
Agile Leadership: So bringst du dein Team durch die Transformation
22. Februar 2021, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Transform-Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute geht es um Agile Leadership. Ein Buzzword, genau genommen sogar zwei Buzzwords, die bestimmt jeder, der sich unternehmerisch beschäftigt, schon mal gehört hat und wir wollen das heute ein Stück weit dekonstruieren. Das heißt, wir werden mal drüber reden, was ist eigentlich agil, was ist eigentlich Leadership und wie agilisiere ich eigentlich ein Unternehmen? Und dann kommen natürlich so die komplexen Themen wie, wie baue ich eigentlich ein Betriebssystem für mein Unternehmen, das agil ist, wer pflegt das eigentlich? und wie funktioniert der ganze Kulturwandel, der sich damit verbindet? Also ihr merkt schon, liebe Hörer und Hörerinnen, das wird richtig ein spannendes, aber auch ein komplexes Brett mit viel Praxiserfahrung, die gefragt ist. Und die steuert heute wieder der liebe Heiko bei. Hallo Heiko, schön, dass du wieder da bist.
Heiko Burdack: Ja, hallo Joel. Freut mich wieder bei euch zu sein, auch diesmal physisch hier in Berlin. Es ist ein gutes Gefühl, wieder Menschen zu sehen. Ja, und auch nochmal ein Hallo von meiner Seite an alle Hörerinnen und Hörer.
Joel Kaczmarek: Ja, sag doch nochmal ein, zwei Sätze ganz kurz zu dir. In Knappheit, was du tust.
Heiko Burdack: Ach ja, in Knappheit. Beruflich knapp 28 Jahre in der IT unterwegs. Ich glaube, alles gemacht, was man in der IT machen kann. Von mal wirklich selber Technik, Software entwickelt, aber auch sehr, sehr große Organisationen geleitet. Und ja, ich würde mal sagen, Bekenner. Agile Leader seit so ungefähr zehn Jahren, hatte auch ein Compelling-Event, wo ich für mich da entschieden habe, dass so der klassische Taylorismus nicht mehr weitergeht. Aber ich glaube auch über viele Umstellungen in agilen Organisationen, viele Erfahrungswerte gesammelt und auch live erlebt, wie schwierig das eigentlich ist, auch, sage ich mal, eine Organisation zu agilisieren. Und ja, das würde ich gerne mit euch sharen, was so da meine Erfahrungswerte sind.
Joel Kaczmarek: Und was war das für ein Trigger-Event, von dem du gerade gesprochen hast?
Heiko Burdack: Ah, das geht eigentlich zurück. Jetzt, wo du fragst, ganz ehrlich, das ist 9-11 gewesen. Ich war 9-11 in New York und sehr einschneidendes Erlebnis. Ich sage immer gleich vorweg, war dicht genug dran, aber auch weit genug weg, um jetzt nicht betroffen zu sein. Aber für mich hat das schon einige Werte in meinem Kopf neu gesetzt. Meine Frau war im fünften Monat schwanger und wenn dann 9-11 passiert, dann weißt du eigentlich erstmal, was ist wichtig und das sind ganz andere Werte als jetzt, sag ich mal, Unternehmenswerte, die da erstmal für dich wichtig sind. Und ich habe dann einfach für mich auch erkannt, dass das Verfolgen irgendwie von Zielen, die bis dahin für dich wichtig waren, irgendwie Karriere und so weiter, dass das gar nicht so das Entscheidende war, sondern eigentlich, dass das Thema Menscheninteraktion, was ja auch im Agilen Manifest drin steht, das eigentlich für mich wesentlich wichtiger ist. Und da habe ich dann viel in der Zeit, warst ja da irgendwie so ein bisschen in Quarantäne, so wie wir es jetzt kennen, kamst ja nicht weg von Manhattan, kamst auch nicht nach Hause, viel nachgedacht. Ja, und da ist bei mir eigentlich auch so ein bisschen der Punkt entstanden, dass ich mich da ein Stückchen neu erfinden wollte. Und dann ist das eigentlich so ein schleichender Prozess, dass du eigentlich so dann immer wieder durch so einen Trigger dich bei jedem Schritt fragst, Was ist dir eigentlich wichtig? Was möchtest du eigentlich erreichen? Woran hast du eigentlich Spaß? Und ist das nochmal dieses klassische Karrierebild, ich will immer größer, schneller werden, ist das eigentlich wirklich erstrebenswert? Man kennt das ja mit diesem berühmten Berg, auf dem du irgendwann stehst und dann fragst du dich, wo bist du denn hochgegangen? Und das wollte ich einfach nicht in meinem Leben haben. Spannend.
Joel Kaczmarek: Was ist für ein Manifesto, von dem du gesprochen hast, für Leute, die es noch nicht so kennen?
Heiko Burdack: Ja gut, agiles Manifest, das kennen glaube ich die meisten, würde ich jetzt mal sagen. Der Zuhörer ist halt so dieses klassische Gegenüberstellen, Taylorismus gegen agile Werte. So als erstes zum Beispiel, dass halt Menschen und Interaktionen wichtiger sind als Prozesse. Das heißt aber nicht, dass Prozesse nicht wichtig sind, nur Menschen und Interaktionen sind wichtiger, Kundenfokussierung wichtiger sind. Das sind halt Dinge, die im AG-Manifest stehen, ist aber, muss man auch immer fairerweise sagen, mal aus einer Softwareentwicklung entstanden, weil der Ursprung der Agilität steckt da ein bisschen in der IT, steckt da ein bisschen in der Softwareentwicklung, wo man halt sehr früh erkannt hat, dass dieses Thema Planbarkeit von Großprozessen, Großprojekten und Großvorhaben, große Softwareentwicklung, dass das halt immer wieder dazu führt, dass du so kurz vor Release ganz viel testen musst und dann verschiebst du deine Termine. Also der klassische Taylorismus funktioniert halt in großer Softwareentwicklung nicht. Das hat man sehr früh erkannt. Und dann hat sich eigentlich dieses Modell entwickelt. sehr schnell auf viele, viele andere Branchen, auch nicht technische Bereiche, übertragen. Und das sieht man halt sehr häufig, dass immer wieder Modelle aus der IT, so berühmt auch so Spotify-Modell, die eigentlich gar nicht gedacht wurden für Unternehmensorganisationen, immer wieder übertragen werden. Und das ist so ein bisschen, was dieses agile Manifest, sage ich mal, ausgelöst hat. Also eine gute Sache, aus der Softwareentwicklung sehr klar, aber hat da irgendwie einen Flächenbrand ausgelöst.
Joel Kaczmarek: Auch wenn wir jetzt ein bisschen Erklärbären spielen, ich bin ja immer ein Fan davon, Leute auch ranzuführen, die das vielleicht noch nicht so kennen. Du hast jetzt schon ein paar Mal Taylorismus gesagt. Vielleicht machen wir das mal als Gegenpol auf, bevor wir dann darauf einsteigen, was eigentlich genau agil ist.
Heiko Burdack: Gut, also erstmal Taylorismus. Ich würde mal so anfangen. Der Mensch hat einen Bias im Kopf. Wir sind halt auch keine perfekten Wesen. Wir glauben, dass wir alles planen können. Keine Ahnung, wir sagen, wir wollen jetzt nach München. Dann machen wir einen brutalen Plan und sagen, okay, wir sind exakt um 16.08 Uhr in München. Fahren wir los. Ja, Berlin, weißt du, Planbarkeit nicht gegeben. Du kommst hier, Charlottenburg, irgendwie wird es auf die Avos bängen, Stau, der ganze Plan im Eimer. Das ist im Kern eigentlich die Erkenntnis, dass also ein Problem sich nicht durch einen guten Plan immer lösen lässt. Das heißt nicht, dass Pläne schlecht sind, nicht falsch verstehen, aber die Eintrittswahrscheinlichkeit, dass ein Plan wirklich funktioniert, wird halt in einer komplexen Welt immer geringer. Und deshalb hat man gesagt, Das Wichtigste einfach in unserem Vorhaben, wir beide wollen nach München, ist erstmal, lass mal zum Hauptbahnhof erstmal kommen. Und wenn wir am Hauptbahnhof sind, dann gucken wir mal irgendwie, wie wir nach Hannover kommen und dann gucken wir mal, wie wir von Hannover mit dem ICE vielleicht dann nach München kommen. Und das sind wesentlich erfolgreichere Strategien, weil sie erzeugen halt nicht dieses Big-Bang-Problem, dass du halt irgendwann um 15.59 Uhr deine Kunden in München anrufen musst und sagst, hey, wird gar nichts, ich komme drei Stunden später. Und so würdest du halt sagen, ich werde halt zwischen 16 Uhr und 17 Uhr halt da sein, weil wir das halt sagen wir mal als einen Korridor sehen, der machbar ist. Und das ist so ein bisschen der Unterschied. A, du verfolgst einen brutalen Plan, du glaubst an den Plan, du setzt alles auf diesen Plan, du glaubst halt an diesen exakten Punkt. oder halt eben du teilst ein Problem in einzelne Teilprobleme und löst dann halt ein Problem nach dem anderen.
