Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.
Joël Kaczmarek: Hallo Leute, hier ist Joël und ich habe heute einen tollen Gast, nämlich die liebe Judith Andresen. Die hat eine gleichnamige Beratung, also ihr habt es schon erraten, BERATUNG JUDITH ANDRESEN. Und die liebe Judith ist Agile Coach und agile Organisationsentwicklerin. So, und jetzt Ohren aufgespitzt. Ich habe mit der schon mal eine coole Folge gemacht, 5 Dinge, die ich gerne mit 20 gewusst hätte. Verlinke ich euch mal in den Shownotes. Dann habe ich gemerkt, alles klar, die hat ja einiges auf der Pfanne, die liebe Judith. Wir sollten mal öfters und ein bisschen intensiver über Organisationsentwicklung reden. Und damit fangen wir heute an. Und zwar mit einer ganz basic Frage. Und wir machen es auch schnell. Also ihr müsst jetzt hier nicht 80 Minuten hören und ewig eintauchen, sondern ihr nehmt richtig zack zack Expresswissen mit. Und die Frage ist, warum scheitern eigentlich 80% aller Changes? Wir werden also mal eintauchen, was ist denn das eigentlich ein Change? Warum scheitern denn so viele davon? Was heißt denn eigentlich scheitern? Und was gibt es denn noch so für Arten von Veränderungen? Also ich glaube, ihr nehmt dort ganz viel mit. Long story short. So, that being said, liebe Judith, hello! Endlich mal ein Auftakt, freue ich mich. Schön, dass du da bist.
Judith Andresen: Hallo Joël.
Joël Kaczmarek: Wie schon angedroht. Fangen wir mal an mit ganz basic. Change, das sagt man so allgegenwärtig. Ich habe mit meiner lieben Freundin, der guten Maria, schon mal gemerkt, dass ich das auch alles in einen Topf werfe. Also für mich ist zum Beispiel digitale Transformation, Change und so was, das ist irgendwie alles das Gleiche, ist es aber nicht. Also ich bin auf deine Hilfe angewiesen. Was verstehst du unter Change?
Judith Andresen: Ich glaube, ich muss anfangen, was viele Menschen unter Change verstehen und dann können wir später nochmal erklären, was ich unter einem Change verstehe. Ja, dann. In vielen Organisationen glauben Menschen, wenn sie irgendwas verändern, also sei es die CI-Farbe, die Struktur, die Art, wie sie Homeoffice machen, das nennen die alles Change. Und dann gucken ziemlich viele Leute blöd aus der Wäsche, weil das, was sie sich dann vorgenommen haben, ganz oft nicht funktioniert. Dazu gibt es Studien, viele, viele Studien und die sagen so. im Wesentlichen 80 Prozent von diesen Vorhaben scheitern.
Joël Kaczmarek: Wahrscheinlich, weil 80 Prozent davon gar kein Change sind. Höre ich dann bei dir raus?
Judith Andresen: Das wäre die kurze Antwort, ja.
Joël Kaczmarek: Okay, was ist es denn dann, wenn es das nicht ist, was du gerade beschrieben hast?
Judith Andresen: Also ein Change ist ja, wenn man ins Lehrbuch guckt, ist ein Change ein geplantes, einmaliges Veränderungsvorhaben, das zeitlich begrenzt ist mit einem festen Ausgangspunkt und einem festen Ziel. Und wenn ich das alles habe, dann kann ich einen Plan bauen und dann habe ich einen Change von mir. Das ist tatsächlich die Definition. Einmalig, geplant, zeitlich terminiert.
Joël Kaczmarek: Und dann auf die ganze Organisation bezogen oder auf einen Aspekt?
Judith Andresen: Also im Normalfall auf irgendeinen Aspekt. Aber das Krasse ist, dass viele Leute sagen, oh, wir haben eine Veränderung, dann haben wir einen Change. Dann setzt ganz oft irgendwie das, ich weiß gar nicht, ob Klein- oder Großhirn aus, aber irgendwas setzt aus, weil dann irgendwie vergessen die Beteiligten darüber nachzudenken, was denn jetzt das Einmalige ist oder was da Ausgangspunkt ist oder was das Ziel ist oder wie der Plan eigentlich gehen sollte. Und dann geht es halt schief.
