Führung kompakt: Was tun, wenn Mitarbeitende sich überschätzen?

18. November 2025, mit Joël KaczmarekVanessa Laszlo

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Joël Kaczmarek: Hallo Leute, hier ist Joel und ich habe wieder die liebe Vanessa Laszlo zu Gast. Ihr wisst ja vielleicht, wir machen das regelmäßig, dass wir uns aus der Praxis echte Probleme in Sachen Führung schnappen und ganz kompakt beantworten. Weil die liebe Vanessa, ich packe ihre Webseite auch mal hier in die Shownotes. Die ist ja Sparringspartner für Top-Führungskräfte und bringt denen bei, wie sie so richtig in die Wirksamkeit kommen, arbeitet mit denen strategisch, arbeitet mit denen inhaltlich und einiges mehr. So, und auch heute haben wir wieder eine Frage aus der Praxis mitgebracht, wo wir natürlich mal auf den Grund gehen wollen, wie man das lösen konnte. Und zwar von der lieben Theresa. Name wie immer von der Redaktion geändert. Und die liebe Theresa hat uns Folgendes gefragt. Wie führe ich einen Mitarbeiter, dessen Selbstbild überhaupt nicht mit meiner Wahrnehmung und Bewertung übereinstimmt? der sich viel besser findet, als er performt und sich verhält und sich auch sonst nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Ja, Vanessa, schön, dass du da bist. Erstmal haben wir uns ja wieder was vorgenommen hier. Hello.

Vanessa Laszlo: Ja, hello. Schön, dass... Ja, danke für die Einladung. Ich freue mich, dich zu sehen. Ich freue mich, mit dir zu sprechen. Ich freue mich über Theresas Frage, die wir jetzt beantworten werden. Das ist eine super Frage, weil es ist natürlich ganz klar, dass sie was machen muss. Weil wenn sie es nicht macht, dann wird sich sozusagen dieses Symptom einfach noch wesentlich verschlimmern und sie wird irgendwann richtig Zoff im Team haben.

Joël Kaczmarek: Komm, wir können ja mal heute zur Abwechslung nicht gleich in die Lösung starten, sondern wir machen mal hier so Dirk Kreuter-Style-geistige Brandstiftung, hat er das immer genannt, das fand ich geil. Kennst du das? Wenn man so aufmalt, was kann dir passieren, wenn du meine Lösung nicht kaufst?

Vanessa Laszlo: Ah ja, sehr gut, ja.

Joël Kaczmarek: Gehen wir mal von hinten drauf.

Vanessa Laszlo: Gehen wir mal von hinten drauf, ja.

Joël Kaczmarek: Wenn sie nichts macht, was passiert?

Vanessa Laszlo: Also wenn sie nichts macht, dann hat sie natürlich jemand am Start, dessen Selbstbild in einer ziemlich starken Diskrepanz zu seinen Fremdbildern steht. Das heißt, der nur noch bedingt anschlussfähig ist an seine... Direkte, akute Umgebung, das belastet A, Zusammenarbeit, mindert Qualität von Zusammenarbeit, weil für Zusammenarbeit muss denn irgendeiner vom Anschluss fähig sein. Und B, belastet es, wenn er wirklich wesentlich schlechter performt, als er sich selber sieht und sich auch kommuniziert, belastet es das Fairness- und Gerechtigkeitsempfinden aller. Das heißt, irgendwann ist das natürlich ein ganz schönes Potenzial für Konflikte und Tumulte im Team. Das meinte ich eben auch, das war auch meine erste spontane Reaktion darauf. Und das zweite ist, dass Menschen, die so... drauf sind oder deren Bewältigungsstrategie es ist, jeden Mistrosa anzumalen, der mit ihnen zu tun hat und sich selber sehr, sehr positiv darzustellen, dass die einfach extrem schwer zu führen sind. Das heißt, du kannst nicht gezielt Einfluss nehmen. Die sind auch extremst schwer zu motivieren, extremst schwer zu begrenzen. Das heißt, hier besteht tatsächlich Handlungsbedarf. Eine richtige potenzielle Katastrophe, die ich übrigens ganz oft erlebe, ist folgender Tatbestand, nämlich, dass solche Leute mit einem sehr, sehr positivistischen Selbst Bild nach oben hin ziemlich gut rüberkommen. Also quasi mit der direkten Führungskraft gibt es schon Konfliktpotenzial, weil ich meine, die wird ja irgendwann merken, so Moment mal irgendwie, hallo, das Projekt ist nicht in Time, it's not in Budget, was ist denn hier überhaupt los und der erzählt mir hier irgendwie so ein Marketingvideo über sich und das Vorgehen kann ja nicht stimmen. Aber die Führungskräfte dieser Führungskraft, die erleben solche Personen oft als total tatkräftig, zupackend, positiv, proaktiv. Interaktiv, sonst was. Also alles gemein in Fähigkeiten, die einen schön aus so einem potenziellen Pool von Aspiranten wieder nach vorne pushen. So, das heißt, Theresa muss hier tatsächlich was tun und auch dafür sorgen, dass sie nicht irgendwann eine einsame, akkurate Position hat. So im Sinne von, ja, aber aus meiner Sicht ist der aber ganz anders.

