myToys-CEO Martin Schierer über das Onlinegeschäft mit Familien

14. April 2021, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Händler. helfen Händlern. Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute sprechen wir über sieben Learnings aus dem Family E-Commerce. Beziehungsweise, vielleicht wären es ja sogar mehr, weil unser Gesprächspartner heute ist, glaube ich, die Koryphäe, die Anlaufstation schlechthin, wenn es um das Thema geht. Nämlich, wir reden gleich mit Martin Schira, dem CEO von MyToys. Was erwartet dich in der heutigen Folge? Wir werden ganz viel darüber sprechen. Wie werden eigentlich die Einkaufsentscheidungen im Bereich Family E-Commerce getroffen? Wie wichtig ist das richtige Preis-Leistungs-Verhältnis? Und worauf sollte ich mich eigentlich fokussieren? Also muss ich Markt-Champion sein? Wie sieht mein Customer Lifetime Value aus? Was tut sich bei Tech und IT? Was ist dort wirklich wichtig? Und einiges mehr. Das erwartet dich in der heutigen Folge. Und ja, wie schon angedroht, lieber Martin, du hast jetzt hier Vorschusslorbeeren. Schön, dass du da bist. Herzlich willkommen. Und stell dich doch mal ganz kurz vor, wer du bist, was du bisher gemacht hast, was so dein Stallgeruch ist quasi.

Martin Schierer: Ja, gerne Joel. Herzlichen Dank für die Einladung. Hast mich jetzt natürlich tierisch nervös gemacht mit dem Vorschusslorbeeren. Hoffentlich halte ich das hier nur. Gut, Martin Schierer, Joel hat das schon gesagt, bin aktuell in der Position des CEOs bei der MyToys Group. Hab Versandhandel, muss man wirklich so sagen, von der Pike auf gelernt. Und zwar 1996 bei Neckermann angefangen, im Marketingbereich. Und da war ja E-Commerce eigentlich nur zwei Jungs irgendwie in der Ecke, die da so ein bisschen rumgesponnen haben in den neuen Welten. Und hab dann bei Neckermann die ganzen Channelshifts eigentlich mitbekommen und bin dann im zweiten 2008 nach Russland zu einem Versandhandelsunternehmen und habe dann da für die Otto-Gruppe auch das Russland-Geschäft aufgebaut. Bin dann zurück nach Deutschland vor zwei Jahren und seit Juni letzten Jahres eben in der aktuellen Position CEO bei der Midwest-Gruppe.

Joel Kaczmarek: Okay, dann wenn du ein Russland-Geschäft aufgebaut hast, dann weißt du, dass man sich in Russland immer neben die Zimmerpalmen setzt und Wodka abprobt, dann muss es wahrscheinlich, oder?

Martin Schierer: Ja, das ist natürlich so eine Story, die man gerne über Russland erzählt, aber ich muss sagen, Gott sei Dank ist Versandhandel und E-Commerce und das ganze Mail-Order-Geschäft ja eine relativ junge Branche, sodass man da eigentlich mit sehr jungen Russen zu tun hat, die eher so ticken, wie jeder normale Mensch auf der Welt tickt. und wenn man dann in Moskau ist, das ist ja eine Metropole, also von daher kriegst du da natürlich an jeder Ecke Wodka, es ist aber keine Bedingung, um zu haben.

Joel Kaczmarek: Gut, bevor wir gleich in unsere Learnings starten, sag doch nochmal ein, zwei Sätze auch zu MyToys. Also wo steht ihr gerade? Was ist so eure momentane Vision, Geschäftsmodell? Also dass man vielleicht Menschen, die sich noch nicht so tief mit euch beschäftigt haben. Also klar, es weiß jeder, ihr verkauft irgendwie Kinderartikel in unterschiedlicher Couleur. Aber zum Beispiel wissen viele nicht, macht ihr was mit Marktplatz? Ja, nein. Bietet ihr Services an? Wie ihr eigentlich dasteht?

Martin Schierer: MyToys ist ein super spannendes Unternehmen. Wir gehören zur Otto-Gruppe. Das ist vielleicht auch nochmal ganz interessant, dass wir in einem Verbund damit sind. Plattform Nummer eins für Familien zu werden. Wir sind auf einem guten Weg. So das Ziel haben wir uns mal so gesetzt für 2025. Und die Mission ist auch noch mal, gerade wenn man dann zur Hauptmarke und zur Marke MyToys geht, wir machen Familien glücklich. Und das ist natürlich alles rum. Familien haben wir da sehr weit gefasst. Wir haben da drei Brands am Laufen. Im Moment Schuhe, Family Shopping und dann Jumonda, da geht es eben so um das Thema Heimtextil. Und dann haben wir noch einen zweiten Stand, das ist dann die Mango, das ist der Shopping-Club, der auch von München aus gesteuert wird. Aber heute fokussieren wir uns eigentlich auf die anderen drei Brands, die ich gerade genannt habe. Dann muss man natürlich sagen, wir kämpfen natürlich mit dem, mit dem jeder moderne E-Commerce-Händler kämpft. Die Welt verändert sich. Wir gehen natürlich in die Richtung Marktplatzmodelle. Da können wir vielleicht auch später nochmal kurz drüber sprechen. Haben gestern sogar mal den ersten MyToys Partnerprogramm Award vergeben in drei Kategorien. Ganz spannendes Thema. So, das sind die Themen, die uns jetzt beschäftigen.

Joel Kaczmarek: Gut, spannend. Dann lass uns mal straight rein starten. Erstes Learning, was ich so aus dem Team auch gespiegelt bekommen habe, ist eins, dass ich auch schon ganz früh im Bereich so Kinder-Apps mal gespiegelt bekommen habe, dass es gar nicht so einfach ist, wenn die Zielgruppe eigentlich Kinder sind, aber der Käufer ist nicht die Zielgruppe, also in dem Fall wahrscheinlich die Eltern. Wie ist denn das bei euch? Ich habe gelernt, kniffiger Satz, die Einkaufsentscheidung trifft zum Großteil die Mutter im Bereich Family Commerce. Ist das so?

Martin Schierer: Ja, das ist immer noch so. Also da können wir über verschiedene Themen in der gesellschaftlichen Entwicklung sprechen, wie wir wollen. Es ist in den meisten Fällen, es ist wirklich immer noch so, dass die Mutter zum Großteil die Einkaufsentscheidung fällt. Und natürlich sieht man auch schon jetzt eine steigende Tendenz, aber unterrepräsentiert aktuell, wo natürlich auch Väter das schon auch mitmachen. Also meine Gesellschaft verändert sich, das muss man auch sagen. Und es gibt ja auch immer mehr Väter, die dann auch in die Elternteilzeit gehen und auch aktiv eben die Erziehungszeit des Kindes mitgestalten. Und dann ist es auch so, das kann man auch sagen, wenn ein Kind mal älter wird, dann kriegt es halt einen eigenen Kopf und dann will es auch das eine oder andere haben und dann findet es vielleicht auch das oder das unsexy. Das ist dann aber eher so, wenn die Kinder dann zu Teens werden. Aber im Großen und Ganzen kann man sagen, so 80 bis 85, 90 Prozent trifft dann die Mutter die Entscheidung.

