Alternative zum Gründen: Wie kaufe ich mir ein KMU?

31. Januar 2022, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und auch heute steht wieder jede Menge Upskilling durch den Austausch mit spannenden Menschen auf dem Programm. Die spannenden Menschen, das ist in dem Fall unsere Koryphäe schlechthin, der liebe Florian Heinemann. Hallo Florian, schön, dass du da bist. Und beim Thema, zu dem wir euch jetzt upskillen, geht es um... KPIs. Und zwar sprechen wir über KPIs, auf die jeder Investor schaut. Du nimmst heute also mit in drei Bereichen einer Unternehmung, was gucken sich Investoren für Zahlenmaterial an, auf welche Faktoren schauen sie. Die drei Faktoren werden sein, erstens die Traktion beim Produkt, das heißt, wie viele Leute nehmen das eigene Produkt an, wie ist das Engagement, wo geht es hin. Zweitens die Monetarisierung dieses Engagements, also was kostet es mich, Leute einzukaufen und was verdiene ich dann aus ihnen. Und drittens die Replizierbarkeit und Skalierbarkeit dieses Produktes. Also im Prinzip, wie wird mein Produkt angenommen, wie monetarisiere ich es und wie kann ich das skalieren? So, that being said, lieber Florian, herzlich willkommen nochmal und lass uns auch straight rein starten. Erster Faktor quasi, Traktion. Was sind so die typischen KPIs, die ihr euch anschaut, um zu messen, ob ein Produkt bei der Nutzerschaft ankommt?

Florian Heinemann: Also letztendlich versuchen wir erstmal, gerade wenn wir in der frühen Phase reinschauen, also wenn du am Anfang stehst, geht es eigentlich weniger darum, wird der mit jetzt schon wahnsinnig viel Geld verdient, sondern es geht ja im Wesentlichen darum, wird ein Problem gelöst? für eine bestimmte Nutzergruppe. Und das kann man ja eigentlich am besten daran erkennen, wenn man sich anschaut, inwieweit sozusagen wird ein Produkt mit welcher Intensität genutzt. Das heißt, wir versuchen letztendlich herauszufinden, und das ist eigentlich ein Stück weit egal, ob jetzt im B2B- oder B2C-Bereich. Im B2C-Bereich ist das häufig noch so ein bisschen granularer irgendwie messbar, aber letztendlich von der Denkweise oder von der dahinterstehenden Denke ist es eigentlich das Gleiche. Du versuchst im Prinzip anzuschauen, löst du? ein Problem für eine bestimmte Nutzergruppe und das äußert sich halt darin oder oder entdeckst du ein gewisses Bedürfnis für eine gewisse Nutzergruppe. Das muss ja nicht immer ein Problem sein. Im B2C-Bereich gibt es ja auch schöne Bedürfnisse, die befriedigt werden können in irgendeiner Weise. Und beides zeigt sich ja letztendlich in der Intensität der Nutzung. Das heißt, du versuchst letztendlich herauszufinden, was ist ein gutes Maß an Engagement oder Intensität der Nutzung. Und das äußert sich ja in so Dingen wie, wie viele Leute sozusagen downloaden irgendwas und fangen dann an, etwas dann wirklich aktiv zu nutzen. Inwieweit bleiben diese Leute? dann auch dabei, also wie weit ist es eine einmalige Nutzung und wie weit kommt es zu Wiederholungsnutzung. Das sind so typische Beispiele dafür, Verweildauern, letztendlich auch... Wie lange bleiben gewisse Personen eben in dem Produkt drin? Und da muss man eigentlich für jede dieser KPIs, und das ist ja immer die Schwierigkeit, musst du ja quasi einen natürlichen Wert finden. Was ist sozusagen eine normale Wiederholungsnutzungsquote oder was ist eine normale Verweildauer? Und liegt jetzt das, was ich da betrachte, oberhalb oder unterhalb dessen? Und das ist dann so ein bisschen die Schwierigkeit dessen, wo man im Prinzip für sich dann selbst ein Gefühl entwickeln muss. wo dann natürlich auch über verschiedene Geschäftsmodelle hinweg ein Gefühl entwickeln muss, was sind gute Werte und was sind schlechte Werte. Und die Schwierigkeit bei dem Ganzen ist natürlich, gerade wenn du dir frühphasige Sachen anguckst, was ist da auch noch an Potenzial? Das heißt also, wie kann sich eine Firma, wenn sie gewisse Systematiken anwendet, was ist da auch noch eine realistische Verbesserung, die herbeigeführt werden kann über die Zeit? Das musst du natürlich auch irgendwo einschätzen. Und da geht es dann auch häufig weniger darum, wie ist jetzt der absolute Wert im jetzigen Zeitpunkt, sondern auch, hat man das Gefühl, dass eine Firma oder ein Produktteam, ist das ja dann häufig, die sowas treiben, oder ein Produktgründer, dass der systematisch an der Verbesserung eines Produkts arbeitet. Und das wäre jetzt zum Beispiel sowas wie typische KPI, die man sich anguckt. Jetzt nehmen wir ruhig Trade Republic, das ist ja ein echt frühphasiges Investment, was wir getätigt haben. Da hast du Leute, die downloaden die App. Und dann fängt eine gewisse Anzahl von Nutzern eröffnet ein Depot. Und das ist ein Prozentsatz und idealerweise steigt dieser Prozentsatz natürlich über die Zeit. Das heißt, was wir eigentlich sehen wollen bei frühphasigen Teams, und da sind wir nicht alleine, das erste Mal wird überhaupt gemessen, was das Engagement ist und sozusagen wie solche Quoten sind. Also besteht darüber überhaupt eine Transparenz? Das ist schon mal das Erste. Und das Zweite ist... Ist den Leuten denn klar, mit welchen Hebeln sie an diesen KPIs arbeiten können? Also das ist für uns fast noch wichtiger als jetzt der absolute Wert einer bestimmten KPI, sondern es geht eher darum, erkennen die Leute eigentlich, wie wichtig das ist, darüber eine Transparenz zu haben und gibt es eine Awareness dafür, wie man diese Themen systematisch verbessern kann. Aber wie gesagt, der Schwerpunkt am Anfang ist eigentlich in der Regel weniger jetzt die monetäre Komponente daran, sondern wirklich sozusagen die Engagement. Nutzung, Wiederholungsnutzungskomponente. Das ist eigentlich so der erste Bereich.