Joël Kaczmarek: Okay, also Gruppenkonflikt auf allen Ebenen eigentlich vorprogrammiert. Ich selbst habe mit der Person dauernd Hässel, weil A, kriege ich die schwer geführt. B, gibt es immer Diskussionen darüber, was jetzt Leistung ist und was nicht. Die anderen Teammitglieder werden abkotzen, weil quasi das Niveau irgendwie zwischen dargestellt und de facto problematisch ist. Und wenn ich ganz großes Pech habe, wirkt der nach oben hin, also noch weiter oben, also auch noch gut. Das wird zum doppelten Boomerang. Jetzt hast du natürlich den Kollegen von der Teresa da schon, sage ich mal, so ein bisschen pathologisch geframed, klang es für mich. Erlebst du nicht auch manchmal, dass es Leute gibt, die einfach nur eine schlechte Selbsteinschätzung per se haben? also die vielleicht gar nicht sagen, Ich bin richtig kaputt, ich mal hier Sachen rosa an, sondern die vielleicht einfach ein Problem damit haben, sich selbst zu verorten, dass man das noch gekittet kriegt.

Vanessa Laszlo: Also ich sage mal so, da ist die sozialpsychologische Forschung ziemlich klar. Wir alle brauchen ein sogenanntes optimales Verhältnis von Illusionen. Wenn du zu viel Illusionen hast, dann mag es dir zwar gut gehen, aber du zahlst einen sozialen Preis, weil eben nicht mehr anschlussfähig, nicht mehr wirklich kooperativ. Zu wenig Illusionen weiß man aus der Depressionsforschung, sind die wesentlich akkurateren Wahrnehmenden. Aber die zahlen halt einen mega emotionalen Preis, Antriebshemmung. Scheiß Stimmung, es geht dir schlecht. Also wir brauchen alle ein optimales Ausmaß an Illusionen. Oder anderes Beispiel, inzwischen weiß man, jeder Zweite wird irgendwann Krebs bekommen. Wenn du die Leute fragst, dann faseln die natürlich irgendwas von, ja, aber ich werde vielleicht Glück haben. Oder wenn du dir anguckst, wie ist die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das können die meisten Leute rational, akkurat einschätzen. Aber wenn die dir einen Fragebogen ausfüllen lässt, wie wahrscheinlich finden die das Risiko, dass sie das bekommen, dann ist das... Häufig absolut optimal überdehnt. Und das ist richtig und das ist nicht pathologisch, sondern wenn wir alles akkurat einschätzen würden, auch potenzielle Gefahren, dann würden wir alle durchdrehen. Das ist erst mal überhaupt nicht pathologisch, sondern im Gegenteil, das ist gesund und auch wünschenswert, dass wir oft eine positive Illusion haben, in einem optimalen Ausmaß. Nur die Person, die hier skizziert wird, von beschreiben will ich gar nicht sprechen, die Skizze dieser Person legt ja nahe, dass seine Arbeitsergebnisse mit dem nicht übereinstimmen. Also dass es ja eine deutliche Ist-Soll-Diskrepanz gibt.

