⚡ Shortcast: Die 5 typischsten Fehler beim (ersten) Gründen

21. August 2025, mit Joel KaczmarekFlorian Heinemann

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, hier ist Joel und heute spreche ich mit dir mal ganz kompakt darüber, was die fünf typischsten Fehler sind, die fast alle machen, die zum ersten Mal ein Unternehmen gründen. Also, First-Time-Founder und Founderettes, aufgepasst! Und ich gebe dir als erstes mal einen Überblick und dann tauchen wir tiefer ein. Die fünf Fehler sind Fehler Nummer 1. Premature Scaling. Du skalierst etwas, bevor du ein fertiges Playbook hast. Fehler Nummer 2. Fahrtabhängigkeiten werden unterschätzt. Das heißt, wenn du am Anfang etwas unsauber baust, ergeben sich nachträglich schwer zu ändernde Folgeschäden. Fehler Nummer 3. Wenn ich nicht gleich von Beginn operative Exzellenz durch die besten Personen schaffe, beschädige ich meine Erfolgswahrscheinlichkeit. Fehler Nummer 4, die Faktoren Kultur und Vision werden zu spät implementiert. Und Fehler Nummer 5, das eigene Stärken-Schwächen-Verständnis wird nicht gekannt und damit läuft man leichter in Fehler und Ineffizienzen. Na, hast du dich schon beim Fehler ertappt? Doch, komm, starten wir jetzt mal der Reihe nach. Der erste Fehler dreht sich um das Premature Scaling. Also, wenn ich mein Unternehmen zum Wachsen bringe, bevor es dafür schon reif ist. Oder wie es mal einer meiner Investoren ausdrückte, Don't scale before you know what you scale. Also, stell dir vor, du fährst mit einem Auto auf die Autobahn, bei dem aber noch gar nicht alle Teile festmontiert und getestet sind. Und Investoren sind hier ein passendes Stichwort für viele GründerInnen. Sobald Startups frisches Kapital an Bord holen, sei es von Angels oder VCs, entsteht auf dieser automatische Druck. Jetzt wird Gas gegeben. Schnell wachsen. Dreistellige Wachstumsraten in 12 bis 18 Monaten richtig groß werden. Das ist die Erwartung. Und viele GründerInnen fühlen sich dann fast verpflichtet, direkt loszulegen. Verständlich, klar. Und genau da liegt jedoch die Gefahr, wenn du noch kein wirkliches Playbook hast und trotzdem loslegst. Wenn Systeme, Prozesse und das Produkt selbst noch nicht skalierfähig sind, dann skaliert man oft ins Chaos. Weil gehst mal selbst im Kopf durch. Da hast du einmal das Systemelement, also dein IT-System. Ist das überhaupt skalierfähig? Ist das Produkt schon so gebaut, dass es funktioniert, dass es wirklich auf die Zielgruppe passt und genau deren Bedürfnis optimal abdeckt? Und dann hast du eine Prozesskomponente, das heißt die Operations, die praktisch überall im Unternehmen eine Rolle spielen. Egal, ob es jetzt eine logistische Komponente ist oder die Schaffung wirklich effizienter Prozesse. Heißt im Klartext, wenn du auf der Umsatzseite skalieren willst, muss sich deine Aufwandsseite unterproportional mitentwickeln, um das hinzubekommen. Mehr Umsatz ohne steigende Aufwände. Und wie schnell es sich rächt, wenn du kein funktionierendes Playbook hast, beschreibt Florian. Herrn Heinemann sehr anschaulich. Einer der erfolgreichsten Venture Capital-Investoren und Partner bei Project A.

Florian Heinemann: Und was wir eben schon regelmäßig feststellen, dass gerade Gründer, die noch nicht sehen, wie scheiße es eigentlich ist, wenn man dann sozusagen unfertige Systeme, Produkte, Prozesse versucht, schnell wachsen zu lassen. womöglich auch noch schnell Leute in einem nicht so richtig ausgreifenden Hiring-Prozess einer Organisation hinzufügt, dass das schon eine Melange ist, die dann einem relativ bald in die Ohren fliegt.

