Sankt Oberholz: Von der digitalen Bohème zum Immobilien-Entwickler

17. November 2021, mit Joel Kaczmarek

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich digitales Unternehmertum mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute wird es fast intellektuell. Wir sprechen nämlich über die Entgrenzung der Arbeit durch Digitalisierung. Wow, denkst du jetzt, was ist das denn für ein abgefahrenes Thema? Und es wird noch spannender, denn eins der Urgesteine der deutschen Digitalwirtschaft sitzt mit mir heute am Tisch. Ich würde fast behaupten, ihr habt alle entweder dort angefangen oder mit Menschen zu tun gehabt, die dort angefangen haben oder irgendwie eine Brücke zu ihm haben. Es geht um den lieben Ansgar Oberholz. Das St. Oberholz ist ja wirklich eine Institution. Es hat Bücher darüber schon gegeben. Das heißt, auf der gastronomischen Ebene wart ihr da vielleicht auch schon mal unterwegs. Aber der Kollege macht auch ganz viel Coworking, Beratung und noch einiges mehr. Also ihr werdet merken, Ansgar ist nicht nur ein Lexikon des Wissens, sondern auch eine Enzyklopädie, was Kontakte angeht und auch Geschichten. Deswegen freue ich mich total, heute mit ihm mal einzutauchen, wie das Ganze eigentlich entstanden ist, wie so die Genese war von Gastronomie über Coworking zu dem, was er heute tut und was er eigentlich so denkt, wenn wir die Bürofrage mal neu stellen, gerade vor dem Hintergrund von Remote und Co. Und wir werden uns auch Mühe geben, dass wir nach hinten raus auch mal ein bisschen darüber sprechen, nicht immer nur für die White-Color-Fraktion, also die Leute, die hier Wissensarbeit machen, über Digitalisierung zu reden, sondern vielleicht auch mal den ein oder anderen Anblick für Unternehmen zu liefern, die mit Leuten zu tun haben, wo Präsenzarbeit quasi nicht vermeidbar ist, aber auch da Digitalisierung Einzug halten soll. So, that being said, lieber Ansgar, wurde dir das halbwegs gerecht?

Ansgar Oberholz: Klingt irgendwie spannend, ja.

Joel Kaczmarek: Schön, dass du da bist. Erzähl doch mal, wie bist du zu dem ganzen Zirkus hier gekommen? Wie hast du angefangen? Was waren so deine ersten Berufsschritte?

Ansgar Oberholz: Ich habe witzigerweise mit 15 meine erste Gründung erlebt, ohne dass ich richtig wusste, dass es eine ist. Ich habe für meinen Vater, der niedergelassener Arzt war, mit dem Commodore 128 in BASIC die Privatabrechnung programmiert und habe damit ein ganzes Wochenende mit meinem Vater, mit einer Mitarbeiterin, Auf einen Nachmittag mein Vater und ich runter reduziert, also damals schon harte Effizienzsteigerung und habe das Ding auch zweimal noch an Kollegen meines Vaters verkauft. War dann total genervt von dem Support, denn die Söhne der jeweiligen Väter haben mich dann immer angerufen samstags, wenn irgendwas nicht lief und ich hätte vielleicht das weiter ausrollen sollen, habe ich aber nicht und bin dann später direkt nach dem Abi nach Berlin gegangen. Und hatte in dieser gleichen Zeit, als ich diese Software geschrieben hatte, habe ich auch mein erstes richtiges Arbeitserlebnis gehabt. Und zwar habe ich ziemlich großen Mist gebaut und habe meinem Vater Geld geschuldet. Und er hat mir netterweise einen Ferienjob bei Ideal Standard, das ist ein Armaturenhersteller, besorgt. Und da habe ich mich dann im Hormonstrudel mit 15 in Osterferien statt draußen mit den anderen am Fließband in Akkordarbeit wiedergefunden. Und war sehr geschockt, weil ich feststellen musste, wie langsam Zeit vergehen kann. Noch langsamer als in der Schule. Und das war mein erstes richtiges Arbeitserlebnis und ich war ernsthaft geschockt, auch davon, dass die Leute, die das getan haben, teilweise gar nicht dabei unglücklich wirkten, sondern sehr zufrieden. Und von diesem Tag an eigentlich habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie muss denn eigentlich Arbeit gestaltet sein, dass sie mich nicht schockt und was heißt eigentlich Arbeit und was kann alles Arbeit sein? Und hatte eigentlich von diesem Erweckungsmoment an immer dieses Thema vor mir und bin dann nach dem Abi, nach Zivildienst, nach Berlin gegangen, um dort, das war der einzige Ort, wo man Physik, Informatik und Philosophie kombinieren konnte. Da sieht man schon diese

Joel Kaczmarek: Ich habe gerade gedacht, ich glaube, die physikalische Definition von Arbeit ist Masse mal Bewegung oder so ähnlich.

Ansgar Oberholz: Ja, genau. Die ist noch relativ eindimensional, wenn man so will. Und man konnte das dort kombinieren. Leider waren aber auch, ich bin 1993 nach Berlin gekommen, waren die Ablenkungen in dieser Zeit in Berlin sehr groß. Und ich habe damals auch schon angefangen zu gründen, habe als Musiker gearbeitet, dachte auch, ich würde vielleicht Rockstar.

Joel Kaczmarek: Was spielst du denn?

Ansgar Oberholz: Gitarre, Bass und Gesang.

Joel Kaczmarek: Ich lerne das gerade.

Ansgar Oberholz: Machen wir noch eine andere Folge drüber. Ja, und bin dann eigentlich in den 90er Jahren in Berlin raus aus der Musikszene, haben wir angefangen Sachen zu gründen, eine Agentur gegründet, war mit voll in der ersten Startup-Blase Ende der 90er, dann um 2000, hab da sehr viele auch schmerzhafte Erfahrungen machen dürfen. und ja, hab dann mit Cola Luca zusammen 2005 das St. Oberholz gegründet, ich dachte als eine weitere Etappe, aber ja.

Joel Kaczmarek: Ich finde ja immer geil, dir ist sowas gelungen, es gibt so Läden, da spricht man den Namen aus und es ist einem klar, es ist eine Marke. Das ist so, man realisiert gar nicht, das ist der Nachname von irgendjemandem. Weißt du, was ich meine?

Ansgar Oberholz: Ja, ich weiß sehr wohl, was du meinst.

Joel Kaczmarek: Und bei dir ist das so. Also ich hätte jetzt mit Katschmarek, da würden eine Million Menschen das falsch aussprechen, da würde ich immer Frust schieben. Deswegen, das finde ich bei dir hochgradig beeindruckend, dass man, ja, das ist Sankt Oberholz, ja, cool. Ach, der heißt doch so der Typ, ach so.

Ansgar Oberholz: Ja, das geht ja so weit. Also erstens habe ich das Gefühl, ich habe meinen Nachnamen verloren. Ja, krass. Auch wenn ich im Wartezimmer beim Arzt aufgerufen werde, ist es ein bisschen surreal. Und wenn mich Leute fragen, wie heißt du eigentlich mit Nachnamen? und ich sage Oberholz, dann sind sie so, ja klar. Also man glaubt mir, du hast total recht, es scheint sehr gut zu funktionieren, dass das als Marke wahrgenommen wird, weil man mir noch nicht mal mehr glaubt, dass ich so heiße.

Joel Kaczmarek: Ich meine, es ist ja auch durchaus sozusagen forciert worden. Also für diejenigen, die es vielleicht wieder erwarten, nicht kennen, wenn man in Berlin ist, Mitte ist halt immer so die verrückte Internet-Bubble. Und da gibt es halt diesen Rosenthaler Platz, wo dieses Café St. Oberholz ist, mit zwei Etagen damals. Also als ich angefangen habe, war das so Erdgeschoss plus erste Etage.

Ansgar Oberholz: Ist heute immer noch so.

Joel Kaczmarek: Ja, okay. Und mittlerweile habt ihr, da hätte ich gesagt, noch Coworking drüber zugenommen, oder?

Ansgar Oberholz: Im ganzen Haus, also wir bespielen das ganze Haus. Ja, guck, krass.

Joel Kaczmarek: Und wenn ich mich richtig entsinne, war es Sascha Lobo, der dieses Buch geschrieben hat, wir nennen es Arbeit, habe ich es richtig in Erinnerung? Korrekt. Und das spielt er bei euch, wo er gesagt hat, so prokrastinieren war immer sein Thema und wie sieht so die Arbeit der Gegenwart aus? Ein bisschen passt das eigentlich zu deinem Thema, dass der so ein Buch schreibt.

Ansgar Oberholz: Ja, witzigerweise Sascha Lobo und Holm Friebe haben, wir nennen es Arbeit, geschrieben 2006 und die saßen große Teile, während sie diesen Text geschrieben haben, bei uns im Oberholz. Waren auch Teil der Community. Sascha Lober ist auch gerne mal hinter den Tresen. Hat den mit Firmware aufgebauten Linksys-Router irgendwie neu gestartet oder nochmal neu konfiguriert. Und hat auch etlichen Gästen erklärt, dass sie eine feste DHCP-Adresse brauchen. Also Nerd-Zeug halt. Und ja, das Buch hat auf jeden Fall dem Ganzen so eine Art Rahmen gegeben. Weil es war ein Phänomen, wir wussten ja selber nicht, was da passiert. Wir wussten nur das, was passiert. Und wir fanden es natürlich auch sehr verrückt. dass das so viele Leute angezogen hat. Das war ja sehr schnell, waren wir nur noch im Laden, in dem nur noch Leute mit Laptops saßen, obwohl ja bis heute du auch einfach so dort hingehen kannst.

Joel Kaczmarek: Das fand ich immer unangenehm, muss ich dir gestehen. Das ist ja überhaupt nicht deine Schuld, kannst du überhaupt nicht beeinflussen. Man geht durch diesen Raum und ich schaue nur so eine, meistens die Äpfel an, du guckst gegen so eine Wand. Und dann gibt es aber auch ganz viel wieder Energie, wenn die Leute halt um den Tisch rum sitzen und irgendwelche, weiß ich nicht, Investoren-Pitches diskutieren.

Ansgar Oberholz: Ja, es ist beides. Und es sind auch so tageweise Atmosphären. Manchmal ist es sehr konzentriert und manchmal ist es sehr lebendig, manchmal bricht das auch auf. Es gibt dann doch oft mehr Interaktion zwischen den Leuten, als man denkt. Aber natürlich der Grundzustand, also warum gehe ich gerade heute an so einen dritten Ort in ein Café, weil ich Fokus haben will oder eben nicht abgelenkt sein will. Das ist bis heute ein sehr besonderer Ort. Es gab auch, als das dann so 2010 auch immer mehr mit den Startups wichtiger wurde, gab es mehrere Leute, die aus dem Silicon Valley nach Berlin kamen und die immer gesagt haben, wow, ich habe noch nie so einen Ort gesehen, auch nicht im Silicon Valley, wo so viele Laptops und so viele offensichtlich Gründer und Gründerinnen an einem Ort sitzen.