Joel Kaczmarek: Gut, verstanden. Wenn wir mal versuchen, so ganz konkrete, wie sagt man denn eigentlich, Zahlen oder Faktoren zu benennen. Ich war jetzt gerade im Begriff, dich zu fragen, wenn du Traktion in der frühen Phase versuchst zu verstehen, guckst du dir dann schon sowas wie Net Promoter Score an? oder guckt man auch schon auf Wirtschaftskennzahlen wie CAC, also Customer Acquisition Cost, dass man sagt, was kostet es, mich einen Nutzer reinzuziehen oder sind das eher späterphasige?

Florian Heinemann: Ja, also Net Promoter Score kann sicherlich auch zu diesem Zeitpunkt schon helfen. Also wenn man das erfasst oder irgendeine Art von Kundenzufriedenheitsmetrik, das Net Promoter Score ist natürlich sozusagen jetzt eine sehr eingeführte Metrik. Da gibt es auch externe Tools, um das damit zu erfassen. Es kann aber auch einfach eine Kundenzufriedenheitsumfrage sein. und ehrlicherweise. Eine Menge siehst du natürlich auch schon darin, um in dieser App-Welt zu bleiben, was ist deine Anzahl oder dein Prozentsatz an DAUs und MAUs, also Daily Active Users und Monthly Active Users oder Weekly Active Users, wie ist da eine Verteilung und wie viele von den Leuten, die sozusagen an den ersten Tagen aktiv waren, kommen dann eben wieder. Das ist ja letztendlich auch schon ein sehr guter Indikator für Kundenzufriedenheit. Das heißt also, wenn du eine sehr hohe Daily Active User-Quote hast von der gesamten Install-Base sehr hohe Weekly- oder Monthly-Active-Quote von der Install-Base, sind das ja alles Indikatoren dafür, dass du letztendlich eine hohe Kundenzufriedenheit haben musst, weil sonst kämen die Leute nicht wieder. Das heißt, ein Net Promoter-Score ist dann sicherlich nochmal hilfreich, weil es dazu beiträgt, besser zu verstehen, wie ist die Aktivität. Dort und wie ist auch sicherlich die Referral-Neigung von Nutzern. Das hilft natürlich schon enorm. Das ist jetzt weniger auf den Einzelnutzer betrachtet relevant, wie ist das ein Engagement, sondern das geht dann eher darum, wovon geht man aus, was gewisse Viralitätswerte angeht. Und deswegen ist der Net Promoter Score dann letztendlich wichtig. Das heißt, da geht es weniger um das Engagement des Einzelnutzers, sondern geht es eher darum, um die Neigung dieses Nutzers, das Produkt weiter zu empfehlen. Und das hilft dann natürlich wieder nach hinten raus. das Ganze ökonomisch positiv zu gestalten, weil tendenziell natürlich bei einem hohen Net Promoter Score eine relativ hohe Referral-Neigung vorliegt. Und wenn eine hohe Referral-Neigung vorliegt, hast du letztendlich häufig eine sehr starke Degression in der Marketingkostenquote. Also das oder das, was du relativ zum Umsatz oder relativ letztendlich zu dem, was du monetär erzielst, dort an Marketingaufwendung hast. Deswegen ist das relevant, aber das wäre nicht unbedingt mein sehr starker Fokus ganz am Anfang.

Joel Kaczmarek: Hast du irgendwie so Top 2 oder Top 3 KPIs sonst, die du mit Blick auf Traktion dir anguckst? Also Referral ist ja und Net Promoter Score sind ja eigentlich beides quasi Zufriedenheitsindikatoren. Also bist du da, dass du sagst, okay, ich gucke auf Installs und auf DAU und MAU oder wie gehst du daran?

Florian Heinemann: Gut, das ist ja jetzt in der App-basierten Welt sehr stark der Fall. Und letztendlich hast du ja für jede Art von Geschäftsmodell, gibt es ja gewisse Metriken, die letztendlich Engagement ausdrücken oder die letztendlich die initiale Qualität eines Produkts ausdrücken. Das ist jetzt natürlich bei einem About You oder Zalando-Modell, ist das was anderes als jetzt in der App-basierten Welt. Und in der B2B-Welt natürlich auch wieder was anderes. Das heißt, man muss letztendlich für jedes Modell schauen, wie ist da sozusagen die natürliche Engagement. und bin ich da jetzt drüber oder bin ich da jetzt drunter? Deswegen glaube ich, kann man jetzt nicht sagen, pauschal, das sind die und die KPIs, sondern man kann eigentlich nur die Logik dahinter definieren und dann sagen, okay, was sind denn wahrscheinlich die Dinge, mit denen ich diese Dinge am besten erfassen kann? Also das ist eher so die Herangehensweise.

Joel Kaczmarek: Ich war sonst auch unbegrifflich zu fragen, also wie würde man zum Beispiel ein SaaS-Modell sich angucken in so einer frühen Phase versus ein App-Modell versus ein Commerce-Modell? Also gibt es da so eine Standardklaviatur an KPIs?