Joel Kaczmarek: Ein klassisches Beispiel für zu früh skalieren ist übrigens die Internationalisierung. Viele Startups haben in ihrem Heimmarktmarkt noch gar nicht richtig verstanden, was eigentlich funktioniert und trotzdem wird schon der Rollout in fünf Länder geplant, manchmal sogar direkt in die USA. Aber bevor du überhaupt an skalieren denken solltest, musst du wirklich glasklar verstanden haben, warum. deine KundInnen dein Produkt überhaupt kaufen und was sie langfristig dabei hält. Die Frage ist also, kennst du deinen Product Market Fit bereits? Weißt du, wem du welches Problem durch was löst? Erst wenn du das dafür notwendige Playbook hast, also aus dem Bauchgefühl ein reproduzierbares System gemacht hast, mit durchdachten Prozessen, stabilen Systemen und einem sauberen Produkt, erst dann bist du wirklich skalierungsfähig. Doch jetzt mal ganz kurz, was genau ist überhaupt mit einem Playbook gemeint?

Florian Heinemann: Playbook heißt ja im Prinzip, dass ich die Stufe des impliziten Wissens, wo ein paar Menschen, die da eben sehr involviert waren, die haben das dann irgendwie im Kopf, dass ich diese Stufe verlasse in Richtung des expliziten Wissens. Das ist im Prinzip das Playbook. Versuche dieses implizite Wissen explizit zu machen, indem ich es eben in welcher Form auch immer darstelle, um es im Prinzip weiteren Mitarbeitern oder Mitstreitern in anderen Ländern oder in anderen Bereichen oder einfach nur indem ich einfach mehr Leute hinzufüge, indem die das im Prinzip verstehen und schnell aufnehmen können. Und ich glaube, das unterschätzen auch viele, die noch nie in einer größeren Organisation gearbeitet haben, wie lange es eigentlich braucht und wie präzise und häufig man eigentlich kommunizieren muss, damit Organisationen eigentlich das tun, was man sich so vorstellt. Also man unterschätzt. häufig, dass dieser Kommunikationsaufwand, Häufigkeit, Klarheit, auch die Möglichkeit, da nochmal wieder reinzuschauen, dass das erheblicher Aufwand ist.

Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Du kannst also gar nicht genug kommunizieren. Und wenn du das versäumst und premature skaliert hast, treten irgendwann Probleme auf in eigentlich allen Belangen. Du kommst operativ nicht weiter, Mitarbeitende sind unzufrieden, deine Zahlen werden schlechter. Und davon kann ich selbst übrigens auch ein Liedchen singen. Als ich meine Prozesse bei digital kompakt halbwegs im Griff hatte, habe ich angefangen, immer mehr Formate bei uns zu starten, habe externe ModeratorInnen mit an Bord geholt und bin auf Masse gegangen. Nur was war das Problem? Ich wusste gar nicht genau, wofür die Zielgruppe einschaltet. Wollen die Leute wirklich breit um jeden Preis? Mögen sie andere Stimmen? meine. Also ich habe ganz schnell den Fokus verloren. Und Fokus ist übrigens auch ein essentieller Aspekt eines Playbooks. Und ich kann dir sagen, ich repariere diesen Fehler immer noch. Ich refokussiere gerade und wenn ich dann besser weiß, wo die Reise hingeht, dann gehe ich auf Größe. Nur habe ich keine InvestorInnen. Damit können sich ja dann noch ganz andere Themen ergeben, weil sich diese Problematik, über die wir hier gerade sprechen, natürlich in dem widerspiegelt, was InvestorInnen sich anschauen.

Florian Heinemann: Und dann ist eigentlich das, warum ich ja so schnell skaliert habe, nämlich um meine nächste Finanzierungsrunde zu hoffentlich tolleren Konditionen zu bekommen. Genau das funktioniert dann eben häufig nicht.