Joel Kaczmarek: Also ich muss einen Satz noch zu Sascha Lobo sagen, der macht mich ja immer fertig. Das ist immer so, egal was ich von dem politisch lese, ich denke immer so, der hat immer recht. Das ist immer so unwiderlegbar richtig. Und dann denke ich manchmal, wenn ich Politik sage, what would Sascha Lobo do?

Ansgar Oberholz: Auf jeden Fall. Ich bin auch sehr traurig, dass er seine Kolumne, er hat doch die Spiegelkolumne und danach hatte er einen Podcast, wo er immer die Kommentare der Kolumne quasi diskutiert hat. Den vermisse ich sehr, den hat er eingestellt. Aber ja, sehr schlauer Kopf.

Joel Kaczmarek: Und ich verstehe ein bisschen, was du meinst. Mir ging es teilweise so, wenn ich gependelt bin, ich habe die konzentrierteste Arbeit teilweise in der S-Bahn gehabt, wenn ich den Laptop auf dem Schoß hatte. Ich habe schon mal darüber nachgedacht, ob ich immer im Ring im Kreis fahre, war mir dann aber zu dumm. Und jetzt möchte ich von dir natürlich wissen, was ich mit dem St. Oberholz geschafft habe. Wie viel davon war Plan, wie viel war Zufall? Also was war eigentlich der Ansatz, mit dem ihr gestartet seid und wie ist es dann so geworden, wie es jetzt ist?

Ansgar Oberholz: Also es war, wir haben irgendwann rausgefunden, dass dieser Ort am Rosenthaler Platz, damals kannte ich mich schon einigermaßen gut in Berlin aus, es war irgendwie irre, dass der Rosenthaler Platz 2005, wenn man jetzt Fotos sehen würde, würde man denken, es war kurz nach dem Zweiten. Weltkrieg. Der war extrem unterentwickelt, da standen teilweise die Eckhäuser komplett leer mit keinen Fenstern drin. Es war also die Idee zu erkennen, okay, man kann diesen Platz noch prägen und man kann ihn entwickeln. Sicherlich mit so einem markanten Eckgebäude, mehr als mit einem in der Seitenstraße. Und dann sind wir auf die Geschichte des Hauses gestoßen, nämlich das ist als Aschinger erbaut worden, 1898. Und in den 20er Jahren waren dort Alfred Dublin und George Cross Stammgäste und das war ein Ort der Bohemen. Und witzigerweise auch durch das Buch von Sascha Lobe und Holm Friebe ist ja der Begriff digitale Bohemien geprägt worden, den man heute kaum noch benutzt, weil das eigentlich auch nicht mehr passt, weil es ist nicht mehr so Bohemien, sondern eher nur noch digital. Und du, wir haben dann festgestellt, was für eine irre Geschichte dieses Haus hat. Es gab dieses Haus, was quasi mit einem sehr innovativen Vermieter, mit dem wir mittlerweile befreundet sind, das gemeinsam eigentlich entwickelt haben. und da gab es diese riesen Chancen, da haben wir das gestartet und Geplant war der Teil der Arbeit schon eher aus einem sehr persönlichen Aspekt heraus. Ich habe damals schon remote gearbeitet, hatte einen Laptop. Das klingt jetzt vielleicht so albern, aber 2005 war das alles andere als normal. Das ist mindblowing. Die Dinger waren teuer und funktionierten eigentlich nicht. Es gab übrigens, by the way, auch noch keine iPhones.

Joel Kaczmarek: 2007, stimmt.

Ansgar Oberholz: Ja, und WLAN war auf jeden Fall da, aber war irgendwie noch so eine Nerd-Technologie eher. Also man hatte das noch nicht zu Hause so richtig, weil das funktionierte halt nie so gut. In dieser Bubble haben wir quasi diesen Ort geschaffen, haben schon damit gerechnet, dass Arbeit da eine Rolle spielen könnte oder dass auch Leute da arbeiten können sollten, aber wir haben niemals damit gerechnet, dass das so eine Monokultur wird und dass wir da so überrannt werden. Man darf auch nicht vergessen, 2005 war es auch und die ersten Jahre noch, es war nicht cool irgendwo ein Laptop aufzuklappen, so ein bisschen wie in der ersten Zeit mit dem Mobiltelefon. Das war sehr angeberisch oder sehr, okay, jetzt braucht da jemand ganz viel Aufmerksamkeit. Also 2005 in der S-Bahn einen Laptop aufklappen, da musstest du schon ganz schön breite Schultern haben. Mal davon abgesehen, dass er ein bisschen hochgefahren wäre und so weiter, du eh schon da gewesen wärst.

Joel Kaczmarek: Aber du hast recht, ich habe 2005 in der Uni meinen Laptop gehabt. War genau das, was du gesagt hast. Ach, hier so ein Wichser da, BWLer oder was? Nee, Medienfuzzi, okay. Und hinterher, wenn die Prüfung kam, dann kam die mal zu mir. Sag mal, du hast doch jede Volli so mitgeschrieben, oder? Ja. Ja, ich würde heute mit meinem Sohn oder meiner Tochter wahrscheinlich ein iPad mitballern und dann irgendwelche Cloud-basierten Microsoft-Geschichten.

Ansgar Oberholz: Es gibt keine Studierenden ohne Laptop oder iPad. Und übrigens in der Oberstufe auf Gymnasium eigentlich auch nicht.

Joel Kaczmarek: Crazy.

Ansgar Oberholz: Ja, aber dann gab es den schönen Moment, dass wir gemerkt haben, okay, hier entsteht irgendwas. Das war auch echt eine irre Zeit. Das war sehr aufregend. Nicht zuletzt durch das Buch, aber es gab ein extremes Medienecho. Die hauptsächliche Frage war, Was machen die Menschen da? Was tun die da? Und wir haben gesagt, naja, die arbeiten. Und das passte sehr gut zu dieser Resonanzwolke auch des Buches. Wir nennen es Arbeit, weil das war dieser große Kulturschock, auch für die Feuilletons und natürlich auch für viele Leute, die halt auf dem Weg ins Büro immer nur diese ganzen Menschen da im St. Olaf gesehen haben, denen es irgendwie offensichtlich auch sehr gut ging, die sehr viel Spaß hatten. Und das ist ja eh so ein deutsches Paradigma. Es kann ja nicht Arbeit sein, wenn es nicht Spaß macht. Ich glaube, da sind wir so ein bisschen weg von. Aber 2005 war das natürlich noch sehr präsent. Und da dezentral, digital zu arbeiten, das Platzen der ersten Startup-Blase war noch nicht richtig verheilt. Das heißt, das war auch eher ein bisschen anzüglich, so digital zu arbeiten. Das klappt ja eh nicht. Das haben wir übrigens in Deutschland leider immer noch so ein bisschen. Wenn man es nicht anfassen kann, ist das eher ein bisschen verdächtig. Das war dieses Phänomen, in dem wir uns bewegt haben. Und glücklicherweise, weil aus gastronomischer Sicht Was jetzt sagen wir mal den Durchschnittsbon angeht, ist das bis heute schwierig, aber wir konnten dann in das Haus reingewachsen, konnten quasi dieser Community, dieser neu entstandenen Bewegung entlang immer wieder Produkte entwickeln und das tun wir bis heute. Schönerweise über 15 Standorte, über 15.000 Quadratmeter managen wir heute für flexible Offices und für diese Art zu arbeiten. eigentlich und das ist natürlich eine irre Geschichte, wenn man das bedenken lässt, dass man mit so einem Dublin-Café losging.

Joel Kaczmarek: Hey du, ich kann mir aber auch total vorstellen, wie so ein Medienfuzzi ist da bei dir reinturnen und dann sagen, wie ist denn das hier mit dem Arbeiten? Genau wie du sagst, wenn es sich gut anfühlt, kann es ja keine Arbeit sein. Heute würde wahrscheinlich noch kommen so, ja, sitzen hier nicht potenzielle Terroristen, die dann so die Anonymität des Webs benutzen, um irgendwelche Ansprüche, weißt du, was ich meine? So immer dieses, immer das Schlimmste, was ist das Worst-Case-Szenario, was ich mir vorstellen kann in so einem Setting? Und das pinsel ich jetzt mal da so hin. Aber gut.

Ansgar Oberholz: Also erstens hatte ich eine Zeit lang das Gefühl, dass vor allen Dingen Journalisten, die das Phänomen untersucht haben, man muss wissen, vor allen Dingen Redaktionen waren, ich glaube, bis vor Corona extrem oldschool organisiert, mit viel Präsenzkultur, mit viel Hierarchien. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist, aber ich habe quasi

Joel Kaczmarek: Wahrscheinlich immer noch.

Ansgar Oberholz: Und logischerweise ist das gerade eine Kränkung, vielleicht auch für jemanden, der fürs Föhnertum der Zeit arbeitet, das dann zu erleben, dass es eben auch anders geht. Das hatte ich manchmal so ein bisschen das Gefühl, dass es auch so eine Neiddebatte war. Und es war, du hast absolut recht gehabt, wir hatten auf jeden Fall extreme Probleme mit, also wir haben immer wieder technische Herausforderungen gehabt und wir haben auch einen Präzedenzfall geschaffen für illegale Downloads. Das war ein Riesenthema, das plötzlich als die Abmahnindustrie aufkam, wurde ich, das war damals eine GbR.

Joel Kaczmarek: Betreiberhaftung und so, ne? Ja.

Ansgar Oberholz: Keine Ahnung, wie oft ich quasi angeklagt wurde. Und wir hatten auch, ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, es gab, ich weiß gar nicht genau, wann das war, es gab irgendwann für ein paar Wochen eine Firefox-Erweiterung, mit der du mit Leuten, die im gleichen WLAN waren, ins Facebook reingucken konntest. Und das war bei uns so ein paar Wochen lang so irgendwie krass. Und dann haben wir quasi Schilder auch hingestellt, hey, ihr dürft das nicht benutzen und so. Und dann haben wir den Gästen empfohlen, benutzt kein Firefox. Und das war irgendwie, das heißt, dieses Phänomen ist immer entlang technischer Phänomene auch entwickelt worden, ne? Nicht zuletzt mit dem Smartphone.

Joel Kaczmarek: Und wie hast du das geregelt gekriegt, wenn einer übernäpster sich die Mucke gezogen hat und du wurdest drangeballert?

Ansgar Oberholz: Also das Interessante auch da ist, ein juristisches Phänomen haben wir dann, nachdem wir dem nicht mehr Herr wurden, am Anfang war das so, wir hatten einen sehr guten Anwalt, konntest mit so einer Gegenschrift Hast du einen Vergleich unterschrieben, aber ohne Geld und dann konntest du das in der Regel gut abwenden, weil die andere Seite merkte dann, okay, da kennt sich jemand aus und dann haben die das nicht versucht durchzusetzen. Normalerweise ging es ja um Privatpersonen und da kommt so ein Brief und diese Briefe sehen übrigens auch aus, als hättest du eigentlich gerade jemanden erschossen. Und die meisten fühlen sich dann auch total ertappt und sagen, ja komm, wir zahlen die 800 Euro, ich mach das nie wieder. Und das funktionierte bei uns halt nicht, deswegen haben wir die meisten Sachen so abbügeln können. Witzigerweise bis auf ein Verfahren und das haben wir dann exemplarisch auch durchgeboxt. Das haben wir verloren, aber wir haben nur 40 Euro gezahlt. Mit einem sehr witzigen Richter auch. Aber wir haben es technisch gelöst, indem wir einen VPN dazwischen geschaltet haben, für die Performance nicht gerade gut. Das heißt, die IP-Adresse, die man dann noch sehen konnte, also die unser Provider sehen konnte, war eine russische und die werden einfach nicht verfolgt. Das heißt, wir haben also das technisch gelöst, nicht juristisch.

