auch irgendwann, könnte ich vielleicht, aber es macht mir auch keinen Spaß. Deshalb mache ich vielleicht wieder lieber die Dinge, die mir Spaß machen und wo ich auch richtig gut drin bin.

Joel Kaczmarek: Wäre dir eigentlich lieber manchmal gern kleiner? Also macht das auch was mit dem Schlaf sozusagen, der Schlafqualität und den Sorgen? Wäre das manchmal schöner, kleiner wieder zu sein?

Markus Witte: Nö. Man gewöhnt sich da dran. Also man kriegt ja so eine Art von Hornhaut, was so Problemdimensionen angeht. wo man dann plötzlich unter krassem Druck steht und denkt, oh Gott, oh Gott, wie soll ich das bloß schaffen? Dann normalisiert sich das aber wieder. Das ist ja total erstaunlich, wie Menschen sich so anpassen können.

Joel Kaczmarek: Soll ich auch so?

Heiner Kroke: Werden wir wieder kleiner? Nee, weil das könnte ich ja gar nicht mit den 20 Mitarbeitern. Ich bin nämlich eben da keiner, der wahrscheinlich ein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern führen könnte.

Markus Witte: Könnte ich auch nicht mehr.

Heiner Kroke: Aber hast ja mal gekonnt. Vielleicht kannst du dich auch wieder ändern.

Joel Kaczmarek: Du bist mehr Manager als Gründer.

Heiner Kroke: Ich bin da in der Tat mehr Manager als Gründer und ich brauche sozusagen, um meine Stärken ausleben zu können, dann auch sozusagen einen gewissen personellen Unterbau, absolut.

Joel Kaczmarek: So, jetzt hatten wir aber auch angekündigt, wir reden mal auch zwei, drei Sätze über den Standort Berlin und vielleicht kann man ja das eine oder andere auch nach Detmold übertragen oder Darmstadt oder München oder was weiß ich nicht was. Thilo, da bist du, glaube ich, ein guter Gesprächspartner. Du bist ja quasi all-in gegangen, hast einen richtig schönen Space euch hingebaut, also wirklich nochmal drei Ebenen draufgelegt, tolle Lage. Man merkt, Raum macht schon mal was, vielleicht auch beim Thema Kultur, kannst ja vielleicht mal ein, zwei Sätze zu sagen. Und du bist ja aber wirklich auch so Berlin verhaftet und hast ja auch ganz viele Firmen, die gerade aus dem Ausland kommen und den deutschen Markt kennenlernen wollen und dann hast du ja ganz viele Blicke und Brillen auf, die du eigentlich trägst.