Florian Heinemann: Ja, also man kann für jedes Modell eigentlich eine Standardklaviatur festlegen. Also wenn du jetzt mit Commerce anfängst, da hast du sicherlich sowas wie initiale Conversion Rates auf ein gewisses Produkt. Das unterscheidet sich jetzt wieder zwischen verschiedenen Verticals innerhalb von E-Commerce. Also du hast tendenziell natürlich eine höhere Conversion Rate bei Themen, die jetzt eher standardisiert sind. beschrieben sind, die vielleicht auch nicht ganz so teuer sind, wohingegen der Conversion-Rate jetzt bei teuren Produkten, die einen relativ hohen Rechercheaufwand haben, tendenziell eher geringer sind. Und genauso, also was dabei wichtig ist, man darf immer nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Was meine ich damit? Man muss im Prinzip jetzt nicht immer eine Conversion auf Neunutzer vergleichen, weil wenn du jetzt sozusagen eine sehr hohe Bestandskundenquote hast, das ist dann natürlich eher ein Problem bei oder eher ein Thema bei Modellen oder Firmen. die schon eingeführter sind. Wenn du eine sehr hohe Bestandskundenquote hast, geht quasi im Zuge deiner Bestandskundenquotensteigerung auch natürlich deine Conversionrate nach oben, weil natürlich Bestandsnutzer im Schnitt eine deutlich höhere Conversion haben, weil sie halt einfach schneller letztendlich ihre Käufe tätigen als Neunnutzer. Das heißt also, wenn man Conversionrates versucht, dafür ein Gefühl zu entwickeln, ob jetzt ein Service gut oder schlecht ist, muss man auf jeden Fall dann sozusagen nur die Neunnutzer-Conversion anschauen. um dann ein Gefühl dafür zu bekommen, ob das jetzt gut oder schlecht ist. Das wäre sicherlich eine Sache. Eine zweite Sache, die man sich anschauen kann, ist so etwas wie Bounce Rate. Das heißt also, wie schnell gehen Leute sozusagen oder in welcher Prozentsatz von Nutzern verlässt einen Service sozusagen wieder, nachdem er gerade da eingetroffen ist. Weil das natürlich auch ein Indikator, ein sehr früher Indikator dafür ist, ist der Service gut oder schlecht aufbereitet, weil eine hohe Bounce Rate... spricht eben dafür, dass ich in irgendeiner Weise das Produkt nicht so schön darstelle, wie das eigentlich sein sollte. Jetzt ist nur die Schwierigkeit bei dem Ganzen, es gibt keine pauschal gute oder schlechte Bounce-Rate. Also auch da muss man letztendlich wieder pro vertical gucken und muss auch wieder schauen, wie ist das neue Nutzer-Altnutzer-Verhältnis, weil auch das hat einen wesentlichen Indikator dafür oder wesentlichen Einfluss darauf. wie hoch eine Bounce Rate ist. Aber das wäre Bounce Rate, Conversion Rate, dann auch solche Sachen wie, wie viele Produktdetailseiten werden angeschaut und wie viele von diesen Produktdetailseiten führen zu Warenkörben. Das ist auch so ein Indikator, der eigentlich ganz schön ist. Auch da kann man sich dann wieder sozusagen eine Einschätzung bilden. Und auch im E-Commerce-Bereich zählt dann doch relativ schnell auch Wiederholungskaufverhalten, weil man eben schon merkt, dass auch im E-Commerce-Bereich man eigentlich darauf angewiesen ist, dass Nutzer mit einem gewissen Prozentsatz wieder kaufen. Das heißt, man würde sich anschauen, wie viele Nutzer kaufen innerhalb der ersten sechs Wochen oder der ersten 30 Tage, innerhalb der ersten 60 Tage, innerhalb der ersten 90 Tage, innerhalb der ersten 180 Tage nochmal und kann das dann wiederum mit Referenzwerten vergleichen, die man hat, weil sich eigentlich schon sehr klar im E-Commerce eigentlich gezeigt hat, ohne eine gewisse Wiederholungskauftraktion. kommst du eigentlich nicht auf den grünen Zweig. Also das wäre so sicherlich etwas, was man sich auch im Bereich E-Commerce sehr schnell angucken würde und auch durchaus in der frühen Phase schon anschauen würde. Was sicherlich auch immer ein relevanter Punkt ist, ist, was ist die Rohmarge, die im E-Commerce-Bereich dahinter steht? Und auch das ist wieder vertical-spezifisch. Das heißt also im Mode-Bereich gibt es andere Rohmargen als im Elektronik-Bereich. Das heißt also, man kann jetzt... Berlin Brands Group im Elektronikbereich nicht mit einem Zalando im Eigenmarkenbereich vergleichen oder mit Nahrungsergänzungsmittelanbietern. Das heißt, da muss man im Prinzip auch Rohmargen, Referenzwerte haben und da dann auch im Prinzip einen Kopf haben. wie entwickelt sich eine Rohmarge mit gewissen Skalen, mit gewissen Wachstumseffekten, weil natürlich tendenziell in jedem Vertical steigt die Rohmarge mit steigendem Umsatz. Aber das unterscheidet sich eben auch wieder recht stark je Vertical. Und so bildet man über die Zeit einfach Referenzwerte für sich im Kopf oder letztendlich, wo man sagen kann, ist das jetzt ein Modell, was eher... besser ist als der Durchschnitt oder schlechter. Und genauso kann man es im Prinzip in einem SaaS-Bereich genauso tun. Da hängt es sicherlich ein Stück weit davon ab, ist das jetzt sozusagen eine SMB SaaS-Lösungen, die sozusagen jetzt eher Einzelpersonen in Unternehmen nutzen, die genauso agieren, letztendlich wie das Privatpersonen auch tun, auch wenn sie es jetzt in einem Business-Kontext tun. Aber wenn man das jetzt mal als Beispiel nimmt, könnte man hier sicherlich genauso herangehen und sagen, okay, das ist, was ich, eine SaaS-Lösung, um jetzt irgendwelche Content-Items in irgendeiner Form besser zu verwalten. Nehmen wir das jetzt einfach mal als Beispiel. Da würde man sicherlich genauso schauen, wie viele Leute gehen im Prinzip in das System rein. Und tun damit irgendwas? Und wie viele von diesen Leuten kommen jetzt in der ersten Woche nochmal wieder? Und dann würde man eben versuchen, ein Gefühl dafür zu entwickeln. Spricht das jetzt dafür, dass das ein gutes Produkt ist? Oder spricht das dafür, dass die Leute von dem Use Case zumindest zu einem relevanten Prozentsatz eher enttäuscht sind, wie das da abgebildet ist? Und also die Logik ist eigentlich genau die gleiche. Bloß, dass man letztendlich dann für das spezifische Modell versucht herauszufinden, was ist eine natürliche Wiederholungsnutzungsquote? Was ist auch eine... natürlich Verweildauer in so einem System. Und im SaaS-Bereich würde man wahrscheinlich tendenziell auch noch eher früher auf letztendlich Kundenzufriedenheit und sowas wie Net Promoter Score Werte zurückgreifen müssen, um jetzt einschätzen zu können, ob etwas jetzt gut oder schlecht ist. Aber das ist letztendlich immer sozusagen die Schwierigkeit, dass man letztendlich immer herausfinden muss, ist der Wert, den ich jetzt gerade sehe, interpretiere ich den als gut, interpretiere ich den als schlecht? Und was ist da eben auch noch als Potenzial drin? Und spätestens da wird es natürlich relativ diffus. weil wie sich etwas verbessern kann über die Zeit, hängt natürlich sehr, sehr stark davon ab, erstmal in welchem Bereich bewege ich mich, aber dann natürlich auch dahinter letztendlich zu verstehen, ist das Produktteam, was jetzt an solchen Sachen arbeitet, ist das jetzt eigentlich gut oder schlecht. Und ich fand es zum Beispiel sehr bezeichnend, ich weiß nicht, ob du die Zahlen von Etsy verfolgt hast, oder die haben jetzt gerade natürlich sehr, sehr gute Zahlen für 2020 veröffentlicht und ist ja mehrere Milliarden an der Börse wert, ich glaube 2030 irgendwie sowas in der Kante und auch die veröffentlichten. zum Beispiel als Teil ihres Quartalsreportings, wie haben sich auf Basis von Experimenten und sehr systematischer Arbeit am Produkt gewisse KPIs rund um das Produkt quasi verbessert. Also schon ganz spannend, zum Beispiel wie viele Produkte auf der ersten Suchergebnisseite werden gekauft. Also das fand ich zum Beispiel sehr spannend, dass auch eine Firma wie Etsy, was ja ein Indikator dafür ist, ist meine Suche eigentlich gut oder schlecht. Und dass auch ein Unternehmen, das irgendwie 15 Jahre alt ist, börsennotiert ist, Dutzende von Milliarden wert ist, dass auch solche Firmen immer noch relevante Verbesserungen beispielsweise in ihrer Suchqualität erzeugen können. Und das ist eben häufig nicht ganz so einfach zu prognostizieren, welches Potenzial in solchen Sachen noch drinsteckt. Aber letztendlich von der Logik würde ich eben bei einem SaaS-Unternehmen hier ganz genauso vorgehen wie bei einem Mikro. um das zu unternehmen, nur eben mit etwas anderem, letztendlich indem ich mir etwas andere Sachen angucke.