Joel Kaczmarek: Nicht schlecht. Einmal durchgeschnorchelt nach Russland und zack hat man seine Ruhe. Sehr gut. Okay, aber ich merke schon, wir beide schweifen hier in alte Männergeschichten ab. Papa und Opa erzählen vom Krieg so ungefähr. Oder die beiden Opas. Coworking kam dann irgendwann bei euch auf. Und das ist immer die Sekunde, wo ich meinen Hut ziehe. Also Gastronomie ist ja schon eine unternehmerische Leistung und keine kleine, wie man sagen darf. Aber dann auch noch zu sagen, ich habe hier die Vision, da was draufzulegen und das weiterzudenken. Mit welchem Ansatz seid ihr da damals unterwegs und jetzt heute?

Ansgar Oberholz: Ja, ich habe auch mittlerweile viele Startups begleitet und beraten und ich sage auch immer, wenn du einmal erfolgreich ein gastronomisches Unternehmen aufgebaut hast, dann kann dir danach nicht mehr so viel passieren. Weil in der Gastronomie, da hast du recht, da ist wirklich alles drin. Auch wie du die Teams führst, ist extrem herausfordernd und extrem kleine Margen, die dir ganz schnell weggehen können, wenn du eben nur einmal zu teuer einkaufst. Also sehr herausfordernd.

Joel Kaczmarek: Ganz kurzer Diskurs dazu. Ich arbeite gerade mit einer neuen Partnerin jetzt irgendwie auch zusammen, die meinte, in Gastronomie und Hotellerie würde ich immer Leute einstellen, die von da kommen. Ich sage, wieso? Die sind gewohnt, für wenig Geld zu arbeiten, richtig hart zu arbeiten und dabei immer nett zu bleiben.

Ansgar Oberholz: Ja, das ist auf jeden Fall richtig. Und jetzt gibt es gerade einen extremen Fachkräftemangel. Vielleicht hängt das schon mit deiner Aussage zusammen.

Joel Kaczmarek: Ich werbe den hier die Leute ab, genau. Liebe Dehoga, tut mir leid. Gut, Entschuldige, abziehen wir weiter.

Ansgar Oberholz: Damals gab es eigentlich die große Frage, also ändern wir das gastronomische Konzept? Es war profitabel, es hat funktioniert, aber es war halt nicht so profitabel. oder hat nicht solche Margen abgeworfen, wie es hätte abwerfen können, wenn man das Internet ausgeschaltet hätte, um es mal ganz doof zu sagen. Aber damit hätten wir ein ganz anderes Konzept gehabt und es hätte mich und meine Gründerin nicht weiter interessiert. Und deswegen haben wir dann überlegt, wie können wir dieses Phänomen weiter in andere Produkte vermarkten? und dann hatten wir ja schönerweise dieses recht freie Gebäude, was auch heute kaum vorstellbar ist am Rosenthaler Platz und konnten quasi mit der Community gemeinsam rauskriegen, was denn gebraucht wird. Wir sind einmal erst komplett falsch abgewogen, nämlich wir haben dann gesagt, okay, ganzen Tag arbeiten, also muss man hier auch schlafen können, haben wir In zwei Etagen, so eine Art Mini, also es waren eigentlich Ferienapartments, wie so ein Mini-Hotel aufgebaut. Das hat auch einigermaßen funktioniert, bis dann Eric Walforst von Soundcloud kam und meinte, hey, übrigens, wir haben totalen Platzmangel. Es ist super, dass ihr Apartments habt, aber können wir da drin auch arbeiten? Und dann haben die Community-Team und so weiter reingesetzt. Witzigerweise nicht groß umgebaut. Man muss sich so Bilder vorstellen, wie dann Leute auf dem Bett gelegen haben und halt gearbeitet haben. Auch da wieder die Frage, was machen die? Ja, die arbeiten ja. pflegen die Soundcloud-Community. Und für das Team war das natürlich ein großer Spaß. Die fanden das super toll, in einem Apartment quasi zu sein, wo drei Schlafzimmer waren und ein riesen Esszimmer. Wir haben aber dann gemerkt, okay, das braucht also offensichtlich auch Büroflächen und andere Flächen neben dem Café und haben daraus eigentlich auch, ich glaube, der erste Coworking Space in New York hat auch 2005 aufgemacht. Der Begriff war damals noch mir gar nicht so richtig geläufig. Haben dann 2007 aber diese Apartments gemacht, haben die eher schon wie Büros genutzt und dann später das eigentlich immer weiter umgewandelt. Und zu der Zeit war das noch sehr Auf individuelle Memberships geprägt, also einzelne Leute, eigentlich war ein Klassiker vom Café unten, bis du hast gemerkt, okay, jetzt brauche ich irgendwie mehr oder mehr Ruhe oder schnelles Internet und so weiter, weil kein VPN-Tunnel, dann gehe ich eben hoch und buche mir da so eine Monats-Membership. und das ist dann aber schnell in den letzten Jahren vor allen Dingen auch zu einer Frage der Büroflächen geworden und das machen wir vor allen Dingen heute. Also das ist eigentlich die Evolution dahin, dass wir heute Also Headquarter as a Service anbieten und managen für schnell wachsende Startups und Flächen enablen und aktivieren und repositionieren für Eigentümer. Das ist eigentlich das Spannende. Das ist so dieser ganze Bogen vom Arbeiten im Café, wobei da immer auch schon die Frage im Raum war, wie prägt der Raum die Arbeit und wie kann man noch arbeiten? Das heißt, diese Frage stellen wir uns eigentlich bis heute und die begleitet uns auf dem ganzen Weg.

Joel Kaczmarek: Ich habe einmal zwei so Randfragen, die jetzt gar nichts mit der Materie zu tun haben, aber die mich brennen. Warum heißt es eigentlich Sankt Oberholz?

Ansgar Oberholz: Okay, jetzt endlich mal die offizielle Geschichte. Bevor ich das Café mit Kula Luka gegründet habe, gab es einen Verlag, der hieß St. Oberts, der hatte genau das gleiche Logo. Und das war eher so eine, ich habe damals noch eine Agentur gehabt.

Joel Kaczmarek: Das war dein Verlag auch?

Ansgar Oberholz: Das war die St. Oberts Verlagsanstalt und Handelsgesellschaft. extra so sperrig. Und die hatte auch so ein, zwei kleine Produkte. Damals war, so 2003 war Nonnburg, waren so der neueste heiße Scheiß im Buchhandel. Da gab es Plattenbauquartette und wir haben dann rausgebracht ein Zaun Memory, DDR-Zäune als Memory. Das lief auch echt gut. Und das war aber immer so als Nebenprojekt gedacht. Und ich habe dann aber, während wir über dieses Konzept für dieses Café nachgedacht haben, und wir hatten immer die Aschingers, das war eher so ein süddeutsches Konzept, so ein Bier- und Semmel-Konzept. Und dann lag immer das Logo, wie es heute schon aussieht, also man kann es ja jetzt hier nicht sehen, das sah immer schon aus wie, es könnte auch für einen Schnaps sein oder für eine Zigarettenmarke, also eher ein Consumer-Logo würde man sagen. Und dann meinte irgendjemand, also da liegt doch der Name für das Café, das ist doch irgendwie total schön, das ist irgendwie diese Reminiszenz an dieses Süddeutsche, obwohl ich überhaupt nicht aus Süddeutschland bin. Und so kam das und dieses Sankt davor hat es halt so etwas artifizieller gemacht. Und auch damit spielen wir bis heute so ein bisschen die Erwartungshaltung. Warum ist das irgendwie heilig? Wir haben am Anfang oder bis heute auch immer noch mit dem Kirchlichen gespielt. Also wenn du bei uns auf das Desinfektionsmittel drückst, steht da drauf Weihwasser. Das heißt, dieser Stretch zwischen Erwartungshaltung und aber nicht enttäuscht werden als Konsument, damit spielen wir schon immer. Wir haben ja deswegen auch die Tiersprüche draußen auf diesen Tafeln am Café, wo eigentlich steht heute Schnitzel 450. Da steht halt bei uns drauf, verteile das Fell des Bären nicht, bevor er erlegt wird. Und witzigerweise später wurde dann auch immer in der Presse behauptet, das wären mahnende Sprüche an die Startups gewesen, aber die hingen da schon, bevor wir wussten, dass wir ein Ort der Startups werden.

Joel Kaczmarek: Und woher kam das Sankt dann? bei deiner Agentur schon vorher?

Ansgar Oberholz: Ne, die Agentur hieß tatsächlich anders, die hieß aber Lativ Oberholz, also da offensichtlich habe ich doch ein Fable, meinen Nachnamen irgendwo reinzubauen. Aber dieses Sankt war einfach mit diesem Schriftzug, das war irgendwie so witzig, das hätte auch eine Kirche sein können oder ein Dorf in Bayern und das hat einfach funktioniert. Das war so nebenbei beim Bier entstanden und funktioniert bis heute ganz gut. Sogar Amerikaner können es zwar nicht aussprechen, aber es prägt sich ein. Also es gibt nicht wenige Leute im Valley dieses Sankt Oberholz, denen das ein Begriff ist.

Joel Kaczmarek: Ja, nice. Ich finde auch immer cool, wenn man so eine Marke dann durchtreiben kann. Also zum Beispiel, wenn ich so nochmal nachdenke, hier Bits und so, ist ja auch so ein bekannter Podcast und ich glaube, die Firma heißt dann Undsoversum. Also du kannst überall immer dieses Undso ranhängen, ja. Es gibt so ein paar Namen und das ist irgendwie cool, wenn man sowas hinkriegt, dass du so einen Namen hast, der dann immer wieder mit so einem Wiederkennmoment funktioniert. Wenn es bei dir das Sankt zum Beispiel ist, ja, sowas hat seinen Charme.

Ansgar Oberholz: Ja, das ziehen wir auch durch. Also wenn wir in Kreuzberg einen neuen Ort aufmachen, dann heißt das erstmal Sankt Kreuzberg und das ist schon eine ganz witzige Spielwiese, ja.

Joel Kaczmarek: Und zweite Frage, wie kann es sein, dass du in Mitte so eine Fläche hast und bist nicht an so einen Miethall geraten? Also was für ein motherfucking Glück muss man denn da haben?