Joël Kaczmarek: Also so eine gewisse Beratungsresistenz, auch die Theresa wird da ein paar Mal draufgehauen haben und wenn wir beim dritten Mal draufhauen immer noch der Meinung ist, niemand geht übers Wasser, dann kann da was nicht mit rechten Dingen zugehen.

Vanessa Laszlo: Genau und Leute, die also sich sehr viel... besser schätzen, als sie sind. Die benutzen natürlich eine Strategie, eine Externalisierungsstrategie. Die projizieren natürlich den ganzen Struggle nach außen. Und allein das wird schon Probleme im Team schaffen, weil dann auch wechselseitige Leute, die im Außen involviert sind, auch immer wieder herhalten müssen als Begründungsfolie für eigenes Verhalten. Die würden nicht sagen, oh scheiße, das habe ich irgendwie nicht richtig geplant. Tut mir leid. Auf zu neuen Fehlern, das wird mir nicht mehr passieren. Das wäre ein adäquater Umgang mit Fehlern. Fehler sind ja normal, sondern die würden halt sagen, ja, das liegt natürlich nur daran, dass die nicht geliefert haben oder der nicht rechtzeitig war oder sonst was. Er hat mir das gar nicht genau gesagt. Ich wusste nicht, dass das so wichtig war oder oder. Also es schafft einfach eine Menge soziale

Joël Kaczmarek: Schwierigkeiten. Hast du ein Gefühl dafür? Was sind denn so Ursachen, warum Menschen so sind? Also was liegt denn da eigentlich drunter?

Vanessa Laszlo: Puh, das würde ich jetzt ohne eine genaue Anamnese nicht sehr gerne über einen Kamm scheren wollen. Ich kann das nur aus einer wirklichen Metaperspektive beantworten. Also für uns alle geht es um unseren Selbstwert und das Gefühl bin ich wertvoll. Wenn wir gut sozialisiert wurden, dann ist das sozusagen etwas, was auch in den Sinuskurven des Lebens immer mal wieder zur Disposition steht. Aber wir haben ausreichend Ressourcen bilden können, um uns auch immer wieder von Selbstwertbrüchen zu erholen. Was weiß ich, du schreibst eine scheiß Note. Ärgerst dich natürlich total, aber irgendwann kommst du drüber weg und denkst dir, okay, dann brauche ich vielleicht bessere Methoden. So, und Menschen, die vielleicht nicht diese Unterstützung hatten in irgendwelcher Form, also einfach nicht genügend Ressourcen in kritischen Phasen, bleiben manchmal in ungünstigen Bewältigungsstrategien hängen. Und eine könnte zum Beispiel sein, dass ich, um meinen Selbstwert zu schützen, eine Externalisierungsstrategie wähle und sage, ja. Jetzt habe ich hier eine Scheißnote in dem Vokabeltest, aber meine Klassenkameradin hat mir auch nur die Hälfte von dem mitgeteilt, was ich lernen musste. Das begegnet mir ganz oft, dass Führungskräfte mir von Mitarbeitenden erzählen, die schwer zu führen sind, weil deren Selbstbild eben nicht in keinster Weise oft zu deren Wahrnehmung über diese Person passt. Das ist so ein Hängebleiben in einer letztlich kindlichen Strategie, um Unbill von deinem Selbstwert empfinden. abzuwenden. Und da hätte es damals jemand gebraucht, der sagt, du pass mal auf, das ist eine Sicht, das zu sehen, aber schau mal, da steckt ja noch viel mehr drin. Weißt du, uns reicht dieser Peak von Erleichterung, weil dann kommt das Leben mit tausend anderen Themen und dann schwimmst du und Podcast du weiter und dann kommt halt das Nächste und dann ist es wieder vergessen. Bis zur nächsten Selbstwertkränkung, die du dann wieder externalisiert löst. Dann hast du wieder eine kurze Erleichterung, okay, ich bin doch okay, ist gar nicht so schlimm, weil ... Die waren ja irgendwie auch scheiße oder suboptimal. Und so verstärkt sich natürlich im Laufe einer Biografie auch ein Muster. Und wir alle schauen auf Menschen und bringen das ja auch selber mit. Ein Riesenrucksack an Verhaltensmustern, Bewältigungsmustern, aktive, passive Muster.

