Veganz 🌱: Die verrückte Reise der veganen Lebensmittelmarke

10. Januar 2022, mit Joel KaczmarekUdo KiesslichPhilipp KlöcknerFloris VlasmanGodo Röben

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich digitales Unternehmertum mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute haben wir ein wie immer spannendes Thema. Es geht um Veganismus. Und da gibt es, glaube ich, eine Adresse in Deutschland, die sehr, sehr spannend ist, nämlich Veganz. Ein Unternehmen, das ja seit kurzem auch an der Börse ist und, würde ich sagen, schon sehr viel getan hat, auch für dieses ganze vegane Momentum, was gerade um sich greift. Und der liebe Jan Bredak, der dort CEO ist und Gründer und ich glaube auch Überzeugungstäter, mit dem habe ich heute das Vergnügen, mich dazu auszutauschen, wie eigentlich sein Unternehmen so funktioniert, wie das Konzept dahinter ist, was er glaubt, mit welcher Strategie er es zu weiteren Erfolgen peitschen wird und was, wie gesagt, mit dem veganen Momentum so los ist, was tut sich da eigentlich, weil gefühlt ist es ja ziemlich en vogue gerade, Veganer zu sein. So, that being said, lieber Jan, schön, dass du da bist und ich habe so im Vorgespräch schon zu dir gesagt, für dich muss ja gerade, glaube ich, so der unternehmerische Traum wahr werden, dass jetzt so diese Welle einsetzt, die du, glaube ich, schon seit ein paar Jahren eigentlich reitest, wo du das Surfbrett schon mal in die Welle, ins Wasser geschoben hast, oder?

Jan Bredack: Ja, erstmal vielen Dank für die Einladung und du hast ja in deinem Vorspann hier schon alles gesagt, können wir eine super Zusammenfassung, Management Summary, Note 1, ja. Also aber zurück auf deine Frage. So eine Wellen hatten wir schon häufiger und das ist jetzt tatsächlich das erste Mal, dass man so in der breiten Gesellschaft Beachtung findet und dass man auch merkt, dass sich das im geschäftlichen Erfolg widerspiegelt. Also ich kann mich erinnern, so 2013, 2014 hatten wir schon mal so eine Welle, wo die Handelspartner, alle geil geworden sind und uns die Bude eingerannt haben, weil wir ja mit unseren Supermärkten was gemacht hatten, was noch keiner vorher gemacht hatte. Und dann haben sie gesagt, komm, gib uns mal auch so ein paar Artikel. Und da ging ein riesiger Hype los. Jeder hat den anderen übertroffen. Plötzlich war man mit allen Supermärkten da im Geschäft. Und das ist aber wieder abgeflacht. Aber jetzt merkt man, dass es wirklich in der Gesellschaft ein Stück weit mehr Früchte trägt. Und das spielen wir natürlich auch in unseren geschäftlichen Zahlen.

Joel Kaczmarek: Also ich habe mal versucht, so ein bisschen so Number Crunching zu betreiben. Also eine Zahl, die ich gefunden habe, war, dass es wohl 39 Prozent Wachstum bei veganen und vegetarischen Produkten gibt und lustigerweise bei Fleischersatzprodukten quasi gleich hohes Wachstum. Aber wenn man mal so unter die Haube guckt, heißt es trotzdem immer noch 375 Millionen Euro Umsatz bei veganem Fleisch. Also ist ja dann kein Fleisch oder Fleischersatzstoffen. Versus 39 Milliarden bei irgendwie Fleisch nur in Deutschland. Also nur in Deutschland genommen ist Fleisch immer noch hundertmal größer als irgendwie vegane Ersatzprodukte. Also wenn, dann ist die Welle wahrscheinlich noch kleiner und baut sich erst auf.

Jan Bredack: Ja, also zwei Botschaften dazu. Erstmal, es ist so, gerade in der Öffentlichkeit findet man extrem schwierig Zahlen, um diesen veganen Markt überhaupt zu greifen. Weil, und was machen dann die Statistiker und die bekannten einschlägigen Quellen Nielsen, GfK, Die bedienen sich dem Fleischersatz und Milchersatz. Daran machen sie dann die vegane Welle fest. Das ist sehr kurz gesprungen, weil dort gerade im Milchersatzbereich, will ich noch nicht von einer Marktsättigung reden, aber da haben wir zumindest in Europa schon ein Level erreicht, wo nicht mehr so eine Wachstumssprünge in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Da reden wir noch von 8, 9 Prozent. Im Fleischersatz ist es zweistellig, aber eher weniger. Aber zum Beispiel im Käseersatz, da haben wir allein ein Wachstum vom letzten zu diesem Jahr von knapp 300 Prozent. Also das spielen in anderen Kategorien, die noch gar nicht auf dem Radar sind, oder Süßigkeiten. Ich meine, der Sweets ist ja sowieso die stärkste Kategorie im Lebensmittel-Einzelhandel, was die wenigsten wissen. Und ja, das ist Süßigkeiten, Schokolade und so weiter, Kekse, ist gern genommen, hat auch die größten Wachstumsraten im konventionellen Bereich. Insofern ist es schwierig daran, jetzt festzumachen, ist jetzt die Welle groß oder ist sie klein, wenn man immer nur am Fleischersatz das festmacht. Und die zweite Botschaft zu deiner Aussage, die ist total korrekt. Das ist auch das, was ich unseren Investoren, den Analystenkonferenzen immer predige. Wir sind hier ganz am Anfang. Wir haben vielleicht unten durch den Türspalt mal durchgeguckt, aber die Tür ist noch lange nicht offen. Da scheint zwar schon ein bisschen Sonne unten durch, aber es wird noch nicht warm. Aber wir sind jetzt so an dieser Schwelle. Kurz Veröffnung dieser Tür und der erste Spalt zeigt sich da auch schon. Und das zeigt das riesige Potenzial, was in dieser Kategorie steckt, die es eigentlich noch gar nicht gibt. Also eine vegane Kategorie gibt es noch gar nicht. So wie glutenfrei oder bio gibt es heute noch nicht. Insofern ist da wirklich auch gerade für Investoren Es ist sehr, sehr frühphasig und da rüttelt sich gerade der Markt. Es entstehen so die ersten Player, die ersten Marken bilden sich. Also es ist weit weg davon zu reden, dass wir hier schon irgendwie über Marktanteile reden könnten. Also das wäre im 0,00 Bereich. Das macht gar keinen Sinn.

Joel Kaczmarek: Aber staunlich ja, dass glutenfrei irgendwie saturierter oder gesettelter sein soll als Markt, als vegan. Ich hätte immer gedacht, es sei umgekehrt, weil Gluten ist ja nochmal spitzer irgendwie.

Jan Bredack: Ne, glutenfrei tatsächlich ist ja schon über Jahrzehnte etabliert. Da gibt es natürlich auch Gründe, gesundheitlich, Zöliakie etc. Also wenn man mal in Europa schaut, Italien zahlt ja seinen Menschen, seinen Einwohnern Prämien dafür, dass sie glutenfreie Nahrungsmittel kaufen können, um eben auch sie zu unterstützen, weil gesundheitliche Themen dort im Vordergrund stehen. Und glutenfrei an sich hat sich als Kategorie schon in der Sonderernährung, die ethischen Lebensmittel, das gleiche, schon deutlich im Handel besser profiliert als jetzt vegan oder vegetarisch.

Joel Kaczmarek: Bei mir ist es so, ich durfte früher Milch nicht essen wegen Intoleranz und hatte so eine versteckte Allergie gegen Eier. Deswegen waren mir vegane Produkte immer schon sympathisch, weil ich da nicht gucken muss, ist da irgendein Scheiß drin, den ich allergisch gesehen nicht vertrage. Aber es gibt ja Menschen, die sich damit noch nicht so stark auseinandergesetzt haben. Du als der Profi, kannst du denen mal so eine Skizze geben, wenn du sagst, zum Beispiel Käseersatzstoffe steigen bei euch ganz stark oder Fleischersatzprodukte, über die wir heute geredet haben. Was sind denn so typische vegane Produkte? Ich glaube, viele haben schon mal sowas mit Soja irgendwie ein bisschen mitgekriegt oder Vielleicht auch der eine oder andere mal sowas wie Lupine, aber vielleicht kann es ja mal so ein Big Picture geben, was sind denn eigentlich so die großen Alternativen, weil Ebene 2, viele Menschen wechseln ja jetzt auf vegan oder gucken sich das an wegen Thema Klima, Nachhaltigkeit und dann fragt man sich ja manchmal alles klar, wenn ich jetzt nur noch Sojabohnen pflanze, schaffe ich nicht genau so einen Klimakiller, wie wenn es vorher halt irgendwie was anderes war.