Joel Kaczmarek: Na, ist ja ganz spannend, dieses Bild, was man aus der IT mit den Wasserfällen früher noch kennt, was so jeder von uns in der Schule, glaube ich, mal in Informatik gelernt hat, dass man so ein Projekt, wie du es auch gerade gesagt hast, so über ein Jahr plant und dann hat man irgendwie seine Entwicklungsphase, davor vielleicht die Recherchephase, dann hast du die Testphase und am Ende merkst du, okay, ich habe irgendwie ganz am Anfang was falsch gemacht. Also das ist immer so dieses Bild, was ich im Kopf habe, wenn ich an Agile denke, dass man halt versucht zu vermeiden, wie du es eigentlich gerade gesagt hast, nicht die ganze Reise in einem langen, komplexen Prozess aufzubauen, zu bilden, sondern eigentlich immer auch so ein Stück wieder rückkehrend zu sein. Also ist das so ein Element von Agile, dass man immer auch so retroaktiv wieder ist, dass man wieder an den Anfang geht und nochmal nachguckt?
Heiko Burdack: Exakt. Ja, Retrospektive ist das Wichtigste einfach. Man sagt halt immer, wenn man einen einzigen Baustein aus der Agilität mitnehmen darf, dann ist das die Retro. Ohne Retro gibt es auch keine Agilität. Der Kern einfach dieser ganzen agilen Bewegung ist einfach Komplexität. Das ist nochmal wichtig, Joel. Warum reden wir heute über diese breite Diskussion über Agilität und Leadership? Ganz einfach, weil die Welt brutal komplex geworden ist. Ja, wenn wir es mal vergleichen zu den 50ern und 60ern, keine Ahnung, das waren es wahrscheinlich noch irgendwie drei Milliarden Menschen auf dieser Welt. Jetzt sind wir irgendwie sieben Tendenz Richtung zehn Milliarden. Diese Komplexität ist einfach brutal groß geworden. Und das ist auch der Grund, warum einfach diese Modelle, die wir bisher hatten, wie halt Pläne aufzustellen, wie halt Wasserfall nicht mehr funktionieren. Das sind keine schlechten Ansätze. Die haben zu einem richtigen Zeitpunkt, wo die Komplexität nicht so groß war, gut funktioniert. Jetzt halt nicht mehr, weil die Abhängigkeiten einfach brutal sind. Und das sehen wir auch an diesen ganzen Großvorhaben. Ich will jetzt hier nicht wieder pro Moment den Flughafen zitieren, aber es sind halt immer wieder diese Großprojekte, die eine enorme Komplexität erzeugen und es funktioniert einfach nicht, diese Komplexität mit einem Plan zu erschlagen. Und deshalb ist es wichtiger, das in Schritte zu teilen und hinter jedem Schritt, genau wie du sagst, retrospektiv zu gucken, was haben wir in diesem Schritt gelernt, was nehmen wir mit in den nächsten Schritt? und sich dann in einem Art Treppenmodell hin zum Ziel zu hangeln.
Joel Kaczmarek: Gut, also wir haben bis jetzt schon mal festgehalten, es ist ein iterativer Prozess. Es ist einer, der ein großes Ganzes in kleinere Stücken quasi aufgliedert. Haben wir noch Eigenschaften vergessen, was so typisch agil ist, was du noch jemandem, der das noch nie oder der das wenig kennt, sozusagen mitgeben würdest?
Heiko Burdack: Ja, auf jeden Fall das Thema Selbstverantwortung. Das Thema Taylorismus ist auch immer davon geprägt, du hast eine zentrale Person, die den gesamten Prozess versteht und jedem in diesem Prozess genau sagt, was zu tun ist. Also klassisch Fließplant, Ford, du machst die Türen rein, du die Räder dran. ganz klassisch aufteilen. Das funktioniert bei einfachen Prozessen sehr gut. Das skaliert auch gut. Daher kommt die ganze Produktivität auch zum Beispiel in der Automobilbranche. Wird die Komplexität allerdings höher, sodass die Arbeitsschritte pro Person größer sind, die Interaktion wesentlich höher ist, funktioniert das nicht mehr. Dann muss man das Thema Organisation in das Team geben, wie es auch zum Beispiel in der Automobilindustrie gemacht wird. Da finden wir die klassische Fließbandproduktion ja auch nicht mehr vor. Die Optimierung wird dann dem Team überlassen. Das heißt, das Team ist selbstverantwortlich und organisiert dann die Arbeitsschritte. Das ist nochmal ein ganz wichtiger großer Unterschied. Also es gibt nicht die große zentrale Intelligenz des Mastermind, der alles dirigiert, sondern eher man schafft autonome Einheiten, die sich selbst organisieren, die selbstverantwortlich sind, die aber nicht autark sind, weil sie natürlich immer noch ein Gesamtprodukt ergeben.
Joel Kaczmarek: So, jetzt haben wir unser erstes Buzzword schon mal ein Stück weit dekonstruiert und das zweite ist ja eigentlich Leadership. Ich habe auch ganz oft so Momente, dass ich irgendwie in so Filmen irgendwie so Firmen sehe, die dann so dargestellt werden, die dann irgendwie nicht funktionieren, gegen die Wand fahren, aber auch so in Realitas und ich bin immer ganz schnell, dass ich für mich sage, ah, schlechtes Leadership und dann muss ich mal versuchen, das mal anderen Leuten zu erklären. Was bedeutet für dich Leadership eigentlich?
Heiko Burdack: Ja, also es ist ein Thema, mit dem habe ich mich sehr viel beschäftigt, weil ich viele, viele Teams aufgebaut habe, geführt habe. Im Kern, wenn ich das in einem Satz zusammenschreiben müsste, würde ich immer den Coach nehmen, also den Trainer einer Fußballmannschaft. Weil das es am besten immer beschreibt. Du hast immer ambitionierte Ziele. Du willst entweder aufsteigen oder Tabellenführer werden. Und allein aus diesem Ziel heraus hast du natürlich als Coach immer die Aufgabe, dieses Fördern und Fordern, Ja, gucken, wie du die Einzelspieler entwickeln kannst, wie sie ihr Spiel machen, aber natürlich auch klar die Taktik vorgeben, zu sagen, wer spielt auf welcher Position, wie soll das Spiel ablaufen, aber dann auch immer wieder eingreifen, wenn die Mannschaft einen braucht. Das ist aus meiner Sicht immer noch das beste Modell, was gutes Leadership beschreibt. Ich würde mal anders antworten, was ist es nicht? Es ist nicht Nur Bücher lesen, das ist etwas, das hat für mich ein bisschen was mit Leistungssport zusammen. Ich kann den ganzen Tag darüber nachdenken, wie die Theorie in Weitsprung oder in anderen Disziplinen ist. Aber wenn ich eine Goldmedaille gewinnen will, dann muss ich trainieren, trainieren, trainieren. Und das ist, glaube ich, das auch. was zu deinem Bild. Wenn du dich fragst, was ist da schiefgelaufen? Es ist schnell gesagt, irgendwie ein Leader zu sein oder Leadership zu haben. Es reicht nicht, irgendwo mal eine Schulung gemacht zu haben, ein Buch zu lesen. Es ist etwas, was du tagtäglich ein Stückchen neu erfinden musst. Du musst tagtäglich mit Menschen interagieren. Das hat wesentlich mehr damit zu tun, dass du Menschen gut verstehst, verstehst, wie du sie sozusagen aufs nächste Level bringst, wie du ein gutes Team formst, wie du unterschiedliche Charaktere zu einer Mannschaft und einem Leadership-Team formst. Das ist gutes Leadership. Es ist niemals diese einzelne, singuläre Person, weil dann bist du wieder bei Management. Dann bist du genau hier, das ist eine Person, der alles gemacht hat. Das ist es nicht. Wenn du eigentlich den einzelnen Leader gar nicht identifizieren kannst, sondern immer irgendwie eine Gruppe, dann würde ich sagen, hast du ein gutes Leadership. Dann ist es nämlich ein Team, das steht für eine Sache und wer welche Verantwortung in dem Team hat, das organisieren die dann auch selber.
Joel Kaczmarek: Ja, aber ist ja eigentlich ironisch, dass es Leadership heißt, was ja bedeutet, es gibt einen Anführer und trotzdem sagst du, den sieht man aber eigentlich nicht, dann ist es gutes Leadership.