Ansgar Oberholz: Ja, da an der Stelle großen Dank an Jean-Marie Solvay, unseren Vermieter, der, wie ich eingangs schon erwähnte, mittlerweile auch ein Freund ist, der witzigerweise eigentlich mit Immobilien nie viel zu tun hatte, der eigentlich auch, man könnte sagen, Entrepreneur ist, aber in den 90er Jahren eben ein paar Häuser in Berlin erworben hat. Ein paar gleich. Und damit eigentlich ein bisschen unglücklich war. Und er sagt schönerweise, das mag jetzt sehr kitschig klingen, aber ich glaube es stimmt schon, dass wir so einer der Fälle waren, wo er verstanden hat, was man mit Immobilien machen kann und dass das eben auch positiv verlaufen kann. Und muss man auch wissen, bis zur Finanzkrise war es ja auch nicht so lustig mit Immobilien in Berlin. Heute vergisst man das, weil das irgendwie nur noch nach oben geht. Aber es gab schon Große Herausforderung, das war nicht immer so einfach und der hat uns echt gefördert, der hat uns ermutigt, das zu machen, weil wir waren auch sehr kritisch. Der hat uns auch die Möglichkeit gegeben, ins Haus reinzuwachsen, der hat uns sogar ein Darlehen gegeben, hat gesagt, okay, halb ist ja erstmal nur Betriebskosten, weil er gesehen hat, dass da was entsteht und der stand immer an der Seitenlinie und hat uns angefeuert. Und unser zweiter Standort in der Zedelnicker Straße, der auch immer noch sehr zentral ist, Ist auch sein Gebäude, wo er jetzt auch schönerweise mit seinem eigenen Büro drin sitzt. Einmal im Monat ist er in Berlin. Und ja, also ich würde sagen, die Häuser sind profitabel, aber sicherlich ist das eine Symbiose geworden. Denn man darf ja auch nicht vergessen, klar die Miethöhe ist wichtig für Bewertung von Immobilien, aber ich würde mal behaupten, durch ein St. Oberholz und durch so eine positive Nutzung wertest du natürlich auch eine Immobilie auf.

Joel Kaczmarek: Ein ehemaliger Chef von mir und ich würde den auch als Freund bezeichnen, auch wenn wir gar nicht viel miteinander reden, der macht auch Großimmobilien und der hat irgendwann auch den Dreh erkannt, wenn du in das Erdgeschoss einer Immobilie ein hochwertiges Restaurant reinmachst, dann steigert das deinen Mietpreis und hat dann angefangen, so Sterneköche oder sozusagen diese Konzepte, der hat die Köche rekrutieren lassen von Sterneköchen und die sozusagen geschult, wie die die Speisekarten bauen und so weiter. Wo ich dachte, krass, Business-Building auf Restaurant-Ebene, um Immobilienpreise nach oben zu treiben. Lieber Marc, wenn du das hier hörst, ich ziehe meinen Hut vor dir. Ich weiß gar nicht, ob das Public ist, ich hoffe, er schlägt mich nicht. Aber auch vor dem Kollegen, der euch das vermietet, mega nett. Das wissen viele Leute vielleicht gar nicht so, die nicht so drin sind, aber ich glaube, 8% pro Jahr hast du Wachstum, nur dass das Ding da steht, gefühlt. Also das ist völlig irre. und so viel Wegelagerei und irgendwie Söldner, die da unterwegs sind, deswegen echt respektabel.

Ansgar Oberholz: Aber es gibt einige Vermieter, die, ich meine Profit wollen alle machen, das ist klar, das ist nun mal Kapitalismus, aber man liest halt wenig über die Vermieter, die gute Sachen machen. Das ist halt so.

Joel Kaczmarek: Gut, schön, dass wir das hier heute mal geändert haben. und jetzt kommen wir mal zum Casus Cnaxus, die Bürofrage neu gestellt. Also du bist quasi da reingewachsen, hast mit Gastronomie begonnen, dann so ein Konzept entwickelt, dann Coworking gemacht, machst mittlerweile auch fleißig Beratung. Wie geht es dir denn damit? Weil was man ja so sieht ist, alles klar, Zwangsdigitalisierung durch Corona, man hat irgendwie realisiert, also ich nehme mich da auch nicht aus, okay, das geht auch irgendwie alles remote und dann hat man ja sozusagen so Schübe, die da einsetzen. Also der eine beschäftigt sich mit Dezentralisierung, der andere lustigerweise gerade wieder eher mit Rezentralisierung. Man will wissen, wie kriege ich die Kultur hin, wie kann ich Wissensaustausch ermöglichen und und und. Was ist so, wenn wir mal ein bisschen Satellitenebene starten, dein Big Picture auf die Bürofrage heutzutage?

Ansgar Oberholz: Ich würde am liebsten ein Bild aus der Kommunikationswissenschaft nehmen, denn da hat man festgestellt, dass immer wenn eine neue Art der Kommunikation, zum Beispiel E-Mail dazukommt oder WhatsApp oder jetzt Voicemails, ich meine es hat ja gerade zum Beispiel akut zugenommen, dass das nicht so ist, wie man auch vielleicht denken würde, dass die alte Kommunikation dadurch komplett abgelöst wird, sondern es ist eigentlich immer nur noch eine weitere Blume in diesem Blumenstrauß. Und es ist eine Facette in der Kommunikation. Wir haben heute halt eine deutlich breitere und vielfältigere Kommunikationsmöglichkeiten als noch vor 100 Jahren. Und trotzdem schreiben wir immer noch Briefe. Das heißt, die Möglichkeiten zu kommunizieren werden mehr und es ist nicht so, dass das eigentlich ein Ablösen ist oder so ein binärer Prozess ist. Und ich finde, das kann man für die Veränderung der Arbeitswelt, wie wir arbeiten, Entgrenzung der Arbeit und wie wir Räume nutzen, auch sehr gut betrachten. Daraus ableiten, denn ich glaube, nur weil wir Räume anders nutzen oder Tische nicht mehr fest vergeben oder mehr in Prints arbeiten und Projekten, bleibt ja trotzdem auch das Einzelbüro erhalten zum Beispiel nur so als Gegenpunkt. Das heißt, was wir gerade erleben, was ich auch gerade sehe, ist, dass die Bürofrage ja neu gestellt wird, wie du schon gesagt hast, was ich super finde, weil meiner Meinung nach extrem reif auch schon lange vor Corona gewesen ist. Auch da haben sich Unternehmen schon aufgemacht, aber natürlich deutlich weniger mutig. Und die Bürofrage wird neu gestellt und es gibt eben nicht nur eine Antwort. Und schönerweise haben wir einen sehr, sehr großen Blumenstrauß an Antworten. Das geht von Homeoffice über Coworking, über dritte Orte, über Headquarter, über Pendler-Hubs, über hybride Meetings, virtuelle Meetings. Facebook hat ja gerade eine Software veröffentlicht, wo man mit Oculus Rift ziemlich gut Meetings mit abhalten kann. Also erstaunlich gut. Und ich glaube, wir hatten noch nie so einen großen Blumenstrauß an Möglichkeiten. Und gleichzeitig so viel Mut auch von Unternehmen, diese Möglichkeiten auszutarieren und auszuprobieren, wobei ich immer behaupten würde, das muss vor allen Dingen, und das tut es jetzt auch, das muss eigentlich bottom-up kommen, nämlich von den Mitarbeitenden, die ja teilweise sagen, ey Leute, ich werde nie wieder so zurück ins Büro kommen wie vorher, da entstehen auch jetzt schon Spannungen, da wird es auch noch Spannungen geben und ich glaube aber, Dieser Geist lässt sich nicht mehr zurück in die Flasche stopfen und das wird sehr herausfordernd werden, aber auch sehr spannend, eben diese ganzen neuen Formen des Arbeitens in Räume und virtuelle Orte umzubauen und entsprechend die beste Arbeit daraus zu holen. Weil das ist glaube ich jetzt im Letzten klar, dass nicht automatisch im Büro sein heißt, dass ich dort die beste Arbeit machen kann.

Joel Kaczmarek: Ich muss ja immer aufpassen, ich bin ja immer in den Super-Innovativ-Buckets. Also wenn man sich so eine Gauss'sche Kurve vorstellt mit irgendwie, wie sagt man, frühe Masse, späte Masse und dann so wirklich die Early Adopter, habe ich halt ganz oft die Early Adopter bei mir und so die Hyper-Innovativen, Hyper-Jungen. Und ich habe dann so ein Beispiel wie irgendwie Spryker irgendwie im Kopf, Podcast-Partner von uns, die halt sagen, okay, alles offen, jetzt geht es hier richtig rabatzlos. Tolles Vorzeigebüro, aber ganz anders genutzt. Also wirklich teilweise mit Meeting-Flächen und dann relativ wenige Arbeitsplätze noch. Und Recruiting mittlerweile all over the world, also wirklich so von Syrien über Asien, Südamerika, alles. Ist das so, was du auch beobachtest, dass man sagt, okay, jetzt gehe ich halt wirklich mal all in und mache so die Digitalschere ganz weit auf? oder bin ich da gerade so in meinem Extrempol? und du sagst eher so, nee, die meisten Leute, die ich berate, sind eher so, jetzt kann man nochmal einen Tag in der Woche Homeoffice machen.

Ansgar Oberholz: Also ich glaube auch da, da gibt es jetzt die ganze Bandbreite und es gab auch vor Corona schon Unternehmen, die genauso gearbeitet haben, die teilweise mehrere tausend Mitarbeiter völlig verteilt über die Erde hatten, gar nicht wussten, wo die sind. Die haben den Coworking-Mitgliedschaften bezahlt oder wussten halt nicht, wo sie sind und haben schon sehr remote immer die Arbeit organisiert. Witzigerweise hast du ja dann auch den Vorteil, dass quasi rund um die Uhr immer jemand arbeitet. Wenn du das sauber übergibst, hast du da einen echten Vorteil gegenüber zentral organisierten Unternehmen. Und auf der anderen Seite beraten wir auch schnell wachsende digital, sehr innovative digitale Startups, die aber ganz bewusst und verständlicherweise auf Zentralität setzen, weil die sagen, wir brauchen ein Headquarter, wir recruiten 30, 40 Leute pro Woche, die müssen an uns dran sein, die junge Kultur, die junge Marke muss irgendwie gelebt werden, muss erlebt werden. Das ist auch ganz viel sozialer Schmierstoff, der da entsteht. Und ich glaube, du kannst nicht bei jedem Produkt das so komplett remote aufbauen. Ich glaube, wenn, brauchen wir da auch eine neue Kultur für. Das ist, glaube ich, schon zentralisiert deutlich einfacher. Und auf der anderen Seite gibt es witzigerweise die eher etablierten Unternehmen, denen man jetzt nicht so viel Innovation zuschreibt. Die denken jetzt mutiger über Dezentralisierung nach. Die sagen, naja, wir verstehen schon, ihr wollt nicht mehr ins Büro kommen, aber wir finden, ihr könnt nicht nur im Homeoffice sein. Denken wir über sowas wie Pendler-Hubs nach, also in den Randgebieten der Ballungszentren, dass ihr zwar noch ein Stückchen mit dem Auto fahren müsst, vielleicht zu dem Ort, wo ihr sonst in die S-Bahn umgestiegen seid, gibt es jetzt vielleicht 200 Arbeitsplätze für die Pendler aus der Region. und aber für manche Dinge kommt ihr mit ins Headquarter. und aber auch dort gibt es die Überlegung, wie du es gerade geschildert hast, dass die Headquarter Eher so wie Club-Offices oder wie sehr agile Workshop-Umgebungen gebaut werden, weil ich meine, was kann der Grund sein, da hinzukommen, eigentlich um andere zu treffen und gemeinsam zu arbeiten? und das tust du natürlich nicht in der herkömmlichen Büroumgebung.