Joel Kaczmarek: Welche Konsequenzen hat das für euer Geschäft? Also wie arbeitet ihr mit diesem Umstand?

Martin Schierer: Ja gut, wir fokussieren uns natürlich schon darauf, dass wir sagen, im Wesentlichen müssen wir Mütter ansprechen, die zum einen natürlich inspiriert werden wollen, einfach auch was Neues suchen. Das ist ja dann immer die Frage, ist das ein anlassbezogenes Geschäft? Ist das jetzt irgendwie ein Lied, den ich habe? Oder ist das auch irgendwas, was sich das künftig wünscht? Also ich hätte jetzt gerne Inlineskates oder sonst irgendwas. Da muss es natürlich auch das Thema Beratung treffen, denn man muss ja auch davon ausgehen, wenn man über Kinderbedarfe spricht, das ist ja ein weites Feld und wir können natürlich nicht von der Mutter verlangen, dass sie da in jedem Feld 100% weiß, wo das beste Produkt zu holen ist. und das müssen wir halt auch so machen, dass es die Mutter anspricht und dann gibt es natürlich was, aber da kommen wir dann schon in das zweite Learning rein, da können wir dann gleich im nächsten Punkt darüber sprechen, da geht es dann natürlich sehr stark um den Geldbeutel.

Joel Kaczmarek: Ich meine, was ich von euch gehört habe, ist, dass ja sogar Herrenschuhe teilweise von der irgendwie Familienmanagerin, wie ihr so in Anführungsstrichen gesagt habt, bisschen mit dem Augen zwinkern, gekauft werden. Also es ist sozusagen wirklich so, dass ganz oft die Frauen quasi so ein bisschen der, ich meine, wenn man mal ehrlich ist, also wir wollen jetzt nicht sexistisch daherkommen, da muss man, glaube ich, immer sensitiv sein. Deswegen finde ich das richtig und gut, dass du das angesprochen hast. Aber in unserem Haushalt, weiß ich, ist es auch so, dass meine Frau sehr viel organisatorische Sachen managt. Bis zu den Herrenschuhen trägt sich sozusagen durch, dass die Frau bei euch quasi zentraler Anlaufpunkt ist. Ja, das ist so.

Martin Schierer: Wir sind ja alle Individuen. Das sind ja immer Pauschalaussagen. Da muss man, wie du sagst, immer auch vorsichtig sein, wie man das ausdrückt und wie man das sagt. Aber es ist halt einfach so, dass natürlich auch eine Frau vielleicht manchmal auf unsere Schuhe guckt und sagt, da sollte jetzt mal vielleicht ein neues Paar sein. Ich glaube, dass auch sehr viele Männer da einfach vielleicht auch nicht das Interesse haben und sich damit beschäftigen. Oder man darf es auch nicht vergessen, sehr oft ist es ja auch so, dass die Frau sich halt anmeldet im Kundenkonto und dann halt über das Kundenkonto auch die Bestellungen gezogen werden. Das darf man auch nicht vergessen. Das macht ja eigentlich keinen Sinn, sagen wir mal, im Haushalt mit vier Leuten und vier verschiedenen Kundenkonten zu haben. Meistens läuft das ja über ein Kundenkonto. Und das ist halt, weil halt die Frau nochmal in sehr vielen Fällen der Familie trotzdem noch der Familienmanager ist, ist es halt sehr oft die Frau, die das Kundenkonto führt.

Joel Kaczmarek: Merkt ihr das auch bei den Produkten dann? Weil ich merke immer so, mein Sohn steht immer auf dieses ganze Ninjago-Zeug, meine Frau hasst das wie die Pest, ja. Auch so alles, was mit Schießen zu tun hat, wird total, ja, die Männer immer, oh ja, geil, Nerfgun hier, Schaumstoffpistolen, super. Und die Frauen, nee, Schießen ist doof. Also merkt ihr das auch quasi bei der Sortimentsgestaltung, dass ihr dann solche Schwerpunkte legen müsst, weil ihr de facto eigentlich an die Mama verkauft?

Martin Schierer: Ja, das geht, glaube ich, sehr stark in die Richtung, die ich gerade schon angesprochen hatte. Das Kundenkonto ist natürlich in sehr vielen Fällen das Kundenkonto der Frau. Ich glaube aber fest daran, dass es eben bei solchen Produkten, die du angesprochen hast, die dann auch so ein Männerherz mal höher schlagen lassen und wo man eigentlich dann Spaß hat und man dann manchmal vielleicht auch gar nicht genau weiß, ist das jetzt wirklich das Spielzeug fürs Kind oder für den Mann, dass die dann natürlich dann auch in die Kaufentscheidung mit eingehen. Aber trotzdem hast du das dann halt schon auf dem Kundenkonto der Frau. Also wir diskutieren solche Themen, dass wir sagen, wenn es zum Beispiel sehr stark in technische Bereiche hineingeht, dass wir das dann auch vielleicht ein Stück weit, sagen wir mal, männergerechter darstellen oder auch in der Tonalität darstellen, weil höchstwahrscheinlich da hier dann der Mann im Prinzip mit dem Kind die Kaufentscheidung fällt.

Joel Kaczmarek: Gut, zweites Learning, was du ja gerade schon angerissen hast, Thema Preis. Es gibt ja eigentlich immer so die typischen Dreiecke Verfügbarkeit, Preis, vielleicht auch noch irgendwie Qualität oder Produktausrichtung, aber Preis ist ja immer so ein Kandidat. Wie ist das in deiner Zielgruppe, das Verhältnis zwischen Leistung und Preis?