Heiko Burdack: Ja, also ich bezeichne es immer, wenn ich ein neues Team aufbaue, dann gebe ich denen immer ein Bild mit, was mein ultimatives Ziel ist. Und ich weiß nicht, ob du Star Wars-Fan bist, aber Im zweiten Teil weißt du ja, dass der liebe Yoda sich irgendwann dann mal auflöst und dann so als so ein Geist Luke und allen nur tierisch auf den Keks geht. Und das ist meine Analogie für Leadership. Also ich starte, um mich überflüssig zu machen. Ich möchte ein Team aufbauen, was ohne mich klarkommt. Und wenn der Zeitpunkt da ist, dann verschwinde ich und dann gehe ich denen einfach nur noch irgendwie auf den Keks, auf gut Deutsch. Wenn du dieses Ziel hast, dann gehst du auch ganz anders an die Sache ran. Wenn du das Ziel hast, ich will hier irgendwie der Beste sein, ich will hier gleich von vornherein Karriere sprüngen und so weiter machen, das verbaut dir einfach die Möglichkeit, ein gutes Team aufzubauen. Und so gehe ich da immer ran, dass ich erstmal klar mache, was ist meine Motivation. Und da stehe ich auch zu, ich will ein gutes Team aufbauen und wenn ich das erreicht habe, dann suche ich mir halt die nächste Herausforderung. Und die zweite Analogie, die ich immer wähle oder gerne wähle, ist halt das Thema Bergsteigung oder Erstbesteigung. Du gehst halt in was Unbekanntes hinein. Da gibt es keinen Plan. Da war noch nie jemand. Aber was wir wissen, ist, dass wir nur zusammen diesen Berg besteigen können. Und wenn einer ausrutscht, dann kann er auch das ganze Team runterreißen. Und dieses Wir-Gefühl, das ist das Entscheidende, was ein guter Leader schaffen muss. Und wenn du ein gutes Team hast, was ein gutes Wir hat und sich gegenseitig hilft und genau mit dieser Analogie Erstbesteigung an den Start geht, ich glaube, dann kriegst du ein gutes Momentum und dann erreichst du auch das, was viele sich über Leadership erhoffen. Aber wie du siehst, das hat ganz andere Aspekte, als jetzt zu sagen, ja, ein HR-Leader hat die und die Eigenschaften. Klar musst du diese Eigenschaften mitbringen. Das ist aber das Was. Und aus meiner Sicht ist das Wie wesentlich entscheidender als das Was. Was muss man sich einmal mit auseinandersetzen auf der Trainerakademie, aber am Ende des Tages zählt es auf dem Platz.
Joel Kaczmarek: Na, wir machen ein Podcast-Format bei uns, das heißt High-Performance-Leadership. und der Stefan Lammers, der Coach, der sagt auch immer, die Leute bilden sich irgendwie immer ein. Stell dir vor, der HSV, ein schlechtes Beispiel, der Zweite Liga ist, aber gut, der hat ja auch ein Ziel dann vor Augen. Der würde sagen, wir trainieren ja jetzt nicht mehr, wir trainieren ja im Spiel quasi. Also das ist ja auch so ein bisschen Training on the Job eigentlich, dass man das üben muss. Also deswegen, das Bild finde ich eigentlich recht ganz passend, dass man einerseits Sport hat, Coach, andererseits den Yoda, der sich auflöst und drittens den Berg. Und du hast ja auch ein bisschen das schon angerissen, aber vielleicht können wir es ja mal im so watzlawickischen Sinne machen, dass wir auch mal sagen, was ist der Nicht-Edger-Leadership? Was ist sozusagen terroristisches Leadership?
Heiko Burdack: Ja gut, was ist Nicht-Leadership? Nicht-Leadership ist wie gesagt einfach nur irgendwie Bücher verteilen, irgendwie Coaches verteilen. Es ist halt wesentlich mehr. Was man halt immer wieder merkt ist Ich würde es mal so bezeichnen, wenn man Leadership über die gleichen Kanäle bedient in einem Unternehmen wie klassische Organisationsentwicklung oder Personalentwicklung, dann ist es das nicht. Es kann es nicht sein, weil Leadership ist ja auch nicht aus den klassischen Prozessen heraus entstanden. Also wenn ich diese Rahmenprozesse nicht ändere, dann schaffe ich auch kein Ökosystem für Leadership. Das ist es auf jeden Fall nicht. Es ist immer dann nicht, wenn irgendwie Menschen versuchen, dann doch, wie soll ich mal sagen, eine Hierarchie aufzubauen. Das passiert immer wieder. Wir sind dann doch irgendwie, auch in den Lieder hast ja viele Leute diese Karriere bewusst. Dann baut sich immer wieder eine Hierarchie auf, das immer wieder rauszunehmen. Also Leadership ist nicht Hierarchie. Leadership ist nicht, dass einer sagt, was andere zu tun haben. Das sind für mich die wichtigsten Eigenschaften. Und Leadership ist etwas, was du aus meiner Sicht nie erreichen kannst. Also du musst studieren. stets und ständig lernen, dich stets und ständig neu erfinden. Und Leadership ist in jedem Unternehmen anders, weil du auch immer wieder die Kultur eines Unternehmens und die Historie beachten musst.
Joel Kaczmarek: So, jetzt kriegst du eine super undankbare Frage, aber darauf läuft unser Thema heute hinaus. Wie agilisiere ich denn dann ein Unternehmen?
Heiko Burdack: Ja, super Frage. Also in meiner Berufslaufbahn durfte ich wirklich schon viele große Unternehmen, auch mittlere kennenlernen. und auch mit der Frage der Agilisierung. Wichtigste Antwort erstmal vorweg, es gibt kein Blueprint. Egal wer zu dir kommt im Unternehmen und sagt, das ist das Buch, lese es, arbeite Kapitel 1 ab und 2 ab, funktioniert nicht. Das kann man klar sagen. Jedes Unternehmen muss seinen Weg der Agilisierung finden und dieser Weg ist von ganz unterschiedlichen Paradigmen geprägt. Natürlich musst du die Methodiken, die Rollen und all diese Dinge beachten, auch einführen. Aber du musst auch immer beachten, welche Historie hat das Unternehmen? Wo kommt es her? Wo stehen die Führungskräfte? Wie musst du ansetzen, die Mannschaft mitzunehmen, zu transformieren? Wie schaffst du eine gute Dialogkultur? Und welche Dinge musst du vielleicht schaffen, bevor du in eine Agilisierung gehst? Also ich mache mal ein Beispiel. Wenn du eine schlechte Dialogkultur mit deinen Mitarbeitern hast und du gehst in eine agile Transformation, und redest darüber nicht mit deinen Mitarbeitern, dann kannst du den besten agilen Blueprint haben, den es auf diesem Planeten gibt. Er wird nicht funktionieren, weil die Leute ihn nicht akzeptieren. Also es sind Phasen. Du musst ein Unternehmen gut betrachten, du musst die Branche betrachten, du musst halt gucken, wo kommt dein Revenue her? Ist es produktgetrieben? Ist es ein Servicegeschäft? Das alles hat Einfluss. Es ist eine sehr komplexe Angelegenheit, die wesentlich mehr Dimensionen hat, als jetzt nur zu sagen, da ist eine Methodik, da ist irgendwie ein Scrum oder ein Spotify-Modell. Das sind Basisbausteine. Und das Universum, was sich rumbaut, ist wesentlich komplexer und hat immer was mit dem Unternehmen an sich zu tun.
Joel Kaczmarek: Und ich meine, Kulturwandel ist ja so der klassische Begriff, der sich damit oft verbindet. Wie kriege ich denn sowas hin? Also auch wenn wir jetzt keine Blaupause liefern können, hast du trotzdem so für dich Dreh und Kniffe gefunden, was dabei wichtig ist?