Joel Kaczmarek: Verstanden, jetzt hast du eben öfters von Referenzwerten gesprochen. Du hast jetzt natürlich sehr, sehr breite Erfahrung und siehst viele Buden bei euch quasi im Portfolio, beziehungsweise auch die mit Pitchdecks an euch herantreten. Aber wo guckst du denn nach immer aktuellen Referenzwerten für bestimmte Themen? Reden wir davon, dass du immer Börsenkandidaten dir nimmst und sagst, alles klar, wer ist quasi Peergroup und guckst da? Oder ist das so, also wie kommt man an diese Zahlen sonst?

Florian Heinemann: Ja, also es gibt teilweise im SaaS-Bereich zum Beispiel, gibt es sehr schöne... Aufstellung auch, wo gewisse KPIs eben miteinander verglichen werden. Dann gibt es ja auch sozusagen jetzt dieses Rule of 40 zum Beispiel, was ja letztlich auch darauf basiert, dass gewisse KPIs in gewissen Ranges sein sollten und dann irgendwie zusammenspielen. Das heißt, es gibt schon eigentlich geschäftsmodellspezifisch, gerade im SaaS-Bereich, auch sehr umfangreiche Zusammenstellungen, die auch zum Teil auf Befragungen basieren, auf Benchmarks basieren. Aber in der Tat, also ich gucke mir sehr oft börsennotierte Firmen an, die ja sowas häufig auch ausweisen. und versucht dann ein Gefühl dafür zu kriegen, ist irgendwas gut oder ist irgendwas schlecht. Und das Schöne ist, im E-Commerce-Bereich gibt es ja mittlerweile eine ganze Menge, was Kundenakquisitionskosten angeht oder auch im Fintech-Bereich gibt es eine ganze Menge, was Kundenakquisitionskosten angeht, Kundenwerte angeht, Margen angeht und so. Das heißt, darüber kann man eigentlich schon sich sehr schön so ein Referenzsystem zusammenbauen, was gute und schlechte Werte sind und im Software-Bereich eigentlich mittlerweile ganz genauso. Aber das ist eigentlich der Weg. Es gibt jetzt nicht sozusagen leider das europäische KPI. Standardinstitut, was einem da irgendwie Dinge auswirft, sondern das ist schon ein Stück weit selbst natürlich eine eigene Interpretationsfähigkeit. Du siehst häufig auch in irgendwelchen Analystenreports von jetzt Goldman Sachs oder J.P. Morgan oder so, die machen auch häufig da gewisse Vergleiche und versuchen darüber natürlich auch ihre Logiken abzuleiten, ob jetzt gewisse Firmen besonders leistungsstark sind oder nicht. Das heißt also, wahrscheinlich ist der Blick auf die Public Markets mit der sehr, sehr guten Informationsgrundlage, wo man auch weiß, diese Zahlen müssen in der Regel stimmen. Und es wurde erheblicher Aufwand betrieben, das zusammenzubringen. Das ist wahrscheinlich sozusagen für den Einstieg, für ein bestimmtes Modell der beste Schritt, um irgendwie ein gutes Gefühl dafür zu kriegen.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, Marco Rodzynek hat doch auch mal mit der NOAH, so eine NOAH Bible gebaut, wo er dann immer die ganzen Benchmarks der verschiedenen Segmente hat. Also wahrscheinlich wird man auch bei der einen oder anderen M&A-Boutique sonst fündig bei solchen Sachen.