Martin Schierer: Ja, sehr spannend, weil es auf der einen Seite hat natürlich eine Family per se, Ein höheres Haushaltsnettoeinkommen normalerweise als Singles, also wenn die im gleichen Segment sind, sagen wir mal, gehen wir jetzt einfach ins mittlere Segment, weil natürlich da auch dann Themen kommen, vielleicht kommt noch ein zweites Einkommen dazu oder ist nochmal ein Teilzeiteinkommen da, dann ist Kindergeld da, dann gibt es eine Steuerklasse. Aber es gibt natürlich auch wesentlich mehr Lied, das Geld auszugeben, weil es eben eine Familie gibt. Und da gibt es halt Bedarfe, die sind einfach da. Du bist ja auch Familienvater und du weißt das, da gibt es einfach Themen. Sagst du, ja, ich muss jetzt meine Wünsche zurückstellen, weil es gibt einfach irgendwie den Bedarf an neuen Kinderschuhen, weil das Kind ist einfach gewachsen. Und das macht natürlich das Budget dann knapp und deswegen guckt man natürlich schon, dass man günstige Preise schießen kann. Dem Diametral gegenüber steht natürlich das Thema Qualität. Denn das hat man jetzt gerade auch gemerkt in diesem und im letzten Jahr, als dann Corona auch zugeschlagen hat. Also im Kind ist etwas, das spart man wirklich am letzten. Also das ist wirklich, da möchte man wirklich wissen, dass die Qualität passt. Und das, glaube ich, muss man nicht lange erklären. Das leuchtet eben ein, dass man da wirklich nicht sparen möchte. Also es ist immer so ein Spannungsverhältnis zwischen Qualität und Preis. und Und dann kommt natürlich auch irgendwann noch das Thema Marke dazu, weil auch Kinder sind ja teilweise schon sehr markengerecht erzogen. Also die wollen ja nicht irgendwas, sondern die wollen halt dann die Marke, die halt der andere Junge oder das andere Mädel auch in der Kita oder im Kindergarten hat. Das kommt dann da auch noch an. Das kann man einfach sagen, in dem Spannungsverhältnis leben wir. Und ich glaube, es ist jetzt auch nicht so viel anders als ein Spannungsverhältnis auch in anderen Branchen.

Joel Kaczmarek: Ja, aber ich meine, Spannungsverhältnis ist ja eigentlich ein ganz passender Begriff, also verstehe ich total, dass man einerseits sagt, größeres Auskommen als der Single-Haushalt, weil mehr Köpfe und sozusagen breitere Bedürfnisse, auf der anderen Seite quasi der Zwang, natürlich auch da eine gewisse Wiederkehr sozusagen zu berücksichtigen und deswegen den Geldbeutel im Blick zu behalten. Ich glaube, eine passende Überleitung, vielleicht auch zum dritten Learning, könnte dann eigentlich sein, du hast ja auch gerade skizziert, Kinder und Marken, es gibt ja so die Classics, also egal, wenn ich jetzt mal an Familie denke. Bei uns war zum Beispiel mal so dieser Trip-Trap-Stuhl, was so ein Family-Classic ist. Da kannst du ja für jedes einzelne Asset, also egal, ob es jetzt irgendwie die Babyschale ist, der Sitz, das Kissen, der Gurt, zahlst du jedes Mal irgendwie extra. Also das kann man sich sehr schnell hoch zusammenpuzzeln. Und das ist ja bei vielen Produkten so. Also auch die bunten Bausteine aus Dänemark, die jeder kennt, sind nicht ganz günstig. Das Playmobil-Set und so weiter und so fort. Also ich habe gerade so im Kopf auf der einen Seite, was du skizziert hast, dieses Kräfteverhältnis und auf der anderen Seite gibt es ja dann auch immer irgendwie so Sonderereignisse im Leben, besondere Events. Bei euch jetzt ehrlich Weihnachten, Ostern, Nikolaus, Geburtstag. Wie viel Impact hat das auf euer Geschäft und wie planbar ist das? Also es hat einen enormen Impact.

Martin Schierer: Also wir machen in einem normalen Jahr, ich sage jetzt normales Jahr, weil letztes Jahr war kein normales Jahr, da gab es ja nochmal den Sondereffekt Corona, machen wir einen Großteil des Geschäftes natürlich im Weihnachtsgeschäft. Das ist ganz klar. Also wenn man sich mal so einen Jahresverlauf anguckt und das erste Mal, auch selbst wenn man das weiß, dass so ein Versender, das eigentlich das Hauptvolumen im Weihnachtsgeschäft macht, aber sich da als Geschäftsführer mal drüber beugt und sich dann die Kurve anzieht und dann sagt, oh, verdammte Axt, also da muss ja wirklich alles passen in der Zeit, damit dann das Jahr auch wirklich gut läuft. Das ist so. Also weit über 50 Prozent laufen dann eben im Prinzip in der Phase vor Weihnachten. Also es geht dann so Oktober langsam los, November, Dezember. Ostern ist natürlich auch ein großer Punkt. Und dann geht es in die Richtung, die du angesprochen hast, Joel, dass man natürlich die anderen Anlässe, also ich sage mal eher die personenbezogenen Anlässe, also nicht saisonale Anlässe, in Bedacht zieht. Also Schulanfang, Ersteinschulung, Kindergarten, Geburtstage, Kommunion, Firmung, andere Festivitäten in anderen Religionen, nein. Das sind alles Themen, die man da natürlich im Prinzip bespielen will und man auch eine gute Datenbasis dafür hat, weil im Prinzip geht ja, ich sage mal, das Leben eines Kindes geht halt einfach mit dem ersten Geburtsdatum an, mit der Geburt. Sehr oft weiß man eben schon vorher, dass das Baby kommt, wenn die ersten Sachen eingekauft werden. Viele statten sich ja im Vorfeld damit schon aus, was ja absolut Sinn macht. Oder es geht eben auch um das Thema Schwangerschaftsmode. Und ab da kann man ja eigentlich in die Richtung Schule, wann geht es mal in die Richtung Kommunion, Firmung, wann geht es eigentlich in die Ferien rein, wann fängt die Schule wieder an im nächsten Jahr. Also es gibt viele Eckpunkte, die man da im Prinzip betrachten kann. Und eben nicht nur so diese, sagen wir mal, Schulanfang einen Tag, sondern eben auch die Themen, welche Entwicklungsstufen hat so ein Kind. Wann wird es trocken und so weiter und so fort.

Joel Kaczmarek: Und wie hoch sind so deine Abhängigkeit als Händler oder Abhängigkeit denn als Händler dann auch von Herstellern? Also ist das irgendwie so, wenn du sagst, der Großteil wird eigentlich gemacht mit einem Weihnachtsgeschäft, das ist sozusagen so der Single Point of Failure, der einem da passieren kann. und gleichzeitig gibt es diese besonderen Events, wo es ja gefühlt immer so ein paar Go-To-Marken gibt. Hast du da mehr Abhängigkeit von den Herstellern oder die Hersteller mehr von dir?