Joel Kaczmarek: Bleibt als letzte Frage zum ersten Fehler, ob es nicht etwas gibt, wie ich frühzeitiges Skalieren verhindern kann. Gibt es eine Art Test, mit dem ich herauskriege, ob meine Organisation bereit ist?

Florian Heinemann: Das Ziel ist eigentlich... Das ist nicht immer so einfach, aber wir versuchen im Prinzip für jede Funktion so eine Art Phasenmodell zu haben. Wie weit sollte eigentlich eine Organisation im Datenbereich, im Marketingbereich, im Salesbereich, im Produktbereich, im Tech-Bereich, im HR-Bereich, wie weit sollten die eigentlich sein in einer bestimmten Phase? Dass wir halt in der Lage sind, sozusagen so eine Art Audit zu machen, zu sagen, du bist jetzt in der Series B und da müsste eine Marketingorganisation und Systeme und Prozesse müssten da eigentlich so aussehen.

Joel Kaczmarek: Da gilt es dann natürlich darauf zu achten, dass du nicht in einem Bereich super unterwegs bist und in den anderen aber abgehangen. Du brauchst also in einem Unternehmen quasi das parallele Entwickeln von verschiedenen Funktionsbereichen und einer Art Engpass-Betrachtung. Dass du immer weißt, was das schwächste Glied in deiner Organisation ist und diese Engpass- oder schwächste Glied-Betrachtung determiniert dann wiederum, wie gut du skalieren kannst. So, kommen wir zum zweiten typischen Fehler, wenn du Fahrtabhängigkeiten unterschätzt. Was damit gemeint ist, jede frühe Entscheidung, sei es bei Systemen, Prozessen, Produkten oder beim Team, hat eine Art Nachbrenner. Wenn du da nicht sauber arbeitest, schleppst du diese Baustellen lange mit dir rum. Und das Problem ist, viele unterschätzen, wie stark diese anfängliche Konfiguration den weiteren Weg vorgibt. Einmal falsch abgebogen, sei es in der Tech-Architektur, der Datenstruktur oder bei der Team-Dynamik und du baust auf wackeligem Fundament. Und das zu reparieren... wenn du schon im Scaling-Modus bist, ist oft richtig teuer oder gar nicht mehr möglich.

Florian Heinemann: Ich glaube, das unterschätzen Leute, weil man immer so das Gefühl hat, solange ich quasi den Produktkern und diesen Product-Market finde, solange der passt, den ganzen Rest da drumherum, das kann man schon irgendwie noch zusammenstöpseln und da bin ich jetzt mal unternehmerisch, wird dann häufig gesagt, was nichts anderes heißt als irgendwie unprofessionell und sozusagen wenig zukunftsgerichtet. Und ich glaube, da ist eben die Schwierigkeit wirklich zu erkennen, okay, Die Nachhaltigkeit im negativen Sinne von einem schlechten Setup, aber auch das Positive, das wirkt dann doch länger und intensiver nach und ist sehr, sehr viel schwerer zu ändern, als man es denkt.

Joel Kaczmarek: Und damit haben wir auch eine super Brücke. zum dritten Fehler. Wenn du ein wirklich erfolgreiches Unternehmen bauen willst, eines, das skaliert, profitabel läuft oder sauber verkauft wird, dann brauchst du Substanz. Und die kommt aus operativer Exzellenz. Das bedeutet, in jedem relevanten Bereich, ob Marketing, Sales, IT oder Produkt, brauchst du Leute, die extrem kompetent sind und Verantwortung übernehmen. Nicht gut genug, sondern best in class. Etablierte Unternehmen können sich Durchschnitt vielleicht leisten, Startups nicht. Die müssen sich ihre Relevanz erst noch verdienen. Und das geht nur über richtig gutes Handwerk. Wenn ich bei der Personalqualität also zu niedrige Standards etabliere in der Organisation, was Auswahl angeht, was cultural fit angeht, aber auch was Qualität angeht, ist das im Nachhinein kaum noch zu verändern. Und auch das ist mir schon passiert. Ich habe bei einer Führungskraft schon im Vorstellungstermin gemerkt, dass ich sie schwierig finde. Doch dann dachte ich, das sei vielleicht eine wichtige Wachstumsübung für mich. Mit solchen Menschen einfach besser klar zu kommen. Ich kann dir sagen, war es nicht. Ich hatte anderthalb Jahre nur Generve und die Person feuerte auch voll auf die Teamstimmung durch. Vor allem, wenn du Menschen mit den falschen oder zu geringen Fähigkeiten einstellst, trägt sich das fort. Denn dann befördere ich auch Menschen, die nur in diesem niedrigeren Standard genügend sind. Dann mit mehr Geld auf dem Konto die Organisation auszutauschen, ist sehr, sehr schwer.