Jan Bredack: Das ist eine sehr komplexe Frage, die du da stellst. Ich versuche es mal ein bisschen abzuschichten. Also das Erste ist, ich würde vielleicht von deiner Frage hinten anfangen. Vegan heißt nicht gleich gut. Das ist ein großer Trugschluss. Und das müssen sich die Leute immer bewusst machen. Also nur wenn sie jetzt sagen, ich kaufe jetzt was Veganes, heißt das nicht zwangsläufig, dass sie was Gutes tun. Du hast eben schon einen Paradebeispiel gegeben, wenn ich Soja aus Regenwaldgebieten kaufe oder daraus verarbeitetes Material. Und mir geht es gar nicht um den Transport, weil der schlägt überhaupt nicht zu Buche. Das ist auch so eine Mär, dass die Leute denken, wenn was von weit herkommt, ist es schlecht fürs Klima oder so. Da kann ich vielleicht später noch was zu sagen. weil wir das ja in unserer Wertschöpfungskette auch transparent machen und abbilden. Insofern, wir achten zum Beispiel auf Biodiversität. Da spielt auch Artenvielfalt eine Rolle. Wo kommt was her? Auch soziale Aspekte. Also was wird beim Anbau in der Wertschöpfungskette, vom Anbau bis es im Regal liegt, was wird da kaputt gemacht? Und man hat immer einen Abdruck. Deshalb gibt es auch klimaneutral. Das gibt es nicht. Das kann man nur kompensieren. Und Kompensieren ist für uns kein Geschäftsmodell. Wir leben in einer westlichen Welt. Wir haben die Ressourcen, wir haben die Intelligenz, um von vornherein Dinge so zu gestalten, dass man gar nicht erst etwas entstehen lässt, um es nachher zu kompensieren. Und das geht meistens auch zu Lasten Dritter. Wieder zurück zu deiner ersten Teil der Frage. Du wirst es nicht glauben, die Einstiegsdroge in den Veganismus sind Schokoriegel und Kekse. Das korrespondiert so ein bisschen mit dem, was ich eingangs gesagt habe. Es wird oft alles an dem Thema Fleischersatz festgemacht. Weil das ist irgendwie so das Naheliegendste für Vegetarier, die sagen, ich will kein Fleisch mehr essen. Aber die Einstiegsdroge, wo auch die niedrigste Hemmschwelle ist, ist ein Schokoriegel oder jetzt ein Keks. Weil ob der jetzt vegan ist oder nicht, das interessiert die meisten vielleicht gar nicht. Das muss am Ende schmecken. Und wenn dann sich herausstellt, da gibt es noch ein paar positive Aspekte hintendran, sind schon mal so ein paar Vorteile abgebaut, die einen dann näher ranführen an die anderen Produktkategorien. Und das ist ja genau unsere Strategie. Wir sind ja der einzige Vollsortiment-Anbieter von veganen Produkten. Also sonst gibt es Fleisch, gibt es eine Milch, gibt es welche und was weiß ich. Und wir bieten halt über alle Kategorien. weil wir eben die Leute über verschiedene Kategorien, auch über verschiedene Touchpoints abholen können. Wenn dort mal ein positives Erlebnis war, das gilt natürlich auch für negative Erlebnisse, dann hat das eine gewisse Abstrahlwirkung auch auf andere Kategorien. Und damit hast du in unserem Fall, schaukelt sich da so ein Markenerlebnis, so eine Brand Awareness, die da entsteht. Deshalb sind wir auch die bekannteste Marke in dem Bereich, weil wir eben auch das ist jetzt ein bisschen unfair, eben nicht nur eine Milch haben oder nicht nur einen Fleischersatz, sondern eben über viele Kategorien Menschen begegnen können, abholen können und sie von unseren Produkten, von der Qualität und vor allen Dingen vom Geschmack auch überzeugen können. Also ich weiß jetzt nicht die Antwort, die du erwartet hast, aber Fleischersatz ist tatsächlich ein bisschen höher schwellig. Milchersatz ist sogar schon ein bisschen runtergekommen. Es liegt jetzt an der vorhin schon propagierten weiteren Verbreitung. Marktsättigung ist es noch nicht, aber du kriegst heute in jedem blöden Starbucks kriegst du als Alternative eine Mandelmehl sogar. Vor drei Jahren warst du froh, wenn du eine pflanzliche Alternative hattest. Heute hast du sogar eine Auswahl zwischen Soja und Mandel. Also da ist richtig was passiert. Und die Entwicklung ist auch rasant schnell. Insofern Milch auch ein bisschen niedrigschwelliger, aber richtig unten. Einstieg hast du bei Keksen, Schokolade, Schokoriegel, Sportlerriegel, so Proteingeschichten. Ja, da sind wir gut unterwegs.

Joel Kaczmarek: So eine Scheiße. Ich stelle gerade fest, ich bin genau in deinem Bucket. Ich habe auch mit Vego-Schokolade angefangen. So eine Kacke. Siehst du? Siehst du? Ja, hast du den Punkt, ja. Aber sag mal, das muss ich dich ja mal einmal fragen. Ich habe vor kurzem auch, ich glaube, sechs Wochen ungefähr auf vegan umgestellt und habe dann so einen LinkedIn-Post gemacht, dass mir das alles ein bisschen peinlich ist. Aus drei Gründen. Erstens, weil es gerade so ekelhaft en vogue ist. Also man fühlt sich ja wie so ein Mitläufer. zweitens, weil irgendwie das so missionarisch geprägt ist, ja, also viele, also viele haben ja so richtig so was Übergriffiges, so diese Militanz des Veganers, es gibt ja mal diesen Witz, woran erkennst du einen Veganer, er erzählt es dir nach 10 Sekunden und so. und der dritte Grund ist mir entfallen, aber was hast du für dich für eine Einstellung entwickelt, wenn du mit Menschen über dieses Thema redest, das heißt, wie bringst du ihnen die Vorteile dieser Ernährung nahe oder machst du das gar nicht, weil du sagst, ist nicht meine Aufgabe, Leute zu missionieren, wenn sie Fragen beantworte ich, ohne dass man rüberkommt wie irgendwie so einer dieser Prediger, die dann halt immer auch so aggro gleich werden.

Jan Bredack: Ach, Du sprichst mir aus der Seele und ich mache das Geschäft ja jetzt seit elf Jahren. Ja, ganz gedacht habe ich mir vor zwölf Jahren. Und wenn man meine Vorgeschichte kennt, weiß man, dass ich 35 Jahre selber Fleisch gefressen habe. Wie ein Blöder, ja. Ich habe Triathlon gemacht. Ich habe mir wirklich das, ich habe teilweise Fleisch roh gegessen, das pure Eiweiß reingehauen. Und ich kann doch nicht, wenn ich 35, 36 Jahre selber etwas getan habe, nur weil ich plötzlich zu einer Erkenntnis gekommen bin, dass das doof ist, ja. Und die Erkenntnis hatte ich bei mir, motiviert durch eine Frau, die halt Vegetarierin war. Dann war halt meine Frau, dann bin ich auch Vegetarier geworden. Kann ich doch nicht über Nacht sagen, ihr seid alle doof, weil ihr Fleisch esst. Und deshalb habe ich dazu ein sehr gesundes Verhältnis, würde ich sagen. Und das prägt auch unsere ganze Firma, unsere Kultur und auch unseren Umgang mit dem Thema Veganismus, weil wir sind alles, aber nicht missionarisch. Sondern wir kommen immer über das Angebot. Wir sagen, hier ist eine Alternative, probiere mal, koste mal. Und deshalb ist Geschmack auch so wichtig. Es ist Textur, Geruch, Aussehen. Es ist alles so wichtig. Und ich glaube, wir haben es geschafft, dieses Vegansein in den letzten zehn Jahren so aus dieser Schmuddelecke, ich nenne es jetzt mal bewusst Schmuddelecke, aus dieser radikalen, Und als ich vegan geworden bin, war es tatsächlich so, dass viele der damals auch Pflanzenfresser sich einfach nur damit den Protest gegenüber ihrer Gesellschaft zum Ausdruck bringen wollten. Sie wollten anders sein. Und durch dieses Anderssein haben sie rebelliert gegen den Staat, gegen die Gesellschaft. Und ich habe immer mir gedacht, wenn ich doch gegen was bin, kann ich doch niemals in die Mitte von dieser Gesellschaft reinkommen. Das funktioniert ja nicht richtig. Ich grenze mich ja selber aus. Und ich bin da sehr pragmatisch rangegangen und eher auch mit meinem Bewusstsein in den ersten 35 Lebensjahren. Und so ist unsere Marke gebildet worden, was mir sehr viel Hass auch und sehr viel Kritik und teilweise auch Radikalismus ermutigt. Also radikale Übergriffe eingebracht hat aus der veganen Szene, weil wir es eben von Anfang an so gehandhabt haben, dass es für alle da ist. Ich habe auch mein Buch geschrieben, vegan für alle. Und deshalb sind wir da weit weg von dem, was du gerade geschildert hast. Aber ich kenne genau, wie du es jetzt auch geschildert hast, diese Übergabe. Dieses Empfinden ist nach wie vor in den Köpfen drin. Es gibt gar nicht mehr so viele von den Menschen, die du gerade schilderst, weil es mittlerweile eher schon weiter diffundiert ist in alle gesellschaftlichen Schichten. Aber es ist in den Köpfen noch drin. Jeder kennt mal einen, der einen kennt, der mal einen kennengelernt hat, der solche Erfahrungen hatte. Und dieses Bild ist geprägt. Aber ich kann dir wirklich aus Erfahrung sagen, Ein paar kleine Spinner da gibt es noch, aber in der großen Masse hat sich das überlebt. Also du brauchst dich nicht schlecht fühlen. Ganz frei von der Leber. Du kannst damit offen umgehen. Du wirst dafür nicht irgendwie in die Ecke gestellt und ausgeschimpft oder isoliert. Also alles gut.

Joel Kaczmarek: Ja, weil es hat ja krasses Momentum. Also ich glaube auch die Kollegen hier von der Rügenwalder Mühle lustigerweise, also die Firma, die man mit Wurst und Frühstückstisch per se irgendwie in Verbindung gebracht hat, hat ja sehr viel gemacht jetzt auch in dem Bereich. Da kommen wir später noch zu. Ich habe auch mal nämlich angefangen, Stimmen zu sammeln, wer sozusagen so in meinem Netzwerk zu dem Thema auch was beizusteuern hat. Und vielleicht mal so bei dem Thema, und ich glaube es passt hier, nämlich dieses vegane Momentum, habe ich mal den lieben Floris Flassmann. Floris Flassmann macht einen Catering-Dienst, den ersten nachhaltigen grünen Catering-Dienst in Deutschland, Floris Catering. Und der hat mir das hier beigesteuert.