Heiko Burdack: Ganz wichtig gebe ich allen Zuhörern mit, Authentizität. Also shared auch die Dinge, die ihr nicht wisst. Also ich kann mal ein Beispiel machen. Wir haben gestern einen Mitarbeiter-Call gehabt mit knapp 500 bis 600 Kollegen, stehen im Morgengrauen einer sehr großen agilen Transformation. Und ich habe allen Kollegen mit meinem Leadership-Team zusammen klar gesagt, es gibt sicherlich bessere Modelle. Wir haben sicherlich nicht das Perfekte gemacht, aber es ist ein sehr gutes und es lohnt sich dafür zu kämpfen. Und wir müssen alle ein bisschen mit den Unschärfen und den Problemen, die wir in der Einführung haben, leben. Wenn ihr aber der Meinung seid das ist irgendwie Bullshit und wir müssen jetzt hier irgendwie einen Cut machen, dann sagt uns das. Also diese Offenheit, auch klar zu machen, welche Dinge du nicht weißt, das ist Schlüssel. Und das schafft dann auch eine Gemeinschaft. Also wir haben uns dann ein Feedback geben lassen und gesagt, gebt uns einfach klassisch Daumen hoch, runter, quer, ob ihr jetzt sagt, wir sind dafür oder nee, stoppt es. Und die Mannschaft hat mit über 90 Prozent gesagt, lasst uns das jetzt machen, weil das ist das Richtige. Aber wir wissen alle halt, es wird nicht perfekt sein. Und das ist das Richtige, als statt sich hinzustellen, es ist die ultimative Antwort, sie funktioniert. Und wenn sie halt nicht funktioniert, dann sind wir halt alle irgendwie zu doof dazu oder sowas. Das ist, glaube ich, das Entscheidende. Und damit würde ich als erstes anfangen. Also wenn ich eine agile Transformation mache, würde ich erst mal überhaupt überlegen, wie schaffe ich eine unternehmensweite, offene, auf Augenhöhe Transformation. basierte Kommunikation. Und keine Top-Down, ich mache irgendwie ein Newsletter oder sowas, sondern wirklich, ich setze mich den Leuten hin und mache einen Straight Talk, wie ich immer sage. Also was sind die Probleme? Was können wir lösen? Was können wir nicht lösen? Was wird eine Agilisierung lösen? Und was wird es auch nicht lösen? Und welche neuen Probleme werden wir kriegen? Weil das ist auch, was viele missachten. Auch in einer agilen Organisation hast du halt auch Silos. Das sind aber dann agile Silos. Und darüber muss man offen reden und dann kannst du auch eine gute, agile Transformation machen, weil die Leute dann wissen, also Erwartungshaltungsmanagement, was ändert sich positiv, was müssen wir auch ein Stückchen akzeptieren und wie müssen wir uns auch ein Stückchen neu organisieren.
Joel Kaczmarek: Du hast ja schon einen gewissen Fußabdruck in unterschiedlichen Branchen. Also du warst im Telco-Bereich, du warst, glaube ich, auch im Automobilbereich aktiv, jetzt im Versicherungssegment. Es ist ja so, bei ganz vielen Mittelständlern und Konzernen hast du Incentives, also Anreizstrukturen, die auf sowas aber oft gar nicht einzahlen. Also Beispiel, was du gerade gemeint hast, ehrlich sein, ist ja auch mal so, ja, lass uns auch über unsere Fehler reden, Fuck-up-Nights und solche Geschichten kommen ja dann auf. Gleichzeitig wirst du halt auf sowas aber überhaupt nicht Boni-incentiviert. Wie schaffst du es denn, dein Team anzuregen, diesen Kulturwandel mitzumachen, wenn oft das, woher du kommst, sowas quasi gar nicht anregt?
Heiko Burdack: Ja, Incentive-Systeme ist natürlich schon ein Knackpunkt, weil am Ende des Tages kommst du ja in ein Ökosystem, wo viele, viele Manager brutal lange und viel gearbeitet haben, um diesen Punkt auch zu erreichen und das hat natürlich für die auch monetären Einfluss und das sind auch die ersten Fragen. Die muss man auch ein Stückchen ausblenden und ein bisschen wieder zurückgehen. zu der Frage, woran mache ich denn fest, wer welches Geld eigentlich kriegt? Und das hat eigentlich wesentlich mehr damit zu tun, wer erzeugt welchen Impact. Das ist zum Beispiel eine Analogie oder eine Methode, mit der ich vorgehe. Ich überlege mir erstmal nicht so sehr, wer ist auf welchem Level, weil diese ganze Bezahlung ist immer an Hierarchie orientiert. Die bricht dir ja weg, die gibt es ja nicht mehr. So, du hast dann ganz viele agile Teams. Und jetzt musst du dir überlegen, welches Team erzeugt denn welchen Impact. Da hast du vielleicht irgendwie ein agiles Team, was deine Core-Produktentwicklung ist. Also da kommen alle deine Produkt-DNA her, ist alles das, was du für deine Wertschöpfungskette als Unternehmen brauchst. Dann erzeugt das einen wesentlich höheren Impact als ein anderes Team, was vielleicht irgendwie Support macht. Und dementsprechend musst du deine Incentive-Systeme komplett neu erfinden. Also raus aus der Hierarchie hin zu einer Frage, wer erzeugt welchen Impact. Und wer einen guten Impact erzeugt, der sollte auch eine gute monetäre Belohnung auch dafür haben. Und was brauchen auch die Teams? Die brauchen halt auch ein gutes Incentive-System. Aber das verlagert sich aus meiner Sicht aus der Hierarchie hin auf Teams und das ist eine ganz große Herausforderung in Organisationen, das hinzukriegen. Zweiter Aspekt, den ich sehr wichtig finde, ist halt, du musst halt verstehen, was ist denn eigentlich meine DNA des Unternehmens? Was sind meine Revenue Streams? Welche Dinge lohnt es sich denn auch zu agilisieren und welche vielleicht auch nicht? Eine Agilisierung, das Agilisierungswillen ist schön, kannst du viel Geld verbrennen, aber man sollte sich erstmal fragen, wo habe ich denn wirklich dadurch einen Impact? Und wenn ich ein Unternehmen habe, was sehr stark produktorientiert ist, weil du hast es gerade beschrieben, also Telco viel produktorientiert, Automotive auch, dann macht das natürlich so brutal Sinn, aber auch dann den Geschäftsprozess so umzustellen, dass du sagst, du hast eine Product Driven Organisation und dann stellst du dich anhand dieser Produktorientierung auf. Und das ist dann halt eben auch so ein bisschen das agile Betriebssystem, was du implementierst, dass du halt sagst, Produkt DNA ist mein agiles Betriebssystem und die Teams zahlen dann auf diesen Prozess halt ein. Und die Randthemen muss man dann einfach angucken, ob man jede Supporteinheit Cross-Function wirklich agilisieren muss. Das heißt ja nicht, dass nicht jeder irgendwie agile Methoden anwenden kann und sollte, aber ist das Pflicht oder Kür, sage ich jetzt mal so ein bisschen, das ist die Frage. Wichtig ist, diese DNA rauszuarbeiten, den Kerngeschäftsprozess holistisch wirklich zu agilisieren, dann kriege ich auch die Mehrwerte und auch die Unternehmenserfolge.
Joel Kaczmarek: Und wie misst man Impact? Weil manche Rollen zahlen ja quasi auf den Impact wiederum von einer anderen Rolle ein.
Heiko Burdack: Das ist leider schwer metrisch messbar. Im Kern, wie geht man da ran? Wir haben da auch viel drüber gegrübelt, wie kann man solche Metriken erstellen. Am Ende des Tages sind wir dann doch zum Schluss gekommen, lass uns das irgendwie in so einem Big Room Planning machen, dass man dann halt irgendwo die Leader zusammennimmt und dann ganz offen diskutiert. Was sind eigentlich unsere Cores? Wo haben wir den größten Impact? Wo haben wir den größten Business Value auch? Weil du musst ja dann auch entscheiden und auch gucken, wie du die Incentives verteilst, aber auch natürlich, wie du dann auch die Teams ausstattest. Und wichtig ist halt zu verstehen, was sind meine Core-Teams anhand des Core-Prozesses? Weil wenn ich da halt irgendwie in dieser Kette ein Loch habe, dann funktioniert der ganze Ablauf letztendlich nicht mehr. Ja, am Ende des Tages Antwort auf deine Frage im Team diskutieren. Einfach an eine Wand gehen, die Teams aufmalen, Punkte verteilen und da kriegt man eine erste Wichtung und Sichtbarkeit drauf.
Joel Kaczmarek: Bei deiner Definition von agil hast du ja auch gesagt, dass Selbstverantwortung so ein Kernelement ist. Jetzt frage ich mich, Wie kriege ich das hin, dass ich in einer agilen Organisation Eigenverantwortlichkeit und ein Gefühl von ich trage Verantwortung erzeuge? Vor allem, wie kriege ich es koordiniert? Ich habe immer so ein Zalando zum Beispiel vor Augen, was gefühlt irgendwie, weiß ich nicht, 1500 und mehr Entwickler hat. Und da, also jeder programmiert da irgendwie so vor sich hin und die müssen aber irgendwie in ein großes Ganzes wiederum fließen. Also ich stelle mir das A komplex vor. und B, wie motiviere ich die Leute dazu?