Florian Heinemann: Und man muss ja fairerweise sagen, Aus meiner Sicht ist eine der Hauptfunktionen, warum es Venture Capital gibt und warum das ein sinnvolles Instrument ist, dass ich mir eine Konfiguration leisten kann zu einem Stadium, wo diese Art oder diese Qualität oder diese Substanz eigentlich noch gar nicht erforderlich ist. Ich kann im Prinzip sozusagen so eine Art Front-Loaded-Qualität-Investment tätigen. Die Amerikaner oder Engländer sagen ja wie Punching above your weight. Das ist ja im Prinzip das, was du kannst mit dem Geld, was du für den Investor hast. bekommst. In der Hoffnung, dass das dazu führt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass du dann tatsächlich eine gewisse Größenordnung und Substanz erreichst, dass die dadurch steigt.

Joel Kaczmarek: Und nochmal wichtig, operative Exzellenz hängt nicht an der charismatischen Gründerin. Diese Person kann sie ermöglichen. Zum Beispiel, indem sie die richtigen Leute findet, ihnen Ressourcen gibt und Raum zur Entfaltung. Aber das allein reicht nicht. Du brauchst in jedem Bereich echte Thought Leader. Leute, die Verantwortung übernehmen und für Qualität stehen. Es bringt dir nichts, Weltklasse Tech im Haus zu haben, wenn dein Sales Team... in B2B keine Pässe auf die Straße bringt. Exzellenz muss überall stattfinden, nicht nur in einzelnen Inseln. Und genau das übersehen viele. Sie glauben, ein gutes Produkt verkauft sich schon irgendwie von selbst. tut es aber nicht, wenn der Rest nicht mitzieht. Praktisch dabei, diese Menschen bringen sich dann auch gegenseitig voran.

Florian Heinemann: Das Tolle ist ja, wenn du super Leute hast von Anfang an, ich nenne das immer Architekten, für jeden einzelnen Funktionsbereich, nicht nur im IT-Bereich, sondern auch für anderen, also wirklich Vordenker für ihren jeweiligen Bereich, dann hast du häufig auch den Riesenvorteil, dass die Potentialträger gut entwickeln können. Das ist ja der Riesenvorteil, wenn du von Anfang an sehr gute Leute hast. dass die häufig eben in der Lage sind, auch mit talentierten Leuten, die vielleicht noch gar nicht so erfahren sind, sehr, sehr gute Resultate zu erzielen. Und das ist eines meiner Kern-Learnings, dass wenn man für sehr talentierte Leute ein gutes Umfeld schafft, dass man eben dann in der Lage ist, eher potenzialbasiert zu heiern als erfahrungsbasiert. Und das hat riesen Vorteile aus meiner Sicht, weil du eben wirklich Mitarbeiter für dein Unternehmen 100%ig prägen. so dass es eben wirklich hundertprozentig passt. Die Mitarbeiter haben häufig auch eine riesen Loyalität zu dem, weil sie mit dir quasi wachsen und mit dir ihr Referenzsystem quasi entwickeln. Und es ist natürlich auch ein Kostenargument. Also es hat eine Reihe von Vorteilen.