Jan Bredack: Lieber Jan Bredack, hier kommt die Frage aus dem Kreise. In diesem Fall von Floris Flassmann, CEO von Floris Catering, dem Urgestein der Nachhaltigkeit. Wir bemerken bei uns eine deutlich steigende Anfrage und Nachfrage im Bereich vegane Küche, vegetarische Küche. Das aber natürlich immer im Bereich, ja, vornehmlich der gesamtheitlichen Nachhaltigkeit. Ich wollte dich einfach mal fragen, lieber Jan, wie sieht es um deine Kundschaft aus? Wie vegan sind deine Kunden wirklich? Trifft man in einem deiner drei Ladengeschäfte auch Kunden an, die mit Pelz, Ledertasche und Co. Einzug halten? Oder sind Sie konsequent vegan und haben eben auch den gesamten Veganismus sozusagen im Kopf und im Herzen? Ist es ein bestimmter Ernährungstyp oder der genussorientierte Kaufentscheidung trifft? Oder ist es der Kunde, der ein verstärktes Gesundheitsbewusstsein hat und ihn auszeichnet? über eine Antwort freue ich mich sehr. Also erstmal muss man ein bisschen unterscheiden. Die Kundschaft in unseren Läden, die im Übrigen ja kaum noch zu unserem geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg beitragen, die sind, ich will es jetzt gar nicht so runterreden, aber die sind für uns Labor, die sind für uns Marketing- Sie haben aber einen sehr kleinen Anteil an unseren wirtschaftlichen Parametern. Deshalb würde ich sagen, die Kundschaft bei uns, wir messen es ja auch in den Läden, die ist etwa zu 35 Prozent tatsächlich komplett vegan. Das sieht bei unserer Kundschaft im Einzelhandel komplett anders aus. Da reden wir über den Durchschnitt, den wir so auch in der Gesellschaft sehen. Das sind so zwei, drei Prozent tatsächlich voll vegan. Ansonsten ist unsere Hauptzielgruppe tatsächlich flexitarisch. Und flexitarisch sind nicht die, die aus Versehen mal Gemüse essen, weil es halt an dem Tag nichts anderes gab, sondern die bewusst zwei-, dreimal die Woche – die Definition gibt es ja so – entscheiden, gewisse sonst tierische Produkte gegen pflanzliche zu ersetzen. Und davon gibt es in Deutschland mittlerweile knapp 30 Prozent über alle Altersgruppen. Und bei den Millennials, also bei der nachwachsenden Bevölkerung, so bis 24, 25, sind das sogar 60 Prozent. Das ist unsere Zielgruppe und da stechen wir rein in dieses Feld. Und da setzen auch alle Marketingaktivitäten, Produktentwicklungsaktivitäten genau da an. Also wir machen uns nochmal auf den Punkt zu bringen, wir machen unsere Produkte nicht für Veganer. obwohl ich selber einer bin, aber ich bin einer der wenigen bei uns in der Firma, die wirklich noch voll vegan sind. Ansonsten ist es bei uns sehr professionalisiert und sehr nach Zahlen, Daten, Fakten basiert werden bei uns Entscheidungen getroffen.

Joel Kaczmarek: Ah, das ist interessant. Guck, da habe ich schon was gelernt. Ich habe immer gedacht, du hast das Zentrum Veganer und Fisch links und rechts ab, aber okay, ist gar nicht so. Macht ja eigentlich auch Sinn, wenn ich darüber nachdenke.

Jan Bredack: Sonst würde es uns nicht mehr geben. Sonst würde es uns nicht mehr geben. Also ich sage ganz ehrlich, mit den 1-2% Populationen Pflanzenfresser, würdest du so eine Firma nicht mehr am Leben halten können. Das würde nicht mehr funktionieren. Und damit würdest du auch den Handel nicht mehr glücklich machen, weil du hättest nicht die Rotation in den Regalen. Also die Produkte würden staubig werden, bevor da mal was passiert. Und das funktioniert so nicht. Also das muss man sich bewusst machen.

Joel Kaczmarek: Aber es ist ja eine gute Brücke, um mal eure Firma so ein Stück weit konzeptuell zu betrachten. Also ihr seid ja eigentlich mal gestartet mit diesen rein veganen Supermärkten, habt dann irgendwie, also ich weiß, die Artikel habe ich so noch im Kopf, quasi bis auf drei alle in die Insolvenz geschickt und euch aber voll darauf fokussiert, eure Produkte, die ihr selbst herstellt und in ganz vielen anderen Läden anbietet, wie zum Beispiel irgendwie DM oder Edeka war ja auch, glaube ich, bei euch so ein stiller Teilhaber. euch auf die zu fokussieren. Und wenn ich es jetzt richtig recherchiert habe, korrigiere mich aber, 120 Eigenmarkenprodukte so roundabout in der Größe. Aber erzähl es mal selber, was ist denn so euer Geschäftsverteilung?

Jan Bredack: Ganz kurz, wir haben angefangen tatsächlich mit Supermärkten. Ich wollte Europa zupflastern mit veganen Supermärkten. Das war meine Vision. Ist ja auch schön als Unternehmer Vision zu haben. Man muss nur gucken, dass sie nicht in Tagträumerei abdriften. Man soll schon ein Stück weit auch realitätsnah bleiben. Dann kam tatsächlich Edeka 2014. Hat mir ein unverschämtes Angebot gemacht. Wir haben dann zusammen eine Firma gegründet und wir haben dann quasi für Edeka auf der ganzen Welt vegane Produkte eingekauft. So als verlängerte Werkbank, weil die keine Ahnung hatten von pflanzlichen Produkten. 2014 war ja auch sehr früh. Und dann haben wir so zum Beispiel Marken wie Beyond Meat schon 2014, 2015 nach Europa geholt. Damals kannte es nur keiner und hat auch keinen interessiert. Aber es waren auch viele andere Marken, Tofurky, Guardian, Follow Your Heart. Also wirklich die Angesagten weltweit. in dieser Bubble vom Vegan-Sein, prominenten Marken, haben wir alle nach Europa geholt. Und das hat uns nicht nur in unseren eigenen Läden so eine Differenzierung gegeben, sondern vor allen Dingen auch im Handel. Handel, weil diese, das waren dann 500 Produkte, haben wir dann quasi als Großhändler in die Regale gestellt. Da stand nicht wir ganz dahinter oder drüber, sondern jede Marke stand für sich. Und wir haben auch Marken wie Simply We, Better, die haben wir hier in Deutschland quasi groß gemacht, als Großhändler. Also die sind alle über uns in die Märkte gekommen. Heute sind es zum Teil Wettbewerber oder Marktteilnehmer. Und durch diesen Großhandel gab es plötzlich die Sojamilch an jeder Ecke. Beim Edeka oder dann kam Metro, Kaisers Tengelmann. Und das hat unsere eigenen Läden kannibalisiert. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Wir haben 20, 25 Prozent Umsatzeinbruch gehabt, in 2016 vor allen Dingen. Und dann habe ich plötzlich wahnsinnigen Umsatzanstieg im Großhandel gehabt und einen absoluten Einbruch in meinen Läden. Wir waren 400 Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen und ich hatte eine Burn von 500.000, 600.000 Euro jeden Monat und die musste ich stillen und abstellen. Ich war nicht pleite, aber in so einer Phase kannst du als Unternehmer natürlich über Das Planinsolvenzverfahren in Eigenverwaltung, das heißt ja in den USA Chapter 11, ist hier nicht so geläufig, wird hier nicht so häufig angewandt. Habe ich bewusst tatsächlich alle Läden außerhalb von Berlin in die Planinsolvenz geschickt. Was ich unterschätzt habe, war das mangelnde Verständnis der breiten Presse vor allen Dingen, weil die haben uns gleich angedichtet, dass wir insolvent sind. Wir waren alles andere, aber nicht insolvent. Im Gegenteil, wir haben uns durch diese Maßnahme sogar wirtschaftlich besser oder auf gesundere Füße gestellt. Und dann waren wir Großhändler, aber aus diesem Großhandel gebaren ist dann die Idee entstanden, eine eigene Marke draufzusetzen. Weil Großhandel langfristig ist nicht mehr nachhaltig. Du bist irgendwie mittendrin in so einer Wertschöpfungskette und kannst auch schnell rausgeschnitten werden, wenn das mal schnackelt zwischen Händler und Produzent. Und so haben wir uns entschieden, dann 2016, 2017 unsere ersten eigenen Produkte auf den Markt gebracht und haben jetzt seitdem, jetzt zum letzten Teil deiner Frage, über 400 Produkte entwickelt. Also wir entwickeln die Produkte. haben sie im Großteil immer produzieren lassen über Drittproduzenten. Und mittlerweile einige Kategorien produzieren wir auch selber, aber haben nach wie vor auch unsere Lohnproduzenten an Bord. Und in diesem Setup haben wir so ein Vollsortiment gestrickt, so aktuell 120 Produkte. Und das bleibt auch dabei, weil wir hatten auch schon mal immer aktuell 200, 240 Produkte. Das kriegst du am Markt aber nicht mehr gehandelt. Das kriegst du nicht gehandelt. Der Handel ist damit überfordert, weil du musst ja, wenn du die Produkte entwickelt hast, das sind Kosten entstanden. So eine Dicklung kostet pro Produkt 30.000, 40.000 Euro. Von der Idee, das ist ein Produkt. Und dann muss das schnell in den Handel. Und wenn du dann so viele Produkte in deinem Portfolio hast, kriegst du die im Handel nicht mehr platziert. Und dann haben wir uns besonnen zurückgeschrumpft und sind jetzt so bei 100, 120 Produkten. Und mit denen kommen wir in unseren 28 Ländern mit den ca. 22.000 Point of Sales auch ganz gut klar.

Joel Kaczmarek: Interessanter Punkt, lasst uns mal über eure Marke reden. Also ist ja vielleicht was Subjektives auch. Ich habe euch irgendwie immer als sehr positiv aufgeladen empfunden und mit hoher Wahrnehmung. Ich hatte andere Kollegen, die sich auch sehr viel so mit Börse beschäftigen, die meinten, ich halte die Marke für schwach, irgendwie sowas wie Beyond Meat oder Oatly. Das sind so die in der breiten Bevölkerung Bekannten, sehr viel so First Mover Advantage. Ich habe so das Gefühl, so ein Vegans macht quasi diese Entwicklung, fördert es mit, aber es profitiert nicht selbst davon. Und dann habe ich wieder andere, die gesagt haben, nein, veganer Community-Markt ist Portfolio total, hoher Trust, hohe Bekanntheit. Wie ordnest du das denn ein? Also ich meine, du bist jetzt klar biased, weil das ist auch eine Börsen-Story und so, aber wie seid ihr verortet in deiner Wahrnehmung?