Tilo Bonow: Der Raum ist im wahrsten Sinne des Wortes natürlich das, wo ja die Kultur letztendlich auch drin stattfindet. Insofern ist natürlich schon die Frage, welche Farben, Formen, auch Meetingkultur. Also bin ich eher Open Space, bin ich eher Einzelbüros? Was habe ich da sozusagen für Möglichkeiten, auch die Kultur durch die Möblierung, durch das Layout auch natürlich eines Raumes zu helfen, das Unternehmen wachsen kann und da auch die richtigen Räume für Rückzug zum Beispiel da sind oder sich da auch wirklich entfalten. halten zu können. Insofern spielt, denke ich, Raum und auch wie der Raum gestaltet ist und Möblierung natürlich eine ganz große Rolle und sollte natürlich im besten Fall auch die Kultur befördern und unterstützen. Und Momox ist gerade neue Räume gezogen, hat sich komplett dazu Gedanken gemacht, wie sozusagen auch der Space gestaltet sein muss, damit das Ganze auch dann funktioniert und das weitere Wachstum ermöglicht. Unsere Kollegen von Babbel natürlich auch. Also insofern fließt schon mal, glaube ich, mehr auch Gedanken, Gehirnschmalz rein, als im ersten Blick da vielleicht zu sehen ist. Und da muss man sich auch die Kollegen mitnehmen. Es sollte auch nicht top-down entschieden werden, wir nehmen jetzt alle grüne Stühle und malen die Wände pink, sondern es ist natürlich oftmals auch was, wo ja auch die Kultur sich widerspiegeln sollte. Insofern definitiv ein großes Thema. Was natürlich andere Regionen angeht, Deutschland ist ja nun mal sehr dezentral organisiert. Es ist ja nicht wie in Frankreich, wo alles in Paris stattfindet, in UK, wo alles in London ist, sondern wir haben eben auch tolle Regionen wie Ostwestfalen mit Bielefeld. Wenn wir uns mal Richtung Karlsruhe, Heidelberg, Stuttgart anschauen, was da passiert. Also auch in Dunkeldeutschland passiert ja einiges. Leider nicht so sichtbar und da wird ja auch stark daran gearbeitet, aber das ist natürlich auch Communities, die wir nicht vergessen dürfen und wo teilweise auch die nächsten Unicorns da sein werden und nicht nur in Berlin, München und Hamburg. Was den Blick des Internationalen angeht, natürlich 70 Prozent unserer Kunden kommen aus dem Silicon Valley, die hier Europa erobern wollen und da ist natürlich auch das Thema Wachstum ein großes Zeichen. und natürlich, wenn ausländische Unternehmen hier reinkommen, die erstmal niemanden kennen und gar nicht wissen, wie sie sich hier auch kulturell einzufinden haben, ist natürlich gerade die Frage, was sind denn meine richtigen Partner, was sind Startup-Tech-Companies, mit denen man kooperieren kann, wer sind Partnerschaften, die wir eingehen können? und da gibt es natürlich Beispiele, wie jetzt, sag ich mal, Uber die einfach machen und dann sozusagen damit an die Wand fahren, weil sie nicht sich der Kultur erstmal anpassen und sich den lokalen Gegebenheiten öffnen. Und dann gibt es andere, wenn ich jetzt an Stripe und Shopify zum Beispiel denke, die einfach eine Kooperation zusammen machen und gemeinsam den Markt dann erobern in Bereichen, wo es Sinn macht. Also insofern ist natürlich Kultur ja nicht nur die Frage im Unternehmen, sondern auch die Frage, wenn ich wachsen möchte, welche Kultur habe ich auch nach außen? Also wie bin ich als Unternehmen auch im Markt gesehen? Ist es ein Unternehmen, das offen ist, der sich ansprechbar bin, wo ich sagen kann, mit dem kann man auch reden, gerade wenn es jetzt auch so ein paar Politik geht, kann man die einmal einladen zum Roundtable, beteiligen die sich auch vielleicht mal im Gesetzgebungsverfahren, was Mitgliedschaften in Verbänden und Vereinen angeht, Bundesverband Deutsches Startup, wer engagiert sich da, wer nicht. Das sind natürlich alles so Themen, was natürlich auch viel über die Kultur eines Unternehmens aussagt, ob ich jetzt nur sage, bin auf mich fokussiert und Geld scheffeln und machen und tun oder ob ich sozusagen auch Teil der Community bin und eben auch offen bin zu kooperieren. Da sehen wir ja auch viele Corporates, die sozusagen jetzt mehr und mehr auch in Berlin hier ihre Selektoren und Inkubatoren und Corporate Venture Funds eröffnen, weil sie natürlich sagen, Mensch, wir müssen uns öffnen, Wir müssen unsere Kultur da auch ändern, weil wir brauchen da auch die Zusammenarbeit mit den Startups, mit den High-Growth-Companies, weil wir sehen, das wird unsere Zukunft sein, dass wir hier in junge Gründer investieren, dass wir hier early on uns engagieren für Unternehmertum, für die nächsten Tech-Heavyweights, die hier entstehen. Und insofern, da ist, glaube ich, sehr viel Wind of Change, dass jede Gruppe so ein bisschen anders. Wir wissen ja, in Bielefeld zum Beispiel ist es ja eben auch das Rezidententum sozusagen von der Familie Mohen, die sozusagen dort die Founders Foundation entstehen lassen. in Heidelberg, Schwarzfamilien, die da viel macht und aufbaut. Also die Regionen werden immer sichtbarer. Dort entsteht sozusagen auch eine neue Offenheit, eine neue Kultur. In Corporates sehe ich in den letzten Jahren, dass da viel mehr Offenheit und kultureller Wandel stattfindet, zum Arbeit auch mit den Startups, aber auch bei den Startups selber. Also da muss man schon sagen, dass gerade die, die etwas größer sind, noch nicht mal Unicorn, aber einfach wirklich auch in einer bestimmten Phase, ich sage mal so ab 100 Millionen Umsatz und weiter, auch eine Verantwortung wahrnehmen und sich einbringen in Debatten, wenn es darum geht, Fachkräftemangel war ja vor ein paar Jahren ein Riesenthema, ja, und dann ihre Meinung dazu kundtun und aktiv mitarbeiten, wenn es darum geht, Kooperationen einzugehen, sich für die Community auch zu engagieren und auch zurückzugeben. Da passiert eine Menge und es sind viele kleine Rädchen, die sozusagen da zusammenspielen.