Joel Kaczmarek: Die Gretchenfrage ist ja Kultur, gefühlt. Hast du da für dich schon Antworten, wie man Firmenkultur und diesen sozialen Schmierstoff, den du gerade beschrieben hast, realisiert kriegt, wenn man nicht in einem Raum ist?

Ansgar Oberholz: Ja, also ich habe da eine klare Haltung drauf. Ich glaube, wenn du dich nicht ab und zu intensiv analog triffst, kannst du Kultur nicht vermitteln. Oder zumindest nicht so, wie du es möchtest als Unternehmen. Auch die Unternehmen, die ich eben geschildert habe, die haben sich immer bewusst für Sprints oder auch für Social Events auch getroffen. Also je dezentraler du bist, desto intensiver solltest du dich treffen. Vielleicht zwei, drei Tage, vielleicht wohnst du auch zusammen in einem Apartment, wie auch immer. Aber du brauchst das Analoge und du brauchst die menschliche Begegnung, um durchzuführen. Kultur wirklich zu den Menschen zu bringen. Ich glaube, remote ist das einfach nicht möglich. Und das ist, glaube ich, meiner Meinung nach auch die Antwort auf die meisten Fragen. Es gibt da auch nicht das Entweder-oder, sondern das muss eine Mischung sein. Jedes Unternehmen, jede Organisation muss diese Mischung selber überlegen. Und dann wird man eine gute Lösung haben. Es ist auch von Team zu Team unterschiedlich. Es gibt auch Menschen, die natürlich ganz froh sind, dass sie anderen nicht mehr begegnen müssen. Die waren eh immer schon kulturell schwierig einzubinden. Und andere vermissen das total. Die gehen total vor die Hunde im Homeoffice. Und ich glaube, Das ist eben das Spannende auch jetzt in dieser Zeit, da gibt es nicht mehr so die eine Frage. Also die Antwort war ja davor, also es gibt nur eine Frage, aber es gibt nicht mehr eine Antwort. Die Antwort davor ja, hey, du kannst einen Tag im Homeoffice, vier Tage bist du hier. Und jetzt ist die Antwort sehr viel vielschichtiger und die meisten Wissensarbeiter, die ich kenne, sind nicht mehr bereit, einfach zurückzukommen in die alte Welt. Mittlerweile die wenigsten Führungskräfte und Ziellevel von Unternehmen haben ja auch verstanden, dass es nicht mehr die beste Idee ist, jetzt alles wieder zurückzudrehen.

Joel Kaczmarek: Ja, also ich meine, wenn ich mal aus meiner eigenen Geschichte erzähle, ein geschätzter Mitarbeiter von uns hat gesagt, Stadt kotzt ihn an, er mag Berlin nicht, er will eigentlich am liebsten auf den Berg, hat dann den Zwischenweg gewählt, ist nach Dessau gezogen, weil er da jemanden kannte und weil er sagt, so zwischen Leipzig und Berlin, das ist voll aufstrebend. Und dann ist eine Kollegin gleich mitgezogen, weil sie gesagt hat, ja super, ich habe zwei Kinder, aber nur eine Drei-Zimmer-Wohnung, Berlin, eine Vier-Zimmer-Wohnung kannst du vergessen, bevor die Schule anfängt, jetzt mache ich das. Und es funktioniert wunderbar. Also die arbeiten nach wie vor von uns aus einem anderen Ort. Und wir machen das dann so, einmal im Monat machen wir, wir haben es früher Parktreffen genannt, weil man zu Corona sich jetzt nicht in geschlossenen Räumen treffen wollte, sondern in den Park gegangen und haben da irgendwie abgegangen, was echt ganz nett war. Also das merklich ist so mein Momentum. Und in der Tat ist es dann so, dass man auch feststellt, und da können wir jetzt glaube ich zur zweiten, vielleicht noch eine Gretchenfrage, würde man sagen, aber zum zweiten großen Baustein, Produktivität. Weil bei mir war es so, Also ich liebe mein Team, aber seitdem ich alleine arbeite, schaffe ich viel mehr und ich glaube die auch, weil ich die viel mehr ablenke als sie mich, muss man eigentlich auch mal sagen. Das heißt, man kann natürlich viel mehr schaffen, aber ich habe immer den Eindruck, man muss trotzdem auch ein bisschen darauf achten, Produktivität und Kultur richtig gut abzumischen.

Ansgar Oberholz: Ja, also ganz kurz noch als Hinweis, wir planen und sind schon intensiv an Projekten auch in Brandenburg und Mecklenburg unterwegs. wo wir quasi Oberhäuser in diesen Bereichen machen. Wir haben ja vor drei Jahren mal die Wehrmühle in Biesenthal als Pop-Up-Space betrieben. Und es ist auf jeden Fall, oder wir denken, du musst auch das Hybrid denken. Du musst eigentlich einen Ort in der Stadt eigentlich immer mit einem Ort im Grünen denken. Bestenfalls Wohnen, Arbeiten und so weiter verschränken. Und die Konzepte, die wir da im Kopf haben, ist, dass man in der Natur für eine Woche, für einen Monat in Micro-Apartments mit Gleichgesinnten eben sein kann, arbeiten kann, leben kann mit Kinder, ohne Kinder und entsprechend Das bekommt, was man sonst oft in Brandenburg nicht bekommt, nämlich schnelles Internet und gutes Essen. Sorry, Brandenburg. Und natürlich umgeben ist von Menschen, die auch in diesem Modus sind, zwischen Arbeit und Leben, weil das ist, glaube ich, auch ganz wichtig. Weil es gibt natürlich eine Menge Orte in Brandenburg, die du schon nutzen kannst, aber es ist auch da manchmal ein bisschen komisch, Zeit zurückgereist. Wenn du da einen Laptop aufklappst, ist es ein bisschen merkwürdig manchmal, beziehungsweise klappst den auf und du hast dann leider nur mobiles Internet und der Videocall macht einfach keinen Spaß. Und dann kannst du da nicht einen Monat sein, sondern verschiebst halt vieles.

Joel Kaczmarek: Die Idee ist eigentlich ganz geil. Ich habe lustigerweise auch schon mal gewitzelt, ob wir jetzt mal so eine Außenstelle in Dessau machen. Ich meine, das Ding ist ja, wenn du in diesen Region guckst, ist ja der Mietpreis ein ganz anderer. Also das Spiel verändert sich ja brutal. Wenn wir jetzt mal wieder auf KMU-Ebene denken, früher hast du irgendwie Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin gehabt, die gesagt hat, alles klar, ich überlege in den Speckgürtel von Berlin zu ziehen, da kriege ich noch ein Haus für einen halbwegs Preis, aber dann habe ich ja eine Dreiviertelstunde Arbeitsweg hin und wieder zurück. Okay. Zack, Schnipsen ist das Spielen ganz anderes.

Ansgar Oberholz: Ja, also in unserem Konzept wären da quasi zwei oder drei digital kompakt Micro-Apartments, die ihr, keine Ahnung, für zwei Jahre mieten könntet und euren Mitarbeitern zur Verfügung stellen könntet. Und ihr wisst, da ist gutes Internet, da ist auch ein bisschen Coworking-Fläche. Das ist quasi der Ansatz, dass eigentlich auch Unternehmen, wir Unternehmen als Kunden sehen, logischerweise auch Privatmenschen, aber das ist eigentlich die Idee, dass du sagst, okay, Teil unseres Büros sind auch diese Micro-Apartments in Brandenburg.

Joel Kaczmarek: Ist ja ein bisschen witzig, dann kommt ja eigentlich quasi dein alter Oberholzansatz wieder zurück mit den Betten. Back to the roots sozusagen. Aber ich meine, ist ein interessanter Gedanke.

Ansgar Oberholz: Ja, mal sehen, ob es aufgeht. Ich denke schon.

Joel Kaczmarek: Was ist denn aber generell so? deine Haltung zu Coworking? Also ich habe, ich glaube, die ersten zwei beziehungsweise drei Jahre unserer Firma haben wir auch im Coworking gesessen. Also ich glaube, das erste Jahr waren wir immer so im Hopping. Halbes Jahr hier, halbes Jahr dort, wo man so den besten, coolsten Deal kriegt. Auch so von Rancher Deals, wo ich bis heute noch dankbar bin für. Und dann waren wir auch mal in einem größeren Coworking-Space. Und ich muss sagen, was du dort verkauft kriegst als Story, funktioniert für meinen Geschmack oft nicht. Weil ganz oft, wenn man jetzt mal diese großen nimmt, irgendwie so WeWork, Rent24 und bestimmt fünf andere, die ich gerade noch vergessen habe, die gehen ja eigentlich mal ganz oft, hast du ja so Overflow-Offices, nennen das ja Konzerne. Das heißt, so ein KMU kommt um die Ecke und sagt, Achtung, Attacke, jetzt haben wir da irgendwie eine Nase, die sitzt in Berlin für die nächsten drei Monate, weil wir haben da ein Projekt und dann heiern wir da noch sieben Leute dazu. Jetzt brauchen wir eine Fläche, wo sieben Leute sitzen können, wollen aber nicht ein eigenes Büro aufmachen, zack, gehen sie in Coworking. Das ist ja so eine Zielgruppe, die ich da festgestellt habe. Und dann kommt als zweite Ebene, ja, dann nehmen sie ja ganz viel Startup-Spirit auf. Sie tauschen sich ja aus, so am Wasserloch und so, da wird ja geredet und so. Ich kann dir sagen, da wurde nie geredet. Nie! Und die haben sich echt Mühe gegeben, wo wir waren. Also die haben irgendwelche Kinoabende gemacht, die haben Vorträge organisiert, Events gemacht. Ein gemeinsames Frühstück am Freitag, weil das passiert, die Leute haben sich das Essen vom Frühstück mitgenommen und fürs Mittag gleich den Tenner noch zugeladen und standen auf ihrem Schreibtisch so. Also das heißt, wie ist denn so deine Coworking-Erfahrung? Also was macht das mit Arbeit?

Ansgar Oberholz: Also ich glaube, wenn du Coworking als Klammer für Flexibilisierung und Zugänglichmachen von Räumen nimmst, dann ist es immer noch ein wahnsinnig spannendes Thema. Auf der anderen Seite, wenn man auf die Industrie schaut und auf die Branche und auf die Geschäftsmodelle, ist es natürlich auch durcheinandergewirbelt worden, weil im Kern, du hast gerade gesagt, hat es vielleicht nicht funktioniert, dass man sich begegnet, aber im Kern stand ja immer die Begegnung und das Zufällige und das sich Austauschen eben nicht innerhalb eines Unternehmens, sondern zwischen verschiedenen Unternehmen. Und das war natürlich erstmal durch Corona stark in Frage gestellt und man hat natürlich auch das vermieden als Betreiber, weil du natürlich ein hohes Risiko hast, gerade bei diesen individuellen Memberships, wenn du da einen Corona-Fall im Haus hattest, das war eh eine schwierige Zeit, aber das hätte man vermeiden sollen und haben wir auch vermieden, wie viele andere Coworking-Machen

Joel Kaczmarek: auch. Aber aus Sicht davon war das noch nicht mal Corona-Hochzeit, sondern da war das Gegenteil der Fall, ne? So.