Joël Kaczmarek: So, und jetzt hast du ja eben gesagt, dass es schwierig ist, solche Leute zu führen. So, vielleicht können wir da nochmal vertieft drauf eingehen, um für die Theresa uns in Richtung einer Lösung vorzubewegen. Wie gehe ich denn irgendwie um damit, wenn so normale Feedback-Regeln nicht greifen? Vielleicht kannst du auch nochmal auseinandernehmen, warum die genau nicht greifen und wie man es besser machen kann.

Vanessa Laszlo: Die greifen nicht, weil du keine Anschlussfähigkeit im Selbstbild hast. Wenn du zu so jemandem hingehst und sagst, pass mal auf, du tickst doch nicht richtig, das hier ist komplett versemmelt und du erzählst mir ein Werbevideo, was stimmt denn eigentlich mit dir nicht? Was erlebt die Person? Die erlebt eine Kränkung. Wenn ich jemanden sehr stark kränke, dann passiert etwas Folgenschweres und das, Leute, ist jetzt echt wichtig. Du killst den Inhalt sofort. Das Gehirn macht eine folgenschwere Abkürzung und du hörst nicht mehr, was die Person sagt. Das hat den Unterhaltungswert von den Erwachsenen bei den Peanuts. Und du bist jetzt einfach nur noch dabei, deine Emotionen zu schützen. Wie gelingt es mir jetzt, ein aufrichtiges, authentisches Feedback zu geben, was auch akkurat ist? ohne dabei eine so hohe Selbstwertgefahr zu erschaffen, dass der andere sofort wieder dicht macht, weil es so rollern runter und seinen Selbstwertschutz aktiviert. Und dazu brauchst du quasi kleine Chunks und keine Mega-Story. Also was ganz schlecht ist, jetzt erstmal hier dein Rabattmarkenheft ziehen, also drrrr, und für einen super günstigen Preis jetzt so einen kriegsähnlichen Zustand einlösen, im Sinne von so, ja, ich habe sie mal das letzte Jahr beobachtet und ich fange jetzt mal im Januar an und jetzt ist Oktober. Und ich erzähle Ihnen jetzt mal die 715 Sachen, die mich an Ihnen stören. Ist durch. Du nimmst hier eine Sache und du verjunkst sie, also machst sie nachvollziehbar, am besten zählbar, skalierbar, in irgendeiner Form objektivierbar, nachvollziehbar. Und du brauchst noch etwas ganz, ganz Wichtiges vorab, nämlich ein psychologisches Verdauungsenzym. Und das ist, weil wir ja mit Menschen zu tun haben, Sinn. Du sagst als allererstes, warum du das jetzt rückmeldest. Das heißt... Du lieferst die Lösung. Ich möchte dir aus folgenden Gründen eine Rückmeldung geben zu deinem Projekt, weil es mir wichtig ist, dass wir ein gemeinsames Verständnis davon haben, wie wir das in Time and Budget vorantreiben. Und mir ist wichtig, dich hier auch gewinnen zu sehen. Und deswegen wird es jetzt unschön. Deswegen gucken wir uns jetzt an, was nicht gut geklappt hat, damit wir es das nächste Mal nicht wiederholen, sondern wenigstens neue Fehler machen. Und damit habe ich einen Selbstwertschutz. Ich habe ein überindividuelles Motiv. Ich habe gleichzeitig Fürsorge integriert. Also ich habe ganz viele Ressourcen erst mal in das Gespräch gegeben, die der andere benutzen kann, um seinen Selbstwert zu steuern und die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der andere in der Lage ist, mir jetzt tatsächlich zuzuhören und dass nicht dieser Effekt passiert.