Heiko Burdack: Genau, also du kommst halt nicht darum herum, eine gewisse Struktur zu schaffen. Also erstmal, erste Antwort ist, wenn du ein Unternehmen agilisierst, es gibt immer so einen schönen Spruch, wenn du dir ein einziges Team im Unternehmen wünschen könntest, welches agil arbeitet, dann wäre es das Vorstandsteam. Also immer das Board of Managers, damit du wirklich von oben erstmal Leitplanken hast, die diese Selbstverantwortung auch ein Stückchen vorleben und erlauben. Das ist ganz wichtig, wenn du in einem Unternehmen agilisierst und nicht die Rahmenbedingungen hast, dann stößt du irgendwann relativ schnell an die Grenzen. Zu deiner Frage, wie man das organisiert. Am Ende des Tages gibt es natürlich auch im agilen Setting verschiedene Frameworks. Man nennt es halt Large Scale, wie man da halt eine Organisierung vorantreibt, die immer wieder darauf aufsetzt, im Kern habe ich meine selbstverantwortlichen Teams, die Methodik sich aussuchen, agil arbeiten. Und dann ist die Frage, wie fasse ich dann Teams in logische Cluster zusammen? Gibt es verschiedene Ansätze? Holokratie gibt es als Ansatz, also Organisation der Kreise oder halt eben auch sehr beliebtes Spotify-Modell zu sagen, du organisierst dann diese agilen Teams in Tribes und Tribes fasst du dann irgendwie in Business-Units zusammen. Und da kriegst du natürlich auch wieder eine gewisse Hierarchie rein. Das ist nämlich jetzt dann genau der Punkt, wo du sagst, wie baue ich jetzt ein agiles Betriebssystem, dass ich nicht nachher agile Teams irgendwie in dann doch wieder klassischen Silos habe. Aber du musst dann in großen Organisationen dir schon überlegen, wie organisiere ich das? Weil am Ende des Tages musst du ja deinem Geschäftsauftrag gerecht werden. Und wenn du halt irgendwie Knopffabrik hast, am Ende des Tages verdienst du dein Geld an den Knöpfen und die Organisationsform dahinter ist ja nur mittelbar. Und da musst du halt eine Organisationsform, man nennt es halt auch Businessagilität, dir suchen, wie ich das Unternehmen dann strukturiere, organisiere, nachagieren, Prinzipien und Leitplanken.
Joel Kaczmarek: Ist das ein bisschen wie beim Militär, dass du irgendwie ein Heer zu Wasser, zu Lande und zur Luft hast und dann hast du Bataillone und da hast du dann wieder Einheiten drunter. oder ist das genau die falsche Denke?
Heiko Burdack: Mit Militär würde ich jetzt mal sagen, passt gar nicht, weil es natürlich die größte Hierarchie, die man sich vorstellen kann. Also das passiert nicht oder funktioniert so nicht. Stell dir das vielleicht so vor, dass du sagst, nehmen wir mal einfach auch das Spotify-Modell. Da hast du eine App. Und du sagst halt, in der App hast du verschiedene Funktionen. und du sagst halt, Mensch, das ist ein logischer Cluster, der ist auch klar abgegrenzt zu alten Modulen, keine Ahnung, die künstliche Intelligenz, die deine Playlist zum Beispiel für dich organisiert. Und dann nimmst du diesen Building-Block, der immer kundenorientiert ist und das kannst du dann auch schon in mehreren Teams organisieren. Und dann sagst du, okay, das ist jetzt ein Cluster, das ist ein Tribe, der kümmert sich um das. Und dann hast du halt einen anderen Tribe, der einen anderen hat. Wichtig ist, dass diese, ich will jetzt nicht mal Tribe dazu sagen, egal wie du das organisierst, Das ist, ich sage mal, der Cluster der agilen Teams, dass die einen klaren Auftrag haben, klare Ziele haben, klar messbar sind, entweder an Kunden, an KPIs, dass du halt auch deutlich machen kannst, wann ist dieser Verbund von agilen Teams erfolgreich. Das ist der Schlüssel und du organisierst es halt nicht anhand von alle 100 Menschen mache ich jetzt ein neues Projekt. um jetzt in deiner Militäranalogie zu bleiben, sondern du machst es ganz anderen Faktoren fest, nämlich zu sagen, wie ist mein Produkt strukturiert, wo habe ich wirklich Cluster, die einen ganz klaren Mehrwert, Kundenmehrwert bringen? und dann organisierst du dich in den Clustern und die Frage, wie viele Menschen du da brauchst, ist dann eigentlich eine zweitrangige, die ergibt sich aus der Frage, welches Ziel erfülle ich eigentlich mit dieser Einheit.
Joel Kaczmarek: Vielleicht spitzen wir es zu. Also wir haben ja bisher viel darüber geredet, wie ich ein Unternehmen agilisiere. Wir haben aber auch eingangs schon mal angekündigt, dass wir sagen wollen oder erklären wollen, wie man eigentlich so ein agiles Betriebssystem aufsetzt für eine Firma. Was ist da dein Gedanke zu?
Heiko Burdack: Also wenn man jetzt wirklich den Ansatz wählt, ein Unternehmen zu agilisieren. Wie gesagt, Vorgehensmodell haben wir ja ein bisschen beschrieben. Dann kommt man irgendwann zu dem Punkt, der Ansatz ist ja immer, du hast irgendwie agile Teams, freust dich dann, dass das agile Team funktioniert. und dann stellst du dir die Frage, wie kann ich diesen Effekt irgendwie größer skalieren? Da gibt es verschiedene Ansätze. Der beste Ansatz vorweg ist immer zu sagen, du machst das irgendwie in Stufen, in Wellen. Zu sagen, okay, du hast eins, dann machst du vier und dann lässt du es einfach wachsen. Du kommst aber irgendwann zu einem Punkt, wo du sagst, was ist jetzt das neue Normal? Ja, also ist jetzt, sag ich mal, das Agile, das Außergewöhnliche, was irgendwie für das Neue steht, dann steht es immer ein bisschen außen dran. Oder ist eigentlich das unser neues Normal und ich muss die Firma irgendwie ein bisschen auf dieses Thema Agile umstellen? Warum? Weil natürlich, wenn du agile Teams in einem klassischen System aufbaust, dann kommen sie immer wieder an die Grenzen. Budgeting, Prozesse. Prozesse, all diese Dinge, das hindern die Teams brutal und du musst dich irgendwann entscheiden, will ich eine Firma agil haben oder will ich eine Firma klassisch haben, in der es auch agile Inseln gibt. Wenn ich zu diesem Punkt komme, dass ich mein Unternehmen agilisieren will, dann muss ich auch zwingend alle Prozesse und Themen umstellen. Und das bedeutet, wenn du was Altes abbaust, musst du dir was Neues überlegen, wie du dein Unternehmen in Zukunft strukturierst. Und das nenne ich agiles Betriebssystem. Du musst dir also überlegen, wenn ich halt ein Unternehmen habe, was zu 60, 70 Prozent agil ist, wie sehen meine Prozesse aus, die ich vielleicht noch brauche, die natürlich wesentlich schlanker sind. Aber wie steuere ich am Ende des Tages mein Unternehmen? Wie mache ich das erfolgreich? Und da funktionieren einfach die klassischen Methodiken nicht. Also es gibt keine Vorstandsvorlagen mehr, es gibt keine Projektberichte mehr, es gibt keine Folienschlacht mehr. Alles die Dinge, die wir in der klassischen Welt kennen, die gut funktioniert haben, die gibt es ja in der agilen Welt nicht. Jetzt musst du dir überlegen, wie organisierst du das in der agilen Welt? Und da gibt es verschiedene Ansätze. Man kann zum Beispiel sagen, man baut so ein Flugebenenmodell von Klaus Leopold, schätze ich sehr, weil es sehr praxisorientiert ist, wo du sagst, du hast verschiedene Ebenenunternehmen. Einmal hast du oben so die Top-Ebene, Board of Managers, die halt so irgendwie die Leitplanken, die Top-Themen priorisieren. Und dann gehst du einfach immer wieder in die Organisation weiter runter von den Boards, wo du es runterbrichst, wo am Ende des Tages du im untersten Moment Level des Boards dahin kommst, dass jedes Team genau weiß, wie es sich zu priorisieren hat, damit es auf die Unternehmensziele einzahlt. Am Ende des Tages musst du erreichen, dass all diese agilen Teams, und wenn du da hunderte hast, dann musst du dir überlegen, wie erreiche ich, dass alle diese hundert Teams am Ende des Tages auf das Unternehmensziel einzahlen und nicht jeder irgendwie irgendwas baut. Das ist das Entscheidende, warum man dann irgendwie frühzeitig auch über ein agiles Betriebssystem nachdenken muss. Und ein Punkt, der mich sehr stark bewegt, ist dann natürlich die Frage, Wenn du mal ein Betriebssystem hast, wer verantwortet das dann in einem Unternehmen? Ist es HR? Ist es der CEO? Ergibt sich das von alleine? Aber irgendeiner muss ja auch so ein Betriebssystem pflegen, weil Agilität ist ja davon geprägt von Veränderung, von Dynamik. Das heißt, die Teams und die Organisation verändern sich ständig. Dementsprechend muss sich auch dieses Betriebssystem verändern. Sprich, wenn man also darüber nachdenkt, ein agiles Betriebssystem an ein Unternehmen zu installieren, muss ich im gleichen Atemzug darüber nachdenken, wie pflege ich das und wer und wie stelle ich sicher, dass dieses Betriebssystem sich ständig den Gegebenheiten anpasst. Sonst bin ich halt wieder in dem gleichen Dilemma gefangen wie in den klassischen Organisationen, dass ich irgendwann feststelle, mein Betriebssystem funktioniert nicht mehr, ich muss mich neu erfinden.