Joël Kaczmarek: Also ehrlich gesagt, die meisten, die in diesem Prozess sind, mit denen ich geredet habe, die sagen alle, Change ist eigentlich immer. Also wenn du fertig bist, fängst du wieder das nächste an, es hört eigentlich nie auf. Deswegen hätte ich gedacht, dass viele dann genau den Fehler machen, das nicht zeitlich beendet sozusagen zu betrachten.
Judith Andresen: Also Veränderung ist immer.
Joël Kaczmarek: Ich meine, jetzt ist fairerweise Change das englische Wort für Verändern. Ja,
Judith Andresen: aber das ist tatsächlich, wenn du dir das jetzt im deutschsprachigen Raum anguckst und da zum Beispiel bei den Organisationspsychologen guckst, die sagen halt, Change ist ein einmaliges Veränderungsvorhaben. Das ist was anderes als eine Veränderung. oder wo wir genau hinwollen. Und dann habe ich keinen Change mehr vor mir, sondern dann habe ich vielleicht eine Transition. Also irgendwas, wo ich sagen kann, ich habe so eine Idee davon, durch welche Art von Veränderung wir irgendwie Bewegung erzeugen, aber ich weiß gar nicht so genau, wo wir landen. Dann bin ich in einer Transition. Das ist was anderes.
Joël Kaczmarek: Also Transition ist mit unklarem Ziel dann sozusagen?
Judith Andresen: Mit einem, wir sagen, vagen Zielraum. Also man weiß so ungefähr, wo man... Vielleicht weiß man sowas wie, es wäre ganz cool, wenn wir irgendwie mit Fehlern besser umgehen können und eine Lernkultur haben und innovativer sind. Aber wie das genau aussieht und was das eigentlich heißt, das muss man irgendwie auf Strecke rauskriegen. Das ist eine Transition.
Joël Kaczmarek: Und eine Transformation wäre dann im Vergleich dazu was?
Judith Andresen: Transformation, da können wir mal in den Duden gucken. Das ist eine Veränderung durch äußeren Druck. Also ich sage, ich habe einen Metall transformiert und das ist durch eine Presse gegangen. Richtig in Form gebracht. So geht auch eine Transformation einer Organisation. Ich habe einen vielleicht innerlich, meist äußerlichen Druck, der eine Organisation dahin bewegt. Also wir haben zum Beispiel alle erlebt, wie wir unter dem transformatorischen Druck einer Corona-Pandemie die Art der Zusammenarbeit verändert haben.
Joël Kaczmarek: Was würdest du sagen, warum reden so viele Menschen gerade von Change? Also warum ist das so ein Allerweltswort geworden?
Judith Andresen: Naja, sagen wir mal, der äußere Druck ist halt relativ groß. Und wenn ich jetzt kein anderes Vokabular dafür habe, dann muss ich das ja irgendwie benennen. Dann sage ich, wir brauchen Change. Ich muss ja irgendwie darauf reagieren. Da kommt ein äußerer Druck und entweder ich nehme das hin und dann werde ich halt irgendwo hin entwickelt oder ich sage, ich nehme es in die Hand. Und die einzige Art, wie die meisten etwas in die Hand nehmen können, ist ein Change. Und was dann passiert ist, ich sage, wir müssen jetzt irgendwie reagieren auf... Den Klimawandel, eine veränderte Weltenlage, eine veränderte Einkaufspolitik. Vielleicht muss ich ändern, ob ich reagieren oder agieren mit künstlicher Intelligenz. Also da ist viel Veränderung im Raum. Und wenn ich nichts tue, dann wird mir etwas passieren. Dann bin ich in einer Transformation. Da wissen viele, das ist irgendwie nicht so gesund. Da wollen sie weg und dann sagen sie, wir brauchen einen Change. Wenn ich nicht genau sagen kann, wie die Veränderung geht und wohin ich genau will, dann ist es kein Change. Wenn ich ungefähr weiß, wo ich hin will und so eine Idee davon habe, wie ich Bewegung erzeuge, damit eine Transition, wenn ich das immer noch nicht weiß, dann bin ich in Experimenten. Also da muss man so Sachen machen, wie wir glauben, wenn wir ABC tun, wird DEF passieren. Also das ist so richtig wie im Chemielabor. Tut mal zwei Dinge zusammen und gucken, was dabei rauskommt, was dann passiert in der Organisation. Das wäre ein Experiment.