Joel Kaczmarek: Jens, wie ist denn das bei dir? Du konntest mir, glaube ich, zu jedem Zeitpunkt in der Firmengeschichte sagen, wie viele Nationen ihr bei euch in der Firma habt. Thilo hat ja einen Punkt. Es gibt ja diesen schönen Satz immer, Berlin Mitte ist not a valid test market, weil schon irgendwie auch ein bisschen verrückt hier alles. Aber hättest du so eine Firma wie WOOGA auch in Köln aufbauen können oder in Hamburg oder in irgendeiner anderen deutschen Stadt?

Jens Begemann: Ich glaube nicht. Also was wir für WOOGA brauchten, das war diese Mischung aus Technologie, Kreativität und Internationalität. Das war für uns ganz wesentlich. Und als wir damals gelauncht sind, haben wir in acht Sprachen gelauncht mit acht Countrymanagern. Also wir hatten acht Praktikanten und jeder von den Praktikanten war Countrymanager Italien, Countrymanager USA und so weiter. Für uns war Deutschland immer nur ein Markt von vielen. Also Berlin-Mitte ist natürlich eine Blase, die mit dem Rest von Deutschland wenig zu tun hat. Für uns war aber immer ganz klar, Deutschland ist weniger als 10 Prozent des Umsatzes und wir gehen das von Tag 1 global an. Und da war für uns schon sehr wichtig, eben Mitarbeiter aus ganz, ganz vielen Nationen zu haben. divers zu sein, nicht mit einer Gruppe heterosexueller deutscher Männer zu versuchen, Spiele für ein diverses internationales Publikum zu machen. Und deswegen, Internationalität war uns sehr wichtig, Technologie und diese Start-up-Kompetenz, die Berlin hat und auch das Thema Kreativität. Also in Berlin gibt es ja doch auch wirklich, ich will mich jetzt nicht in kein Fettnäpfchen setzen, deswegen vergleiche ich Berlin jetzt nicht mit anderen deutschen Städten, aber es gibt auch sehr viele Künstler, auch sehr viele, denen es eben jetzt nicht nur um das Kommerzielle geht, sondern denen es auch um die Kunstform und auch vielleicht Spiele als Kunstform geht. Und diese Mischung war insbesondere damals 2009, glaube ich, schon sehr einzigartig in Deutschland.

Joel Kaczmarek: Ist das bei euch anderen so? Also ich meine, es gibt ja ganz viele Faktoren, die man aufzählen kann. Universitäten, teilweise sogar die Zeitzonen, habe ich mal gehört, wenn man Investorencalls nach Asien und USA hat. Politiknähe, Personalverfügbarkeit, ganz viele kommen hierher, wollen hier arbeiten, weil es hier coole Bars gibt. Das sind banale Dinge manchmal, ja. Merkt ihr, dass das Berlin irgendwie so ein Erfolgsfaktor für euch war als Standort?

Heiner Kroke: Wir sind sozusagen zufällig nach Berlin gekommen, weil der Gründer einfach hier wohnte. Das war nicht die große strategische Entscheidung. Und wir waren auch über lange Zeit ein sehr deutsches Unternehmen. Also bis vor wenigen Jahren haben wir am Bürostandort nur Deutsch gesprochen. Wir hatten keinen Mitarbeiter, der nicht Deutsch sprach. Das hat sich dramatisch geändert. Heute haben wir hier von 150 Mitarbeitern 20 unterschiedliche Nationen. Beide sprachen Deutsch und Englisch, als Momox Office sprach. Natürlich ist der Standort Berlin einer der Erfolgsaktionen, weil einfach viele junge Talente, egal ob aus Deutschland oder international, nach Berlin wollen, weil zum Beispiel die Bars besonders cool sind. Das Problem, was wir alle daran inzwischen sehen, ist der Vorteil von Berlin, nämlich dass Berlin arm, aber sexy ist. Der schwindet etwas, weil es eben noch sexy ist, aber vielleicht nicht mehr so arm. Verfügbarkeit von Wohnraum doch gerade für Mitarbeiter, die neu nach Berlin eine echte Challenge wird. Nicht nur Verfügbarkeit, sondern eben auch der Kostenfaktor eine Herausforderung ist. Und gerade dann immer, wenn man Mitarbeiter eben nicht aus dem EU-Ausland hat, die dann irgendwie eine Bluecard brauchen oder ähnliches, wahnsinnig mit den Behörden kämpft. Der große Vorteil, den Berlin über die letzten Jahre gehabt hat, schwindet doch zunehmend. Und wir reihen uns etwas mehr in das Cluster der anderen Großstädte der Welt ein, wo Leben irgendwie teuer ist und trotzdem noch sexy.