Florian Heinemann: Ja, was du da sehr häufig findest, sind natürlich so Multiples und Bewertungsrunden und so weiter. Das hast du, glaube ich, in der NOAH Bible. Ich bin mir nicht so sicher, ob er auch da welche Produkt-KB... oder sowas, das nicht. Aber Investmentbanken sind wahrscheinlich ein guter Startpunkt und Analystenreports, um eben gewisse Dinge auch einzusortieren, weil gerade das ist ja eigentlich sozusagen die Kernaufgabe von Analysten, letztendlich festzustellen, ist irgendwas im Marktvergleich gut oder schlecht und spricht das für eine gute oder schlechte Entwicklung und deswegen sind das wahrscheinlich für jemanden, der jetzt da keine eigene Informationsbasis hat, sicherlich ein sehr, sehr guter Anstiegspunkt.

Joel Kaczmarek: Gut, soviel zum Thema. Phase Traktion beim Produkt. Zweite Phase wäre ja Monetarisierung dieses Engagements, was man in der ersten Phase misst. Was sind da für dich so typische Messpunkte?

Florian Heinemann: Ja, also ich glaube, ein paar Dinge haben wir jetzt ja gerade auch schon sozusagen angesprochen. Das ist ja auch kein ganz trendscharfes Thema. Sowas wie Rohmarge und so, das ist natürlich letztendlich ein wesentlicher Inputfaktor da. Letztendlich dreht sich aber aus meiner Sicht Alles um das Thema, in welcher Weise bin ich in der Lage, aus dem Kunden über einen gewissen Zeitraum einen gewissen Deckungsbeitrag zu extrahieren und was muss ich im Prinzip aufwenden, um den Kunden initial zu gewinnen und diesen Kunden letztendlich aktiv zu halten. Das muss ich gegenüberstellen und das muss in einem gewissen Verhältnis stehen. Und letztendlich ist es egal, ob ich jetzt B2B-Modelle, SaaS-Modelle, E-Commerce-Modelle, Dating oder sonst irgendwas habe. Ich habe letztendlich immer die gleiche Logik. Ich muss Kunden akquirieren. Ich muss Kunden aktiv halten. Dafür habe ich häufig gewisse Aufwendungen. Und dafür erbringen sie in irgendeiner Weise eine gewisse Aktivität, für die sie bereit sind, oder eine gewisse monetär wirksame Aktivität. Und das muss ich miteinander ins Verhältnis stellen. Und letztendlich alles, was ich mir an KPIs angucke, zahlt eigentlich auf diese Gegenüberstellung ein. Also sprich, irgendeine Art von Lifetime-Value im Sinne eines Deckungsbeitrags. Das ist auch nochmal ganz wichtig. Teilweise kriegen wir irgendwelche Decks, wo Leute Lifetime-Value als den Umsatz mit einem Kunden definieren. Und das ist aus meiner Sicht keine besonders sinnvolle Betrachtung, weil ich es ja immer gegenüberstellen muss sozusagen dem, was ich für einen Kunden letztendlich aufwenden muss, um den Kunden zu akquirieren und aktiv zu halten. Und aus meiner Sicht ist die einzig sinnvolle Definition von Lifetime-Value der kumulierte Deckungsbeitrag. auf den ich über einen gewissen Zeitraum mit diesem Kunden erziele. Man spricht immer von Lifetime. De facto finde ich es eigentlich pragmatischer zu sagen, was erwirtschafte ich mit einem Kunden an Deckungsbeitrag über 90 Tage, 180 Tage, 360 Tage, 720 Tage, was auch immer der Zeitraum ist. Ich kann auch den Lifetime-Value natürlich versuchen zu berechnen. Da muss ich halt eine Churn-Annahme treffen. Da muss ich überlegen, wie nimmt die Nutzung ab oder zu in der Zukunft. Diskontierungsfaktor annehmen, letztendlich auf Basis des Risikos, dass sich das anders entwickelt, als ich mir das so vorgestellt habe. Ich glaube, für die pragmatische Sichtweise oder operativ relevante Sichtweise finde ich es immer besser, letztendlich gewisse Deckungsbeiträge über gewisse Zeiträume zu betrachten. ob das jetzt ein Jahr ist oder anderthalb Jahre oder zwei Jahre und das eben Kundenakquisitionskosten gegenüberzustellen. Weil ich finde häufig sozusagen diese wirkliche Lifetime-Value-Berechnung ist aus meiner Sicht, gerade bei frühphasigen Unternehmen, wo du eben noch gar keine Kunden hast, die so lange überhaupt aktiv sind, teilweise recht... letztendlich eine philosophische, aber wenig pragmatische oder wenig hilfreiche Diskussion. Das heißt, ich bin eigentlich immer ein großer Fan davon, Deckungsbeiträge über gewisse Zeiträume gegenüberzustellen, den Akquisitionskosten und den Aktivierungskosten oder Reaktivierungskosten, die ich während dieses Zeitraums habe. Das ist eigentlich das, was man sich... immer im Kern angucken sollte. Und dann hast du dabei natürlich gewisse Schwierigkeiten oder Entscheidungen oder Trailers, die du treffen musst. Was sind zum Beispiel eben wirklich klar zurechenbare Kundenakquisitionskosten und was sind jetzt letztendlich, rechne ich da jetzt Personalkosten im Marketing beispielsweise rein oder sind das Overhead-Kosten? Das sind so ein paar Fragen, die ich mir eben beantworten muss, je nachdem letztendlich auch, was meine Zielsetzung bei dem Ganzen ist. Aus meiner Sicht ist das eigentlich sozusagen der Kern dieser zweiten Phase. herauszufinden, wie stark monetarisieren Kunden, wie stark kann ich auch durch gewisse Maßnahmen, ob das jetzt im Produkt ist oder im CRM, eine Reaktivierung oder Aktivierungshaltung quasi von Kunden beeinflussen, um dann letztendlich ein Gefühl dafür zu kriegen, steht eigentlich das, was ich aufwenden muss für eine Akquisition und eine Aktivierung oder Reaktivierung in einem sinnvollen Verhältnis zu dem, was ich an Einnahmen mit diesem Kunden im Sinne eines Deckungsbeitrags erziele. Das ist eigentlich für mich so die Kernfrage. da ein Gefühl dafür zu kriegen, wie sich das wahrscheinlich entwickeln wird oder ob es auch verschiedene Kundensegmente gibt. Das ist auch häufig eine sehr interessante Frage. Also, dass ich in dem Bereich eben nicht nur mir sozusagen eine Durchschnittsbetrachtung sozusagen versuche anzustellen, sondern versuche auch eine Ebene tiefer zu gucken und zu sagen, unterhalb dieser Durchschnittsbetrachtung gibt es dort gewisse Kundensegmente, die sich in einer gewissen Weise verhalten. Und das ist eigentlich so aus meiner Sicht. das nächste wesentliche Thema. Du hast sehr häufig Modelle, wo 10% der Kunden oder 20% der Kunden 80, 90% der Deckungsbeiträge oder Umsätze erzielen. Das zu verstehen, ist halt elementar, um zu wissen, wie ist eigentlich das Potenzial von so einem Modell. Also sprich, habe ich jetzt vielleicht auch schon alle Early Adopter, die diese sehr positiven KPI-Werte letztendlich aufweisen, habe ich die jetzt alle schon? Oder ist das ein Kundensegment, wo es noch ein sehr starkes Wachstumspotenzial gibt? Das ist ja häufig das Problem jetzt im Fintech-Bereich. Da hast du in vielen Modellen oder im Wettbereich, da hast du die sogenannten Whales, die Trade. sehr viel oder die wetten sehr viel. Davon gibt es aber nur eine gewisse Anzahl. Das Marketing-Mix, um diese Leute zu erreichen, sieht sehr unterschiedlich aus im Verhältnis zum Massenmarkt und so. Also das sind so Themen, wo ich mich im Prinzip fragen muss, wo ich eigentlich zu einer Einschätzung kommen muss. Das heißt, es ist nicht nur eine pauschale Kundenakquisitionskosten versus Kunden-Lifetime-Value oder Kundenwert während eines gewissen Zeitraums, sondern Das ist im Prinzip auch nochmal der Versuch, das kundensegmentweise zu betrachten.