Joël Kaczmarek: Das ist voll spannend. Also meine Freundin Maria, die mich immer hier quält mit Definitionen, die würde sich jetzt freuen, wenn sie das hört. Aber das finde ich wertvoll. Und jetzt können wir nochmal eine weitere Definition anschließen mit Scheitern. Also was heißt denn dann eigentlich Scheitern, wenn man sagt, 80 Prozent davon scheitern? Also wäre das dann, funktioniert überhaupt nicht oder nur zum Teil, wird abgebrochen. Weißt du, was ich meine?
Judith Andresen: Also man sagt, das ist ein Projekt. dann scheitert, wenn ich die Projektziele nicht eingelöst habe. Und bei Change Skills ganz häufig gibt es gar keine guten Ziele, wo man sagen kann, die sind echt, also die kann ich wirklich gut messen. Und da fange ich quasi mit dem Scheitern an, bevor ich loslege, weil ich gar nicht weiß, was ich erreichen kann. Dann habe ich auch keine Chance, das zu erreichen. Und an anderen Stellen schreiben Leute Ziele auf, die aber gar nicht erreichbar sind. weil sie etwas vorausgeplant haben, was so gar nicht eintreten kann. Also nochmal, wenn ich einen Zielraum habe, dann sage ich, ungefähr so wird es sein. Wenn ich jetzt versuche, darauf einen Change zu modellieren, dann schreibe ich halt irgendwas Konkretes auf. Also sowas wie, wir haben hinterher 60 Prozent der Leute, die im Homeoffice arbeiten. Dann denke ich mir so, ja okay, was haben wir davon? Also welchen Wert hat das? Das steckt ja in dem Ziel gar nicht drin. Also da kann ich nur daneben liegen.
Joël Kaczmarek: Also braucht ein Ziel auch immer so eine Art Wozu oder eine Beschreibung noch hintendran?
Judith Andresen: Also ich würde sagen, dass das, was ich formuliere, muss handlungsleitend und richtungsweisend sein. Nur dann macht es Sinn und ein Faktum aufzuschreiben, irgendwie x Prozent, das wird in den wenigsten Fällen weiterhelfen.
Joël Kaczmarek: Wenn es jetzt gescheitert ist, wenn ich das nicht geschafft habe, schaffe ich sowas trotzdem noch zum Erfolg zu führen, wenn ja, wie?
Judith Andresen: Ja, das schafft man. wenn man darüber nachdenkt, war eigentlich die Art, wie ich das versucht habe zu erreichen, richtig. Also vielleicht habe ich versucht, irgendwas, also ich habe versucht, einen Plan aufzustellen und dann habe ich irgendwie aufgepasst bei Kotter. Ich muss erst mal allen Bescheid sagen, Sense of Urgency wecken, irgendwie lustige Sachen machen. Frühe Erfolge einsammeln, da gibt es so acht Punkte, die kann man so abarbeiten. Dann stellt man irgendwie fest, eigentlich wissen wir gar nicht, wo wir hinwollen. Aber wir haben rausgekriegt, auf dem Weg irgendwie bestimmte Formen von Trainings oder Workshops sind irgendwie hilfreich, dass Leute in Bewegung kommen. Da kann ich ja sagen, vielleicht habe ich den Hebel schon einigermaßen klar, dann kann ich es ja nochmal mit einer Transition probieren. Und dann fange ich mit weniger Leuten an, in Lernzyklen zu gehen, dann habe ich eine Chance dann noch, also ich kann ummodellieren, ja.
Joël Kaczmarek: Na, vielleicht können wir uns die acht Punkte ja gleich nochmal vornehmen. Vorher wäre ich nochmal neugierig, die Scheiterungsursachen besser zu verstehen. Also wenn wir jetzt mal unter der Prämisse arbeiten. Ist das wirklich ein Challenge und keine Transition oder Transformation? Das ist richtig benannt und richtig betrachtet. Was würdest du sagen, sind so die wesentlichen Ursachen, warum so etwas scheitert?