Martin Schierer: Es bedingt sich gegenseitig. Also wenn wir uns jetzt aufs Spielzeug fokussieren. Wir haben ja auch noch mit Mirapodo dann Schuhe. Da sehen die, sagen wir, das sieht so im Jahresverlauf natürlich anders aus. Oder beim Jumonda jetzt im Heimbereich, da sind eher so Sachen wie, geht es jetzt um die Bestückung der Gartenterrasse oder des Balkons. Aber bleiben wir mal bei der Phase Spielwaren und dem Segment MyToys, weil es natürlich spannend ist mit dem Weihnachtsgeschäft. Das ist natürlich nicht nur bei uns so, sondern das ist bei jedem unserer Konkurrenten so und das ist natürlich dann auch im Hochlauf aller anderen Verkaufsstätten für Spielwaren so. Also in der Vorweihnachtsphase nimmt natürlich die dieses Segment seinen Lauf auf. Und da muss man dann schon im Vorfeld genau wissen, wie viel Ware braucht man eigentlich für den Kundenbedarf, den man sich da einplant. Weil sich dann in der heißen Phase nochmal etwas zu besorgen, klappt natürlich für so einen Player wie uns schon. Aber es ist wesentlich besser, wenn man das schon mehr oder weniger dann vorher geregelt hat.

Joel Kaczmarek: Gut, also ich fasse mal ganz kurz zusammen. Erstes Learning, die Einkaufsentscheidung trifft zum Großteil die Mutter. Zweites Learning, der Zielgruppe ist ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sehr wichtig. Drittes Learning, besondere Events und Ereignisse in der Zielgruppe sind vorhersehbar und bieten viel Potenzial für Personalisierung. Das waren ja so die drei Faktoren, die wir bisher hatten. Lass uns doch nochmal auf den Faktor Personalisierung eingehen. Vielleicht eine Randnotiz noch. Ich habe mal von einem großen Babyshop irgendwie gelernt, dass sie immer nur am ersten Kind verdienen. Wie ist das bei euch in euren Signen? Weil ich glaube, man kennt das. Wenn man das erste Kind kriegt, will man alles richtig machen, kauft alle Betten, Kinderwagen und so richtig teuer. Und das zweite Kind trägt dann die Sachen des ersten auf. Und man ist sozusagen schon ein bisschen gelernt. Merkt ihr was Vergleichbares bei euch auch?

Martin Schierer: Nee, so ist das bei uns Gott sei Dank nicht. Also wir haben jetzt nicht irgendwie so, wir haben nur Interesse am ersten Kind, weil wir da nur das Geld verdienen. Vielleicht ist das in der Tat bei Baby noch mal ein bisschen anders, weil natürlich, ich sage mal, als Baby hast du ja zwar Mitspracherechte, wenn du dich aufmerksam machst, aber so richtig artikulieren kannst du dich ja noch nicht. Ob du das jetzt richtig gut findest, dass du die alten Sachen von Geschwistern aufklagen musst, das können wir so nicht nachvollziehen. Für uns ist es gut, je mehr Kindertage, dann in der Familie sind, weil einfach dann der Verbrauch auch steigt. Uns ist dabei bewusst, dass das ein oder andere vielleicht nochmal doppelt genutzt wird, aber für uns ist es eher gut, wenn es zwei oder drei Kinder einfach im Familienumfeld sind. Es ist bei uns auch so, wenn man auf das Thema Baby geht, dass vielleicht Da gibt es natürlich starke Abhängigkeiten. Also ich muss wesentlich schneller halt im Prinzip den Return on Invest haben, um das mal sehr kaufmännisch zu sagen. Bei uns ist das so, je früher wir den Kunden abholen, desto besser wird eigentlich der Deckungsbeitrag im Lifetime Value des Kunden. Ist natürlich auch klar, wenn wir jetzt im Kindersegment sind, irgendwann ab 10, 11 Jahren ist dann auch unser Zyklus vorbei. Dann geht es halt wirklich sehr stark in die Richtung, dass ein Kind ganz klar mitsprechen will, welches T-Shirt findet sie cool. Also welche Farbe soll es sein, welche Marke soll es sein. müssen wir halt in dieser überschaubaren Zeit von zehn Jahren, müssen wir eigentlich dann unser Geschäft machen. Und je früher der Kunde reinkommt, desto besser ist es für uns.

Joel Kaczmarek: Zurück zu unserem Learning. Du hast gesagt, ihr habt für euch festgestellt, dass Personalisierung halt ein Faktor sein kann. Hast du mal so typische Use Cases und Beispiele, wie ihr das nutzt, gerade wenn ihr besondere Events habt wie Weihnachten?

Martin Schierer: Ja gut, bei Weihnachten ist es so, dass wir natürlich dann über die Personalisierung verschiedene, sag mal, Aktionen fahren. Also wenn wir jetzt wissen, okay, da gibt es einen Lego-Kunden, der ist halt wirklich ein Hardcore-Lego-Kunde, dann kann man das natürlich ausspielen, wenn man gewisse Aktionen mit Lego hat. Und bei Aktionen geht es natürlich immer um das Thema irgendwelche Benefits im Bereich von Gutscheinen, Rabatten. Aber es kann eben auch in so Benefits gehen, dass man besondere Produkte aus dem Lego-Portfolio anbietet. Also wir haben ja auch durchaus eigene Kollektionen mit Lego zusammen, die es dann eben nur bei uns gibt. Eine Stückzahl an Produkten, die wir dann mit Lego zusammen machen, das ist dann eben My Toys Collection. Das gibt es auch mit anderen Herstellern. Das gibt es auch im Bereich der Textilie. Und sowas kann man dann natürlich schon ausspielen. Und ein ganz starkes Thema ist natürlich auch nochmal Kindergeburtstag, wo wir uns sehr hervortunen. Ja, man kann ja sagen, auch teilweise ist ja auch eine Problematik, nicht nur für die Familie, sondern auch für die Angehörigen. Was soll ich da schenken? Also meistens weiß die Mutter und die Vater, die wissen ja, was das Kind will. Aber wenn ich jetzt irgendwie ein Patenonkel bin, der in der Ferne lebt und eigentlich gar nicht so viel Kontakt hat, weil man nicht täglich an dem Kind dran ist, dann kann das schon mal irgendwo auch ein Problem geben, dass ich sage, ich weiß eigentlich gar nicht, wo die Interessen sind. Und wenn man da schöne Wunschlüsse zusammenstellt, man muss sich das vorstellen wie so ein Brautisch, wo man Produkte reinpacken kann und dann kann sie einfach das familiäre Umfeld oder die Freunde der Familie das dementsprechende Geschenk rausholen, ist das für uns auch eine Art der Personalisierung.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, man kennt das ja auch aus euren Läden, also ihr habt ja auch stationäre Geschäfte und andere Kindergeschäfte machen das auch, dass man richtig so eine Boxen hat, so Geburtstagsboxen, wo dann der Name draufsteht und das quasi auch virtuell abgebildet. setzt ja voraus, bedingt ja, dass ihr sehr gut in BI seid, also Business Intelligence. Ihr braucht quasi Daten und müsst halt auch euer CRM gut im Griff haben, weil das ist quasi gut zusammengeschaltet. Was macht ihr da? Wie geht ihr vor? Was sind so eure Lösungen und eure Vorgehen?