Jan Bredack: Naja, wir können das auch mit Zahlen belegen. Also was Markenbekanntheit angeht, sind wir deutlich vor Oatly, deutlich. Und B&B spielt in Deutschland gar keine Rolle. Wir spielen tatsächlich in der Liga, und jetzt muss man mal reden, Katjes und Rügenwalder. Also wenn du ungestützte Markenumfragen machst, ungestützt, und die sollen einfach vegane Marken nennen, kommen tatsächlich Katjes und Rügenwalder vor uns, was bezeichnend ist, weil Rügenwalder sehr wenig vegane Produkte hat und Katjes gar keine. Aber das lassen wir mal dahingestellt. Die haben halt über ihr Marketing vegetarisch-vegan diese Differenzierung machen, die wenigsten bei solchen ungestützten Umfragen. Und wir messen das übrigens permanent. Jede Woche kriegen wir Auswertungen, wie ist unsere Markenbekanntheit. Und das haben wir auch durch den Börsengang gesehen, dass wir einen richtigen, schwupps nach oben gemacht haben. Allein, dass wir in anderen Fachpressen auseinandergenommen wurden, über uns geredet wurde, hat so eine Markenbekanntheit Push gebracht. Das habe ich mir vorher so auch nicht erträumt. Aber nochmal zurück zu deiner Frage. Natürlich, so ein Single-Category-Anbieter, der kann sich schneller ein Profil erarbeiten, weil er dann sagt, er geht voll da drauf. und macht nur das. Unser Vorteil, und den habe ich dir ja vorhin gesagt, ist subtiler und wirkt über die Zeit, weil keiner kann uns über so viele Touchpoints im Supermarkt, stell dir mal vor, wir sind in einem Supermarkt mit 120 Produkten. Beyond Meat, jetzt nehme ich mal das Beispiel, oder nochmal Oatly, weil das ist realistischer für Deutschland. Beyond Meat gibt es ja kaum in Deutschland, nur im Gastro-Service. war viel zu teuer und auch von der Rezeptur weg vom Markt. Aber nehmen wir mal Oatly, die stehen im Milchregal. Dort sind sie sehr präsent, betteln sich mit Alpro, also Danone und den Eigenmarken. Aber Veganz findest du im Tiefkühlregal, findest du im Kühlregal, findest du im Trockenregal, bei Sweets, bei Snacks, bei Soßen, bei Suppen, was weiß ich. Überall siehst du die Marke Veganz. Und wenn der Kunde jetzt gerade vegane Lieblingskäse hat, nämlich unsere, und dann kommt er ins Pizzaregal und sagt, wow, kenne ich die Marke Veganz. habe ich gute Erfahrungen, nehme ich meine Pizza mit oder darf ein Wurstersatz, ein Fleischersatz, ein Käsersatz. Und schon hast du eine ganz andere Brand Awareness und auch eine ganz andere Verbindung zu deinen Kunden, zu deiner Community, als das jetzt ein Oatly über seinen Single-Category-Ansatz haben kann, jemals haben kann. Das ist unser großer, großer Vorteil. Die Analysten verstehen das und auch unsere Investoren haben das verstanden. Aber wenn jetzt jemand nur so pauschal drauf guckt, mich wundert es immer bei B&B, weil sag mir, wo du hier in Deutschland B&B kaufen kannst. Es gibt es gar nicht zu kaufen. Es ist irgendwie so ein Sinnbild für vegane Community. Und es lag einfach daran, weil sie als erstes so einen riesigen Börsenaufschlag hatten mit einer wahnsinnigen weltweiten Presse. Mehr kann ich dir dazu fast nicht sagen. Und ich kenne, das Schöne ist, ich kenne ja alle Beteiligten. Ich habe dir ja gesagt, ich kenne Beyond Meat noch, da waren das noch wirklich sehr stümpelhaft, sehr unprofessionell. Und wir haben die trotzdem importiert. Und die waren, wenn ich mal mit den anderen Marken vergleiche, waren sie immer die schlechtesten. Auch von der Qualität. Ja, also wir hatten Gardein, eine kanadische Firma aus British Columbia, da oben mittlerweile leider verkauft an Pinnacle Foods. Ein super Fleischersatz. Also wirklich von der Qualität habe ich bis heute nichts Besseres gefunden. Die sind auch in den Regalen viel besser angekommen und in der Community ist das bis heute mehr gehypt als jetzt so eine Beyond Meat.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, das ist ein bisschen unsere Bubble, so dieses Rumgewichse hier, wer es börsennotiert und so weiter. Ich glaube, muss man schon ehrlicherweise sagen.

Jan Bredack: Deshalb sind wir jetzt auch an der Börse. Ja.

Joel Kaczmarek: Damit du auch in der Bubble hier sozusagen mal Gehör findest, alles klar.

Jan Bredack: Ich sag mal so, tatsächlich, ich hab ja schon angedeutet, das Thema Börse hat uns einen richtigen Schubs nach vorne gegeben und vorher waren wir die Champions in der Kategorie. Wenn es eine vegane Kategorie gibt, sind wir die Champions und da kann jetzt auch ein Einzelner nicht ranreichen aus den eben gesagten Gründen.

Joel Kaczmarek: Ja, die Einzigen, die mir noch so einfallen würden, wären vielleicht Koro. Die sind jetzt nicht vegan, aber die haben auch so ein bisschen ein breites Portfolio wie ihr. Aber ansonsten hast du recht wahrscheinlich, ja?

Jan Bredack: Ja, die Koro-Jungs haben eine super, super Entwicklung. Also sehr online. Klar, die machen ja alles D2C, haben das super aufgebaut. Wir hatten vor ein paar Jahren mal einen Talk, wollten uns miteinander beteiligen. Aber das war Ich habe damals nicht daran geglaubt, weil ich eher in diesem B2B-Geschäft unterwegs bin. und Handel, also off, also stationär, das ist meine Domäne. Und jeder hat so seine Spielwiese. Und Koro geht jetzt auch in den Handel, aber dieser Schritt ist hart. Also andersrum ist es auch hart übrigens, von Handel in Online. Also beides. Ich finde, Schuster bleibt bei deinen Leisten. Man muss eins richtig machen und sich nicht verzetteln.

Joel Kaczmarek: Und ich meine, passend zum Thema, ich habe mir noch ein Statement eingeholt, in dem Fall von Godo Röben. Du könntest ihn sogar kennen, oder?

Jan Bredack: Ja, ich habe Rügenwalder beraten viele Jahre und wir sind quasi zusammen diesen Weg gegangen. Und ich bewundere Godo, dass der das so durchgezogen hat mit Rügenwalder. War nicht sehr imposant, ja. Gegen alle Widerstände.

Joel Kaczmarek: Für den geneigten Hörer, die geneigte Hörerin, Godo hat für Rügenwalder Mühle quasi die ganzen Projekte verantwortet in Richtung vegane und vegetarische Alternativen und hat diese Frage beigesteuert.

Jan Bredack: Moin Jan, moin Joel, hier ist Godo. Wir sind uns, glaube ich, einig, dass der Markt der alternativen Proteine in den nächsten Jahren, Jahrzehnten durch die Decke gehen wird. Und das ist ja aktuell nur zu vergleichen mit der Gründung der Silicon Valley und den daraus resultierenden Riesenunternehmen, die dann entstanden sind. Ich frage mich die ganze Zeit, was in zehn Jahren sein wird in diesem Markt. Wird es so sein wie damals bei den Tech-Gründungen, dass die ganzen amerikanischen Unternehmen den Markt jetzt überrennen von Impossible Foods bis Just, von Beyond Meat bis was es da alles gibt? Also werden die in Europa und weltweit Fuß fassen und den Markt so dominieren wie die amerikanischen Tech-Unternehmen? Oder werden es die Konzerne sein, die Lebensmittelkonzerne, die da jetzt gerade richtig Gas geben von Unilever, Nestle, Kelloggs, und wer da alles unterwegs ist? oder hat selbst der Mittelstand große Chancen wie jetzt Rügenwalder oder auch The Family Butchers oder wer da jetzt alles versucht Fuß zu fassen. Wie sieht die Landschaft in zehn Jahren aus? Malt mir da mal ein Bild, damit ich aufs richtige Pferd setze. Ich habe ja jetzt wieder Zeit und habe frei und da will ich mal sehen, in welche Richtung ich laufe.

Joel Kaczmarek: Was sagst du ihm?

Jan Bredack: Ich glaube, er kennt die Antworten, aber ich kann es gerne auch nochmal online

Joel Kaczmarek: Ja klar, der macht das nur so für Dullis wie mich und die Zuhörer hier.

Jan Bredack: Also eins, er hat viele Aspekte angesprochen. Woran ich nicht glaube, ist, dass es ein amerikanisch dominiertes Business wird, weil wir reden immer noch über Kulturen, über Traditionen. Wir reden auch über Gewohnheiten und die sind nun mal in den anderen Kulturkreisen Anders ausgeprägt als bei uns zum Beispiel. Das haben wir auch gemerkt, als wir die amerikanischen Produkte und ich war der größte Importeur veganer Lebensmittel aus den USA in Europa in meiner Großhandelszeit. Ich habe meine Erfahrungen damit gesammelt. Das sind andere Rezepturen, das sind ganz andere Lesarten von Produkten, die wir auch schmecken. Insofern glaube ich nicht daran, dass es da irgendwelche zu feindlichen Übernahmen kommt oder hier, dass es eine große Welle von amerikanischen Marken geben wird. Und es gibt noch einen Grund, das darf man nicht vergessen, gerade in Deutschland. Deutschland ist ja hochkompetitivste Markt weltweit, was Lebensmittel angeht. Das merkt man in den Preisen. In den USA kosten ja Lebensmittel das doppelte, dreifache. Also ich habe damals Eiscremes hier verkauft für 5,99 Euro in so einem kleinen Pack. und dann haben mich die Amerikaner gesagt, das musst du für 8,99, du kostest hier bei uns auch bei Whole Foods. Das ist ein ganz anderes Preisempfinden für diese Lebensmittel. Deshalb Haken dran, wird nicht passieren. Es wird immer mal hier eine Marke hierher schaffen und auch irgendwo eine Bedeutung haben. Ich bin mal gespannt, Just Egg kommt jetzt auf den Markt über Wiesenhof, kostet nur so eine kleine Flasche Eiersatz, so flüssig Eiersatz, kostet in den USA bei Whole Foods oder auch Name it, kostet 8,99 Dollar. Ich glaube nicht daran, dass die Deutschen nur ansatzweise bereit sind, so einen Preis zu bezahlen. Selbst wenn es 5,99 sind und du kriegst damit ein Rührei raus, wird nicht passieren. Dafür ist der Deutsche in der breiten Masse. Die Veganer werden es alle mal probieren, wie bei Beyond Meat auch, aber in der breiten Masse. dauerhaft wird sich das hier nicht etablieren. Punkt. Da verwette ich meinen Arsch drauf. Das zweite Konzerne, das ist ein sehr realistisches Szenario. Das merken wir auch schon. Nur sind heute die Firmen, die es da so gibt, und der hat eben Vegetarian Butcher gesagt, die gehören mittlerweile schon zu Unilever. Also diese Übernahme

Joel Kaczmarek: Ich glaube, er hat Family Butcher gesagt.

Jan Bredack: Ach, Family Butcher, okay, die kenne ich gar nicht.

Joel Kaczmarek: Die sitzen, glaube ich, in Wien, ist auch, aber ansonsten hast du recht, Vegetarian Butcher, gehört zur Uni der Wampen.