Joel Kaczmarek: Natürlich gibt es auch Bereiche, in denen du mit dem Prinzip Jugend forscht vorankommen kannst. Zum Beispiel, wenn du merkst, dass in deinem Consumer-Marketing TikTok wichtiger ist als Facebook-Erfahrung aus der Steinzeit. Aber in Bereichen wie der IT sieht das dann wieder anders aus. Da zählt Erfahrung oft mehr als jugendlicher Drive. TikTok-First-Mentalität ist super, aber in der IT bringt dir kein Tanzvideo sauberen Code. Am Ende ist das einfach auch eine Frage der Haltung.

Florian Heinemann: Ich glaube, das Wichtige ist einfach nur, dass man für sich ein Zielbild hat. Welche Art von Know-how-Qualität brauche ich eigentlich in jedem Bereich? Und habe ich das jetzt eigentlich schon erreicht? Und hat die Person, die da jetzt gerade sitzt, hat die dieses Potenzial oder nicht? Und ich glaube, da für sich immer eine klare Vorstellung zu haben, wie bin ich eigentlich aufgestellt in dem jeweiligen Bereich? Und die Person, die das jetzt da gerade macht. Ist die eigentlich in der Lage, uns best of class aufzustellen oder nicht? Und wenn das nicht der Fall ist, immer irgendwo einen Hinterkopf zu haben und auch vielleicht eine Priorisierungsreihenfolge im Kopf zu haben, muss ich die Person dann irgendwann mal, und zwar so früh wie es geht, eigentlich ersetzen durch die Art von Fortleader, die ich mir da vorstelle, damit das im Prinzip zu einer mittelfristigen Exzellenz führt.

Joel Kaczmarek: Ha, das ist doch jetzt der ideale Zeitpunkt. Kein Business-Podcast ohne Sportmetapher. Also los, stell dir ein Unternehmen wie ein Top-Team im Profisport vor. Klar, du brauchst deine Messis und Ronaldos, also die absoluten High Performer. Aber wenn der Physiomurks ist, das Essen mies und die Trainingspläne aus den 90ern stammen, dann hilft dir der beste Stürmer auch nichts. In wirklich starken Teams ist jedes Element auf Exzellenz getrimmt. Vom Starspieler bis zur Massagepistole. Und genau so solltest du auch dein Unternehmen betrachten. Wo stehen wir gerade wirklich? Was läuft schon auf Top-Niveau und wo hängt es noch? Diese Klarheit, dieses Zielbild, das ist letztlich GründerInnen-Aufgabe Nummer 1. Und hier können gute InvestorInnen auch wirklich mal einen Beitrag leisten. Nicht beim Operativen, sondern bei der Einordnung. Was ist Benchmark? Was bedeutet Best-in-Class wirklich? Wer hat das schon mal richtig gemacht? Und woran erkennt man die dafür notwendigen Talente? Solche Einordnungen schaffen Perspektive und genau dafür lohnt sich ein starker Sparrings-Partner an Bord. Und wir boxen uns jetzt auch mal zum vierten typischen Fehler durch, wenn die Kultur einer Firma, ihre Vision und Werte zu spät implementiert werden. In dem Moment, wenn ich wirklich versuche, eine Organisation aufzubauen, hilft es nämlich unglaublich, die kulturellen Elemente und Werte, die einem wichtig sind, zusammen mit einer klaren Vision formuliert zu haben. Zu der Frage, wie ein Unternehmen seinen Notstand aufsetzt, habe ich übrigens einen eigenen Podcast aufgenommen, den ich dir mal in den Shownotes verlinke. Aber schon mal so viel. Du könntest zum Beispiel anfangen, dir als erstes über deinen Purpose Beyond Profit Gedanken zu machen. Was ist der Zweck deines Unternehmens jenseits vom Geldverdienen? Und dann fängst du an, dir Werte zu definieren. Das ist übrigens überraschend schwer. Bei meiner ersten Firma haben wir ein Set an Werten so halbwegs von unserem Investor zusammen kopiert. Dinge, die uns als gemeingültig einleuchteten. Sowas wie Ehrlichkeit oder Transparenz. Aber du wirst über die Jahre merken, jede Gründerin und jeder Gründer haben eigene, ganz spezifische Dinge, die ihnen wichtig sind. Und diese Dinge sollten sich in deinen Firmenwerten widerspiegeln. Bei mir ist das zum Beispiel Verbindlichkeit oder Verantwortung zu übernehmen. So, und wenn du Purpose und Werte klar hast, kannst du dir mal überlegen, was eigentlich deine Business-Ambition ist. Was möchtest du bis wann genau erreicht haben? Und das wiederum unterlegst du mit einer Nordsternmetrik. Woran willst du diese Business-Ambition messen? An der Anzahl deiner Neukunden, vielleicht dem Wachstum deines wiederkehrenden Umsatzes oder den Weiterempfehlungsquoten? Dies sind die Fragen, die du dir stellen solltest und diese verdichtest du dann zu einer Value Proposition. Wem löse ich welches Problem? durch was? In der Value Proposition oder dem Wertversprechen liegen also gleich drei Fragen, denen du dich stellst. Und häufig sind alle diese Dinge ja implizit vorhanden und du solltest dir nur wirklich die Arbeit machen, das früh zu explizieren. Weil viele GründerInnen denken von den Problemen her, die sie lösen wollen und reiten dann los. In der Annahme, dass sie ihre Kultur später nachziehen. könnten, wenn es denn erstmal läuft. Das ist natürlich ein Druckschluss, da du bis dahin schon viele Leute angezogen hast, die wirklich gar nicht zu deiner Kultur und ihren Werten passen. Wichtig ist nur vor allem, dass die Kultur zu dir und deinem Team passt, weil sie eben auch persönlichkeitsabhängig ist.