Joel Kaczmarek: Gut, also wenn man es mal in klassische KPIs übersetzt, hatten wir jetzt CAC, Customer Acquisition Costs, Customer Lifetime Value, dann Pro-Marge, Deckungsbeitrag, dann sicherlich sowas wie Umsatz, ARR, also Annual oder Monthly Recurring Revenue, wenn wir eher bei SaaS sind. Man kann natürlich so Unterebenen aufmachen, sowas wie Marketingquoten oder was du gerade auch meintest, mit den unterschiedlichen Segmenten mal anzugucken oder Bestandskundenquoten. Eigentlich ist da sonst noch ein großes Thema auch mal Retention und Churn. Das ist ja gerade bei SaaS, also man sagt ja immer, wenn Churn hoch, dann SaaS-Modell in der Regel sehr schlecht. Das ist so fast die stärkste KPI gefühlt.

Florian Heinemann: Das drückt sich natürlich letztendlich in dem Lifetime-Value auch aus. Das heißt also, wenn du geringen Churn hast oder sogar negativen Churn, also sozusagen der Kunde wird besser über die Zeit, das hast du ja bei einigen SaaS-Modellen, wo du dann eben merkst, du hast eine Expansion innerhalb eines Accounts, also innerhalb eines Kunden. Das heißt, du verlierst nicht an Kundenwert, sondern du gewinnst über die Zeit. Deine Deckungsbeitragsgenerierung beschleunigt sich. Das steckt da zwar mit drin, aber es ist ein ganz wesentlicher Betrachtungsaspekt. Und man spricht ja auch, wenn du sagst ARR, das beinhaltet ja sozusagen die Bewertung der Umsatzqualität. Also es ist eigentlich ganz lustig, dass auch manche E-Commerce-Modelle mittlerweile von ARR sprechen, was natürlich eigentlich Quatsch ist, weil sozusagen die allermeisten E-Commerce-Modelle, außer sie haben jetzt ein hartes Abo, haben natürlich einen Revenue. Und der kann auch sozusagen reoccurring sein, indem der Nutzer dann vielleicht nochmal kommt und was Neues kauft. Aber der ist halt nicht per se recurring, wie das eben in einem SaaS-Modell der Fall ist oder in einem Abo-Modell, wo Leute natürlich mit gewissen Prozentsätzen einfach die nächste Geschäftsperiode mit abschließen und daraus ergibt sich dann sozusagen ein tatsächlich recurring Revenue. Und diese Umsatzqualität ist insofern so relevant, weil sie natürlich einen wesentlichen Einfluss darauf hat, wie ist der Unternehmenswert dahinter. Und daran, dass ja einige versuchen, letztendlich ihren Umsatz als Recurring darzustellen, kann man ja schon sehen, was das Attraktivere ist. Also du hast ja durchaus mittlerweile im SaaS-Bereich, je nachdem, wie stark das auch wächst, 15er, 20er, teilweise auch noch höhere 25er Multiples auf deinen Annual Recurring Revenue. Und das ist natürlich im E-Commerce-Bereich deutlich geringer. Also da hast du jetzt Firmen, die 5, 6 Mal Umsatz letztendlich bewertet werden, aber das ist eher die Ausgabe. Ausnahme. Was zum einen sozusagen an der Vermutung liegt, dass der Umsatz im SaaS-Bereich eine höhere Nachhaltigkeit hat. Das ist das eine. Und zum anderen, das darf man natürlich nicht vergessen, ein zweiter wesentlicher Aspekt ist, dass SaaS-Revenue ja in der Regel mit sehr, sehr geringen direkten Kosten verbunden ist und dass du natürlich beim E-Commerce den Wareneinsatz hast. Das ist die Cost of Goods Sold, die halt je nach E-Commerce Vertical, was ich, 50 Prozent sein können oder 30 Prozent oder 40. Das sind so typische Werte. Und dementsprechend natürlich deutlich höher sind als jetzt irgendwelche direkt im SaaS-Bereich direkt damit verbundene Kosten. Das ist sozusagen das Nächste. Aber du hast völlig recht, das Thema Recurring oder Umsatzqualität, insbesondere eben in Richtung wie Recurring ist das Ganze, ist natürlich ein ganz wesentliches Beurteilungskriterium, wo wir versuchen rauszufinden, wenn wir so ein Modell beurteilen, welche Umsatzqualität hat das tatsächlich und was letztendlich ein direktes Spiegelbild ist davon, wie schön lastig ist das Modell.