Martin Schierer: Ja gut, also wir sammeln natürlich die Daten, können die clustern, haben eine eigene BI-Abteilung und setzen da auch sehr viel Technik ein. Wir haben ja auch nochmal einen Punkt weiter hinten, dann Tech und IT. Also das ist natürlich ganz klar und bewusst eingesetzt und haben da aktuell eine eigene Lösung, Und tauschen uns aber natürlich auch sehr stark mit der Otto-Gruppe aus. Also das ist einfach ein Asset, das man da nutzen kann, weil da natürlich ein sehr großer Verbund drin ist. Also wenn man da auch an Firmen denkt, die im Otto-Verbund sind. Otto.de hat ja aktuell einen super Lauf und hat da extrem viel entwickelt. Da kann man natürlich auch von partizipieren, aber auch von Themen, die halt auch ein About You macht. Also das muss man ganz klar sagen, das ist ein Asset für uns, dass wir einfach solche Benchmarks haben und sich da auch sehr gut austauschen kann, um sich gegenseitig zu befreien.

Joel Kaczmarek: Unser viertes Learning hat einen tollen Titel. Da habt ihr niedergeschrieben, der Anspruch in der Zielgruppe Market Champion zu sein ist unabdingbar. Würde ich fast sagen, hat jeder den Anspruch, aber was meint ihr damit?

Martin Schierer: Ja, also ich glaube in der Größenordnung, in der wir sind, also wir machen jetzt bezogen auf MyToys über eine halbe Milliarde Umsatz in diesem Jahr. Ohne Limango, mit Limango ist es dann natürlich nochmal eine ordentliche Nummer mehr. Muss man schon den Anspruch haben, wenn man in dem Segment unterwegs ist, Market Champion. zu sein oder Market Champion zu sein und das ist natürlich auch eine Vorgabe an sich selber, also die einfach den Anspruch da selber nach oben zieht. Was wir aktuell für uns da ganz klar niederschreiben ist, wir wollen die erste Anlaufstelle für Familien sein. Das ist zum einen das Sortimentsbreite, aber auch eine gewisse Sortimentstiefe haben. Und deswegen haben wir jetzt auch das Marktplatzmodell mit draufgepackt, weil wir natürlich auch im Wholesale-Modell weiter wachsen wollen, aber eben durch den Marktplatz und die Partner, die wir dann da aufbohren, eben auch nochmal in den Longtail gehen können. Also ich sage mal in beide Richtungen, also in die Breite als auch in die Tiefe. Und wir können dann natürlich auch nochmal, wenn wir jetzt zum Beispiel out of stock sind, in so Phasen wie Weihnachten, können wir uns dann natürlich nochmal verlängern mit Partnern und das Angebot dort zu machen. Das ist ein wesentlicher Faktor. Das ist ein Benefit für den Kunden und für eine Familie, dass sie da im Prinzip an einer Stelle so viel wie möglich eigentlich beschaffen kann. Denn ein ganz großes Thema in Familien ist ja auch immer, es gibt ja immer nicht nur Geldnot, sondern Zeitnot auch. Man muss ja immer alles unter einen Hut bringen und deswegen ist das wichtig. So, das zweite Thema ist natürlich auch, dass wir das mit einer gewissen Qualität machen. Und Qualität meine ich jetzt nicht nur Produktqualität, sondern auch Servicequalität. Und das ist ein tägliches Ring, also da muss man auch sagen, das ist glaube ich auch so wie bei jedem, da laufen viele Sachen sehr gut und einige Sachen kann man halt immer noch besser machen und die Erwartungshaltung des Kunden steigt natürlich auch permanent. Also wir müssen da wirklich im Prinzip immer wieder gucken, ist man da noch zeitgemäß unterwegs oder schießt man da irgendwo an den Kunden vorbei mit dem Servicequalität? Und dann ist es natürlich auch das ganze Thema Qualität der Produkte. Wenn ich jetzt auf einen super Markenhersteller gehe, wie ein Lego oder ein Playmobil oder ein Schleich oder auch im Schuhbereich, dann muss ich mir da nicht wahnsinnig viel Sorgen machen. Aber wenn ich natürlich auch Eigenproduktion mache, also wir machen einige eigene Produkte unter Eigenmarken, dann muss ich schon dafür Sorge tragen, dass die halt wirklich eine ordentliche Qualität haben. So das betrachten wir als Market Champion. Und das ist ein Anspruch, den wir natürlich der Zielgruppe geben wollen, der aber auch ein sehr starker interner Anspruch an uns selber ist, wie gut wir uns eigentlich selber aufstellen.

Joel Kaczmarek: Und wenn ihr sagt, das ist unabdingbar, warum ist das so? Also könnte man nicht auch sozusagen mit geringerem Aufschlag dort in eurem Bereich aktiv sein?

Martin Schierer: auch auf dem Level mitspielen. Und dafür muss man dann schon Market Champion sein, weil wir haben Market für uns halt mit dem Themenfeld Familie definiert.

Joel Kaczmarek: Jetzt hast du eben von eurem Marktplatzansatz berichtet. Wie geht ihr damit um? Also bei Amazon ist ja auch immer mal so ein Thema, dass wenn man selbst Verkäufer ist und dann noch einen Marktplatz anbietet, ob das so einen Interessenskonflikt darstellt. Wie tariert ihr das denn für euch aus?

Martin Schierer: Ja gut, da gibt es eine ganz klare Grenzung in den Teams. Also es gibt ein eigenes Team, das nennen wir Partnerprogramm. sich halt nur um die Partner kümmert. Und wir trennen das natürlich auch in das System. Also ein Einkäufer kann nicht auf die, ich sage mal, auf die Kondition oder auch auf die Ranglisten Das ist auch rechtlich untersagt. Da gibt es ja auch kartellrechtliche Themen und da muss man auch die Compliance einhalten. Das ist schon sehr strikt und das führen wir auch komplett so ein. Also es muss einfach eine physische Trennung geben. Die müssen in verschiedenen Büros sitzen. Es muss eine Verantwortungstrennung geben. Das müssen verschiedene Bereichsleiter sein. Und es darf eben kein Zugang auf detaillierte Informationen der Lieferanten und der Partner erfolgen. Und detailliert meine ich jetzt so zum Beispiel Umsatz pro Partner. Das darf zum Beispiel an Hohlsee. Also da gibt es ganz klare Regeln und ich bin mir ganz sicher, dass es da in ein bis zwei Jahren auch durchaus mal irgendwie Untersuchungen geben wird, wie die Unternehmen das eigentlich aufstellen. Also wie habt ihr das eigentlich gelöst, dass ihr eben den Interessenskonflikt in einer Firma auseinander zieht. Es ist nicht unaufwendig, das zu machen, aber es ist ein Muss.