Florian Heinemann: Das muss halt nach meiner Beobachtung immer 100%ig zum Gründerteam passen. Zu den Persönlichkeitsprofilen, zu dem Ambitionsniveau. Und da will ich gar nicht sagen, alle müssen eine skandinavische, total partizipative Kultur und sonst irgendwas haben. Darauf geht es gar nicht. Sondern da eine klare Vorstellung zu haben, was sind wir eigentlich für ein Gründerteam und welche Art von Kultur passt eigentlich authentisch zu uns, welche verstärkt unsere Stärken, gleicht unsere Schwächen aus, was passt eigentlich zu und was für Mitarbeiter passen eigentlich gut in diesen kulturellen Rahmen. Ich glaube, das ist total wichtig, weil Leute wissen halt von vornherein, auch Bewerber, passt diese Kultur zu mir, passt sie nicht zu mir, werde ich da eigentlich performer oder nicht. Das heißt, du hast auch auf der Seite Mitarbeiter, Partner und so weiter, du hast ein viel einfacheres Agieren. Weil Leute halt wissen, was sie von dir zu erwarten haben.

Joel Kaczmarek: Aha, aus der eigenen Vision und Kultur lässt sich also auch ein gewisser Employer-Branding-Effekt ableiten. Also welche Person ich anziehe oder abstoße. Ein schönes Beispiel dafür ist übrigens Rocket Internet.

Florian Heinemann: Also bei Rocket damals wusste jeder, hoher Performanceanspruch, technische Eleganz steht nicht so ganz weit vorne und der zwischenmenschliche Umgang. Und es ist eher so eine Übergangsstation. Rocket ist ja immer eher so eine Übergangsstation. Jetzt sagt dir jemand, da bin ich jetzt gerne hingegangen, um da bis zur Rente zu bleiben. Das war irgendwie jedem klar, dass das jetzt irgendwie nicht... so sein würde wahrscheinlich.

Joel Kaczmarek: Natürlich ist die Vision für das Unternehmen gerade zu Beginn häufig eine relativ banale Angelegenheit. Also eher ein Unternehmen zu etwas kommt, das einen Geschäftsbezug hat, das sich gut kommunizieren und aus dem sich trotzdem einen Handlungsbezug ableiten lässt, der bedeutungsvoll klingt und sowohl authentisch wie auch spezifisch ist, das ist häufig gar nicht so einfach. Das braucht doch eine gewisse Zeit. Aber Werte zu definieren und was mir kulturell wichtig ist, das schaffe ich häufig schon früher und erleichtere damit Führung, Recruiting und Co. gleichermaßen. Vor allem ist ein solches Setting handlungsleitend.