Jan Bredack: Genau, die sind vor, glaube ich, anderthalb Jahren da übernommen worden mittlerweile, machen sehr viel Burger King, die ganzen Food Service, also Fleischersatz-Sachen. Aber das ist tatsächlich, und da braucht man gar nicht zehn Jahre weit gucken, Sobald eine Firma, eine Marke mal so eine 100 Millionen Euro Umsatzschwelle durchbrochen hat, dann tauchst du auf dem Radar dieser Corporates auf, dieser Big Guys. Und die würden niemals den Make-Ansatz machen, selber from scratch so eine Marke aufbauen in dem Bereich. Die würden immer den Buy-Ansatz. Und dann, sobald du in diesem 100-Millionen-Bereich bist oder drüber, dann bist du ein klassischer Übernahmekandidat. Und das kann auch Sinn machen, wenn man das vernünftig macht. Das ist nichts Neues. wo man sich für schämen muss. Und das sehe ich tatsächlich als realistisch. Und ich sehe diese Opportunität, dass einer von den Big Corporates sich an Firmen, an so Mittelständlern beteiligt und die dann unter ihrem Dach strategisch einsortiert, die sehe ich als sehr wahrscheinlich.

Joel Kaczmarek: Ja, deswegen fand ich seine Frage auch passend, weil meine Gedanke war auch, ob nicht, wenn die ganzen FMCG-Lader da aktiv werden, dass das Momentum eigentlich in deren Richtung schwingt auch. Weil wo wird sowas gekauft werden, wenn es in den Discountern ankommt? Da drehst du die großen Umsätze und kommst du da rein? Ist das eigentlich ein Feld für euch?

Jan Bredack: Ja, sind wir ja schon. Wir sind ja sowohl mit Lidl als auch mit Aldi vertreten. Jetzt mit Lidl haben wir dieses Jahr, glaube ich, vier oder fünf große, über ein großes Sortiment Aktionen gefahren und sind auch wieder in Gesprächen für die nächste Periode. Nur, ich sage mal ganz ehrlich, für einen Discounter bringt keine vegane Marke heute nur ansatzweise die Drehzahlerwartung an so ein Regal und die sind ja alle auf Flächenrentabilität getrimmt. Was man dort machen kann ist, auch die Eigenmarken schaffen das im Übrigen nicht, was man dort machen kann ist, aktionsseitig immer mal wieder auf das Thema Profil gehen und von Mal zu Mal das hochpushen. Also für eine Dauerlistung, das funktioniert nur in ganz, ganz seltenen Fällen. Rügenwalder hat es geschafft bei Lidl, die sind dort mit zwei Produkten, glaube ich, im Fleisch-, also im Wurstaufschnitt bei Lidl zum Beispiel drin. Das liegt aber im Wesentlichen auch daran, weil sie auch die Eigenmarke im Fleischbereich für Lidl machen und so weiter. Ich will jetzt nicht alle Geheimnisse ausplanen, das können die selber erzählen. Es ist aber so vom Grundsatz eher heute noch so kleine Lichtblicke. Also so dauerhaft beim Discounter, das wird noch ein paar Jahre dauern, bis wir diese Performance an den Tag legen können.

Joel Kaczmarek: Aber passt ganz gut. Anderes Thema, weil du es gerade auch meintest, diese teuren Regalmeter, die man immer befüttern muss und du hast ja erzählt, 30.000 bis 40.000 Euro Produktentwicklungskosten pro Produkt, die du dann wieder reinholen musst. Das Thema Romage finde ich noch ein ganz spannendes und da habe ich mal den lieben Pip Klöckner oder mit dem habe ich mich ausgetauscht sowieso und der hat mir eine Frage beigesteuert. Der beschäftigt sich ja sehr viel auch in seinem Doppelgänger-Podcast, also mit genau solchen Dingen wie Beyond Meat oder mit euch und der hat das gefragt.

Jan Bredack: Hallo Herr Breda, Carlo Joel. Hier ist Philipp Klöckner vom Doppelgänger Podcast. Wir beobachten insbesondere die Entwicklung von B&M im Podcast relativ nah und immer wieder fällt auf, dass B&M trotz der extrem starken Marke nur auf eine Rohmarge um die 30% kommt und es dementsprechend schwer hat, profitables Wachstum zu erreichen. Ganz ähnlich scheint es ja bei Vegans auszusehen. Da würde mich interessieren, ob und wie man es schaffen kann, auf die starken Margen von großen Lebensmittelkonzernen wie Unilever oder Nestlé zu kommen, die ja zwischen 40 und 50 Prozent liegen, während diese Lebensmittelkonzerne gleichzeitig auch die größten Konkurrenten sind und mit sehr etablierten Vertriebsstrukturen arbeiten. Das würde mich mal interessieren. Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg. Ja, total nett. Also erstmal kann man sagen, mit 30% Marge wirst du es nie schaffen, profitabel zu sein. Das kriegst du einfach mit den Strukturen nicht hin. Warum? Also wir sind jetzt glaube ich, bei 32, 33, aber stark mit dem Trend nach oben. Und das kriegst du nur, wenn du Wertschöpfungsketten, also Eigenproduktion machst. Anders ist es fast unmöglich. Und das ist übrigens B&M nicht. B&M lässt alles Lohn produzieren, auch in Holland jetzt. Die haben eine große Pressemitteilung, haben jetzt in Holland ein Werk, aber das gehört ihnen nicht. Das ist auch Lohnproduktion. Und deshalb haben die auch nur die Margen, die sie haben. Trotzdem haben sie ein extrem höheres Preisgefüge, was auch immer welcher Tatsache geschuldet ist. Das müssen sie selber beantworten. Das möchte ich nicht. Aber für uns kann ich sagen, wir sind ja in so einer Zickmühle. Wir müssen auf der einen Seite vom UVP, also von der unverbindlichen Preisempfehlung am Regal, darfst du nicht so exorbitant teurer sein als ein konventionelles Produkt. Ich rede noch nicht mal vom anderen veganen Produkt, sondern wir vergleichen uns immer mit dem besten, quasi mit dem Platzhirschen im konventionellen Bereich. Das ist unser Maßstab. Und da darfst du preislich nicht meilenweit wegliegen, sonst liegst du im Regal wie Blei. Weil nochmal, unsere Zielgruppe sind ja nicht die Pflanzenfresser, die Veganer, Vegetarier, sondern die Flexitarier. Und die haben nun mal dieses Preis Referenzierung im Kopf. Und deshalb darfst du da nicht 50 Prozent drüberlegen, dann bist du weg vom Markt. Und das ist auf der einen Seite der Schere, auf der anderen Seite der Schere. Du hast natürlich noch nicht die durchgestylten, durchrationalisierten, industrialisierten Prozesse im pflanzlichen Bereich. Auch die Lieferketten sind noch nicht da. Du verwendest Dinge, die zum Beispiel unseren Käsealternativen verwenden, Cashewkerne. Wo braucht man heute in der Industrie Cashewkerne? Das ist ja totaler, das ist alles noch sehr, sehr elitär und sehr spitz. Und wir sind gerade dabei, das zu skalieren und auf breitere Füße zu stellen und uns an Kooperativen zu beteiligen und wirklich den Anbau auch. Und dann, wenn du diese Wertschöpfung in einer Hand hältst, dann schaffst du es auch, entsprechend die Rohmargen zu erhöhen. Und natürlich kommt vieles auch durch Skaleneffekte über den Umsatz. Da brauchen wir auch nicht drüber reden. Also wenn du dann eine Vertriebsmannschaft hast, die halt auch in mehreren Kategorien unterwegs sein kann, dann kannst du vieles, vieles positiv gestalten. In der jetzigen Phase, wir kommen tatsächlich sogar von unter 30 Prozent, wir haben uns jetzt schon massiv gesteigert, sind aber jetzt in der Phase wiederum vor der Herausforderung, um mal aus dem Nähkästchen zu plaudern, dass die Rohstoffpreise teilweise 40, 60, 70 Prozent teurer werden. Wir machen Pizza, wir machen Kekse, wir machen Und die musst du jetzt im Handel wieder platzieren. Und der Handel, der schluckt die ja nicht. Wir können sie aber auch nicht schlucken. Das heißt, die Produkte werden teurer. Und jetzt reden wir wieder über Inflation. Das ist genau das, was jeden Monat jetzt rausgemessen wird, dass die Inflation steigt. Aber es liegt im Wesentlichen tatsächlich an der Rohstoffverteuerung.

Joel Kaczmarek: Wie ist denn insgesamt so der Faktor, ich meine wir reden jetzt immer Beyond Meat A, B, C hin und her, super toll und so weiter, du sagst hey come on, lass mal irgendwie auf dem Boden bleiben. und ich meine wenn man mal so den Wert anguckt, also Beyond Meat an der Börse ja durchaus am schwächeln und Oatly teilweise noch stärker, also erst 30% Rückgang, dann irgendwie fast halbiert mal eine Zeit lang.

Jan Bredack: Man sieht doch auf der Hand. Es liegt doch auf der Hand. Sorry, dass ich da unterbreche, weil das ist mein Lieblingsthema. Gerade durch unseren jetzigen Börsengang. Wir wurden gefragt, warum wir so niedrigschwellig da reingehen. Genau aus diesem Grund. Wenn ich mit einer 13- oder 16-fachen Umsatz Multiple im Börsengang mache, ein IPO, dann ist ja die Erwartung von denen, die da einsteigen, in die Zukunft gerichtet. Die ist ja exorbitant. Und wenn du da nur ansatzweise den Anschein erweckst, dass du das nicht erfüllen kannst, dann rauschst du natürlich auf dem Boden deiner richtigen Bewertung zurück. Da sind die auch noch nicht angekommen. Weil guck mal, die machen 400 Millionen Umsatz und 40 Millionen Verlust. Und so sind wir nicht angetreten. Und wir haben uns ganz klar dem profitablen Wachstum verschrieben. Wir kaufen keine Regalflächen. So was machen wir alles nicht. Sondern wir sagen, nein, wir wollen in absehbarer Zeit ein profitables Wachstum zeigen. Und das schaffen wir auch. Auf dem Weg sind wir. Und wir machen keine Versprechungen, die wir nicht halten können am Ende des Tages. Und warum kann ich mir diesen Luxus leisten? weil ich eben nicht eine Bewertung habe von 13, 14 Mal Umsatz, die genau das einfordert. im Prinzip, dass ich Versprechungen machen muss. Brauche ich nicht, ich kann ehrlich bleiben, ich kann authentisch bleiben und ich mache lieber Under Promise und erfülle dann meine Ziele als andersrum. Und genau das passiert den beiden gerade, was nur blöd ist, sie sind in meiner Peer Group und ziehen dann natürlich die ganze, von Analysten ziehen das runter, wobei wir sehr ehrlich und wir sind jetzt bei 120 Millionen Bewertungen, also eigentlich kannst du es. Also ich will das jetzt nicht im Vergleich zu, in Relation zu. Dazu kommen noch Oatly und gerade Beyond Meat sind ja vornehmlich im amerikanischen Markt unterwegs. Hier in Europa, Beyond Meat spielt hier keine Rolle. Ich sage das nochmal, guckt euch bitte Verkaufszahlen an, die spielen hier keine Rolle. Und umso mehr wundert mich, dass sie gerade hier in Europa gehypt werden. Wenn überhaupt findest du B&M im Gastro-Bereich, im Food-Service-Bereich, weil du da den großen Preisunterschied nicht merkst. Wenn du heute ein Patty verkaufst, wir sind jetzt auch im Food-Service gestartet, wenn du ein Patty verkaufst oder eine Bratwurst, dann bist du so bei, weiß ich nicht, 60, 70, 80 Cent. Aber B&M verkauft die für zwei Euro. Das musst du dir da mal reinziehen. Wie willst du das am Regal? Sieht der Kunde das sofort? Im Restaurant kannst du es ein bisschen kaschieren oder es geht zulasten der Marge des Gastro-Betreibers, der heute noch mit dem Label B&M vielleicht einen Preisaufschlag von 20 Prozent nehmen kann. Aber das ist ja kein dauerhaftes Geschäftsgebaren, somit kannst du ja kein Business aufbauen.