Joel Kaczmarek: Wenn ich das jetzt noch nie gemacht hätte, wäre ich, wenn ich uns so zuhöre, noch irgendwie ein bisschen planlos. Also wie muss ich mir das vorstellen? Wie baue ich Leitplanken? Wie schaffe ich quasi, es klingt ja so ein bisschen nach OKA auch, was du gesagt hast, also Ziele gemeinsam definieren und auf Subziele runterbrechen, kaskadieren und dann quasi gemeinsam erfüllen. Kannst du das so ein bisschen präzisieren?
Heiko Burdack: Ja, also Vorgehensmodell vielleicht so ein bisschen Best Practice. Also du brauchst verschiedene Teams. Wenn du dich also erstmal mit der Entscheidung auseinandersetzt, ich möchte ein Unternehmen agilisieren, dann brauchst du erstmal, wie ich gesagt habe, diese Entscheidung im Board of Managers zu sagen, hey, das wollen wir. Dann brauchst du verschiedene Teams, die diese Unternehmenstransformation, weil egal, über was wir reden, es ist eine Organisation. unternehmensweite Transformation, die du gestalten musst. Du brauchst ein sehr gutes HR-Team, was natürlich alle personalrechtlichen Themen, Mitbestimmung, neue Rollen, all diese Themen letztendlich verhandelt. Du brauchst ein Team, was wirklich diesen agilen Change macht und den auch sehr stark dezentral. Das ist ja kein Top-Down-Change, der stattfindet. Du musst dir ein Modell überlegen, wie schaffe ich es, dass ich über ein Change-Team alle dezentralen Einheiten und auch das, was die lernen dort unten, irgendwie immer wieder mitkriege und zusammenfasse. Das ist aber nicht ein Vorgehen, wo ich sage, macht mal diesen Change und meldet euch, wenn ihr fertig seid mit der Agilisierung. Das funktioniert nicht. Also ganz anderer Change-Ansatz. Du musst also Change komplett neu erfinden und das als Team organisieren. Und dann brauchst du halt ein Team. Ich nenne es mal, dass das agile Betriebssystem designt, wo du dir auch überhaupt erstmal überlegst, wie sieht denn mein Methodenkoffer aus? Soll jeder sich alle Methoden frei überlegen können? oder sagen wir, das sind die drei Methoden, aus denen man sich aussuchen kann? Das kennst du vielleicht, Scrum, jeder hat seinen Flavor. Und es ist halt schwierig, wenn du zehn Teams hast und jeder macht einen Flavor und du willst aber ein Produkt bauen. Also daran muss man denken. Dann muss man frühzeitig daran, genau an diesem Thema agilen Betriebssystem arbeiten zu sagen, wie wollen wir dann auch Budget priorisieren? Am Ende des Tages reden wir immer über Ressourcen. Jedes dieser Teams fordert Geld, fordert Ressourcen, fordert Zeit ein. Und du musst dir halt überlegen, nach welchen Metriken mache ich dann fest, wie ich meine Ressourcen im Unternehmen verteile. Weil nur, weil ich agilisiere, werden die Ressourcenlimitierungen nicht automatisch weggehen. Und das ist dann halt ein Team, was ich aufbauen würde, was sich halt nur um diese Fragestellung agiles Betriebssystem auch sehr nah mit dem Board of Managers interagiert, um da halt zu überlegen, wie steuern wir und wie wollen wir in einem agilen Unternehmen leben, indem wir die agilen Teams unterstützen, auch die Mehrwerte der Agilität heben, aber weiterhin sicherstellen, dass wir ein erfolgreiches Unternehmen sind. Und da gibt es halt sehr, sehr viele Lernbeispiele, auch Praxisbeispiele, wo man halt sich zu sehr auch auf die Agilisierung fokussieren hat, sodass man es so ein bisschen wie Weltfrieden gesehen hat und dann auf einmal festgestellt hat, oh, mein Unternehmen ist ja gar nicht erfolgreich. Und dann hat man auf einmal wieder hart zurückgesteuert. Das kann man vermeiden, wenn man dieses Thema Unternehmenserfolg, Priorisierung, Budgeting gleich von vornherein mit in die Agilisierung aufnimmt. Und dann kriegst du, glaube ich, ein ganz gutes Vorgehen.
Joel Kaczmarek: Das ist, glaube ich, eine ganz spannende Frage. Hast du da eine Handgabe, wie man diese ganze Thematik mit Ressourceneinsatz, um quasi Output zu generieren, gut gesteuert bekommt in agilen Organisationen?
Heiko Burdack: Big Room Planning. Also es ist am Ende des Tages, du kannst keine Metrik auf diesem Planeten finden, die dir die perfekte Antwort gibt. Du gehst mit der bestmöglichen Kompetenz in einen Raum, diskutierst auf Augenhöhe. wirklich Boardmembers, Leader einer Organisationsform. Und dann musst du dich einfach auch mal zoffen. Es muss auch mal Räume geben, wo man sich mal auch streitet. Und dann gibt es eine Entscheidung. Dann wird so konsequent umgesetzt. Und wenn man eine bessere Erkenntnis hat, priorisiert man neu. Anders funktioniert es nicht. Also ich habe keine Metrik bisher gefunden. Du hast OKRs zitiert. Es gibt ganz, ganz viele Methodiken, die versuchen, diese Metriken abzubilden. Am Ende des Tages kommt es aber wieder zurück zum Anfang. Agiles Manifest. Menschen und Interaktion sind dann doch wichtiger. Ich gehe mal so ran. Du musst diese Big-Room-Planningsoder diese Priorisierungs-Workshopsextrem gut vorbereiten,dass du erstmal eine Grundlageauf Zahlen, Daten, Facken schaffst,um objektiv überhaupt priorisieren zu können. Wenn jeder einfach nurseinen Elevator-Pitch macht,dann hast du keine objektiven Kriterien,an denen du jetzt wirklich machen kannst,was zahlt jetzt auf meine Business-Ziele ein. Also musst du in eine Vorbereitung schon investieren, Aber am Ende des Tages musst du dann mit deinen Leadern zusammen eine Entscheidung treffen. Und die triffst du am besten in einem Raum. Und dann ist halt Team together, Team apart. Man trifft eine Entscheidung, geht auseinander, executet die, kommt dann irgendwie nach einem Quartal wieder zusammen und entscheidet neu. Das ist aus meiner Sicht der einzige Weg, der funktioniert. Weil wenn du es in einen Prozess verlagerst, dann bist du genau wieder da, wo wir zu Anfang standen im Taylorismus, nämlich hochprozessuale Organisationen, die sich nicht neu erfinden und weiterentwickeln können.
Joel Kaczmarek: Jetzt hatten wir Militär als so ein Extrembeispiel, was es irgendwie nicht ist. Trotzdem ist ja auch ein bisschen was dran im Sinne von Strategie vorgeben. Ich frage mich so ein Stück weit, oder würde ich mich jetzt fragen, wenn ich uns zuhöre, wie viel Basisdemokratie steckt in so einem agilen Leadership?
Heiko Burdack: Das ist eine gute Frage. Also es gab ja auch verschiedenste Ansätze in Agilität. Es gab mal so, das war so gerade so zum Start der Startup-Szene auch, wo man sehr stark propagiert hat, da steckt eigentlich alles in den Menschen drin und du musst es einfach nur rauslassen. Also du fokussierst dich nur auf Rahmenbedingungen zu schaffen und dann wird das Team schon alles organisieren. Da ist natürlich viel Wahrheit dran. Also ich glaube auch an die Selbstorganisation eines Teams. Aber ich sage jetzt mal zurück zu meiner Analogie Fußball. Du musst halt schon irgendwie am Ende des Tages Tore schießen. Und wenn du die geilste Mannschaft hast, aber absteigst, ist auch kein gutes Gefühl. Also am Ende des Tages brauchst du schon etwas, was sicherstellt, dass du erfolgreich als Team bist. Wie man das umsetzt, sollte man dem Team überlassen, ganz klar. Aber du brauchst halt immer irgendwas, an dem du auch bei einer Basisdemokratie oder auch in einer Gesellschaft gibt es klare Regeln, Leitplanken. Wir wollen ja auch immer wieder festmachen, woran machen wir eine gute Gesellschaft fest. Und das gilt natürlich im Unternehmen immer im Sinne eines Unternehmenserfolgs. Weil eins darf man nicht vergessen, bei auch all der Nostalgie, die um Agilität herumgeht, am Ende des Tages sind es Unternehmen, die einen wirtschaftlichen Auftrag haben. Wenn es börsennotiert ist, ist es noch brutaler, dann hast du Shareholder, denen ist, sage ich jetzt mal offen gesprochen, eine agile Fülle, fand es komplett egal, die interessiert dann nur, was sie dann irgendwie wieder rauskriegen als Profit. Und das ist ein Spannungsfeld, das muss man sich einfach von vornherein bewusst machen, dass halt am Ende des Tages es ein wirtschaftliches Unternehmen ist, was auch Profits im börsennotierten Bereich abliefern muss und das erzeugt erstmal ein Spannungsfeld. Und das kann ich über Agilität nicht komplett überbrücken, aber ich kann einen agilen Rahmen schaffen, in dem ich maximal selbstverantwortlich arbeite und dennoch Unternehmenserfolg sicherstellen. Und dafür brauche ich halt auch so ein Betriebssystem, mit dem ich dann auch unternehmerisch auch steuern kann.