Ansgar Oberholz: Nee, nee, klar. Also ich weiß, dass der Wunsch von Austausch und Kollaboration war immer schon viel, viel größer als das, was tatsächlich passiert ist, ohne nicht sagen zu wollen, dass es nicht auch passierte. Und interessanterweise ist es bei uns zum Beispiel so, wir hatten auch viele dieser Formate, die du eben geschildert hast und wir haben jetzt einen ganz simplen Slack-Workspace, wo alle Member drin sind und da gibt es eigentlich ziemlich regen Austausch und da wird sich auch aktiv wirklich geholfen. Das ist quasi so ein Benefit, dass du da drin sein kannst, wenn du bei uns Büros anmietest und das funktioniert, würde ich sagen, fast besser als das halt analoge, wenn man so möchte.

Joel Kaczmarek: Habt ihr eigentlich sonst auch irgendwelche Community-Ansätze, so eine Art Membership, die rein virtuell ist? Also ist das so der erste Startpunkt?

Ansgar Oberholz: Nein, wir haben nur echte Memberships, also das kleinste Produkt, was du bei uns kaufen kannst. Und das würde ich quasi immer noch als Coworking bezeichnen, ist, du kannst also Member sein in Mitte und im B-Part, haben die Flächen dort stark reduziert. Und darüber gibt es aber eigentlich nur noch sogenannte Flex-Office oder auch teilweise relativ große Büroflächen, die wir für Unternehmen organisieren. Und was du sagst, ist total richtig. Es gab diese Zeit, wo man dachte, oh, man geht in den Coworking-Space, man atmet die gleiche Luft wie Startups, man wird da positiv infiziert und dann werden wir plötzlich alle ganz innovativ. Und es gab dann die ganz praktischen Sachen, dass man das wie so eine Overflow-Fläche benutzt hat. Ich glaube Das alles ist so ein bisschen vorbei, weil ich glaube, man hat. jetzt, ich sage mal so, ich würde sagen, das ganze Konzept der Flexibilisierung von Flächen wird erwachsen. Erstens, weil signifikant mehr Unternehmen das nutzen wollen, weil sie einfach nicht wissen, was hier mit dem Büro in den nächsten 24 Monaten passieren wird, wie viel Fläche sie brauchen und wie viele Mitarbeiter was wie nutzen werden. Also kaufst du diese Flexibilisierung ein, aber aus einem ganz anderen Ansatz heraus, als zu denken, dass da drin irgendwie Wundermittel passieren, sondern es ist ein sehr pragmatischer Büroansatz. Was ich eigentlich auch ganz gesund finde und begrüße, weil du kannst tolle Büros erschaffen mit einem guten Design und trotzdem noch ein Erlebnis kreieren, aber es ist nicht mehr ganz so Voodoo, was eben oft auch gar nicht funktioniert hat. Deswegen finde ich das gut, die Entwicklung und finde die auch sehr gesund, aber dadurch verändert sich natürlich die Coworking-Szene und die Anbieter. Und was für uns ganz spannend ist, womit wir angefangen haben, und das kommt wirklich, und das ist auch ein Zeichen unserer Zeit, denke ich, sehr verändertes Nutzerverhalten, Nutzeranspruch. Also in der Zeit, in der du wahrscheinlich im Coworking Space warst, war das irgendwie alles so aufregend, dass man akzeptiert hat, dass man da an so kleinen Ikea-Tischchen gesessen hat, auf irgendwie, ich glaube, WeWork hat bis zu 6,5 Quadratmeter verdichtet. Ja, das ist echt wenig Fläche pro Arbeitsplatz und diese Zeit ist schon vorbei und der Nutzeranspruch ist eigentlich heute, dass man sagt, ich will eigentlich ein eigenes Büro. Ja, okay, irgendwie Anschluss an eine Marke ist cool, aber ich will mich eigentlich um nichts kümmern. Ich will nicht das einrichten, ich will mich nicht mit dem Vermieter rumstreiten und ich will es eigentlich auch nur für drei Menschen. Jahre oder 24 Monate und brauchen eine gewisse Flexibilisierung. und da haben wir sehr viel zugehört, wie wir ja eigentlich immer entlang der Nutzerbedürfnisse gewachsen sind und organisieren jetzt quasi solche Office-as-a-Service oder Headquarters-as-a-Service auf Flächen, die wir gar nicht vorher angemietet hatten, sondern wir haben eine kleine feine Datenbank von Immobilien. können da den Unternehmen sagen, was wir denken, was passt, dann wählt man das aus, dann aktiviert man das über unseren Design Layer und über unsere Services und dann nutzt du das als Büro auf Zeit und sitzt quasi in einem Oberholz, ohne dass es quasi diese klassische Idee von man mietet sehr große Häuser an und versucht die dann irgendwie voll zu kriegen ist. Und das ist spannend, weil das finden die Nutzer super. Das heißt, das ist irgendwie so zwischen Büro und dieser alten Coworking-Idee. Best of both worlds, würde ich sagen. Und da ist natürlich auch aus Immobiliensicht einiges in Bewegung. Ja.

Joel Kaczmarek: Wie ist eigentlich Fluktuation bei sowas. und wie war es zu Corona? Also fliegt einem so ein Geschäft um die Ohren, wenn jetzt sowas aufkommt oder nimmt es jetzt gerade wieder zu, weil jetzt genau sozusagen das einsetzt, was du gerade beschrieben hast?

Ansgar Oberholz: Also vor Corona war es vor allen Dingen in den guten Lagen, in Mitte war es eher so, dass die Flexibilisierung gar nicht mehr so stattgefunden hat, weil viele Teams in den Räumen geblieben sind, weil sie einfach keine Büros gefunden haben. Also die waren eigentlich schon zu groß für die Räume und wenn dann mal ein Büro frei wurde, hat man quasi eine Warteliste abtelefoniert und dann war das so ein Halbtagsjob und dann war das Ding wieder vermietet. Das ist deutlich anders, also man muss deutlich mehr auf die Wünsche eingehen oder auf die Bedürfnisse. Wobei die guten Lagen immer noch gut funktionieren. Aber nein, die Fluktuation ist heute etwas geringer auch. Witzigerweise wollen auch die Teams eher feste Verträge, 12 Monate, 24 Monate, danach mit einem halben Jahr Kündigungsfrist. Das heißt, diese super Hyperflexibilität, die man vor Corona hatte, ist gar nicht mehr so gefragt.

Joel Kaczmarek: Spannend, spannend. So, wir beiden sind ja eigentlich ganz profimäßig unterwegs, aber wir sind ein bisschen oberflächlich geblieben, finde ich. Lass uns mal gen Ende noch so eine How-To-Anleitung machen. Wenn jetzt jemand Digitalisierung ins Büro einfließen lassen will und jetzt mal aus den Gesichtspunkten Kultur gewahrt kriegen, Wissensaustausch fördern und vielleicht auch Tooling und Design. Was sind so deine Top-Tipps?

Ansgar Oberholz: Ich glaube, der wichtigste Tipp ist, dass vor dem Raum und vor der Gestaltung eines Raumes immer das Team und die Menschen kommen. Das heißt, ich glaube, es ist wichtig, immer einen Prozess anzustoßen, mit dem Team zu sprechen, wie man eigentlich arbeitet, wer arbeitet wie, woran und wie die beste Umgebung sein könnte, um diese Arbeit zu verrichten. Und wenn man an Raum denkt, sollte man immer auch, spätestens seit Corona, aber eigentlich auch schon davor, auch an virtuelle Räume denken, also an Software, die einen unterstützen kann. Da gibt es eine Menge Software mittlerweile, da kann man, glaube ich, auch unterstützen. schnell einen Tool-Friedhof erstellen. Aber ich glaube, wenn man so zwei, drei Tools benutzt, die wirklich unterstützen, dann hat man quasi eigentlich eine hybride Arbeitsumgebung geschaffen, die die beste Möglichkeit für das Team ergeben. Und egal, was das Team oder was man herausfindet, wie der Raum zu gestalten ist, ich würde es immer extrem flexibel halten. Da bieten sich natürlich Möbelsysteme an, die eher auf Rollen sind oder die man vielleicht anders zusammensetzen kann. Oder eben Möbel oder sagen wir mal einen Meeting-Tisch, der aber auch ein Arbeitstisch sein kann. Diese Flexibilität kann man relativ einfach herstellen. Und ja, Design ist nicht unwichtig. Ich glaube, das hat sich auch sehr geändert. Also give me a reason to go to the office, sage ich gerne. Da gehe ich natürlich hin, wenn es richtig gut gestaltet ist. Also der alte typische Startup-Office mit ein bisschen Ikea drin und dann noch das Logo an der Wand und noch Motivationssprüchen, das funktioniert glaube ich nicht mehr. Da sind die Ansprüche echt gestiegen. Zu Recht, weil so ein Raum wirkt natürlich anders, wenn er, das muss nicht immer teuer sein, aber wenn er mit Herz und Verstand gestaltet ist. Das heißt, ich glaube, in Abstimmung mit den Bedürfnissen des Unternehmens und des Teams rauszukriegen, wie so ein Raum gestaltet sein muss, entsprechend zu möblieren und zu designen, ist wichtig und parallel dazu natürlich den virtuellen Raum aufzumachen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, wir können ja mal aus unserer beiden Erfahrungen über uns erzählen, was wir machen jeweils. Also bei uns ist es so, ich habe neulich Uli Weinberg hier gehabt von der D-School, wir hatten uns ein paar Wochen vorher getroffen auf der Straße, haben drei, vier Stunden nur über Möbel geredet und anschließend ist mir bewusst geworden, alles klar, ich habe genau das, was du hast oder beschrieben hast, haben wir bei uns umgesetzt, dass wir gesagt haben, super, Vitra, Authentic Kitchen. Im USM haben wir, glaube ich, nichts gemacht, haben wir aber nicht lange verfolgt, fand ich auch super spannend. Wir haben uns wirklich mit Granden des Designs beschäftigt, das hier reingebracht und zack, hast du gemerkt, jeder will hier reinkommen. Und alle immer, oh, ist das schön. Also das stimmt absolut, was du sagst. Das Investment ist total sinnvoll, weil Christopher Böhnke von Fjord hat, glaube ich, mal zu mir gesagt, Büro oder Raum ist wie die Körpersprache einer Firma, was ich ganz spannend finde. So, und dann habe ich gemerkt, alles klar, wir müssen mobiler werden, wir haben zwar ganz viele toll designte Ecken und irgendwie im Stehen arbeiten und Sportgeräte, du kannst alles machen bei uns, aber wir müssen eigentlich so Mobilität und Kreativität, Brainstormings ermöglichen, sind dann neben Vitra für Mobiliar, die machen aber auch, by the way, ziemlich Sachen auf Rollen, ich weiß, vor zwei, drei Jahren war ich auf der Orgatech mit denen, warst du ja auch dabei, da haben die ja hier das Sofa als neues Zentrum des Büros vorgestellt, auf Rollen und Tische auf Rollen, die man ranzieht und so, ne? Und wir sind jetzt auf System 180 auch noch geswitcht für mehr Sachen auf Rollen, Whiteboards und Tische und, und, und und im Stehen arbeiten und kombinieren das mit Technologie. Also deswegen bin ich mal neugierig, was du jetzt noch reinzuwerfen hast. Also wir haben irgendwie Meeting Oil, diese Meeting Oil als Kamera, 360 Grad, 360 Audio. Haben irgendwie einen Samsung Flip, wo man, also nicht das Handy Flip, sondern The Flip ist so ein großes Smartboard, wo man drauf schreiben kann, dass man wirklich so diese hybride Ebene hat. und jetzt müssen wir mal gucken, wie man beides noch ein bisschen verheiratet, weil man merkt so, Eule auf der einen Seite gucken und auf der anderen Seite aber ein Whiteboard, wie kriegt man die verknüpft? So, das ist so unser Stack, wie ist es bei dir?