Joel Kaczmarek: Ja, wenn du nicht gerade eine Premium-Brand hast, also die brauchst du dann, glaube ich, um sowas durchzusetzen. Absolut. Ich würde schon sagen, ich bin Early Adopter und ich sage ja, es ist hier meine Bubble, die sich immer über diese Putzen da irgendwie austauscht. Und ich habe es vor zwei Wochen, glaube ich, zum ersten Mal getestet über irgendeinen Lieferando-Burger-Dienst oder so. Also von daher hast du recht. Aber gutes Stichwort, mal über eure Equity-Story ein bisschen zu reden. Also ihr seid ja auch an die Börse gegangen, hast du ja selber erzählt. 87 Euro Ausgabepreis. Als ich das letzte Mal geguckt habe, wart ihr gerade bei 92, also schon noch drüber. So von eurer Position her eher unteres Ende der Spanne, weil irgendwie 17,2 Millionen Umsatz, habe ich mir mal rausrecherchiert, für das erste Halbjahr 2021 bei 1,2 Millionen Verlust. Das heißt, ihr habt so eine operative Marge von minus 16 Prozent, also ihr macht noch gar keine Gewinne. Und die Leute, die ich so in meiner Bubble habe, wo wir da wieder da sind, die Klöckners dieser Welt, die sagen halt, wieso geht sowas an die Börse, wie funktioniert das? Ich würde den Leuten eher abraten, das zu kaufen. Ich finde die Firma geil, ich finde die Mission geil. Aber so vom Number Crunching und hier diese FMCGler-Geschichte im Hintergrund und Rohmargen etc., weiß ich nicht, warum das jetzt schon an der Börse ist. Wie ist so deine Haltung dazu?

Jan Bredack: Also dazu muss man unsere Geschichte so ein bisschen, ein bisschen haben wir ja schon was gesagt. Und wir kommen ja aus einer finanziell sehr turbulenten Zeit. Und dass es uns noch gab überhaupt, dass wir noch bis zum Börsengang uns hingerettet haben, ist schon ein Wunder an sich. Weil wir haben tatsächlich von der Hand im Mund jährlich dann 20, 30 Prozent Wachstum hingelegt. Also ohne eine Working-Capital-Linie. Ich weiß nicht, ob sich irgendjemand der Hörer, Hörerinnen das überhaupt vorstellen kann. Wir haben uns tatsächlich über mehrere Jahre über unsere Lieferanten finanziert, was nur der Tatsache geschuldet ist, dass wir dort über Jahre auch sehr enge Beziehungen aufgebaut und ein enges Vertrauensverhältnis. In der normalen Welt würde das gar nicht funktionieren. Du musst dir vorstellen, kein Bankkredit, keiner hat uns überhaupt noch was gegeben. Wir haben alles quasi aus unserem Beziehungsmanagement mit unseren Lieferanten gestemmt. Und so, ich sag mal so, wir hätten gegebenenfalls sogar mehr Wachstum zeigen können mit einer soliden Finanzierung, die wir nicht hatten. Und deshalb war ich ständig im Equity Race, ständig. Eine Finanzierungsrunde hat die andere gejagt. Nur leider haben alle Finanzierungsrunden am Ende immer eins im Ergebnis gehabt. Firma verkaufen. Also alle wollten die Firma kaufen, aber keiner, also ich kann das auch ganz, denke ich, ganz plastisch darstellen. Für die VCs waren wir schon zu erwachsen, zu alt, haben nicht mehr die 100, 150 Prozent Wachstum im Jahr gehabt, die sie so brauchen. Also für VCs sind wir in der Regel aus dem Raster gefallen. Für Private Equity, die gucken natürlich nach Profitabilität, die brauchen ja irgendwas, worauf sie abstellen können, ja, selbst Impact Private Equity. die sehr gerne bei uns investiert hätten, konnten nicht, weil eben Profitabilität gefehlt hat. Und da hat sich so in diesen zwei Fronten war ich zerquetscht und dann kamen die Strategen und haben gesagt, ja, kaufen würde ich dich. Und ich hatte auch tolle Angebote auf dem Tisch, aber ich wollte die Firma nicht verkaufen. Und dann blieb am Ende die Flucht nach vorne. Und da wir zwei, drei Crowdfunding-Kampagnen hatten, die super erfolgreich waren, wir sind eben eine bekannte Marke, haben wir gesagt, lass uns doch unsere Bekanntheit ausnutzen und eine Consumer-Brand an die Börse zu bringen, hat noch niemandem geschadet. Es ist ja besser als so ein Maschinenbauer, der irgendwelche Zahnräder herstellt, damit kann keiner was anfangen, der guckt natürlich auf die reinen Zahlen, die Analystenbewertung. Aber mit so einer Consumer Brand, da kannst du gerade im Retail-Bereich schon mal was reißen. Und mit den Erfahrungen aus den Crowdfundings haben wir gesagt, komm, dann Flucht nach vorne, dann beteiligen wir eben die breite Masse an unserer Unternehmung, was am Ende natürlich ein bisschen Augenwischerei war, weil es 90 Prozent institutionelle waren, aber die wiederum, die Fonds, und bei uns haben sie wirklich sehr namhafte Fonds beteiligt, trotzdem wir noch sehr klein und frühphasig sind, dazu hatte ich dir eingangs was gesagt, warum das noch so ist oder dass es im Moment so ist, da ist so viel Potenzial und mit einer soliden Finanzierung, jetzt mit einer großen, wir bauen ja gerade die größte Produktionsstätte hier in Europa, da kannst du was reißen und dann kannst du auch, ich sag mal, in der Wertschöpfung, was deine Rohmargen angeht, also es ist tatsächlich ein Henne-Ei und wir haben jetzt das Ei gelegt und jetzt schlüpfen irgendwann, Küken und irgendwann wird eine Henne draus und dann gelegt neue Eier. So würde ich es mal sagen. Und die ersten zehn Jahre von Veganz waren eher so Henne-Ei, Henne-Ei, war was, Ei kaputt gegangen, ja, und dann versucht ein neues. Es war sehr viel Experimentieren. Ich will das gar nicht so negativ darstellen, weil es hat uns natürlich extrem gestehlt. Und ich würde mal behaupten, keiner, keiner in unserem Bereich pflanzlicher Produkte hat so viel Erfahrung mit Produkten und auch das Netzwerk weltweit. Wir kennen alle Produzenten, wir haben gute Beziehungen überall hin. Wir wissen genau, wer was wann wie macht. Das hat keiner. Und das ist schon alleine für sich betrachtet ein Asset. Und deshalb kam für uns die Börsenstory jetzt oder der Börsengang genau zum richtigen Zeitpunkt. Wir sind jetzt so im Reifegrad der Unternehmung, wo wir auch wirklich skalierbare Geschäftsmodelle zeigen können nach außen.

Joel Kaczmarek: Ich meine, ich war auch baff, dass ihr irgendwie so als kleine Geldgeber irgendwie über 600, glaube ich, hattet oder so.

Jan Bredack: Mehr, mehr, mehr, mehr. Und auch unsere Anleihe, ich stelle mir vor, wir sind EK negativ. Negatives Einkapital und begebende Anleihe, was nochmal die Position weiter aufbohrt und die Bilanz noch weiter in Schieflage bringt. Dann kannst du sehen, wie verzweifelt Also ich würde das jetzt für mich in Anspruch nehmen, ich gekämpft habe, um diese Firma am Leben zu halten die letzten Jahre. Und das ist tatsächlich Ausdruck der eben beschriebenen Gründe, warum es mit dem Equity Race nie so richtig funktioniert hat. Wir haben mal hier ein paar kleine Tickets gemacht, aber das hat uns über den Winter geholfen und dann war es schon wieder vorbei. Insofern Das gehört zur Wahrheit dazu. Und jeder, der sich mit unserer Firma, und das haben ja die Analysten gemacht, eingehender beschäftigt, der sieht dann auch unter dem Kohlestaub das Durchfunkeln des Diamanten. Ich kann nur sagen, wir fangen jetzt gerade erst an. Unsere Reise geht jetzt erst los, obwohl wir schon zehn Jahre am Markt sind.

Joel Kaczmarek: Ja, ich finde das ja ganz sympathisch, wie du erzählst. Sonst werden so Equity-Stories immer erzählt, als wenn du hier irgendwie wie Sterntaler nur das Kleid in die Luft halten musst und die Goldtaler reden vom Himmel. Und bei dir ist das eher so, hier kommt erstmal die Kohle runter und dann müssen wir mal gemeinsam den Diamanten rausputzen. Aber was war der Grund, dass du nicht irgendwie diese unmoralischen Angebote von irgendwelchen Großen angenommen hast? Glaubwürdigkeit? Eigenständigkeit, was war es?