Joël Kaczmarek: Jetzt hast du ja nur eben erzählt, dass solche Menschen dazu neigen, das zu externalisieren, warum etwas nicht geklappt hat. Und auch wenn ich es jetzt klein schneide, wenn jetzt da die Theresa sitzt und sagt, du guck mal hier, da und da, dies, das, jenes, dann wird es ja auch da trotzdem wieder Gründe geben, weswegen dann sozusagen die Person hingeht und sagt, ja, aber warte mal, das lag ja nicht an mir. Wie umschiff ich das?

Vanessa Laszlo: Nimmt es und verändert es und sagt, du, aber jetzt geht es um dich und du bist mir wichtig. Du gehörst zu meinen Mitarbeitern, zu meiner Verantwortung, das mache ich auch super gerne. Ich sehe hier Potenzial, was sich nicht realisiert und es geht jetzt nicht um die anderen, es geht um dich. Und du hast jetzt die tolle Gelegenheit zu entscheiden, nimmst du das jetzt richtig gut an oder bleibst du im Struggle? Also komm, rauf auf den Balkon, eine Ebene höher, du schaffst das. Du bleibst ganz hart in der Sache, aber du musst sozusagen immer emotional, sozioemotiv ausbalancieren. Wie kannst du den anderen jetzt mitnehmen? Du darfst den anderen nicht entweichen lassen. Das ist nicht Führung, das ist Führungskunst. Das erfordert ein lebenslanges Lernen und das erfordert auch ein ganz klares in sich zu Hause sein. Und eine klare Identität und ein klares Rollenbild und vor allen Dingen eine meisterhafte Kommunikation. Das ist etwas, was in der Führungslandschaft immer wieder trivialisiert wird. Eine Kommunikation hat ganz häufig nur diese Tool-Ebene, weißt du? Rhetorik, Tools, tralalalala. Aber du brauchst ja eine meisterhafte Kommunikation. Du brauchst eine entsprechende Identität und du brauchst ein lebenslanges Training, um sowas hinzukriegen. Also der Trick ist, die Leute nicht entweichen zu lassen. Und es gibt jetzt noch eine Vorbedingung, die ist wichtig. Theresa muss eine goldene Kuh schlachten vorab. Sie muss die goldene Kuh schlachten, dass sie diesen Mitarbeiter verändern kann. Weil der ist relevant über zwölf, das Ding ist durch. Der wird sich nicht mehr im Kern verändern, sondern das muss sie hinter sich lassen und verstehen. Es geht jetzt darum, jede Interaktion zu nutzen, um ihre Führungsdichte, also die Durchdringung zu erweitern, dass sie diesen Mitarbeiter führen kann. Es geht darum zu verstehen, was kann ich tun als Führungskraft, um sein Verhalten zu ändern, nicht seine Haltung. Der wird wahrscheinlich immer ein illusorisches Selbstbild haben, aber er kann in seiner Lerngeschichte lernen, dass das mit Teresa nicht funktioniert.

Joël Kaczmarek: Was ist denn der Effekt, der einsetzt?

Vanessa Laszlo: Der Effekt setzt nur ein, wenn Teresa bereit ist, diesen Mitarbeiter engmaschig zu führen, dem quasi eine Lösung vorzugeben und ihn dann die Lernkurve zu betrachten. Zu gucken, okay, zeigt er jetzt ein steiles Hochgehen, etabliert er sich auf einem hohen Niveau oder geht es wieder bergab und er macht denselben Schritt weiter. Das ist Theresas Aufgabe zu sagen, pass mal auf, in Zukunft erwarte ich von dir, dass wir zum Beispiel regelmäßig über dieses nächste Projekt sprechen, damit wir gar nicht erst in eine Situation kommen, wo wir kein Budget und keine Zeit mehr haben. Ich werde mir das jetzt näher angucken.