Tilo Bonow: Und genau das hat ja dazu beigetragen, dass wir jetzt mit ihren großen Unicorns hier haben, dass unsere Szene wirklich wahnsinnig durch den Deckel geschossen ist. Früher konntest du die Startups in einer Hand abzählen. Mittlerweile sind es ja hunderte und allein die Community an Mitarbeitern, wenn du überlegst, wie viele Mitarbeiter, Zalando etc. alle in sich vereinen, das ist ja Wahnsinn, was da auch an Talent und auch Talent ist. an Startup-Universitäten entsteht, die Leute auch wieder ausbilden, die dann wieder selber auch den Mut fassen und sagen, ich gründe jetzt. Insofern ist es ja wirklich da, wo wir zum Thema Netzwerk kommen, da bilden sich ja ganz neue Netzwerke und neue Knotenpunkte, die sozusagen entstehen. Und ich sage mal, bis auf jetzt einen Flughafen, der uns direkt nach San Francisco bringt und die Investoren wieder zurück, haben wir eigentlich alles, was eine gute Soße ausmacht, um noch erfolgreicher zu werden.

Jens Begemann: Mir ist es so auch lieber als vor zehn Jahren. Also natürlich ist es so, dass das Auswirkungen hat im Wesentlichen auf, wie teuer Büroraum ist und was man an Gehältern bezahlen muss. Bei den Gehältern wahrscheinlich Faktor zwei gegenüber vor zehn Jahren und beim Büroraum eher so Faktor drei bis vier. Das ist natürlich ein großer Unterschied, aber gleichzeitig ist Berlin so attraktiv. Also wenn wir neue Mitarbeiter einstellen, wir suchen nicht in Berlin, sondern für Berlin. Also wir suchen wirklich weltweit und über die Hälfte unserer neuen Mitarbeiter, in dem Moment, wo die den Arbeitsvertrag unterschreiben, sind die im Ausland und leben eben nicht in Deutschland. Und das ist schon eine Attraktivität, die besonders ist. Also gerade wenn man sehr spezielle Talente sucht, in sehr speziellen Bereichen, da ist man eben nicht nur limitiert mit denen, die eben schon in Berlin leben.

Joel Kaczmarek: Gut, soviel für den Moment. Wer wird als nächstes 15 von euch? Wie sind die Gründungszahlen? Ihr seid wie alt?

Jens Begemann: Zwölf.

Joel Kaczmarek: Jens?

Jens Begemann: Zehneinhalb Jahre.

Joel Kaczmarek: Okay, dann bist du ja weiter hinten.

Claudia Frese: 14, also nächstes Jahr.

Joel Kaczmarek: Und du warst bei?

Tilo Bonow: Jetzt sind es 2006, oh Gott, Mathe war nicht meine Stärke.

Joel Kaczmarek: Gut, dann freuen wir uns beim schönen Mayhemmer dann auf unsere nächste Runde vielleicht. Aber gern. Bis dahin, glaube ich, wenn ich mal auf meinen Blog gucke, was ich mir alles mitgeschrieben habe, was irgendwie Erfolgsfaktoren sind, ist ganz schön viel dabei gewesen eigentlich. Kundenfokus, Nachhaltigkeit, Pricing, Verkaufen können, Product Market Fit, Too Big to Fail, Veränderungen anstoßen, Einstiegshürden schaffen und so weiter und so fort. Also ich glaube, es war einiges dabei und ich danke euch ganz herzlich für die Gastfreundschaft hier in den heiligen Hallen von Momox und euch anderen natürlich für euren tollen Input. Vielen Dank.

Heiner Kroke: Gerne. Vielen Dank.

Jens Begemann: Dankeschön.