Jan Bredack: Zu früh. Nein, es ist zu früh. Ich hätte ja, um der Wahrheit der Ehre zu geben, ich hätte ja ausgesorgt. Aber mein Ziel ist nicht, ausgesorgt zu haben. Das ist nicht meine Motivation, diese Firma hier gegründet und auch jetzt am Leben über die vielen Jahre mit sehr viel Schweiß und sehr viel Angst auch in vielen Phasen am Leben gehalten zu haben. Das war nie meine Motivation. Und insofern waren das wirklich unmoralische Angebote teilweise. Aber meine Aktionäre oder damals Gesellschafter, die waren auch alle, die hatten dann die Dollarzeichen in den Augen. Aber ich konnte die immer wieder überzeugen, dass unsere Reise erst beginnt mit einer soliden Finanzierung. Und wenn wir alle unsere Meilensteine, die wir uns so vorgenommen haben, abreißen, da sind wir gerade dabei, dann ist das, was Sie jetzt an Wert sehen, ist dann wirklich das untere Ende der Richterskala. Und davon bin ich auch fest von überzeugt, dass das so sein wird. Ich muss jetzt nur vorsichtig sein, was ich sage, weil ich darf nichts versprechen, was in irgendeiner Art und Weise Kurs beeinträchtigen wäre. Aber ich gucke ja in die Vergangenheit und dann sage ich ganz einfach, nee, also selbst die tollen Zahlen, die da auf dem Tisch lagen. Wir sollen nicht über das hinwegtäuschen, was da noch möglich ist in der Zukunft. Und ich will gar nicht ausschließen, dass in Zukunft, ich habe es ja vorhin schon mal ganz leicht angedeutet, dass wir nicht trotzdem irgendwann unter das Dach eines Strategen schlüpfen. Damit ist ja mit dem IPO jetzt im Freiverkehr, im ungeriegeltem Markt, ist das ja nicht ausgeschlossen, dass man so einen Schritt nochmal macht. Selbst wenn man irgendwann am Prime-Standard hochwandert, kann man so eine Firma auch immer noch unter das Dach eines Strategen bringen.

Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal vielleicht als Outcome nach hinten raus nochmal gucken, was ist denn mit dem Online-Geschäft für euch eigentlich? Also wir hatten ja über Koro geredet, die 2C, die jetzt irgendwie in Richtung Listung gehen. Ihr seid eher gelistet und könnt euch die 2C angucken. Was ist da dein Blick drauf?

Jan Bredack: Ganz einfach, ich habe online abgeschaltet, 2018 in der Tiefstverwaltung. Krise der Unternehmung. Ich hatte Restaurants, ich hatte Online-Shops, ich hatte in jedem Dorf einen Köter, habe ich das immer genannt. Wir waren überall vertreten, wir brauchten vegan, vegan, vegan, überall, vegans, vegans, vegans. Hat der Marke sicherlich geholfen, war aber wirtschaftlich fast der Overkill. Deshalb habe ich 2018 Betriebswirtschaft, erstes Semester, Fokus alles auf die Karte B2B und Marke gesetzt und habe alles andere abgeschaltet, weil ich habe alle Burner mir angeschaut und da war Onlineshop einer davon. Wir hatten ja einen eigenen Onlineshop mit Umsätzen. okay, aber wenn du dir dann mal die Vertriebsergebnisrechnung angeguckt hast und jetzt erzähle ich ja kein Geheimnis. E-Food in Deutschland, in Europa spielt ja so gut wie keine Rolle. Durch Corona sind wir jetzt bei 2% des gesamten Umsatzes. Vorher war es seit 10 Jahren immer 1%. Jetzt verkaufen wir vegane Produkte. Und wir haben ja nicht nur unsere Marke darüber verkauft, sondern auch andere. Jetzt hatten wir 1.500 Produkte im Sortiment. Jetzt stellen wir vor, 1.500 in einer ganz spitzen Zielgruppe. Und ein veganer Online-Shop kauft tatsächlich jetzt nicht der Flexitarier ein. Das ist eher unwahrscheinlich, weil der kauft eher bei sich im Supermarkt ein. So, jetzt hast du eine ganz kleine Zielgruppe, wo E-Food eh schon schwierig ist zu vermitteln. Gerade bei den Deutschen. Und dann hast du Fulfillment-Kosten pro Order von 11 Euro im Trockenbereich. Wenn noch Kühl- und Tiefkühl geordert wird, war es bei 17 Euro. Dann brauchst du einen durchschnittlichen Warenkorb von über 50 Euro bei den kleinen Margen. Es ist alles sehr kleinteilig. Da ist mal ein Schokoriegel, da ist mal ein Keks, da ist mal ein Wurstalternativ. Da bist du schon im Kühlbereich, musst schon Kühlpads mit reinpacken. Fulfillment-Kosten 17 Euro. Und du hast Margen, jetzt sage ich mal, 30, 40 Prozent. Dann kannst du ja ausrechnen, was du für einen Warenkorb brauchst, um überhaupt mal deine Kosten zu decken. Und das Größte, was wir geschafft haben an durchschnittlichen Warenkorb, war irgendwie knapp 30 Euro mit so den Allerwelts, also täglichen Bedarfeinkäufen. Und damit bist du tot. Du schaffst es nicht. Und es gibt einen Grund, warum in Lidl, warum in Kaufland, warum in Netto, wie sie alle heißen, Edeka hat auch ihren Onlineshop abgestoßen, warum die im Lebensmittelbereich keine eigenen Onlineshops mehr haben. Es gibt einen Grund. Und das ist genau der, den ich dir sage. Und die sind viel breiter aufgestellt. Die haben 40.000 Produkte im Sortiment und wir hatten 1.500. Also ich glaube Du merkst daraus, wir haben da sehr viel Lehrgeld bezahlt und den Burner habe ich abgestellt rechtzeitig. Und natürlich, wenn jetzt jemand wie Koro, die Online-Drogerie, ihr ganzes Geschäftsmodell, das ist ja Influencer-Marketing, was sie machen. Es ist ja getragen von vielen. Das haben die echt clever gemacht, da ziehe ich meinen Hut vor. Gerade YouTube haben die angefangen, ganz groß. Und so haben die sich eine Crowd gebastelt, wo die halt heute 60 Millionen Umsatz machen. Ja, das ist Wahnsinn. Also ziehe ich echt meinen Hut vor. Haben aber auch ein Sortiment, was deutlich breiter und größer ist und eben nicht nur Veganer oder Vegetarier anspricht, sondern eher wie eine Drogerie halt im Online-Kanal. Und ich kann dir sagen, auch eine DM tut sich im Online sicherlich schwerer als jetzt so ein von Scratch aufgebauter D2C-Kanal wie Koro.

Joel Kaczmarek: Aber ich habe Udo Kießlich vorher auch mal angesprochen, der ist ja so E-Food-Experte auch, der hat anscheinend gerochen, was du mir gesagt hast. Ich glaube, gefühlt haben wir seine Frage schon beantwortet, aber vielleicht schämen wir noch was raus.

Jan Bredack: Ja, hallo Joel, hier ist Udo und hier ist meine Frage für Digital Kompakt. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es in Bezug auf vegane Produkte bei den durchschnittlichen Warenkörben im stationären Handel versus den Warenkörben im E-Food-Segment? Vielen Dank.

Joel Kaczmarek: Also zahlt ihr ein bisschen drauf ein, kannst du ja vielleicht nochmal spezifizieren.

Jan Bredack: Ja, also im stationären Handel hast du natürlich durch dieses breite Angebot, ich sage mal so ein Edeka-Rewe, die haben so 25.000, 30.000 SGU im Sortiment. Und da spielt wieder eine Rolle, wenn du in jeder Kategorie visibel bist und dort auftauchst und du hast eine gute Brand Awareness aufgebaut, dann wanderst du auch schon mal mit in den Korb. Und in Summe, der Warenkorb an sich wird höher sein im stationären Handel als im E-Food-Bereich. Wenn du, und jetzt kommt der kleine feine Unterschied, Im E-Food-Bereich funktionieren Dinge wie, ich nenne es jetzt mal so ein Spezialfood, ja, Specialfood, wo dann eine Dose schon 60 Euro kostet. Dann hast du natürlich den Warenkorb schon gesprengt. Ich will mal sagen, ein durchschnittlicher Warenkorb heute im Einzelhandel liegt bei 17 Euro. Da bist du schon richtig gut. Ich rede hier über Discounter, ja. Ich darf dir jetzt nicht sagen, welcher. 17 Euro. Sobald wir mit im Korb liegen, haben wir den Warenkorb verdoppelt. Was Wahnsinn ist. Warum ist das so? Weil Käufer, die unsere Produkte kaufen, die kaufen eh höherwertig ein. Die kaufen Bioprodukte ein und dann kannst du so einen Warenkorb pushen. Aber jetzt stell dir vor, ein Warenkorb durchschnittlich 17 Euro. Wie willst du das im E-Food darstellen? Das funktioniert doch gar nicht. Und ich rede ja nicht über ein veganes Special, sondern das ist eine etablierte Warenhauskette.

Joel Kaczmarek: Lieber Jan, es hat mir viel Spaß gemacht. Eine persönliche Frage muss ich dir noch zum Schluss stellen. Wir haben jetzt gar nicht über dich so viel als Mensch geredet, was aber, glaube ich, nicht minder spannend wäre. Ich habe gelesen, dass du sieben Kinder hast. What the fuck? Wie kriegt man so eine Unternehmensstory am Leben gehalten und hat dann noch siebenmal Nachwuchs?

Jan Bredack: Siehst du, das ist so, wenn man nur mit so Klumpen Zahlen angeht, aber wenn ich dir sage, dass die von drei unterschiedlichen Partys kommen und ich tatsächlich bei fünf meinen direkten Anteil hatte, ja, das ist so, aber guck mal, mein ältestes Kind ist 28, da reden wir nicht mehr über hohen Betreuungsaufwand. Meine Kleinsten sind jetzt 10 und 12, leben aber bei ihrer Mutter und sind am Wochenende bei mir. Bei uns im Haushalt leben zwei ältere Erwachsene, die jetzt 24 und 21 sind. Also insofern Immer schön die Küche im Dorf lassen, das hört sich nach außen immer, kann man gut, ich stand mal mit einem, will ich den Namen jetzt nicht sagen, renommierten Lebensmittel von der DLG, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, DGE, auf der Bühne und wir sollten uns so betteln, Veganer gegen konventionell. und der hat gesagt, ja, von vegan wird man impotent. und da habe ich den Den rausgehauen und habe gesagt, ich habe sieben Kinder jetzt. Und dann hatte ich die Lacher im Publikum auf meiner Seite. Dann war die Podiumsdiskussion natürlich deutlich für mich gelaufen. Nur alleine wegen dieser einen Aussage. Und in so einem Kontext bringe ich das mal immer gerne. Aber ansonsten ist das, weil nicht betrachtet, glaube ich, wird schnell deutlich. Da gibt es viele wie mich, die so leben und die Zahl an sich, klar, die erschlägt, aber weit weg davon, dass mich das irgendwie, außer finanziell, das muss ich natürlich sagen, aber jetzt nicht sehr viel Fokus von meiner Arbeit nehmen würde.