Joel Kaczmarek: Jetzt deklinieren wir ja hier die ganze Zeit. seit KPIs hoch und runter in unterschiedlichen Phasen. Wie wichtig ist denn eigentlich, diese KPIs so kohortenbasiert zu betrachten? Weil du hast ja auch gerade von Nutzersegmenten gesprochen. Man kann ja manchmal schnell dem Fehler auflaufen, dass ich mir irgendeine KPI angucke und quasi gerade, wie du gesagt hast, so alles in einen Topf werfe, während es vielleicht ganz unterschiedlich aussieht, das Bild, wenn ich mir bestimmte Nutzersegmente angucke oder bestimmte Daten, zu denen ich gewisse Nutzer gewonnen habe. Das kann sich ja alles over time verändern. Gehst du hin, wenn du KPIs betrachtest und machst das? Ist es immer kohortenbasiert oder erst ab einem bestimmten Zeitpunkt? Wie gehst du da vor?

Florian Heinemann: Also wir versuchen eigentlich so schnell wie es geht, eine Kohortensicht zu haben. Weil sozusagen um die Qualität eines Modells zu beurteilen, ist aus meiner Erfahrung die Kohortensicht eigentlich die mit Abstand aussagekräftigste. Es ist ja wie so eine Art Längsschnittanalyse. Das macht aus meiner Sicht fast immer am meisten Sinn, wenn man sozusagen die Qualität einschätzen möchte, weil natürlich das Problem bei einer Querschnittsanalyse, also indem du jetzt künstlich einen Zeitraum rausnimmst, wie einen Monat oder ein Jahr oder ein Quartal, da hast du natürlich immer verschiedene Kohorteneffekte, die ineinander greifen. Und wenn du jetzt zum Beispiel ein sehr schnell wachsendes Modell hast, wo du jetzt wahnsinnig viele Neukunden hast, dann spielen die natürlich in einem Monat eine... viel größere Rolle, als wenn du jetzt sozusagen also der Effekt, den Neukunden dann so eine Zeitscheibenbetrachtung reinbringen, der ist dann natürlich viel größer, als wenn du das Ganze jetzt auf dem Längsschnitt sehen würdest. Und deswegen glaube ich, brauchst du immer beides. Also es ist ja jede Reporting-Abteilung, auch in Unternehmen, muss eigentlich immer beide Schnitte bereitstellen. Den Kundenlängsschnitt und letztendlich den zeitlich basierten Schnitt oder Sicht auf diese Daten. Den du natürlich genauso brauchst, weil das ist natürlich auch letztendlich das, was buchhalterisch ja gefordert ist. Da musst du ja Zeitscheiben bilden, ob es jetzt monatsweise ist oder Jahresabschlüsse. Das heißt, du kommst ja aus einer Zeitscheibensicht nicht raus. Aber ich glaube letztendlich, um das eigene Modell zu beurteilen, brauchst du auf jeden Fall auch nur Kohortenlängsschnittsicht. Das ist aus meiner Sicht beides, um ein vollständiges Bild eben zu erhalten. Und das ist eben auch genau die Schwierigkeit, dass du halt... Menschen auch in deiner Organisation brauchst, die im Prinzip beide Sichtweisen miteinander letztendlich gedanklich verknüpfen können.

Joel Kaczmarek: Gut, letzte der drei Phasen, Replizierbarkeit und Skalierbarkeit. Kommen da nochmal wesentlich andere KPIs für dich zum Tragen oder werden bestimmte KPIs wichtiger, weil wahrscheinlich haben wir alle Zahlenwerte jetzt schon mal durchdekliniert. Vielleicht fassen wir mal zusammen, was in dieser Phase an Betrachtungswinkel sich sonst ändert.