Joël Kaczmarek: Heißt das dann auf Lebenszeit mit der Person, also die Lebenszeit der Berufsbeziehung so eng führen zu müssen?

Vanessa Laszlo: Ich denke mal enger als vermutlich mit anderen Mitarbeitenden, die andere erwachsenere, gesündere Regulationsstrategien entwickelt haben. Aber nein, das heißt es nicht. Im Kern heißt es, entweder es gelingt ihr, eine Lernkurve zu produzieren oder eben nicht. Wenn das nicht passiert, heißt es, sich irgendwann auch von jemandem zu trennen oder jemanden mitzuschleifen. In dem Wissen, wie es ist, das ist natürlich auch ganz häufig die Realität. Aber sie hat auf jeden Fall eine Chance, das auf einer Verhaltensebene zu ändern. Ihr muss nur klar sein, dass sich seine Einstellung nicht ändert. Was mir ehrlich gesagt nach Jahrzehnten in dem Feld völlig egal wäre. Ja, da bin ich wirklich absoluter Lösungspragmatiker. Ja, das ist so eine Ideologie. Das wird ja häufig so, psychologische Sachverhalte werden häufig von Laien so ideologisiert. Das ist ja, finde ich, übergriffig. Ja, ein Mitarbeiter muss ja nicht so denken wie ich. Der muss noch nicht mal die gleichen Werte haben wie ich. Ich meine, das ist schön, wenn das so ist. Wundervoll. Weil dann sind wir viel mehr als... In Führungskraft und Mitarbeitern sind wir vielleicht sogar Friends for Life. Aber das ist nicht immer der Realfall. Der Realfall ist, dass du eine ganze Spannbreite hier Gauss-Schonormal-Verteilung an Leuten hast. Und ein paar sind halt echt vom anderen Ende des Universums. Denen hörst du zu und denkst dir, ach du Scheiße, ich weiß gar nicht, wo ich hier anfangen soll zu widersprechen. So, und die musst du aber auch führen. Und die führst du am besten lösungs- und ergebnisbezogen. Und nimmst auch immer das, was du als Lösung definierst. Und als Ergebnis definierst und benutzt es wie so ein Schild, immer wieder bindifferenziert zurückzuspielen. Und zu sagen, du, kannst dich entspannen, es geht hier gar nicht um das Große und Ganze. Jetzt geht es gerade hier um die und die Zahl. Oder um den und den Vorgang. Wir gucken uns nur das an. Also ver-junk es, mach es so klein, dass der andere das verstoffwechseln kann, ohne sich in seinen Grundfesten bedroht zu fühlen.

Joël Kaczmarek: Und wenn wir das Spiel jetzt nochmal umdrehen, im watzlawickischen Sinne, Anleitung zum Unglücklichsein, was wären so Todsünden in der Führung mit so einer Person? Also was sollte ich tunlichst vermeiden?

Vanessa Laszlo: Also ich sollte tunlichst vermeiden, jetzt so ein missionarisches Verhältnis zum Selbstbild zu entwickeln und zu erwarten, dass der andere irgendwann meine Sicht auf ihn teilt. Ich meine, das ist nicht nur bei Paaren der absolute Liebeskiller. Das gilt für alle Beziehungen. Der andere ist der andere, der ist eine Entität, den gibt es schon außerhalb von dir. Die sind für sich selbst verantwortlich. Du bist für das Kollektiv verantwortlich und für ein durch das Kollektiv erzeugtes Ergebnis.

Joël Kaczmarek: Schön. Dann drücken wir der Theresa die Daumen, dass das bei ihr läuft und allen ins Ähnlich geht. Und auf dich freue ich mich schon beim nächsten Mal. Vielen, vielen Dank.

Vanessa Laszlo: Ja, vielen Dank, Joël. Ciao.