Ansgar Oberholz: Gut, ich muss sagen, da liegt ihr schon ziemlich richtig. Da kann ich kaum noch was hinzufügen. Wir arbeiten auch intensiv mit Vitra und mit System 180 zusammen und vor allem mit Minimum, ein sehr erfahrener Möbelhändler hier in Berlin, weil das ist einfach total wichtig. Jemand, der schon seit Jahren Büros einrichtet, hat nochmal einen anderen Approach als wir als Flexible-Office-Anbieter. Aber die Meeting-Ole wäre jetzt auch mal eine Top-Empfehlung gewesen, weil man kriegt nichts Besseres für, ich glaube netto ungefähr 800 Euro. Das Ding funktioniert super, funktioniert mit jeder Meeting-Software und du hast sofort echte hybride Meetings. Jeder, der schon mal ein hybrides Meeting mit, wo nur ein Laptop steht, gemacht hat oder zwei, das ist einfach, das braucht man eigentlich nicht machen. Vielleicht zehn Minuten kurz was absprechen oder ein All-Hands, aber auf jeden Fall nicht, wenn du wirklich einen Workshop machen willst.

Joel Kaczmarek: Das ist ja eine Liebe. Entschuldige, ich liebe, wenn man die anmacht, dann macht die immer so. Genau.

Ansgar Oberholz: Die ist auch noch witzig designt. Allerdings wird sie gern auch mal mit einer Thermoskanne verwechselt. Bei uns landet sie deshalb manchmal in der Küche, weil das Putzteam denkt, es gehört in die Küche. Aber das ist ein witziges Produkt, gut durchdacht. Und meine Empfehlung wäre noch dazu, gibt es eine Kamera, das kostet glaube ich nochmal 400 Euro, die du aufs Whiteboard richten kannst. Und damit bist du eigentlich super gut aufgestellt. Die Meeting-Owl folgt dir, du hast einen 360-Grad-View und bist in allen gängigen Meeting-Softwares gut aufgehoben. Und was ich glaube ich aber auch noch wichtig finde, neben der Technik, Achso und das kann ich nochmal unterstreichen, also wertiges Design, pfiffiges Design, ungewöhnliches Design wirkt immer auf den Menschen, wirkt anziehend, da habe ich einen Grund ins Büro zu gehen. und das Witzige ist, dass die Menschen meistens vergessen, Raum wirkt vor allen Dingen negativ. Oder es ist kalt, ja ganz banal. Es gibt ja sehr banale Faktoren. Aber es wird fast immer vergessen, wie toll es ist, wenn Raum positiv wirkt und wie anders man da arbeitet. Das ist nicht zu unterschätzen. Und ich glaube aber parallel zu den eher Hardware- und hybriden Setups ist es wichtig, sich ein paar Software-Tools auch mit reinzuholen. Ich glaube, klar ist, man braucht irgendeinen E-Mail-Ersatz. Das ist, glaube ich, mittlerweile jedem glaubt, dass Teams oder Slack ist, ist, glaube ich, so ein bisschen Geschmacksfrage. Aber ich würde immer auch Feedback-Tools und Meeting-Tools mit reinholen, wie zum Beispiel Leapsum, was wir intensiv benutzen. Da kannst du Instead-Feedback geben, du kannst darüber die Meetings organisieren, die sind dadurch interaktiver, du kannst OKRs darin verwalten, also alles, was so das Team so ein bisschen organisationstechnisch eher zusammenhält und das macht sehr viel Spaß, das zu benutzen. Das sind halt so ein bisschen Gamification-Ansätze.

Joel Kaczmarek: Liebsam heißt das?

Ansgar Oberholz: Liebsam, mhm. Ist witzigerweise auch im Oberholz gegründet worden, aber das ist nicht der Grund, warum wir es nutzen. Es ist einfach ein gutes Produkt. Und da gibt es natürlich einige andere Tools auch. Aber ich glaube, es reicht eben nicht nur, einen Slack-Workspace zu haben, sondern du brauchst schon gute andere Umgebungen auch. Und das ist im Moment eher eine Tool-Landschaft, würde ich sagen. Ich glaube, da gibt es nicht ein Ding. Ich glaube, Microsoft hätte ja den Anspruch zu sagen, nee, das haben wir ja alles. Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg.

Joel Kaczmarek: Wie schreibt man denn Liebsam?

Ansgar Oberholz: L-E-A-P-S-O-M-E.

Joel Kaczmarek: Gleich mal aufgeschrieben. Zack. Gut, genau. Ich hatte einen, wir nennen mal keine Namen, ich hatte ein sehr, sehr, sehr, sehr, sehr großes Unternehmen hier, wo ich einen Auftrag an meine Konkurrenz verloren habe, wo dann irgendwie der Deutschlandchef für XYZ da saß und meinte, Joel, hättest du dieses Büro schon gehabt, hätten wir bei dir gekauft. Das war mein Moment, wo ich dachte, alles klar, gut, dass ihr es nicht gemacht habt. Ich will nicht so eine oberflächliche Kunden haben, dankeschön, aber das Büro funktioniert.

Ansgar Oberholz: Ja, Raum ist wichtig, das ist eigentlich jedem klar und man vergisst es doch immer wieder, wenn man über Räume nachdenkt.

Joel Kaczmarek: Jetzt habe ich ja in unserer Einleitung versprochen, dass wir auch mal für Menschen was erzählen, die jetzt keine Wissensarbeiter sind. Was hast du in Sachen Digitalisierung auf der Pfanne, wenn jemand wie du früher am Förderband arbeitet, wenn er irgendwie einen physischen Job hat, wo er präsent sein muss?

Ansgar Oberholz: Ich glaube, das ist die größte Herausforderung. Und ich glaube, nicht nur im Sinne der Organisation der Arbeit, sondern auch gesellschaftlich und politisch. Denn ich glaube, sonst wird der eh schon vorhandene Gap immer größer zwischen diesen Gesellschaftsschichten und diesen Arten zu arbeiten. Ich mache mal ein banales Beispiel, was wir selber im Oberholz eingeführt haben. Wir haben ja ein Schichtsystem in den Cafés. Und dieses Schichtsystem war lange Zeit, oder um noch ein bisschen weiter auszuholen, am Anfang dachte ich, weil ich sozusagen immer schon sehr viel von Selbstverantwortung usw. Hier dachte ich, naja, ich schreibe euch doch nicht die Schichtpläne, liebes Team. Ihr seid ja alle erwachsen, ihr wisst ja wann wo welche Schichten, setzt euch halt mal kurz hin oder tragt euch im Keller ein. Damals, 2005, damals noch in einem Papier oder Google Kalender oder Kalender hatten wir glaube ich auch schon. Das hat dazu gefügt, dass die Schichten einigermaßen vergeben wurden, aber immer Samstagmorgen und Sonntagmorgen schwierig war. Da hätten wir eigentlich nicht aufmachen können. Das heißt, da musste ich dann immer top down rein und irgendjemanden zwingen, Samstag und Sonntagmorgen zu arbeiten. Dann haben wir deshalb auch relativ klassische Schichtplanung eingeführt. Ich glaube, mit sehr vielen freundlichen Sachen. Also ich glaube, Schichtsysteme sind eigentlich eher immer starr. Aber haben dann schönerweise, das ist jetzt schon einige Jahre her, mit Hilfe von Software wieder die Selbstverwaltung einführen können. Das heißt, ich habe eine Schicht, vielleicht am Samstagmorgen und merke, Mist, ich würde die gerne loswerden, donnerstags. Früher hätte man irgendwie den Restaurantleiter angerufen, der hätte gesagt, Alter, vergiss es, Samstagmorgen Schicht tue ich mir jetzt nicht an, zwei Stunden am Telefon zu hängen. Und jetzt ist es so, dass du in der Software sagen kannst, ich will diese Schicht tauschen und dann können sich Leute darauf bewerben und dann wird das nur noch freigegeben und es funktioniert. Weil das hat so ein bisschen Gamification und du siehst auch sehr genau, wer wie viele Schichten getauscht hat und wie viel angenommen hat. Das gibt so ein bisschen so ein Scoring. Und das ist etwas, was ich glaube, was jetzt nur ein kleines Beispiel ist, aber natürlich so ein bisschen Selbstbestimmtheit auch in so einem Schichtbetrieb, den gibt es ja gerade in diesem Blue Scholar Segment, eigentlich überall, zurückbringt. Und ich glaube, das ist ein Ansatz von vielen möglichen Ansätzen. um dort eben Effekte, die dir Wissensarbeit ja in vollem Maße ausschöpfen kann, auch wieder zu spiegeln. Aber ich glaube, das muss man sich eben anschauen. Ich glaube, es gibt eben noch nicht so viele Lösungen und die sind zu finden.

Joel Kaczmarek: Ich war da total baff. Wir sind ja enger Partner der Metro und was du da alles digitalisieren kannst, da fällt es an Ohnmacht. Schichtplanung, Frischhaltungskette deiner Lebensmittel, Speisekarte, wie du die sozusagen strukturierst und auch misst, was wie oft verkauft wird und was du ändern solltest, was sind deine Topseller und so. Hey, bist du da irre? Und das ist nur so, das ist für dich total billo, du wirst jetzt wahrscheinlich so hihihi dich hineingrinsen, aber für ganz viele ist es glaube ich voll der Gamechanger und ich habe jetzt demnächst einen digitalen Friseur hier, da bin ich auch mal neugierig, der irgendwie eine Friseurberatung aufgemacht hat, wie Friseure digitaler werden, wo man sich so denkt, ja okay, also wenn ich jetzt nicht gerade hier so eine Schere habe, die hier meine Anzahl an Schnitten misst oder so, was kann ich da digitalisieren, außer die Terminbuchung? Also das ist schon spannend, was sich da so tut und ich glaube so Mindset ist wahrscheinlich ein großes Thema dann, ne?