Joel Kaczmarek: Ich bin ja immer so ein bisschen hin und her gerissen, ob man das wirklich so treu hinkriegt. Also selbst wenn man, wie ihr, das jetzt sehr gewissenhaft macht, ob man da nicht den Effekt hat, am Wasserloch, an der Kaffeemaschine wird sich dann doch getroffen und über die Accounts ausgetauscht. Im Moment kannst du das doch eigentlich nicht, oder?

Martin Schierer: Also es gibt da ganz klare Regeln, es gibt da auch schriftliche Verpflichtungen. der Mitarbeiter und am Ende des Tages, also wenn da einer mit ganz bösem Willen irgendwo da reingeht, dann ist es einfach nicht gut. und wenn das das Unternehmen auch sehen würde, würden auch vom Unternehmen aus Konsequenzen gezogen. Das ist das, was man da machen kann. Systemisch kann man da schon sehr viel machen, Aber wenn jetzt einer wirklich sagt, ich will meine Informationen verkaufen, im Sinne von, ich schreibe das Ding mal auf ein Stück Papier und schiebe es dir über den Tisch, dann ist das halt vergleichbar mit einer vertraulichen Information eines Unternehmens, das nicht an den Konkurrenten gehen darf. Und einer zieht sich halt doch die Datei und verkauft sie darüber. Also das kann man, glaube ich, hundertprozentig nie machen. Aber wir sind da auf einem guten Standard und haben auch die nächsten Schritte schon eingeleitet. Also mit bösem Willen kann man vieles machen.

Joel Kaczmarek: Ich wollte gerade sagen, euer Wille als Unternehmen ist also da und die Maßnahmen sind getroffen, aber man ist halt sozusagen nie gegen jeden Fall gefeit. Verstanden. Wie macht ihr es bei der Preisfindung? Also ist ja auch mal so ein großes Thema. Also ich nehme jetzt mal so den Benchmark Amazon dran. Also nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, aber kann man da vielleicht durchaus mal betrachten. Da gibt es ja auch mal so dieses Seller versus Vendor und wie viel Preishoheit man hat. Also wenn ich bei euch Marktplatzteilnehmer bin, habe ich dann Preishoheit über mein Produkt. oder tariert ihr das aus? Wie geht ihr das an?

Martin Schierer: Wenn man bei uns Vendor ist, werden die Preise vom Vendor gesetzt. Also wir Wir diskutieren das immer wieder mal. Es sind laufende Diskussionen und ich sage mal, die Sichtweisen verändern sich da auch teilweise. Da beklagt man natürlich auch auf die Frage, okay, wer kriegt am Ende dann die Buybox? und lassen wir da einen Konkurrenzkampf zu und machen wir das eigentlich im Prinzip am Produkt oder zum Kunden hin. Das sind aktuelle Themen, die uns hier statt beschäftigen und wo ich jetzt nicht sagen könnte, dass jetzt die Entscheidung oder das, wie wir es jetzt machen, dann auch für Das ist eine Sache, die sich verändern kann. Aber aktuell setzt der Partner die Preise fest. Gut, und im Wholesale setzen wir die Preise fest, wie das so ist. Und wir sind ja selber auch auf anderen Marktplätzen mit unseren Wholesale-Artikeln unterwegs. Und da ist es auch bei allen so, dass wir die Preise festsetzen.

Joel Kaczmarek: Gut, fünftes Learning, Customer Lifetime Value. hier als Thema, wo ihr sagt, man muss den eigentlich über ein breites Sortiment verlängern, um Rentabilität zu erzielen. Du hast ja auch eben über Eigenmarken kurz gesprochen. Wie ist denn das bei euch? Ich könnte mir vorstellen, gerade auch wenn ich einen Neukunden habe, sind die immer schon sozusagen deckungsbeitragsfreundlich. oder wie ist das bei euch, was Rentabilität angeht, über so einen Kunden verlaufen weg?

Martin Schierer: Ja, also wir brauchen den Kunden schon eine gewisse Zeit bei uns. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir sehr loyale Kunden haben. Ich glaube, das kommt eben auch über das Themenfeld der Familie. Aber beim Erstkauf, also beim Neukunden sind wir natürlich nicht rentabel. Ich glaube, damit wäre man eines der wenigen E-Commerce-Unternehmen, das das schaffen würde. Das ist sehr schwierig. Ich gehe mal zu dem Thema Baby vorhin wieder. Das ist eine ganz interessante Konstellation. Also wenn wir zum Beispiel jemanden abholen, der ein Baby in dem Zeitpunkt gar nicht der rentabelste Neukunde, sondern der wird erst rentabel durch die lange Zugehörigkeit zu Mindhouse. Also das Ganze kippt dann so nach zweieinhalb bis drei Jahren, kann man sagen, ist es dann so, wenn man dann eben auf den Lifetime-Value guckt, dann ist es einfach eine bessere Rentabilität, die wir mit dem Kunden über den Lifetime erzielt haben. Deswegen war es auch immer so eine Frage, gehen wir eigentlich da auch in diesen Markt nochmal stärker rein oder nicht? Aber wenn man sich Kundenentwicklungen anguckt, macht das jeden Sinn der Welt. Aber es ist in den ersten zwei Jahren eigentlich ein Best. Also man muss schon eher langfristig denken.

Joel Kaczmarek: Und wie ist das, also wie viel Eigenmarkenanteil habt ihr? Habt ihr das sozusagen in allen Sparten gleich? Also egal, ob jetzt irgendwie Mirapodo oder MyToys, dass ihr mit Eigenmarken arbeitet? Weil also Sortimentsbreite ist ja das eine, aber dass sozusagen das Sortiment vielleicht auch von einem selber produziert wird, kann ja auch noch ein Faktor sein. Wie ist das bei euch?

Martin Schierer: Ja, also wir haben bei Mirapodo Eigenmarken. Und da würde ich mal sagen, da muss ich jetzt ein bisschen entschießen, muss ich ganz ehrlich sagen, haben wir um die 5000. Prozent würde ich in etwa sagen, Eigenmarkenanteil, vielleicht sogar ein Stück weit höher. Und bei MyToys ist es so, dass wir da sehr stark in dem Segment Spielwaren unterwegs sind. Das können aber dann durchaus auch so Puppenhäuser und sowas sein. Und dann nochmal in dem Bereich der Collections sind wir da natürlich mit Markenartikeln unterwegs, wo wir denen eigene Collections machen. Und dann nochmal im Bereich T-Shirts, Hosen, also im textilen Bereich. So die Prozentzahlen, die würde ich jetzt ungern schießen, weil die habe ich jetzt gerade nicht abgespeichert. Natürlich unter 10 Prozent. Wir wollen das aber ausweiten, ganz klar, weil es einfach sehr starke Deckungsbeitragsbringer sind. Erster Punkt. Zweiter Punkt ist es super, eine Eigenmarke zur Differenzierung zu nehmen. Das ist natürlich auch ganz wichtig. Und wir können da einfach auch nochmal, ich sage mal, die Kunden-Needs auch nochmal besser bespielen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich staune vor allem. Ich wusste gar nicht, dass es so verbreitet ist, dass irgendwie ein Lego hingeht und macht jetzt eine MyToys-Edition seiner Produkte und das auch mit anderen Händlern, dass es da so eine Exklusivitätselemente gibt. Machen das viele in eurem Segment schon?