Joel Kaczmarek: Bist du ein schwieriger Typ? Muss man ein bisschen verrückt sein in der Birne, um sowas wie du jetzt über Jahre am Leben gehalten hast und aufgebaut hast, das erfolgreich machen zu können?

Jan Bredack: Ich glaube, ich bin gar nicht schwierig, im Gegenteil. Ich bin sehr authentisch und ich hoffe, das merkst du auch in dem Podcast.

Joel Kaczmarek: Ja, ich mag dich gern, aber man weiß ja nicht.

Jan Bredack: Ich bin sehr authentisch, man weiß bei mir, woran man ist. Aber man muss, das sage ich auch jedem, ich berate auch viele Gründer und Gründerinnen, übrigens kostenlos in der Regel. Man muss die Balance finden zwischen Naivität und die gehört dazu. Wenn ich nicht so naiv gewesen wäre, würde ich heute noch bei Daimler irgendwo als Frühstücksdirektor rumschlummern. Dann würde man auch gutes Geld verdienen und würde sicherlich auch am Leben nichts vermissen. Aber mit dieser Naivität, wie ich an das Thema rangegangen bin, aus dieser intrinsischen Motivation, Begeisterung für Veganismus, für diese Lebensmittel, einfach getrieben oder angefixt durch damals meine zweite Frau, Habe ich viele Dinge einfach nicht gesehen. Und Gott sei Dank habe ich sie nicht gesehen. Sonst hätte ich, ganz realistisch, ich hätte diese Reise nie gestartet. Und das erlebst du bei vielen Gründerstorys. Sie wussten nicht, was sie tun. Und es gibt noch einen anderen Spruch, Jugend forscht. Einfach mal ausprobieren und so. Und du siehst ja, wie unsere Reise sich auch gestartet, irgendwie mit Supermärkten, dann eine völlige Kehrtwendung zu Großhandel. Ja, ganz anderes Geschäftsmodell. Jetzt Eigenmarke, Produktion. Also sind ja auf der Reise auch viele Abwechslungen. Abbiegungen gewesen und hätte ich die nicht genommen, würde es uns heute gar nicht mehr geben. Also das kann ich rückblickend schon sagen. Also ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und man muss, das Ego darf nicht zu groß sein, weil sonst, wenn man mal sich in so einer Idee verbissen hat, dann lässt man sich auch schwer überzeugen, selbst von den knallharten Zahlen, die Minus, Minus, Minus zeigen, da vielleicht was dran zu ändern. Also solche Typen kenne ich auch, die so versessen sind und besessen von ihrer eigenen Idee und so ein Ego haben. Ich habe Recht, ich habe Recht und keiner kann mir was sagen. Also das ist sicherlich die falsche Medizin, die sollte man an so einer Stelle nicht nehmen.

Joel Kaczmarek: Ja, was ist so ein bisschen coole Geschichte? Ja, meine Damen und Herren, ich stelle Ihnen vor, Jan Bredak, er ist gelernter Kfz-Mechaniker, hat bei Daimler gearbeitet, hat sieben Kinder auf die Welt gebracht, brachte Veganzen an den Start bis hin zur Börse. Herr, meine Damen und Herren, Herr Bredak, auf die Bühne bitte. Das ist schon ein bisschen cool.

Jan Bredack: So wird das oft gemacht. Der Spiegel hat mal gesagt, von der Breitling zum Bratling. Das fand ich eine sehr geile Metapher. Du schreibst aber ganz gut.

Joel Kaczmarek: Zwei Fragen beschäftigen mich noch an dich. Ich glaube, von da kann man ja von dir menschlich lernen. Das eine ist, wie kriegst du bei den ambitionierten Dingen, die du tust und bei den harten Kämpfen, die du ausfechten musstest und musst, die Balance in deinem Leben gewahrt, dass es dir gut geht, dass du dich wohlfühlst, dass du ausgeglichen bist, you name it.

Jan Bredack: Das liegt daran, weil das, was ich tue, was andere arbeiten, dann ist mein Leben. Ich glaube, das umschreibt es ganz gut, was ich tue. Und ich empfehle das auch meinen Kindern. Ich sage, ey, wenn du jetzt dich für eine Studienrichtung entscheidest oder für einen Beruf, geh jetzt nicht danach, was du damit machen kannst oder was es dir später bringt, sondern mach was, was dir Spaß macht, wo du richtig geil drauf bist, wo du Passion drin hast. Und der Erfolg kommt von ganz alleine. Und abbiegen tust du an einer anderen Stelle sowieso nochmal komplett anders. Habe ich ja in meinem eigenen Leben erfahren. Und deshalb, das, was ich tue, was von außen, und viele sagen, der ist ja wahnsinnig, was der da macht, was der alles für Rückschläge und wie macht der das. Ich kann dir sagen, wenn du eben nicht geldgeil bist und das, ich kann Ich treffe ja viele Gründer ganz am Anfang, die denken schon an den Exit. Also für die ist dieses Szenario Exit, Geld machen, auscashen. Wenn du so startest, wirst du niemals erfolgreich sein, weil es kommen so viele Schwierigkeiten. Da trägt diese Motivation alleine nicht mehr. Du musst diese intrinsische Motivation haben. Und das, was du tust, muss so tief in dir verankert sein, diese Vision, die du hast. Und ich habe vorhin schon mal gesagt, Die Vision darf nicht zu sehr in Träumerei abdriften. Also der Götz Werner war ja mal mein Pate durch den Deutschen Gründerpreis 2014, den wir gewonnen haben. Da habe ich Götz Werner quasi als Paten gewonnen, den DM-Gründer. Und der hat mir genau das vermittelt. Er hat gesagt, Redak, du musst träumen als Unternehmer. Das heißt, du musst der Visionär sein, du musst vordenken, du musst die Grenzen verschieben. Aber du darfst dich nicht zu weit von der Realität entfernen, weil sonst verlierst du dich in der Träumerei und bist dann schnell an der Wand. Oder das merkst du dann sehr deutlich. Und das fand ich eine sehr gute Metapher. Und ich glaube, die beantwortet deine Frage sehr gut. Also diese intrinsische Motivation, diese Vision zu haben, aber trotzdem schon auch mit den realen Fakten, gerade jetzt mit den wirtschaftlichen Fakten, konfrontiert zu sein jeden Tag. Und das, was ich tue, ich könnte das vier, zwei Stunden machen, das ist jetzt nicht so, ich muss jetzt auf Arbeit. Das gibt es gar nicht in meinem Wortschatz. Und das ist total geil. Und ich wünsche das wirklich jedem. Ich weiß aber, dass es nur den wenigsten vergönnt ist, so zu arbeiten, so zu leben.

Joel Kaczmarek: Ich weiß, was du meinst. Man sieht es ja auch mal in seiner Familie. Da hat man so richtiges Söldnertum. Ich gehe arbeiten und gehe in eine Rente. Ich sage, ich weiß gar nicht, ob ich in eine Rente gehen will. Ich finde ehrlich gesagt ein bisschen irre, dass ich für den Spaß, den ich habe, auch noch bezahlt werde. Das ist ja fast unlauter, ja? Von daher weiß ich, was du meinst. Und ich glaube, mit der Naivität auch. Weil wenn man manchmal alles wüsste, man guckt ja dann auch nicht mehr so neutral drauf, wenn du vorher die Antworten schon kennst. Also ich glaube, sowas wie Gorillas, auf diesen Wahnsinn wäre nie jemand gekommen, wenn er sozusagen da klassisch drauf geguckt hätte. Letzte Frage an dich. Es gibt ja immer so diese Bücher, irgendwie fünf Dinge, die Menschen auf dem Sterbebett bereuen, nicht getan zu haben. Wenn für dich heute Schluss wäre, was würde dir leid tun, nicht mehr getan zu haben?

Jan Bredack: Siehste, und das ist genau der Punkt. Ich stelle mir diese Frage tatsächlich öfter. Und ich habe mir auch meiner Frau und meinem ganzen Umfeld immer gesagt, ich möchte, wenn es morgen vorbei ist, das kann ja schnell passieren. Und das habe ich leider in meinem Leben auch erlebt durch Freunde, Bekannte, die sehr früh mit 36, mein engster Geschäftspartner, ist mit 36 an Krebs gestorben. Und ich kann heute sagen auch mit dazu. Ich habe so eine innerliche Unabhängigkeit mir selber geschaffen und es sind gar nicht die materiellen Dinge. Und dazu kommt auch dieser Spruch von der Breitling zum Bratling. Ich war schon immer ein Luxusmännchen. Dicke Arme, gilt gefahren, immer fette Breitlings, nicht nur eine, sondern sehr, sehr viele Glashütte. und da haben wir uns ja gegenseitig gebettelt, wer hat die besten, teuersten Uhren. Das gehörte auch mal zu meinem Leben. Schönes Einfamilienhaus am Rand von Berlin und so weiter. Das sind nicht die materiellen Dinge, sondern es sind wirklich die Dinge. Und wenn ich heute auf meine ehemaligen Kollegen bei Daimler schaue, tun die mir manchmal ein bisschen leid, weil die sind halt weiter in ihrer Bubble gefangen. Und wer kann denn mal bitte so eine Firma aufbauen, im Börsengang machen? Du lernst ja so viel. Du wirst ja von so vielen neuen Dingen beeinflusst und kriegst neue Horizonte, die sich dir eröffnen. Wie geil ist das denn? Also wenn du mich heute fragst, vielleicht tun sich jetzt wieder neue Dimensionen auf, aber wenn du mich heute fragst, sage ich, hey, ich könnte morgen gehen, ich wäre happy. Es würde nicht sein, wo ich sage, oh, ich muss jetzt nochmal auf die Nürburgring und dann nochmal, mit meinen AMG da rumballern, nee, brauch ich nicht mehr. Das sind nicht die Dinge, die mich anfixen. Cool.

Joel Kaczmarek: Jan, es hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich danke dir ganz herzlich für diese schöne, bunte Reise durch deinen Geschäfts- und sogar auch ein bisschen Privatleben. Viel Spaß gemacht. Gehört dazu, gehört dazu, ja.

Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.