Joel Kaczmarek: Gut, also ich lerne Tiki-Taka, hilft mir nichts, wenn ich damit auf dem Relegationsplatz lande.
Heiko Burdack: Ja, oder wenn du 7-1 dann nach Hause geschickt wirst im Heimland.
Joel Kaczmarek: Aber damit kommen wir ja wieder zu deiner Ausgangsfrage. Wer pflegt denn so ein agiles Betriebssystem?
Heiko Burdack: Ja, das ist eine Schlüsselfrage. Also ich komme vielleicht gleich vorweg. Ich komme zum Schluss, dass du eigentlich in einem, wenn jetzt mal so ein ganz normales Unternehmen, also C-Level angehst, eigentlich brauchst du so einen Chief Agile Officer. Weil wenn du da länger drüber nachdenkst, über dieses Thema, man kann sagen, ist das nicht ein HR-Thema, Personalentwicklung? Glaube ich nicht dran, weil du hast ja einen unternehmerischen Aspekt drin. Ist irgendwie ein IT-Thema, ist es auch nicht. In IT ist es eher normal. Entweder ist es der CEO, der sich selber drum kümmert. Oder du hast wirklich im Board eine dedicated Person, die sich um dieses Betriebssystem kümmert, weil das ist ja eigentlich Schlüssel deines Unternehmens. Also wenn ich jetzt CEO wäre, würde ich darüber extrem nachdenken, weil die Frage ist ja, eine agile Transformation ist ja irgendwann vorbei. Also egal welche, du sagst, du startest, du bist dann durch. Und dann ist ja die Frage, wie stelle ich denn sicher, dass ich nicht nochmal so eine Transformation machen muss, dass sich meine Organisation ständig weiterentwickelt. Und das ist so ein bisschen vielleicht wie so eine CTO-Rolle in der IT oder so jemand, der sich nur auf Technologie und diese Weiterentwicklung fokussiert, brauchst du aus meiner Sicht eine dedicated person, die halt auch guckt, wie sich Agilität weiterentwickelt, wie sich Gesellschaft weiterentwickelt. Bestes Beispiel, wer ist jetzt derjenige, der im Unternehmen jetzt die Frage stellt, was bedeutet die Zeit nach Corona für uns im Unternehmen? Das wird gerade in allen Unternehmen heftig diskutiert, dieses neue Normal. Eigentlich wäre das jetzt so ein Chief Agile Officer oder wie auch immer du den nennen willst, der sich eigentlich hinsetzt und im Board of Managers sagt, Leute, wir haben hier eine Chance. Wir können einfach das Thema Remote noch stärker pushen, können dadurch Kosten sparen, können dadurch aber auch mehr uns attraktiv machen für den Markt. Damit müssen wir das agile Betriebssystem da und da vielleicht noch ein bisschen anpassen. Diese Rolle fehlt, also das habe ich bisher in wenigen Unternehmen gesehen, die sich wirklich über so eine Rolle Gedanken gemacht hat. Und das ist aus meiner Sicht Schlüssel für die Nachhaltigkeit einer agilen Transformation, sich da auch wirklich entweder ein Team, eine Person zu suchen, die dieses Betriebssystem kontinuierlich weiter pflegt. Weil das stellt nur sicher, dass ich nicht wieder irgendwann an dem Punkt stehe, wo ich mal vor der Transformation stand, zu erkennen, ich muss mich neu erfinden.
Joel Kaczmarek: Aber ich wollte es gerade sagen, also ich kenne wenig bis keine Unternehmen, die so eine Position haben. Ich glaube, die meisten stülpen das eher im CDO oder CIO über, oder?
Heiko Burdack: Genau, ja, aber CDO ist ja eigentlich auch eine temporäre Funktion. Irgendwann bist du ja mal digital. Und das ist aus meiner Sicht, wie gesagt, viel gelesen, viel auch in Unternehmen unterwegs gewesen. Und ich komme wieder zu dem Punkt, das ist eigentlich ein Gap, was alle irgendwie haben, was interessanterweise, vielleicht können wir da eine eigene Session zu aufmachen, auch wenig in Presse und Büchern behandelt wird. Also die Fragestellung wirklich Transformationen, Kann ich dir 20 Bücher gleich hier irgendwie hinlegen. Aber die Fragestellung, wie stelle ich das dann dauerhaft sicher, damit ich nicht wieder in das gleiche Dilemma wie Terrorismus komme, weil auch Agilität wird sich irgendwann mal festfahren, weil die Methoden ändern sich, da ist so viel Dynamik drin, neue Generationen kommen rein, ist aus meiner Sicht viel zu wenig beleuchtet und gehört einfach auf dieses C-Level. Egal, ob es eine Person oder ein Team oder eine Rolle ist, aber da gehört es hin. Du brauchst halt irgendwie im Board jemanden, der ständig dein Betriebssystem anpasst.
Joel Kaczmarek: Was sind denn sonst Probleme, auf die ich stoßen kann in diesem ganzen Prozess? Vielleicht kannst du ja dem einen oder anderen ein bisschen Lehrgeld sparen.
Heiko Burdack: Ja, also unterschätzt auf jeden Fall dieses Thema Leadership-Entwicklung, Mitarbeiterentwicklung, unterschätzt das nicht. Also es ist das eine zu sagen, ich gehe irgendwie in ein agiles AC, Development Center, wie auch immer und dann kriegst du dein Ranking und lese mal ein bisschen hier, mach mal ein bisschen da und dann kriegst du irgendwie einen Coach und dann wird alles gut. Das macht aber keinen guten Leader aus dir. Also wenn du nicht Lust hast, jeden Samstag auf dem Fußballplatz zu stehen, bei strömenden Regen dienstags und donnerstags Training zu machen, sag ich jetzt mal. Also wenn du diese Grundmotivation nicht mitbringst, dann wird aus dir kein guter Leader, auch wenn du noch so viele Bücher liest. Also es ist ein praktisches Thema. Und das Wichtigste ist einfach, alle, die sich in einer agilen Transformation befinden, challengen. einfach auch sehr stark eure HR-Einheit. Also du kannst das nicht delegieren, du kannst nicht sagen, ich mache jetzt irgendwie nur so ein bisschen Coaching und dann suche ich irgendwelche Firmen und gebe den Leuten Agile Leadership. Aus meiner Sicht muss sich eine Personalentwicklung zum Trainingslager entwickeln. Die müssen einfach sehr, sehr praxisnah die Menschen daran führen, dass sie verstehen, was der Unterschied zwischen Manager und Leader ist, müssen mit denen zusammen auf dem Trainingsplatz daran arbeiten, ein guter Leader zu werden. Das ist wesentlich mehr Praxis und es wird heute noch viel zu theoretisch betrachtet. Und das Gleiche gilt auch für die Mitarbeiter. Und hier ist wichtig immer wieder, das ist mein zweiter wichtigster Tipp, auf keinen Fall Zweiklassengesellschaft. Der größte Fehler, der aus meiner Sicht immer wieder gemacht wird, ist zu sagen, das ist mein Digital, das ist mein Neu, das ist mein Agil, das ist mein Cool und der Rest ist alles Rudis Reste-Rampe. Was macht das mit den Menschen? Also einfach sich mehr mit den Menschen auseinanderzusetzen und erstmal einfach mit einem Wertesystem reinzugehen und mit Anstand zu sagen, alle sind wichtig im System. Unabhängig, wen ich jetzt agilisiere oder nicht agilisiere. Die Frage, ob ich agilisiere und wen ich agilisiere, hat nichts mit dem Wert meiner Mitarbeiter zu tun. Und das wird sehr oft missachtet. Daher sieht man auch, dass viele Digitalaktivitäten oft festhängen, weil sie immer wieder diese Two-Speed-Architecture immer wieder propagieren. Davon halte ich nichts. Ich gehe immer rein zu sagen, alle sind wichtig. Ja, es gibt einen Bereich, der sich agilisiert, wo wir mehr machen. Aber das heißt nicht, dass das andere nicht wichtig ist, weil das erzeugt sofort natürlich Ängste in der Belegschaft. Wenn du einen Bereich agilisierst und den anderen nicht, dann fragen sich die Leute, was passiert mit mir? Und dieses, was ich jetzt so mit Rudi's Reste rampe, das ist, was bei Leuten im Kopf abgeht. Die Leute fragen sich, bin ich nicht mehr wichtig? Und wenn du das erzeugst, dann wird dich dieser Bereich irgendwann, ja wie ich immer so schön sage, wie Links wie ein Bus erfassen. Und zwar sind das Dinge, mit denen du nicht rechnest. Du kriegst irgendwie Qualitätsprobleme, auf einmal bricht dir dein Profit und dein Revenue weg, weil irgendwie Bestandsgeschäft wegbricht, weil diese Leute sehr oft in den Kerngeschäftsprozessen super wichtig sind und das ermöglichen, damit du dich überhaupt agilisieren kannst. Und wenn du vergisst, womit du dein Geld machst und diese Menschen nicht wertschätzt, dann nützt die Organisierung nichts. Also das ist der zweite wichtige Aspekt. Holistisch, gesamtheitlich, alle sind wichtig. Und die einen müssen vielleicht auch ein Stückchen mehr arbeiten, damit die anderen sich diese Organisierung erlauben können. Und das bedeutet, alle sind wichtig und so sollte man das auch wertschätzend im Unternehmen rüberbringen.