Martin Schierer: Das machen schon einige, aber man muss natürlich eine gewisse Größe mitbringen, damit ein Lego das macht. Weil natürlich müssen dann auch auf diesen Collections Stückzahlen liegen, damit es sich wirklich ansieht. Aber es ist ganz klar, das sind dann schon Top-Produkte. Also das wird eigentlich dann nur für Top-Produkte gemacht. Da kämpft man auch darum, die zu bekommen.

Joel Kaczmarek: Wie ist denn generell, wenn du sagst, Customer-Lifetime-Value-Betrachtung ist eins der Themen, was euch beschäftigt. Wie ist denn so der Lebenszyklus eurer Kunden? Also du hast jetzt eben Baby gesagt, ist anfangs gar nicht so profitabel, kommt durch die Dauer. Gibt es irgendwann einen Zeitpunkt, wo dann diese Käuferrolle doch switcht? Wo dann die Kinder quasi ihr Taschengeld oder ihr, keine Ahnung, selbstverdientes Geld einbringen oder von den Eltern welches kriegen? kaufen aber nicht mehr bei euch? Also gibt es da so eine harte Grenze?

Martin Schierer: Ja, also es wird bei Microsoft schwierig, wenn es dann in das Teensalter geht. Also wenn dann wirklich so die Thematik kommt, ich habe noch stärker meinen eigenen Kopf, als ich den vorher hatte. Ich würde ganz gerne mich eher als ein kleiner Erwachsener sehen, als jetzt irgendwie im Kindersegment. Ich finde vielleicht die Seite auch zu kindlich. Ich will mich eigentlich nicht mit Kindergartenkindern auf einer gleichen Seite tummeln. Das sind Themen, wo es dann einfach auch schwierig schwieriger wird und wo natürlich jetzt so ein Teenager dann mehr in so eine Ecke guckt wie, keine Ahnung, ein Modeanbieter, ein About You vielleicht, wo man sagt, okay, ich würde eigentlich gerne lieber da einkaufen, wo eigentlich auch die Erwachsenen einkaufen und da gibt es ja ein Kindersegment. Oder es geht halt dann auch schon sehr stark, sagen wir mal, in die technischen Bereiche, als Kind dann eben so 10, 11, 12, je nachdem, in welchem Kind, mit 11 kann ja noch sehr kindlich sein, kann aber eben auch schon sehr erwachsen oder jugendlich sein, da unterschiedliche Ausprägungen. Da geht es natürlich sehr stark auch in so Elektronikthemen rein und dann wollen natürlich eher bei einem Elektronikhändler kaufen als bei einem Spielwarenhändler. Das ist so ein Schnitt, den man hat. Wir haben uns auch selber nochmal die Frage gestellt, kann man das erweitern nach oben? Wir haben uns dann aber dafür entschieden, uns da eher zu fokussieren auf das Kind bis zur Grundschule. Wenn dann aus der Grundschule das Kind dann draußen ist, dann ist das so ein Thema, wo wir sagen, da sind wir dann nicht mehr erste Wahl.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe auch gerade so meine Jugend irgendwie durchdacht und ich glaube, ich wäre auch so ein Kandidat gewesen, dass man irgendwann vielleicht preissensitiv ist, weil man hat seine 50 D-Mark damals gehabt und dann ist es entweder Mediamarkt Saturn oder der GameStop oder halt ihr, ja, da guckt man wahrscheinlich, wo es dann das Playstation-Spiel am billigsten gibt, aber okay, Kern verstanden. Euer sechstes Learning lautet, die richtigen Menschen und die Kultur für eine Vision hinter sich zu haben, sind entscheidend. Mein erster Gedanke war ja, das gilt ja für jede Firma. Mein zweiter Gedanke war, das klingt ein bisschen so, als wenn es euch die PR-Abteilung, die sozusagen in die Feder gesprochen hat. Aber meine dritte Überlegung war, vielleicht hat er da aber einen Punkt, dass das in eurem Feld noch mal sensitiver ist, weil man, glaube ich, auf die Zielgruppe bei euch sehr, sehr stark eingehen muss. Also ist das so, dass ihr sagt, Kultur und Visionsteilung auf Mitarbeiterebene ist bei euch noch mal verstärkt ein Thema?

Martin Schierer: Ja, ich denke schon, weil einfach diese Mission, wir machen Familien glücklich, die kann man ja auch auf Mitarbeiter runterbrechen. Also man kann ja durchaus sagen, es gibt ja nicht nur die Familien, die ich im Prinzip als Kunden glücklich machen will, sondern es gibt ja auch Familien, jeder lebt ja irgendwo in einer familiären Situation. Also es geht ja gar nicht anders. Und bei uns sind wirklich extrem viele Mitarbeiter, die eben auch in einer familiären Situation sind. Wir haben auch sehr viele Väter, die eben Elternzeit nehmen. Und das wird bei uns auch extrem, sag mal, großzügig gehandhabt. Also da hat jeder Verständnis für, wenn jemand sagt, okay, ich will jetzt einfach Zeit für meine Kinder haben oder ich habe auch verschiedene Arbeitszeitmodelle. Das sind Thematiken, die uns schon wichtig sind. Und wir wollen halt auch diesen Anspruch, dass wir wirklich etwas für Familien machen, den sollte man schon gut finden. Und das muss ich ganz ehrlich dazu sagen, ich bin ja nun erst seit Juni letzten Jahres dabei. Es ist schon erstaunlich, wie viele Mitarbeiter auch sagen, ich bin auch ganz großen Teil meiner Motivation, ziehe ich einfach daraus, dass ich einfach MyToys irgendwie cool fühle mit dem Auftrag, den man sich da selber gesetzt hat. Das ist schon besonders, ja.

Joel Kaczmarek: Naja, ich glaube schon, dass Purpose immer wichtiger wird auf der Mitarbeiterebene und ich glaube, da ist es cooler, wenn man irgendwie, weiß ich nicht, Puppen und Spielzeug verkauft als Waffen, mal überspitzt gesagt. Glaube ich gerne. Ich meine, aber Zielgruppe ist ja einfach auch ganz cool. Das muss man ja auch sagen. Es macht ja auch irgendwie Spaß, weil sich jeder irgendwie mit identifizieren kann. Entweder war man selber Kind oder hat welche, kann sich die Sorgen und Nöte vorstellen, von daher verstanden. Letztes Learning, ein Thema, was glaube ich für viele Unternehmen relevant ist und deswegen ganz spannend, dir da nochmal zu lauschen, was euer Zugang dazu ist. Tech und IT sind Schlüsselkompetenzen. Also ich glaube, das kann man unterschreiben. Wie ist denn so euer Tech-Stack? Was habt ihr euch denn für Schlüsselkompetenzen aufgebaut und welche Relevanz hat das bei euch?