Florian Heinemann: Ja, ich glaube, die Sichtweise sozusagen, wenn du, also wir sehen jetzt quasi ein Unternehmen uns an, wo tendenziell die Sachen ja erstmal gut aussehen, also sprich Kundenakquisitionskosten und CLV oder Deckungsbeiträge über einen gewissen Zeitraum stehen im vernünftigen Verhältnis. Das Engagement ist gut, die Kundenzufriedenheit ist gut. Und jetzt ist ja letztendlich die Frage, wenn ich jetzt zu so einem Zeitpunkt investiere oder nochmal investieren soll, ist ja die Frage, wie weit geht denn das jetzt nochmal weiter? Und inwieweit habe ich jetzt hier schon den Peak erreicht? oder inwieweit kann ich im Prinzip das, was ich jetzt hier sehe, nochmal skalieren oder replizieren in anderen Märkten oder in den gleichen Markt, aber indem ich einfach so weitermache. Und dafür ein Gefühl, also sprich, worum es ja geht ist in diesem Fall, zu gucken, welchen Marktanteil habe ich jetzt eigentlich schon gewonnen und was ist letztendlich für mich der total addressable Market oder der natürliche Anteil, den ich daran haben könnte. Und inwieweit gibt es daraus resultierende Sensitivitäten? Das heißt also, inwieweit gibt es jetzt sinkende Grenzerträge im Marketing, indem ich sozusagen, wenn ich jetzt mein Marketing weiter hochfahre, diese ganzen KPIs sich negativ darstellen. Das heißt, was ich dann ja letztendlich für mich auch versuche rauszufinden. Wie sind meine inkrementellen Kundenakquisitionskosten? Also was haben mich sozusagen nicht die Kunden im Durchschnitt gekostet, sondern was haben mich die Kunden, die letzten 10 von den 100 Kunden, die ich jetzt gerade eingekauft habe, was kosten mich da eigentlich die teuersten 10? Und wie wäre das eigentlich, wenn ich jetzt mein Marketing verdoppeln wollte? Und wann wird sozusagen meine Marketingeffizienz schlechter? Und habe ich jetzt letztendlich schon alle Kunden, die an meinem Service Interesse haben, habe ich die jetzt eigentlich schon? Oder kann ich im Prinzip noch 4, 5, 6, 7 mal so weiter wachsen? immer noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Und das andere Thema, was ich mir da auch anschauen würde, ist immer, wie resilient ist eigentlich mein Modell? Nicht nur im Sinne von total addressable market und wie viel habe ich davon schon erreicht und wie skalierbar ist das noch und kann ich das Ganze eigentlich noch in anderen Ländern machen? und so weiter, sondern das andere ist ja auch, wie stark bin ich auch von sozusagen davon abhängig, dass... ein gewisses Schema oder ein gewisser Wirkmechanismus in dieser Firma so funktioniert, wie er das in der Vergangenheit getan hat? und inwieweit kann ich letztendlich auch auf andere Bereiche ausweichen? und ich bin relativ breit aufgestellt. Um ein Beispiel zu nennen, was meine ich damit? Wenn ich jetzt eine E-Commerce-Firma habe beispielsweise, die nur über Influencer-Marketing gewachsen ist. 50 Millionen Euro. Und sonst keinen einzigen anderen Marketingkanal bisher in der Lage war, zu einem vernünftigen Verhältnis von Kundenakquisitionskosten zu Einnahmen pro Kunde, Deckungsbeiträgen pro Kunden funktionsfähig zu bekommen. Dann muss mir halt klar sein, dass das Risikoprofil dieser Firma ein ganz anderes ist, als wenn ich eine Firma habe, die fünf, sechs verschiedene Marketingkanäle hat. Kein Marketingkanal hat mehr als 30 Prozent Anteil an der Kundenakquisition. Dann ist letzteres natürlich ein deutlich resilienteres Modell als ein Modell, was mit einem einzigen Marketingkanal und den daraus resultierenden Wiederholungskäufen letztendlich auf 50 Millionen Umsatz gestiegen ist. Das heißt, das sind dann so Themen, wo es darum geht, wie... systematisch skalierbar und resilient ist denn so ein Modell? Weil das ja sozusagen relevant dafür ist, einzuschätzen, ob es jetzt Sinn macht, so eine Firma oder mit welchem Risikoprofil so eine Firma, die weitere Skalierung von so einer Firma verbunden ist.

Joel Kaczmarek: Gut, ich glaube, das war ja ein sehr wertvoller Ritt über unterschiedliche KPI-Phasen. Haben wir noch was vergessen?

Florian Heinemann: Wahrscheinlich schon, aber es wäre erstaunlich, wenn nicht. Aber ich denke mal, zum jetzigen Zeitpunkt fällt mir zumindest jetzt gar nichts ein.

Joel Kaczmarek: unseren Hörerinnen und Hörern auch noch ein bisschen Gelegenheit lassen, uns auch mal Nachrichten zu schreiben, weiß ich nicht, auf LinkedIn zum Beispiel, wo sie uns immer folgen können und ihre Inhalte mit uns teilen. Von daher, ich glaube, das war schon sehr erquicklich. und ja, vielleicht machen wir ab und zu mal ein Update beziehungsweise, wie gesagt, vielleicht kommen wir noch ein bisschen Nutzerfeedback. Lieber Florian! Vielen, vielen Dank. Es war mir ein Vergnügen. Liebe Hörerinnen und Hörer, ihr könnt das nicht sehen, heute remote aufgenommen aus dem Auto. Das ist meine Premiere. Ich habe überlegt, ob ich mal so einen Podcast-Bus starten soll, wo man im Bus sich irgendwie interviewt. Vielleicht machen wir das sonst immer.

Florian Heinemann: Ja, es hatte Philipp Westermeyer mal irgendwann, glaube ich, auf der OMR, hatte er so einen Podcast-Bus in den Messehallen. Da wurde ein Podcast aufgenommen. Könntest du auch machen.

Joel Kaczmarek: Ich habe mit Mercedes schon mal erste Anfragen im Laufen gehabt, aber dann fiel mir auch mal ein, da müsste ich auch einen Busführerschein haben und so. Naja, anyway, eine andere KPI, der ich mich mal widme. Gut, Florian, vielen, vielen Dank. Hat Spaß gemacht.

Florian Heinemann: Ebenfalls. Mach's gut. Ciao, ciao.