Joel Kaczmarek: Was sagt die Erfahrung? Wie viel Angst und Widerwille geht durch so eine Organisation, wenn man auf Agile Leadership umstellt?
Heiko Burdack: Also, das ist eine sehr gute Frage. Erste Antwort, ich weiß, du kennst vielleicht diese vier Häuser of Change. Du musst immer durch diese vier Häuser of Change. Erstmal wirst du informiert, dann wehrst du das erstmal ab im Sinne von, nein, ja, ich nicht. Also alle sind betroffen, aber ich ja nicht. Dann fightest du dann gegen und dann irgendwann kommt Akzeptanz und dann bist du da durch. Die wichtige Botschaft ist, jeder Leader und jeder Mitarbeiter in einem Unternehmen wird durch diese vier Häuser des Changes gehen.
Joel Kaczmarek: Das klingt eher so wie die vier Stufen der Angst, die ist glaube ich in der Psychologie.
Heiko Burdack: Genau, das ist einfach menschlich, da muss jeder durch. Das kannst du keinem abnehmen, du kannst ihn nur bestmöglich dabei begleiten. Und das heißt also, wenn du von vornherein in einer Kommunikation reflektierst, du sagst, wir verstehen, das macht Angst, wir verstehen, dass ihr wissen wollt, seid ihr betroffen oder nicht betroffen. Aber wir wollen euch aufzeigen, welche Chancen da drin steht. Das ist, glaube ich, der Weg, wie du das vermeidest oder am bestmöglichen Unternehmen abbildest. Der Punkt ist halt, jeder wird zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt durch diese vier Häuser of Change gehen und da einen Prozess zu schaffen, wo du kontinuierlich die Leute, die Ängste haben, abholst, die Bedenken mitnimmst, aber immer wieder konstruktiv auf, ja, aber guckt mal, das ist die Chance. Und auch ein bisschen die Alternativlosigkeit. Was ist denn, wenn wir das nicht tun? Das erzeugt aus meiner Sicht ein guter Change. Ja, aber diese, was du ansprichst, diese Ängste hast du immer. Es wird keinen Change geben, der keine Ängste erzeugt. Es ist einfach menschlich. Wir sind einfach nicht gewohnt in dieser Veränderung. Wir sind eigentlich gewohnt, dass wir irgendwie in unserer Höhle hocken und irgendeiner bringt uns Essen. Das ist alles gut. Alles, was sich verändert, ist für uns immer erstmal rein menschlich gefährlich, auf gut Deutsch.
Joel Kaczmarek: Ich überlege gerade, in der Psychologie heißt das nicht die Phasen der Angst, sondern die Phasen der Trauer. Und das ist ja quasi ein bisschen so, da stirbt ja auch irgendwie was. Also man lässt ja auch was los auf eine Art. Klar.
Heiko Burdack: Und man darf eins auch nicht vergessen, das ist in Unternehmen immer wieder wichtig. Alles, was wir bisher gemacht haben, war ja auch ein Stückchen gut, hat uns ja auch hier hingebracht. so mit Unternehmensberatung agierst, dass immer sehr schnell so propagiert wird. So ein bisschen wie Microsoft das früher gemacht hat. Das alte Windows war alles schlecht, ja, aber das Neue, das ist jetzt der Burner. Also man sollte einfach auch klar sagen, alles, was wir bisher gemacht haben, war gut. Alle haben einen super Job gemacht, alle haben Beitrag geleistet. Keiner muss sich rechtfertigen für das, was wir bisher gemacht haben, weil die meisten Menschen dann reagieren im Sinne von, war denn das alles schlecht? Habe ich denn was falsch gemacht? Nein, ihr habt alles richtig gemacht. Das ist einfach nur ein logisches neues Release. Ja, bis hierhin war alles gut. Jetzt müssen wir uns halt ein Stückchen neu erfinden und irgendwann werden wir uns wieder ein Stückchen neu erfinden. Und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Hebel in diesem Change, den Leuten halt deutlich zu machen, es geht nicht darum, wer hat was falsch gemacht. Es geht einfach darum, neues logisches Release. Und es geht darum, dass wir eine Learning Organization werden, also uns ständig weiterentwickeln müssen und den Weg zu neuen Ufern auch finden müssen.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage. Wenn ich Agile Leadership noch nicht praktiziere, das möchte, wer kann mir dabei helfen, da hinzukommen, weil du eben auch Berater mal angeschwungen hast?
Heiko Burdack: Ja, Unternehmensberatung ist natürlich, würde ich jetzt erstmal sagen, man verzeiht mir eigentlich erstmal eine schlechte Wahl, weil da ist ja etwas, was im Unternehmen stattfindet. Sicherlich machen Berater Sinn, wenn ich zu irgendeinem Zeitpunkt erkenne, Ich brauche irgendwie Unterstützung, das zu skalieren. Aber im ersten Kern, wenn ich wirklich sage, ich möchte mich mit Agilität und Leadership und den Themen auseinandersetzen, sollte ich mir erstmal ein kleines Team im Unternehmen schnappen. Entweder, wie gesagt, Board of Leaders oder irgendwelche, die einfach sagen, lasst uns mal auf eine Learning Journey gehen, also auf eine Lernreise. Und dann besucht man einfach mal Unternehmen. Das ist der beste Weg, einfach mal mit Menschen zu sprechen. Mensch, wie war denn das bei euch? Wie seid ihr vorgegangen? Und am Ende des Tages ist meine Erfahrung, wenn man so vorgeht, findet man dann immer so Fragmente, wo man sagt, Mensch, das passt auch bei uns. Und dann baust du dir eigentlich deinen eigenen Weg. Also von daher Netzwerke, rausgehen zu anderen Firmen, Erfahrung sammeln, in Branchen gucken, was macht meine Konkurrenz? Vielleicht einfach mal anklingen. Vielleicht sind die ja gar nicht so verschlossen und man kann mit denen mal über so ein Thema reden. Und dann findest du deinen Weg. und dann kommst du aber mit so einem ersten Team zu einem Punkt, wo man sagt, jetzt haben wir eine Erkenntnis zusammen. Jetzt müssen wir mal darüber reden, wie wir es im Unternehmen machen und dann muss eine größere Diskussion stattfinden und dann kann man für sich einen Weg daraus ableiten. Wichtig ist aber, lasst euch auf keinen Fall irgendwelche Blueprints von außen überhelfen. Das funktioniert nie. Es gibt nicht die ultimative Antwort, die für alle passt. Jeder muss seinen Weg finden. und wie man so schön immer sagt, der Weg ist das Ziel. Also über den Weg erkennst du eigentlich erst, wo du wirklich hin willst und du kannst nicht sagen, wie in unserem Eingangsbeispiel, wir wollen nach München, vielleicht kommt raus, wir wollen dann doch nach Hamburg. Das gibt die Reise dann auch mit sich. Also kleines Team, start small, think big, zu einem Punkt kommen, nächste Welle starten und immer viel von anderen lernen.
Joel Kaczmarek: Lieber Heiko, dann danke ich dir ganz, ganz herzlich, dass du heute unser Coach für Tiki-Taka im unternehmerischen Sinne warst. Hat viel Spaß gemacht. Ich denke mal darüber nach, vielleicht vertiefen wir das echt mal als eigene Folge, sozusagen nicht digitale Transformation, sondern digitale Maintenance. Also wie bleibe ich quasi digital? Das ist ganz interessant eigentlich.
Heiko Burdack: Ja, guter Aspekt. Vielen, vielen Dank, Joel. Ja, dann sehen wir uns ja dann auf dem Fußballplatz, wenn wir über Maintenance reden. Dann müssen wir ja dann Fußball spielen. Vielen Dank, hat mir viel Spaß gemacht und hoffe, da ein paar von meinen Erfahrungen weitergeben zu können. Hey! Hey!