Florian Heinemann: Also einer unserer Werte zum Beispiel ist Venture Success First. Hört sich jetzt total banal an, aber es gibt zig Sachen im Leben eines Investors, wo du dich auch für Venture Success nicht so first entscheiden kannst. Wenn du aber sagst, Venture Success First, hier haben wir stehen, das ist eines unserer Handelsprinzipien. Das hilft halt, weil das ist eigentlich das, was uns halt mittelfristig erfolgreicher machen wird. Auch wenn es vielleicht kurzfristig ein bisschen Geld kostet.

Joel Kaczmarek: Gut, du merkst, die typischen Fehler bauen teilweise auch aufeinander auf oder sind miteinander vernetzt. Und kommen wir also zum letzten. Der hat nämlich mit dir und deinen eventuellen MitstreiterInnen zu tun. Nämlich, wenn ihr kein Verständnis von euren Stärken und Schwächen habt. Worin ist wer gut? Wo fehlt es eher? Was lässt sich untereinander ausgleichen und gibt es offene Flanken? Das hat eine fachliche Komponente und genauso auch eine persönliche. Weil genau das früh zu erkennen und offen... damit umzugehen. Gegenüber sich selbst, dem Team, den InvestorInnen ist kein Makel, sondern echtes Leadership. Wer erwartet denn schon Perfektion? Trotzdem kenne ich auch diese Paranoia vor den eigenen GeldgeberInnen. Womöglich kriege ich die nächste Finanzierung nicht, wenn ich zu viele Schwächen aufzeige. Was denkt mein Team? Gerade unerfahrene GründerInnen zeichnen schnell ein falsches Bild von sich. Doch wer seine Schwächen kennt und aktiv adressiert, schafft stattdessen die Basis für ein starkes Team und fundierte Entscheidungen.

Florian Heinemann: Schwächen zu haben? Und die auch sozusagen aktiv zu adressieren, ist jetzt erstmal kein Problem. Das hilft halt enorm. aus meiner Erfahrung, zum einen bei den anderen Punkten, die wir vorhin hatten, also hohes Maß an Exzellenz zu erreichen, wenn man sagt, ich bin zwar nicht ganz so guter Vertriebstyp, aber ich mache hier trotzdem den Vertrieb, weil das halt Gründeaufgabe ist. Das hilft halt niemandem. Sondern wenn man sagt, ich helfe da gerne, aber wir müssen da jemanden finden, sozusagen da offen mit dieser Schwäche umzugehen, hilft halt. dabei Exzellenzniveau zu erreichen.

Joel Kaczmarek: Dafür ist natürlich gerade im Gründungsteam ein offener Austausch wichtig, weil so manches Thema lässt sich dann doch leichter einfangen, als man vielleicht zunächst denkt.

Florian Heinemann: Wir hatten jetzt zum Beispiel auch einen Fall, auch bei einem großen Venture, wo aber völlig klar ist, die Person, die da für IT zuständig war von Gründerseite, ist zwar ein super ITler, aber einfach ein echt schlechter Manager. Ist auch nicht schlimm. Solange die Person weiterhin der IT-Architekt ist und das Brain, ist das ja wunderbar, dann stellst du halt noch einen Senior Vice President oder was auch immer Engineering daneben und die gleicht im Prinzip diese Management-Schwäche aus.

Joel Kaczmarek: Also, vielleicht machen du und dein Team sonst einfach mal einen Persönlichkeitstest und lassen sich fleißig coachen und dann ist diesem fünften Fehler durchaus beizukommen. So, und das waren sie, die typischen 5 Fehler, die gerade First-Time-Founder und Founderettes machen. Ich drücke dir die Daumen, dass du möglichst vielen davon entgehst. Und wenn du magst, lass uns doch gerne auch per Kommentar bei Spotify mal wissen, was du sonst noch so für typische Fehler beim Gründen beobachtet hast.