Judith Andresen: Also ich glaube, wenn den Leuten das What's in it for me nicht klar ist. Also damit eine dauerhafte Veränderung in eine Organisation eintritt, müssen ja die Beteiligten irgendwie ihr Verhalten ändern. Also die müssen irgendwas Neues lernen. Lernen ist eine stabile Veränderung von Denken, Verhalten und Fühlen. Und wir können nur organisationell lernen, wenn alle Einzelmitglieder gelernt haben. Und wenn ich da sitze und lerne, wissen wir alle, ist manchmal Podcast. In vielen Fällen sind wir nicht bereit, dieser Anstrengung zu gehen. Und wir sind sie genau dann nicht bereit zu gehen, wenn wir keine Belohnung dafür kriegen. Also wenn das What's in it for me nicht klar ist für das Individuum, dann wird es ganz schön anstrengend.
Joël Kaczmarek: Okay, ein Faktor. Gibt es noch mehrere, wo du sagst, so die Classics?
Judith Andresen: In vielen Fällen, also es gibt sowas, das nenne ich Management by Headlines. Dann sagt jemand, wir wollen Ziel X, Y, Z erreichen, was weiß ich. Umsatzrendite muss jetzt 20. Prozent sein und dann sagen Leute, ja, das ist ein typisches Ziel, aber was zur Hölle soll ich denn jetzt eigentlich machen? Also das ist dann nicht greifbar, das ist nicht handlungsleitend. Da machen die Leute auch nicht mit.
Joël Kaczmarek: Drei will ich voll haben, Top drei.
Judith Andresen: Ah, drei willst du. Meistens ist ja das Dritte auch das Beste. Darum sind wir kurz drüber nach.
Joël Kaczmarek: Darum hätte ich gedacht, dass es viel operativer ist. Also dass man sagt, keine Ahnung, man hat Ziele nicht ambitioniert genug gesteckt oder das Tooling ist falsch oder Die Mannschaft passt nicht, man müsste die Leute wechseln. Also da gibt es ja so zig operative Sachen, die mir einfallen. Bei dir klang das eher so nach Meta-Ebene, die dann sozusagen defizitär ist?
Judith Andresen: Ich finde es hoch operativ, wenn Leute sagen, da habe ich nichts von.
Joël Kaczmarek: Ja, fair. Motivationsfaktor auch.
Judith Andresen: Großer Motivationsfaktor. Ja, ich glaube, was vielleicht noch ein wichtiger Scheitergrund ist, wenn Leute sehr stark in ihrem Alltag gefangen sind und keine Zeit dazu haben, Verhalten zu ändern. Ich glaube, das ist noch so ein Riesending. Also wenn jemand sagt, ja, das ist ja hübsch, dass du dir das vorstellst, aber wann zur Hölle soll ich denn das lernen? Also ich habe so viel auf der Kette hier. Wie soll denn das Neue da noch reinpassen? Ich mache lieber das Alte. Da weiß ich, wie es geht. Also Komfortzone vielleicht, vielleicht auch. Mehr als Komfortzone ist vielleicht auch eine Überforderung.
Joël Kaczmarek: Ich habe gerade noch darüber nachgedacht. Ich habe so das Gefühl, dass viele gerade... deutsche, also ich glaube, es ist schon ein bisschen ein deutsches Kulturphänomen, Veränderungen generell ablehnen oft. Also so dieses, das haben wir schon immer so gemacht. Ist das eine Fehlwahrnehmung? Also würdest du sagen, wenn ich hier irgendwie das What's in it for me klar habe, wenn ich eine klare Mission mit sauberem Zielraum ausgegeben habe, dass Leute dann in der Regel schon bereit sind, sich zu wandeln? Oder ist es was, wo ich wirklich investieren muss, dass Leute überhaupt Lust haben, sich zu verändern und zu lernen?