Martin Schierer: Also das hat bei uns natürlich eine sehr große Relevanz. Wir haben auch mit die größte Abteilung in dem Segment, das sind so 130 bis 150 Kollegen. Wir haben auch ein eigenes Tech Lab für die App-Entwicklung in Madrid. Da haben wir uns dazu entschlossen, als es auch sehr schwierig wurde, da überhaupt noch Kapazitäten zu finden in Deutschland für App-Entwicklung. Das funktioniert hervorragend. Das war auch ein gutes Learning. jetzt für das ganze Thema Homeoffice. eigentlich gesehen hat, okay, man kann das eigentlich ohne eine direkte Führung, dass man da permanent die Leute vor Ort hat, dann ganz gut machen. Was wir aktuell durchleben, ist natürlich auch nochmal, dass wir uns die Frage stellen, welche Tech macht man in Zukunft eigentlich selber? Also was ist wirklich wichtig zur Unterscheidung für einen selbst und was holt man sich vielleicht auch rein? Aktuell macht man extrem viel selber. Das ist so und ich glaube, das war. Aber nichtsdestotrotz muss man halt wirklich sagen, es gibt einfach so Commodity-Products, weiß ich nicht, wo ich mich dann noch unterscheiden kann oder ob ich nicht einfach das Beste vom Markt nehme und mir dann die Punkte raussuche, wo ich mich wirklich nochmal unterscheiden kann und die dann in der Eigenentwicklung mache. Und auf die Frage, was habt ihr euch da jetzt für Karten gelegt, wenn ich kommen sollte, was wollt ihr in der Eigenentwicklung machen und auf welche Standards wollt ihr gehen? und wie seht ihr das nach vorne, da kann ich leider noch keine genaue Auskunft geben, weil in dieser Diskussion befinden wir uns gar nicht. Also das legen wir uns nochmal neu zur recht. Das ist nach wie vor eine Schlüsselkompetenz und ich glaube, man muss einfach für sich selber herausfinden, wo habe ich wirklich den Invest der eigenen Entwicklung, wo kriege ich das zurück als Return on Invest und wo ist es eigentlich besser, auf einen professionellen Anbieter zu gehen.

Joel Kaczmarek: Aber hast du da schon eine Sneak Preview genau zu dieser Frage? Welche Komponenten macht es Sinn, selbst zu entwickeln? Wo muss ich quasi mir auch so eine Barrier of Entry aufbauen? und wo sollte ich vielleicht lieber auf den Marktstandard zurücksetzen? Gibt es da so zwei, drei Highlights, wo du sagst, da ist die Entscheidung ganz einfach?

Martin Schierer: Ja, also ich nehme mal zum Beispiel den Punkt Checkout. Ich glaube, ein Checkout ist einfach ein Convenience-Teil. Und ich glaube halt einfach, wenn man so ein Checkout nimmt, dann ist eigentlich ganz klar, das muss halt irgendwie smooth durchlaufen. Und in wenig Schritten, man darf halt nicht ruckeln. Und der Kunde muss halt alle Informationen bekommen, die er halt verlangt. Und ich glaube, da ist es relativ unerheblich, ob man jetzt Spielwaren verkauft oder Textil. Ich möchte jetzt nicht das Thema Waffen nochmal in den Mund nehmen. Aber da ist es relativ unerheblich, über welches Produkt ich spreche. Ja, und da gibt es vielleicht auch nochmal Tools, wo man sagt, okay, da kann das durchaus interessant sein, dass ich das vielleicht anders aufbaue. Ich hatte vorhin zum Beispiel diese in der ich im Prinzip erkennen kann auf einer App-Entwicklung, welche Produkte sind schon gekauft. Ich kann mich erinnern lassen, wann Geburtstag ist, auch als Familienangehöriger. Ich kann vielleicht eine Historie, da gehen wir natürlich in das Thema, okay, darf ich das überhaupt aus Datenschutzgründen? Aber jetzt spinnen wir einfach mal so ein bisschen rum. Ich kann mir eine Historie angucken, was wurde da gekauft? Ist das vielleicht ein Lego-Fan einer bestimmten Serie? Und kann ich da nochmal ein zusätzliches Produkt kaufen? Dann sind das Features, wo ich sagen würde, das brauchen andere Unternehmen vielleicht nicht und das ist ein klares Differenzierungsmerkmal. So als zwei Pole mal.

Joel Kaczmarek: Aber kannst du so ein bisschen andeuten, wenn du sagst, du hast so 130 bis 150 Kolleginnen bei dir im Haus, die Tech machen, was die momentan tun, also was so deren Schwerpunkte gerade sind bis dato?

Martin Schierer: Also die Schwerpunkte, im Wesentlichen machen die eigentlich die komplette Tech für uns. Also IAP-System, Frontend, Backend, Schnittstelle in die Logistik hinein. Also eigentlich kann man sagen, das komplette Tech-Stack, bis auf einige Tools, die wir in der Marketing-IT haben, die dann da angedockt sind. Also bis hin zur Hype-Entwicklung.

Joel Kaczmarek: Okay, aber was ich jetzt im Kern von dir lerne ist, also die Kundenerfahrung steht und fällt ja eigentlich wirklich stark mit dem einen Thema Service und andererseits halt mit dem technischen Level. Das ist wahrscheinlich einfach sehr stark miteinander verwoben, würde ich jetzt mal bei euch irgendwie sagen. viel Potenzial für Personalisierung. Viertens, Anspruch in der Zielgruppe muss sein, Market Champion zu sein. Das ist unabdingbar. Fünftens, den Customer Lifetime Value über ein breites Sortiment zu verlängern, ist für die Rentabilität notwendig. Sechstens, die richtigen Menschen und die Kultur für eine Vision hinter sich zu haben, sind entscheidend. Und siebtens, Tech und IT sind Schlüsselkompetenzen. Also ich vermute mal, vieles davon kann man wirklich auch auf andere Segmente übertragen. Deswegen freut mich das sehr, dass wir da so eingetaucht sind. Und haben wir noch was vergessen?

Martin Schierer: Aktuell fällt mir nichts auf.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Nein, lieber Martin, vielen, vielen Dank dafür. Hat wirklich Spaß gemacht und ich werde das mal weiter begleiten, was ihr so tut.

Martin Schierer: Herzlichen Dank, Joel. Wenn dir was auffällt, melde dich. Danke. Okay, danke dir. Ciao.