Ansgar Oberholz: Auf jeden Fall. Und das ist natürlich auch in diesen Bereichen oft nicht gegeben. Also nimmst jetzt auch Gastronomen, die sind eher nicht so digital unterwegs. Was auch irgendwie klar ist. Ich meine, der Spagat ist riesig. Weil in der Regel, wenn du jetzt ein Restaurant führst, bist du natürlich sehr, sehr von den Daily Operations absorbiert. Und die sind nun mal irgendwo am Ende immer analog. Dich da noch hinzusetzen und sagen, okay, jetzt denke ich mir mal noch das digitale Produkt dazu aus. Mindset und natürlich auch Ressourcen. Schwierig. Aber klar, wenn du dann mehrere Läden hast, mehrere Filialen, dann lohnt sich das irgendwann wirklich darüber nachzudenken. Und deswegen machen sie auch die großen Ketten vor allen Dingen vor. Ich meine, ich weiß nicht, wann du das letzte Mal in McDonalds warst, aber da gibt es ja in dem Sinne gar keine Kasse mehr.

Joel Kaczmarek: Ich muss ja irgendwann auch lernen, dass McDonalds gar kein Gastronomiebetrieb, sondern eine Immobilienbude ist.

Ansgar Oberholz: Ja, das ist absolut richtig. Wertet auch Immobilien auf, auf eine andere Art.

Joel Kaczmarek: Ja, ist krass. Ein Kunde von uns, damals Peakboard, die haben ja auch ganz viel so mit Daten gemacht. Das war so ein anderes Momentum, was ich hatte, dass wenn du halt am Fließband stehst, du natürlich auch dir über das Thema Datengedanken machen kannst. Also was tust du zu welcher Uhrzeit oder in welcher Geschwindigkeit macht wer was? Man ist mal ganz schnell, da sind wir vielleicht ein bisschen deutsch dabei, dass man sich immer als gläserner Mitarbeiter fühlt, aber ich glaube, vieles dessen ist gar nicht so sehr darauf angelegt, jetzt irgendwie Leute mehr auszubringen, sondern im Gegenteil eher auch angenehmer zu machen, wie man arbeitet, zu welcher Zeit, auf welche Art und Weise, ja.

Ansgar Oberholz: Ich glaube, in dem Moment, wo da ein Vorteil für die Mitarbeitenden zu spüren ist, wird das immer extrem akzeptiert und dann gibt es kaum Bedenken wegen Datenschutz und so weiter. Also das sind meine Erfahrungen, vor allem natürlich auch mit jungen Teams. Aber um nochmal das Beispiel liebsam zu nehmen, natürlich macht das irgendwie so ein gewisses Feedback transparenter, aber andererseits auch Wertschätzung, Kritik natürlich auch, aber auch Wertschätzung. Also wenn es einen Vorteil bringt, dann glaube ich, wird es immer akzeptiert. Wenn du ein Betriebsrat hast, ist es immer schwierig, glaube ich.

Joel Kaczmarek: Ja, das ist leider wahr. Aber es ist manchmal auch witzig, was für einfache Dinge das sind. Also ich habe mir zum Beispiel von unserem Leadership-Coach Stefan Lammers abgeguckt, digitale Kudo-Karten. Also Kudo ist ja so eine Art ein Kompliment, was man ausspricht, dass man jemandem sagt, was er toll gemacht hat. Und früher wäre es so, man hat es auf eine Karte geschrieben und demjenigen an den Schreibtisch geheftet oder in die Hand gegeben. Mittlerweile machen wir das digital und es ist lustig, wie die Leute sich dann freuen und schicken gleich eine zurück. Von daher, manchmal sind es die kleinen Dinge.

Ansgar Oberholz: Ja, absolut. Und das ist das Schöne, dass du das Digital ja mit so Gamification-Aspekten vermischen kannst und dann bringt es irgendwie mehr Spaß als ein Feedback-Gespräch oder Jahresgespräch, was man früher gemacht hat. Man hat nie keinen Bock drauf gehabt.

Joel Kaczmarek: Und jetzt noch eine undankbare Frage ganz, ganz, ganz zum Schluss, weil man soll ja immer Geschichten erzählen. Was war die tollste Geschichte, die du bei einem Kunden von euch erlebt hast, was so Digitalisierung angeht oder auch Büro, Design, also die Dinge, zu denen du berätst? Gab es so eine oder vielleicht auch zwei kleinere, wo du sagst, das ist so ein Ding, das war für mich so ein Highlight?

Ansgar Oberholz: Ja, es gibt bis heute so einen magischen Oberholzeffekt, wenn man Menschen, die vor allen Dingen relativ weit weg sind von dieser Art zu arbeiten, wenn man die zum ersten Mal durch St. Oberholz führt und denen so Insights gibt und über so ein paar Sachen spricht, über die wir heute ja auch gesprochen haben, dann gibt es im Prinzip zwei magische Effekte. Der eine ist eher, das ist natürlich in den letzten Jahren sehr viel weniger geworden, Kopfschütteln und Ablehnung.

Joel Kaczmarek: Kopf zurück in den Sand.

Ansgar Oberholz: Ja, Kopf zurück, schüttelnd in den Sand zurück. Oder das ist der andere magische Effekt, ja, so wie so infiziert sein. Und das ist einfach total schön zu sehen, wie Menschen teilweise nach so einer Führung durch eines unserer Häuser und durch Gespräche danach so on fire sind. Das Schönste war, schon ein paar Jahre her hat mich die Economist interviewt. Eine französische Journalistin war das aus Paris. zu German Angst. Die haben ein großes Ding zu German Angst gemacht und wollten so ein bisschen Berlin-Startup-Szene den Blick darauf haben. Interview geführt und sie rumgeführt und danach meinte sie, okay, ich glaube, ich werde meinen Job kündigen, weil ich muss ein Startup gründen. Und ich habe das noch nie verstanden. Ich habe das immer nur so und sie war immerhin auch Wirtschaftsjournalistin. und das sind natürlich so Sachen, wo ich denke, okay, das ist schon ganz schön, dass wir da offensichtlich einiges richtig machen und Leute inspirieren und ermutigen, eben Dinge zu tun, die sie sich vielleicht vorher nicht getraut haben. Das sind eigentlich im Kern für mich die schönsten Effekte. Das ist eigentlich auch das, was mich im Kern antreibt. Also die Leute dazu zu bewegen, die Dinge anders zu sehen, vielleicht durch die Räume, in denen sie sich bewegen, vielleicht das Gefühl, nicht alleine zu sein. Und ich finde auch, ein dramatisches Thema ist ja, dass Gründen in Deutschland nach wie vor zurückgeht. Und ich hoffe, dass wir durch diese Oberholzmagie immer mal wieder ein paar Leute zum Gründen bewegen.

Joel Kaczmarek: Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich in einer Blase stecke. Ganz spät erst. Wenn du mit Startup-Onkels und Tanten zu tun hast, merkst du mal, wie anders das ist, wenn du dann da nicht bist. Also den Effekt, den du gerade beschrieben hast, jemand kommt zu dir und denkt so, ha, ist erwacht. Es ist genauso, wenn du erwacht bist und gehst wieder zurück. Weil es sind so Kleinigkeiten, ja, so kannst du mir den mal vorstellen, ja klar mache ich, sag mal E-Mail, zack, zack, zack, hast du ein Intro im Postfach, wenn andere, nein, das kann ich ja nicht tun, ich kenne sie ja gar nicht, ich möchte nicht dafür haften, was sie mit dieser Person zusammen tun, wo du denkst, Alter, also deswegen.

Ansgar Oberholz: Ja, das ist spannend, weil da hängen ja, also wenn du dir auch diese Raumfrage und so anguckst, da hängen ja immer Riten. Also es gibt ja extrem viele Riten in Business. Es gibt im Konzern andere Riten, als wir sie in unseren agilen Startup-Umgebungen haben. Und ein Ritus ist zum Beispiel, dass du ein Intro machen kannst, obwohl du vielleicht jemandem nur einmal die Hand geschüttelt hast, weil du denkst, dass die zwei miteinander reden sollten. Und das ist halt eben in anderen Umfällen völlig undenkbar und wird als übergriffig empfunden. Und das ist ein spannendes Thema, was auch Raum mit Riten macht und so weiter. Ich glaube aber, schön ist, dass du sagst erwachen. Vielleicht ist es diese, ich sage jetzt mal, diese Gründer-Wokeness, die du erzeugen kannst, wenn du einmal hinter den Vorhang geguckt hast, um mal so einen gerade sehr trendigen Begriff zu benutzen. Das finde ich echt spannend. Das ist das, was mich eigentlich im Kern umtreibt. Also Leute irgendwie zu inspirieren und zum Gründen animieren oder zumindest Dinge zu tun, die sie vorher vielleicht nicht getraut hätten.

Joel Kaczmarek: Ich meine, die englische Bezeichnung von der Aufklärung, also historisch gesehen, war ja Enlightenment. Also die Erleuchtung, dieses Beleuchtetwerden, Sichtbarkeit erzeugen. Es geht ja in die Richtung. Und noch eine letzte Abschlussgeschichte, wo du sagst, Rieten, ich glaube, es ist sehr richtig. Also duzen, siezen ist ja so ein Ding. Krawatte versus nicht Krawatte. Ich fand es so lustig, wie viele Corporates sich einbilden, jetzt voll geil zu sein, weil sie die Krawatte weglassen. Ja, okay, fair point, aber naja, anyway. Und ich weiß, der Disco-Chef, der Uli Weinberg, hat man auch mal zu mir beigebracht und wir haben uns gleich so einen Tisch bestellt, der meinte, hier, guck mal, wir haben Stehtische, weil mehr Agilität und wir haben aufgehört, rechteckige Tische zu nehmen, weil rechteckige Tische sind hierarchiefördernd. Der Chef stellt sich an die schmale Seite und dann wird postuliert, wie so an der Kanzel. Deswegen haben wir runde Tische oder sechseckige in dem Fall, weil ganz rund ist dann auch ungünstig und so eine Kleinigkeit, das sind so die, die es machen.

Ansgar Oberholz: Absolut, ja. Da gibt es den Y-Table, der geht noch weiter, der ist Y-förmig und da ist es, wenn du mal den Tisch benutzt, das ist ganz merkwürdig. Du weißt wirklich auch nicht, wo du dich hinsetzen sollst. Der ist noch nicht mal mehr rund, sondern das ist merkwürdig. Egal, wo du sitzt, das ist ein bisschen merkwürdig. Das sorgt natürlich dafür, dass du Hierarchien aufbrichst und so weiter. Und ja, deswegen, Riesenthema, Raum, Möbel machen halt was und machen mehr, als wir denken.

Joel Kaczmarek: Lieber Ansgar, ich danke dir ganz herzlich, dass wir dieses Riesenthema zusammen etwas bereist haben und wünsche dir natürlich, dass ganz viele Kunden jetzt auf dich zukommen und dich weiterhin fördern in dem, was du tust, weil ich glaube, genau wie du gesagt hast, die Bokeness förderst du und ja, wir setzen das bestimmt ein andermal auch nochmal fort. Deswegen ganz, ganz herzlichen Dank.

Ansgar Oberholz: Ich danke dir und ja, Fortsetzung immer gerne.

Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.