Judith Andresen: Also es gibt ja große gesellschaftliche Muster und auch Organisationsmuster und Deutschland ist erstmal ein Ingenieursland. Und bei Ingenieuren gibt es ein Richtig und Falsch. Und es gibt ein Geht oder Geht nicht. Und was wir gerne hätten ist, so als Gesamtgesellschaft, dass jemand sagt, du machst genau das, also mach die Maschine an und dann passiert genau das. und wir haben gerade viele Veränderungen vor uns, wo es... unklare Ziele gibt oder wo dieses 1 und 1 ist 2 irgendwie nicht so richtig klar ist und das finden wir, glaube ich, als Gesellschaft so ein bisschen suspekt. Das heißt, ich würde die Deutschen nicht als veränderungsfaul beschreiben, aber es ist schon gesamtgesellschaftlich Gegenmuster.
Joël Kaczmarek: Vielleicht ist es eine doofe Frage. Vielleicht kann man, also funktioniert es gar nicht, auf diesen Winkel drauf zu gucken, aber Ist die Ursache für so ein Scheitern in der Regel eher top-down oder eher bottom-up? Also liegt das eher im Oben, dass du da nicht richtig strukturiert hast, oder liegt es oft auch im Unten? Oder ist das jetzt so hierarchisch meine, von wegen Kindeswut?
Judith Andresen: Das ist nicht meine Denkweise. Also wir können uns auf allen Ebenen, wenn es ausgeprägte Ebenenorganisationen gibt, kann jede Ebene sich das beinstellen. Also wir können uns auch total gut verhaken und verknoten in Organisationen. Da würde ich nie ein... Also es gibt so... Ich kenne so Sprüche wie die Lehmschicht, mit der das mittlere Management bezahlt wird. Das finde ich hoch diffamierend. Und ehrlich gesagt hätte ich, wenn da jemand kommt, der für Change verantwortlich ist und sagt, die Lehmschicht, da hätte ich schon keinen Bock mehr, mit den Menschen zusammenzuarbeiten. Also mit einer Abwertung in die Arbeit zu starten, finde ich ein bisschen unfair. Und ich finde auch wirklich... Wirklich fiese, wenn man sagt, die da oben lassen uns nicht. Meine Erfahrung ist, wenn Organisationen starten, in die Selbstorganisation zu gehen. dass das eine super anstrengende Maßnahme ist, weil da müssen mit einmal Einzelne in die Verantwortung gehen, in der sie vorher nicht standen. Und es ist hoch entlastend zu sagen, dafür bin ich nicht zuständig, das macht XY. Und was wir dann erleben in zum Beispiel Transitionen ist, dass das genau das ist, was Lernzyklen braucht, dass jemand loslässt und auf der anderen Seite jemand das in die Hand nimmt, weil die Verantwortung ist wie so ein Ball. Also irgendeiner wird... wird den Ball schon im Spiel halten müssen. Also wir können ihn nicht einfach ablegen und sagen, ja, jetzt kümmert sich keiner drum. Das funktioniert halt nicht.
Joël Kaczmarek: Gefällt mir das Bild. Okay, also weder die Lehmschicht noch der Fisch stinkt vom Kopf her. Was mich noch beschäftigt ist, gibt es bestimmte Führungsstile, die Scheitern von Changes sozusagen wahrscheinlicher machen oder unwahrscheinlicher?
Judith Andresen: Also ich finde, so ein Management bei Headlines macht... ein Change nicht einfacher oder eine Veränderung nicht einfacher, weil da oft ein Nicht- Anerkennen von Arbeitswirklichkeit der Beteiligten drin ist. Und ich glaube, dass Veränderungen dann gut funktionieren, wenn alle sagen können, hier sind wir und hier ist es so und das nicht werten, sondern einfach anerkennen.
Joël Kaczmarek: Weil der Klassiker, der mir sonst so im Kopf umschwebte, war ja Firmenpatriarch, also Trans... Also transaktional, glaube ich, versus transformational oder so ähnlich. Also dieses entweder bin ich sehr bossy, durchregierend oder ich bin sehr enablend, sehr auf Augenhöhe und so weiter. Das sind ja zwei verschiedene Angänge. Macht sowas einen Unterschied oder kann man das gar nicht sagen? Ich könnte mir auch vorstellen, dass es Organisationen gibt, die wunderbar changen, wenn du die zwar zentral gesteuert recht forsch, sage ich mal, nach vorne bringst, aber wenn du die klar hast, könnte ich mir vorstellen, funktioniert das. Aber ich bin mal neugierig.
Judith Andresen: Ein richtig schöner Change, also einmalig. planbar, gut durchgesteuert, ist in Management super easy peasy, läuft. So, und Management ist ja erstmal nur eine Übersteigerung von Command and Control und in bestimmten Systemen macht Command and Control, ist da die effizienteste und effektivste Art, zu führen und geführt zu werden. Das werden wir sicherlich auch nochmal in einer späteren Folge auseinander poolen, aber ich stelle mich nicht hin und sage, das ist die perfekte Führungsform, sondern die Führungsform muss zum System passen. Und auch da gilt, die Führungsform muss zur Veränderungsart passen. Also ich kann nicht eine Transition durch micromanagen. Und ich kann auch nicht Experimente durchmanagen, weil das Wesen von Experimenten ist ja, dass ich nicht weiß, was das Ergebnis ist. Also da ist nichts zu managen, sondern da ist ein Rahmen setzen, eine Richtung geben. die Ehrlichkeit zu fördern bei der Frage, ob es geklappt hat oder nicht.
Joël Kaczmarek: Jetzt hast du eben von diesen acht Punkten gesprochen. Die können wir zum Abschluss nochmal mitnehmen, die ich eigentlich betrachten könnte, wenn. Also wenn ich möchte, dass es nicht scheitert. Vielleicht kriegen wir nicht alle acht zusammen, aber mal ein bisschen grob.
Judith Andresen: Ja, es geht nicht ums Nicht-Scheitern, sondern es geht um Changes. Also wenn ich ein Change habe, also ich habe was, wo ich das Wie relativ gut bestimmen kann und ich kann das Was relativ gut bestimmen. Dann sagt Kotter, ich muss als erstes den Sense of Urgency wecken. Also ich muss allen Beteiligten sagen, was hier Phase ist. Und das muss ich möglichst auch allen sagen. Dann bilde ich eine sogenannte Führungskoalition. Also ich suche mir Leute, bei denen ich sage, hier, das kann was werden. Die können das vorantreiben. Die bauen sich dann einen Plan. Den muss man dann irgendwie vermitteln. Dann sammelt man kurzfristige Gewinne ein, also spricht von low-hanging fruits. Das macht total Sinn. Darüber redet man wieder und dann rollt man aus, führt die eigentliche Veränderung über alle durch und dann gibt es zum Schluss einen Lernmoment für alle. Das stammt so aus Anfang der 2000er und ist ein guter Weg, um ein planbares Veränderungsvorhaben gut zu beschreiben.
Joël Kaczmarek: Was würdest du sagen, wenn ich mir diese acht Schritte angucke? Wo tun sich die meisten Unternehmen schwer? Gibt es da irgendwie so einen Klassiker? Erstes Drittel, zweites Drittel, gleich verteilt?
Judith Andresen: Vorne weg. Um was geht es hier eigentlich? Und was genau müssen wir jetzt wirklich verändern? Weil die, aus meiner Sicht, braucht es immer, das beschreibt Kotter nicht so, das finde ich aber total wichtig, braucht es ein, hier sind wir und hier wollen wir weg und das wollen wir auch behalten. Und aus meiner Sicht scheitern da ganz viele dran, weil da gibt es... so unbestimmte Dinge. Also man hat vielleicht ein Ziel, aber es gibt wahnsinnig viel Hoffnung da drinne oder es gibt auch Abwehr da drinne und wenn man das nicht gut weggeräumt hat, dann wird es halt schief gehen.
Joël Kaczmarek: Ist dann so ein bisschen Fazit auch, dass Kommunikation dann oft so der Schmerzpunkt ist, weil sowas wie What's in it for me klar machen, Management bei Headlines, das sind ja alles so kommunikative Defizite irgendwie.
Judith Andresen: Das hat ganz viel mit Kommunikation zu tun.
Joël Kaczmarek: Nun gut, also unsere Kommunikation habe ich heute sehr genossen. Ich freue mich gerade noch im Bauch, dass wir da eine Reihe draus machen, weil ich schön finde, wie knackig und schnell das hier geht und freue mich aufs nächste Mal mit dir. Vielen, vielen Dank.
Judith Andresen: Gerne, bis dann.